Conference Agenda

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Session Overview
Session
SYMP 06: Herausforderungen und Gelingensbedingungen inklusiver Schulentwicklung
Time:
Thursday, 03/July/2025:
2:15pm - 4:00pm

Session Chair: Isabella Lussi Wolfisberg
Location: Lecture hall 6


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Presentations

Herausforderungen und Gelingensbedingungen inklusiver Schulentwicklung

Chair(s): Stephan Huber (PH Schwyz, Schweiz), Isabella Lussi Wolfisberg (PH Schwyz, Schweiz)

Mit der Ratifizierung der UN-BRK im Jahr 2014 verpflichtete sich die Schweiz ein auf allen Ebenen integratives Bildungssystem zu etablieren. Zehn Jahre später wird das Thema der integrativen Schule in der schulischen Praxis und auch im öffentlichen Diskurs in der Schweiz breit diskutiert.

Die Bildungsforschung befasst sich mit dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden sozialwissenschaftlichen Fundierung der Sonder- bzw. Integrationspädagogik und des internationalen, englischsprachigen Diskurses zu Inclusive Education wurde der Diskurs zu Gelingensbedingungen inklusiver Schulentwicklungsprozesse hin zu einer stärker inklusionsorientierten Schule zunehmend ausdifferenziert und weiterentwickelt (z.B. Ainscow 2008). Der Begriff Inklusion löste im internationalen Forschungsdiskurs den bis in die 1990er Jahre im deutschsprachigen Raum verwendeten Begriff der Integration weitgehend ab. Sowohl der Integrations- als auch der Inklusionsbegriff verweisen auf die Bedeutung gesellschaftlicher Teilhabe, Bildungsgerechtigkeit, Antidiskriminierung und Anerkennung (Hinz 2013).

International hat sich zur Beschreibung und Analyse inklusiver Schulentwicklungsprozesse insbesondere der Index for Inclusion von Booth and Ainscow (2002) etabliert. Inklusive Schulen zeichnen sich gemäss des Index durch eine starke Ausprägung einer inklusiven Kultur, die Verankerung inklusiver Policies und die Umsetzung einer inklusiver Praxis aus. Alle drei Dimensionen sind notwendig, um Barrieren zum Zugang zu Bildung zu reduzieren und Inklusion in einer Schule zu entwickeln.

Die Entwicklungsverläufe in der praktischen Ausgestaltung inklusiver Schulen sind in der Schweiz jedoch sehr unterschiedlich und teils widersprüchlich. Zahlreiche Autorinnen verweisen mit Blick auf die Entwicklung schulischer Inklusion auf massive und anhaltende Umformungstendenzen in der praktischen Ausgestaltung schulischer Inklusion bei gleichzeitigem Fortbestehen auf Selektion, Segregation und Homogenisierung ausgerichteter Strukturen und Praktiken auf allen Ebenen des Bildungssystems (Feuser 2016). Insbesondere auch für Schulleitungen erweist sich die Ausgestaltung schulischer Inklusion innerhalb dieser Gemengelage auf Ebene der Einzelschule als teilweise paradoxer Schulentwicklungsauftrag. Obwohl (inter-)nationale Studien im Kontext unterschiedlicher Reformanliegen mehrfach bestätigt haben, dass schulische Wandelungsprozesse in hohem Maße von den Handlungen der Schulleitungen mitbestimmt werden wurde die Akteursgruppe der Schulleitungen in bestehenden Studien jedoch bisher nur am Rande berücksichtigt. Empirisch gesicherte Erkenntnisse darüber, wie Schulleitungen den Auftrag inklusiver Schulentwicklung im Kontext unterschiedlicher Rahmenbedingungen gestalten, fehlen bis heute weitestgehend (Badstieber und Moldenhauer 2016).

Das Geplante Symposium rückt Herausforderungen und Gelingensbedingungen schulischer Inklusion und mögliche Entwicklungsperspektiven ins Zentrum der Diskussion. Die einzelnen Beiträge nehmen dabei unterschiedliche Gelingensbedingungen in den Blick: Ein Beitrag widmet sich der Rolle der Schulleitung bei der Gestaltung inklusiver Schulen. Es wird der Frage nachgegangen, wie Schulleitungen mit ihrem Führungshandeln inklusive Schulentwicklungsprozesse anstossen können.

