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Vue d’ensemble des sessions
Session
SYMP 34: Werte und Haltungen prägen Bildung und Betreuung
Heure:
Vendredi, 04.07.2025:
13:30 - 15:30

Président(e) de session : Barbara Stampfli
Salle: Salle de séminaire 2.B26


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Présentations

Werte und Haltungen prägen Bildung und Betreuung

Président(s) de session: Barbara Stampfli (PH Bern, Schweiz), Cornelia Conrad (RADIX, Schweizerische Gesundheitsstiftung)

Werte und Haltungen sind diffuse Konzepte, die sich insbesondere aus Perspektive der Schul- und Organisationsentwicklung als zentrale Aspekte erwiesen haben. Werte werden nach Schubart (2010, S. 24) als «Vorstellungen von persönlich wie gesellschaftlich Wünschenswertem sind, die das menschliche Handeln beeinflussen und ihm Orientierung geben» definiert. Werte und Haltungen können sowohl einen individuellen wie auch einen kollektiven Charakter haben. Beispiele sind Selbstwirksamkeit und Innovationsbereitschaft, die sowohl aus subjektiver Perspektive betrachtet werden können und nur für ein bestimmtes Individuum gelten, oder aber aus der Sicht eines Kollegiums für das Kollektiv eingeschätzt werden können (Zlatkin-Troitschanskaia & Förster, 2012).

Nach Helsper (2008) musste sich die Bildung immer wieder mit der Wertediskussion auseinandersetzen, da in Krisenzeiten der gängige Wertekanon für Bildung und Schule in Frage gestellt wird. Gleichzeitig stellt sich die Herausforderung, dass die Werte und Haltungen der unbewussten Ebene einer Organisation zuzuschreiben sind (Schein, 1990). Daher wird die Erforschung von Haltungen und Werten oft vernachlässigt, was sich auch darin zeigt, dass insgesamt noch wenig Forschung dazu besteht, inwiefern Personen innerhalb einer Organisation dieselben Werte und Haltungen teilen müssen. Schreier und Ammann (2023) haben dies insbesondere aus der Perspektive der Schulleitung untersucht, allerdings bleibt unklar, welche Werte an Schulen vermittelt werden sollen und gleichzeitig auch, an welchen Werten sich die Schulentwicklung orientieren soll. Ebenso ist zu beachten, dass die Diskussion um die Werte im Bildungsbereich längst nicht mehr nur durch die Schule geprägt werden, sondern auch durch verschiedene andere Institutionen wie Kindertagesstätten oder Tagesstrukturen. Dabei können die Haltungen und Werte der Mitarbeitenden und Leitungspersonen dieser Institutionen sowie der bildungspolitischen Behörde eine Rolle für den Ausbau und die Stellung dieser Angebote in der Gesellschaft haben.

Dieses Symposium geht der Frage nach, welche Bedeutung Werte und Haltungen im Bildungs- und Betreuungssystem der Schweiz haben. Dabei ist es das Ziel, Werte und Haltungen auf verschiedenen Ebenen anzuschauen, so befassen sich die Beiträge mit Gemeindebehörden, der Sicht der Kinder aber auch Mitarbeitenden an Tagesstrukturen. In der Annahme, dass die Werte und Haltungen expliziert werden müssen, damit sie bearbeitet und gegebenenfalls verändert werden können, diskutieren die vier verschiedenen Beiträge Werte und Grundhaltungen in unterschiedlichen systemischen Kontexten im Bereich Bildung und Betreuung.

Der erste Beitrag befasst sich mit den Werten und Haltungen von Gemeinderät*innen Bildung des Kantons Bern und deren Einfluss auf die Ausgestaltung der Bildungs- und Betreuungslandschaft in der jeweiligen Gemeinde. Mit Mixed-Methods-Daten soll aufgezeigt werden, welche pädagogischen Werte aus Sicht der Gemeinderät*innen für ihre Gemeinde wichtig sind.

Im zweiten Beitrag werden die Werte und Haltungen hinsichtlich Partizipation in Tagesschulen thematisiert. Partizipation wird als zentraler demokratischer Wert von aussen an die Tagesschulen herangetragen, der Beitrag beleuchtet, wie die Umsetzung in den Tagesschulen aus der Sicht der Kinder gelebt wird und zeigt die Relevanz der Haltung der Mitarbeitenden auf.

