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Sitzungsübersicht
Sitzung
Postersession
Zeit:
Montag, 18.09.2023:
18:45 - 21:00

Ort: Mensa 2 - 1.OG


Zusammenfassung der Sitzung

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Präsentationen

Fachintegrierte Sprachförderung zum mathematischen Lernen und zur Emotionsregulation am Übergang Elementarbereich –Primarstufe in hessischen Vorklassen

A. L. Andreas1, M. N. Menz1, M. Hansen1, I. Corvacho del Torro2, S. Schnell1

1Goethe Universität Frankfurt am Main; 2Universität Siegen

Abstract

Sprachliche Defizite wirken sich negativ auf geringere Leistungen in Fächern wie Mathematik und Probleme in der Regulation von Emotionen aus. Das im Rahmen der BMBF Förderrichtlinie „Sprachliche Bildung in der Einwanderungsgesellschaft“ geförderte Projekt SEM zielt auf die Entwicklung, Erprobung und Beforschung eines Konzeptes zur Sprachförderung in Vorklassen ab. Drei über die Sprachförderung verbundenen Bausteine sind enthalten: (1) eine fachintegrierten Sprachförderung beim Aufbau mathematischer Vorläuferfähigkeiten, (2) eine Sprachförderung in Verbindung mit der Förderung von Emotionsverständnis und Emotionsregulation und (3) ein sprachförderbezogenes Professionalisierungsangebot für in Vorklassen eingesetzte Lehrpersonen. Geplant ist die Durchführung einer Interventionsstudie. Zu Projektbeginn erfolgt zunächst eine Voruntersuchung zur Erfassung der Ausgangslage hinsichtlich mathematischer, emotionsbezogener und sprachlicher Kompetenzen der Kinder in Vorklassen und die durch Fachkräfte wahrgenommenen Bedarfe.

Zusammenfassung

Um für Kinder im schulpflichtigen Alter mit mangelnden schulqualifizierenden Kompetenzen den Übergang in die Grundschule zu erleichtern, gibt es in Hessen sogenannte Vorklassen. Das interdisziplinäre Projekt SEM zielt darauf ab, die Kompetenzen der Schüler*innen in Vorklassen in den Bereichen der Sprache, Mathe und Emotionen zu fördern, um so die Teilhabechancen durch frühzeitige Förderung zu sichern.

Sprachliche Kompetenzen sind nach Paetsch & Kempert (2022) ein bedeutsamer Prädiktor für die mathematische Leistungsentwicklung, auch unter Kontrolle von allgemeinen kognitiven Grundfähigkeiten. Vergleichbare Erkenntnisse gibt es zum Einfluss der sprachlichen Fähigkeiten auf die Emotionsregulation. In einer Studie von Rose, Ebert und Weinert (2016) konnte die Sprachkompetenz im Alter von drei Jahren die sozial-emotionalen Kompetenzen, den kooperativen Umgang mit Mitschüler*innen, aggressives Verhalten und die Selbstregulation, als auch die Entwicklungsveränderungen in diesen Bereichen vorhersagen.

Da mangelnde sprachliche Kompetenzen meist Teilhabebarrieren und schwächere schulische Leistungen zur Folge haben (vgl. Hopp et al., 2010), ist eine frühzeitige Förderung relevant. Emotionale Kompetenzen sind Grundvoraussetzungen für Interaktionen in Schulklassen, aber auch mit Freunden und Familie. Kinder mit stärker ausgeprägtem Emotionswissen haben häufig eine bessere soziale Kompetenz und mehr Erfolg in der Schule, unter anderem, weil ihnen das Kooperieren mit Mitschüler*innen leichter fällt (von Salisch & Wübker, 2021). Mathematische Fähigkeiten sind grundlegend für lebenslanges Lernen, sodass die Förderung mathematischer Fähigkeiten ein wichtiges Element für den Ausgleich sozialer Ungleichheiten darstellt (Schnell & Prediger, 2017).

Übergeordnetes Ziel des interdisziplinären Projektes ist eine wissenschaftlich fundierte Entwicklung von Fördermaterialien zu mathematikbezogener und emotionsbezogener Sprache sowie Professionalisierungsmaßnahmen der Lehrkräfte in Vorklassen. Die Materialien und Maßnahmen werden in einer Interventionsstudie auf ihre Wirksamkeit überprüft.

Im vorliegenden Beitrag sollen die Ergebnisse der Voruntersuchung berichtet werden. Hierbei bestehen folgende Fragestellungen:

  • Welche mathematischen, emotionsbezogenen und sprachlichen Kompetenzen zeigen Kinder in hessischen Vorklassen?
  • Welche Herausforderungen zeigen sich bei mathematischer und emotionsbezogener Sprache?
  • Welche Förderbedarfe werden darüber hinaus durch Fachkräfte wahrgenommen?

Um die mathematischen, emotionsbezogenen und sprachlichen Kompetenzen der Kinder in Vorklassen zu testen, werden in zehn Vorklassen im Raum Frankfurt am Main Erhebungen mit praxiserprobten Instrumenten (EMBI – KIGA (Peter-Koop & Güßing, 2011); ATEM 3-9 (Voltmer & von Salisch, 2021); WWT (Glück, 2011)) durchgeführt. Zusätzlich wird ein Workshop mit Expert*innen der Bildungspraxis und -administration (d.h. Mitarbeiter*innen der betreuenden Schulämter, projektbeteiligte Lehrkräfte, Schulleitungen, etc.) zur Erfassung der wahrgenommenen Förderbedarfe organisiert.

Im Rahmen der Paeps Tagung werden die Ergebnisse der Voruntersuchung vorgestellt und diskutiert.



Lernen im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer – interessant und motivierend?

T. Schmäing, B. Gold

Technische Universität Dortmund, Deutschland

Abstract

Die vorliegende Studie betrachtet die Auswirkungen des außerschulischen Lernens im bisher in der empirischen Bildungsforschung als Lernort nicht berücksichtigten UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer. Dabei haben 353 Schüler:innen (Durchschnittsalter: 12.30 Jahre, 54.94% weiblich) an einer Wattexkursion teilgenommen und wurden direkt nach dieser pädagogischen Intervention in Bezug auf ihr situationales Interesse und ihre intrinsische Motivation befragt. Das situationale Interesse wurde mit der Situational Interest Scale und die intrinsische Motivation mit der Kurzskala intrinsischer Motivation erhoben. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Ausprägung der beiden Konstrukte. Zudem konnten mit Korrelationsanalysen jeweils statistisch signifikante negative Zusammenhänge zwischen diesen und mit dem Alter der Teilnehmenden festgestellt werden. Die Untersuchung belegt das Potenzial des Wattenmeeres als außerschulischen Lernort und gibt darüber hinaus Implikationen für die Interessens- und Motivationsforschung.

Zusammenfassung

In der naturwissenschaftlichen Bildung erhält außerschulisches Lernen aufgrund seines vielseitigen Potenzials eine große Bedeutung (Jäkel, 2021). Ein solches weist auch das Wattenmeer auf (Schmäing & Grotjohann, 2022), dieses wurde als außerschulischer Lernort bisher nicht empirisch untersucht (Schmäing & Grotjohann, 2021). Die vorliegende Studie greift dieses Forschungsdesiderat auf.

Das Interesse ist eine Grundvoraussetzung für die Wissensvermittlung an außerschulischen Lernorten (Scheersoi, 2013) und stellt die Beziehung zwischen einer Person zu einem Gegenstand dar (Krapp, 1999; H. Schiefele et al., 1983). Eine Unterscheidung gibt es zwischen individuellem und situationalem Interesse (Hidi & Anderson, 1992). Das Interesse an biologischen Themen nimmt mit zunehmendem Alter ab (Daniels, 2004; Großmann et al., 2021; Löwe, 1987). Während das Interesse gegenstandszentriert ist, bezieht sich die Motivation auf eine Tätigkeit (U. Schiefele et al., 2018). Intrinsisch motivierte Verhaltensweise werden von vollkommener Selbstbestimmung gekennzeichnet (Deci, 1971).

Beide beschriebenen Konstrukte besitzen für außerschulisches Lernen eine große Relevanz, daher wurde in Anlehnung an die Zielsetzung folgenden Fragestellungen nachgegangen:

1. Welchen Einfluss hat eine Wattwanderung auf das situationale Interesse und die intrinsische Motivation?

2. Gibt es jeweils einen Zusammenhang zwischen dem Alter der Teilnehmenden und den Konstrukten?

353 Schüler:innen (Durchschnittsalter: M=12.30 Jahre, SD=1.63, 54.94% weiblich) haben nach der Wattexkursion einen Fragebogen ausgefüllt. Dieser hat das situationale Interesse mit der Situational Interest Scale (SIS) nach Linnenbrink-Garcia et al. (2010) sowie die intrinsische Motivation mit der Kurzskala intrinsischer Motivation (KIM) von Wilde et al. (2009) erhoben. Die SIS besteht aus drei Subskalen, welche zusammengefasst werden und das Konstrukt mit einem Wert abgebildet wird. Die intrinsische Motivation wird mit den Komponenten Interesse/Vergnügen, wahrgenommene Kompetenz, wahrgenommene Wahlfreiheit und Druck/Anspannung (negativer Prädiktor) berichtet. Die für Cronbachs Alpha ermittelten Werte können die interne Konsistenz aller Subskalen bestätigen.

Die Ergebnisse zeigen hohe Ausprägungen beider Konstrukte. Zudem konnten statistisch signifikante negative Korrelationen zwischen dem Alter und dem situationalen Interesse (r = -0.27), dem Interesse/Vergnügen (r = -0.28), der wahrgenommene Kompetenz (r = -0.14) und der wahrgenommenen Wahlfreiheit (r = -0.12) belegt werden.

Die Ergebnisse illustrieren das Potenzial des Wattenmeeres für das außerschulische Lernen mit einem Bezug zur Interessens- und Motivationsforschung. Diese Erkenntnis ist für die naturwissenschaftliche Bildung relevant, zeigt jedoch auch im Allgemeinen erneut die Wirksamkeit von außerschulischen Lernen. Außerdem konnte der negative Zusammenhang zwischen Interesse und Alter (Daniels, 2004; Großmann et al., 2021; Löwe, 1987) in diesem Kontext bekräftigt werden. Allerdings ist als Limitierung anzuführen, dass die Korrelationen als relativ klein bis typisch zu beurteilen sind (Gignac & Szodorai, 2016).



The negative impact of the SARS-CoV-2 pandemic on maternal and child health, taking into account maternal experiences of abuse and neglect in childhood.

F. Köhler-Dauner, I. Mayer, L. Hart, U. Ziegenhain, J. M. Fegert

1Dept. of Child and Adolescent Psychiatry/Psychotherapy, University Hospital of Ulm, Steinhövelstraße 5, 89075 Ulm, Germany

Abstract

Our aim was to analyse the interaction between maternal experiences of childhood abuse and neglect (CM), maternal psy-chosomatic health (pG) and children's physical well-being (kW) during the pandemic.

Our mediation analysis showed a significant positive association between the extent of maternal CM experiences, mothers' psychosomatic symptoms and their children's kW. Maternal psychosomatic symptoms significantly mediate the interaction between CM and children's kW, the direct effect remains non-significant when maternal psychosomatic symptoms are included as mediators. Maternal CM appears to be a relevant risk factor for maternal pG and child kW during the pandemic.

Zusammenfassung

Preventive isolation and social distancing strategies during the SARS-CoV-2 pandemic have confronted families with a variety of different restrictions and stresses. Especially during this stressful time, children need a stable parental home to avoid developmental disorders. Additional risk factors such as maternal experiences of childhood abuse and neglect (CM) may influence mothers' psy-chosomatic health (pG) and children's physical well-being (kW) during times of increased stress. Our aim was to analyse the interaction between maternal CM, maternal pG and children's kW during the pandemic. Mothers from a well-documented birth cohort to study transgenerational transmission of CM, were included in an online 'pandemic' survey assessing maternal pG and children's physical health during the pandemic. Our mediation analysis showed a significant positive association between the extent of maternal CM experiences, mothers' psychosomatic symptoms and their children's kW. Maternal psychosomatic symptoms significantly mediate the interaction between CM and children's kW, the direct effect remains non-significant when maternal psychosomatic symptoms are included as mediators. Maternal CM appears to be a relevant risk factor for maternal pG and child kW during the pandemic. Maternal CM experiences seem to influence the way parents cope with stressful situations and increase the risk of suffering from depressive symptoms. The latter also affect their children's kW. Our findings underline the importance of carefully assessing the specific situation of families with children and providing individually adapted assistance to help families survive the pandemic



Investigating Reliability of Self-Report Measures on Teacher Practices: Predictors and Group Differences

R. Zviagintsev, N. Kampa

University of Vienna, Austria

Abstract

Researchers often use self-report measures to assess teacher practices to investigate teachers’ ability to adapt to the heterogeneous classroom as well as teaching quality. However, social desirability and mirroring actual realities in the classroom pose a challenge to self-report measures. We investigate the reliability of questionnaire data on teacher practices. We will administer a self-report measure including existing and non-existing teacher practices as well as measures on, for example, socio-economic background and well-being to teacher candidates in several institutions of teacher education in Germany and Austria. At the conference we will present predictors for reliability as well as group differences of these types of measures. Implications for (further) research will be discussed during the presentation.

Zusammenfassung

Introduction

The educational process is becoming increasingly complex with changes in the mechanisms and formats of interaction between teachers and students, the learning environment, and the required set of knowledge and skills (Schleicher, 2012, 2018). The ability of teachers to apply a variety of in-class and out-of-class pedagogical practices is an important characteristic of teaching quality, which affects academic results and social-emotional well-being of students (McCallum & Price, 2010). However, a challenge for researchers is the assessment of teachers’ preparedness regarding specific practices. First, some teachers tend to give socially desirable answers (i.e., more experienced teachers) (Pinskaya et al., 2016). Second, it is difficult to assess instruction quality without lesson observation (Koziol & Burns, 1986). In this context, our study proposes an original research design to combine those challenges and to connect them with research of teachers’ ego and organizational culture of the school (Louis & Lee, 2016). We aim to determine the reliability of teaching practices assessed via self-report (large-scale) measures and to identify predictors of teachers’ reliability on reporting teacher practices, including differences in groups, connection with the territory and socio-economic status. We also aim to identify commonalities and differences between countries, expand the research to more countries in the future, and investigate trends in the development of the teacher profession.

Method

Our research design consists of a teacher survey in two different countries (Germany and Austria) collecting information about the practices used in everyday schoolwork, including both existing and non-existing practices. Three checkboxes for each practice will be used to determine whether teachers have heard about the practice, are familiar with the practice, and whether they apply the practice in their work. The questionnaire will include a total of 12 practices (6 real ones, e.g., flipped classroom and 6 fictitious, e.g., classroom karaoke), sociodemographic data and data about the school. The data collection started in Mid-April at 15-20 tertiary education institutions in Germany and Austria. Results from teacher candidates from those countries will be presented at the conference.

Expected results

In conclusion, the proposed research design offers an approach to give a rough estimate on the level of teachers’ knowledge about different practices adjusted for the possible desire to answer in a socially desirable way. The results of this analysis could provide insights into how different groups of teachers (i.e., age groups) perceive and apply different practices, as well as how socio-economic factors may be related to these perceptions. Our analysis could also reveal factors that are related to the accuracy (or “inaccuracy”) of self-reported data on teacher practices, such as school subject, cultural background, and teacher beliefs. In general, the discussion will be built around the possibility of expanding the study to other countries and groups of teachers, as well as the practical application of the results.



Abbruchintention im MINT-Studium: Welche Rolle spielt das akademische Selbstkonzept?

C. M. Mumme, L. Leipert, R. Vollmeyer

Goethe Universität Frankfurt am Main, Deutschland

Abstract

Studienabbrecher/innen weisen ein geringes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auf (Fellenberg & Hannover, 2006). In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob das akademische Selbstkonzept einen Effekt auf die Studienabbruchintention von MINT-Studierenden hat. Dazu wurden N = 35 Physik-Studierende am Anfang (MZP1) und am Ende (MZP2) eines Semesters befragt. Mit der Methode der (partiellen) Korrelation wurden querschnittliche Zusammenhänge zwischen dem akademischen Selbstkonzept und der Studienabbruchintention untersucht, sowie mittels einer Regressionsanalyse ob das akademische Selbstkonzept (MZP1) die Studienabbruchintention (MZP2) vorhersagen kann. Während sich nur für den MZP1 eine hohe negative Korrelation zeigte (r = -.60; p < .01), hatte das akademische Selbstkonzept (MZP1) keinen Einfluss auf die Studienabbruchintention (MZP2). In zukünftigen Studien sollten weitere Prädiktoren für die Abbruchintention in MINT-Studiengängen untersucht werden.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund / Fragestellung

Die Abbruchquote von Studierenden ist für keine Fächergruppe höher als für die der MINT-Studiengänge. So liegt die Abbruchquote in der Fächergruppe Mathematik/Naturwissenschaften bei 39 % (Heublein et al., 2017). Es ist daher für diese Fächergruppe dringend, Interventionen aus der Forschung abzuleiten und damit die Abbruchintention der Studierenden zu reduzieren.

Es ist bekannt, dass Studienabbrecher/innen ein geringes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufweisen (Fellenberg & Hannover, 2006). In Bezug auf das akademische Selbstkonzept wird davon ausgegangen, dass Studierende mit wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten beim Auftreten von Hindernissen wenig Anstrengungen auf sich nehmen und eine geringe Ausdauer aufweisen (Brandstätter et al., 2006). Da sich das geringe Selbstkonzept negativ auf die Motivation auswirken kann (Schiefele et al., 2007), kann dadurch das Abbruchrisiko erhöht werden.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob das akademische Selbstkonzept von MINT-Studierenden mit der Studienabbruchintention zusammenhängt. Es sollen querschnittliche Zusammenhänge zwischen dem akademischen Selbstkonzept und der Studienabbruchintention (Fragestellung 1) und die Vorhersage der Studienabbruchintention durch das akademische Selbstkonzept (Fragestellung 2) untersucht werden.

Methode

Aus einer Längsschnittstudie (N = 100) liegen für beide Messzeitpunkte die Daten für n = 35 Physik-Studierende vor. Der Männeranteil überwog mit 65,7 %. Das durchschnittliche Alter lag bei 22,51 Jahren (SD = 3,78).

Das akademische Selbstkonzept (Schöne et al., 2002) und die Studienabbruchintention (Blüthmann et al., 2011; Fellenberg & Hannover, 2006) wurden zu zwei Messzeitpunkten (Anfang und Ende des Semesters) erhoben. Querschnittliche Zusammenhänge wurden mit (partieller) Korrelation berechnet (Fragestellung 1). Der Effekt des Selbstkonzepts (MZP1) auf die Studienabbruchintention (MZP2) wurde mit einer linearen Regression untersucht (Fragestellung 2).

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigten, dass sich am Anfang des Semesters ein starker negativer Zusammenhang zwischen dem akademischen Selbstkonzept und der Studienabbruchintention von r = -.60 (p < .01) abbildet, während am Ende des Semesters keine partielle Korrelation zwischen den Variablen mehr besteht (r = -.07, ns). Entgegen der Erwartung zeigte sich kein Effekt des akademischen Selbstkonzepts (MZP1) auf die Studienabbruchintention (MZP2; β = -.05, ns).

Diskussion / Implikation für die Praxis

Im MINT-Studiengang Physik konnte für den Zusammenhang zwischen dem akademischen Selbstkonzept und der Studienabbruchintention gezeigt werden, dass der querschnittliche Zusammenhang am Anfang des Semesters hoch ausfällt und am Ende des Semesters nicht mehr besteht. Das akademische Selbstkonzept konnte nicht als Prädiktor für die Studienabbruchintention bestätigt werden. In zukünftigen Studien sollten Prädiktoren (z. B. Studienmotivation; Fleischer et al., 2019) für die Abbruchintention in MINT-Studiengängen untersucht werden, um Präventionsmaßnahmen gegen einen tatsächlichen Studienabbruch für die Hochschulpraxis ableiten zu können.



Lernen aus Fehlern im Vorschulalter

C. Burmeister, R. Grassinger

Pädagogische Hochschule Weingarten, Deutschland

Abstract

Für Schüler*innen wird argumentiert, dass Fehlern ein hohes Lernpotenzial immanent ist und dem Aufbau positiven sowie negativen Wissens zuträglich sein kann. Dies ist gemäß dem Prozessmodell zum Lernen aus Fehlern besonders dann der Fall, wenn Schüler*innen affektiv-motivational adaptive und handlungsadaptive Fehlerreaktionen zeigen. Auch Vorschüler*innen machen Fehler – beispielsweise im Rahmen eines Vorschulprogramms. Inwieweit Fehlerreaktionen von Vorschüler*innen sich ebenso in affektiv-motivational adaptive und handlungsadaptive Fehlerreaktionen trennen lassen und wovon adaptive Reaktionen beeinflusst sind, ist bis dato nicht untersucht und steht im Fokus der Arbeit. Untersucht wurde dies anhand eines standardisierten spielbasierten Interviews mit N=41 Vorschulkindern. Die Befunde zeigten, dass Kinder im Vorschulalter adaptiv auf Fehler reagieren und insbesondere handlungsadaptive Fehlerreaktionen durch kognitive Fähigkeiten und das wahrgenommene Fehlerklima im Vorschulprogramm vorhergesagt werden können.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

Fehler äußern sich in alltäglichen Lernprozessen – auch bei Vorschulkindern, beispielsweise im Rahmen eines Vorschulprogramms. Fehler sind besonders dann einem Wissensaufbau zuträglich, wenn Kinder aus ihnen lernen (Hascher & Hagenauer, 2010; Spychiger et al., 2006). Dies gelingt gemäß dem Prozessmodell eines individuellen Lernens aus Fehlern nach Tulis et al. (2016) dann, wenn Lernende affektiv-motivational adaptiv und handlungsadaptiv auf Fehlerfeedback reagieren (Dresel et al., 2013; Steuer et al., 2013). Fehlerreaktionen werden beeinflusst von verschiedenen individuellen Determinanten (ebd.). Empirische Evidenz hierfür liegt vorwiegend für den Schulkontext vor (Dresel et al., 2013; Grassinger & Dresel, 2017; Grassinger et al., 2015; Steuer, 2014; Tulis et al., 2016). Angesichts sich stark entwickelnder Kompetenzen und entwicklungspsychologischer Veränderungen individueller Determinanten für ein Lernen aus Fehlern (Artelt et al., 2012; Fischer & Rustemeyer, 2007; Holodynski et al., 2013; Lockl & Schneider, 2003; Spinath & Spinath, 2005), lassen sich empirische Befunde von Schulkindern nicht einfach auf Vorschulkinder übertragen. Entwicklungspsychologisch betrachtet bilden sich bedeutsame individuelle Determinanten für ein Lernen aus Fehlern bei Schüler*innen erst im Verlauf des Grundschulalters aus. Für ein Lernen aus Fehlern im Vorschulalter äußern sich vermutlich andere individuelle Determinanten. Sowohl kognitive Fähigkeiten als auch metakognitives Wissen sind als persönliche Einflussfaktoren auf Fehlerreaktionen im Prozessmodell nach Tulis et al. (2016) postuliert und differenzieren sich bereits im Vorschulalter aus (Kray & Schneider, 2018).

Nach Tulis und Kolleg*innen (2016) sind Fehlerreaktionen auch abhängig von kontextuellen Determinanten wie dem Fehlerklima. Empirische Evidenz für die Wahrnehmung des Fehlerklimas im Klassenzimmer liegt ebenfalls vorwiegend für den Primar- und Sekundarstufenbereich vor (Steuer, 2014; Steuer et al., 2013) und kann aufgrund der unterschiedlichen Gestaltung von Lernprozessen nicht einfach von der Schule auf Kindertageseinrichtungen abgeleitet werden.

Fragestellung

Im Fokus der Arbeit steht, inwieweit sich Fehlerreaktionen von Vorschulkindern in affektiv-motivational adaptive und handlungsadaptive Fehlerreaktionen trennen lassen und welche individuellen sowie kontextuellen Determinanten adaptive Fehlerreaktionen im Vorschulalter vorhersagen.

Methode

Es wurden affektiv-motivational adaptive und handlungsadaptive Fehlerreaktionen, kognitive Fähigkeiten, metakognitives Wissen und die Wahrnehmung des Fehlerklimas im Vorschulprogramm von N=41 Vorschulkindern anhand eines spielbasierten standardisierten Interviews erfasst. Hierzu wurden pro Kind vier Aufgaben mit dem Lernspiel miniLÜK® bearbeitet. Affektiv-motivational adaptive Fehlerreaktionen wurden über die Valenz nach jeder bearbeiteten Aufgabe erfasst. Handlungsadaptive Fehlerreaktionen wurden über und die Angabe der Lust auf die nächste Aufgabe und metakognitives Wissen (6 Items) sowie die wiederholte Bearbeitung fehlerhafter Aufgaben gemessen. Insgesamt handelt es sich verstärkt um handlungsbezogene Konstrukte. Durchgeführt wurden überwiegend Korrelationsanalysen.

Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse liefern erste empirische Befunde dahingehend, dass sich affektiv-motivational adaptive und handlungsadaptive Fehlerreaktionen im Vorschulalter trennen lassen (r=.43, p<.01). Weiter zeigt sich, dass kognitive Fähigkeiten mit handlungsadaptiven Fehlerreaktionen statistisch signifikant korrelieren (r=-.39, p=.01). Zudem ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen handlungsadaptiven Fehlerreaktionen und dem wahrgenommenen Fehlerklima im Vorschulprogramm (r=.28, p=.04).