Ein zweiter Beitrag befasst sich mit der Frage, wie Reintegrationsprozesse von der Sonderschule an die Regelschule gelingen können und welche Barrieren dabei zu überwinden sind. In der qualitativen Forschungsstudie wird die Reintegration von sechs Kindern und Jugendlichen nachgezeichnet und analysiert.

Ein dritter Beitrag betrachtet den Einsatz der Ressourcen. Untersucht die Frage, wie Ressourcen für die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Bedürfnissen effektiv eingesetzt werden können und wie Schulleitungen bei der Planung und Allokation der Ressourcen für die besondere pädagogische Unterstützung vorgehen.

In den drei Fachvorträgen werden die Ergebnisse der verschiedenen Forschungsprojekte präsentiert und anschließend angeleitet durch den Chair des Symposiums gemeinsam mit dem Plenum mit Blick auf die Bedeutung für den wissenschaftlichen Diskurs und die Bedeutung für die schulischer Praxis diskutiert.

 

Presentations of the Symposium

 

Die Bedeutung der Schulleitung bei der Gestaltung inklusiver Schulen. Zusammenhänge zwischen Führungsmerkmalen, inklusionsbezogenen Einstellungen, multiprofessioneller Kooperation und der Ausgestaltung inklusiver Praxis

Isabella Lussi Wolfisberg, Stephan Huber
PH Schwyz

Schulleitungen übernehmen bei der Gestaltung von Schulentwicklungsprozessen eine wichtige Rolle als «Change Agents» und sind ein wichtiges Bindeglied zwischen staatlichen Reformmassnahmen und schuleigenen Veränderungsbemühungen (Amrhein et al., 2018; Huber, 2009). Auch im Hinblick auf die Gestaltung inklusiver Schulen wird den Schulleitungen eine Schüsselposition zugeschrieben (Sturm et al., 2015, S. 203; Criblez et al., 2012; Hattie et al., 2013; Schulz & Böttinger, 2022; Wirtz, 2020; Anderegg, 2019; Fitzgerald & Radford, 2022).

Empirisch ist die Bedeutung der Schulleitung im Kontext inklusiver Schulentwicklung aber noch wenig bearbeitet worden. Verschiedene Studien weisen jedoch darauf hin, dass die Schulleitung die Gestaltung inklusiver Schulen über positive inklusionsbezogene Einstellungen und Wirksamkeitserwartungen beeinflussen kann (Ainscow et al., 2013; Anderegg, 2019; Kullmann et al., 2014). Empirisch ebenfalls gut gestützt ist die Bedeutung multiprofessioneller Kooperation. Sie gilt als zentrale Gelingensbedingung für die Umsetzung eines inklusiven Unterrichts (Bengel, 2020; Devecchi & Rouse, 2010; Frohn et al., 2023; Hösel et al., 2020). Trotz der Bedeutung, die der multiprofessionellen Kooperation beigemessen wird, bleibt sie in der Realität vieler Schulen ein Wunschdenken (Lütje-Klose & Urban, 2014; Urban & Lütje-Klose, 2014). Unter anderem hängt sie auch vom Führungshandeln der Schulleitung ab (Greiten, 2017; Hochfeld & Rothland, 2022).

Im geplanten Beitrag werden Ergebnisse einer quantitativen Studie vorgestellt, im Rahmen derer im Schuljahr 2022/23 970 Lehrpersonen in 12 verschiedenen Kantonen der Deutschschweiz befragt wurden. In der Studie wird die Frage verfolgt, inwiefern Führungsmerkmale der Schulleitung mit der Ausprägung multiprofessioneller Kooperationsformen und inklusionsbezogenen Einstellungen und der effektiven Ausgestaltung inklusiver Praxis zusammenhängen. Ein Fokus liegt dabei auf der Bedeutung des Führungsstils der Schulleitung sowie deren Handlungskoordination. Die Ausprägung inklusiver Praxis wird ausgehend vom Index für Inklusion sowohl auf Ebene der Schule als auch auf Ebene des Unterrichts untersucht. Mittels Regressionsanalysen wird überprüft inwiefern die untersuchten Führungsmerkmale der Schulleitung sowohl indirekt über die Förderung inklusionsbezogener Einstellungen und multiprofessioneller Kooperation als auch direkt die Ausgestaltung inklusiver Praxis an den Schulen erklären kann.