Der dritte Beitrag setzt sich mit den Tagesschulmitarbeitenden des Kantons Zürich und deren (professionsbedingten) Haltungen und Werten auseinander, die wiederum einen Einfluss auf die multiprofessionelle Zusammenarbeit haben.

Im vierten Beitrag werden umfangreiche Strukturdaten aus dem Kanton Zürich analysiert. Ergänzend zu den Strukturdaten werden subjektive Einschätzungen der Gemeinden sowie offene Antworten aus der Erhebung miteinbezogen, um eine Annäherung an die Werte und Haltungen der Gemeinden zur unterrichtsergänzenden Betreuungspolitik und -praxis zu vollziehen.

Werte und Haltungen im Bildungs- und Betreuungsbereich spielen eine grosse Rolle – sei dies auf Ebene der Behörden, auf Ebene der Leitungspersonen, aber auch in der täglichen Praxis aus Sicht der Kinder und Mitarbeitenden. In der anschliessenden Diskussion wird daher der Stellenwert von Werten und Grundhaltungen in unterschiedlichen systemischen Kontexten im Bereich Bildung und Betreuung wieder aufgegriffen und zudem darauf eingegangen, inwiefern Werte und Haltungen zur (Weiter-) Entwicklung der Bildungs- und Betreuungslandschaft beitragen können.

 

Présentation du symposium

 

«Erziehung und Beziehung» als zentrale Werte von Bildungsbehörden

Barbara Stampfli, Michelle Jutzi, Regula Windlinger, Luis Aguilar
PH Bern

Schüler*innen verbringen immer mehr Zeit in Bildungs- und Betreuungsangeboten, die neben der Schule in einer Gemeinde bestehen (SKBF, 2023). So spielen in einer Gemeinde neben der Schule auch Kitas, Spielgruppen, Tagesstrukturen, aber auch Vereine und Musikschulen eine wichtige Rolle (Betz & Bischoff, 2018). Hinsichtlich dieser zunehmenden Pluralität der Bildungs- und Betreuungsangebote stellt sich die Frage, inwiefern eine gemeinsame Zielorientierung innerhalb der Gemeinden wichtig sein könnte. In diesem Beitrag gehen wir davon aus, dass das Handeln von Personen – hier Gemeindebehörden – von ihren Werten und Normen beeinflusst wird (Erpenbeck, 2018). Werte können als zentrale Grundlage einer gemeinsamen Zielausrichtung oder Kultur verstanden werden (Schönig, 2002), wobei sich drei miteinander verbundene Dimensionen identifizieren lassen: Organisation, Erziehung und Lernen (Holtappels, 1995).

Im Schweizer Bildungssystem kommt den Gemeindebehörden eine wichtige Rolle hinsichtlich der bildungspolitischen Steuerung zu, jedoch variiert ihre Autonomie, zum Beispiel hinsichtlich der Bildungsausgaben, von Kanton zu Kanton (Fiechter, 2010). In vielen Kantonen haben die Gemeindebehörden die «strategische Aufsichtspflicht» gegenüber der Schule (Hangartner & Svaton, 2016), sowie eine bestimmte rechtliche, politische und ökonomische Autonomie (Rühli, 2012). Obwohl im Bereich der Schulentwicklung die Werte im Rahmen der Wichtigkeit des Leitbilds sehr stark im Fokus stehen und auch der Einfluss der Führung auf die Entwicklung einer werteorientierten Schulkultur bereits in mehreren Studien deutlich wurde (Schreier & Ammann, 2023), gibt es bislang keine Studien auf Ebene der Gemeinde, die sich mit Haltungen und Werten auseinandersetzen.

Das Ziel dieser Studie ist es, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, welche pädagogischen Werte für Bildungsbehörden relevant und handlungsleitend sind. Dabei gehen wir davon aus, dass die Bildungsbehörden zentrale Akteur*innen im kommunalen Bildungssystem darstellen und die Entwicklung der Angebote mit ihrem Verständnis grundlegend beeinflussen können.