Entgegen der Erwartung zeigt sich keine bedeutsame Korrelation zwischen handlungsadaptiven Fehlerreaktionen und metakognitivem Wissen. Als Limitation der Arbeit muss berücksichtigt werden, dass die individuellen Determinanten und das Fehlerklima über Subtests erhoben wurden.



Dynamic testing of arithmetical learning

A. Kreyes1, L. Kuhr3, L. Küttner3, F. Ladisch2, M. Börnert-Ringleb2, J. Wilbert3, C. Mähler1

1Universität Hildesheim, Deutschland; 2Leibniz Universität Hannover, Deutschland; 3Universität Potsdam, Deutschland

Abstract

With inclusion becoming an important goal in educational institutions, teachers are gradually expected to differentiate their teaching methods according to the various abilities and needs of their students. The poster outlines a project aiming to supply a dynamic test in order to support elementary teachers in exploring the learning requirements and potentials in the arithmetic skills of their students. The major focus of the project is to investigate the usefulness of this method for educational planning. The poster submitted here will show the development of the dynamic test and point out first results indicating it’s appropriacy.

Zusammenfassung

Theoretical background and research questions

The current state of diagnostic tools is often criticized for only diagnosing deficits in children’s development but not providing insights into the needs of students or their zone of proximal development (Börnert-Ringleb & Wilbert, 2021). Dynamic testing (further noted as DT) might depict an alternative to traditional testing. In DT, different hints (further noted as prompts) are systematically integrated into the testing process (Resing, 2013; Sternberg & Grigorenko, 2002). So far, the existing body of research in dynamic testing mainly focused on cognitive abilities. Only few studies applied dynamic testing in the context of domain-specific processes (e.g. Cho et al., 2014; Fuchs et al., 2008). Therefore, this submission aims at providing insights into the development of a dynamic test that captures arithmetic abilities regarding addition, subtraction and multiplication of elementary students. The scheme of prompts is based on the development of arithmetical strategies involving counting and calculation strategies (see Aebli, 1976; Siegler & Shrager, 1984) and is meant to also detect deficits in basic numeric skills (see Schneider, Küspert & Krajewski, 2021; DeHaene, 1992). Each prompt provides assistance for solving the task with the first prompt addressing the highest level of arithmetical skills while the last prompt addresses the lowest. The poster will present the first exploration of the prompt scheme’s usefulness for solving the tasks chosen for the DT.

Method

A quasi-experimental design was applied and N = 45 teachers were devided in three groups. They were either asked to use DT or a traditional testing or their everyday observations to develop educational plans for three students from their classes (grade 3), who had been identified as low-achieving in mathematics before (N = 135 students). The 15 teachers using DT also protocolled for each student (N = 45) on which prompting level each task was solved. The recording sheets were examined regarding the frequency of the different prompts leading to successfully solving a task.

Results and implications

First analyses reveal that most students did not need any prompts for addition and subtraction tasks regarding the number range up to 20. Furthermore, the prompts regarding counting strategies appear to be the least helpful for solving all tasks. A focus on the number range up to 100 and multiplication tasks in further development seems to be indicated.



Debiasing von Ankereffekten bei Lehrpersonen zur Unterstützung angemessener Rezeption von Evidenz. Eine kausale Mediationsstudie.

K. Bohrer, K. Schmidt, S. Merk

Pädagogische Hochschule Kalrsruhe, Deutschland

Abstract

Da evidenzinformierte Schulpraxis große Vorteile für, beispielsweise, Entwicklungen oder herausfordernde Situationen mit sich bringt, werden Lehrpersonen dazu angehalten, sich mit Evidenz auseinanderzusetzen. Jedoch stehen sie hierbei zahlreichen Barrieren wie verzerrten Wahrnehmungen gegenüber, zu denen auch der Ankereffekt zählt. In experimentellen Studien wurde starke Evidenz für eine Abwertung der Validität von Studien mit kleinerer Stichprobengröße nach der Rezeption von Studien mit großen Stichproben gefunden (Ankereffekt). Davon ausgehend wird nun in einem concurrent double randomization design ein potentieller Debiasing-Mechanismus untersucht. Die Ergebnisse bieten das Potenzial, Empfehlungen für die Kommunikation von Forschungsergebnissen abzuleiten, die trotz des allgegenwärtigen Ankereffekts einen erfolgreichen Umgang mit Evidenz ermöglichen.

Zusammenfassung

Theoretischer und empirischer Hintergrund

Evidenzinformierte Schulpraxis birgt große Potenziale für Schulentwicklung, die Professionalisierung von Lehrpersonen oder für einen gelingenden Umgang mit herausfordernden Situationen (Brown et al., 2017). Dennoch stehen Lehrpersonen vor zahlreichen Barrieren, wenn sie in ihrem Alltag mit Evidenz umgehen. Diese können externe (z.B. fehlende Zeit [van Schaik et al., 2018]) oder individuelle (z.B. gering ausgeprägte Kompetenzen [Evans et al., 2017]) Faktoren betreffen. Zu letzterem zählen auch Heuristiken, wie der Ankereffekt, demzufolge ein numerisches Urteil an einen zuvor bekannten Vergleichsmaßstab angepasst wird (Tversky & Kahneman, 1974). Insgesamt in vielen Domänen beforscht und für einen äußerst robusten Effekt befunden (z.B. Mochon & Frederick, 2013; Mussweiler, 2001), wurde bisher weder das Auftreten des Ankereffekts im Kontext evidenzinformierter Schulpraxis untersucht noch davon ausgehend der Umgang seitens der Forschung im Sinne einer Debiasing-Strategie (Soll et al., 2015). Daher wurde in einem ersten Schritt in zwei vorherigen experimentellen Studien analysiert, inwieweit verschiedene Anker die Rezeption von Evidenz durch Lehramtsstudierende beeinflussen. Beide Studien zeigten starke Evidenz für große Ankereffekte. Die Relevanz dieser Ergebnisse lässt sich anhand eines Beispiels verdeutlichen: Wenn (angehende) Lehrpersonen überwiegend mit Studien mit großen Stichproben vertraut sind (wie Large-Scale-Assessments), kann dies als Anker wirken und zu einer Abwertung von (z.B. experimentellen) Studien mit geringeren Stichproben führen, obwohl diese aufgrund großer Effekte eine ausreichende statistische Power aufweisen.

Fragestellung und Methode

In einem zweiten Schritt wird in einem concurrent double randomization design (Pirlott & MacKinnon, 2016) der Mechanismus untersucht, der hinter diesem Ankereffekt liegt. Die Teilnehmenden erhalten in einem Online-Experiment sequentiell zwei Forschungsberichte mit randomisierten Themen (Lernstile, Forschendes Lernen) und Stichprobengrößen (N = 15 oder N = 500). Sie werden anschließend gebeten, die Angemessenheit der Stichprobengröße auf einer 7-stufigen Likert Skala zu bewerten, wobei die Stichprobengröße des ersten Forschungsberichts als unabhängige Variable und die Angemessenheitsbewertung der zweiten Stichprobengröße als abhängige Variable fungieren. Dazwischen, so die Hypothese, wirkt die implizit erwartete Stichprobengröße des zweiten Forschungsberichts (“Ankereffekt”) als Mediator. Um dies kausal zu überprüfen, wird auch der Mediator between-person randomisiert (encouragement [EC], discouragement [DC, z.B. “In experimentellen Studien sind bereits kleine Stichproben ausreichend, um große Effekte aufzudecken"], Kontrollbedingung [K]) den Teilnehmenden zwischen den beiden Forschungsberichten präsentiert. Dieses Verfahren resultiert also in einem 2 x 3 between-person Design. Proband:innen werden über einen Paneldienstleister rekrutiert. Da keine a priori Annahmen über die zu erwartenden Effektstärken gemacht werden können, wird die Stichprobengröße via Bayesian Updating mit einer Region of Practical Equivalenz von ACME bzw. ADE ∈ [-.1; .1] bestimmt.

Diskussion

Die Ergebnisse der Studie sollen ermöglichen, hinter die Mechanismen der Abwertung oder Aufwertung von Stichprobengrößen zu blicken, die der Ankereffekt bei Lehrpersonen beim Umgang mit Evidenz bewirkt. Davon ausgehend können Empfehlungen im Sinne von Debiasing-Strategien für die (Wissenschafts-)Kommunikation von Primärforschung an Lehrpersonen gegeben werden.



Was Luxemburgs Grundschulen richtig machen: Ein Value-Added-Vergleich im luxemburgischen Schulkontext

V. Emslander, J. Levy, A. Fischbach

Universität Luxemburg, Luxemburg

Abstract

Luxemburgs Bildungssystem ist geprägt von multi-kulturellen und vielsprachigen Schüler:innen und einem zweimaligen Wechsel der Instruktionssprache. Dies führt zu sehr unterschiedlichen Voraussetzungen für die Schullaufbahn der Schüler:innen.

Das Ziel des vorliegenden SIVA-Projekts (Systematic Identification of High Value-Added in Educational Contexts) ist herauszufinden, welche pädagogischen Strategien Schulen mit hohen Value-Added (VA)-Werten für Schuleffektivität anwenden und was andere Schulen von ihnen lernen können, um diese Ungleichheiten abzubauen.

Zuerst ermittelten wir 16 Schulen, die stabil hohe, mittlere oder niedrige VA-Werte aufwiesen. Danach sammelten wir Daten anhand von Fragebögen und Unterrichtsbeobachtungen über pädagogische Strategien und das Schulklima und glichen sie mit repräsentativen Schulmonitoringergebnissen ab.

Wir werden das SIVA-Projekt, seine Ziele und Besonderheiten diskutieren, die zu unserem reichhaltigen Datensatz aus sechs Perspektiven führte.

Zusammenfassung

In einem multi-kulturellen und vielsprachigen Land wie Luxemburg können leicht Bildungsungleichheiten entstehen. Unterschiedliche zu Hause gesprochene Sprachen, Migrationshintergründe oder der sozioökonomische Status einer Familie können zu ungleichen Erfolgschancen in der Schule werden. Gepaart mit einem Schulsystem, in dem zweimal die Instruktionssprache gewechselt wird, führt diese Vielfalt zu unterschiedlichen Voraussetzungen für das Erlernen von Mathematik und Sprachen und prägt somit die Schullaufbahn der Schüler:innen (Hadjar & Backes, 2021). Diese Gemengelage ist einerseits herausfordernd für Schüler:innen, Lehrkräfte und Schulen, zeigt aber andererseits, dass es gelingende soziale und pädagogische Praktiken geben muss, diese Herausforderungen zu meistern, da die Schulen weiterhin effektiv arbeiten.

In den USA wurde Schuleffektivität häufig mit Value-Added-Werten (VA) quantifiziert, welche durch ihre Instabilität zu ungerechtfertigten Finanzierungs- und Personalentscheidungen führten (Emslander, Levy, Scherer, et al., 2022). Ziel des Projekts Systematic Identification of High Value-Added in Educational Contexts (SIVA; Emslander, Levy, & Fischbach, 2022) ist es, dieses repressiv genutzte Instrument der VA-Werte konstruktiv anzuwenden. VA ist ein statistisches Regressionsverfahren, um die Effektivität von Schulen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Schüler:innenhintergründe gerecht zu schätzen. Wir untersuchten, (1) was hocheffektive Schulen "richtig" machen und (2) was andere Schulen von ihnen lernen können, um Ungleichheiten abzubauen. In Zusammenarbeit mit der Section Qualité Scolaire des Observatoire National de l’Enfance, de la Jeunesse et de la Qualité Scolaire, untersuchten wir die Unterschiede zwischen Schulen mit stabil hohen, mittleren oder niedrigen VA-Werten aus verschiedenen Perspektiven.

Zunächst haben wir 16 Schulen ermittelt, die über zwei Jahre hinweg stabile hohe, mittlere oder niedrige VA-Werte aufwiesen. Als Zweites sammelten wir Fragebogen- und Unterrichtsbeobachtungsdaten über ihre pädagogischen Strategien, den Hintergrund der Schüler:innen und das Schulklima. Als Drittes glichen wir unsere Daten mit den Ergebnissen des luxemburgischen Schulmonitorings ÉpStan (LUCET, 2021) ab. Wir haben die Variablen auf der Grundlage von Lernmodellen ausgewählt, die sich auf Aspekte wie die Schulorganisation oder das Klassenmanagement konzentrieren (z.B. Hattie, 2008; Klieme et al., 2001). Darüber hinaus untersuchten wir die Besonderheiten des luxemburgischen Schulsystems, die in internationalen schulischen Lernmodellen nicht vertreten sind (z. B. die Einteilung in zweijährige Lernzyklen, die mehrsprachige Schulumgebung und die vielfältige Schülerschaft).

Wir werden das SIVA-Projekt, seine Ziele und Besonderheiten diskutieren, die zu Daten aus 49 Klassenzimmerbeobachtungen und Fragebögen mit über 500 Zweitklässler:innen, ihren Eltern, 200 Lehrkräften sowie Schulleiter:innen und Schulaufsichtsbehörden führte.

Literature

Emslander, V., Levy, J., & Fischbach, A. (2022). Systematic Identification of High “Value-Added” in Educational Contexts (SIVA). https://doi.org/10.17605/OSF.IO/X3C48

Emslander, V., Levy, J., Scherer, R., & Fischbach, A. (2022). Value-added scores show limited stability over time in primary school. PLOS ONE, 17(12), e0279255. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0279255

Hadjar, A., & Backes, S. (2021). Bildungsungleichheiten am Übergang in die Sekundarschule in Luxemburg. https://doi.org/10.48746/BB2021LU-DE-21A

Hattie, J. (2008). Visible Learning: A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement (0 ed.). Routledge. https://doi.org/10.4324/9780203887332

Klieme, E., Schümer, G., & Knoll, S. (2001). Mathematikunterricht in der Sekundarstufe I: “Aufgabenkultur” und Unterrichtsgestaltung. TIMSS - Impulse für Schule und Unterricht, 43–57.

LUCET. (2021). Épreuves Standardisées (ÉpStan). https://epstan.lu



Studien lesen leicht gemacht: Förderung des Verstehens und Beurteilens der funktionalen Struktur informeller wissenschaftlicher Argumente

H. Münchow, A. G. Wertgen, S. P. Tiffin-Richards, T. Richter

Universität Würzburg, Deutschland

Abstract

Ein kompetenter Umgang mit wissenschaftlichen Texten ist ein wichtiger Aspekt wissenschaftlicher Grundbildung und eine zentrale Anforderung in vielen Studienfächern. Relevante Fähigkeiten hierfür umfassen das Entschlüsseln der funktionalen Struktur von informellen Argumenten sowie die akkurate Beurteilung ihrer Plausibilität. In dieser Studie wurde die Wirksamkeit zweier Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung des Verstehens und Bewertens informeller Argumente mithilfe eines experimentellen Prä-Post-Kontrollgruppendesigns evaluiert. Insgesamt 123 Universitätsstudierende absolvierten eine von zwei Trainingsmaßnahmen oder eine Kontrollbedingung. Als abhängige Variablen wurden das Verstehen und Bewerten informeller Argumente eine Woche vor dem Training, direkt nach dem Training sowie vier Wochen nach dem Training gemessen. Es zeigten sich positive Trainingseffekte für das Entschlüssen der funktionalen Struktur der Argumente. Diese Befunde implizieren, dass bereits niedrigschwellige, einfach durchzuführende Trainingsmaßnahmen effektiv sein können.

Zusammenfassung

Die Fähigkeit, wissenschaftliche Argumente zu verstehen und kritisch zu bewerten, ist nicht nur ein zentraler Aspekt der wissenschaftlichen Grundbildung („scientific literacy in it’s fundamental sense“; Norris & Phillips, 2003, S. 224), sondern auch wichtig in der Hochschulbildung, da ein kompetenter Umgang mit wissenschaftlichen Texten für Studierende in vielen Studienfächern obligatorisch ist. Die dafür notwendigen Kompetenzen umfassen u. a. ein tiefergehendes Verständnis über die funktionale Struktur von informellen wissenschaftlichen Argumenten sowie die Fähigkeit, die interne Konsistenz solcher Argumente korrekt einzuschätzen und ihre Plausibilität zu beurteilen (Britt et al., 2014). Studierende erhalten jedoch in der Regel weder in der Schule noch in der Hochschule eine formale Ausbildung im Verstehen und Bewerten von Argumenten (Osborne, 2010), obwohl diese Fähigkeiten positiv mit Studienerfolg korrelieren (Münchow et al., 2019).

Das Ziel dieser Studie war es, die Effektivität zweier computerbasierter Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung des Verstehens und Bewertens wissenschaftlicher Argumente zu untersuchen (von der Mühlen et al., 2019; Münchow et al., 2023). Das Argumentstrukturtraining vermittelt Wissen über die funktionale Struktur wissenschaftlicher Argumente auf der Grundlage des Argumentationsmodells von Toulmin (1958). Studierende trainieren dabei verschiedene funktionale Argumentkomponenten zu erkennen und korrekt zuzuordnen. Das Argumentbewertungstraining vermittelt Wissen über eine akkurate Beurteilung der internen Konsistenz informeller Argumente (z. B. Relevanz und Vollständigkeit einer Begründung für eine Behauptung) und klärt über typische Argumentationsfehler auf. In der Studie wurde ein experimentelles Prä-Post-Kontrollgruppendesign mit einer Follow-Up-Messung verwendet. Insgesamt N = 123 Studierende in drei Erhebungswellen absolvierten zufällig entweder das Argumentstrukturtraining, das Argumentbewertungstraining oder als Kontrollbedingung einen Online-Selbsttest zur Studiengangspräferenz. Die Fähigkeit der Studierenden, die funktionale Struktur von informellen wissenschaftlichen Argumenten zu erkennen sowie die Fähigkeit, die Plausibilität solcher Argumente zu beurteilen, wurden mithilfe zweier computerbasierter Testverfahren (Münchow et al., 2019; 2020) dreimal gemessen: eine Woche vor dem Training (Prä-Messung), direkt nach dem Training (Post-Messung) und 4 Wochen danach (Follow-Up-Messung). Für das Argumentstrukturtraining zeigte sich ein positiver Trainingseffekt zur Post-Messung: Studierende, die das Argumentstrukturtraining absolvierten, zeigten im Vergleich zur Kontrollbedingung und zur anderen Trainingsbedingung im Mittel signifikant bessere Leistungen. Für das Argumentbewertungstraining zeigten die Studierenden eine Verbesserung der Leistungen in der Post-Messung unabhängig von der Intervention. Am stärksten profitierten dabei jedoch Studierende durch das Argumentbewertungstraining. Analysen zu möglichen Langzeiteffekten (Follow-Up-Messung) sowie interindividuellen Einflussfaktoren, die die unterschiedlichen Trainingsmuster erklären könnten, werden vorbereitet.

Die bisherigen Befunde deuten jedoch darauf hin, dass sich bereits mithilfe niedrigschwelliger und einfach durchzuführender Trainingsmaßnahmen das Verstehen und Bewerten wissenschaftlicher Argumente verbessern lässt.



Erfassung der mentalen Gesundheitskompetenz bei Kindern und Jugendlichem im deutschen Sprachraum – Übersetzung und Validierung des Mental Health Literacy questionnaire (MHLq)

A. Edelmann1, L. Eppelmann1, J. Piloth1, B. Rückert2, M. Wessa1,2

1Leibniz-Institut für Resilienzforschung (LIR) gGmbH, Mainz, Deutschland; 2Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Deutschland

Abstract

Die Förderung der mentalen Gesundheitskompetenz (mGeKo) stellt einen wichtigen Ansatz dar, Kinder und Jugendliche in ihrer Gesundheit zu stärken und sie zu mündigen BürgerInnen zu befähigen; Schule als Lern- und Lebenswelt kommt eine wichtige Rolle in der Förderung entsprechender Kompetenzen zu.

Aktuell existiert in Deutschland kein Instrument, das die mGeKo in diesem Altersbereich valide und umfassend erfasst. Der Mental Health Literacy questionnaire von Campos et al. (2016) wurde vom Englischen ins Deutsche übersetzt und zur Bestimmung testtheoretischer Gütekriterien bei Kindern im Alter von 10 bis 18 Jahren eingesetzt. Erste Analysen deuten darauf hin, dass die Skala auch in der deutschen Fassung ein reliables und valides Instrument zur Erfassung der mGeKo für Kinder und Jugendliche ist.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund: Das Konzept der Gesundheitskompetenz (GeKo) umfasst Fähigkeiten und Kompetenzen von Individuen im Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen (Sørensen et al., 2012). Die mentale Gesundheitskompetenz (mGeKo) fokussiert die Teilbereiche Wissen zur Prävention, Erkennung und Behandlung von psychischen Störungen, Wissen und Fähigkeiten zur Selbsthilfe und Unterstützung von Betroffenen (Jorm, 2020). Mit dem Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz wurde 2018 eine umfassende Strategie zur nachhaltigen Stärkung der GeKo in Deutschland herausgegeben. Thematisiert wird dort auch die besondere Rolle des Bildungssystems. Eine Förderung der mGeKo im Schulkontext könnte einen Beitrag zur Reduktion sozialer Ungleichheiten in der Gesundheit junger Menschen leisten, indem Stigmata abgebaut und das Hilfesuchverhalten gestärkt werden (Patafio et al., 2021). Aktuell stehen zwar internationale, jedoch (noch) keine deutschen Messinstrumente zur Verfügung, die das gesamte Konstrukt abbilden und sich als reliabel und valide in der Erfassung der mGeKo bei Kindern und Jugendlichen erweisen (Kucera et al., 2023). Der Mental Health Literacy questionnaire (MHLq, Campos et al., 2016) kann als inhaltlich valide, reliabel sowie änderungssensitiv bei 11- bis 17-Jährigen angesehen werden. Die im Original portugiesische Skala, die bereits ins Englische übersetzt wurde, umfasst drei Subskalen: Wissen und Stereotype, Erste-Hilfe-Fähigkeiten und Hilfesuchverhalten, sowie Selbsthilfestrategien.

Fragestellung: Erweist sich eine deutsche Übersetzung des MHLq als geeignet für den Einsatz bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland?

Methode: Die englische Version des MHLq wurde ins Deutsche übersetzt und wird in einer noch laufenden Studie bei 10- bis 18-Jährigen eingesetzt (aktuell N = 252, angestrebte Stichprobengröße N = 350). Zur Bestimmung psychometrischer Gütekriterien werden die Faktorenstruktur, die internen Konsistenzen, sowie Zusammenhänge mit dem intendierten Hilfesuchverhalten, allgemeiner Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) und Symptomen von Stress analysiert.

Ergebnisse: Basierend auf der aktuellen Stichprobe zeigen sich folgende Ergebnisse: Eine explorative Faktorenanalyse der 33 übersetzten Items legt eine dreifaktorielle Lösung mit 32 Items nahe. Der Fragebogen weist akzeptable interne Konsistenzen auf: Gesamtwert α=.77, Faktor 1 Stereotype α=.66, Faktor 2 Erste-Hilfe-Fähigkeiten und Hilfesuchverhalten α=.75, und Faktor 3 Wissen (über Symptome, Risikofaktoren und Selbsthilfe) α=.74. Es liegen positive Korrelationen mit dem intendierten Hilfesuchverhalten und der SWE vor; ein Zusammenhang zur Stresssymptomatik zeigte sich nicht.

Diskussion und Implikation für Theorie und Praxis: Mit dem MHLq steht nun ein Instrument zur Erfassung der mGeKo bei Kindern und Jugendlichen in deutscher Sprache zur Verfügung. Die Ergebnisse bestätigen die interne Konsistenz der Skala wie auch die Konstruktvalidität, die zwischen der deutschen und der Originalversion abweichenden Faktorladungen stehen im Einklang mit dem Konstrukt. Sie liefern zudem Hinweise auf diskriminante und konvergente Validität.



Test-Potentiated Learning of Key-Term Definitions: On the Role of Self-regulated Relearning and Learning Strategies

A. Timmermann1, F. Hahne2, R. Gaschler3, M. de Jonge4, V. Kubik2

1Bielefeld University, Germany; 2University of Würzburg, Germany; 3FernUniversiät in Hagen, Germany; 4Leiden University, Netherlands

Abstract

In the present study, we investigated the potentiating effect of interim tests on self-paced relearning of complex study material. To this end, we conducted an online experiment in which participants initially studied key-term definitions and then either retrieved the key-terms’ definitions or not (i.e., performed a distractor task). After self-paced relearning of the key-term definitions, participants completed a final recall test. The results demonstrated that interim test enhanced the immediate learning outcome and the self-reported use of metacognitive learning strategies. Importantly, metacognitive strategies mediated the observed benefit of test-potentiated learning. This study showed that taking an interim test is an effective learning technique that not only consolidates knowledge but also potentiates self-paced, remedial relearning of previously studied materials.

Zusammenfassung

Background: Interim tests can potentiate subsequent relearning of simple study materials (Arnold & McDermott, 2013a, 2013b; Wissman & Rawson, 2018). If learners unsuccessfully attempt to retrieve previously learned information, they more likely notice knowledge gaps and target them for remedial relearning (Soderstrom & Bjork, 2014). Thus, test-potentiated learning may benefit the learning outcome by generating more accurate metacognitive knowledge and regulating subsequent restudy behaviour (Roediger et al., 2011).

Aims: In this study, we examined whether interim tests enhance self-paced remedial relearning and thereby the immediate learning outcome. Importantly, we investigated whether self-reported learning strategies, self-paced remedial relearning time, and intrinsic motivation mediated this benefit of test-potentiated learning of key-term definitions as a proxy for more complex learning materials.

