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Sitzungsübersicht
Sitzung
SYMP 25: Hochschullehre im digitalen Wandel – eine multiperspektivische Annäherung an Qualitätsverständnisse
Zeit:
Donnerstag, 03.07.2025:
10:00 - 11:45

Chair der Sitzung: Sabrina Gallner
Chair der Sitzung: Susanne Müller-Lindeque
Ort: Seminarraum 2.B26


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Präsentationen

Hochschullehre im digitalen Wandel – eine multiperspektivische Annäherung an Qualitätsverständnisse

Chair(s): Sabrina Gallner (Pädagogische Hochschule Luzern, Schweiz), Susanne Müller-Lindeque (Pädagogische Hochschule Luzern)

Die allgegenwärtige Präsenz von Digitalität im hochschulischen Bildungssektor ist unbestritten – weit weniger klar ist, welche Bedeutung Digitalität und Digitalisierungsprozesse für ‚Qualität‘ von Lehre und Studium haben.

Der gemeinsame Diskussionsgegenstand des Symposiums sind die technologiebedingten Veränderungen der Lehrpraxis und damit verbundene unterschiedlichen Deutungen von ‚guter‘ Hochschullehre. Bei der Annäherung an den Diskussionsgegenstand werden die Perspektiven verschiedener Akteur*innen herangezogen, um Potenziale und Herausforderungen technologiebedingter Veränderungen zu identifizieren. Diese werden in den Einzelbeiträgen in jeweils unterschiedlichen theoretischen Perspektivierungen gefasst, wobei diese von einem sozialtheoretischen Verständnis von Hochschullehre ausgehen, welches grundsätzlich über didaktisierende Sichtweisen auf den digitalen Wandel mit seinen technologischen und gesellschaftlichen Implikationen hinausweist (Proske et al., 2023).

Das Ziel besteht in der kritisch-reflexiven Erweiterung des wissenschaftlichen Diskurses um die Qualität ‘digitalisierter’ Lehre und der Relationierung durch eine multiperspektivische Zusammenschau qualitativ-empirischer Studien. Dies vor dem Hintergrund, dass die Diskussion bislang implizit normativ geprägt ist. Insgesamt geht es darum auszuloten, welchen spezifischen Beitrag die unterschiedlichen Perspektivierungen bezüglich des gemeinsamen Bezugspunkts leisten können (z.B. Proske et al., 2023). Das Symposium ermöglicht Erkenntnisse zu Potenzialen des digitalen Wandels für ‘gute’ Lehre und kann entsprechende zukünftige Lehrentwicklungsprozesse differenziert(er) orientieren.

Theoretischer Horizont ist ein in den Einzelbeiträgen jeweils unterschiedlich konturiertes sozialtheoretisch erweitertes Verständnis Hochschullehre (Wildt, 2023), welches die Veränderung von Lehre im digitalen Wandel als mit und durch digitale Medien hervorgebrachte soziale Praxis bzw. als Gegenstand unterschiedlicher Deutungen und/oder Konstruktionsleistungen verschiedener hochschulischer Akteur*innen begreift (vgl. Proske et al., 2023). ‘Qualität’ erscheint in dieser Sichtweise nicht als Modell isolier- und messbarer Wirkfaktoren, sondern als vielschichtige Konstruktion situierter sozialer Praxis und damit auch als Produkt unterschiedlich konturierter sozio-kultureller Aushandlungsprozesse (Kiendl-Wendner, 2016).

Dem Desiderat nach einer erziehungswissenschaftlichen Problematisierung des digitalen Wandels nachkommend (z.B. Assmann und Ricken, 2023), gilt es folglich ‘gute’ Lehre in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen über verschiedene hochschulische Ebenen und Akteur*innen hinweg als ebenso mehrdeutig wie ambivalent (rekonstruktiv) zu erschliessen.

(1) Der Beitrag «Qualitätsperspektiven auf digitale Hochschullehre. Eine Grounded Theory zur Erfassung des Konzeptes ‚guter‘ digitaler Lehre» untersucht, wie Dozierende an Pädagogischen Hochschulen die Qualität digitaler Hochschullehre deuten. Die Studie zeigt, dass Auffassungen von ‚guter‘ Lehre eng mit der Einstellung zu digitaler Hochschullehre und den Lehr-Lern-Haltungen der Dozierenden verknüpft sind und digitale Lehre dabei als sozio-kulturell geprägte, situierte Praxis verstanden werden muss. Ziel ist es, durch die Analyse dieser Perspektiven Impulse für die Gestaltung von Lehrentwicklungsprozessen zu geben, die die Vielfalt der Qualitätsdeutungen einbeziehen und auf die Herausforderungen einer zunehmend digitalisierten Hochschulbildung reagieren.

