Veranstaltungsprogramm

Sitzung
SYMP 38: Zukunft der Hochschulweiterbildung
Zeit:
Freitag, 04.07.2025:
10:00 - 11:45

Chair der Sitzung: Markus Weil
Ort: Seminarraum 2.A26


Präsentationen

Zukunft der Hochschulweiterbildung

Chair(s): Markus Weil (Pädagogische Hochschule Zürich, Schweiz), Caroline Lanz (Pädagogische Hochschule Luzern)

In einer zunehmend diversen und komplexen Welt stehen Hochschulen vor der Aufgabe, Bildungs- und Lernprozesse so zu gestalten, dass sie sowohl den individuellen Bedürfnissen der Lernenden als auch den Anforderungen des Arbeitsmarkts gerecht werden. Das Symposium „Zukunft der Hochschulweiterbildung“ widmet sich diesen Herausforderungen und zeigt auf, wie Hochschulen Lernprozesse und -strukturen gestalten können. Dabei werden in den drei Beiträgen unterschiedliche Ebenen fokussiert: 1) die Individualisierung für Studierende und Weiterbildungsteilnehmende, 2) die curriculare Gestaltung, beispielsweise durch Modularisierung und 3) die strukturell-institutionelle Ebene von Aus- und Weiterbildung.

Der erste Beitrag nimmt hauptsächlich Bezug auf die Individualisierung und beschäftigt sich mit der innovativen Verknüpfung von Aus- und Weiterbildung im Bereich der Berufs- und Erwachsenenbildung. Exemplarisch werden neu geschaffene berufspädagogische Ausbildungsstudiengänge vorgestellt, die den Herausforderungen globaler Megatrends und der sinkenden Halbwertszeit von Wissen gerecht werden. Im Fokus steht die Notwendigkeit, Studierende nicht nur mit fachlichem Wissen auszustatten, sondern sie auch nachhaltig für lebenslanges Lernen zu befähigen. Die Pädagogische Hochschule Luzern dient hierbei als Datenquelle, wie durch gezielte Individualisierung der Ausbildung und eine integrative Gestaltung von Aus- und Weiterbildungsangeboten eine zukunftsorientierte Lernkultur geschaffen werden kann.

Der zweite Beitrag fokussiert die Ebene der curricularen Gestaltung durch Modularisierung. Er fokussiert auf die Herausforderung, flexible und bedarfsorientierte Weiterbildungsangebote bereitzustellen, die dennoch den formalen Anforderungen der akkreditierten Hochschulen entsprechen. Unter Einbezug der Theorie der „iterativen Bildung“ werden praxisorientierte und theoriegeleitete Leitfragen für die zukünftige Weiterbildungsplanung an Pädagogischen Hochschulen entwickelt. Ziel ist es, individuelle Lernwege zu ermöglichen und gleichzeitig den organisatorischen Erfordernissen gerecht zu werden.

Der dritte Beitrag widmet sich den strukturell-institutionellen Rahmenbedingungen an Schweizer Hochschulen und analysiert das Verhältnis der Weiterbildung zur Ausbildung sowie den weiteren Leistungsbereichen der Hochschulen. So werden Flexibilisierungsansätze identifiziert, die einen Beitrag zur Hochschulentwicklung in einer dynamischen Welt bieten können. Die Untersuchung basiert auf einer qualitativ-inhaltsanalytischen Herangehensweise und nutzt Daten aus Organigramm-Analysen und Fragebogenerhebungen, um die institutionelle Positionierung der Weiterbildung zu beleuchten.

Gemeinsam bieten diese Beiträge einen umfassenden Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Hochschulbildung bzw. Weiterbildung in der Schweiz.

Das Symposium lädt dazu ein, die unterschiedlichen Ebenen in Bezug auf die Zukunft der Hochschulweiterbildung in einer diversen und komplexen Welt zu diskutieren und Lösungsansätze zu erörtern, die den vielfältigen Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft gerecht werden.

 

Beiträge des Symposiums

 

Individualisierung und lebenslanges Lernen in der Ausbildung. Eine Chance für die Weiterbildung?