Im vorliegenden Beitrag wurde explorativ anhand eines mixed-methods-Designs (Kuckartz, 2017) untersucht, welche pädagogischen Werte aus Sicht der Gemeinderät*innen Bildung für ihre Gemeinde wichtig sind. In einem ersten Schritt wurden Interviews mit Akteur*innen der Gemeindebehörde in sechs unterschiedlichen Gemeinden des Kantons Bern geführt. Die genannten Werte und damit einhergehenden Haltungen und Annahmen wurden inhaltsanalytisch ausgewertet (Kuckartz & Rädiker, 2024). In einem zweiten Schritt wurden Gemeinderät*innen des gesamten Kantons Bern mittels eines Online-Fragebogens befragt. Die Befragten gaben an, welche pädagogischen Werte sie für ihre Gemeinde als wichtig erachteten. Dabei konnten sie aus einer Liste von 18 Werten die drei wichtigsten auswählen. Die Ergebnisse der Fragebogenerhebung wurden deskriptiv ausgewertet und mit den Ergebnissen aus der qualitativen Befragung in Zusammenhang gesetzt.

Die qualitativen Daten zeigen auf, welche Werte für die Gemeindebehörden als wichtig erachtet werden und wie diese in den Gemeinden gelebt werden, wie zum Beispiel Respekt oder Wertschätzung. Oft wird beschrieben, anhand welcher konkreten Aktivitäten oder Massnahmen sich bestimmte Werte im Alltag zeigen. Die Auswertung der quantitativen Daten zeigt, dass die Gemeinderät*innen Bildung die Werte in der Dimension «Beziehung/Erziehung» (M=1.59) (Holtappels, 1995) am häufigsten wählen. Dabei werden «Respekt» und «Wertschätzung» am häufigsten genannt. Weniger wichtig sind für sie Aspekte, die direkt auf das «Lernen und Lehren» (M=1.02) ausgerichtet sind, wie zum Beispiel «Interesse wecken» oder eine «positive Fehlerkultur». Am seltensten werden Werte aus der Dimension «Organisation» (M=0.37) genannt, wie «Transparenz», «Flexibilität» oder «Zuverlässigkeit».

Insgesamt kann anhand der Datengrundlage aufgezeigt werden, dass sich Gemeindebehörden, die für die Bildung und Betreuung zuständig sind, sehr stark auf pädagogische Werte beziehen, die mit den Bereichen Beziehung/Erziehung und Lehren/Lernen verbunden werden. Überraschend sind Aspekte der Organisation eher im Hintergrund, da die Gemeinde ja auch eine wichtige Rolle in der Steuerung wahrnimmt.

Bibliographie

Betz, T., & Bischoff, S. (2018). Kindheit unter sozialinvestiven Vorzeichen. In: A. Lange, H. Reiter, S. Schutter & C. Steiner (Hrsg.), Handbuch Kindheits- und Jugendsoziologie (S. 49–65). Springer Fachmedien Wiesbaden.

Erpenbeck, J. (2018). Wertungen, Werte – Das Buch der Grundlagen für Bildung und Organisationsentwicklung. Springer Berlin Heidelberg.

Fiechter, J. (2010). Politische Gemeinden und lokale Autonomie in der Schweiz. Eine Studie zur normativen Bedeutung und empirischen Erfassung der Gemeindeautonomie und ihrer Ausprägung im kantonalen und lokalen Vergleich. Chavannes-Lausanne: idheap Institut de hautes études en administration publique (Cahier de l'IDHEAP /IDHEAP-Heft], 251).

Hangartner, J., & Svaton, C. (2016). "Bildungsstrategie" als neues Kontrollritual der kommunalen Schulaufsicht. In R. Leemann, C. Imdorf, J. J. W. Powell & M.Sertl (Hrsg.), Die Organisation von Bildung. Soziologische Analysen zu Schule, Berufsbildung, Hochschule und Weiterbildung (S. 108–125). Beltz Juventa (Bildungssoziologische Beiträge), .

Holtappels, H.G. (1995). Entwicklung von Schulkultur. Ansätze und Wege schulischer Erneuerung. Luchterhand Verlag.

Kuckartz, U. (2017). Datenanalyse in der Mixed-Methods-Forschung. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 69 (S2), S. 157–183. DOI: 10.1007/s11577-017-0456-z.

Kuckartz, U., & Rädiker, S. (2024). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Umsetzung mit Software und künstlicher Intelligenz. 6. Auflage. Juventa Verlag. Online verfügbar unter https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-3155932.

Rühli, L. (2012). Gemeindeautonomie zwischen Illusion und Realität. Gemeindestrukturen und Gemeindestrukturpolitik der Kantone. Hrsg. v. Avenir Suisse (Kantonsmonitoring, 4), zuletzt geprüft am 26.08.2021.