(2) Der Beitrag «Studierende im KI-in-Lehre-und-Studium-Diskurs: ein diskursanalytischer Blick auf wissenschaftliche Subjektpositionen» fokussiert entlang der zentralen Fragestellung «Wie werden Studierende nach ChatGPT zu wissenschaftlichen Subjekten (gemacht)?» auf die diskursive bzw. narrative Hervorbringung von Studierenden als wissenschaftliche Subjekte im KI-in-Studium-und-Lehre-Diskurs post ChatGPT. Unter Rückgriff auf die Methode der narrativen Diskursanalyse (re-)konstruiert der Beitrag unterschiedliche studentische ‚Subjektivierungsweisen‘ und dokumentiert die damit potentiell einhergehenden Konstruktionsleistungen (wissenschaftlicher) Handlungsfähigkeit. Der Beitrag argumentiert, dass dies in Ergänzung zu den bestehenden bildungstheoretischen Diskussionen zu einem nuancierteren Verständnis aktuell diskursiv verfügbarer Möglichkeiten ‚guter‘ Lehre beiträgt und die Gestaltung von wissenschaftssozialisatorischen Prozessen im Zeitalter von KI orientieren kann.

(3) Im Beitrag «Von Disruption zu qualitativer Hochschullehre: Generative KI in einer komparativen Fallstudie» werden Aushandlungsprozesse zum Umgang mit GenKI zwischen Systemebenen an drei europäischen Hochschulen beleuchtet. Mit einem komparativen Ansatz werden Dokumente sowie Interviews ausgewertet und mit der Theorie von Eisenhardt (1989) Interdependenzen zwischen Systemebenen zu identifiziert, welche von den Reaktionen der Institution (Makro-Ebene), deren Umsetzung in relevanten Gliederungseinheiten (Meso-Ebene), bis zu konkreten Auswirkungen der initialen Reaktion auf die Lehre (Mikro-Ebene).

Nach jeder Präsentation werden Verständnisfragen geklärt. Abschliessend wird eine Diskutantin die zentralen Ergebnisse und Perspektiven der drei Beiträge aufgreifen und durch gezielte Fragen in einen übergreifenden Diskurs einbinden, um gemeinsame Schlussfolgerungen und weiterführende Forschungsansätze zu entwickeln.

 

Beiträge des Symposiums

 

Qualitätsperspektiven auf digitale Hochschullehre. Eine Grounded Theory zur Erfassung des Konzeptes ‚guter‘ digitaler Lehre

Sabrina Gallner1, Henrike Allmendinger2
1Pädagogische Hochschule Luzern, Schweiz, 2Pädagogische Hochschule Luzern

Die zunehmende Digitalisierung der Hochschullehre hat Auswirkungen auf das Qualitätsverständnis von Lehre und die Anforderungen an die Lehrkompetenz. Vor dem Hintergrund der Studie von Allmendinger et al. (2024, noch in Veröffentlichung), welche das Konzept «guter» digitaler Hochschullehre untersucht, wird in diesem Beitrag eine Typenbildung vorgestellt, die verschiedene Muster der Qualitätsperspektiven im digitalen Unterricht aufzeigt. Die Studie verwendete die Grounded Theory, um Einstellungen von Dozierenden an Pädagogischen Hochschulen explorativ zu erfassen und daraus eine Typologie abzuleiten.

Die zentrale Frage dieses Beitrags lautet: Wie lässt sich die Qualität digitaler Hochschullehre aus den Perspektiven verschiedener Dozierenden verstehen und welche Implikationen ergeben sich daraus für die Gestaltung einer zeitgemässen und komplexitätsgerechten Hochschullehre? Der Beitrag untersucht, wie die unterschiedlichen Lehrtypen mit den Herausforderungen einer zunehmend digitalisierten und komplexen Bildungslandschaft umgehen und welche Qualitätsmassstäbe sie für «gute» digitale Lehre anlegen.