Die Regressionsanalysen weisen darauf hin, dass inklusionsbezogene Einstellungen von Lehrpersonen signifikant positiv mit dem Ausmass an kooperativer Führung, nicht jedoch mit deren Fähigkeit zur Handlungskoordination zusammenhängen. Lehrpersonen, welche ihrer Schulleitung einen kooperativen Führungsstil attestieren, weisen positivere inklusionsbezogene Einstellungen auf. Die inklusionsbezogenen Einstellungen der Lehrpersonen stehen zudem mit einer Ausnahme in einem signifikant positiven aber geringem Zusammenhang sowohl mit der Ausprägung inklusiven Unterrichts als auch mit der Ausprägung einer inklusiven Schule.

Bedeutsamer sind die Zusammenhänge mit multiprofessioneller Kooperation. Es zeigt sich, dass sowohl die Fähigkeit der Schulleitung zur Handlungskoordination als auch deren Führungsstil relevant sind für das Ausmass an multiprofessioneller Kooperation. Die Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und Fachpersonen der integrativen Förderung (SHP) ist sowohl unterrichtsbezogen als auch schülerbezogene signifikant höher, wenn die Handlungskoordination der Schulleitung stark ausgeprägt und deren Führungsstil kooperativ eingeschätzt wird. Zudem besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen multiprofessioneller Kooperation und der Ausprägung inklusiver Praxis. Die Regressionsanalysen zeigen auf, dass insbesondere eine starke Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und Fachpersonen der integrativen Förderung mit einer stärker inklusiv ausgerichteten Schule einhergeht. Zudem besteht ein geringer Zusammenhang zwischen dem Ausmass an unterrichtsbezogenem Austausch und der Ausprägung inklusiven Unterrichts.

Die Ergebnisse weisen also darauf hin, dass die Schulleitung die Entwicklung hin zu inklusiven Schulen und inklusivem Unterricht insbesondere über die Förderung multiprofessioneller Kooperation und teilweise auch über die Förderung inklusionsbezogener Einstellungen mitgestalten kann. Die direkten Zusammenhänge zwischen den untersuchten Führungsmerkmalen und der Ausprägung inklusiver Praxis sind hingegen kaum von Bedeutung. Die Ergebnisse bestätigen bisherige Befunde, dass inklusionsbezogene Einstelllungen und multiprofessionelle Kooperationsformen für die Entwicklung inklusiver Schulen zentral sind. Darüber hinaus zeigt die Studie die Bedeutsamkeit des Führungshandelns der Schulleitung im Kontext inklusiver Schulentwicklung auf.

Bibliography

Ainscow, M., Dyson, A. & Weiner, S. (2013). From Exclusion to Inclusion. A Review of International Literature on Ways of Responding to Students with Special Educational Needs in Schools. Reading, UK: CfBT Education Trust.

Amrhein, B., Badstieber, B., Janzen, O. & Wotschel, P. (2018). Abschlussbericht zum Vorhaben „Mit Schulleitung gesunde, inklusive Schule gestalten“. https://pub.uni-bielefeld.de/record/2953039.

Anderegg, N. (2019). Auf die Schulleitung kommt es an!: Schweizer Perspektive auf den Zusammenhang zwischen Schulführung und Inklusion. In Donlic, J., Jaksche-Hoffman, E. & Peterlini, H.K. (Hrsg.). Ist inklusive Schule möglich? (S. 111–32). transcript Verlag. https://doi.org/10.1515/9783839443125-007.

Bengel, A. (2020). Inklusive Schulentwicklung– Deutung und Umsetzung durch Lehrkräfte. Gemeinsam leben, Nr. 4 (10), 201–10. https://doi.org/10.3262/GL2004201.

