Round Table: „Politikberatung im Zeichen der Corona-Krise: Sozialwissenschaften auf Tauchstation?“
Die Corona-Pandemie stellt nicht nur eine Herausforderung für Gesellschaft und Politik dar, sie stellt auch die öffentliche Rolle der Wissenschaft in Frage. Verständlicherweise rückten medizinische Expert*innen in den Mittelpunkt des medialen Diskurses und sind als Beraterinnen und Berater für Politik ständig gefragt, doch Expertise über die sozialen Folgen bleibt trotz permanenter narrativer Präsenz über sekundäre Pandemiefolgen (wie ein Menetekel an der Wand in unzähligen Medienbeiträgen angerissen) dagegen meist außen vor. In den Krisenstäben und in der medialen Öffentlichkeit haben die Sozialwissenschaften kaum eine Rolle gespielt. Gefragt wurden Vertreter*innen aus Virologie, Epidemiologie, Medizin und zum Teil auch Psychologie und Ethik. Und immer wieder zeigte sich das kuriose Prozedere, dass Gesundheitsexpert*innen darauf verwiesen, dass sie keine Sozialwissenschaftler*innen seien, und daher die immerwährenden Fragen nach den Folgen für Individuen, Familien, Betriebe und Gemeinschaften nicht beantworten könnten. Aber warum sind die genuin für Politik und Gesellschaft zuständigen Sozialwissenschaften kaum gehört worden? Und warum haben sie sich nur spärlich zu Wort gemeldet?
Wir möchten in einem offenen Roundtable-Gespräch diese Fragen mit jeweils einer/m Vertreter*in unterschiedlicher Positionen kontrovers diskutieren, von Perspektiven des Gesundheitssektors („Die Themen sind primär für Gesundheitsexpert*innen prädestiniert, die Sozialwissenschaften sind hier wenig hilfreich!“), über Ansichten von Entscheidungsträger*innen („Wir brauchen verlässliche Informationen und Daten, auf die wir uns für wichtige Entscheidungen verlassen können – und die können uns nur Expert*innen für Epidemiologie und Virologie liefern!“), wissenschaftlichen Akademien („Wir müssen viel integrativer die Fachwissenschaften inter- und transdisziplinär zusammen denken und nach außen repräsentieren!“), Sozialwissenschaftler*innen („Die sozialen Folgen der Corona-Pandemie müssen stärker erforscht werden, hierfür brauchen wir mehr Unterstützung und Gehör!“) bis hin zu Student*innen der Sozialwissenschaften („Im Studium spielen soziale Aspekte der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts kaum eine Rolle – von der Corona-Pandemie bis zum Klimawandel – und das muss sich dringend ändern!“).
Teilnehmer*innen
Dr. Leonie Dendler, Bundesinstitut für Risikobewertung
Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte, Universität Duisburg-Essen
Julia Janik, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink, Goethe-Universität Frankfurt a.M.
Michael Volkmer, Programmleitung transcript Verlag