Die zugrunde liegende Studie basiert auf einer qualitativen Analyse, in der offene Befragung von Dozierenden an zwei pädagogischen Hochschulen durchgeführt wurde. Die Anwendung der Grounded-Theory-Methodik ermöglichte eine iterativ-vergleichende Analyse der gewonnenen Daten, die zur Entwicklung einer Typologie von Dozierenden führte. Diese Typen repräsentieren unterschiedliche Perspektiven auf digitale Hochschullehre. Die Typen wurden hinsichtlich ihres Qualitätsverständnisses nach Harvey und Green (2000) (Qualität als Ausnahme, Perfektion, Zweckmässigkeit, Transformativität und als geeignetes Verhältnis von Kosten und Nutzen) abgeglichen. Diese Perspektiven bieten einen theoretischen Rahmen, um die verschiedenen Ansätze und Haltungen der Dozierenden zu bewerten.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass unterschiedliche Typen von Dozierenden unterschiedliche Auffassungen darüber haben, was gute digitale Lehre ausmacht. Diese Auffassungen sind nicht nur von der persönlichen Erfahrung der Dozierenden mit digitalen Technologien, sondern auch von deren pädagogischen Überzeugungen geprägt. Die verschiedenen Qualitätsperspektiven nach Harvey und Green spiegeln sich in der Art und Weise wider, wie Dozierende die Effektivität und den Nutzen digitaler Technologien in ihrer Lehre bewerten.

Lehr-Lern-Haltungen, wie sie von Kember (1997) beschrieben wurden, spielen dabei eine zentrale Rolle. Die in der Studie erfassten Lehr-Lern-Haltungen variieren von lehrzentrierten zu lernerzentrierten Ansätzen, wobei sich die Haltung der Dozierenden gegenüber digitalen Technologien oft in ihrem Lehrverhalten niederschlägt. Dozierende mit einer lernerzentrierten Haltung neigen dazu, digitale Technologien als Chance für die Förderung eigenständigen und aktiven Lernens zu betrachten, während lehrzentrierte Haltungen oft eine vorsichtigere und strukturierte Integration digitaler Tools bevorzugen.

Die Erkenntnisse dieser Studie sind im Kontext der Diskussion um die Gestaltung zeitgemässer Hochschullehre relevant, da sie aufzeigen, dass die Qualität der digitalen Lehre nicht als einheitliches Konzept verstanden werden kann, sondern stark von den Perspektiven der Dozierenden abhängt. Insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen einer komplexen Bildungswelt, die durch Digitalisierung und Diversität geprägt ist, erfordert dies ein Umdenken in der hochschuldidaktischen Entwicklung. Der Beitrag argumentiert, dass eine gezielte Förderung der Dozierenden, die an ihren spezifischen Bedürfnissen und Überzeugungen ansetzt, einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lehrqualität an Pädagogischen Hochschulen leisten kann.

Bibliografie

Allmendinger, H., Arnet, P., Gallner, S., & Portmann, M. (2024). Qualitätsperspektiven auf digitale Hochschullehre. Eine Grounded Theory zur Erfassung des Konzept ‚guter‘ digitaler Lehre. Luzern: Pädagogische Hochschule Luzern. Noch in Veröffentlichung.

Glaser, B. G., & Strauss, A. L. (1967). The Discovery of Grounded Theory: Strategies for Qualitative Research. Aldine.

Harvey, L., & Green, D. (2000). Defining Quality. In Education for Quality (pp. 12-30).

Kember, D. (1997). A Reconceptualisation of the Research into University Academics' Conceptions of Teaching. Learning and Instruction, 7(3), 255-275.

Ehlers, U.-D. (2020). Future Skills, Zukunft der Hochschulbildung – Future Higher Education. Springer.

Merkt, M. (2016). Anforderungen an eine hochschuldidaktische Professionalisierung zur Entwicklung von Lehr- und Lernkulturen. In R. Egger & M. Merkt (Hrsg.), Teaching Skills Assessments. Springer.