Method: A within-subjects design with practice type (retrieval task vs. distractor task) as the independent variable was applied. The main dependent variable was the learning outcome (i.e., proportion correctly recalled idea units) on an immediate posttest. In total, 49 students participated in an online experiment. In each of two sessions (with a delay of 1 week), they studied 12 key-term definitions and then either retrieved the key-terms’ definitions or not (i.e., performed a distractor task). After self-paced relearning of the key-term definitions, participants completed a final recall test. Various learning process measures (e.g., use of study strategies, intrinsic motivation) were assessed after the manipulation phase.

Results: Interim tests enhanced the immediate learning outcome, and the following learning process measures: self-reported use of metacognitive learning strategies, self-paced relearning time (i.e., nonrecalled key-term definitions were relearned longer than recalled key-term definitions), and intrinsic motivation (i.e., interest and enjoyment were higher following a retrieval task than a distractor task). Importantly, only the self-reported use of metacognitive strategies, but neither self-paced relearning time nor intrinsic motivation, mediated the benefit of test-potentiated learning.

Discussion: The present study demonstrated the benefit of test-potentiated learning with key-term definitions and showed that retrieval practice is an effective learning technique that not only consolidates knowledge but also potentiated remedial relearning of previously studied materials. Even though we did not find any mediating effect of self-paced relearning time per se, our results indicated that students spent more time on remedial relearning key-term definitions that they did not recall on the interim test.

Implications: Contributing to evidence-based learning and teaching, our study emphasizes the importance of testing and the role of metacognitive knowledge for remedial relearning.



Triangulating effects of mothers’ societal- and heritage-based acculturation attitudes, dual language communicative skills and home-literacy practices onto their children’s societal and heritage vocabulary outcomes

J. C. Weiner, L. T. Schächinger Tenés, A. Grob, R. K. Segerer

Universität Basel, Schweiz

Abstract

Immigrant children must learn the majority-based societal-language (SLA) alongside acquiring their family's heritage-language (HLA). Although research underscores that parent-child communication greatly advances language-learning, families differ in how they impart language-skills to their children based on parental acculturation-attitudes and/or practices.

We examined 29 dual-language-learning children (ages 44–71 months) from culturally-diverse backgrounds plus their mothers. We found that mothers who self-reported strong SLA-communication-skills engaged more in SLA-based home-literacy-activities. HLA-based home-literacy-activities were more frequent in mothers with strong heritage-oriented acculturation-attitudes. Furthermore, dual-language-learning children whose mothers reported both high societal-oriented acculturation-attitudes and SLA-communication-skills showed better productive-level vocabulary SLA-outcomes. However, productive-level vocabulary HLA-outcomes were primarily driven by increased HLA-based home-literacy-activity frequencies. Determined effects are discussed with implications for early childcare and education contexts.

Zusammenfassung

Immigrant children must learn the majority-based societal-language (SLA) alongside acquiring their family's heritage-language (HLA) (Paradis et al., 2020). Strong SLA language-skills are particularly crucial for later academic success (Hoff, 2013). Although research underscores that parent-child communicative interactions, such as story-telling or engaging in home-literacy-activities, greatly advances children’s language-learning (Niklas & Schneider, 2013), families differ in how they impart language-skills to their children based on parental acculturation-attitudes and/or practices (Cote & Bornstein, 2014; Troesch et al., 2021). To date, it is still unclear how immigrant children’s language skills progress depending on their parents’ acculturation-attitudes and their self-reported SLA-/HLA-communication-skills, and how these related to the parents’ use of home-literacy-activities in SLA and/or HLA.

In this study, we examined 29 dual-language-learning children (ages 44–71 months) from culturally-diverse backgrounds plus their mothers (i.e., primary caregivers). Families spoke Italian or Turkish as HLA and (Swiss-)German or French as SLA. Mothers completed a survey assessing specific societal- and heritage-oriented acculturation-attitudes, SLA- and HLA-based communication-skills via self-report, and how often they engaged in home-literacy-activities for SLA and HLA with their children (plus maternal education). Children’s productive vocabulary outcomes in SLA and HLA were evaluated via cross-language parallelized adaptive testing. Additionally, we assessed children’s age, gender, nonverbal-IQ, and SLA-/HLA-exposure as covariate-variables.

Data was examined using multiple-linear-regression-analyses with interaction-effects. We found that dual-language-learning children’s mothers who self-reported strong SLA-communication-skills engaged more in SLA-based home-literacy-activities with their children (p<.001), irrespective of acculturation-attitudes (ps>.62). In contrast, HLA-based home-literacy-activities were more frequent in mothers with strong heritage-oriented acculturation-attitudes (p=.04), regardless of mothers’ HLA-communication skills (p=.37). Furthermore, dual-language-learning children, whose mothers reported both high societal-oriented acculturation-attitudes together with high SLA-communication-skills, showed better SLA-productive-level vocabulary outcomes (p=.014). However, productive-level vocabulary HLA-outcomes were primarily driven by increased HLA-based home-literacy-activity frequencies (p=.047).

The present findings show that mothers of dual-language-learning children seem to engage in home-literacy-activities within the SLA and/or HLA for different reasons: Heritage-oriented mothers likely use home-literacy-activities to strengthen HLA-language-skills and to impart heritage-culture and -knowledge. In turn, immigrant children’s mothers who themselves are well-versed in SLA and hold rather societally-oriented acculturation-attitudes work to convey SLA-language-skills.

Understanding the specific motivations as to why and how immigrant parents, and especially mothers, impart particular language-skills to their young children likely helps to develop tools to assist children’s dual-language-learning processes. Additionally, this research shows that particularly children from heritage-culture-oriented homes likely could benefit from strong SLA-based literacy-activities in childcare to boost their SLA-language-learning trajectories.



Motivationale und kognitive Effekte einer immersiven Virtual-Reality Lernumgebung

F. Kapp1, P. Spangenberger2

1Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Kiel, Deutschland; 2Technische Universität Berlin, Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre

Abstract

Virtual-Reality-Umgebungen bieten mit ihrem immersiven Charakter, dem daraus entstehenden Präsenzerleben und der Möglichkeit mit Lerngegenständen zu interagieren viel Potential für den Bildungskontext. Immersive Virtual-Reality (iVR) Lernumgebungen werden dabei theoretisch mit positiven kognitiven und motivationalen Effekten verbunden (z.B. Makransky & Petersen, 2021), gleichzeitig besteht noch empirischer Forschungsbedarf zu den Bedingungen unter denen sich diese positiven Effekte zeigen. Der vorliegende Beitrag stellt zwei empirische Studien vor, die die Effekte einer immersiven Virtual Reality (iVR) Umgebung im Vergleich zum Studium von Text- und Bildmaterial sowie zu einer Präsentation im Klassenzimmer untersuchen. Die Ergebnisse der Studien deuten auf einen motivationalen Nutzen von iVR hin, zeigen aber gleichzeitig, dass die Teilnehmenden der Text/Bild- und der Präsenzpräsentationsgruppe Vorteile beim deklarativen Wissenserwerb gegenüber den iVR-Gruppen hatten.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund und Fragestellung: Basierend auf dem Cognitive Affective Model of Immersive Learning, (Makransky & Petersen, 2021), welches einen Zusammenhang zwischen dem Präsenzerleben und der Agency in immersiven Virtual-Reality (iVR) Umgebungen mit motivationalen Effekten und Wissenserwerb postuliert, stellt der vorliegende Beitrag die Frage, welchen Mehrwert eine iVR Umgebung im schulischen Kontext hat. Dafür wird in einer ersten Studie untersucht, welche motivationalen und kognitiven Effekte eine iVR zum Thema Offshore-Windenergieanlagen im Vergleich zu einer Text/Video Lerngruppe hat. Eine zweite Studie untersucht die motivationalen und kognitiven Effekte der iVR im Vergleich zu einer klassischen Unterrichtsstunde im Präsenzpräsentationsmodus.

Methode: In Studie 1 wurde der Lernerfolg, die Lernmotivation und das Interesse am Thema von 45 Teilnehmenden (24 weiblich, 21 männlich, MWAlter=28.6, SDAlter=5.5) untersucht, welche randomisiert drei verschiedenen Lernumgebungen zum Thema Offshore-Windenergie zugeordnet wurden: 1) Texte/Video, 2) iVR-Anwendung oder 3) IVR-Anwendung + Texte/Video. Der Lernerfolg wurde anhand von Tests zum faktischen (max. 10 Punkte) und konzeptionellen Wissen (max. 11 Punkte) bewertet. Motivationsdaten wurden prä-post durch einen Fragebogen erhoben ( (a) gegenstandsspezifisches Interesse, (b) das tätigkeitsspezifische Interesse - je 3 Items). Darüber hinaus wurden die Teilnehmenden nach ihrem Präsenzerleben befragt (6 Items). In Studie 2 haben 41 Lernende eines Berufsbildungsinstituts (37 männlich, 3 weiblich, 1 nicht-binär, MAlter=20.6, SDAlter=3.6) entweder mit einer iVR-Anwendung zum Thema "systematische Fehlersuche" und "Windenergietechnologie" gelernt (n=22) oder eine Unterrichtsstunde zum Thema besucht (n=19). Die Teilnehmenden reisten entweder zu einer virtuellen-Offshore-Windenergieanlage, fanden das Problem und lösten es in der VR oder erhielten eine Powerpoint-Präsentation zum gleichen Thema. Motivationsdaten wurden prä und post analog zu Studie 1 erhoben. Die Lernleistung wurde anhand eines Tests mit neun Aufgaben (Fakten und Konzeptionelles Wissen, max. 27 Punkte) bewertet. Das Präsenzerleben wurde anhand von 12 Items erhoben (z.B. Raumgefühl, Engagement). In beiden Studien wurde die Oculus Quest 1 als HMD für die Präsentation der iVR verwendet.

Ergebnisse: In Studie 1 zeigte sich, dass Faktenwissen mit der iVR-Anwendung deutlich schlechter erlernt wird als mit Text/Videos bzw. in der kombinierten Lernumgebung (bestehend aus iVR + Text/Videos). Konzeptwissen wurde in allen drei Lernumgebungen gleich gut erlernt. Die Motivation aller Lerngruppen stieg signifikant an, die Teilnehmenden der iVR-Gruppen berichteten zudem ein signifikant höheres Präsenzerleben. Die Studie macht deutlich, dass die Auswahl geeigneter Lerninhalte (konzeptionelles Wissen versus Faktenwissen) und die Einbettung der iVR-Lernanwendung in andere Lernmaterialien wesentlich für den Erfolg von IVR-Lernanwendungen sein können.

In Studie 2 zeigte sich, dass die Präsentation im klassischen Unterricht zu einer signifikant besseren Wissensaneignung führte. Die Motivation sich mit dem Lerngegenstand auseinanderzusetzen wurde wiederum positiv durch die iVR-Lernanwendung beeinflusst. Ein Zusammenhang zwischen Wissenserwerb und dem berichteten Präsenzerleben konnte nicht festgestellt werden. Die fehlende randomisierte Zuordnung der Teilnehmenden zu den Gruppen stellt eine Einschränkung der Studie dar.

Diskussion: Die Ergebnisse der Studien deuten auf einen motivationalen Nutzen von iVR hin, zeigen aber gleichzeitig, dass die Teilnehmenden der Text/Video- und der Unterrichtspräsentationsgruppe Vorteile beim Wissenserwerb von deklarativem Wissen hatten. Erklärungsansätze und zukünftige Forschung werden auf dem Poster diskutiert.



The effect of achievement composition on STEM competencies: Examining the development of scientific literacy and mathematical competence of German students in secondary school

J. Kähler, I. Hahn, O. Köller

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Deutschland

Abstract

We examined the achievement composition effect on the development of scientific literacy and mathematical competence of 5,738 German students in secondary school. We used multilevel modelling in a structural equation modelling framework to estimate doubly latent models which control for both measurement error and sampling error. Results indicate that class-average competence was positively related to students’ individual competence development in secondary school. Composition effects remained significant when we added further control for demographic and background differences between students. When taking school track into account to separate institutional effects from peer spillover effects, we found no peer spillover effect. Thus, the overall achievement composition effect can be traced back on tracking effects.

Zusammenfassung

Theoretical background

A multitude of empirical studies has focused on achievement composition effects. While some studies found positive effects (e.g. Becker et al., 2022; Marks, 2010; Nikolova, 2011), other studies did not (e.g. Hattie, 2002; Thrupp et al., 2002). In an attempt to address the criticism on composition effects – that misspecification lead to phantom effects instead of real composition effects (Dicke et al., 2018) – a recent study by Becker et al. (2022) tested the robustness of composition effects. Their results showed general achievement composition effects and also peer spillover effects after controlling for school track.

Research Questions

In order to expand the results from Becker et al. (2022), we used data of the NEPS (Blossfeld et al., 2011) to answer these research questions:

(1) Are there significant achievement composition effects for the development of scientific literacy and mathematical competence when accounting for measurement and sampling error?

(2) Do composition effects persist when taking covariates into account?

(3) Do composition effects persist when taking school track into account?

Methods

The sample included 5,738 participants (49% female). We used doubly latent models to control for both measurement and sampling error. Competencies in 9th grade displayed the dependent variables. They were predicted by the initial competencies in 6th/7th grade. We included covariates (e.g. social and migration background) on the individual level, and school track on the classroom level.

Results

For both competencies, we found significant composition effects after controlling for measurement and sampling error (science: b = .18, p < .001; math: b = .11, p < .001). Effects decreased for both competencies after adding covariates, but remained significant (science: b = .11, p < .01; math: b = .08, p < .05). However, there were no peer spillover effects after controlling for school track (science: b = .00, p > .05; math: b = -.07, p > .05).

Discussion

We found that class-average competence was positively related to students’ individual competence development. However, when taking school track into account, we did not find significant peer spillover effects. Results are comparable to results of Becker et al. (2022), who found substantial variation between different competence domains. Composition effects were particularly evident for language competencies, while most effects on STEM competencies were not significant after adding school track. This supports the assumption that composition effects differ for different competencies. Thus, further domain-specific analysis on composition effects and their underlying mechanisms are needed.



Sharing Morals: Moralisches Selbstkonzept, Teilverhalten und explizite Bewertungen moralischer Abweichungen bei Kindern mit und ohne Geschwister

T. Schiele1, N. Christner1, A. Mues1, E. Birtwistle2, A. Wirth1, M. Paulus1, F. Niklas1

1LMU München, Deutschland; 2University of Nottingham, UK

Abstract

Die Studie analysiert die Entwicklung des moralischen Selbstkonzepts und prosozialen Verhaltens von fünfjährigen Kindern in Bezug auf deren Teilverhalten, Bewertung und potentielle Bestrafung eines dritten Kindes sowie deren sozio-emotionalen Kompetenzen. Die Daten von 500 Vorschulkindern wurden über ein Jahr analysiert, wobei berücksichtigt wurde, ob das Studienkind Geschwister hat oder nicht. Die Ergebnisse zeigen, dass Fairness als häufigstes moralisches Motiv zur Bewertung des Teilverhaltens eines anderen Kindes diente, sich allerdings nicht unbedingt im eigenen Teilverhalten widerspiegelte. Kinder mit Geschwistern unterschieden sich signifikant in ihrem Teilverhalten von Kindern ohne Geschwister. Das Teilverhalten der Kinder konnte zudem die Forderung nach Bestrafung eines unfair handelnden Kindes vorhersagen. Die Studie betont die Bedeutung der moralischen und sozio-emotionalen Entwicklung bereits im frühen Alter.

Zusammenfassung

Angesichts aktueller gesellschaftlicher Krisen wird die Bedeutung ausgeprägt entwickelter moralischer und sozio-emotionaler Fähigkeiten als Grundlage einer sozialen und hilfsbereiten Gesellschaft deutlich. Hierbei sind vor allem das moralische Selbstkonzept und prosoziales Verhalten wie etwa das Teilen treibende Kräfte dafür, wie Menschen sich selbst in sozialen Interaktionen wahrnehmen und von anderen wahrgenommen werden (Elias et al., 1997; Kochanska et al., 2010).

Das moralische Selbstkonzept (MSC) und die eventuelle Bevorzugung von prosozialem Verhalten und Ablehnung von antisozialem Verhalten entwickeln sich schon sehr früh (Brownell, 2013). Gerade die mittlere Kindheit stellt hierbei eine bedeutsame Phase dar (Kingsford et al., 2010). Obgleich Eltern und deren Interaktion mit dem Kind eine wichtige Rolle in der kindlichen Entwicklung spielen ist der mögliche Einfluss von Geschwisterkindern in der Forschung auf diesem Gebiet bislang unbeachtet. Zudem weisen Kinder eine Lücke zwischen ihrem moralischen Wissen und Verhalten auf: Obwohl sie ein Verständnis davon haben, was getan werden sollte, handeln sie nicht unbedingt dementsprechend (Blake, 2018). Noch ist unklar, in welchem Entwicklungsstadium diese Lücke bei Kindern geschlossen wird.

Die vorliegende Studie analysiert längsschnittlich das MSC von Kindern, ihr Teilverhalten, ihre Bewertung und potentielle Bestrafung des (unfairen) Teilverhaltens eines dritten Kindes, sowie die kindlichen sozio-emotionalen Kompetenzen. Zudem wird berücksichtigt, ob das Studienkind Geschwister hat oder nicht.

Die Daten von N = 500 Münchner Vorschulkindern (MAltert1 = 60,96 Monate) wurden im Verlauf eines Jahres (t1-t3) in einem Mixed-Method-Design analysiert. Die Analysen umfassten sowohl ein quantitatives Cross-Lagged-Panel-Design als auch eine qualitative Bewertung der expliziten moralischen Motive der Kinder. Vorläufige Analysen zeigen, dass Fairness zwar das meistgenannte explizite Motiv ist, das Kinder äußerten, wenn sie das Teilverhalten eines anderen Kindes bewerteten; diese Erwartungen an andere spiegelten sich aber nicht unbedingt in ihrem eigenen Teilen wider. Weiterhin unterschied sich das Teilen von Einzelkindern und Kindern mit Geschwistern signifikant, jedoch je nach Messzeitpunkt in unterschiedliche Richtungen. Schließlich zeigten Regressionsanalysen, dass das Teilverhalten der Kinder deren Forderung nach Bestrafung eines anderen Kindes für moralische Vergehen vorhersagen konnte.

Die Befunde weisen auf die Komplexität des Zusammenhangs zwischen MSC und prosozialem Verhalten junger Kinder hin und liefern Auskunft über die bereits in jungen Jahren wachsenden Unterschiede in der kindlichen sozio-emotionalen Entwicklung. Die von Kindern verinnerlichten Motive, die dem Teilen zugrunde liegen, liefern Aufschluss darüber, welche moralischen und sozialen Werte und Normen an junge Kinder herangetragen werden und veranschaulichen, inwiefern die Forcierung der moralischen und sozio-emotionalen Entwicklung zu prosozial und integer handelnden Kindern führen kann.



Wirksamkeit Musikalischer Früherziehung zur Förderung von exekutiven Funktionen, kognitiven, sprachlichen und sozial-emotionalen Kompetenzen bei Kindergartenkindern

P. A. Arndt1, A. M. Stegmüller1, A. Fäsche1, N. Sturmhöfel1,2

1ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen, Universität Ulm, Deutschland; 2Forum Frühkindliche Bildung Baden-Württemberg

Abstract

Zur Untersuchung der Wirkung musikalischer Früherziehung in einem Kita-Setting auf die kindliche Entwicklung wurde eine groß angelegte, vergleichende Längsschnittstudie durchgeführt (N=511, 4 Messzeitpunkte, 18 Monate). Die Daten der Interventionsgruppe (musikalische Früherziehung durch Musikschul-Fachkräfte) wurden mit denen einer aktiven Kontrollgruppe (Vorlesen) und denen einer passiven Kontrollgruppe (unverändertes Kita-Angebot) verglichen. Es zeigten sich positive Effekte für die Interventionsgruppe im Vergleich zur aktiven und zur passiven Kontrollgruppe in unterschiedlichen sprachlichen Teilbereichen sowie Teilbereichen der exekutiven Funktionen. Für einen Teil der phonologischen Bewusstheit (Silben segmentieren) wurde ein positiver Effekt zugunsten der Vorlese-Gruppe im Vergleich zur Interventionsgruppe festgestellt. Für mathematische Kompetenzen fanden sich keine Effekte, für den sozial-emotionalen Bereich nur Tendenzen. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf nahen und weiten Transfer sowie die Bildungspraxis diskutiert.

Zusammenfassung

Die Wirkung musikalischer Trainings auf kognitive Fähigkeiten ist nach wie vor umstritten (Bigand & Tillmann, 2022). Zugleich sind musikalische Aktivitäten in Kindergarten und Grundschule Teil der institutionellen Anregung und Förderung, teilweise auch mit dem Anspruch z.B. die sprachliche Entwicklung der Kinder zu unterstützen. Um diesbezüglich einen Beitrag zur Studienlage zu leisten, wurde eine vergleichende Längsschnittstudie mit über 500 Kindern (4-6 Jahre) durchgeführt. Dabei wurde die Wirkung musikalischer Früherziehung (MFE), so wie sie von Musikschulen angeboten wird, untersucht, um möglichst praxisrelevante und übertragbare Ergebnisse zu erhalten. Zu vier Messzeitpunkten wurden sprachliche, mathematische und sozial-emotionale Kompetenzen sowie die exekutiven Funktionen der Kinder erfasst. Die Studie wurde in Kooperation mit dem Oberösterreichischen Landesmusikschulwerk in 26 Kindergärten aus Oberösterreich umgesetzt.

Die Kinder der Interventionsgruppe erhielten ein MFE-Angebot, das von Lehrkräften aus dem Fachbereich Elementare Musikpädagogik des Landesmusikschulwerks durchgeführt wurde (MFE-Gruppe). Die Daten der Interventionsgruppe wurden mit denen einer aktiven Kontrollgruppe, die ein Vorleseangebot bekam, und denen einer passiven Kontrollgruppe verglichen. Beide Angebote, MFE und Vorlesen, fanden von Januar 2018 bis Juli 2019 wöchentlich für 50 Minuten in den teilnehmenden Kindergärten statt. Kinder der passiven Kontrollgruppe erhielten kein zusätzliches Angebot. Die Zuordnung der Kindergärten zu den drei Bedingungen wurde ausgelost.

Vor Beginn sowie 6, 12 und 18 Monate nach Beginn der Angebote wurden folgende Daten erhoben: Sprachliche Kompetenzen (6 Skalen); exekutive Funktionen: Arbeitsgedächtnis, Impulskontrolle, kognitive Flexibilität; mathematische und sozial-emotionale Kompetenzen (8 Subskalen). In die Analysen (bedingte Regressionen mit Kontrolle für Ausgangswerte) gingen Daten von 470 Kindern ein.

Kinder der MFE-Gruppe zeigten im Vergleich zur passiven Kontrollgruppe einen signifikant höheren Leistungszuwachs in den Tests zum phonologischen Gedächtnis und zur Impulskontrolle. Im Vergleich zur aktiven Kontrollgruppe (Vorlesegruppe) zeigte die MFE-Gruppe einen signifikant höheren Leistungszuwachs im phonologischen Gedächtnis, im Verstehen von Sätzen sowie in der kognitiven Flexibilität. Umgekehrt erreichten Kinder der Vorlesegruppe in einem Teilbereich der phonologischen Bewusstheit (Silben segmentieren) einen signifikant höheren Leistungszuwachs. Für die mathematischen Kompetenzen konnte keine Wirkung der MFE gefunden werden, für die sozial-emotionale Entwicklung lediglich statistische Tendenzen.

Die Ergebnisse weisen grundsätzlich auf eine positive Wirkung musikalischer Früherziehung auf bestimmte Bereiche sprachbezogener Kompetenzen und auf die exekutiven Funktionen von Kindergartenkindern hin. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf nahen und weiten Transfer diskutiert. Vor dem Hintergrund der pandemiebedingten emotionalen Belastungen und des aktuellen Förderbedarfs in den exekutiven Funktionen (vgl. Beitrag von Stegmüller et al. auf dieser Tagung), bei gleichzeitig bestehendem Sprachförderbedarf, könnten sich in der Praxis durch die Nutzung von MFE zur Entwicklungsförderung Synergieeffekte ergeben.



Zusammenhänge zwischen inhibitorischen Kontrollprozessen und bereichsspezifischen schulischen Vorläuferfertigkeiten im Vorschulalter

E. Michel, J. Lang, F. Bösche

Universität Würzburg, Deutschland

Abstract

Trotz Evidenz, dass inhibitorische Kontrollprozesse mit schulischen Vorläuferfertigkeiten assoziiert sind, ist die Rolle verschiedener Inhibitionskomponenten (Reaktionsunterdrückung, Interferenzkontrolle) noch nicht gut untersucht. Interferenzkontrolle ist eine kognitive Form der Inhibition, welche die Aufmerksamkeitsfokussierung auf aufgabenrelevante Informationen unterstützt, während Reaktionsunterdrückung sich auf die behaviorale Inhibition prädominanter Reaktionen bezieht. Vorliegende Querschnittstudie untersucht Zusammenhänge dieser Komponenten mit schulischen Vorläuferfertigkeiten bei 5- bis 6-jährigen Kindergartenkindern. Aufgrund der bedeutsamen Rolle der fokussierten Aufmerksamkeit für Wissenserwerbsprozesse sollte Interferenzkontrolle einen höheren Varianzanteil der Vorläuferfertigkeiten aufklären als Reaktionsunterdrückung. Die Ergebnisse zeigten, dass ein Strukturgleichungsmodell mit zwei latenten Variablen für die beiden Inhibitionskomponenten nicht zu den Daten passte, ein Modell mit einem Inhibitionsfaktor dagegen gut. Inhibitorische Kontrollprozesse leisten über das Alter der Kinder hinaus einen substanziellen Beitrag zur Vorhersage der Vorläuferfertigkeiten.