Silke Fischer
Pädagogische Hochschule Luzern

In Zeiten, in denen globale Megatrends zu grundlegenden Veränderungen in der Arbeitswelt führen und die Halbwertszeit von Wissen kontinuierlich sinkt (ILO, 2021), werden vor allem überfachliche Kompetenzen für den Schul- und Berufserfolg zunehmend wichtiger (Heckman & Kautz, 2012). Dementsprechend steigen die Komplexität der Unterrichtsinhalte sowie die bildungspolitischen Kompetenzanforderungen. Hiervon sind aufgrund ihrer Nähe zur Wirtschaft die Lehrpersonen in der Berufsbildung besonders betroffen, da Unterrichtsinhalte besonders schnell an wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen angepasst werden müssen. Studierende in berufspädagogischen Studiengängen müssen daher nicht mehr zur Wissensvermittlung der didaktisch aufbereiteten Bezugswissenschaften befähigt werden (Barabasch & Fischer, 2020), sondern vielmehr zur Kompetenzvermittlung des lebenslangem Lernens.

Die Pädagogischen Hochschulen (PH) in der Schweiz sind aufgrund knapper werdender Bildungsressourcen und zunehmend gestiegener bildungspolitischer Anforderungen (s.o.) gefordert ihre (berufspädagogischen) Bildungsgänge attraktiv zu gestalten. Die Berufsbildung ist an den meisten PHs im Vergleich zu anderen Bereichen, z.B. der Volksschulbildung, relativ klein. Dementsprechend gestaltet es sich schwierig die notwendigen Ressourcen aufzubringen, um die berufspädagogischen Ausbildungsstudiengänge laufend zu innovieren, an die o.g. Herausforderungen anzupassen und z.T. mit ausreichend Studierenden kostendeckend anzubieten. Eine weitere Herausforderung, die sich vor allem in der Weiterbildung zeigt, ist das die enge Verbindung mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen, die allgemein im Bereich der Erwachsenenbildung angeboten werden. Eine Abgrenzung der Berufs- und Erwachsenenbildung im Bereich Weiterbildung erscheint daher schwierig. Aufgrund dessen wird die Berufsbildung (wie auch die Erwachsenenbildung) im Bereich der Weiterbildung an Pädagogischen Hochschulen stark durch private Anbieter konkurrenziert.

Die PH Luzern hat aufgrund der o.g. Herausforderungen die Aus- und Weiterbildung im Bereich der Berufs- (und z.T. auch der Erwachsenenbildung) innoviert. Exemplarisch soll an neu geschaffenen berufspädagogischen Ausbildungsstudiengängen aufgezeigt werden, wie Aus- und Weiterbildung im Bereich der Berufs- und Erwachsenenbildung miteinander verknüpft sind, um so die Studierenden auf das lebenslange Lernen vorzubereiten.

Bibliografie

Barabasch, A., & Fischer, S. (2019). Die Berufsschullehrpersonenausbildung in der Schweiz

und in Deutschland. bwp@ Spezial, Nr. 16, 1–17.

Heckman, J.J., & Kautz, T. (2012). Hard evidence on soft Skills. Labour Economics, 19(4),

451–464.

ILO (2021). Global framework on core skills for life and work in the 21st century. Genf:

International Labour Organization.

 

Weiterbildungsplanung und Modularisierung von Weiterbildung

Claudia Dünki, Urs Oberthaler
Pädagogische Hochschule FHNW

Die Weiterbildungsplanung an den Pädagogischen Hochschulen steht vor der Herausforderung, ein flexibles und bedarfsorientiertes Angebot bereitzustellen, das sowohl eine sinnvolle Gestaltung individueller, auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmter Weiterbildungsverläufe ermöglicht als auch den organisatorischen Erfordernissen, insbesondere der Schulentwicklung und lerngemeinschaftsbezogenen Unterrichtsentwicklung, Rechnung trägt.

Dieser Beitrag untersucht die Modularisierung von Weiterbildungsangeboten (Weiterbildung und Beratung) im Kontext der Theorie der „iterativen Bildung“ nach Kraus (2017). Iterative Bildung verweist auf die Verschränkung von theoriebasierten und erfahrungsbasierten Lernprozessen, wonach sich Professionalität im konstitutiven Verhältnis der beiden Lernformen des wissenschaftsorientierten/theoriebasierten und des erfahrungsbasierten Lernens, im zeitlichen und kontextuellen Wechsel von Teilnahme an organisierten Bildungsaktivitäten, Praxiserfahrungen und Lernprozessen im Vollzug praktischer Tätigkeiten entwickelt - vom Studium an über die gesamte Berufsbiografie, ausgehend von einer formalen, ersten Bildungsphase in Form eines Hochschulstudiums. Die Verschränkung von Praxiserfahrungen und organisierten Bildungsprozessen erfolgt dabei nicht über ein festgelegtes Curriculum, sondern wird «von einer seriellen Entwicklungslogik getragen, die durch wiederkehrende Lern- und Bildungsphasen in konstitutiver Verbindung mit Praxiserfahrungen gekennzeichnet ist» (ebd., S. 292). Praxiserfahrung und organisierte Bildungsprozesse sind durch gemeinsame Themen verbunden.