 

Studierende im KI-in-Lehre-und-Studium-Diskurs: ein diskursanalytischer Blick auf wissenschaftliche Subjektpositionen

Susanne Müller-Lindeque
Pädagogische Hochschule Luzern

Forschungsgegenstand dieses Beitrags ist der sich seit dem Release der generativen KI ChatGPT formierende Diskurs um KI-in-Lehre-und-Studium, wobei der spezifische Fokus auf den in und durch dieses aktuelle diskursive Geschehen ‘neu’ hervorgebrachten studentischen Subjektpositionen (z.B. Keller, 2007) liegt. Das Forschungsdesign folgt den Prämissen einer erziehungswissenschaftlichen Diskurs- bzw. Subjektivierungsforschung (z.B. Jergus, 2020) und greift konkret auf die Methode der narrativen Diskursanalyse nach Viehöver (2015) zurück. Forschungsziel ist es, über eine nuancierte empirische Beschreibung und Dokumentation aktuell diskursiv verfügbarer studentischer Subjektpositionen zu einem differenzierteren Verständnis dieser sowie der damit einhergehenden De- bzw. Rekonstruktion von (studentischer) Agency zu kommen (Viehöver, 2015). Vor dem Hintergrund breiterer ethischer Diskussionen (Deutscher Ethikrat, 2023), hat dieses analytische Unterfangen vor allem für die hochschuldidaktische Gestaltung von wissenschaftssozialisatorischen Prozessen im Zeitalter von KI (z.B. Buck & Limburg, 2013) hohe Relevanz.

Theoretischer Horizont des hier zugrunde gelegten spezifischen Subjektverständnisses ist ein in der erziehungswissenschaftlichen Diskursforschung bzw. Subjektivierungsanalyse (Biermann und Pfahl, 2020) häufig anzutreffender intermediärer Blick auf das ‘Subjekt’, in welchem dieses weder als vollständig diskursiv bestimmt noch als ‘frei’ handelndes Individuum gilt. In den Fokus der Aufmerksamkeit gerät weniger die Frage nach den kategorialen (Erkenntnis-)bedingungen des Subjekts an sich (Jergus, 2020, S.39), als vielmehr die historisch kontingenten Prozesse der immer auch praktisch vollzogenen (hier: wissenschaftlichen) Subjektwerdung (Jergus, 2020, S.39). Kurz es geht um die Frage «… wie Menschen zu Subjekten (gemacht) werden…» (Jergus, 2020, S. 39). Von Interesse ist damit auch eine (subjektivierungs-)analytische Annäherung an die damit einhergehende De- bzw. Rekonstruktion von (wissenschaftlicher) Handlungsfähigkeit (Agency). In der hier zugrunde gelegten Sichtweise wird diese als relationales Konstrukt verstanden, welches im Diskurs- bzw. Subjektivierungsgeschehen über die analytische Bestimmung des jeweils spezifischen Verhältnisses von ‘Diskurs’, ‘Institution’ und ‘Subjekt’ ausgelotet werden kann (Biermann & Pfahl, 2020, S. 24). Eine solche relationale Sichtweise birgt auch bildungstheoretische Implikationen (Jergus, 2020), da durch entsprechende empirisch-analytischen Arbeiten erziehungswissenschaftliche Grundbegriffe wie ‘Bildung’ reflexiv neu konturiert werden können (Jergus, 2020).

Konkret wird methodisch auf das Verfahren einer interpretativ ausgerichteten sozialwissenschaftlichen Diskursforschung (Keller, 2007), insbesondere auf Elemente der narrativen Diskursanalyse nach Viehöver (2015) zurückgegriffen. ‘Subjektivierung’ wird hier als spezifisch strukturierte Narrative/Narrativierungen von unterschiedlichen Wissens- und Deutungselementen in Form verschiedenen narrativer Konfigurationen analysierbar. Entlang der zentralen Fragestellung «Wie werden Studierende nach ChatGPT zu wissenschaftlichen Subjekten (gemacht)?» Wird ein nach den Prinzipien der Grounded Theory generiertes Korpus aus verschiedenen empirischen Materialien (Dokumente, qualitativ-narrative Interviews mit Studierenden) über zwei sich ergänzende Codierverfahren ausgewertet (Truschkat und Bormann, 2020).

Der hier vorliegende Beitrag greift bestehende Forderungen nach einer umfassenderen erziehungswissenschaftlichen Bearbeitung des «Zusammenhang[s] von ‘Bildung’ und ‘Digitalität’» (Assmann und Ricken, 2023, S. V) auf bzw. ergänzt Rufe nach einer bildungstheoretischen Auseinandersetzung (Reinmann & Watanabe, 2024) mit der Wertbasierung von KI in Lehre und Studium: Dies geschieht dadurch dass er die im KI-bezogenen wissenschaftlichen Subjektivierungsgeschehen der Studierende aktuell «wirkmächtigen Normen» (Jergus, 2020, S. 42) auf der Basis empirisch-analytischer Forschung reflexiv verfügbar(er) macht. Erste empirisch-analytische Vorarbeiten zeigen deutlich unterscheidbare Narrative im lehrbezogenen Diskurs um generative KI, in welchen Studierende entlang verschiedener wissenschaftlicher Wertakzentuierungen jeweils unterschiedlich (re-)positioniert bzw. (wissenschaftlich) handlungsfähig (gemacht) werden. Nach einer kurzen Skizze der oben angedeuteten theoretischen Prämissen bzw. des methodischen Vorgehens, zeichnet der Beitrag ein nuanciertes Bild dieser unterschiedlichen Möglichkeiten und diskutiert Implikationen für die Gestaltung von wissenschaftssozialisatorischen Prozessen an Hochschulen.