Schreier, A., & Ammann, M. (2023). Der Beitrag der Schulleitung in Schulentwicklungsprozessen für das Schaffen einer handlungsleitenden und wertebasierten Schulkultur. heiEDUCATION Journal. Transdisziplinäre Studien zur Lehrerbildung, Nr. 12 (2023), S. 105 - 123. DOI: 10.17885/HEIUP.HEIED.2023.12.24910.

SKBF (2023). Bildungsbericht Schweiz 2023. Hg. v. Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung. Aarau.

 

Demokratische Werte und Partizipation in den Tagesstrukturen zwischen Vorgabe und gelebter Praxis aus Kindersicht

Jasmin Näpfli, Kirsten Schweinberger
PH FHNW

Tagesstrukturen haben sich als wichtige Sozialisationsräume etabliert (Schüpbach & Lilla, 2019), in denen Kinder nicht nur Zeit verbringen, sondern auch interagieren und prägende Erfahrungen sammeln (Bock, 2010). Rund 36 % der schulpflichtigen Kinder besuchen in der Schweiz diese Einrichtungen (BFS, 2024). Diese Entwicklung führt dazu, dass Kindheit zunehmend innerhalb von Institutionen stattfindet (Seitz & Hamacher, 2024).Tagesstrukturen sind daher nicht nur Betreuungsorte, sondern auch Orte der Wertevermittlung (Komalasari et al., 2014). Dies spiegelt sich in Empfehlungen, beispielsweise von KibeSuisse, wider, die betonen, dass in Tagesstrukturen auch eine Auseinandersetzung mit Wissen und Werten stattfinden sollte (Kibesuisse, 2019). Die zu vermittelnde Werten werden zum Teil von aussen gesetzt, beispielsweise, weil sie in Qualitätsrahmen besondere Beachtung erfahren.

Ein besonderer Fokus liegt auf der Förderung demokratischer Werte, die durch Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der Tagesstrukturen vermittelt werden können (Fischer et al., 2022). Partizipation ist nicht nur als gesellschaftlicher Wert bedeutend, der zu der Erziehung zu verantwortungsbewussten Bürgern*innen mit demokratischen Kompetenzen und Werten beiträgt (Reisenauer, 2020) sondern auch als pädagogisches Konzept: welches, wesentliche Fähigkeiten wie Autonomie, Verantwortungsbewusstsein und Identitätsbildung fördert (Moser, 2010). Zudem ist die Partizipation von Kindern rechtlich in der UN-Kinderrechtskonvention (1989) verankert. Partizipation kann unterschiedliche Formen annehmen – von informiert sein bis zur Selbstbestimmung (Oser & Biedermann, 2006). Lundy (2007) hebt hervor, dass neben den Formen auch der Raum für Partizipationsmöglichkeiten, das Publikum (die Erwachsenen und ihre Haltung) sowie der Einfluss wichtig sind bei der Betrachtung von Partizipationsprozessen von Kindern.

Als Wert wird Partizipation in Bildungssettings vielfältig legitimiert, aber wie gestalten sich Partizipationsmöglichkeiten in den Tagesstrukturen und wie hängen diese mit der Haltung von den Erwachsenen zusammen? Dieser Beitrag zeigt dies am Beispiel der Tagesstrukturen eines Schweizer Kantons auf, der vorgibt, dass die Angebote partizipativ ausgerichtet sind. Die Datenerhebung fand in neun Tagesstrukturen mittels 46 Foto-Touren und anschliessenden Gruppendiskussionen mit 194 Kindern im Alter von fünf bis zwölf Jahren. Die gesammelten Daten wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass es grosse Unterschiede bezüglich der Partizipations-möglichkeiten und deren Formalisierung gibt: Von formalisiert – durch regelmässige Partizipationstreffen und Richtlinien bis weniger formalisiert durch Wunschboxen. Den Kindern bietet sich in den Tagesstrukturen ein Lernumfeld, wo sie den Wert der Partizipation erleben können. Ein weiterer zentraler Befund ist die Haltung der Erwachsenen, die massgeblich beeinflusst, ob Kinder echte Partizipation oder lediglich Scheinpartizipation erfahren. Während echte Partizipation mit erhöhter Selbstwirksamkeit und dem Erleben demokratischer Werte einhergeht, führt Scheinpartizipation häufig zu Frustration. Dies deckt sich mit Forschungsergebnissen zur Partizipation in der Schule, die besagt, dass die Haltung der Lehrpersonen einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie Partizipation im Klassenzimmer erlebt wird (Thornberg & Elvstrand, 2012). Die Erwachsenen verfügen über die Möglichkeit, den Partizipationsprozess zu gestalten (Elvstrand & Lago, 2019). Bemerkenswert ist zudem, dass Partizipationsmöglichkeiten häufig situativ entstehen und – mit wenigen Ausnahme – selten gezielt geplant werden.