Ziel des Beitrags ist es, praxisorientierte und zugleich theoriegeleitete Leitfragen für die zukünftige Weiterbildungsplanung einer Pädagogischen Hochschule zu entwickeln, welche die Ansprüche an eine Bildung in einer diversen und komplexen Welt einlöst. Grundlage hierfür sind empirische Daten aus Kursen, Weiterbildungsstudiengängen sowie schulinternen Weiterbildungsformaten. Neben Teilnehmenden dieser Weiterbildungsangebote wurden auch Weiterbildungsplaner:innen an Hochschulen befragt. Den theoretischen Rahmen des Beitrags bildet die Theorie der iterativen Bildung. In einem Verständnis von Bildung als kontinuierlicher, zyklischer Prozess, der durch Lernen, Anwendung und Reflexion gekennzeichnet ist, wird modularisierte Weiterbildung als didaktisches Konzept betrachtet, das diesem Prozess durch wiederholbare, anpassbare und teils aufeinander bezogene Lerneinheiten entspricht.

Während die Weiterbildungsplanung davon ausgeht, dass insbesondere flexible, modulare Strukturen von den Teilnehmenden geschätzt werden, da sie individuelle Lernwege ermöglichen, zeigen Rückmeldungen von Verbandsvertretungen und einzelnen Teilnehmenden häufig einen hohen Bedarf an Unterstützung bei der Navigation durch die Weiterbildungsbereiche und -angebote.

Auf dieser Basis wurden folgende Leitfragen für die zukünftige Gestaltung der Weiterbildungsplanung abgeleitet:

1. Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit: Wie kann der iterative Charakter von Weiterbildung in Planung und Ausbringung systematisch berücksichtigt werden, um eine nachhaltige Kompetenzentwicklung zu fördern?

2. Bedarfsorientierung: Wie kann die Bedarfsanalyse systematisch in die Weiterbildungsplanung integriert werden, um individuelle und institutionelle Bedürfnisse besser zu verbinden (vgl. Gieseke, 2008)?

3. Modulare Strukturierung: Wie können flexible Module gestaltet werden, die einerseits in sich abgeschlossen und andererseits in individuelle und organisationale Bezüge eingebettet sind?

Die Modularisierung von Weiterbildung erfordert nicht nur organisatorische, sondern auch didaktische und curriculare Überlegungen. Eine theoriegeleitete, empirisch fundierte Weiterbildungsplanung, die sich an den Prinzipien iterativer Bildung nach Kraus (2017) und am Modell der Wissensinseln nach Gieseke (2008) orientiert, bietet ein vielversprechendes Modell für die Zukunft. Durch die gezielte Orientierung an den Bedürfnissen und Erwartungen der Teilnehmenden und die kontinuierliche Anpassung an die institutionellen Erfordernisse kann eine nachhaltige, praxisorientierte Weiterbildungsgestaltung realisiert werden.

Der Beitrag stützt sich auf zwei unterschiedliche Datenquellen:

1. Systematische Weiterbildungsevaluation: Mehrjährige Befragung von Teilnehmenden aus rund 200 Kursen und 30 Weiterbildungslehrgängen sowie schulinterner Weiterbildung pro Jahr. Im Mittelpunkt der Befragung stehen Zufriedenheit, Anwendungsorientierung, Kompetenzentwicklung und beruflicher Nutzen (qualitative und quantitative Daten).

2. ergänzende qualitative Interviews: Leitfadengestützte Interviews mit Weiterbildungsplaner:innen, die spezifische Anforderungen, Herausforderungen und Gestaltungsprinzipien in der Planung beleuchten.

Bibliografie

Gieseke, W. (2008). Bedarfsorientierte Angebotsplanung in der Erwachsenenbildung. Bielefeld: Bertelsmann.

Kraus, K. (2017). Bildung im Modus der Iteration – Überlegungen zur professionellen Entwicklung von Lehrpersonen und zum Beitrag von Hochschulen und Schulfeld. In: Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 35 (2).

