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Sitzungsübersicht
Sitzung
SESSION 23: Grundlagen für die Schulentwicklung
Zeit:
Mittwoch, 02.07.2025:
16:45 - 18:15

Chair der Sitzung: Andreas Schreier
Ort: Seminarraum 2.A26


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Präsentationen

Zukunftsgewandte und sinnstiftende Hochschulentwicklung: Struktur, Kultur und Führungsverständnis mit Resonanz

Patricia Schuler Braunschweig, Esther Forrer Kasteel

PHZH, Schweiz

Die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen unserer Zeit – gekennzeichnet durch Beschleunigung, Entgrenzung, Individualisierung und Pluralisierung (Rosa, 2016) – schaffen für Hochschulen ein Spannungsfeld von Differenz und Gleichheit, in dem sie sich dynamisch weiterentwickeln müssen. Hochschulen tragen dabei nicht nur Verantwortung für ihre eigene Entwicklung, sondern haben auch eine Vorbildfunktion für andere Bildungsinstitutionen, insbesondere Schulen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die zentrale Frage, ob und wie das Konzept der Resonanz (Rosa, 2019a, 2019b) auf die Hochschulentwicklung übertragen werden kann, um diese als sinnstiftend zu gestalten. Der Fokus liegt dabei auf den drei zentralen Ebenen Kultur, Struktur und Führungsverständnis, die aus der Schulentwicklungsforschung (Höög & Johansson, 2014) adaptiert werden.

Hartmut Rosas Konzept der Resonanz (2019a, 2019b) bietet eine soziologische Perspektive, um Hochschulentwicklung sinnstiftend zu gestalten. Resonanz wird als Modus gelingender Weltbeziehung verstanden und bildet damit einen Gegenpol zur Entfremdung, bei der das Subjekt der Welt gleichgültig oder feindlich gegenübersteht. Resonanz lässt sich bildhaft mit „berührt werden“, „sich mit der eigenen Stimme einbringen“ und „es knistern hören“ beschreiben. Rosa (2019a, S. 288) betont, dass Resonanz kein Gefühlszustand ist, sondern ein dynamischer Beziehungsmodus.

Ein gutes Leben, so Rosa, ist reich an Resonanzerfahrungen und verfügt über stabile Resonanzachsen. Diese Achsen lassen sich in drei Dimensionen unterteilen: die horizontale Resonanzachse (soziale Beziehungen), die diagonale Resonanzachse (Beziehung zur Dingwelt) und die vertikale Resonanzachse (Beziehung zur Welt als Ganzes) (Rosa, 2019a, S. 73–75). Die Qualität der Weltbeziehung wird durch Offen- und Verbundenheit bestimmt, wobei Resonanz immer im Dazwischen liegt.
In der Hochschulentwicklung lassen sich diese Resonanzachsen auf zwei zentrale Resonanzräume anwenden: den Raum des sinnstiftenden Studierens (Resonanzraum I) und den Raum des sinnstiftenden Arbeitens (Resonanzraum II) (Forrer Kasteel, Girschik & Hess, 2023). Dieses interdisziplinäre Modell zeigt auf, wie Hochschulen Lebensqualität und Sinnstiftung für alle Beteiligten fördern können.

Die drei Ebenen aus der Schulentwicklungsforschung – Kultur, Struktur und Führung – lassen sich auch in der Hochschulentwicklung beschreiben. Die Kultur beschreibt die gemeinsamen Werte, Normen, Einstellungen und Erwartungen, die das Arbeitsklima und das Gemeinschaftsleben prägen. Sie hat grossen Einfluss darauf, wie Lehrende, Lernende und Mitarbeitende zusammenarbeiten und auf Veränderungen reagieren. Eine unterstützende Kultur kann den Wandel fördern, während eine widerständige Kultur diesen behindert (Björkman, 2008; Lomos et al., 2011). Die Strukturen wiederum umfassen die organisatorischen Rahmenbedingungen, Routinen, Regeln und Hierarchien, die das Funktionieren der Hochschule bestimmen. Diese Strukturen können Veränderungen erleichtern oder erschweren. Gelegentlich sind strukturelle Anpassungen notwendig, um Entwicklungsprozesse zu fördern (Höög & Johansson, 2011). Die Führung schliesslich umfasst die formelle und informelle Steuerung einer Hochschule. Effektive Führung schafft Unterstützung, Orientierung und Engagement für Veränderungen, während ineffektive Führung Entwicklungsprozesse blockieren kann (Fullan, 2010; Bredeson & Johansson, 2000). Prozesse des Beziehungsaufbaus gelten dabei als zentral für erfolgreiche Führung (Pashiaridis & Johansson, 2021). Für eine nachhaltige und erfolgreiche Hochschulentwicklung müssen die drei genannten Ebenen integriert betrachtet werden. Ihre harmonische Abstimmung bildet die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung von Entwicklungsprojekten, sowohl in Schulen als auch in Hochschulen (Höög & Johansson, 2011; Blossing, 2008).