Zusammenfassung

Individuelle Unterschiede in inhibitorischen Kontrollprozessen, einem Teilaspekt der exekutiven Funktionen, sind mit der Entwicklung bereichsspezifischer schulischer Vorläuferfertigkeiten assoziiert (siehe z.B. Metaanalyse von Allan et al., 2014). Inwiefern verschiedene inhibitorische Kontrollprozesse (Interferenzkontrolle vs. Reaktionsunterdrückung) unterschiedlich zur Vorhersage von Vorläuferfertigkeiten beitragen, ist allerdings noch nicht gut untersucht. Während der Begriff Interferenzkontrolle kognitive Prozesse der Inhibition bezeichnet, die die Aufmerksamkeitsfokussierung auf aufgabenrelevante Informationen erleichtern, bezeichnet Reaktionsunterdrückung eher behaviorale Kontrollprozesse zur Unterdrückung prädominanter Reaktionen (z.B. Traverso et al., 2022).

Die vorliegende Querschnittsstudie untersucht Zusammenhänge zwischen diesen beiden Aspekten inhibitorischer Kontrollprozesse und bereichsspezifischen schulischen Vorläuferfertigkeiten für Schriftspracherwerb und Mathematik (Buchstabenkenntnis, Wortschatz, Zahlenkenntnis) bei einer Stichprobe von 105 Vorschulkindern (55 Jungen) im Alter von 69 Monaten (M = 69.42, SD = 3.95, Range = 61-83 Monate). Ein Strukturgleichungsmodell mit zwei separaten latenten Faktoren für Interferenzkontrolle und Reaktionsunterdrückung zeigte eine schlechte Anpassungsgüte; ein Modell mit einem kombinierten Inhibitionsfaktor und einem gemeinsamen Faktor für schulische Vorläuferfertigkeiten passt dagegen gut zu den Daten. Inhibitorische Kontrollprozesse tragen in vorliegender Stichprobe substanziell zur Vorhersage der schulischen Vorläuferfertigkeiten bei, über das chronologische Alter der Kinder hinaus. Die Befunde unterstreichen die wichtige Rolle inhibitorischer Kontrollfertigkeiten vor der Einschulung und die Bedeutsamkeit früher Diagnostik und Förderung dieser Fertigkeiten für einen gelungenen Schulstart.



Effekte von kraft- und beweglichkeits-basiertem sportlichen Training auf Aufmerksamkeitsprozesse bei Kindern mit ADHS-Diagnosen

S. Elsner, A. Oster, J. Großschedl

Universität zu Köln, Deutschland

Abstract

Die Entwicklungsstörung „Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung" (ADHS) gilt als Störung der Selbststeuerung und ist mit Einschränkungen von Exekutivfunktionen assoziiert [1]. Eine vielversprechende, alternative Methode zur Behandlung der ADHS-Symptomatik stellt sportliche Aktivität dar. In Einzelstudien zu Effekten durch kardiovaskuläre Bewegung wurden verkürzte Reaktionszeiten [2] [3] und eine Verringerung der Fehleranzahl bei Inhibitionsaufgaben beobachtet [4]. Über die Effekte von kraft- und beweglichkeits-basierter sportlicher Aktivität ist weniger bekannt; sie spielen jedoch vor dem Hintergrund natürlicher Bewegungsmuster von Kindern eine ebenso bedeutsame Rolle. In einer derzeit durchgeführten Laborstudie (within-subjects design) mit Kindern mit ADHS-Diagnosen werden die Effekte von kraft- und beweglichkeits-basiertem sportlichen Training auf Aufmerksamkeitsprozesse und Selbsteinschätzungen in einer Flankertask untersucht. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Reaktionsgeschwindigkeit, Fehleranzahl und Genauigkeit der Selbsteinschätzung analysiert und diskutiert.

Zusammenfassung

Einleitung und Hintergrund

Die Entwicklungsstörung „Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung" (ADHS) gilt als Störung der Selbststeuerung und ist unter anderem mit Einschränkungen von Exekutivfunktionen, motorischer Hyperaktivität und einer dysfunktionalen Regulierung der Anstrengungsbereitschaft assoziiert [1]. Ein negativer Einfluss auf schulische Leistung ist beobachtbar und steigt mit ausgeprägter ADHS-Symptomatik an [5]. Gleichzeitig sind die positiven Effekte auf schulische Erfolge durch klassische Therapieansätze wie Medikation (z. B. Methylphenidat) als eher niedrig einzustufen [6]. Eine alternative und vielversprechende Methode zur Behandlung der ADHS-Symptomatik stellt sportliche Aktivität dar. Aktuelle, sportwissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass der Gehirnstoffwechsel durch bewegungsinduzierte physiologische Effekte (z. B. Ausschüttung von Neurotransmittern) veränderlich ist [7] [8]. Diese Effekte können positiv auf kognitive Prozesse z. B. Aufmerksamkeitsprozesse wirken. In Einzelstudien mit Kindern mit ADHS-Diagnosen wurden nach kardiovaskulärer Bewegung verkürzte Reaktionszeiten [2] [3] und Verbesserungen in sowohl Reaktionszeiten als auch der Fehleranzahl bei Inhibitionsaufgaben beobachtet [4]. Positive Veränderungen wurden bisher primär für ausdauerorientierte motorische Aktivität beobachtet. Vor dem Hintergrund natürlicher, kindlicher Bewegungsmuster, die zugleich kraft- und beweglichkeits-bezogene Aktivität einschließen, gilt es bestehende Erkenntnisse um mögliche Effekte dieser beiden motorischen Aktivitätsbereiche zu erweitern. Ziel dieser Studie ist es, den Einfluss von kraft- und beweglichkeits-basierter sportlicher Aktivität auf die inhibitorische Kontrolle und die Selbsteinschätzungen der eigenen Aufmerksamkeitsprozesse bei Kindern mit ADHS-Diagnosen zu untersuchen.

Methodik

Die Studie wird aktuell durchgeführt. Im Rahmen einer Laborstudie nehmen 30 Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren mit einer ADHS-Diagnose an jeweils drei einstündigen Studienterminen teil (within-subjects design). An diesen drei Tagen in Abstand von jeweils einer Woche absolvieren die Kinder in randomisierter Reihenfolge ein 30-minütiges kraft-basiertes Training, ein 30-minütiges beweglichkeits-basiertes Training und ein Kontrolltraining mit körperlicher Inaktivität (Anschauen einer altersgerechten Tierdokumentation). Vor und nach den sportlichen Trainings resp. Kontrolltrainings werden jeweils Messungen der inhibitorischen Kontrolle mithilfe der Flankertask [9] [10] durchgeführt. Im Anschluss schätzen die Kinder ihre Aufmerksamkeitsfähigkeiten ein (z. B. Wie schnell hast du die Tasten gedrückt? Kreuze an! a) Langsamer als vor dem Sport, b) gleich schnell, c) schneller als vor dem Sport).

Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Reaktionszeiten und Fehlerraten sowie der Genauigkeit der Selbsteinschätzungen analysiert. Im Rahmen dieser Studie werden Erkenntnisse über bewegungsinduzierte Effekte auf die inhibitorische Kontrolle und Selbsteinschätzungen von eigenen Aufmerksamkeitsprozessen bei Kindern mit ADHS-Diagnosen gewonnen. Bereits bestehende Erkenntnisse über Effekte von ausdauerorientierter motorischer Aktivität können um die Bereiche Kraft und Beweglichkeit erweitert werden. Die Studienergebnisse tragen zum Verständnis von Störungen der Selbststeuerung und nicht-medikamentöser Behandlung bei.



Das Lesen wissenschaftlicher Kontroversen in einem zweisprachigen Umfeld: Die Dokumentensprache als Moderator des Text-Überzeugungskonsistenz-Effekts

L. Pilotek1, M. N. Karimi2, T. Richter1

1Julius-Maximilians Universität Würzburg, Deutschland; 2Kharazmi University, Tehran

Abstract

Viele Studien haben gezeigt, dass Lesende von wissenschaftlichen Texten mit sich widersprechenden Informationen ein verzerrtes mentales Modell dahingehend bilden, dass die mentale Repräsentation von Texten mit überzeugungskonsistenten Informationen, besser ist als die von überzeugungsinkonsistenten Texten (Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt). Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage, ob dieser Effekt in bilingualen Leseumgebungen, wie dem Internet, von der Dokumentensprache moderiert wird. Dafür lasen 74 Teilnehmende zwei Texte über eine aktuelle Kontroverse entweder auf Deutsch oder auf Englisch. Es zeigte sich ein moderierender Einfluss der Dokumentensprache auf den Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt, welcher nur in der Gruppe, die deutsche Texte, nicht aber in der, die dieselben Texte auf Englisch gelesen hat auftrat. Die Ergebnisse legen nahe, dass Dokumentensprache Verzerrungen mentaler Repräsentationen von Textinformationen abschwächen kann.

Zusammenfassung

Beim Lesen multipler Texte zu einer Kontroverse werden einstellungskonsistente gegenüber -inkonsistenten Informationen besser mental repräsentiert (Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt; Richter & Maier, 2017). Karimi und Richter (2021) untersuchten den Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt erstmals in einem zweisprachigen Lesekontext (Persisch vs. Englisch) und fanden Hinweise auf einen moderierenden Effekt der Dokumentensprache: bei englischen Texten war der Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt kleiner als bei persischen. Eine mögliche Erklärung ist der höhere epistemischen Status von Englisch als internationale Wissenschaftssprache (De Swaan, 2001), der als Quellenmerkmal die Glaubwürdigkeit von Dokumenten und dementsprechend auch den Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt beeinflusst.

Hypothesen

Nach Karimi und Richter (2021) sollte der Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt auch bei anderen Sprachvergleichen auftreten, wenn sich der epistemische Status der beteiligten Sprachen unterscheidet. Das vorliegende Experiment verglich Englisch (hoch) mit Deutsch (niedrig).

Methode

Das Experiment beruhte auf einem 2x2-Design mit den Faktoren Textposition (Pro-Text vs. Kontra-Text, Messwiederholungsfaktor) und Dokumentensprache (Englisch vs. Deutsch; Zwischengruppenfaktor). Abhängige Variable war die Stärke des Situationsmodells, gemessen durch eine Satzerkennungsaufgabe (Maier & Richter, 2013). Eine Woche vor dem Experiment wurden die Überzeugungen der Teilnehmenden zum Thema der Texte (Genmanipulation) in einer Onlinebefragung erhoben.

Vierundsiebzig Probandinnen und Probanden nahmen an der Studie teil (58 Frauen, 15 Männer, 1 ohne Angabe; Alter: M = 25.80 Jahre, SD = 9.32), davon waren 81.02% Studierende. Sieben Teilnehmende wurde aufgrund ihrer Sprachkenntnisse oder extremer Werte ihrer Überzeugungsskalen oder Lesezeiten von der Analyse ausgeschlossen.

Ergebnisse

Ein lineares gemischtes Modell mit dem Zufallseffekt für die Proband(inn)en (random intercept) und den festen Effekten von Sprache, Textposition (kontrastkodiert) und Überzeugungen (metrisch) sowie ihren Interaktionen zeigte eine signifikante Interaktion zwischen Textüberzeugungskonsistenz und Dokumentensprache, b = -0.54; t(63) = -2.00; p = .03. Die Dokumentensprache moderierte den Text-Überzeugungskonsistenz-Effekt: der Effekt trat nur bei deutschen Texten, nicht aber bei englischen Texten auf. Bei deutschen Texten wurden Pro-Texte schlechter verstanden als Kontra-Texte, wenn die Proband(inn)en Kontra-Überzeugungen hatten, und besser, wenn sie Pro-Einstellungen hatten. In der Gruppe mit englischen Texten gab es auf keinem Level der Überzeugungswerte Unterschiede im Verständnis.

Diskussion

Unsere Ergebnisse stimmen mit den Ergebnissen von Karimi und Richter (2021) überein und stützen die Hypothese, dass die Dokumentensprache ein Moderator des Text-Überzeugungskonsistenz-Effekts ist. Zukünftige Untersuchungen sollten weitere Sprachen auf verschiedenen Ebenen des epistemischen Status vergleichen und die vermittelnden Prozesse des moderierenden Einflusses der Dokumentensprache auf den Effekt der Text-Überzeugungskonsistenz untersuchen. Im multilingualen Lernkontext des Internets spielt der moderierende Einfluss der Dokumentensprache eine wichtige Rolle beim Verstehen kontrovers diskutierter Themen.

Literatur

De Swaan, A. (2001). Words of the world: The global language system. Polity Press

Karimi, M.N. & Richter, T. (2021). Belief-biased representations of textual information in bilingual readers: Language as a source characteristic. Current Psychology. https://doi.org/10.1007/s12144-021-02239-9

Maier, J. & Richter, T. (2013). Text belief consistency effects in the comprehension of multiple texts with conflicting information. Cognition and Instruction, 31(2), 151–175. https://doi.org/10.1080/07370008.2013.769997

Richter, T. & Maier, J. (2017). Comprehension of multiple documents with conflicting information: A two-step model of validation. Educational Psychologist, 52(3), 148–166. https://doi.org/10.1080/00461520.2017.1322968



"The Neighborhood Divide: How Ethnic Segregation Affects Majority Language Proficiency in Preschool Children"

S. Zehentmayer1, D. Schmerse2, A. Grob1, S. Hasler1, M. Jambreus1, R. Segerer1

1Universität Basel, Schweiz; 2Fachhochschule Nordwestschweiz

Abstract

This study explores how the ethno-linguistic composition of a neighborhood impacts the majority language competence of preschool children with migration background. Therefor 86 Swiss communities and neighborhoods in Zurich and Basel are compared and attendance at early childcare institutions and contact with majority language speakers are examined as potential mediators. The multilevel-models with 3,076 preschool children indicate that higher proportions of ethno-linguistic minorities in the community are associated with lower majority language proficiency among preschool children of that language group. Contact with majority language speakers partially mediates this relationship, but institutional childcare attendance has no mediating effect. The study shows the effects of diversification or segregation of residential environments on second language development and has implications for educational policy guidance.

Zusammenfassung

Studies show that a higher ethnic concentration in the neighborhood is associated with less competences in the majority language of children with migration background (Vervoort, Dagevos & Flap, 2012; Nieuwenhuis & Hooimeijer, 2016). This is concerning as the ability to speak the majority language is crucial for the academic and social development of these children (Adsera & Pytlikova, 2016; Edelmann, 2017). Exposure to language is one of the most important factors for language acquisition (Biedinger, Becker & Klein, 2015). This can occur either through attendance at an early childcare institution (Vogt, Stern & Filliettaz, 2022; Egert, Sachse & Groth, 2019) or informal contact with native speakers of the majority language (Zaretzky et al., 2021). Both exposure factors are potentially influenced by the ethnic concentration in the neighborhood. The present study investigates how the ethno-linguistic neighborhood composition affects the majority language competence of preschool children. The study looks not only at the general effects of ethnic composition but also at the effects of specific ethnic compositions on the language development of members of the same groups. Factors such as attendance at a childcare institution and frequency of contact with majority language speakers were examined as potential mediators. We examined parental reports on majority language competence, contact frequencies, and daycare attendance of N = 3076 preschool children (mean-age: 37.25 months; 49.9% female) with migration background from 86 Swiss communities (German speaking part) and neighborhoods in the cities of Zurich and Basel. The multilevel models indicate that a higher proportion of an ethno-linguistic minority in the community leads to a lower majority language proficiency of preschool children of this language group. In addition, positive effects of childcare attendance and contact with majority language speakers are confirmed. While contact with majority language speakers partially serves as a mediator in the relationship between the proportion of one`s ethno-linguistic minority in the community and the majority language proficiency, the extent of an institutional childcare has no mediating effect. Further analyses examine the extent to which the effects of neighborhood composition can be generalized across different ethno-linguistic groups, and whether a threshold model better explains the results than a linear model. The results can help to understand the effects of diversification or segregation of residential environments on preschool children's second language development and could inform educational policy guidance.



Stories in Science Communication

P. Fischer, B. Thies

TU Braunschweig, Deutschland

Abstract

An experiment was conducted to evaluate the effectiveness of stories for science communication. Participants were randomly assigned to read a scientific text with story elements or without story elements. Then, differences regarding reading enjoyment, attention focus, emotional engagement, topic interest, connection toward the author, perceived authenticity of the author and information recall were compared. It was found that participants who read a text with story elements felt a higher sense of connection toward the author, while other variables remained insignificant. It is discussed why this study could only find limited proof for the effectiveness of stories in science communication.

Zusammenfassung

The internet has dramatically changed the way people consume information, with social media becoming the primary source of information for many. This trend has led to a decline in trust in science as laypeople consume less credible scientific information. People's attitudes towards science are influenced by automatic processes that work against scientific thinking, making it challenging for laypeople to understand scientific findings. To restore trust in science, scientists need to find ways to make their work more engaging and understandable to the public. One possible solution is to tell stories in science communication, as this approach can make scientific information more accessible to non-experts. The current study investigated whether scientific texts with story elements (an identifiable protagonist, accounts of their feelings and motivations, a resolved conflict) have more positive effects on recipients in relation to reading enjoyment (1), attention focus (2), emotional engagement (3), interest in the topic (4), perceived authenticity of the author (5) and information recall (6) than scientific texts without story elements.Two sampling methods were used: A snowball system where 100 participants received no financial reward for participation, and an online platform called Prolific where 51 participants were paid approximately 2€ for study completion. The sample consisted of 151 participants with a mean age of 35.38 years, ranging from 17 to 87 years. One out of two text types were shown in an online experiment (story vs. nonstory), where two different scientific topics were chosen: sustainable aviation technology and mathematical modeling of liver diseases. Afterwards, participants had to complete the relevant questionnaires to measure the aforementioned dependent variables. Next, T-tests were used to compare the story group against the nonstory group on all dependent variables. Further, interaction analyses were conducted to assess whether demographic variables (age, sex and education level) had a moderating effect on the dependet variables. For the group where a story was shown, the study found only a positive effect of increased connection with the author compared to the nonstory group, while the other dependent variables remained insignificant. The reasons for these null findings could be manifold, such as insufficient characteristics of a good story, a lack of emotional depth in the stories that were used or demand characteristics of the sample. Further research needs to address these variables to come to additional insights. Nevertheless, disclosing personal information in a story-like way may create an atmosphere of closeness and can potentially be used to reach a broader audience.



Bilingual language abilities in preschoolers: the indicative value of code-switching

L. T. Schächinger Tenés, J. C. Weiner-Bühler, A. Grob, R. K. Segerer

Department of Psychology, University of Basel, Switzerland

Abstract

To support bilinguals in their school career, the identification of unfavorable language development is crucial. Code-switching (i.e., switching between languages) could serve as an effective indicator, as switches into a language relate to linguistic strength, whereas switching out relates to linguistic weakness. We determine the incremental diagnostic value of situational, motivational, and emotional code-switching for preschoolers’ bilingual language ability levels, beyond conventional bilingual history variables. Investigating 67 bilingual preschoolers speaking German or French plus Italian or Turkish showed that a questionnaire assessing various code-switching forms reliably indicated strengths and weaknesses in both languages assessed through standardized language tests. This low-threshold diagnostic tool may help identify unfavorable societal and heritage language abilities to foster preschoolers’ language development and academic success.

Zusammenfassung

In Europe, many children grow up speaking more than merely the prevailing societal language (European Commission, 2012). This poses challenges for the mainly monolingual educational systems, as bilinguals often have difficulties achieving adequate bilingual ability levels. Weak societal language competencies can limit learning opportunities and affect academic achievement (Prevoo et al., 2016). Identifying insufficient societal language competencies is crucial to ensure bilingual children enter well-prepared into the education system. At the same time, heritage language development is similarly important. A favorable bilingual language development supports general development, acculturation processes, and well-being (De Houwer, 2015). However, to reliably assesses both language competencies is effortful. A solution and easy-to-observe indicator of both language competencies might be bilinguals’ code-switching behavior, that is, switching between languages within the same conversation (Poplack, 2001). Code-switching presumably indicates strength in the language being switched to and weakness in the language being switched from. We investigated whether a questionnaire assessing children’s situational, motivational, and emotional code-switching could be of incremental diagnostic value for bilingual language competencies. This approach would avoid requiring raters to have competencies in both languages and goes beyond conventional bilingual history variables (e.g., age of acquisition, language exposure).

The currently 67 bilinguals (51% female; age-range = 38–81 months) are part of a soon-to-be-completed longitudinal study. Participants grow up speaking German/French as the societal language and Italian/Turkish as the heritage language. Children’s language abilities were assessed through parallelized and standardized language tests, while their code-switching behavior was obtained through a low-threshold parental questionnaire. Different aspects including intra- vs. intersentential switches, switching motivation, emotion-triggered switching, and control over switches were assessed for code-switches into the societal and into the heritage language respectively.

The code-switching subscales revealed acceptable to very good internal consistencies (Cronbach’s alpha range: .64–.93). Multiple regression analyses found children’s general code-switching behavior to indicate linguistic strength in the language they switched to (b ≥ .36, ps < .03), and linguistic weakness in the language they switched from (b ≤ -.43, ps < .006). A reduced item set only inquiring about motivational and emotional code-switches showed similar patterns.

Our cross-sectional and still preliminary results suggest that this low-threshold questionnaire reliably evaluates preschoolers’ societal as well as heritage language abilities by means of different code-switching forms. Utilizing this diagnostic tool could identify preschoolers’ weak societal and/or heritage language abilities in order to foster bilingual language development and to promote favorable learning trajectories and academic success.



Mind-Wandering During First and Second Language Reading

M. Klimovich, T. Richter

Universität Würzburg, Deutschland

Abstract

The present study investigated the impact of language proficiency on mind-wandering in balanced and unbalanced bilinguals reading in their first and second language. Unbalanced bilinguals showed a higher mind-wandering frequency in L2 than in L1, whereas balanced bilinguals showed no difference in mind-wandering behavior between languages. The relationship between language proficiency and mindless reading in unbalanced bilinguals was fully mediated by perceived text difficulty. Our results suggest that reading in a language with low proficiency promotes mindless reading. An increase in perceived text difficulty was found to be the mechanism underlying the relationship between language proficiency and mind-wandering, which is in line with previous research suggesting that mind-wandering is more prevalent in reading tasks that require high cognitive effort.

Zusammenfassung

Attention is essential to successfully process information from text. However, in about 30% of the time, readers’ attention becomes decoupled from the ongoing task to self-generated task-unrelated thoughts. Research has made progress in understanding how individual differences in readers, such as working memory, interest, and motivation affect mindless reading (Unsworth & McMillan, 2013), but there is no evidence yet on how language proficiency affects mind-wandering. The aim of the present study was to compare the frequency of mind-wandering behavior during first (L1) and second language (L2) reading in balanced and unbalanced bilinguals. Research has shown that mind-wandering is more frequent when reading difficult text because it requires more cognitive effort to build a situation model than when reading easy text (e.g., Kahmann et al., 2022). Since the reading process is more difficult in L2 than in L1, we expected a higher frequency of mind-wandering in L2 compared to L1 reading in unbalanced bilinguals (Hypothesis 1). We assume that this relationship of language proficiency and mind-wandering is mediated by perceived difficulty (Hypothesis 2). Because bilinguals are equally proficient in both languages, we expected no differences in perceived difficulty and thus mind-wandering in L1 and L2 (Hypothesis 3).

We recruited unbalanced and balanced German (L1)–English (L2) bilingual undergraduates (N = 52, Mage = 24.92 years). A within-subjects design was used to ensure that reading language was not confounded with inter-individual differences. Participants read two expository text each about different topics in German and English sentence-by-sentence in a self-paced fashion on a computer. The order of the text topics was counter-balanced across participants and language. Mind-wandering probes were triggered when participants advanced beyond predetermined target sentences in the text.

To test our hypotheses, we used a generalized mixed-effect model and a multi-level logistic mediation analysis. Participants and sentences were included as crossed random effects. Results revealed that among unbalanced bilinguals, mind-wandering frequency was significantly higher in L2 than in L1, whereas balanced bilinguals showed no significant difference in mind-wandering behavior between languages. The relationship between language proficiency and mindless reading in unbalanced bilinguals was fully mediated by perceived text difficulty.

Our results indicate that low language proficiency impairs attention during reading, as indicated by increased mind-wandering behavior. Perceived text difficulty was found to be the underlying mechanism of this relationship. Our findings support research suggesting that mind-wandering is more prevalent in reading tasks that require high cognitive effort (Kahmann et al., 2022).

References

Kahmann, R., Ozuer, Y., Zedelius, C. M., & Bijleveld, E. (2022). Mind wandering increases linearly with text difficulty. Psychological Research, 86, 284—293. https://doi.org/10.1007/s00426-021-01483-9

Unsworth, N. & McMillan, B., D. (2013). Mind wandering and reading comprehension: Examining the roles of working memory capacity, interest, motivation, and topic experience. Journal of Experimental Psychology: Learning Memory and Cognition, 39(3), 832—842. https://doi.org/10.1037/a0029669



Wie interpretieren Lehrkräfte die Ergebnisse computerbasierter formativer Assessments?

