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Vue d’ensemble des sessions
Session
SYMP 15: Reformabsichten – Reformhandlungen – Reformfolgen: eine vielschichtige Analyse von Wandel im Bildungssystem
Heure:
Vendredi, 04.07.2025:
10:00 - 11:45

Président(e) de session : Stephanie Appius
Président(e) de session : Amanda Nägeli
Salle: Salle de séminaire 2.B26


Discutante: Marina Grgic

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Présentations

Reformabsichten – Reformhandlungen – Reformfolgen: eine vielschichtige Analyse von Wandel im Bildungssystem

Président(s) de session: Stephanie Appius (Pädagogische Hochschule St.Gallen), Amanda Nägeli (Pädagogische Hochschule St.Gallen)

Der Ruf nach Wandel ist eine mögliche Reaktion auf die Wahrnehmung einer erhöhten Komplexität in der Welt. Bildungspolitische Reformen und Schulentwicklung sind Antwort auf die komplexen Herausforderungen im Bildungssystem. Wandel im Bildungssystem ist auf der einen Seite idealtypisch Ergebnis von bildungspolitischem Handeln, auf der anderen Seite ist Wandel auf der Schulebene determiniert durch politische Vorgaben und deren Rekontextualisierung (Fend, 2006). Dieses Symposium beleuchtet Reformabsichten auf der übergeordneten Ebene und das policy enactment, der Prozess, wie Reformen interpretiert, übersetzt und auf der untergeordneten Ebene realisiert werden.

Politische Veränderungsabsichten von am Diskurs beteiligten Akteuren und deren oftmals nicht explizit benannten, handlungsleitenden Haltungen und Werte prägen Reformen. Die Verbalisierung eines Problems und das argumentative Herleiten von Lösungen ist Kern von politischen Reformbestrebungen, denn komplexe gesellschaftliche Probleme werden erst durch interpretative Prozesse zu politischen Themen (Rüb 2009), für welche wiederum Mehrheiten gefunden werden müssen: sei dies im Parlament, in der Gesellschaft oder bei den betroffenen Akteuren. Folglich werden in der Politik mehrheitsfähige Lösungen für Probleme verabschiedet, die nicht zwangsläufig Herausforderungen entgegenwirken. Es herrscht ein stetiges Spannungsfeld zwischen Intentionalität und Wirkung. Intentionen sind Treiber im politischen Reformdiskurs, doch Reformhandlungen erzeugen oftmals nicht-intendierte Folgen und Dynamiken, die ursprünglich nicht beabsichtigt wurden (Brunsson 2009; Altrichter, 2015).

Auch auf der Schulebene entsteht Wandel im Spannungsfeld zwischen normativer Absicht und der reflexiven, kreativen Transformation in den Kontext von Schulen (Ball, Maguire & Braun, 2011). Das Aushandeln von Massnahmen ist somit auch auf Schulebene bedeutsam. Schulische Akteure interpretieren die normativen Reformvorgaben, sie transformieren sie in die vorherrschenden Rahmenbedingungen. Auch auf dieser Ebene prägen Werte, Haltungen und Einstellungen der schulischen Akteure, die konkrete Umsetzung von Reformen. Entsprechend rücken Erkenntnisse um gelingende Schulentwicklung und Schulführung im Fokus der Steuerungsdiskussion (Maag Merki, 2020). Intendierte und nicht-intendierte Folgen erwachsen folglich aus dem konkreten policy enactment auf Schulebene.

Folgende Beiträge sind Grundlage für die Diskussion in diesem Symposium:

Der erste Beitrag (Appius & Nägeli) widmet sich den tiefgreifenden Reformströmung in den 1990er und 2000er Jahre und beleuchtet die Einführungen von geleiteten, teilautonomen Schulen in mehreren Deutschschweizer Kantonen. Der Beitrag untersucht zunächst, wie diese Schulreformen in politischen Debatten argumentativ begründet und legitimiert wurden sowie welche politischen Intentionen diesen zugrunde lagen. Im zweiten Teil wird analysiert, inwiefern die tatsächlichen Veränderungen den intendierten Zielen entsprechen oder unbeabsichtigte Wirkungen hervorbrachten, und wie dieses Spannungsfeld durch Comparative Policy Analysis beleuchtet werden kann.