Der vorliegende Beitrag stellt erste Überlegungen zu einer resonanten Hochschulentwicklung vor, die die Ebenen Kultur, Struktur und Führung genuin einbeziehen. Der Beitrag geht der Frage nach, ob und wie das Resonanzkonzept eine vielversprechende Perspektive bieten kann, um Hochschulen als Orte der Sinnhaftigkeit und Lebensqualität zu gestalten und zukunftsorientiert, partizipativ und nachhaltig weiterzuentwickeln.



Do the right thing! Wie Beratungsprozesse in der Schulentwicklung beginnen.

Susanne Windischbauer, David Kemethofer

Pädagogische Hochschule Oberösterreich, Österreich

Theoretischer Hintergrund

Die Welt verändert sich in rasantem Tempo und wird komplexer. Damit einhergehende Veränderungen betreffen gleichsam Schule und Unterricht und erfordern beständige Entwicklung. Zur Sicherstellung von Wissenstransfer und Kontinuität dieser Prozesse reagieren bildungspolitische Entscheidungsträger:innen mit der Einführung von flächendeckendem Qualitätsmanagement und rahmenden Zielvorgaben. In vielen Fällen können Schulen ihre Entwicklungsvorhaben jedoch nicht alleine stemmen, sondern benötigen Unterstützung von außen (Dedering et al., 2022). In diesem Kontext gewann die Schulentwicklungsberatung an Bedeutung, welche insbesondere an „neuralgischen Punkten“ in Entwicklungsprozessen herangezogen wird (Dedering, 2024). Externe Beratung von Schulen wird in Österreich durch die pädagogischen Hochschulen angeboten. Trotz des hohen Stellenwerts dieser Schulentwicklungsberatung als schulisches Unterstützungsinstrument gibt es kaum empirische Evidenzen über die praktische Ausgestaltung, darunter Aktivitäten, Methoden und Interventionsformen (Altrichter et al., 2021). Ziel der Studie ist, dem Forschungsdesiderat im Bereich Schulentwicklungsberatung entgegen zu wirken und mit Hilfe von Handlungsempfehlungen einen Beitrag zur Professionalisierung der Schulentwicklungsberatung zu leisten.

Fragestellung

Im Zentrum des vorgeschlagenen Beitrags steht die Analyse von Wirkungsweise und Prozessen der Schulentwicklungsberatung, wobei der Schwerpunkt auf der Ausgestaltung der Contractingphase liegt (Arnold & Reese, 2010). Leitende Fragen sind u.a., welche Motive ausschlaggebend für die Anfrage von Beratung sind und welche Personen(gruppen) die Beratungsanfrage (mit)initialisiert hat, welche Erwartungen und Zielvorstellungen die beteiligten Akteur:innen an die Schulentwicklungsberatung stellen (Schulleitung, Lehrkörper, Berater:innen) und wer seitens Schule im Rahmen der Startphase eingebunden ist..