Qualitätsraster und Richtlinien definieren Partizipation als einen zu vermittelnden Wert und können so eine gemeinsame Haltung dazu fördern. Solche institutionellen Vorgaben unterstützen nicht nur eine gewisse Einheitlichkeit in der Praxis, sondern tragen auch dazu bei, den Stellenwert der Partizipation innerhalb der Organisation zu stärken. Damit dieser Wert jedoch tatsächlich in der täglichen Arbeit verankert wird, ist es entscheidend, dass die Leitungen der Tagesstrukturen und die Mitarbeitenden ihn aktiv umsetzen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich in den Tagesstrukturen vielfältige Möglichkeiten zur Partizipation ergeben, diese jedoch stark von den Haltungen der Erwachsenen geprägt werden. Um den Wert der Partizipation nachhaltig in Tagesstrukturen zu verankern, sollten Weiterbildungen und eine transparente Gestaltung der Partizipationsmöglichkeiten gefördert werden.

Bibliographie

BFS. (2024). Anteil der familienergänzend betreuten Kinder im Alter von 0-12 Jahren—2020-2022 | Tabelle. Anteil der familienergänzend betreuten Kinder im Alter von 0-12 Jahren - 2020-2022 | Tabelle. https://www.bfs.admin.ch/asset/de/31786778

Bock, K. (2010). Kinderalltag—Kinderwelten. Rekonstruktive Analysen von Gruppendiskussionen mit Kindern. Barbara Budrich.

Elvstrand, H., & Lago, L. (2019). ‘You know that we are not able to go to McDonald’s’: Processes of doing participation in Swedish leisure time centres. Early Child Development and Care, 189(13), 2156–2166. https://doi.org/10.1080/03004430.2018.1443920

Fischer, N., Elvstrand, H., & Stahl, L. (2022). Promoting quality of extended education at primary schools in Sweden and Germany: A comparison of guidelines and children’s perspectives. Zeitschrift Für Grundschulforschung, 15(2), 273–289. https://doi.org/10.1007/s42278-022-00148-9

Kibesuisse. (2019). Richtlinien für Tagesstrukturen zur Betreuung von Kindern im Kindergarten- und Primarschulalter. Kibesuisse.

Komalasari, K., Saripudin, D., & Masyitoh, I. S. (2014). Living Values Education Model in Learning and Extracurricular Activities to Construct the Students’ Character. Journal of Education and Practice, 5(7), 166.

Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 4. Auflage. Beltz Juventa.

Lundy, L. (2007). ‘Voice’ is not enough: Conceptualising Article 12 of the United Nations Convention on the Rights of the Child. British Educational Research Journal, 33(6), 927–942. https://doi.org/10.1080/01411920701657033

Moser, S. (2010). Beteiligt sein. Partizipation aus der Sicht von Jugendlichen. (H. Keupp, Ed.). VS Verl. für Sozialwissenschaften.

Oser, F. K., & Biedermann, H. (2006). Junge Menschen zwischen Gefügigkeit und Mitverantwortung: Partizipationserfahrungen und Aspekte sozialer sowie politischer Identität. In C. Quesel & F. K. Oser (Eds.), Die Mühen der Freiheit: Probleme und Chancen der Partizipation von Kindern und Jugendlichen. (pp. 95–136). Rüegger.

Reisenauer, C. (2020). Kinder- und Jugendpartizipation im schulischen Feld – 7 Facetten eines vielversprechenden Begriffs. In S. Gerhartz-Reiter & C. Reisenauer (Eds.), Partizipation und Schule Sabine Gerhartz-Reiter Cathrin Reisenauer Hrsg.Perspektiven auf Teilhabe und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen (pp. 3–24). Springer.

Schüpbach, M., & Lilla, N. (Eds.). (2019). Extended dducation from an international comparative point of view. WERA-IRN Extended Education Conference volume. Springer VS.