Der zweite Beitrag (Jutzi, Wicki, Grgic, Hostettler) untersucht die Dynamik der Einführung des Modullehrplans „Medien & Informatik“ an 23 Schweizer Schulen mit Blick auf die Implementation der Reform auf Schulebene. Hierfür werden Akteur:innen in einem Netz von Kontextfaktoren, konkurrierenden Interessen und unterschiedlichen Standpunkten analysiert, um Muster der gelungenen Einführung des Modullehrplans auf der Ebene der Einzelschule zu erkennen. Dabei zeigte sich, dass die Partizipation der Lehrpersonen eine notwendige Bedingung für den Erfolg der Reform ist, unterstützt durch Schulleitung, Transfer der Ausbildungsinhalte und Schulkultur. Insgesamt wird festgestellt, dass neben der Beteiligung der Lehrpersonen auch weitere Bedingungen wie Führung und lokale Unterstützung wichtig für den Reformprozess sind.

Der Beitrag von Skedsmo und Niederberger untersucht, wie Lehrkräfte in zwei Schweizer Schulen auf neue kantonale Vorschriften zur formativen Beurteilung reagieren und ihre Praktiken anpassen. Dabei wird auf die Policy Enactment-Theorie (Ball et al., 2011) zurückgegriffen, um zu analysieren, wie schulische Akteure top-down initiierte Vorgaben in spezifischen institutionellen Kontexten umsetzen. Die Ergebnisse verdeutlichen die zögerliche Haltung von Lehrpersonen im Reformprozess, der Tendenz zur instrumenten, nicht aber inkrementellen Veränderungen und die Bedeutsamkeit von professionellem Lernen in Organisationen. Die Studie leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der professionellen Auseinandersetzung von Lehrpersonen mit bildungspolitischen Vorgaben und der damit verbundenen Schulentwicklung.

Nach den drei je 20-minütigen Inputreferaten folgt die Diskussion initiiert durch einen Erstkommentar durch Marina Grgic.

 

Présentation du symposium

 

Politische Reformintentionen und deren Folgen – eine Analyse des Spannungsverhältnisses zwischen parlamentarischem Diskurs und den Folgen politischen Handelns

Stephanie Appius, Amanda Nägeli
Pädagogische Hochschule St.Gallen

In den 1990er- und 2000er-Jahren führten Reformströmungen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu umfassenden Veränderungen in der Bildungslandschaft (Appius & Nägeli, 2017). In mehreren Deutschschweizer Kantonen wurde die Einführung von geleiteten, teilautonomen Schulen vollzogen, vielerorts begleitet von einer Neudefinition der kommunalen und kantonalen Schulaufsicht. Diese Entwicklungen markieren einen massgeblichen Wandel in der Organisation und Steuerung des Bildungssystems. Diese einschneidenden Veränderungen ist Ergebnis eines politischen Diskurses im Kontext von New Public Management, der theoretischen und empirischen Auseinandersetzung über Faktoren guter Schule und der Aufbruchsstimmung nach einer längeren Phase der politischen Stagnation (Appius & Nägeli, 2017).

Ursprung jeder politischen Reformdebatte sind Problemlagen und die Kritik an einer gegenwärtigen Praxis, diese soll reformiert und somit der Idealvorstellung eines Zustandes nähergebracht werden (Zapf 1984; Altmann, Hösch & Gabanyi, 1994; Gillwald 2000, Bormann 2011). Dieser Beitrag fokussiert das (Spannungs-)Verhältnis zwischen argumentativ dargelegten Idealvorstellungen im politischen Diskurs und tatsächlichen Veränderungen als Folge der politisch initiierten Reform. Dieser Idee folgend, wird in diesem Beitrag im ersten Teil der Frage nachgegangen, wie die Einführung von geleiteten, teilautonomen Schulen in den Anfängen argumentativ begründet wurden, wie in politischen Debatten Schulreformen legitimiert werden und welchen politischen Intentionen diese Reform unterlag. Im zweiten Teil wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Folgen der Reform den intendierten Absichten entsprechen oder nicht-intendierte Veränderungen nach sich zogen.