Design und Methode

Orientiert an den Empfehlungen zur systematischen Beforschung von Beratungsprozessen in der Schulentwicklung von Dedering et al. (2013) erfolgt der methodische Zugang mittels multiperspektivischer Fallanalysen im Längsschnittdesign (vgl. Yin, 2018). Konkret werden am Beginn und Ende eines Prozesses leitfadengestützte Interviews mit involvierten Akteur:innen (Schulleitung, Mitglieder von Steuergruppen, Lehrpersonen, im Bedarfsfall weitere relevante Akteur:innen der Mesoebene, Berater:innen) geführt. Darüber hinaus findet eine begleitende Beobachtung statt und relevante Dokumente (z.B. Protokolle und Planungen) werden analysiert.

Das gewählte Sample fokussiert auf österreichischen Schulen im Primarstufenbereich. Konkret werden vier Beratungsprozesse (Fälle) wissenschaftlich begleitet und analysiert. Die Fallauswahl folgte der Prämisse, einerseits Vergleichbarkeit der Fälle herzustellen (Fokus Primarstufe), anderseits sollten unterschiedliche Beratungsanlässe eine möglichst große inhaltliche Varianz abbilden (Schulzusammenlegungen, Clusterbildung, inklusiver Entwicklungsschwerpunkt, Projekt „Sprache stärkt“). Überdies wurde bei der Fallauswahl darauf geachtet, dass die Beratung von unterschiedlichen Berater:innen verantwortet wird. Die gesammelten Daten werden mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz und Rädiker (2022) in MAXQDA ausgewertet.

Ergebnisse und ihre Bedeutung

Erste Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer gelungenen Contractphase für längerfristig angelegte Beratungsprozesse. Bereits zu Beginn werden Erwartungen und Zielvorstellungen ausgehandelt, Rollen geklärt und damit die Weichen für eine vertrauensvolle Arbeitsbasis gelegt.

In den bisher analysierten Daten wird deutlich, dass auch persönliche Kontakte zu den pädagogischen Hochschulen für die Kontaktaufnahme von Relevanz sein können. Der Erstkontakt mit den Berater:innen wird von einer Schulleitung in diesem Kontext treffend mit der Intimität bei einem Arztbesuch verglichen.

Um auch in Zukunft mit dem ständigen Wandel Schritt halten zu können, scheint es unabdingbar, dass sich Schulen zu einer lernenden und agilen Organisation entwickeln. Im Idealfall sind sie damit gut auf mögliche Formen von Zukunft vorbereitet und können allen Kindern optimale Rahmenbedingungen für erfolgreiche Bildungsbiografien bieten. Inwieweit das Unterstützungssystem Schulentwicklungsberatung einen diesbezüglichen Beitrag leisten kann, werden weitere Forschungsergebnisse im Zuge der Studie zeigen.



Ein professionstheoretisches Wissensmodell für den Bereich Schulentwicklung in der Ausbildung von Lehrer*innen

Andreas Schreier

Universität Innsbruck, Österreich

Der Beruf Lehrer*in ist nicht erst seit Beginn der COVID-19-Pandemie mit Herausforderungen und Ansprüchen konfrontiert (Terhart, 2020). Die Organisation Schule und die in ihr handelnden Akteur*innen sehen sich beispielsweise dem gesellschaftlichen Wandel, der Pluralisierung von Lebensstilen und der fortschreitenden Technologisierung bzw. Digitalisierung (Stichwort KI) gegenübergestellt (Dittrich, 2020). Insofern ist die Frage des situationsadäquaten Umgangs mit derartigen Herausforderungen für die Professions- und Schulentwicklung von fortwährender Bedeutung (Schmitt-Herta, 2020). Im Hinblick darauf geht der Beitrag der Frage nach, inwiefern angehende Lehrpersonen in ihrem Studium auf Fragen der Professions- und Schulentwicklung vorbereitet werden. Dieser Frage liegt ein Forschungsprojekt zugrunde, bei dem es das vordergründige Ziel war, professions- und schulentwicklungsrelevantes Wissen theoretisch herauszuarbeiten und empirisch zu untersuchen.