Seitz, S., & Hamacher, C. (2024). Ganztagsbildung aus der Perspektive von Kindern. In A. Flügel, A. Gruhn, I. Landrock, J. Lange, B. Müller-Naendrup, J. Wiesemann, P. Büker, & A. Rank (Eds.), Grundschulforschung meets Kindheitsforschung reloaded (pp. 169–177). Verlag Julius Klinkhardt.

Thornberg, R., & Elvstrand, H. (2012). Children’s experiences of democracy, participation, and trust in school. International Journal of Educational Research, 53, 44–54. https://doi.org/10.1016/j.ijer.2011.12.010

UN-Kinderrechtskonvention. (1989). UN-Kinderrechtskonvention.

 

Haltungen und Emotionen und ihre Sprengkraft in der multiprofessionellen Zusammenarbeit im Ganztag

Regula Spirig Esseiva
PH Zürich

Werte und Haltungen steuern unsere Emotionen und Emotionen beeinflussen massgeblich unsere Handlungen. Passiert dies alles implizit, bleiben Handlungen unvorhersehbar und unter Umständen auch unprofessionell, weil unreflektiert. Werden Werte und Haltungen explizit gemacht, können sie kontextualisiert und Handlungen nachvollziehbar gemacht werden. Ausserdem entstehen Ansatzpunkte für Veränderungen und Entwicklungen sowie für die multiprofessionelle Zusammenarbeit.

Haltung ist einerseits «in der erziehungswissenschaftlichen Literatur von Beginn an Postulat und daher auch Tradition» (Schwer & Solzbacher, 2014). Andererseits ist «theoretisch und empirisch noch weitegehend ungeklärt, was unter ‘Haltung’ überhaupt zu verstehen ist, wie man sie ‘erwirbt’ und wie und ob sie veränderbar ist (Schwer & Solzbacher, 2014).

Eine Annäherung zeigt: Haltungen setzen sich zusammen aus subjektiven Theorien, berufsbezogenen Überzeugungen, der professionellen Haltung sowie der Mentalität eines Teams (vgl. Brückel et. al., 2023). Sie enthalten individuelle und kollektive Anteile und stehen in einem Kontext zur Gesellschaft. Jedes Ereignis, das auf eine Person oder ein Team trifft, wird durch den Filter der Haltungen eingeschätzt (Reusser & Pauli, 2014). Je nach individuellen oder kollektiven Anschlusspunkten werden so Emotionen ausgelöst. Vereinfacht gesagt, ist eine Person oder ein Team gegenüber einem Ereignis positiv oder negativ eingestellt. Die ausgelöste Emotion hat einen wesentlichen Einfluss darauf, wie sich die Personen und Teams in einer Situation oder gegenüber einem Ereignis verhalten bzw. welche Handlungen folgen (vgl. Brückel et. al., 2023).

Während in monoprofessionellen Kontexten auf den kollektiven Anteil von berufsbezogenen Überzeugungen und die professionelle Haltung zurückgegriffen werden kann, verstärkt sich in multiprofessionellen Zusammenarbeitssituationen das Unvorhersehbare und nicht Nachvollziehbare und kann in Missverständnissen und Schuldzuweisungen enden. Deshalb greift dieser Beitrag nach der Klärung der Zusammenhänge von Haltungen und Profession Erfahrungen aus der Weiterbildung von multiprofessionellen Tagesschulteams sowie die Vorgehensweisen des Baukastens ZaS (Stöckli et al., 2024) auf.

Teamweiterbildungen zeigen, dass in der multiprofessionellen Zusammenarbeit von Tagesschulteams, insbesondere zwischen Lehrpersonen und Betreuungspersonen, einige Stolpersteine stecken. Die Unkenntnis des jeweils anderen Berufsfeld bis hin zu Vorurteilen erschweren den Blick auf gemeinsame Ziele in Bezug auf die Lernenden und verlangen teilweise nach umfassender Klärung. Erschwerend ist dabei die Tatsache, dass im Kanton Zürich für die Betreuungspersonen bzw. die schulischen Betreuungsangebote kein verbindlicher pädagogischer Auftrag besteht und hier teilweise auch innerhalb der Betreuungsteams gewisse Aushandlungsprozesse nicht geführt werden. Mit verschiedenen Interventionen und Weiterbildungsformaten versucht deshalb die AG Tagesschule der PH Zürich, die Berufsfelder transparenter zu machen, den Fokus auf Gemeinsamkeiten statt Unterschiede zu legen und Möglichkeiten und Erwartungen explizit zu machen.