Reformen führen zu Veränderungen in der Praxis, ohne dass die beteiligten Akteure sicher wissen, ob diese Veränderungen tatsächlich zu Verbesserungen führen. Politik und Verwaltung orientieren sich häufig an idealtypischen Vorstellungen sowie an der Hoffnung auf eine optimierte, praktikablere oder effizientere Zukunft. Politische Veränderungsabsichten sind verbale Treiber von Reformen, welche stark geprägt sind durch Haltungen und Werte der am Diskurs beteiligten Akteure. Die Relevanz von Problemlagen muss anerkannt werden und in das politische Agenda-Setting münden. In den politischen Debatten müssen Mehrheiten gefunden werden: sei dies im Parlament, in der Gesellschaft oder bei den betroffenen Akteuren. In diesem Aushandlungsprozess werden Probleme und Lösungen in Beziehung gebracht, ohne zu wissen, ob diese Ziele mit der geplanten Reform überhaupt erreicht werden können (Brunsson 2009). Es herrscht ein stetiges Spannungsfeld zwischen Intentionalität und Wirkung. „Obwohl Akteure intentional handeln, sind viele bedeutsame Dynamiken und Wirkungen ihrer Handlungen „transintentional“: Die Handlungen erzeugen nicht-intendierte Wirkungen, unerwartete Nebenfolgen oder nicht vorhergesehene Fernwirkungen“ (Altrichter 2015, S. 39-40). Erst in der Umsetzung auf den untergeordneten Ebenen zeigt sich, ob Reformen umgesetzt werden, «im Sand verlaufen» oder allenfalls auch ausgehöhlt werden (Steiner-Khamsi, Appius & Nägeli 2024).

Oftmals bleibt ungewiss, welche kausalen Effekte Reformen tatsächlich haben und wie der Zusammenhang zwischen Leistung und Erfolg adäquat messbar ist (Brunsson und Olson 1993; Jann 2006). Der methodische Zugang der Comparative Policy Analysis (Cilesiz, & Greckhamer, 2020; López-Santana, & Tanca, 2024) ermöglicht eine systematische Analyse politischer Massnahmen im jeweiligen Kontext mit dem Ziel, die Auswirkungen in unserem Fall der Reformabsichten und Reformmassnahmen zu analysieren und Hypothesen über die Wirksamkeit der Intentionen zu prüfen und kausale Zusammenhänge zwischen Reformintention, der Politikgestaltung und den (nicht-)intendierten Folgen zu beleuchten. Mit Blick auf die Entwicklung von Anfang der 1990er Jahre bis heute – hierfür stehen eine Datenbank mit ca. 1400 Dokumente aus dem politischen Prozess dieser Zeitspanne sowie 16 Interviews mit politischen Akteuren aus drei verschiedenen Schweizer Kantonen zur Verfügung – kann das Spannungsfeld zwischen Intentionalität und Wirkung an diesem Fallbeispiel analysiert werden.

Bibliographie

Altmann, F.-L., Hösch, E. & Gabanyi, A. U. (1994). Reformen und Reformer in Osteuropa. Regensburg: F. Pustet.

Altrichter, H. (2015). Governance – Steuerung und Handlungskoordination bei der Transformation von Bildungssystemen. In H. J. Abs, T. Brüsemeister, M. Schemmann & J. Wissinger (Hrsg.), Governance im Bildungswesen. Analysen zur Mehrebenenperspektive, Steuerung und Koordination (S. 21-64). Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Appius, S., Nägeli, A. (2017). Schulreformen im Mehrebenensystem. Eine mehrdimensionale Analyse von Bildungspolitik. Wiesbaden: Springer.

Bormann, I. (2011). Zwischenräume der Veränderung: Innovationen und ihr Transfer im Feld von Bildung und Erziehung (1. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Brunsson, N. (2009). Reform as routine: Organizational change and stability in the modern world. Oxford, New York: Oxford University Press.

Brunsson, N. & Olson, J. (1993). The Reforming Organization. London: Routledge.

Cilesiz, S., & Greckhamer, T. (2020). Qualitative comparative analysis in education research: Its current status and future potential. Review of Research in Education, 44(1), 332-369.

Gillwald, K. (2000). Konzepte sozialer Innovation. Berlin: WZB.

Jann, W. (2006). Die skandinavische Schule der Verwaltungswissenschaft: Neoinstitutionalismus und die Renaissance der Bürokratie. In J. Bogumil, J. Werner & F. Nullmeier (Hrsg.), Politik und Verwaltung (1. Aufl.) (S. 121-150). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

López-Santana, M., & Tanca, D. E. (2024). Comparative Policy Analysis, Subnational Research, and Small-N Qualitative Research: Research Design Considerations. Journal of Comparative Policy Analysis: Research and Practice, 1-18.