Criblez, L., Imlig, F. & Montanaro, I. (2012). Bildungsbericht Nordwestschweiz. 2012. https://www.google.ch/search?q=bildungsbericht+nordwestschweiz&ie=utf-8&oe=utf-8&client=firefox-b&gfe_rd=cr&ei=Hx3aWJiKO8ixtgfq66DYBQ.

Devecchi, C. & Rouse, M. (2010). An Exploration of the Features of Effective Collaboration between Teachers and Teaching Assistants in Secondary Schools. Support for Learning 25 (2): 91–99. https://doi.org/10.1111/j.1467-9604.2010.01445.x.

Fitzgerald, J. & Radford, J. (2022). Leadership for Inclusive Special Education: A Qualitative Exploration of SENCOs’ and Principals’ Experiences in Secondary Schools in Ireland. International Journal of Inclusive Education 26 (10): 992–1007. https://doi.org/10.1080/13603116.2020.1760365.

Frohn, J., Bengel, A., Piezunka, A., Simon, T. & Dietze, T. (Hrsg.) (2023). Inklusionsorientierte Schulentwicklung Interdisziplinäre Rückblicke, Einblicke und Ausblicke. Verlag Julius Klinkhardt. https://doi.org/10.35468/5983.

Greiten, S. (2017). Optionen zur inklusiven Schulentwicklung in Sekundarstufenschulen durch das Drei-Wege-Modell nach Rolff. Gemeinsam leben 25 (3): 149–58.

Hattie, J., Beywl, W. & Zierer, K. (2013). Lernen sichtbar machen. Überarb. deutschsprachige Ausg. Baltmannsweiler: Schneider-Verl. Hohengehren.

Hochfeld, L. & Rothland, M. (2022). Multiprofessionelle Kooperation an Ganztags(grund)schulen: Ein systematisches Review. Zeitschrift für Grundschulforschung 15 (2): 453–85. https://doi.org/10.1007/s42278-022-00146-x.

Hösel, F., Bößneck, A. & Preissler, A. (2020). Schulentwicklung im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen und individuellen Anforderungen: Gestaltungsund Handlungsansätze für ein organisationales Gestaltungsmodell »Inklusive Schule«. Journal für Psychologie 27 (2): 212–36. https://doi.org/10.30820/0942-2285-2019-2-212.

Huber, S.G. (2009). Schulleitung. In Blömeke, S., Bohl, T., Haag., L., Lang-Wojtasik, G. & Sacher, W. (Hrsg.). Handbuch Schule. Theorie – Organisation – Entwicklung (S.502–11). Klinkhardt, Julius.

Kullmann, H., Lütje-Klose, B., Textor, A., Berard, A. & Schitow, K. (2014). Inklusiver Unterricht - (Auch) eine Frage der Einstellung! Eine Interviewstudie über Einstellungen und Bereitschaften von Lehrkräften und Schulleitungen zur Inklusion. Schulpädagogik heute 5 (10).

Lütje-Klose, B. & Urban, M. (2014). Professionelle Kooperation als wesentliche Bedingung inklusiver Schul- und Unterrichtsentwicklung. Teil 1: Grundlagen und Modelle inklusiver Kooperation. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 83 (2): 112. https://doi.org/10.2378/vhn2014.art09d.

Schulz, L. & Böttinger, T. (2022). Gemeinsam digital!: Schulleitungshandeln für eine diklusive Schulkultur. #schuleverantworten 2 (1): 74–85. https://doi.org/10.53349/sv.2022.i1.a183.

Sturm, T., Köpfer, A. & Huber, S.G. (2015). Schulleitungen: Gestaltende einer inklusionsfähigen Schule – Begriffsklärung und Stand der Forschung. In Huber, S.G. (Hrsg.), Jahrbuch Schulleitung 2015 (S.193–210). Kronach: Carl Link Verlag.

Urban, M. & Lütje-Klose, B. (2014). Professionelle Kooperation als wesentliche Bedingung inklusiver Schul- und Unterrichtsentwicklung. Teil 2 - Forschungsergebnisse zu intra- und interprofessioneller Kooperation. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, Nr. 4, 283–94.