Bibliografie

Assmann, S. & Ricken, N. (2023). Vorwort. In S., Assmann & N., Ricken (Hrsg.). Bildung und Digitalität. Analysen – Diskurse - Perspektiven (S. V-VII). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30766-0

Biermann, J. & Pfahl, L. (2020). Wissen. In I., Truschkat & I., Bormann (Hrsg.). Einführung in die Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung. Forschungshaltung, zentrale Konzepte, Beispiele für die Durchführung (S. 18-29). Beltz.

Buck, I. & Limburg, A. (2023). Hochschulbildung vor dem Hintergrund von Natural Language Processing. die hochschullehre, 9(6), 70-84. https://doi.org/10.3278/ HSL2306W

Deutscher Ethikrat (2023). Mensch und Maschine – Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz (Stellungnahme). https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-mensch-und-maschine.pdf

Jergus, K. (2020). Subjektivierung. In I., Truschkat & I., Bormann (Hrsg.). Einführung in die Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung. Forschungshaltung, zentrale Konzepte, Beispiele für die Durchführung (S. 39-51). Beltz.

Keller, R. (2007). Diskursforschung. Eine Einführung für Sozialwissenschaftlerinnnen (3. Aufl.). VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Reinmann, G. & Watanabe, A. (2024). KI in der universitären Lehre. Vom Spannungs- zum Gestaltungsfeld. In G. Schreiber & L. Ohly (Hrsg.), KI: Text. Diskurse über KI-Textgeneratoren (S. 29-46). de Gruyter. https:/doi.org/10.1515/9783111351490-001

Truschkat, I. & Bormann, I. (Hrsg.) (2020). Einführung in die Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung. Forschungshaltung, zentrale Konzepte, Beispiele für die Durchführung. Beltz.

Viehöver, W. (2015). Bologna erzählt. Ein Konflikt der Interpretationen zwischen Erfolgsfiktion und bildungspolitischer Katastrophe. In J. Angermüller, M. Nonhoff, E. Herschinger, F. Macgilchrist, M., Reisigl, J. Wedl, D., Wrana, & A., Ziem (Hrsg.), Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch (S. 212-244). Transcript. https://doi.org/10.1515/9783839427224.900

 

Von Disruption zu qualitativer Hochschullehre: Generative KI in einer komparativen Fallstudie

Tomas Kaqinari1, Ian Sadler2, Peter Bannister3
1Universität Basel, 2John Moores University of Liverpool, 3International University of La Rioja

Generative KI (GenKI) hat für Studierende und Lehrende an Hochschulen eine Reihe von disruptiven Wendepunkten geschaffen. GenKI hat die Kontinuität konventioneller Lehre, die sich durch routinisierte Praktiken manifestiert, durchbrochen und die Hochschulen von der obersten Ebene des Rektorats bis in die Lehrveranstaltungen zu einer Reaktion gezwungen. In diesem Zuge haben sich inzwischen Richtlinien im Umgang mit GenKI an Hochschulen etabliert (Moorhouse et al., 2023). Obschon die Inhalte und Intentionen der ersten solcher Richtlinien wissenschaftlich untersucht wurden, ist ihre Wirkung auf die Lehre weniger gut erforscht. Eine weitere Forschungslücke lässt sich bei den Wechselwirkungen der Reaktionen von Hochschulleitungen, Zentren für Hochschuldidaktik, für Lehre verantwortlichen Professionellen und Lehrenden ausmachen (Lodge et al., 2023)

Die vorliegende Studie verwendet das von Rogers (1983) entwickelte fünfstufige Modell des organisationalen Innovationsprozesses, um die Reaktion von Hochschulen auf die durch GenKI verursachte Disruption zu untersuchen. Das Modell postuliert einen problem- bzw. innovationsinitiierten Prozess der routinierten Verwendung neuer Technologien. Mit GenKI liegt eine nicht unübliche Mischform vor, welche durch ihre rasante individuelle Integration ins Lehren und Lernen eine Herausforderung für Hochschulen darstellt. Die weit verbreitete Nutzung und die unbekannten Auswirkungen auf die Praxis führten zu einer Reaktion der Hochschulen, welche sich auf die Lehre mit dieser Technologie auswirkte. Der Effekte dieser initialen Reaktion ist jedoch noch unklar (Vial, 2019).