Steiner-Khamsi, G., Appius, S., & A. Nägeli (2024). Comparing two transfer spaces over time and against a global script: The case of School-Autonomy-with-Accountability. Journal of Education Policy, https://doi.org/10.1080/02680939.2024.2394594 .

Zapf, W. (1984). Welfare Production: Public Versus Private. Social Indicators Research, 14 (3), 263-274.

 

Nationale Intention - lokale Umsetzung in unterschiedlichen Kantonen: Gibt es allgemeine Gelingensbedingungen für die Einführung des Lehrplan21 auf Schulebene?

Michelle Jutzi1, Ueli Hostettler1, Marina Grgic2, Thomas Wicki1
1Pädagogische Hochschule Bern, 2Pädagogische Hochschule Wallis

Die Gestaltung und Umsetzung bildungspolitischer Massnahmen ist eine vielschichtige Herausforderung. Dies gilt insbesondere für dezentralisierte, föderalistische Länder wie die Schweiz, in denen verschiedene Ebenen an der Gestaltung und Umsetzung politischer Maßnahmen beteiligt sind (Altrichter & Maag Merki, 2010). Die Komplexität erhöht sich ausserdem durch die Beteiligung zahlreicher Interessengruppen am Diskurs (Spillane et al., 2002).

Im Zuge von Harmonisierungsbestrebungen der EDK wurden im Jahr 2007 einige Aspekte des Schulsystems vereinheitlicht sowie der Entwurf eines umfassenden Lehrplans für die Deutschschweiz erlassen (EDK, 2007). Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung wurden zwei neue Themen - Medien und Informatik (M&I) und Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) - in den Lehrplan aufgenommen, die als Modullehrpläne gestaltet wurden. Die Kantone können frei entscheiden, wie sie M&I in ihren Schulen umsetzen wollen (D-EDK, 2013). Dennoch stellt die Entwicklung des sprachregionalen Lehrplans eine bedeutende Veränderung in der Schweizer Bildungspolitik und einen Vorstoss in Richtung einer zentralen Steuerung dar (Fischer et al., 2010).

Die Umsetzung der nationalen Politik in Kantonen, Gemeinden und Schulen kann als „policy enactment“ (Heimans, 2014) bezeichnet werden, was sich auf den Dialog zwischen den Akteur:innen (Heimans, 2012) und den schulischen Rekontextualisierungsprozess (sense-making) bezieht (Avidov-Ungar & Hanin-Itzak, 2019; Domina et al., 2015; Fend, 2006). In Anlehnung an die Implementationsforschung wird davon ausgegangen, dass sich ineinander verschachtelte Sinngebungs- und Umsetzungsprozesse auf verschiedenen Ebenen des Bildungssystems abspielen, was zu einer natürlichen Variation zwischen Kantonen und lokalen Schulen führt (Coburn, 2016; Coburn & Woulfin, 2012). Dabei ist es schwierig, die für die Umsetzung der Reform entscheidenden Merkmale von Schulen und deren Kontext zu identifizieren (Ball et al., 2011; Thrupp & Lupton, 2006). Die Größe der Schule, die Innovationsbereitschaft der Lehrpersonen (Drossel & Eickelmann, 2017) oder die Führung durch die Schulleitungen (Camburn et al., 2003) sind einige der Faktoren, die die Reaktion einer Schule auf Reformen beeinflussen können.

Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Dynamik der Einführung des Modullehrplans M&I, bei der die Akteur:innen im Einklang mit den genannten theoretischen Perspektiven in einem Netz von Kontextfaktoren, konkurrierenden Interessen und unterschiedlichen Standpunkten navigieren. Der Beitrag stützt sich auf eine Stichprobe von 23 Schulen, die im Rahmen eines SNF-Projektes sowohl qualitativ wie auch quantitativ untersucht wurden. Im Vordergrund dieser Analyse steht die Frage, inwiefern sich Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Gelingens des Einführungsprozesses zwischen Schulen aus unterschiedlichen Kantonen zeigen. Diese Fragestellung verlangt gleichzeitig eine systematisch-vergleichende, wie auch eine einzelfallorientierte Perspektive. Dafür eignet sich besonders die Methode der qualitativ-komparativen Analyse (Ragin, 1987) die eben diese Verbindung unterschiedlicher Erhebungsmethoden und Perspektiven leisten kann (Bartlett & Vavrus, 2017; Befani et al., 2007). Anhand der qualitativen und quantitativen Daten aus den 23 Schulen wurden in Verbindung mit den theoretischen Annahmen Bedingungen formuliert, die das Vorhandensein des pädagogischen Konzepts erklären. Das pädagogische Konzept wurde basierend auf der Schulentwicklungsliteratur als Indikator für eine aktive, innerschulische Auseinandersetzung mit den Zielsetzungen des Modullehrplans definiert (Holtappels & Rollett, 2009; Navaridas-Nalda et al., 2020).

Die Ergebnisse zeigen, dass in den 23 Schulen verschiedene Kombinationen von Bedingungen zum Gelingen der Einführung des Modullehrplans beitragen. Die Partizipation der Lehrpersonen ist eine notwendige Bedingung. Der Transfer von Ausbildungsinhalten, die Unterstützung durch die Schulleitung und eine hierarchische Schulkultur sind zusätzliche Bedingungen, die je nach Schule in Kombination mit der Partizipation zur Erarbeitung eines pädagogischen Konzepts beitragen.

Insgesamt zeigt die Studie, dass die Beteiligung der Lehrpersonen am Reformprozess zentral für die Umsetzung der Reform ist. Gleichzeitig sind weitere unterstützende Prozesse notwendig, damit Schulen Ressourcen in die Erarbeitung eines pädagogischen Konzepts investieren. Es stellt sich die Frage, wie die Kommunikation zwischen Behörden und Schulen in zukünftigen Projekten verbessert und die gegenseitigen Erwartungen an den Reformprozess besser geklärt werden können. Zudem sind vertiefte Untersuchungen kontextspezifischer Schulentwicklungsprozesse und der dafür erforderlichen lokalen Unterstützungsressourcen notwendig.

Bibliographie

Literaturverzeichnis

Adolfsson, C.‑H. & Alvunger, D. (2017). The nested systems of local school development: Understanding improved interaction and capacities in the different sub-systems of schools. Improving Schools, 20(3), 195–208. https://doi.org/10.1177/1365480217710874

Altrichter, H. & Maag Merki, K. (Hrsg.). (2010). Handbuch Neue Steuerung im Schulsystem. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-531-92245-4.pdf https://doi.org/10.1007/978-3-531-92245-4

Avidov-Ungar, O. & Hanin-Itzak, L. (2019). Sense of Empowerment Among School ICT Coordinators: Personal, Subject-Area and Leadership Empowerment. Technology, Knowledge and Learning, 24(3), 401–417. https://doi.org/10.1007/s10758-017-9346-8

Ball, S. J., Maguire, M. & Braun, A. (2011). How Schools Do Policy: Policy Enactments in Secondary Schools. Routledge. https://doi.org/10.4324/9780203153185

Bartlett, L. & Vavrus, F. (2017). Comparative Case Studies: An Innovative Approach. Nordic Journal of Comparative and International Education, 1(1). https://doi.org/10.7577/njcie.1929

Befani, B., Ledermann, S. & Sager, F. (2007). Realistic Evaluation and QCA: Conceptual Parallels and an Empirical Application. Evaluation, 13(2), 171–192. https://doi.org/10.1177/1356389007075222

Coburn, C. E. (2016). What’s Policy Got to Do with It? How the Structure-Agency Debate Can Illuminate Policy Implementation. American Journal of Education(122), 465–475.

Coburn, C. E. & Woulfin, S. L. (2012). Reading Coaches and the Relationship Between Policy and Practice. Reading Research Quarterly, 47(1), 5–30. https://doi.org/10.1002/RRQ.008

Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz. (2013). Lehrplan 21: Überblick und Anleitung. Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK).