F. Burkart1, S. Bez2, S. Merk3

1Pädagogische Hochschule Karlsruhe; 2Universität Tübingen / Pädagogische Hochschule Karlsruhe; 3Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Abstract

Computerbasierte formative Assessmentsysteme (CBFA) bieten die valide Erfassung und Visualisierung schülerbezogener Lernstände, wobei für die praxisbezogene Nutzung wichtig ist, dass Lehrkräfte die Ergebnisse adäquat interpretieren können. Daher untersucht diese explorative Studie, wie Lehrkräfte die Ergebnisse von CBFA interpretieren. Hierzu wurden mithilfe der Think-Aloud-Methode Bildschirminterviews mit 48 Lehrkräften durchgeführt, die während der Rezeption von Lernstandsergebnissen ihre Gedanken laut äußerten. Anhand eines deduktiv-induktiven Kategoriensystems wurden die audiovisuellen Daten hinsichtlich vier Basiskategorien kodiert: Die Datenrezeption, der Abgleich der Informationen mit der eigenen Einschätzung, die Fehleranalyse und die Konstruktion von unterrichtsrelevanten Implikationen. Erste Resultate zeigen, dass neben heterogenen Interpretationsmustern bei einigen Lehrkräften eine fachdidaktische Fehleranalyse der Konstruktion pädagogischer Handlungen vorausgeht. Weitere Untersuchungen sollen typische Interpretationsverläufe anhand der Clusterung manifester Markov-Ketten explorieren.

Zusammenfassung

Unter formativem Assessment versteht man die Unterrichtspraxis, (regelmäßig) Erkenntnisse zum Lern- und Leistungsstand von Schülerinnen und Schülern zu erfassen, zu interpretieren und in Verbindung mit (curricularen) Lernzielen als Entscheidungshilfe für die kommende Unterrichtsgestaltung zu nutzen (Schildkamp et al., 2020). Von einem positiven Effekt auf die Lernergebnisse von Schülerinnen und Schülern kann aufgrund des bisherigen Forschungsstandes ausgegangen werden (Shute, 2008). Computerbasierte formative Assessmentsysteme (CBFA) bieten durch die Erfassung von Lernverläufen anhand von Aufgabendatenbanken und komplexer psychometrischer Modelle eine valide und für die Lehrkräfte ökonomische Erfassung (Tomasik et al., 2018).

Jedoch spielen die Interpretationsprozesse von Lehrpersonen für die adäquate Nutzung von CBFA in der Praxis eine wichtige Rolle (Schildkamp et al., 2020), was nicht zuletzt durch einschlägige, zyklisch-sequenziell aufgebaute Modelle aus dem Bereich des Data-based decision making unterstrichen wird (Schildkamp, 2019). Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende explorative Studie, wie Lehrkräfte die Ergebnisse von CBFA interpretieren.

Hierfür wurden Bildschirminterviews (inklusive Screencasts) mithilfe der Think-Aloud-Methode mit 48 Lehrkräften geführt, die "mindsteps" (ein CBFA aus dem Bildungsraum Nordwestschweiz https://www.mindsteps.ch/konzept/) regelmäßig nutzen. Die Lehrpersonen wurden gebeten, ihre Gedanken und Überlegungen laut zu äußern, während sie die Ergebnisse ihrer Klassen interpretierten. Diese audiovisuellen Daten (Aufzeichnung der Screencasts und der Tonspur) wurden anhand deduktiv-induktiver Kategorien basierend auf Coburn & Turner (2011) von zwei geschulten Personen kodiert (Krippendorffs α ≧ .6.) und bei Abweichung in Konsensurteile überführt. Als zentrale Kategorien wurden die Datenrezeption, der Abgleich der Informationen mit der eigenen Einschätzung, die Analyse der Aufgabenergebnisse hinsichtlich Fehlern (z.B. die Suche nach bestimmten Fehlkonzepten) und die Konstruktion von Implikationen für den eigenen Unterricht herausgearbeitet.

Erste Resultate dieser explorativen Studie zeigen heterogene Interpretationsverläufe und eine zeitlich starke Gewichtung der Fehleranalyse bei der Interpretation der Daten. Die Fehleranalyse scheint bedeutend für künftige Implikationen für den Unterricht zu sein, da viele Lehrkräfte direkt im Anschluss an die Exploration von (typischen) Fehlern Schlussfolgerungen für das eigene zukünftige Unterrichtshandeln formulierten. In weiteren Untersuchungen sollen typische Interpretationsverläufe und -muster z.B. mithilfe der Clusterung von Markov-Ketten analysiert werden.

Literatur

Bildungsraum Nordwestschweiz (Hrsg.). (o. D.). Mindsteps Konzept. https://www.mindsteps.ch/konzept/

Coburn, C. E., & Turner, E. O. (2011). Research on data use: A framework and analysis. Measurement: Interdisciplinary Research and Perspectives, 9(4), 173–206. https://doi.org/10.1080/15366367.2011.626729

Schildkamp, K., van der Kleij, F. M., Heitink, M. C., Kippers, W. B., & Veldkamp, B. P. (2020). Formative assessment: A systematic review of critical teacher prerequisites for classroom practice. International Journal of Educational Research,103, 101602. https://doi.org/10.1016/j.ijer.2020.101602

Shute, V. J. (2008). Focus on formative feedback. Review of Educational Research, 78(1), 153–189

Tomasik, M. J., Berger, S., & Moser, U. (2018). On the development of a computer-based tool for formative student assessment: Epistemological, methodological, and practical issues. Frontiers in Psychology, 9, 1–17. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2018.02245



EfA-TT - Evaluation eines Train-the Trainer-Konzeptes zur Schulung von Fachkräften

L. Sielemann, N. Fritzler, E. Wild

Universität Bielefeld, Deutschland

Abstract

Das Training „Eltern fördern durch Argumentieren – train-the-trainer“ stellt die Weiterentwicklung eines als wirksam evaluierten Elterntrainings zur Förderung des sprachlichen Anregungsgehaltes in Familienkonversationen dar. Ziel war zu prüfen, inwiefern die Wirksamkeit fortbesteht, wenn externe Trainer*innen, welche vorab durch ein Train-the-Trainer-Konzept geschult wurden, das Training durchführen. Dafür wurde eine quasi-experimentelle-Feldstudie mit Prä-Post-Design und unbehandelter Vergleichsgruppe realisiert. Von 41 Eltern wurden 21 in sieben Sitzungen trainiert. Die trainierten Eltern zeigten erwartungsgemäß einen Zuwachs der Diskurspraktiken „Fordern & Unterstützen“ sowie „Begründungen von Entscheidungen in der Eltern-Kind-Interaktion“, trauten sich nach dem Training eine diskursförderliche Begleitung ihrer Kinder eher zu und zeigten sich gegenüber „negativen Emotionen“ offen. Dagegen zeigten sich für die familiale Konfliktneigung keine Effekte. Die Befunde und ihre Bedeutsamkeit für die Praxis werden diskutiert.

Zusammenfassung

Das Training „Eltern fördern durch Argumentieren - Train-the-trainer“ stellt die Weiterentwicklung eines als wirksam evaluierten Elterntrainings (Sielemann et al., 2021) zur Förderung des sprachlichen Anregungsgehaltes in Familienkonversationen dar. Um das Training der breiten Praxis zugänglich zu machen, wurden Materialien (z.B. Schulungsvideos) für das Train-the-Trainer-Konzept entwickelt, mit Hilfe derer Trainer*innen verschiedener disziplinähnlicher Fachrichtungen das Elterntraining im Selbststudium vorbereiten und durchführen können.

Das Elterntraining zielt auf die Stärkung des Bewusstseins für die Rolle informeller Sprachförderpotentiale der Familie und vermittelt Eltern Strategien zum Umgang mit Konflikten. Es wurde als Präventionsmaßnahme explizit für Familien mit Kindern in der Sekundarstufe I konzipiert, um den sich in diesem Alter wandelnden „Argumentationsanforderungen“ im Familienalltag Rechnung zu tragen. Gleichzeitig sollte damit eine Zielgruppe angesprochen werden, welche seltener Adressat von Familienbildungsangeboten ist (Jungmann & Fuchs, 2009).

Durch die gezielte Stärkung informeller familiärer Bildungsprozesse kann die Argumentationskompetenz von Kindern indirekt gefördert werden (Quasthoff & Kern, 2007) und damit folgerichtig das zentrale Bildungsziel der Ausbildung einer angemessenen Argumentationskompetenz erreicht werden, welche in der Schule nicht systematisch und fächerübergreifend gefördert wird (Wild et al., 2012).

Ziel der vorliegenden Studie war zu prüfen, inwiefern die Wirksamkeit fortbesteht, wenn externe Trainer*innen in vorhandenen Versorgungssystemen mithilfe eines Train-the-Trainer-Konzeptes für die Durchführung des Elterntrainings geschult werden. Die vorliegende Studie kommt damit der Aufforderung nach, Implementierungsprozesse in der Praxis wissenschaftlich zu begleiten (Fries & Souvignier, 2009). Das Train-the-Trainer-Konzept bestand aus verschiedenen Materialien: die geschulten Trainer*innen erhielten ein Basishandbuch, welches notwendiges Fachwissen der psychologischen und sprachwissenschaftlichen Trainingsinhalte zusammenfasste, Schulungsvideos, welche vorgesehene Abläufe und Vorbereitungen erläuterten, sowie einen Leitfaden, in dem die einzelnen Sitzungen beschrieben und konkrete Instruktionen für Übungen zur Verfügung gestellt wurden. Zur Evaluation dieser Materialien führten die Trainer*innen in Tandems die Elterntrainings durch. Die Wirksamkeit des Trainings wurde in einer quasi-experimentellen Feldstudie mit Prä-Post-Design und unbehandelter Vergleichsgruppe realisiert. Daraus sollte abgeleitet werden, inwiefern das entwickelte Train-the-Trainer-Konzept die Trainer*innen angemessen für eine wirksame Durchführung des Trainings schulen kann. Von 41 Eltern wurden 21 in sieben, wöchentlich stattfindenden Sitzungen trainiert. Die trainierten Eltern zeigten erwartungsgemäß einen Zuwachs der Diskurspraktiken „Fordern & Unterstützen“ sowie „Begründungen von Entscheidungen in der Eltern-Kind-Interaktion“, trauten sich nach dem Training eine diskursförderliche Begleitung ihrer Kinder eher zu und zeigten sich gegenüber der Thematisierung und des Umgangs mit „negativen Emotionen“ in den familiären Interaktionen offen. Dagegen zeigten sich für die familiale Konfliktneigung keine Effekte. Die Befunde und ihre Bedeutsamkeit für die Praxis werden diskutiert.



Welche Ziele verfolgst du? Ergebnisse einer Validierungsstudie zur Struktur selbstbezogener Ziele in der Sekundarstufe I

M. Daumiller1, J. Beck2

1Universität Augsburg, Deutschland; 2Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland

Abstract

Ziele, die Schüler:innen in der Schule verfolgen, bestimmen Lernengagement und Schulerfolg (Murayama & Elliot, 2019). Theoretisch lassen sich grundlegende Zieltypen (Master- und Performanzziele) anhand deren Valenz (Annäherung und Vermeidung der Ziele) und Facetten (Aufgaben- und Lernziele; Erscheinungs- und Normziele) unterscheiden. Empirische Untersuchungen dieser Struktur sind allerdings rar. Die vorliegende Studie hat das Ziel, eine Skala zu validieren, die der theoretisch hergeleiteten Zielstruktur gerecht wird. Die Skala von Daumiller et al. (2019) diente als Grundlage. Kognitive Interviews bei 20 Schüler:innen lieferten erste Hinweise auf die theoretisierte Zielstruktur. Derzeit wird das Instrument bei 1.100 Schüler:innen weiter geprüft. Konfirmatorischen Mehrebenen-Faktorenanalysen sowie Zusammenhänge mit dem SELLMO (Spinath et al., 2012) und Schulnoten liefern tiefere Einblicke in die Beweggründe von Schüler:innen sowie der Zielstruktur.

Zusammenfassung

Ziele, die Schüler:innen in der Schule verfolgen, sind eine wichtige motivationale Größe, die Unterschieden in Lernengagement und Schulerfolg unterliegen (Murayama & Elliot, 2019). In der Zielorientierungstheorie werden selbstbezogene Ziele unterschieden; grundlegend Master- (Kompetenzentwicklung und Aufgabenbewältigung) und Performanzziele (Kompetenzdemonstration). Weiterhin existieren Annäherungs- und Vermeidungstendenzen dieser Ziele. Darüber hinaus gibt es weitere theoretische Differenzierungen von Zielen (Brophy, 2005; Elliot, 2005; Grant & Dweck, 2003; Hulleman et al., 2010; Übersicht: Daumiller et al., 2019). So können Masterziele in Aufgabenziele (Fokus auf Aufgabenbewältigung) und Lernziele (Fokus auf persönliche Kompetenzentwicklung) unterteilt werden sowie Performanzziele in Erscheinungsziele (Fokus auf Kompetenzdemonstration gegenüber anderen) und Normziele (Fokus auf normativen sozialen Vergleich). Daneben könnten Schüler:innen durch Arbeitsvermeidungsziele und sozialen Ziele angetrieben werden. Bislang fehlen allerdings Untersuchungen, die diese theoretische Struktur von Zielen von Schüler:innen, insbesondere im deutschsprachigen Raum, geprüft haben.

Der vorliegende Beitrag zielt deshalb darauf ab, die theoretisch hergeleitete distinkte Zielverfolgung bei Schüler:innen zu untersuchen (Zieltypen: Master- und Performanzziele, deren Facetten und Valenz sowie die weiteren beiden Zieltypen). Ebenso untersuchen wir die zeitliche Stabilität der Ziele, den Zusammenhang zu verwandten Maßen sowie zu Leistungsindikatoren. Alle Forschungsfragen wurden vorab präregistriert (https://aspredicted.org/6WT_PVP).

Dafür diente das Instrument von Daumiller et al. (2019) als Grundlage für die vorliegende Skala für Schüler:innen in der Sekundarstufe I. Pro Ziel wurden 4 Items spezifiziert. Die Skala enthielt damit 40 Items auf einer 5-Punkt Likert Skala („stimme gar nicht zu“ bis „stimme voll zu“).

In einem ersten Schritt wurden bei 20 Schüler:innen der Klassen 6 und 10 kognitive Interviews (Peterson et al., 2017) durchgeführt, bei denen sie die Zustimmung der Items verbal begründeten. Die Ergebnisse deuten grundlegend auf die theoretisierte Zielstruktur. Zur Sicherstellung des adäquaten Itemverständnisses wurden die Formulierungen bei 12 Items leicht verändert sowie ein weiteres Item ergänzt.

In einem zweiten Schritt wird das Instrument bei ungefähr 1.100 Schüler:innen zu zwei Zeitpunkten (Abstand: 5 Wochen) geprüft. Die Daten liegen bis Mitte Mai vollständig vor.

Zur Auswertung werden wir konfirmatorische Mehrebenen-Faktorenanalysen einsetzen. Zusammenhänge der einzelnen Ziele mit dem SELLMO (Spinath et al., 2012) werden auf die konvergente Validität hinweisen. Als Hinweise auf die Konstruktvalidität dienen Schulnoten auf dem letzten Zeugnis in Mathematik und Deutsch.

Die Analyseergebnisse werden helfen, die Beweggründe von Schüler:innen in der Schule sowie deren Struktur genauer zu verstehen. Damit wird ein wichtiger Beitrag für die Zielorientierungstheorie (Entwicklung selbstbezogener Ziele) sowie für die Praxis geleistet (welche Ziele sind in Interventionen und Forschungsarbeiten zu unterscheiden und relevant zu adressieren?).



Sensorische Verarbeitungssensitivität – ein Vulnerabilitätsfaktor? Eine korrelative Untersuchung zum Zusammenhang zwischen sensorischer Verarbeitungssensitivität und Burnout bei Lehrkräften

A. Brüggeshemke, M. Brückmann, T. Niewöhner

Universität Bielefeld, Deutschland

Abstract

Da Probleme des Lehrkräftemangels sich aufgrund beruflicher Belastungen weiter zuspitzen (Toropova et al., 2021), ist es von besonderer Relevanz, mögliche Vulnerabilitätsfaktoren und Ressourcen zu identifizieren. In dieser korrelativen Arbeit wurde auf Grundlage des Job-Demands-Resources-Modells (JD-R; Bakker & Demerouti, 2007) untersucht, ob Stress den Zusammenhang zwischen der sensorischen Verarbeitungssensitivität (SV) und Burnout vermittelt und, ob Core-Self-Evaluations (CSE) den Zusammenhang zwischen SV und Burnout moderieren. Die Querschnittsdaten von 284 LehrerInnen deuten unter Kontrolle von Neurotizismus darauf hin, dass der Zusammenhang von SV und Burnout vollständig durch Neurotizismus erklärt werden kann. Höhere CSE gehen mit geringeren Burnoutsymptomen einher und moderieren den Zusammenhang zwischen SV und Burnout negativ. Interventionen sollten daher gezielt an der Verringerung der emotionalen Labilität und der Förderung der CSE ansetzen.

Zusammenfassung

Die ständige wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz beschreibt den Umgang mit akutem Lehrkräftemangel als „historische Herausforderung“. In weniger als 15 Jahren könnten bereits 158.000 Lehrende fehlen (SWK, Köller et al., 2023, S.8). Diese hohen Zahlen kommen nicht zuletzt deshalb zustande, weil Lehrende häufig unter Stress (Schaarschmidt, 2005) und Burnout (Dicke et al., 2018) leiden.

Gemäß des JD-R (Bakker & Demerouti, 2007) führen zahlreiche Anforderungen im Lehrerberuf (z.B. Lärm, überfüllte Klassen, Zeitdruck) bei bestehenden Vulnerabilitätsfaktoren zu chronischem Stresserleben. Dabei sind persönliche Ressourcen hoch relevant, um der Entstehung von Burnout präventiv zu begegnen. Eine ausgeprägte SV wird als Vulnerabilitätsfaktor gesehen (Vander Elst et al., 2019); hohe Kontrollüberzeugungen und Selbstwirksamkeit gelten als Ressourcen (z.B. Schwerdtfeger et al., 2008). Daher wird angenommen, dass 1.) der Zusammenhang zwischen SV und Burnout durch Stress mediiert wird, 2.) CSE negativ mit Burnout einhergehen und 3.) den Zusammenhang zwischen SV und Burnout negativ moderieren.

Die statistische Prüfung mittels Strukturgleichungsmodell erfolgt an Daten von 284 Lehrenden (M=40,3, SD=10,5; davon n=243 weiblich). Erhoben wurde das Risiko für Burnout mit dem Maslach Burnout Inventory-Educators Survey (Maslach et al., 2018; 22 Items), die aktuelle Stressbelastung mit der Screening-Skala zum Chronischen Stress (Trierer Inventar zum Chronischen Stress; Schulz et al., 2004; 3 Items). Die sensorische Verarbeitungssensitivität wurde mit der Highly-Sensitive-Person-Skala (Aron & Aron, 1997; 27 Items) erhoben; die Core-Self-Evaluations mit der Allgemeinen Core-Self-Evaluations- Skala (Brückner, 2020; 12 Items) und Neurotizismus mittels Short Big Five Inventory (BFI-S;Lang et al., 2011; 3 Items). Die genutzten Instrumente wurden mittels Likert-Skalen erfasst und zeigten eine zufriedenstellende bis gute Reliabilität. Faktorenstrukturen wurden überprüft.

Das Modell weist einen guten Fit auf (χ2(73)=122.225; p<.01; CFI=0,973; TLI=0,966; RMSEA=0.050; SRMR=0.051). Es zeigt sich, dass 1.) Stress den Zusammenhang von SV und Burnout mediiert (IE(a*b)=.40; p<.001; TE(a*b+c)=.69; p<.001), 2.) höhere Werte der CSE mit niedrigeren Werten in Burnout einhergehen (ß=-.75; p<.001), und 3.) CSE den Zusammenhang zwischen Stress und Burnout negativ moderieren (Int=-.13; p<.001). Simple- Slope-Analysen legen nahe, dass Veränderungen der CSE-Ausprägungen lediglich im unteren Wertebereich einen signifikanten Einfluss auf den Zusammenhang von SV und Burnout haben (ß=.40; p=0.03). Unter Kontrolle von Neurotizismus wird weder der Zusammenhang zwischen SV und Stress (a=-.09; p=.31), noch die Mediation durch Stress (c‘=.13; p=.21) signifikant. Das Modell erklärt 61,1% der Varianz in Stress und 73% in Burnout.

Die Ergebnisse legen nahe, dass SV und Neurotizismus hohe konzeptuelle Überschneidungen aufweisen, und hohe Ausprägungen das Risiko für Burnout erhöhen, während CSE das Burnoutrisiko abpuffern können.



Forward testing effect: Retrieval-based learning of key-term definitions in tertiary education – the role of temporal placement and motivation

C. Ritter1, H. Hausman4, K. Koslowski2, F. Hahne1, R. Gaschler3, V. Kubik1

1University of Würzburg, Germany; 2University of Leipzig, Germany; 3FernUniversität Hagen, Germany; 4University of California, USA

Abstract

Retrieval practice enhances subsequent learning of new content relative to restudy. In this study (N = 559), we examined this forward testing effect (FTE) in an authentic educational context, in which students learned key-term definitions of relevant course material. Specifically, we examined the relative efficacy of when the interim test, versus restudy, was administered: before (pre-test), after (post-test), or both before and after (pre- and-post-test) the initial study phase. The results showed an overall FTE independent of the timing of the interim test. More specifically, the combined administration of both pre- and post-tests enhanced subsequent learning. Although student motivation was positively associated with the learning outcome, interim testing did not reduce the decline in student motivation during the learning phase.

Zusammenfassung

Background: Interim tests during learning, as compared to restudy, directly benefit long-term retention (Carpenter et al., 2022; Dunlosky et al., 2013). However, they also enhance subsequent learning of new, not-yet-studied content. The latter finding is referred to as the forward testing effect (FTE; Pastötter & Bäuml, 2014; Yang et al., 2018). In this study, we investigated whether the timing of the interim test moderates the efficacy of the FTE, that is, whether test-induced retrieval practice is more efficient to enhance the encoding and/or retrieval of new information when interim tests are placed before, after, or both before and after studying the material. Prior research has shown that both pre- and post-tests can be effective in improving short- and long-term retention (e.g., Latimier et al., 2019; Pan & Sana (2021). However, to our knowledge, the relative efficacy of the interim tests’ timing on future encoding and/or retrieval has not yet been examined. Based on a motivational hypothesis, we expected that retrieval practice, compared to restudy, would reduce the decline in motivation across the learning blocks, thereby providing an advantage in encoding and retrieving of new content (Yang et al., 2019).

Method: In the present online study (N = 559 students), we examined the FTE in the real-world context of distance education using a 3-block learning procedure. Based on authentic course materials on the topics of learning, emotion, and motivation, students learned six key-term definitions in each of three consecutive learning blocks. We used a 2 (practice type: test vs. restudy) x 3 (timing of test: pre-, post-, vs. pre-and-post study) between-subjects design on criterial recall performance in Learning Block 3. Self-reported motivation was measured in both Learning Blocks 1 and 3.

Results & Discussion: We found evidence of an overall FTE and a FTE for combined pre- and post-tests, but not when only pre- or post-tests were administered. Contributing to evidence-based learning and teaching, the present work is one of the few studies to demonstrate the FTE in a real-world educational context. A combination of pre-tests and post-tests seems to be particularly helpful. The motivational hypothesis of the FTE could not be supported. Although student motivation was positively associated with the learning outcome, the benefit of pre-post-tests on the learning outcome was not mediated by a reduced decline in student motivation.

Implications: Interim tests cannot only improve long-term retention but also enhance learning of future learning in authentic educational contexts.



Eltern in die Schule bringen – welche Rolle spielen elterlicher SES, Familiensprache, Einstellung zur Eltern-Schule-Kooperation und kindliche Lesekompetenz für die Teilnahmemotivation und -intention an einem schulbasierten Elternbildungsangebot?

F. P. Fischer, J. Gorges

Philipps-Universität Marburg, Deutschland

Abstract

Sozial benachteiligte Eltern kooperieren weniger mit der Schule des Kindes und nehmen weniger an Elternbildungsangeboten teil, in denen bspw. effektive Strategien zur Unterstützung des häuslichen Lernens vermittelt werden, obwohl ihre Kinder besonders davon profitieren würden. Die vorliegende Studie (N = 888; 86.9% weiblich) untersuchte daher vor dem Hintergrund der Erwartungs-Wert-Theorie die Rolle des elterlichen sozialen Hintergrunds, ihrer Einstellung zur Eltern-Schule-Kooperation und der Lesekompetenz des Kindes für den subjektiven Wert und die wahrgenommenen Kosten eines schulbasierten Elternbildungsangebots zur Förderung der Eltern-Schule-Kooperation und deren Beitrag zur elterlichen Teilnahmemotivation und -intention. Entgegen gängigen Stereotypen trug ein niedriger SES sowohl zu einem höheren wahrgenommenen Wert des Angebots bei, welcher sich positiv auf die Teilnahmemotivation und -intention auswirkte, als auch zu einer geringeren Teilnahmeintention.