Die vorliegende Studie befasst sich mit den Wechselwirkungen der Reaktionen auf GenKI als Disruption auf unterschiedlichen Ebenen der Hochschulen:

• Wie unterscheiden sich die dokumentarischen Bezugspunkte (d. h. Richtlinien, Grundsätze, Vorschriften) in den drei europäischen Hochschulen in Bezug auf den Inhalt und die Ansätze für den Einsatz von GenKI?

• Wie wurden die dokumentarischen Bezugspunkte in den drei europäischen Universitäten in die Praxis umgesetzt?

Die qualitative Untersuchung umfasst sowohl eine Dokumentenanalyse als auch halbstrukturierte Interviews. Die dokumentarischen Bezugspunkte wurden aus öffentlich zugänglichen und internen Dokumenten zusammengetragen, welche Richtlinien und Vorgaben zum Umgang mit GenKI in der Lehre enthalten. Des Weiteren wurden je eine Person, die für die Umsetzung der Massnahmen der Makroebene zuständig ist, sowie eine Dozentin bzw. ein Dozent von jeder Universität interviewt. Ziel dieser Interviews ist es, den Translation der universitären Reaktion auf praktische Anwendungen zu gewinnen. Für die Analyse wurden Prinzipien aus Eisenhardts (1989) Methode zur Generierung von Theorien aus Fallstudien übernommen.

Die Auswahl der Universitäten erfolgte aufgrund ihrer distinktiven Merkmale. Dazu zählt eine Universität mit Fokus Grundlagenforschung mit langer Geschichte in der Schweiz, eine grosse staatliche Hochschule, die 1992 in Grossbritannien den Status einer Universität erhielt, sowie eine moderne, vollständig online operierende Universität in Spanien. Die Gegenüberstellung verdeutlicht eine Vielzahl Lehransätzen, die von konventionellen Methoden bis hin zu innovativen Online-Methoden reichen und in unterschiedlichen Kontexten situiert sind.

Die komparative Fallanalyse hat eine Reaktionskette mit drei Schritten identifiziert, die sich bei den drei Universitäten validieren liess und Entscheide von der Makroebene, deren Aushandlung auf Mesoebene sowie Umsetzung auf Mikroebene beschreibt, wobei von einer Interdependenz der Systemebenen ausgegangen wird. Diese Kette kulminiert in einem zirkulären Prozess, der bis zur Routinisierung der Integration der Technologie reicht. Der erste Schritt umfasst eine initiale Reaktion auf verändertes Verhalten seitens der Lehrenden und Studierenden aus. Der zweite Schritt beschreibt eine Phase der Rekonzeptualisierung der bisherigen Praxis, basierend auf der Identifikation von Veränderungsmustern. Der dritte Schritt resultiert in einer intendierten Anpassung des Lehrens und Lernens mit der Technologie, welche wiederum neue Reaktionen hervorruft und den Prozess bis zu einer Sättigung weiterführt.

Bibliografie

Eisenhardt, K. M. (1989). Bulding theories from case study research. The Academy of Management Review, 14(4), 532-550.

Lodge, J. M., Yang, S., Furze, L., & Dawson, P. (2023). It’s not like a calculator, so what is the relationship between learners and generative artificial intelligence? Learning: Research and Practice, 9(2), 117-124. https://doi.org/10.1080/23735082.2023.2261106

Moorhouse, B. L., Yeo, M. A., & Wan, Y. (2023). Generative AI tools and assessment: Guidelines of the world's top-ranking universities. Computers and Education Open, 5. https://doi.org/10.1016/j.caeo.2023.100151

Rogers, E. M. (1983). Diffusion of innovations (3 ed.). The Free Press.

Vial, G. (2019). Understanding digital transformation: A review and a research agenda. The Journal of Strategic Information Systems, 28(2), 118-144. https://doi.org/10.1016/j.jsis.2019.01.003