Die theoretische Auseinandersetzung zeigt u.a., dass Professions- und Schulentwicklungswissen bei angehenden Lehrer*innen in der Lehrer*innenbildung eine lebenslange Offenheit und die Neugier am aktuellen wissenschaftlichen Diskurs zum Thema Schule und Unterricht fördern sollte (vgl. Hattie, 2020). Des Weiteren sollte darüber ein berufliches Selbstverständnis aufgebaut werden, das die Neugier für kollegiale Kooperationsbereitschaft und Teamentwicklung in der Schule (vgl. Rolff, 2020), für offene Kommunikationsformen, für Konfliktfähigkeit im Kollegium, für Selbstreflexivität (vgl. Göhlich, 2011) sowie lebenslanges Lernen fördert (vgl. Haeffner, 2012) und Heterogenität (vgl. Wittek, 2019) sowie bildungspolitische Vorgaben und Verwaltung (vgl. Ackeren van & Klein, 2020) als Ressourcen für professionelles Handeln im Beruf sichtbar macht.

Auf Grundlage der theoretischen Konzeptualisierung wurde Professions- und Schulentwicklungswissen empirisch mittels einer Perspektiven-Triangulation analysiert (Flick, 2017). Konkret wurden Curricula aus Österreich (Vollerhebung, N=8) und Modulhandbücher aus Deutschland (exemplarisch, N=8) für die Sekundarstufe (Allgemeinbildung) qualitativ inhaltsanalytisch untersucht (Schmidt, 2016). Geprüft wurden jeweils das „Allgemeine Qualifikationsprofil“ und die „Bildungswissenschaftlichen Grundlagen“ im Bachelor- und Masterstudiengang. Aus den bildungswissenschaftlichen Grundlagen wurden Module bzw. Lehrveranstaltungen zum Thema Lehrer*innen-Profession und Schulentwicklung analysiert. Zusätzlich wurden Expert*innen-Interviews (N=8) mit Expert*innen aus dem tertiären Bildungsbereich aus Deutschland, Österreich und der Schweiz geführt (Gläser & Laudel, 2006). Ausgewertet wurden die Daten über eine Häufigkeitsanalyse (Curricula bzw. Modulhandbücher) und zusammenfassende Inhaltsanalysen (Curricula/Modulhandbücher und Expert*innen-Interviews), wobei die Kategorien deduktiv und induktiv bestimmt wurden (Gläser-Zikuda, 2011).

Zentrale Ergebnisse aus den Curricula- und Modulhandbücheranalysen zeigen u.a., dass Schulentwicklung ein Randthema in der Professionalisierung von Lehrer*innen ist und im Vergleich zu Themen, die im direkten Zusammenhang mit Unterricht stehen, nur oberflächlich und unterschiedlich stark (mit standortspezifischen Unterschieden) in der Lehrer*innenbildung thematisiert wird. Wesentliche Erkenntnisse aus den Expert*innen-Interviews zeigen, dass sich Schulentwicklungswissen u.a. aus einer Beschäftigung mit den Themen Partizipation, Kooperation, Teacher Leadership, Changemanagement, Evaluation, Berufsethos, Schulkultur, Organisationstheorien und Arbeitsplatzanalysen, politischen Trends, Gesellschaft, digital gestütztem Lernen wie auch besonders aus Praxisphasen und dem realen Schulleben speist.

Mit den gesamten Ergebnissen wurde ein professionstheoretisches Wissensmodell entfaltet, das Schulentwicklungswissen als zentrale Dimension von Lehrer*innenwissen festhält. Im Kontext der eingangs erwähnten Herausforderungen lässt sich mit diesem Modell u.a. bekräftigen, dass die Professionalisierung für den Bereich Schulentwicklung nicht nur in der Lehrer*innenbildung verankert, sondern auch in den pädagogisch-praktischen Studien (Referendariat) und der Berufseingangsphase integriert werden sollte. Wie eine konkrete Ausgestaltung in der Lehrer*innenbildung und eine Umsetzung im schulischen Umfeld aussehen könnten, wird am Ende des Beitrags zur Diskussion gestellt. Wie auch die Erkenntnis, dass im Zusammenhang mit der Orientierung an Kompetenzstandards in der Ausbildung von Lehrer*innen mit diesem Modell das „Theorie-Praxis-Problem“ auch als „Wissens-Könnens-Problem“ interpretiert werden kann.



 
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