Domina, T., Lewis, R. & Agarwal, Priyanka, Hanselman, Paul (2015). Professional Sense-Makers: Instructional Specialists in Contemporary Schooling. Educational Researcher, 44, 359–364. https://doi.org/10.3102/0013189X15601644

Drossel, K. & Eickelmann, B. (2017). Teachers’ participation in professional development concerning the implementation of new technologies in class: a latent class analysis of teachers and the relationship with the use of computers, ICT self-efficacy and emphasis on teaching ICT skills. Large-scale Assessments in Education, 5(1), 1–13. https://doi.org/10.1186/s40536-017-0053-7

Fend, H. (2006). Neue Theorie der Schule: Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Fischer, M., Sciarini, P. & Traber, D. (2010). The Silent Reform of Swiss Federalism: The New Constitutional Articles on Education. Swiss Political Science Review, 16(4), 747–771. https://doi.org/10.1002/j.1662-6370.2010.tb00447.x

Heimans, S. (2012). Coming to matter in practice: enacting education policy. Discourse: Studies in the Cultural Politics of Education, 33(2), 313–326. https://doi.org/10.1080/01596306.2012.666083

Heimans, S. (2014). Education policy enactment research: disrupting continuities. Discourse: Studies in the Cultural Politics of Education, 35(2), 307–316. https://doi.org/10.1080/01596306.2013.832566

Holtappels, H. G. & Rollett, W. (2009). Schulentwicklung in Ganztagsschulen. Zur Bedeutung von Zielorientierungen und Konzeption für die Qualität des Bildungsangebots. Ganztägige Bildung und Betreuung, Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft. https://doi.org/10.25656/01:6956

Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und-direktoren. (2007). Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat). EDK.

Navaridas-Nalda, F., Clavel-San Emeterio, M., Fernández-Ortiz, R. & Arias-Oliva, M. (2020). The strategic influence of school principal leadership in the digital transformation of schools. Computers in Human Behavior, 112, 106481. https://doi.org/10.1016/j.chb.2020.106481

Ragin, C. C. (1987). The comparative method: Moving beyond qualitative and quantitative strategies. University of California Press.

Spillane, J. P., Reiser, B. J. & Reimer, T. (2002). Policy implementation and cognition: Reframing and refocusing implementation research. Review of Educational Research(3), 387–431.

Thrupp, M. & Lupton, R. (2006). Taking the school contexts more seriously: the social justice challenge. British Journal of Educational Studies, 54, 308–328. https://doi.org/10.1111/j.1467-8527.2006.00348.x

 

Der Umgang von Lehrpersonen mit neuen kantonalen Vorgaben zur formativen Bewertung

Guri Skedsmo, Vera Niederberger
Pädagogische Hochschule Schwyz

Von den Akteuren an Schulen wird nicht nur erwartet, dass sie sich an die politischen Vorgaben halten, sondern auch, dass sie ihre Praktiken entsprechend den für ihren Beruf relevanten Wissensquellen weiterentwickeln (Penuel et al., 2017). Daher befinden sich die Akteure in der Schule in einem institutionellen Spannungsfeld (Diedrich, 2020), da sie einerseits bildungspolitische Vorgaben umsetzen müssen, andererseits aber eine Reihe von Wissensquellen in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen müssen (Mausethagen & Hermansen, 2023). Vor kurzem haben die Bildungsbehörden in einem deutschsprachigen Kanton ein neues Reglement für die formative Beurteilung eingeführt. In diesem Beitrag wird untersucht, wie Lehrpersonen in zwei verschiedenen Schulkontexten in diesem Kanton an einer von oben initiierter Entwicklungsarbeit mitwirken und wie sie Unterrichtspraktiken aushandeln, aufeinander abstimmen und an neue Anforderungen anpassen.

Die Arbeit basiert auf Perspektiven zur Policy-Umsetzung, die dazu beitragen, Prioritäten und Rahmenbedingungen zu identifizieren, unter denen schulische Akteure auf neue behördliche Erwartungen reagieren können, um Unterrichtspraktiken in spezifischen sozio-institutionellen Kontexten zu verbessern (Ball, 2011). Zudem werden analytische Ansätze genutzt, um zu untersuchen, wie verschiedene Wissensquellen – etwa Forschungsergebnisse, eigene Erfahrungen, der Austausch mit anderen Schulen sowie Wissen über den Schulkontext und die Schüler*innen – in der Entwicklungsarbeit eingebunden und angewendet werden. Dabei liegt ein Fokus auf Prozessen, die sowohl formales als auch informelles Lernen innerhalb von Lehrerteams fördern und somit zur Schulentwicklung beitragen (Cain et al., 2019).