 

Weiterbildung an Schweizer Hochschulen: Spannungsfelder und Flexibilisierungsoptionen

Weil Markus
Pädagogische Hochschule Zürich

Der Beitrag analysiert die Rolle der Weiterbildung an Schweizer Hochschulen und untersucht Spannungsfelder zwischen Ausbildung und Weiterbildung im Kontext systemischer und institutioneller Strukturen. Es geht darum, innovative Flexibilisierungsansätze zu identifizieren und deren Beitrag zur Hochschulentwicklung zu in einer dynamischen, sich verändernden Welt zu bewerten.

Die Weiterbildung an Schweizer Hochschulen bewegt sich im Spannungsfeld zwischen systemischen und institutionellen Zugängen auf der Makro- und Mesoebene. Als Bestandteil eines Mehrebenensystems ist sie zwar strukturell ausserhalb der formalen Bildungsabschlüsse wie Bachelor, Master und Doktorat verortet (Schrader, 2011; SKBF, 2023). Dennoch weist sie mit Angeboten wie CAS, DAS und MAS eine Zyklenstruktur auf, die der formalen Ausbildung ähnelt und wird von Hochschulen ausgebracht. Diese hybride Positionierung (Seitter, 2017) – innerhalb und ausserhalb des formalen Bildungssystems – prägt die Beziehung zwischen Ausbildung und Weiterbildung an Hochschulen und eröffnet Flexibilisierungsoptionen (Kemfelja, 2020; Lehmann & Vierzigmann, 2022).

Der Beitrag verfolgt das Ziel, die institutionelle und systemische Verortung der Weiterbildung an Schweizer Hochschulen zu analysieren. Es werden Spannungsfelder identifiziert und untersucht, wie diese durch Flexibilisierungskonzepte, wie gemeinsame Referenzpunkte und Kompetenzmodelle adressiert werden können und damit einem diversen, komplexer werdenden Umfeld gerecht zu werden. Die Ergebnisse sollen nicht nur zur Hochschulentwicklung beitragen, sondern auch bestehende Lösungsansätze sichtbar machen (Weil, 2024).

Methodisch basiert die Untersuchung auf einer qualitativ-inhaltsanalytischen Herangehensweise und nutzt zwei Datenquellen:

Eine Organigramm-Analyse aller Schweizer Hochschultypen in allen Sprachregionen (N=41) dient der Identifikation der institutionellen Positionierung der Weiterbildung, indem Strukturmerkmale wie Hierarchien und die Nähe zur Ausbildung analysiert werden.

Eine Fragebogenerhebung beleuchtet Praktiken und konzeptionelle Bezugspunkte der Flexibilisierung, wobei die Antworten im Modell verortet und relevante Fälle identifiziert werden. Die Daten stammen von den deutschsprachigen Pädagogischen Hochschulen (N=15).

Methodische Limitationen, wie die Repräsentationslücke zwischen Organigrammen und tatsächlichen Strukturen sowie die soziale Erwünschtheit bei der Fragebogenerhebung sind bei der Interpretation zu berücksichtigen. Die erhobenen Daten dienen aber dennoch als wichtige Indikatoren für die strukturell-institutionelle Ebene der Hochschulweiterbildung.

Der Beitrag zeigt auf, wie Spannungsfelder zwischen Ausbildung und Weiterbildung institutionell strukturiert und durch innovative Ansätze flexibilisiert werden können. Dies eröffnet neue Perspektiven für die Gestaltung von Hochschulbildung in einem dynamischen, sich verändernden Umfeld.

Bibliografie

Kemfelja, J. (2020). Flexibilisierungsmöglichkeiten in der wissenschaftlichen Weiterbildung. Empfehlungen zur Strukturentwicklung von Weiterbildungsangeboten. Hochschule Kaiserslautern; Technische Universität Kaiserslautern; Hochschule Ludwigshafen.

Lehmann, B. & Vierzigmann, G. (2022). Weiterbildung an Hochschulen: Zwischen Disziplin, Bildungspraxis und Profession. Zeitschrift Hochschule Und Weiterbildung (ZHWB), (2), 8–15.

Schrader, J. (2011). Struktur und Wandel der Weiterbildung. Wbv: Bielefeld.

Seitter, W. (2017). Wissenschaftliche Weiterbildung. Multiple Verständnisse – hybride Positionierung. Hessische Blätter für Volksbildung, 67 (2), 144–151.

SKBF (Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung) (2023). Bildungsbericht Schweiz 2023. Aarau: SKBF.

Weil, M. (2024). Weiterbildung als «Flexibilisierungsoption» für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung, (2),147–164.