Wirtz, K. (2020). Qualitätsbausteine schulischer Inklusion. Organisations-, Personal- und Unterrichtsentwicklung an inklusiven Schulen aus der Sicht unterschiedlicher Beteiligter. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. https://doi.org/10.35468/5848.

 

Zur Bedeutung inklusiver Schulentwicklung in Sonder- und Regelschulen für die Realisierung von Reintegrationen

Federica Hofer, Alois Buholzer
PH Luzern

Schulische Übergänge gelten als einschneidende Erlebnisse, die markante Veränderungen mit sich bringen. Die Bewältigung dieser Übergänge hat als gemeinsame Aufgabe von Familien, Institutionen, Professionen und Systemen kollaborativ zu erfolgen (Gebhard et al., 2021). Dies gilt insbesondere auch bei Reintegrationen von der Sonderschule an die Regelschule. Reintegrationen geschehen in der Schweiz bisher nur sehr selten – sie gelten als Einzelfälle (BfS, 2021; Snozzi et al., 2023). Dementsprechend überschaubar ist auch die Studienlange zu Reintegrationen im Schweizer Kontext (ebd.). Jedoch erstaunt die Seltenheit von Reintegrationen dahingehend, als dass sich die Schweiz mit der Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention verpflichtet, ein inklusives, chancengleiches und diskriminierungsfreies Bildungssystem umzusetzen (UN-BRK, Art.24). Auch auf kantonaler Ebene gilt es, integrative Lösungen an separativen Lösungen vorzuziehen (Sonderpädagogik Konkordat). Folglich sollten gemäss den rechtlichen Grundsätzen neben «Schulen für alle» auch eine «Durchlässigkeit des Bildungssystems für alle» gewährleistet sein – und somit Reintegrationen keine Einzelfälle sein.

Auf diesem Hintergrund wurde das Forschungsprojekt «Teil- und Reintegration als Einzelfall?» lanciert. Im Projekt wurden die Reintegrationsprozesse von der Sonderschule an die Regelschule von sechs Kindern und Jugendlichen in verschiedenen Kantonen der Deutschschweiz qualitativ untersucht. Zum einen interessierte, wie der Prozess der Reintegration aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen, deren Eltern sowie den beteiligten schulischen Akteur*innen der Sonderschule und der Regelschule beschrieben wird (1), zum anderen wurde untersucht, welche unterstützenden und erschwerenden Bedingungen von den an der Reintegration Beteiligten identifiziert werden (2). Dazu wurden Expert*innengespräche in Kleingruppen (Helfferich, 2022) mit den reintegrierten Kindern und Jugendlichen, den Eltern sowie den beteiligten Personen der Sonder- und Regelschule – unter anderem auch den Schulleitungen – geführt. Ausgewertet wurden die Gesprächstranskripte mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2014), wobei einerseits fallbezogen auf die Gestaltung des Prozesses fokussiert wurde. Andererseits konnten fallübergreifende Gelingensbedingungen und Barrieren bei Reintegrationsprozessen identifiziert werden.

Im Beitrag werden Gelingensbedingungen und Barrieren bei Reintegrationsprozessen vorgestellt, mit besonderem Fokus auf die Rolle der Schulleitung an Sonderschulen und Regelschulen. Die Ergebnisse zeigen, dass unter anderem den Schulleitenden beider Schultypen wichtige Verantwortlichkeiten zum Beispiel bei der Zusammenarbeit zwischen und innerhalb der Schulen, bei der Haltung gegenüber Reintegrationen respektive der Inklusion von Kindern mit Behinderungen, der Ressourcenbeschaffung sowie der Unterstützung für die Lehrpersonen zukommt. Sollen Reintegrationen im Bildungssystem und insbesondere in den einzelnen Schulen stärker verankert werden, erhält die inklusive Schulentwicklung zusätzliche Relevanz. Die aus der qualitativen Studie ermittelten Gelingensbedingungen werden deshalb mit den drei Dimensionen der Schulentwicklung nach Rolff (2023) – der Organisationsentwicklung, der Personalentwicklung und der Unterrichtsentwicklung – verbunden. Den Beitrag abschliessen wird ein kritisches Fazit über Konsequenzen, die sich daraus für eine inklusive Schulentwicklung ergeben, um auch Reintegrationen von der Sonderschule an die Regelschule zu unterstützen. Dieses Fazit wird auf dem Hintergrund des Anspruchs an ein inklusives Bildungssystem formuliert, das nach wie vor auf zwei getrennten Systemen gründet, die inhärenten Spannungen unterliegen.