Die Studie wird an zwei Schulen durchgeführt und hat ein qualitatives Design, das ethnografisch inspirierte Beobachtungen verschiedener Sitzungen umfasst, die sich auf die Entwicklungsarbeit konzentrieren, die im Laufe eines Schuljahres durchgeführt wird. Darüber hinaus wurden halbstrukturierte, kontextualisierte Interviews mit Schlüsselakteuren durchgeführt, die durch die Beobachtungen identifiziert wurden, und Schlüsseldokumente, die das Entwicklungsprojekt beschreiben, wurden gesammelt. Zu den Datenquellen gehören Feldnotizen aus den Beobachtungen, Transkripte aus den Interviews und Schlüsseldokumente wie Schulentwicklungspläne und von den Schulleitern und beteiligten Lehrern erstelltes Material. Die Kombination dieser Datenquellen wird dazu beitragen, die situativen Kontexte und den größeren schulischen Kontext zu verstehen, und ermöglicht einen Ansatz, der nicht nur auf selbstberichteten Daten basiert (vgl. Hammersley & Atkinson, 2007).

Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die Lehrpersonen an beiden Schulen den neuen Regelungen eher zögerlich gegenüberstehen und grosse Hoffnungen in die digitalen Tools setzen, die zur Dokumentation des Lernprozesses der Studierenden eingesetzt werden sollen. Aufgrund der unterschiedlichen Projektgestaltung und Infrastrukturen in den beiden Schulen, nimmt die Umsetzung durch die Lehrpersonen im Laufe der Zeit unterschiedliche Formen an und kristallisiert sich in verschiedenen Entwicklungsphasen heraus, da die Bewertungspraktiken an den Kontext der Schulen und die Bedürfnisse der Studierenden angepasst werden. Darüber hinaus scheinen neue Vorschriften in Bezug auf die Bewertungspraktiken die Praktiken der Lehrkräfte in gewisser Weise zu beeinflussen.

Die Studie zeigt, wie Schulakteure auf neue kantonale Vorschriften reagieren und wie sie im Laufe der Zeit ihre Praktiken anpassen und weiterentwickeln. Durch die methodischen Ansätze, insbesondere durch die zeitlich gestaffelten Beobachtungen, trägt der Artikel zu einem tieferen Verständnis bei, wie Lehrpersonen sich auf eine von oben initiierte Entwicklungsarbeit einlassen, die Prozesse der Umsetzung gestalten und welche Auswirkungen dies auf die Professionalität der Lehrpersonen hat.

Bibliographie

Ball, S. J., Maguire, M. & Braun, A. (2011). How schools do policy: Policy enactments in secondary schools. Routledge.

Braun, A., Ball, S. J., Maguire, M., & Hoskins, K. (2011). Taking context seriously: Towards explaining policy enactments in the secondary school. Discourse: Studies in the Cultural Politics of Education, 32(4), 585–596. https://doi.org/10.1080/01596306.2011.601555

Cain, T., Brindley, S., Brown, C., Jones, G., & Riga, F. (2019). Bounded decision-making, teachers’ reflection and organisational learning: How research can inform teachers and teaching. British Educational Research Journal, 45(5), 1072–1087. https://doi.org/10.1002/berj.3551

Diedrich, M. (2020). Die veränderte Rolle der intermediären Akteure. In E. D. Klein & N. Bremm (Eds.), Unterstützung – Kooperation – Kontrolle: Zum Verhältnis von Schulaufsicht und Schulleitung in der Schulentwicklung (Vol. 48, pp. 45–64). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28177-9

Hammersley, M., & Atkinson, P. (2007). Ethnography: Principles in practice (3rd ed.). Routledge.

Mausethagen, Sølvi ; Hermansen, Hege (2023). ‘Research Use’ in Education: Conceptualising the Teaching Profession Within the Policy–Research–Practice Nexus. Prøitz, Tine Sophie; Aasen, Petter; Wermke, Wieland Ulrich (Ed.). From education policy to education practice Unpacking the nexus. p. 75-92. Springer Nature.

Penuel, W. R., Briggs, D. C., Davidson, K. L., Herlihy, C., Sherer, D., Hill, H. C., Farrell, C., & Allen, A.-R. (2017). How School and District Leaders Access, Perceive, and Use Research. AERA Open, 3(2), 233285841770537. https://doi.org/10.1177/2332858417705370



 
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