Zusammenfassung

Die Corona-Pandemie hat erneut gezeigt, wie entscheidend effektive Eltern-Schule-Kooperation für den Lernerfolg der Schüler*innen ist. Dennoch kooperieren Eltern mit niedrigem sozioökonomischem Status (SES) und Migrationshintergrund, deren Kinder am meisten von der elterlichen Beteiligung profitieren würden, weniger mit Lehrkräften und Schulpersonal (Berthelsen & Walker, 2008) und nehmen weniger an Elternbildungsangeboten teil (Bauer & Bittlingmayer, 2005), in denen bspw. die Relevanz sowie effektive Strategien elterlicher schulischer Unterstützung vermittelt werden. Präventive Angebote mit dem Ziel, ungleiche Ressourcen zwischen Eltern mit niedrigem vs. hohem SES und mit vs. ohne Migrationshintergrund zu verringern, können daher im Gegenteil zu einem noch größeren Ressourcengefälle beitragen (Walper, 2021). Dieses Phänomen wirft die Frage auf, welche motivationalen Mechanismen dem Zusammenhang zwischen niedrigem SES, einem Migrationshintergrund und geringerer Teilnahme an Elternbildung zugrunde liegen. Die vorliegende Studie (N = 888; 86.9% weiblich) untersuchte daher vor dem Hintergrund der Erwartungs-Wert-Theorie (Eccles & Wigfield, 2020) und mit Bezug auf ein kostenloses, bevorstehendes Elternbildungsangebot zur Förderung der Eltern-Schule-Kooperation an der Schule des Kindes, welche Rolle der elterliche SES, die Familiensprache (immer vs. nicht immer Deutsch), die Einstellung der Eltern zur Eltern-Schule-Kooperation (utilitaristischer, intrinsisch-persönlicher Wert) und die Lesekompetenz der Kinder für den inhalts- und statusbezogenen subjektiven Wert und die wahrgenommenen Kosten des Angebots spielen. Inhalts- und statusbezogener Wert und Kosten wurden wiederum als Prädiktoren der elterlichen Teilnahmemotivation (i.S. einer Gesamtbewertung des Elternbildungsangebots) und Teilnahmeintention am Elternbildungsangebot angenommen. Mediationsanalysen zeigten entgegen gängigen Stereotypen, dass Eltern mit einem niedrigeren (vs. höheren) SES sowie Eltern, die nicht immer (vs. immer) Deutsch sprechen, den inhalts- und statusbezogenen Wert positiver bewerteten. Zwischen elterlichem SES und wahrgenommenen Kosten des Elternbildungsangebots zeigte sich entgegen den Erwartungen kein signifikanter Zusammenhang, während Eltern, die nicht immer Deutsch sprechen, die Kosten wie erwartet höher bewerteten. Eine überdurchschnittliche (vs. durchschnittliche) kindliche Lesekompetenz trug zu geringer wahrgenommenen Kosten bei. Der utilitaristische Wert der Eltern-Schule-Kooperation trug positiv zum inhalts- und statusbezogenen Wert bei, während ein hoher intrinsisch-persönlicher Wert der Eltern-Schule-Kooperation die wahrgenommenen Kosten des Angebots verringerte. Der inhalts- und statusbezogene Wert sagte die Teilnahmemotivation und -intention am Elternbildungsangebot positiv vorher, die Kosten negativ. Während der subjektive Wert die Zusammenhänge zwischen elterlichem SES, Familiensprache und elterlicher Teilnahmemotivation und -intention mediierte, blieb ein direkter positiver Effekt von SES auf die Teilnahmeintention sowie ein negativer Effekt der Familiensprache auf die Teilnahmemotivation bestehen. Die Ergebnisse deuten insgesamt darauf hin, dass Eltern mit niedrigem SES und Migrationshintergrund durchaus motiviert sind, an dem Elternbildungsangebot teilzunehmen, aber dennoch eine geringe Teilnahmeintention haben. Aufsuchende Elternbildung wird als Strategie zur Überwindung von Teilnahmebarrieren diskutiert.

Bauer, U., & Bittlingmayer, U. H. (2005). Wer profitiert von Elternbildung? Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 25, 263-280. https://doi.org/10.25656/01:5674

Berthelsen, D., & Walker, S. (2008). Parents' involvement in their children's education. Family Matters, 79, 34-41.

Eccles, J.S., & Wigfield, A. (2020). From expectancy-value theory to situated expectancy-value theory: A developmental, social cognitive, and sociocultural perspective on motivation. Contemporary Educational Psychology, 61, 101859. https://doi.org/10.1016/j.cedpsych.2020.101859

Walper, S. (2021). Eltern und Schule – Chancen der Zusammenarbeit besser nutzen! Die Deutsche Schule, 113(3), 336–347. https://doi.org/10.31244/dds.2021.03.09



Individuelle Leseförderung durch Lehramtsstudierende auf der Basis von Lernverlaufsdiagnostik

S. Bez1, S. Merk2, K. Karst3

1Universität Tübingen/ Pädagogische Hochschule Karlsruhe; 2Pädagogische Hochschule Karlsruhe; 3Universität Mannheim

Abstract

Eine frühe, auf Lernverlaufsdiagnostik basierende adaptive Förderung von Leseflüssigkeit bei Kindern mit Schwierigkeiten im Leseerwerb gilt als lernförderlich. Obwohl erste (digitale) Plattformen vorliegen, die dies erleichtern, ist deren Anwendung in der schulischen Praxis eher selten und ohne weitere Unterstützung voraussetzungsreich. Daher wird in dieser Studie untersucht, inwiefern eine diagnosegeleitete Leseförderung mit Levumi durch geschulte Lehramtsstudierende die Entwicklung der Lesekompetenzen von Kindern mit Förderbedarf im Lesen beeinflusst (FF 1) und inwiefern sich diesbezügliche Einstellungen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Studierenden ändern (FF 2). Dazu führen Lehramtsstudierende (durch ein Hochschulseminar begleitet) derzeit diagnosegeleitete Leseförderung in Grundschulen durch. Zum Zeitpunkt der Konferenz liegen Daten der ersten Kohorte vor, auf deren Basis insbesondere methodische Fragen diskutiert werden sollen, z.B. die Modellierung der intensiven Längsschnittdaten der Lernverlaufsdiagnostik.

Zusammenfassung

Hinreichend ausgeprägte Lesekompetenzen gelten als eine zentrale Voraussetzung für Bildungserfolg und gesellschaftliche Teilhabe, wobei einer frühen Förderung der Leseflüssigkeit bei Kindern mit Schwierigkeiten im Leseerwerb eine wichtige Bedeutung zukommt. Hierbei gelten (digitale) Lernverlaufsdiagnostik und darauf basierende adaptive Förderung als lernförderlich (z.B. Förster et al., 2018): Denn Lernverlaufsdiagnostik bietet eine valide und sensitive Erfassung (von Veränderungen) der Lesefähigkeiten, was formative Rückmeldungen sowie die adaptive Förderung auf der Basis der individuellen Bezugsnorm ermöglicht und erleichtert. Dennoch scheint die Anwendung und Implementation in der schulischen Praxis voraussetzungsreich, da bspw. die adäquate Interpretation von Lernverlaufsdiagnostik nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann (z.B. Espin et al., 2018) und wissenschaftlich evaluierte Plattformen für das Lesen in Deutschland zwar vorliegen, aber (noch) nicht breit in der Praxis verankert sind (Jude et al., 2020).

Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Studie, inwiefern eine intensive, auf Lernverlaufsdiagnostik basierende Leseförderung durchgeführt von geschulten Lehramtsstudierenden die Lesekompetenzen von Schüler:innen der Grundschule mit Förderbedarf im Lesen beeinflusst (Forschungsfrage 1) und inwiefern sich Einstellungen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Lehramtsstudierenden bezüglich datengestützten Entscheidungen im schulischen Kontext verändern (Forschungsfrage 2).

Zu Beginn und Ende des Schuljahres werden die Lesekompetenzen der Schüler:innen mithilfe des ELFE II standardisiert erfasst und auf Basis der Eingangsmessung diejenigen Schüler:innen pro Klasse mit dem höchsten Förderbedarf ausgewählt. In einem Prä-Post-Design (insgesamt ca. 40 Klassen mit 3-5 Förderkindern pro Klasse, ca. 80 Studierende) führen aktuell Lehramtsstudierende über ein Schuljahr hinweg regelmäßig Lernverlaufsdiagnostik und darauf basierende Leseförderung mit der Plattform Levumi (www.levumi.de) als außerunterrichtliche Förderung durch. Dabei werden sie durch ein Hochschulseminar geschult und begleitet. So soll der Aufbau von positiven Einstellungen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen zu diagnosegeleiteter Leseförderung bei den Lehramtsstudierenden (Forschungsfrage 2) sowie die Lesekompetenz der Schüler:innen gefördert werden (Forschungsfrage 1). Da ein experimentelles Design für Forschungsfrage 1 nicht umsetzbar war, sollen die Effekte der diagnosegeleiteten Förderung auf die Lesekompetenz mithilfe von Matchingverfahren geschätzt werden, indem die Daten der Förderkinder mit möglichst ähnlichen Schüler:innen unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur gematcht werden sollen (Forschungsfrage 1a). Daneben soll der Lesekompetenzverlauf auf Basis der Lernverlaufsdiagnostik (intensive Längsschnittdaten mit ca. 14 Messzeitpunkten) within- und between-person exploriert werden (Forschungsfrage 1b). Die Veränderungen in den Einstellungen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Studierenden im Vergleich zu einer Kontrollgruppe sollen mithilfe von (Mehrebenen-)Regressionsmodellen analysiert werden.

Zum Zeitpunkt der Konferenz werden Daten der ersten Kohorte vorliegen, die vorgestellt und besonders hinsichtlich methodischer Fragestellungen diskutiert werden sollen.

Espin, C. A., Saab, N., Pat-El, R., Boender, P. D. M., & van der Veen, J. (2018). Curriculum-Based Measurement progress data: Effects of graph pattern on ease of interpretation. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 21(4), 767–792. https://doi.org/10.1007/s11618-018-0836-9

Förster, N., Kawohl, E., & Souvignier, E. (2018). Short- and long-term effects of assessment-based differentiated reading instruction in general education on reading fluency and reading comprehension. Learning and Instruction, 56, 98–109. https://doi.org/10.1016/j.learninstruc.2018.04.009

Jude, N., Ziehm, J., Goldhammer, F., Drachsler, H., & Hasselhorn, M. (2020). Digitalisierung an Schulen: Eine Bestandsaufnahme. DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation.

www.levumi.de



Die Bedeutung der Bildungssprachkompetenzen der Eltern für den Erwerb der Bildungssprache ihrer Kinder im Vorschulalter

M. Jambreus, A. Grob, S. Zehentmayer, S. Hasler, R. Segerer

Universität Basel, Schweiz

Abstract

Bildungssprachkompetenzen (BSK) von Kindern mit Migrationshintergrund sind mit den BSK der Eltern assoziiert. Durch Sprachförderung in Bildungseinrichtungen, möchte die Politik gleiche Bildungschancen für Kinder mit unterschiedlichen familiären Hintergrund gewährleisten und den Zusammenhang reduzieren. Die Studie untersucht, inwieweit die elterlichen BSK die BSK ihrer Kinder vorhersagen können und ob sich dieser Zusammenhang im Laufe der Jahre systematisch reduziert hat. Die Stichprobe umfasst >10'000 Vorschulkinder mit Deutsch als Zweitsprache (Durchschnittsalter 35,9 Monate; 47.7% weiblich) aus den Jahren 2013-2022. Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen den BSK der Eltern und den BSK ihrer Kinder sowie einen negativen (quadratischer) Moderationseffekt der Zeit. Weiterführende Analysen werden zeigen, ob ein positiver Trend im Hinblick auf die Bedeutung des Besuchs frühkindlicher Bildungseinrichtung für die BSK besteht.

Zusammenfassung

Bildungssprachliche Kompetenzen (BSK) sind ein wesentlicher Prädiktor für schulischen und beruflichen Erfolg (Edelmann 2017; Schuth, et al., 2017). Bisherige Forschung zeigt, dass Bildungssprachkompetenzen (BSK) von Kindern mit Migrationshintergrund stark mit den BSK der Eltern assoziiert sind (Buac et al., 2014; Keller et al., 2015). Um gleiche Bildungschancen von Kindern mit verschiedenen familiären Hintergründen zu gewährleisten, zielen politische Initiativen in vielen Ländern und Gesellschaften Europas darauf ab, diesen Zusammenhang mithilfe von früher Sprachförderung in Bildungseinrichtungen systematisch zu reduzieren (Vogt et al., 2022). Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass der Besuch einer frühkindlichen Bildungseinrichtung die BSK der Kinder fördern kann und für deren Entwicklung zentral ist (Egert et al., 2019).

Die vorliegende Studie nutzt die Daten aus dem Basler Projekt «Mit ausreichenden Deutschkenntnissen in den Kindergarten» aus den Jahren 2013 – 2022. Die Daten wurden im Rahmen einer flächendeckenden Sprachstanderhebung erhoben. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit die BSK der Eltern die BSK ihrer Kinder vorhersagen können und ob sich dieser Zusammenhang im Laufe der Jahre systematisch reduziert hat. Die Stichprobe umfasst >10’000 Vorschulkinder (Durchschnittsalter 35,9 Monate; 47.7% weiblich) mit Deutsch als Zweitsprache. Die BSK der Kinder wurden mittels dem validierten Elternfragebogen DaZ-E (Keller & Grob, 2013) erfasst. Die selbsteingeschätzten BSK der Eltern wurden für Mutter und Vater separat mit je einem Item erhoben.

Die Ergebnisse der multiplen Regressionsanalyse zeigen erwartungsgemäss einen signifikanten Zusammenhang zwischen den BSK der Eltern und den BSK ihrer Kinder. Dies auch nachdem für Alter, Geschlecht und Kontakthäufigkeit mir deutschsprechenden Kindern oder Erwachsenen in der Nachbar- oder Verwandtschaft kontrolliert wurde. Erwartungsgemäss zeigt sich ebenfalls ein signifikanter negativer (quadratischer) Moderationseffekt der Zeit.

Die Ergebnisse sind hypothesenkonform und stehen im Einklang mit bisherigen Befunden zum Zusammenhang zwischen BSK der Eltern und den BSK ihrer Kinder. Es kann vermutet werden, dass Eltern die über gute BSK verfügen, in der Regel auch eine differenziertere und anspruchsvollere Sprache verwenden, die ihre Kinder aufnehmen. Zudem könnte es sein, dass bei guter elterlichen BSK, die Eltern die Sprache innerhalb der Familie öfters verwenden (Hoff et al., 2019; Hammer et al., 2012). Tatsächlich scheinen auch die BSK der Kinder nach anfänglicher Verzögerung nicht mehr so stark an die BSK der Eltern gekoppelt zu sein, wie zu Beginn des Projekts. Weiterführende Analysen werden zeigen, ob sich ein gegenläufig positiver Trend im Hinblick auf die Bedeutung des Besuchs frühkindlicher Bildungseinrichtung für die BSK aufzeigen lässt. Die Ergebnisse dieser Studie könnten als Entscheidungsgrundlage für die Bildungspolitik dienen.



Förderung medienbezogener Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte: Rotary4Kitas - Eine Interventionsstudie

A. Mues, A. Wirth, T. Schiele, F. Niklas

Ludwig-Maximilians-Universität München, Deutschland

Abstract

Die Studie untersucht die Wirksamkeit einer Fortbildungsveranstaltung in Kombination mit der Bereitstellung von digitalen Ressourcen (Tablets und Lernapplikationen) für frühpädagogische Fachkräfte zum Themenbereich digitale Medienbildung. Die Daten von 50 pädagogischen Fachkräften wurden über zwei Messzeitpunkte erhoben und analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass sich sowohl das medienbezogene Wissen als auch das medienbezogene Handeln und die medienbezogenen Einstellungen der pädagogischen Fachkräfte über den Fortbildungszeitraum hinweg signifikant positiv verbessert haben. Die Studie unterstreicht die Wirksamkeit von Langzeitfortbildungen in Kombination mit der Verfügbarkeit von Ressourcen besonders für den Bereich der digitalen Medienbildung im Hinblick auf die Professionalisierung pädagogischer Fachkräfte.

Zusammenfassung

Digitale Medien und die Förderung früher Medienkompetenzen sind zu einem essentiellen Bestandteil der frühpädagogischen Praxis geworden (Scheidt et al., 2022). Dabei bieten die Erziehungs- und Bildungspläne der Bundesländer einen Orientierungsrahmen für die pädagogischen Fachkräfte. Die Umsetzung in der Praxis geschieht bisher jedoch noch zu selten und in geringem Umfang (Lienau & van Roessel, 2019; Stiftung Haus der kleinen Forscher, 2017). Häufig ist die Bereitstellung digitaler Medien und digitaler Infrastruktur als Problemlösung nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es einer Implementierung medienbezogener Inhalte in Aus-, Fort-, und Weiterbildung zur Unterstützung der Professionalisierung pädagogischer Fachkräfte und einer langfristigen Förderung medienbezogener Kompetenzen der Kinder (Reichert-Garschhammer, 2020; Nieding & Klaudy, 2020). Das Projekt „Rotary4Kitas“ setzt hier an und verfolgt das Ziel, pädagogische Fachkräfte fortzubilden und sie darin zu unterstützen, digitale Medien sinnvoll in ihren Alltag zu intergieren und langfristig auch die Kompetenzen der Kinder zu fördern.

Die vorliegende Studie befasst sich deshalb mit der Frage, inwieweit die Durchführung einer Fortbildungsveranstaltung und die inhaltliche Begleitung in Form von regelmäßigen Informationsschreiben sowie die Verfügbarkeit von digitalen Ressourcen (Tablets und Lernapplikationen) über einen Zeitraum von einem Jahr das medienbezogene Wissen und Handeln sowie die medienbezogenen Einstellungen der pädagogischen Fachkräfte verändern. Diese verschiedenen Facetten wurden von N = 50 pädagogischen Fachkräften über zwei Messzeitpunkte hinweg (t1 & t2) erhoben und anhand von gepaarten t-Tests analysiert.

Die Analysen zeigten, dass sich sowohl das medienbezogene Wissen als auch das medienbezogene Handeln und die medienbezogenen Einstellungen der pädagogischen Fachkräfte über den Fortbildungszeitraum hinweg signifikant positiv verbessert haben. Diese Ergebnisse verweisen auf eine positive Wirksamkeit von intensiv begleiteten Langzeitfortbildungen in Kombination mit der Verfügbarkeit von digitalen Ressourcen auf sowohl medienbezogene Einstellungen als auch auf das Wissen und Handeln pädagogischer Fachkräfte. Die Befunde bestärken die Forderungen einer stärkeren Fokussierung medienbezogener Inhalte im Kontext der Professionalisierung pädagogischer Fachkräfte und einer Implementierung dieser Inhalte in der Praxis. Zukünftig gilt es, den Zusammenhang von medienkompetenten pädagogischen Fachkräften und der Kompetenzentwicklung der Kinder im Kontext digitaler Medienbildung noch genauer zu untersuchen.

Lienau, T., & van Roessel, L. (2019). Zur Verankerung von Medienerziehung in den Bildungsplänen für Kindertageseinrichtungen. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 126–155.

Nieding, I., & Klaudy, K., (2020). Digitalisierung in der frühen Bildung. Der Umgang mit digitalen Medien im Spannungsfeld zwischen Schutzraum und Schlüsselkompetenz. In: Wilmers, Annika [Hrsg.]; Anda, Carolin [Hrsg.]; Keller, Carolin [Hrsg.]; Rittberger, Marc [Hrsg.]: Bildung im digitalen Wandel. Die Bedeutung für das pädagogische Personal und für die Aus- und Fortbildung. Münster; New York. Waxmann 2020, S. 31-56. doi: 10.25656/01:20761

Reichert-Garschhammer, E. (2020). Nutzung digitaler Medien für die pädagogische Arbeit in der
Kindertagesbetreuung. Expertise des IFP im Auftrag des BMFSFJ.

Scheidt, A., Klein, C. & Bempreiksz-Luthardt, J. (2022). Digitalisierung der KiTa. Kita Fachtexte, Nr. 5/2022.

Stiftung Haus der kleinen Forscher (2017). „Wie nutzen Erzieherinnen und Erzieher digitale Geräte in Kitas?“ – Eine repräsentative Telefonumfrage. Berlin. Verfügbar unter: https://www.haus-der-kleinen-forscher.de/fileadmin/Redaktion/3_Aktuelles/Presse/171213_Ergebnisse_zur_Telefonbefragung_Digitales.pdf



Parenting during the SARS-CoV-2 Pandemic: Insecure or Unresolved Attachment Representation is a Risk Factor for Harmful Parenting Behavior

F. Köhler-Dauner1, U. Ziegenhain1, M. Kipping1, I. Mayer1, J. M. Fegert1, A. Buchheim2

1Department Of Child And Adolescent Psychiatry/psychotherapy, University Of Ulm, Germany, Deutschland; 2Institute of Psychology, University of Innsbruck, Innsbruck, Austria

Abstract

This study aims to investigate whether maternal attachment representation mediates the relationship between maternal CM experiences and changes in parenting behaviour during the pandemic.Mediation analyses revealed that maternal attachment representations fully explained the relationship between maternal CM burden and parenting behaviours.CM has enduring effects on maternal attachment representations in adulthood. Mothers' attachment representations contribute to a further understanding of the intergenerational transmission mechanisms of CM in later adulthood by adopting a vulnerable parenting approach during difficult times.

Zusammenfassung

The current SARS-CoV-2 pandemic confronts a large number of young families with stressors. For mothers with a history of childhood maltreatment and neglect (CM), the stress during the current pandemic increases their already elevated risk for less sensitive parenting behaviours. This study aims to investigate whether maternal attachment representation mediates the relationship between maternal CM experiences and changes in parenting behaviour during the pandemic. A longitudinal study examined mothers' CM and their attachment representation. 92 mothers completed an online 'Pandemic' survey assessing their parenting behaviour since the pandemic. The likelihood of insecure attachment representation in adulthood increased with higher CM exposure. Compared to secure maternal attachment representation, insecure attachment representation predicted a greater increase in vulnerable parenting behaviours and a less pronounced increase in sensitive parenting behaviours and overall parenting quality since the onset of the pandemic. Mediation analyses revealed that maternal attachment representations fully explained the relationship between maternal CM burden and parenting behaviours.CM has enduring effects on maternal attachment representations in adulthood. Mothers' attachment representations contribute to a further understanding of the intergenerational transmission mechanisms of CM in later adulthood by adopting a vulnerable parenting approach during difficult times. It can be concluded that maternal attachment representations, especially in times of pandemic, should be considered as an important factor of interventions aimed at breaking the cycle of intergenerational transmission of CM



Feedback on professional competences in teacher education: A systematic review

S. Auchtor, A. Biermann, R. Brünken

Universität des Saarlandes, Deutschland

Abstract

Feedback in teacher education is defined as information given to the (prospective) teacher about their competence or performance relative to a standard or goal. The main objectives of this systematic review are to assemble, systematise, and interpret relevant findings from international research on feedback in different stages of teacher education for the time span of 2006 until 2022. The findings will allow to conclude principles and limitations of effective feedback in teacher education and update and extend prior reviews on feedback for teachers. The aim is to cover categories and modalities of feedback and the content of the feedback message regarding competence and performance, as well as the effect of feedback on competence and performance in teacher education.

Zusammenfassung

Feedback in teacher education is defined as information provided to (prospective) teachers regarding aspects of their performance or understanding relative to a standard or goal (Hattie and Timperley, 2007). Effective feedback for (prospective) teachers, which is known to be significant for learning and performance (Hattie and Timperley, 2007), can be seen as a step towards improving their competence and performance.

In this systematic review, feedback in different stages of teacher education from university education to in-service training is analysed in three categories: nature of feedback, temporal dimensions of feedback and provider of feedback (Scheeler, 2004). The first category, which also contains the content of the feedback message, will on the one hand be analysed on the four levels of cognitive complexity: task, process, self-regulation, and self (Hattie and Timperley, 2007; Wisniewski et al., 2022). On the other hand, it will be analysed concerning aspects of teacher competences regarding the COACTIV model: professional knowledge, beliefs, values, and goals, motivational orientations and self-regulation, and professional practice, which consists of instruction, counselling, cooperation, and general working practice (Baumert and Kunter, 2006; Kunter et al., 2013).

The review is going to address the following four questions:

1. To which aspect of professional competence (as described in the COACTIV model) do teachers receive feedback in teacher education?
2. Which feedback categories (as described in the four levels of cognitive complexity) are used in teacher education?
3. How is feedback delivered in teacher education (nature, temporal dimension and provider of feedback)?
4. What is the impact of one or more dimensions of feedback on the professional competence of teachers in different stages of education?

PRISMA 2020 guidelines were followed. The search in the four databases ERIC, SCOPUS, WoS and PsycInfo provided N=12.609 different papers which were independently screened by two raters for title and abstract with help of ASReview. Presently, a set of N= 95 full-text articles were identified for full-text screening. A complementing backwards search for included articles will be conducted. In each eligible full text, all data relevant to the research questions are coded and excerpted using MAXQDA. QUATSDD (Sirriyeh et al., 2011) will be used to evaluate the quality of the included publications.

The findings of this systematic review will allow to conclude principles and limitations of effective feedback on professional competence and performance in different stages of teacher education. Furthermore, prior reviews on effective feedback for teachers will be updated and extended.



The Happy Kindergarten Educator: Effects of Effort Reward Imbalance, Social Support, Resilience and Job Strain on Job Satisfaction

C. Haider, J. Holzer

University of Vienna, Österreich

Abstract

Purpose – This study examines effects of kindergarten educators’ effort-reward imbalance and social support of peers and managers on job strain and job satisfaction while taking resilience as a mediator into account.

Method – Statistical mediation analysis was conducted among questionnaire data obtained from 541 Austrian kindergarten educators.

Findings – Results revealed resilience to mediate the relation between social peer support and job strain. Neither the mediation paths of managerial support nor effort-reward imbalance were significant. However, effort-reward imbalance had a significant negative effect on job strain. Job strain in turn had a significant negative effect on job satisfaction.

Implications – The paper underlines the effects of effort-reward imbalance, social peer support and resilience on job strain and job satisfaction.