Die neu entstandenen Materialien von ZaS (Stöckli et al., 2024) beleuchten verschiedene Aspekte inklusionsorientierter und multiprofessioneller Zusammenarbeit. Sie sind entstanden, damit Schulen und Schulteams ihre Zusammenarbeit fokussieren, reflektieren und weiterentwickeln können, um Ressourcen besser zu nutzen und die Schule tragfähiger zu machen. Dabei stehen besonders Aushandlungsprozesse oder «Grenzarbeiten» im Fokus, so dass Zusammenarbeit und professionelle Autonomie gleichzeitig wirksam sein können. Diese sollen jedoch tiefer gehen als die Absprache von Zuständigkeiten, sondern sich explizit auf das Lernen und die Entwicklung der Schüler:innen ausrichten.

Sowohl die Weiterbildungen der AG Tagesschule als auch die Arbeit mit ZaS zeigen, dass dem Thema Haltungen und Multiprofessionalität viel Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Zwei Voraussetzungen, die den Schulen im Alltag jedoch oft nicht zur Verfügung stehen. Für eine längerfristige Entlastung der Mitarbeitenden sind diese Investitionen jedoch unerlässlich.

Bibliographie

Brückel, F., Guerra, R., Kuster, R., Larcher, S., Spirig, R. & Beuschlein, H. (2024). Schulentwicklung – gemeinsam unterwegs. S. 103-123. Bern: hep.

Reusser, K. & Pauli, C. (2014). «Berufsbezogene Überzeugungen von Lehrerinnen und Lehrern». In Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf, S. 642–661. Münster: Waxmann.

Schwer, C. & Solzbacher, C. (2014). «Einleitung der Herausgeberinnen». In Schwer, C. & Solzbacher, C. (Hrsg.), Professionelle pädagogische Haltung: Historische, theoretische und empirische Zugänge zu einem viel strapazierten Begriff (S. 7–14). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

Stöckli, M., Spirig, R., Zopfi Bernasconi, K., Portmann, B. & Zollinger G. (2024). Bausteine für die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit an Schulen – inklusionsorientiert und multiprofessionell. HfH, PHZH, VSA.

 

«Ungleiche Chancen? Eine empirische Untersuchung der unterrichtsergänzenden Betreuung im Kanton Zürich»

Olivia Blöchliger
Bildungsdirektion Kanton Zürich, Bildungsplanung und Bildungsmonitoring

Die unterrichtsergänzende Betreuung in den Gemeinden des Kantons Zürich ist durch erhebliche Unterschiede charakterisiert. Das Angebot, die Aufsicht, die Finanzierung und die Ausbildung des Personals variieren sowohl zwischen den Gemeinden als auch zwischen den einzelnen Institutionen stark (Blöchliger et al., 2020). Diese Unterschiede führen zu einem heterogenen Bild, das nicht nur regionale Diskrepanzen zwischen grösseren urbaneren Gemeinden und ländlicheren Gemeinden, sondern auch strukturelle Herausforderungen für eine gerechte und qualitativ hochwertige Betreuung offenbart.

Das Angebot im Kanton Zürich teilt sich grundsätzlich in modulare und gebundene Tagesstrukturen, auch als Tagesschulen bezeichnet. Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Schülerinnen und Schüler insbesondere vom Modell der Tagesschule profitieren (Klieme & Rauschenbach, 2011). Zudem tragen Tagesschulen stärker zur Chancengerechtigkeit bei als ungebundene Tagesstrukturen, da sie herkunftsbedingte Unterschiede eher abbauen können (Klieme & Rauschenbach, 2011). Der Zürcher Regierungsrat schuf 2017 rechtliche Grundlagen, um den Ausbau von Tagesschulen auf freiwilliger Basis zu fördern (Volksschulamt Kanton Zürich, 2021). Trotz dieser Bemühungen dominieren im Jahr 2022 in den meisten Gemeinden weiterhin modulare Tagesstrukturen, während Tagesschulen nach wie vor nur in wenigen Gemeinden angeboten werden.

Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht in der Trägerschaft der Betreuungsangebote. Während der grössere Teil der Angebote von den Gemeinden betrieben wird und damit unter rechtlich-öffentlicher Trägerschaft steht, befindet sich ein kleinerer Teil unter privat-rechtlicher Trägerschaft. Diese unterschiedlichen Trägerschaften haben direkte Auswirkungen auf die Struktur und Qualität der Angebote, da sie mit unterschiedlichen Finanzierungsmodellen und organisatorischen Rahmenbedingungen einhergehen.