Bibliography

Bundesamt für Statistik (BfS) (2021). Übergänge und Verläufe in der obligatorischen Schule. Längsschnittanalysen im Bildungsbereich. BfS.

Rolff, H.-G. (2023). Schulentwicklung kompakt. Modelle, Konzepte, Perspektiven. (4. Aufl.). Beltz.

Snozzi, R., Zurbriggen, C. & Müller, C. (2023). School transfers in special education: frequency, direction, and timing of transfers between different school settings. European Journal of Special Needs Education, DOI: 10.1080/08856257.2023.2207056

 

Der effektive Einsatz von Ressourcen für heil- und sonderpädagogische Angebote in Regelschulen

Monika Wicki
HfH Zürich

In inklusiven Schulen werden spezifische Ressourcen für die Unterstützung und Begleitung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen bereitgestellt. Als Ressourcen werden nach Wirtz (2020) im Bereich der Organisationsentwicklung materielle Rahmenbedingungen, aber auch Barrierefreiheit, räumliche Flexibilität oder Differenzierungsmaterial genannt. Bezüglich Personalentwicklung werden die Grundversorgung mit Lehrkräften, fest eingerichtete Kooperations- und Teamzeiten betont und die Bündelung der Ressourcen angesprochen. Auch Klassengrösse und Klassenzusammensetzung sind Faktoren, die im Rahmen der Unterrichtsentwicklung als Ressourcen relevant sind (Wirtz, 2020b).

In inklusiven Schulen haben Schulleitende die verantwortungsvolle Aufgabe, den Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen zu planen, umzusetzen und zu überprüfen, ob der Einsatz effektiv war.

Ziel der Studie war es, zu erfassen, wie Schulleitende bei der Planung des Ressourceneinsatzes in Regelschulen vorgehen. Welche Herausforderungen erleben sie bei der Planung? Und wie kann der Planungsprozess verbessert werden? Es wurden leitfadengestützte Experteninterviews mit neun Schulleitungen aus drei Kantonen geführt und mit strukturierten Inhaltsanalysen ausgewertet (Heyer, 2023).

Pauschale Finanzierungssysteme können Inklusionsprozesse unterstützen. Die Umsetzung solcher Finanzierungssysteme ist jedoch sehr anspruchsvoll und muss durch ein kontinuierliches Monitoring der Lernfortschritte begleitet werden. Um einschätzen zu können, wie viele Ressourcen für eine gute Grundversorgung mit Lehrkräften nötig sind, kann es hilfreich sein, sich einen Überblick über die Menge der eingesetzten Ressourcen im Vergleich zu anderen Schulen mit ähnlichen Ausgangslagen zu verschaffen.

Basierend auf den Interviews und der Fachliteratur wurde ein Vorschlag zur Verteilung der heil- und sonderpädagogischen Ressourcen an inklusiven Schulen erarbeitet. 1. Zuweisung der kollektiven Ressourcen an die einzelnen Klassen nach dem Giesskannenprinzip. 2. Belastung in den Klassen einschätzen. 3. Ein Kompetenzprofil der Klassen erstellen. 4. Kompetenzprofile der Lehrpersonen erstellen. 5. Ressourcen verteilen und Klassengrössen anpassen, wenn Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf in der Klasse sind.

Bibliography

Heyer, M. (2023). Planung des Einsatzes von heilpädagogischen Ressourcen. Eine qualitative Untersuchung zu Planungsvorgehen in der Praxis. Masterarbeit. Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik.

Wirtz, K. (2020). Qualitätsbausteine schulischer Inklusion. Organisations-, Personal- und Unterrichtsentwicklung an inklusiven Schulen aus der Sicht unterschiedlicher Beteiligter. Klinkhardt.



 
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