Zusammenfassung

The effects of restrictions to counter the spread of the COVID-19 pandemic, such as distance learning and the closure of public education facilities, have been extensively researched in secondary and tertiary level education contexts. However, early childcare and kindergarten institutions have been mostly out of research focus. Kindergarten educators typically face a lot of stress in their daily work, while at the same time only receiving little recognition (Backhaus et al., 2018; Gambaro et al., 2021). Yet, their situation during the COVID-19 pandemic became even more precarious. We set out to examine Kindergarten educators job strain and satisfaction during the COVID-19 pandemic.

Following Roedenbeck's (2008) complex model of job satisfaction, and Siegrist’s (1996) model of effort-reward-imbalance (ERI), we expected that perceived ERI would contribute to job strain, while social support from peers and managers would reduce it. In turn, job strain would impact job satisfaction negatively. We further expected the effects of social support and ERI on job strain to be mediated by kindergarten educator’s resilience in terms of personal resources and effective behaviour at work (Soucek et al., 2015). Data was collected via online questionnaires in April 2021. The full sample comprised 541, mostly female (f = 97.6%, m = 1.3%, d = 0.7%, N/A = 0,4%), Austrian kindergarten educators between 19 and 60 years of age (M= 35.27, SD= 10.34).

We conducted statistical mediation analysis based on 95 percent CI bootstrapping, yielding adequate fit (X2 = 806.675, df = 310, p < .001, CFI = .922, TLI = .912, RMSEA = .055, SRMR = .073). According to our assumptions, the effect of social peer support on job strain was mediated by resilience. The effect of ERI on job strain was not mediated by resilience, but ERI had a direct effect on job strain. Social managerial support had no effects on job strain nor resilience. Lastly, job strain had a negative effect on job satisfaction.

Focusing on a group of educators that has often been overlooked by researchers, this study revealed initial insights in the relations between perceived efforts and rewards and social support among kindergarten educators during the COVID-19 pandemic. It underlines the role of social peer support, individual resilience and effort-reward imbalance for job strain and job satisfaction.



Wie gehen Lehrkräfte mit nicht-suizidalem selbstverletzendem Verhalten von Schüler:innen um?

F. Greiner-Döchert1, B. Kracke2

1Universität Leipzig; 2Friedrich-Schiller-Universität Jena

Abstract

Jede:r vierte Schüler:in leidet unter einer psychischen Störung. Indes wird diese Zielgruppe bislang weder in der Lehrkräftebildung noch in der Bildungsforschung systematisch adressiert. Ein Symptom, das sehr häufig und bei verschiedenen psychischen Störungen auftritt, ist das nicht-suizidale selbstverletzende Verhalten (NSSV). Obwohl Lehrkräfte wichtige Bezugspersonen sein können und für die frühzeitige Identifizierung von NSSV und die Vermittlung von professioneller Unterstützung eine zentrale Rolle spielen, gibt es im deutschsprachigen Raum noch keine Studie zum Umgang von Lehrkräften mit NSSV bei Schüler:innen. Dieses Desiderat aufgreifend wird eine empirische Studie vorgestellt, die das handlungsbezogene Wissen von Lehrkräften untersucht. Die Ergebnisse der Studie liefern konkrete Ansatzpunkte für die Professionalisierung von Lehrkräften im Umgang mit NSSV von Schüler:innen, aber auch für schulische Inklusion im Allgemeinen.

Zusammenfassung

Hintergrund. Nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten (NSSV), welches als direkte und vorsätzliche Körperverletzung ohne tödliche Absicht verstanden werden kann, stellt ein schulisch relevantes Risiko im Jugendalter dar (KMK, 2004), das bei 25 bis 35 % der Jugendlichen in Deutschland zu beobachten ist (Plener et al., 2018). Auch wenn NSSV ohne suizidale Intention ausgeführt wird, leiden betroffene Jugendliche – v.a. bei langfristigem, repetitivem NSSV – häufig unter Suizidgedanken (Plener et al., 2017), und NSSV gilt als signifikanter Prädiktor für Suizid (Mars et al., 2019).

Dass Lehrkräfte an allen Schulformen mit NSSV von Schüler:innen konfrontiert werden, ist sehr wahrscheinlich. Trotz der hohen Prävalenz, der zusätzlichen psycho-emotionalen Belastung der Schüler:innen durch die COVID-19-Pandemie und der zentralen Rolle von Lehrkräften in Bezug auf die frühzeitige Identifizierung von psychischen Auffälligkeiten und der Vermittlung von professioneller Unterstützung (Greiner & Kracke, 2022) gibt es bislang keine Studie, die das handlungsbezogene Wissen von Lehrkräften für den Umgang mit NSSV von Schüler:innen über eine reine Selbsteinschätzung hinausgehend erfasst. An dieses Forschungsdesiderat knüpft unsere explorative Studie an.

Methode und Stichprobe. Eingesetzt wurde ein online-Fragebogen mit überwiegend offenen Items, die auf eine textbasierte Fallvignette rekurrieren. Die Fallvignette umfasst acht Hinweise auf NSSV. Die Lehrkräfte wurden nach Rezeption der Fallvignette darum gebeten, 1) die Warnhinweise für NSSV zu benennen, 2) professionelle Handlungsschritte zu formulieren sowie 3) notwendige Unterstützungssysteme anzugeben.

An der Befragung nahmen 121 Lehrkräfte (♀: 102, ♂: 17, k.A.: 2) weiterführender Schulen teil. Das mittlere Alter der befragten Lehrkräfte betrug 46.1 Jahre (SD=11.74). Im Durchschnitt hatten die Lehrkräfte 20 Jahre Berufserfahrung (min=0.25; max=45).

Die Antworten der Lehrkräfte wurden durch zwei Forscherinnen unabhängig voneinander codiert. Die Datenauswertung erfolgte quantifizierend.

Ergebnisse und ihre Bedeutung. 79 % der befragten Lehrkräfte berichteten von Erfahrungen mit NSSV von Schüler:innen, von denen knapp 80 % in ihrem beruflichen Alltag bereits mit mehr als einer Form von NSSV konfrontiert wurden. Nur zwei der 121 Lehrkräfte nannten alle acht Hinweise auf NSSV; der Großteil identifizierte zwei oder drei Hinweise. Am häufigsten wurden die Schnitte an den Unterarmen genannt (71 %), gefolgt von sozialem Rückzug (63 %) und langärmliger Kleidung (55 %). Jeweils etwa 1/4 der Lehrkräfte benannte die Sportatteste und die verfassten, traurigen Texte als mögliche Hinweise auf NSSV. Kaum genannt wurden der Leistungsabfall sowie die Angespanntheit und mentale Abwesenheit im Unterricht.

Die meisten Lehrkräfte (95 %) würde zunächst ein persönliches Gespräch mit der betroffenen Schülerin suchen. Etwas weniger als die Hälfte würde die Sorgeberechtigten informieren. 13 % würden Mitschüler:innen einbeziehen, 38 % würden sich an Kolleg:innen bzw. Schulsozialarbeiter:innen und Schulpsycholog:innen wenden.

Das Gate-Keeping, d.h. die Vermittlung an professionelle Unterstützungssysteme wie Schulsozialarbeit, Schulpsychologie sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie, scheint nur bei wenigen Lehrkräften Teil des Handlungsrepertoires zu sein.

Unsere Studie markiert konkrete Professionalisierungsbedarfe im Umgang mit NSSV von Schüler:innen, die insbesondere in einer sensiblen Wahrnehmung von Veränderungen bei Schüler:innen und in der Vermittlung professioneller Hilfe aber auch in der Reflexion des eigenen professionellen Verantwortungsbereiches und dessen Grenzen bestehen.



Wenn Eltern sich für ihre Kinder schämen: Die Rolle von elterlicher Scham für ihre Reaktionen auf schulische Misserfolge des Kindes

S. T. Steffgen1, J. Stiensmeier-Pelster2, N. Otterpohl1, M. Schwinger1

1Philips-Universität Marburg, Deutschland; 2Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland

Abstract

Elterliche bedingte negative Wertschätzung (CNR) ist eine Erziehungsstrategie, bei der Eltern Wertschätzung entziehen, wenn ihr Kind in der Schule versagt. Eltern mit Kind-basiertem kontingenten Selbstwert (CSE) neigen dazu, CNR einzusetzen. Diese Studie (N=206 Eltern) zeigt, dass elterliche Scham nach Misserfolg und Schambewältigungsstrategien (Rückzug und Angriff auf das Kind) diesen Zusammenhang mediieren. Die Ergebnisse konnten bei romantischen Paaren (N=211 Dyaden) repliziert werden, Scham und Angriff auf Partner:innen zeigten sich als Mediatoren. Die Studien zeigen die Rolle von Scham bei der Erklärung der negativen interaktionellen Effekte von CSE. Sie deuten darauf hin, dass CNR nicht als proaktive Motivationsstrategie verwendet wird, sondern eher reaktiv als Folge von Schamerleben resultiert. Theoretische und praktische Implikationen werden diskutiert.

Zusammenfassung

Elterliche bedingte negative Wertschätzung (CNR) ist eine Erziehungsstrategie, bei der Eltern Wertschätzung entziehen, wenn ihr Kind in der Schule versagt (Roth et al., 2009). CNR kann als Strategie verstanden werden, um schulisches Engagement der Kinder zu fördern und schlechte Noten zu verhindern. Eltern, deren Selbstwert von den Leistungen ihrer Kinder abhängt (Kind-basierter kontingenter Selbstwert; CSE), neigen dazu, CNR einzusetzen (Otterpohl et al., 2020). Der zugrunde liegende Prozess für diese Beziehung ist noch ungeklärt. CSE beinhaltet, dass Misserfolge im Kontingenzbereich selbstrelevante Emotionen wie Scham auslösen (Crocker & Park, 2004). Die Literatur über Scham geht von vier maladaptiven Schambewältigungsstrategien aus, die Personen einsetzen, um Scham zu reduzieren: Vermeidung, Rückzug, Angriff auf sich selbst, Angriff auf andere (Elison et al., 2006). Diese Studie untersucht, ob elterliche Scham und Schambewältigungsstrategien den Zusammenhang zwischen Kind-basierten CSE und CNR mediieren.

206 Eltern (86% Mütter) von Fünft- bis Zehntklässler:innen berichteten den Kind-basierten CSE. Anschließend erinnerten sich die Eltern an eine Situation, in der ihr Kind einen schulischen Misserfolg hatte (definiert als eine Note, die sie persönlich als schlecht empfanden). Die Eltern berichteten Scham, Schambewältigungsstrategien und CNR in Bezug auf diese Situation. In der Pfadanalyse sagte der Kind-basierte CSE die elterliche Scham vorher (β=.57, p<.001), welche wiederum alle vier Schambewältigungsstrategien vorhersagte (.32 <β<.58, p<.001). Rückzug (β=.26, p<.01) und Angriff auf das Kind (β=.45, p<.001) sagten CNR vorher (R2=.49, p<.001). Die indirekten Effekte via Scham und Rückzug (β=.08, p<.05) und via Scham und Angriff auf das Kind (β=.08, p<.001) waren signifikant. In einer weiteren Studie replizierten wir die Befunde in einer Stichprobe mit 211 romantischen Paaren. Partner-basierter CSE sagte Partner-CNR (wie von Partner:innen berichtet, R2=.10, p<.001) über Scham und Angriff auf Partner:innen vorher (β=.04, p<.05).

Diese Studien betonen die zentrale Rolle von elterlicher Scham in Misserfolgssituationen des Kindes. Vor allem die Strategien Rückzug und Angriff auf das Kind erklären die Verwendung von CNR. Eltern scheinen CNR nicht nur intentional einzusetzen, um schulisches Engagement zu fördern (proaktiv), CNR resultiert vielmehr aus maladaptiver Schambewältigung (reaktiv). Dieser Mechanismus lässt sich auf andere enge Beziehungen wie romantische Partnerschaften verallgemeinern. Es wird diskutiert, wie Erkenntnisse aus dem Forschungsfeld der Scham dazu beitragen können, die Auswirkungen von CSE besser zu verstehen. Zudem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Psychoedukation über die negativen Effekte von CNR nicht ausreicht, um CNR zu reduzieren. Vielmehr muss der elterliche Selbstwert und die Bewältigung der Scham in Misserfolgssituationen bei Prävention oder Intervention berücksichtigt werden.



Unterrichtsqualität an inklusiven Grundschulen - Ein systematischer narrativer Literaturreview

K. Bogda, N. Spörer

Universität Potsdam, Deutschland

Abstract

Bislang bleibt unklar, weshalb Schulkinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in inklusiven Grundschulen eine bessere Kompetenzentwicklung aufweisen als in Förderschulen. Eine mögliche Ursache ist die Unterrichtsqualität. Entsprechend des Angebots-Nutzungs-Modells wird die Unterrichtsprozessqualität durch zehn Merkmale definiert. In einem systematischen narrativen Literaturreview wird der Frage nachgegangen, wie die Unterrichtsqualität an inklusiven Grundschulen ausgeprägt ist. Mithilfe einer theoriebasierten Suchsyntax wurden in acht Datenbanken N = 8586 Publikationen ermittelt. Auf Basis von Ein- und Ausschlusskriterien wurden in zwei Selektionsschritten (Titel-Rating und Abstract-Rating) die relevanten Publikationen durch zwei unabhängige Rater:innen herausgefiltert. N = 42 Publikationen wurden in die Volltextanalyse einbezogen. Erste Ergebnisse zeigen, dass in bisherigen Forschungsarbeiten Differenzierung und Methodenvielfalt am häufigsten untersucht wurden und dass eine hohe Varianz hinsichtlich der Methodik der Studien besteht.

Zusammenfassung

Bisherige Studien zeigten, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine günstigere kognitive Kompetenzentwicklung aufweisen, wenn sie inklusiv beschult werden im Vergleich zur Beschulung an Förderschulen (Kocaj et al., 2014; Lindsay, 2007; Ruijs & Peetsma, 2009). Bislang bleibt ungeklärt, welche Charakteristika der Lernumwelt diese verschiedenen Kompetenzniveaus bedingen. Ein wichtiger Prädiktor für die Kompetenzen der Schulkinder ist die Unterrichtsqualität (Hattie, 2009). Entsprechend des Angebots-Nutzungs-Modells von Helmke (2010, 2017) lassen sich zehn Merkmale der Prozessqualität von Unterricht unterscheiden: Klassenführung, lernförderliches Klima, Motivierung, Klarheit und Strukturiertheit, Schülerorientierung, Aktivierung, Konsolidierung, Kompetenzorientierung, Umgang mit Heterogenität und Methodenvielfalt. Ein Literaturreview zur Unterrichtsqualität an Förderschulen ergab, dass sich bislang nur wenige Studien dieser Thematik widmeten (Bogda, Henke, Lambrecht, Bosse & Spörer, 2018). Dementsprechend stellt sich die Frage: Wie ist die Unterrichtsqualität an inklusiven Grundschulen ausgeprägt?

Das Ziel dieser Untersuchung ist es, den Forschungsstand zur Unterrichtsqualität inklusiver Grundschulen systematisch zu erheben. Dazu wurden bisherige Studien mithilfe eines systematischen narrativen Literaturreviews analysiert und synthetisiert, um folgende Forschungsfragen zu beantworten: Wie hoch ist die Unterrichtsqualität an inklusiven Grundschulen? Welche Stärken und Schwächen zeigen sich hinsichtlich der zehn Unterrichtsqualitätsmerkmale?

Zur Identifizierung relevanter Literatur wurden acht Datenbanken (z. B. PsycINFO, FIS Bildung) zur Recherche genutzt. Die Literatursuche basierte auf einer theoriegeleiteten Suchsyntax von 100 logischen Kombinationen deutscher Schlüsselwörter, welche die zehn Unterrichtsqualitätsmerkmale adressierten (z. B. Inklusion UND Schule UND Motivierung, Integrativ UND Schule UND Differenzierung). Anschließend wurden die N = 8586 ermittelten Publikationen in zwei Schritten selegiert, um adäquate Publikationen für die Volltextanalyse und Synthese herauszufiltern.

Im ersten Selektionsschritt entschieden zwei unabhängige Rater:innen anhand von fünf Ausschlusskriterien (z. B. ausschließlich nicht-deutsches Schulsystem, kein Bezug zur Unterrichtsqualität), ob eine Publikation auf Basis des Titels relevant war oder nicht. In diesem Schritt wurden N = 2103 Publikationen angenommen (κ = 0.78). Im zweiten Schritt beurteilten zwei unabhängige Rater:innen basierend auf dem Abstract die Eignung der zuvor selegierten Texte anhand von jeweils fünf Ein- und Ausschlusskriterien. Dabei wurden N = 42 Publikationen angenommen (κ = 0.90).

Aktuell werden diese verbleibenden Volltexte anhand eines deduktiven Kategoriensystems von zwei unabhängigen Rater:innen kodiert. Dieses umfasst Publikationsmerkmale, Aspekte zum Forschungsdesign und der Stichprobe sowie Kategorien hinsichtlich der Forschungsergebnisse. Erste Ergebnisse zeigen, insbesondere der Umgang mit Heterogenität sowie die Methodenvielfalt wurden in Studien am häufigsten adressiert. Motivierung und Konsolidierung hingegen wurden bei den bislang ausgewerteten Untersuchungen nicht berücksichtigt. Darüber hinaus ist die Vergleichbarkeit der Studien aufgrund von stark variierenden Methoden und Stichproben limitiert. Die Resultate des systematischen narrativen Literaturreviews werden auf der Tagung präsentiert.



Implicit Assumptions of (Prospective) Music School Teachers About Musically Gifted Students

L. Bareiß1, F. Platz2, M. Wirzberger1

1University of Stuttgart, Germany; 2State University of Music and Performing Arts Stuttgart, Germany

Abstract

Stereotypical assumptions associating high giftedness with maladaptive behaviors and personality (disharmony stereotype) are rather prevalent in school and music domains and might affect teachers’ evaluations of students and curricular decisions. Using a controlled vignette approach with N=211 (prospective) German music schoolteachers, we investigated how background information, combined with a manipulated music recording, affected teachers’ assessment of a fictive student’s performance, behaviors, and personality and the curricular decisions they made. Experimental variations included the student’s supposed giftedness level, social interaction, age, and training duration. Our results contradict the disharmony stereotype but align with the harmony theory, since highly gifted students were rated similarly to or more positive than averagely gifted students. Teachers’ curricular decisions were not influenced by the background information.

Zusammenfassung

Existing research literature distinguishes between two conflicting theories of stereotypical assumptions regarding giftedness: the harmony theory (assumptions of superiority through giftedness; e.g., Persson, 1998) and the disharmony theory (assumptions of vulnerability through giftedness; e.g., Gallagher, 1990; Neihart, 1999; Preckel & Vock, 2021). To date, there have been mixed results concerning the appropriateness of both theories: Whereas the findings of implicit experimental studies have revealed the prevalence of the disharmony stereotype as a mental representation of (prospective) teachers in the school context and in the musical domain (e.g., Baudson & Preckel, 2013, 2016; Gnas et al., 2020; Matheis et al., 2017, 2020), numerous studies have refuted the disharmony stereotype and support the harmony theory instead (e.g., Costa-Giomi, 2015; DeYoung et al., 2014; Freund–Braier, 2009; Wirthwein et al., 2019; Zeidner & Shani-Zinovich, 2011).

Our experimental study investigated the implicit assumptions of N=211 (prospective) music schoolteachers about allegedly musically gifted students. The 2x2x2x2 factorial between-subjects design was conducted, resulting in 16 conditions that were realized by a vignette approach, whereby participants randomly received one of 16 vignettes. We added a controlled manipulation of a fictive music performance to the narrative part of the vignette to provide further information about the proficiency level of the fictive student within the vignette. Independent variables were the fictive students’ level of giftedness (musically gifted or average), age (8 or 15 years), training duration (two or four years of instrumental lessons), and social interaction (positive or negative). Behavioral characteristics (assumptions about gifted persons; Preckel & Matheis, 2017), personality traits (Five Factor Questionnaire for Children; Asendorpf, 1998), and curricular decisions (piano piece selection) served as dependent variables, with participants‘ teaching experience acting as the covariate.

Results of multivariate analyses of covariance and follow-up univariate posthoc tests indicated that teachers’ preconceptions of allegedly highly gifted students were a high level of intellectual and musical abilities with behavioral characteristics and personality traits rated at least equivalent to those of allegedly averagely gifted students. Thus, the results align with the harmony stereotype. Background information about the fictive students‘ social interaction had no moderating impact on these findings. Results of chi-squared tests and log-linear analyses indicated that teachers’ curricular decisions were not influenced by background information.

Drawing on the dynamics of self-fulfilling prophecies (Merton, 1948), teachers’ expectations and stereotypical attitudes can significantly influence students’ behavior, performance, and development (Davidson et al., 1998; Gagné, 2009; Gagné & McPherson, 2016). Especially, the existence of the harmony stereotype might place students under pressure and make them feel they cannot live up to expectations (Baudson & Preckel, 2016). According to the stigma of giftedness theory (Coleman & Cross, 1988; Cross, 2005), students may be worried about being excluded because of their giftedness, resulting in dysfunctional behaviors. Training programs provided in initial and continuing teacher education can make a targeted contribution to raising awareness and counteracting stereotypical assumptions in the long term (cf. Gnas et al., 2020).



Fehlerdetektion und Fehlerkorrektur von Grundschulkindern beim Diktat

P. Marx1, S. Tiffin-Richards2, J. Lenhart3

1Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Deutschland; 2Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Deutschland; 3Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland

Abstract

Bisher wurde das Überarbeitungsverhalten von Grundschulkindern im Anschluss an Diktate kaum untersucht, weder hinsichtlich der Häufigkeit von Überarbeitungen noch hinsichtlich deren Nutzens. Konträr zum alltagspsychologischen Glauben an die Korrektheit des ersten Gedankens, ist der generelle Nutzen einer Kontrolle und Überarbeitung eigener Antworten gut belegt (Tiffin-Richards et al., 2022). In einer neuen Studie sollen nun die Erkenntnisse aus Studien mit gebundenen Antwortformaten auf die schulisch relevante Situation des Diktats übertragen werden. Analysiert werden soll, ob Grundschulkinder 1) beim erneuten Durchlesen ihrer Diktattexte in der Lage sind, ihre eigenen Fehler zu erkennen und zu verbessern und 2) welche Art von Fehlern erkannt und verbessert werden bzw. übersehen werden.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund: Die Frage, ob bereits Grundschulkinder ihre Antworten in Klassenarbeiten überprüfen und ob sie von der Überprüfung profitieren, ist aus didaktischer und psychologischer Sicht hochrelevant. Konträr zu der intuitiven Annahme, dass man die erste Antwort nicht ändern sollte (Couchman et al., 2016; Kruger et al., 2005), weisen empirische Befunde ganz klar daraufhin, dass Studierende (Stylianou-Georgiou & Papanastasiou, 2017; Tiffin-Richards et al., 2022) und Schüler:innen (Beck, 1978 für Leseaufgaben; Kim, 2019 für Mathematikaufgaben) in der Regel bessere Leistungen erzielen, wenn sie ihre Antworten in Klausuren überarbeiten. Bei der Überarbeitung von Klausuraufgaben sind drei Regelmäßigkeiten zu erkennen (Higham & Gerrad, 2005): 1) es werden in der Regel nur sehr wenige Antworten verändert, 2) diese Veränderungen führen zu mehr Korrekturen von Fehlern (etwa 2/3) als Änderungen von richtigen zu falschen Antworten (etwa 1/3), und 3) nicht alle Schüler:innen verändern Klausuraufgaben (Benjamin et al., 1984; Mueller & Wasser, 1977; Waddell & Blankenship, 1994).

Fragestellung: Wie gut gelingt Kindern der dritten und vierten Jahrgangsstufe die Überwachung der selbst geschriebenen Texte und die darauf basierende Überarbeitung?

Methode: Die Erhebung ist als Klassentestung an etwa 300 Kindern der dritten und vierten Jahrgangsstufe vorgesehen. Im ersten Teil wird ein traditionelles Diktat (DERET 3-4+; Stock & Schneider, 2008) durchgeführt, indem ein Fließtext von einer Testleitung vorgelesen und von den Kindern mitgeschrieben wird. Am Ende des Diktats beantworten die Kinder die Frage, wie gut sie ihre Leistung im Diktat einschätzen (metakognitive Überwachung). Im zweiten Teil werden die Kinder darauf hingewiesen, dass sie Zeit haben, ihren Diktattext noch einmal durchzulesen und alle Wörter zu unterstreichen, bei denen sie sich unsicher sind. Diese können sie anschließend gegebenenfalls korrigieren. Für den dritten Teil füllen die teilnehmenden Kinder einen kurzen Fragebogen aus, in dem personenbezogene Daten wie Geschlecht, Sprachgebrauch und Selbsteinschätzung in verschiedenen Schulfächern abgefragt wird. Die Lehrkräfte füllen einen kurzen Fragebogen aus zur üblichen Handhabung der Diktate und bisher vermittelter Strategien zur Überarbeitung.

Ergebnisse: Die Datenerhebung wird erst im Juli 2023 abgeschlossen sein.

Theoretische Implikationen: Perspektivisch können Fragen zum Zusammenspiel von Überwachungs- und Regulationsprozessen in ökologisch validen (Prüfungs-)Situationen adressiert werden.

Praktische Implikationen: Implikationen für die Didaktik können sich ergeben, indem die Effektivität verschiedener Interventionsansätze (z.B. Mitsprechen, Silbenbögen, Regelanwendung) zur Verbesserung des Überwachungs- und Überarbeitungsverhaltens untersucht wird.