Ein zentrales Thema in der Diskussion um die Qualität der unterrichtsergänzenden Betreuung ist zudem das Ausbildungsniveau des Personals. Studien belegen, dass die Qualität der Betreuung massgeblich von der Qualifikation der Betreuenden abhängt (Plantenga & Remery, 2017). Hochwertige Betreuungsangebote können die soziale, emotionale und kognitive Entwicklung von Kindern bedeutsam fördern (Ebenda). Im Kanton Zürich zeigt sich jedoch, dass das Ausbildungsniveau des Personals stark variiert – sowohl zwischen verschiedenen Gemeinden als auch zwischen den Arten der Angebote (modulare Strukturen vs. Tagesschulen) und den Angeboten mit unterschiedlicher Trägerschaft (öffentlich-rechtlich vs. privat-rechtlich).

Der Beitrag «Ungleiche Chancen? Eine Strukturanalyse der unterrichtsergänzenden Betreuung im Kanton Zürich» analysiert auf der Grundlage umfangreicher Strukturdaten aus dem Monitoring «Unterrichtsergänzende Betreuung im Kanton Zürich 2022» die zentralen Unterschiede im Betreuungsangebot im Kanton Zürich. Ergänzend zu den Strukturdaten werden die subjektiven Einschätzungen der Gemeinden sowie offene Antworten aus der Erhebung einbezogen, um ein umfassenderes Bild der Situation zu gewinnen und sich – empirisch geleitet – den Werten und Haltungen der Gemeinden zur unterrichtsergänzenden Betreuungspolitik und -praxis anzunähern.

Zwei Aspekte werden dabei detaillierter in den Fokus genommen: Der stagnierende Anteil an Tagesschulen in den Gemeinden und die Qualifikation des Personals. Bei den Tagesschulen werden die Gründe, weshalb die Gemeinden keine Tagesschulen einführen wollen, genauer beleuchtet. Bei der Qualifikation des Personals geben Clusteranalysen über die unterschiedlichen Zusammensetzungen des Personals in den Gemeinden und Institutionen vertiefte Hinweise auf die Ausgestaltung der Angebote.

Das Monitoring «Unterrichtsergänzende Betreuung im Kanton Zürich» befragt im Abstand von vier Jahren alle 148 Gemeinden mit einer Primarstufe im Kanton Zürich. 84 Prozent der Gemeinden haben im Jahr 2022 an der Befragung teilgenommen. Ergänzend werden Angaben aus der Erhebung über die familienergänzende Betreuung im Frühbereich hinzugezogen (Blöchliger et al., 2024). Themen des Monitorings sind Angebot, Finanzierung, Aufsicht und ausgewählte Qualitätsmerkmale. Darüber hinaus fragt das Monitoring nach den aktuellen Herausforderungen für die Gemeinden und Institutionen im Bereich der unterrichtsergänzenden Betreuung.

Bibliographie

Blöchliger, Hajrlahovic, Zimmermann & Bayard (2024). Familienergänzende Betreuung im Frühbereich. Monitoringbericht 2022. Zürich: Bildungsdirektion Kanton Zürich.

Blöchliger, Nussbaum, Ziegler & Bayard (2020). Situation der familien- und unterrichtsergänzenden Betreuung im Kanton Zürich. Zürich: Bildungsdirektion Kanton Zürich.

Klieme & Rauschenbach (2011). Entwicklung und Wirkung von Ganztagsschule. Eine Bilanz auf Basis der StEG-Studie. In Fischer, Holtappels, Klieme, Rauschenbach, Stecher, & Züchner (Hgs.), Ganztagsschule: Entwicklung, Qualität, Wirkungen. Längsschnittliche Befunde der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG), (S. 207-226). Weinheim: Juventa.

Plantenga & Remery (2017). Out-of-school childcare: Exploring availability and quality in EU member states. Journal of European Social Policy, 27(1), 25–39. https://doi.org/10.1177/0958928716672174

Volksschulamt Kanton Zürich (2021). Tagesstrukturen Allgemeine Informationen und spezifische Vorgaben. Bildungsdirektion Kanton Zürich. https://www.zh.ch/de/bildung/informationen-fuer-schulen/informationen-volksschule/volksschuleschulinfo-unterrichtsergaenzende-angebote/schulinfo-tagesstrukturen.html



 
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