Bias Blind Spot in Lehr-Lern-Kontexten

E. Aschermann, M. Jekel

Universität zu Köln, Deutschland

Abstract

Der Bias Blind Spot (BBS) besagt, dass sich Personen weniger von kognitiven Urteilsfehlern beeinflusst einschätzen als andere Personen. Die vorliegenden Studien analysierten den Bias Blind Spot im Kontext der hochschulischer Lehr-Lernprozesse. In drei Experimenten wurden die Veränderbarkeit des BBS durch verschiedene Achtsamkeitsinterventionen (Exp. 1 und 2) sowie die Bedeutung der Persönlichkeitsvariable Demut für das Ausmaß des BBS im Bereich der Psychotherapie-Ausbildung (Exp. 3) untersucht. Methodisch wurden alle relevanten Faktoren (Vignetteninhalte, Perspektive der Beurteilung, Reihenfolgen etc.) randomisiert in Experimenten umgesetzt.

Es zeigte sich, dass der BBS nicht bedeutsam durch Achtsamkeitsinterventionen zu reduzieren ist (Exp. 1 und 2), der Effekt auch in diagnostisch relevanten Situationen der Psychotherapieausbildung robust auftritt, wobei Demut als Persönlichkeitsvariable einen signifikanten Beitrag zur Varianzaufklärung leistet (Exp. 3).

Zusammenfassung

Hintergrund

Der Bias Blind Spot (BBS) ist ein Metabias, der beschreibt, dass Menschen sich selbst als weniger von kognitiven und motivationalen Urteilsfehlern (z. B. Halo-Effekt, fundamentaler Attributionsfehler, Base-Rate-Neglect) beeinflusst einschätzen als andere Personen (Pronin et al., 2002). Da sich der BBS negativ auf Entscheidungen und Konflikte auswirken kann, sind Interventionen zur Reduktion dieses Urteilsfehlers in Lern- und Beurteilungskontexten relevant. So konnte der Correspondence Bias erfolgreich durch eine Achtsamkeitsübung reduziert werden (Hopthrow et al., 2017). In therapeutischen Kontexten kann der BBS besonders bedeutsam sein, wenn bei diagnostischen Einschätzungen der Balken im eigenen Auge nicht erkannt wird. Hier sind insbesondere Faktoren interessant, die durch Lern- und Reflexionserfahrungen verändert werden können, wie es für das Merkmal Demut nachgewiesen werden konnte (Watkins & Mosher, 2020).

Fragestellung

Ziel des Projektes war es, die Bedeutung und Veränderbarkeit des BBS in Lehr-Lernkontexten anhand von situationsspezifischen Fallschilderungen zu untersuchen. In Erweiterung bisheriger Studien wurden die Fallschilderungen spezifisch an Situationen aus dem akademischen Kontext (Studium, Lehramt, Therapie) angepasst. Weiterhin wurden verschiedene Beurteilungsfehler genutzt, um die Generalität des BBS abzuschätzen. In Experiment 1 und 2 wurden verschiedene Achtsamkeitsinterventionen eingesetzt, in Experiment 3 wurde anhand einer Stichprobe von Psychoterpeut*innen in Ausbildung (PiA) die Beziehung des BBS zum Merkmal Demut in therapietypischen Fallschilderungen analysiert.

Methode

Alle Experimente wurden als Online-Studien mit gemischt-faktoriellen Designs durchgeführt. Die Teilnehmer *innen erhielten für jeden Urteilsfehler eine Vignette, in der ein Protagonist einen Urteilsfehler begeht. Die abhängige Variable der Studie war die Einschätzung der Teilnehmer *innen, wie stark der Protagonist diesen Fehler im Allgemeinen begeht. Jede Versuchsperson erhielt einen von drei inhaltsgsleichen Vignetten, die sich lediglich in der Perspektive des Protagonisten unterschieden (Selbst, Kommiliton*in oder Expert*in). Der BBS ergibt sich aus dem Vergleich der Einschätzung des Fehlers zwischen Selbst- und Fremdperspektive. Zusätzlich wurden in Experiment 1 und 2 verschiedene Interventionen durchgeführt, die die Achtsamkeit der Teilnehmenden erhöhen sollten, um zu untersuchen, ob der BBS von der Achtsamkeit der Teilnehmenden abhängt. In Studie 3 bearbeiteten die Teilnehmer *innen stattdessen einen Fragebogen zur eigenen Demut, um zu untersuchen, ob der BBS durch das Ausmaß eigener Demut moderiert wird.

Ergebnisse

Es zeigte sich, dass die verschiedenen Achtsamkeitsinterventionen an zwei unabhängigen Stichproben mit unterschiedlichen Urteilsfehlern und verschiedenen Vignetten keinen bedeutsamen Einfluss auf das Ausmaß des BBS hatten. Auch im Kontext Therapieausbildung konnte der BBS nachgewiesen werden, hier trug die Selbsteinschätzung hinsichtlich der eigenen Demut bedeutsam zur Varianzaufklärung bei.

Diskussion und Implikationen

Der Meta-Urteilsfehler konnte in den Kontexten Hochschule und Therapie nachgewiesen werden, in denen Entscheidungen weitreichende Konsequenzen haben können. Eine Reduktion des BBS durch Aufklärung oder Achtsamkeitsübungen scheint zumindest kurzfristig vergleichbar wenig wirksam. Die Frage, inwieweit eine Förderung der Selbsteinschätzung hinsichtlich der eigenen Demut einen erfolgversprechenden Weg darstellt, den BBS zu reduzieren, muss weiter untersucht werden. Gerade in akademischen Kontexten mit hoher Selbstverantwortung bei diagnostischen Entscheidungen kann so möglicherweise die Beurteilungsqualität verbessert werden.



Learning Situations of First Graders during the Covid Years: A Comparison between First Graders' Mathematical and Linguistic Skills in the Years 2021 and 2022

A. Becker, J. Maurer, M. Daseking

Helmut-Schmidt-University, Deutschland

Abstract

This study examines the impact of COVID-19-related school closures on the learning outcomes of first graders in Hamburg, Germany. The performance of two large cohorts of first graders in 2021 and 2022 is compared on the KEKS1 test (Kompetenzerfassung in Kindergarten und Schule; May and Bennöhr, 2013) to assess their mathematical and linguistic skills. The findings suggest that monitoring the learning outcomes of cohorts affected by COVID-19-related school closures is crucial to support their academic progress.

Zusammenfassung

Theoretical Background:

The learning situation of first graders is influenced by a wide variety of factors. In some cases, there are significant differences in the linguistic (e.g. Kotzerke et al., 2013) and mathematical (e.g. Aunola et al., 2004) prerequisites that children bring with them at the beginning of the first grade. These differences in competencies, such as insufficient German language skills, can have a long-term impact on further school and educational careers (Blossfeld et al., 2011). While the childcare situation of first-graders in Germany in 2021 was still heavily affected by preschool and kindergarten closures due to the Covid pandemic in the year before their enrollment, in 2022 there were no more area-wide closures of schools and preschools. It can be assumed that the closures of (pre-)school educational institutions had an impact on competencies in the so-called precursor skills and might have affected the learning situation at the start of first grade.

Method:

At the beginning of the 2021/2022 school year, a sample of first graders from Hamburg's elementary schools was tested for learning outcomes in mathematics and language skills using the KEKS1 test (Kompetenzerfassung in Kindergarten und Schule; May and Bennöhr, 2013). In the first grade, the KEKS1 can be used to assess the learning situation in the first six weeks after the start of school. In 2021, data from 1707 first graders (49.4% female) from 28 different elementary schools in Hamburg were obtained. Schools were randomly selected from all public elementary schools in Hamburg. Samples of first graders from the same schools were tested in 2022 (n = 1600).

Results:

Here, we compare the performance of first graders enrolled in 2021 with the performance of children enrolled in 2022. In the overall language score, in the 2021 sample, 23% achieved a very low percentile rank of less than 10, 14.3% achieved a low percentile rank between 11-25, 39% achieved a medium percentile rank between 26 and 75, 11.9% achieved a higher percentile rank between 76 and 89, and 11.9% achieved a percentile rank of greater than 90. Data from the 2022 sample is still pending and will be compared to the 2021 sample.

Implications for Theory and Practice:

Possible differences in the cohorts, when controlling for factors such as migration background, socioeconomic background, and possible language support needs, may be attributed to pandemic-related limitations. It is important to continue to track the learning status, especially of these cohorts affected by Covid-related school closures, to identify early learning backlogs and implement early interventions.



The impact of quarantine measures in the context of the SARSCoV-2 pandemic on the mental health of preschool children - including stressful life events of parents

F. Köhler-Dauner, M. Gulde, K. Rost, U. Ziegenhain, J. M. Fegert

Department Of Child And Adolescent Psychiatry/psychotherapy, University Of Ulm, Germany, Deutschland

Abstract

The aim of the study is to examine, longitudinally over the course of the pandemic, the impact of maternal adverse childhood experiences on the mental health of children aged 3-6 years. Our analyses showed that children's emotional problems increased significantly during the two lockdowns. Mothers with CM reported significantly higher emotional problems for their children at each measurement point. Furthermore, mothers with CM reported a significantly greater increase in emotional problems during the pandemic. The results suggest that pandemic disasters can create a condition that can negatively affect young children's emotional health.

Zusammenfassung

The link between stressful childhood experiences (CM) and negative mental health outcomes has long been documented. Special quarantine measures to protect health in the context of the SARS-CoV-2 pandemic, can be understood as stressful life events that represent an intervention in children's daily lives. A stable parental home seems to be an important protective factor in coping with the negative effects of a pandemic, while previous parental stress seems to increase the risk of being negatively affected by the pandemic, especially in young children. The aim of the study is to examine, longitudinally over the course of the pandemic, the impact of maternal adverse childhood experiences on the mental health of children aged 3-6 years. At three measurement points, 74 mothers with preschool children completed an online survey examining pandemic-related stress in their families, including their children's mental health. Our analyses showed that children's emotional problems increased significantly during the two lockdowns. Mothers with CM reported significantly higher emotional problems for their children at each measurement point. Furthermore, mothers with CM reported a significantly greater increase in emotional problems during the pandemic. The results suggest that pandemic disasters can create a condition that can negatively affect young children's emotional health. In this context, maternal CM appears to be an important predictor of how severely children are affected by the pandemic. Because pandemic disasters are unique and there are no predictable interventions for prolonged support and recovery, specific response strategies are needed to address the emotional health needs of young children and their mothers



Durchstarten oder Stagnieren? Wie heterogen sind Lernverläufe in Mathematik in der zweiten Klasse?

O. Urbach, N. Goldboom, N. Förster, E. Souvignier

WWU Münster, Deutschland

Abstract

Anhand der Daten von 6294 Kindern der zweiten Klasse werden Lernverläufe über ein Schuljahr in Mathematik im Hinblick auf Vorläuferfähigkeiten und Rechenfähigkeit analysiert. Das zentrale Ziel der Studie besteht darin, zu überprüfen, inwiefern sich unterschiedliche Entwicklungsverläufe bei Zweitklässlern identifizieren lassen. Erfasst wurden die Lernverläufe in vier Schuljahren anhand von jeweils acht Messzeitpunkten mit einer web-basierten Lernverlaufsdiagnostik. Vorläufige Analysen latenter Wachstumskurvenmodelle zeigen allgemeine Zuwächse in beiden Teilkompetenzen, die interindividuell variieren. Anschließende latente Klassenanalysen ergaben ein 7- bzw. 8- Klassen-Modell, mit sowohl stagnierenden als auch positiven Lernverläufen. Die Befunde unterstreichen die Vorteile einer Lernverlaufsdiagnostik, um vor allem stagnierende Verläufe und potenzielle Risikoentwicklungen frühzeitig zu identifizieren, so dass zeitnah Fördermaßnahmen ergriffen werden können, wenn Kinder vom gegebenen Unterricht nicht profitieren.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

Wenn über die Heterogenität von Kindern gesprochen wird, steht typischerweise das Leistungsniveau im Fokus, während Unterschiede im Hinblick auf die Leistungsentwicklung seltener thematisiert werden. Im Kontext mathematischer Fähigkeiten weisen vorliegende längsschnittliche Analysen vornehmlich auf eine kumulative Leistungsentwicklung hin, d.h. dass sich frühe Leistungsunterschiede über die Zeit vergrößern (z.B. Aunola et al., 2004; Jordan et al., 2006). In Studien, in denen nach mathematischen Teilkompetenzen differenziert wurde, wurden neben kumulativen aber auch kompensatorische, d. h. sich wieder annähernde Muster für einzelne Teilkompetenzen gefunden (Geary et al., 2012). In latenten Klassenanalysen in der ersten Klasse fanden Salaschek et al. (2014) sowohl kumulative als auch kompensatorische Verläufe für die Teilkompetenzen Vorläuferfähigkeit und Rechenfähigkeit.

Fragestellung

Wie groß sind interindividuelle Unterschiede im Lernzuwachs in Mathematik für Vorläuferfähigkeiten (Mengen- und Zahlbegriff) und Rechenfähigkeiten in der zweiten Jahrgangsstufe? Lassen sich unterschiedliche Entwicklungsverläufe für Vorläuferfähigkeiten und Rechenfähigkeiten klassifizieren?

Methode

Zur Beantwortung der Fragestellungen werden die Lernverläufe von Zweitklässlern aus den Schuljahren 2015/16 bis 2018/19 (N = 6294) in Mathematik über ein Schuljahr hinweg analysiert. Diese wurden mit der web-basierten Lernverlaufsdiagnostik quop (Souvignier et al., 2021) erhoben, in welcher die Kinder zu acht Messzeitpunkten im Abstand von circa drei Wochen Paralleltests bearbeiten. Die quop-M2 Testreihe erfasst zwei Kompetenzbereiche: mathematische Vorläuferfähigkeiten (4 Aufgabentypen) und Rechenfähigkeit (6 Aufgabentypen; Salaschek & Souvignier, 2014). Um die Lernzuwächse und interindividuellen Unterschiede im Lernzuwachs in den beiden Teilkompetenzen zu analysieren, werden nach Prüfung der Messinvarianz latente Wachstumskurvenmodelle (LGCM) gerechnet. Zur Identifikation unterschiedlicher Entwicklungsverläufe werden Latente Klassenwachstumsanalysen (latent class growth analysis, LCGA) geschätzt. Alle Analysen werden in MPlus 6.1 durchgeführt.

Ergebnisse

Vorläufige Analysen weisen zunächst aus, dass im Mittel über das Schuljahr hinweg in beiden Kompetenzbereichen Zuwächse erzielt werden, wobei diese Zunahme interindividuell variiert (Slopevarianz). Die LCGA-Ergebnisse weisen darauf hin, dass für die Vorläuferfähigkeiten ein sieben-Klassen-Modell, für die Rechenfähigkeiten ein acht-Klassen-Modell den besten Modellfit erzielt. Neben positiven sowie positiv kompensatorischen Entwicklungsverläufen liegen dabei auch stagnierende Entwicklungsverläufe für Kinder auf unterschiedlichen Leistungsniveaus vor.

Diskussion & Implikation für Theorie und Praxis

Die Ergebnisse zeigen neben Unterschieden im Leistungsniveau auch Unterschiede im Lernzuwachs und damit, dass Kinder in sehr unterschiedlichem Ausmaß vom Unterricht profitieren. Dies spricht dafür, dass eine einmalige Erfassung des Leistungsniveaus nicht ausreichend ist, um potentiell nachteilige (stagnierende) Entwicklungen zuverlässig zu erkennen. Eine prozessorientierte Lernverlaufsdiagnostik bietet Lehrkräften die Möglichkeit, die individuellen Verläufe zu erfassen und stagnierenden Verläufen durch bedürfnisorientierte Anpassungen des Unterrichts entgegen zu wirken.



Give Us an EASI Time, Please! - How Experienced Appreciation Should be Related to Learners' Motivation and Satisfaction in the School Context

M. Resch

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Abstract

Learners in the context of school as well as employees' in the work milieu should strive to secure a positive self-esteem. Understanding the maintanance of a positive self-image as a basic human need (Semmer et al., 2019) it is in question whether the associated assumptions do also apply to pupils' everyday life. Hence, we investigate the relation between experienced appreciation through teachers - applying the Stress as Offense to Self theory to the surroundings of school life - and students' satisfaction with and motivation at school. Therefore, we will apply a diary study with 15 points of measurement in different schools in Germany. Data analyses will be conducted based on hierarchical linear models. First results and implications will be discussed.

Zusammenfassung

Focusing on the Stress as Offense to Self theory (SOS) it is a human need to secure and maintain a positive self-esteem. In case of an attack towards the self, humans are confronted with a stress reaction and associated consequences (Semmer et al., 2019). A lack of appreciative interactions with others should function as such a threat to the self. In contrast, higher levels of perceived appreciation are related to higher levels of work-associated motivation and satisfaction and a reduced stress perception (Pfister et al., 2020; Semmer et al., 2019; Stocker et al., 2014). To investigate expercienced appreciation in the first place, I developed the construct "Experienced Appreciation in Social Interactions" (EASI) and validated it in two different samples within the work context (Resch, in progress). While the SOS theory and its assumptions have been primarily applied to the field of occupational health the question arises whether it - and consequently appreciation as a booster for the self-esteem - is also relevant when focusing on other types of relationships. I assume, that higher levels of EASI should not only positively relate to work engagement and work satisfaction (Resch, in progress) but also relate to pupils' motivation and satisfaction within the school context. Whether learners feel appreciated by their teachers schould be of high relevance to secure a positive self-eseteem and subsequently influence their stress perception and well-being significantly.

Investigating the described relations and appliying the SOS theory to a field outside the work context extends the applicability of the model and represents a first step towards closing the evident research gap concerning the role of appreciation in the context of school and teacher-learner-relations.

In line with these assumptions - and the findings of Carstensen et al. (2021) within the context of university teaching - I will focus on the following research question:

"Do pupils' stress perception, their motivation at and satisfaction with school vary significantly with the level of appreciation they experience through their teachers?"

To answer this research question, I will conduct a diary study with pupils attending different grades across various schools in Germany. The data collection will take place during summer and autumn 2023 and will enclose 15 time points of measurement.

Due to the presumably nested structure of data, the statistical analysis will be based on hierarchical linear models.

The aim of the poster presentation is to (1) entangle the basic understanding of the new construct EASI, to (2) show the adaptions made for the school context, (3) discuss the study design and (4) share first results and potential implications with the scientific community.

Based on literature, the SOS model, and recent findings, I believe that EASI should be of high relevance for pupils and their school related satisfaction and motivation. Consequently, and assumed that the scientific hypotheses hold, implications for teachers and their supervisors - practical and theoretical alike - seem to be at hand.



Selbstreguliertes Lernen in der Not: Strategien zur Überwindung von Prokrastination im Emergency Remote Learning

B. Breins1, N. Naujoks-Schober1, M. Händel2

1FAU Erlangen-Nürnberg, Deutschland; 2Hochschule Ansbach, Deutschland

Abstract

Der Beginn der Corona-Pandemie wirkte sich erheblich auf die Hochschullehre aus. Die ad hoc Umstellung auf Emergency Remote Teaching erforderte eine stärkere Selbstregulation von Studierenden als vorher. In einer Längsschnittuntersuchung mit N = 427 Studierenden wurde untersucht, wie sich selbstreguliertes Lernen und Prokrastination bei Studierenden im Verlauf des ersten Online-Semesters entwickeln und Vorhersagen über Prokrastination ermöglichen. Es zeigte sich für Prokrastination und den Einsatz von Strategien des selbstregulierten Lernens ein Rückgang im Verlauf des Semesters. Der geplante Einsatz von Zeitmanagementstrategien vor dem Semester reduzierte die Prokrastination mitten im Semester. Die Ergebnisse knüpfen damit in Teilen an bereits vorliegende Untersuchungen an und bieten Implikationen für weiterführende Untersuchungen in diesem Zusammenhang sowie für die zukünftige curriculare Gestaltung von Hochschullehre.

Zusammenfassung

Zu Beginn des Sommersemesters 2020 wurden Lehrende und Studierende gleichermaßen vor Herausforderungen gestellt, als durch die Corona-Pandemie Emergency Remote Teaching (ERT) kurzfristig umgesetzt werden musste (Bond et al., 2021). Die digitale Hochschullehre erfordert in stärkerem Maße den Einsatz selbstregulierten Lernens (SRL), um bei subjektiv-wahrgenommen höherer Arbeitsbelastung Probleme mit Prokrastination zu vermeiden (Naujoks et al., 2020; Zawacki-Richter, 2020). Bedeutsam für erfolgreiches Lernen ist in diesem Zusammenhang der Einsatz metakognitiver Strategien der Zielsetzung, des Zeitmanagements und der Selbstevaluation (van Eerde, 2018). Misslingende oder unzureichende Handlungsregulation erhöht hingegen die Auftretenswahrscheinlichkeit für Prokrastination (Wäschle et al., 2014).

Die vorgestellte Studie ging daher der Frage nach, wie der Einsatz von Strategien selbstregulierten Lernens sich zwischen dem Beginn, der Mitte und dem Ende des Semesters verändert und ob sich aus der Planung zum Start des Semesters Vorhersagen für die Prokrastination im Verlauf des Semesters treffen lassen. Dazu wurde eine Onlinebefragung von 427 Studierenden (Alter M = 22.7 Jahre, 58.3 % weiblich) aus verschiedenen Fachbereichen einer deutschen Universität mit standardisierten Fragebogenskalen (OSLQ, Barnard et al., 2009; GPS-K, Klingsieck & Fries, 2018) zu drei Messzeitpunkten im Verlauf des Sommersemesters 2020 durchgeführt.

Eine Messwiederholungs-ANOVA zeigte, dass Studierende in der Mitte des Semesters weniger Strategien des SRL einsetzten als zu Beginn beabsichtigt (F(1.93, 820.28) = 26.55, p < .01, ηp² = .06). Post-Hoc-Analysen bestätigten dieses Ergebnismuster für die Zielsetzung und Selbstevaluation, nicht jedoch für das Zeitmanagement, welches sich zur Semestermitte nicht signifikant veränderte. Mit fortschreitendem Verlauf des Semesters sank die selbstbeschriebene Prokrastination signifikant (F(2, 816.65) = 14.06, p < .01, ηp² = .03). In einer multiplen linearen Regression zeigte sich darüber hinaus, dass die Prokrastination während des Semesters signifikant durch die Prokrastinationsneigung zu Semesterbeginn (ß = .77) sowie den geplanten Einsatz von Strategien des Zeitmanagements (ß = .14; F(5, 421) = 135.58, p < .01, R2 = .61) vorhergesagt wurde.

Wie die Ergebnisse zeigen, hilft der Einsatz von Zeitmanagementstrategien in der Reduktion von Prokrastination, die wiederum als relevanter Faktor in der Entscheidungsphase für einen möglichen Studienabbruch untersucht ist (Grunschel et al., 2021). Aus diesem Grund sollte ein Fokus der Forschung weiterhin auf Ansatzpunkten zur Vermeidung von Prokrastination liegen. Eine Implikation für die Gestaltung von Hochschulcurricula liegt zudem im stärkeren Einbezug strategischer Kompetenzen zur Planung und Strukturierung von Lernprozessen, nicht nur in Hinblick auf Emergency Remote Teaching.



Integriertes Vorwissen und Wissensintegration von Lehramtsstudierenden im Praxissemester

A.-L. Molitor, J. Schellenbach-Zell

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Abstract

Lehrkräfte müssen sich zur Planung und Durchführung von Unterricht auf Wissen aus allen drei Bereichen des Professionswissens (fachwissenschaftlich, fachdidaktisch und pädagogisch-psychologisch) beziehen. Die Integration des Wissens bleibt Lehramtsstudierenden in der universitären Phase ihrer Ausbildung – bedingt durch curriculare Trennung der Wissensbereiche im Studium - selbst überlassen. Der eingereichte Beitrag stellt die Forschungsfragen inwieweit Studierende bereits integriertes Vorwissen besitzen und welchen Einfluss dieses auf ihre Fähigkeit, neues Wissen zu integrieren hat. Zur Beantwortung wird mithilfe von Concept Maps das integrierte Vorwissen Studierender erhoben. Anhand zusätzlicher schriftlicher Reflexionen einer Unterrichtsplanung sowie zugehöriger Think-Aloud-Daten wird analysiert, welche integrierenden Informationsverarbeitungsstrategien Lehramtsstudierende nutzen und wie sie neues Wissen integrieren. Das zugehörige Kodierschema wird vorgestellt und Ergebnisse werden hinsichtlich ihrer Relevanz für die Lehrkräftebildung diskutiert.

Zusammenfassung

Um ihren pädagogischen Alltag (mit sich beständig wandelnden, komplexen Anforderungen) bewältigen zu können, benötigen Lehrkräfte adaptives Professionswissen (Harr et al., 2019). Dem Ansatz der Meta-Reflexivität (Cramer, 2020) folgend müssen die verschiedenen Teile dieses Wissens (fachwissenschaftliches, fachdidaktisches und pädagogisch-psychologisches Wissen) miteinander verbunden genutzt werden, um der Komplexität von Unterricht gerecht zu werden. Dieses Wissen kann durch den Rückgriff auf Evidenz generiert werden. Außerdem liegt das Wissen erfahrener Lehrkräfte (einem wissensbasierten Expertisebegriff folgend; Krauss & Bruckmaier, 2014) besser strukturiert vor – es ist bereits integriert abgelegt. In der universitären Lehrkräfteausbildung werden die Teilbereiche jedoch separiert gelehrt. Von angehenden Lehrkräften wird erwartet, dass sie das Wissen selbst integrieren, um Expertise zu erwerben und professionell zu handeln. Tatsächlich gelingt dies angehenden Lehrkräften häufig nicht (Masanek 2018).

Es zeigt sich, dass das Vorwissen von Studierenden bei der Wissensintegration neuen Wissens keine Rolle spielt (Harr et al., 2019). Offen ist jedoch, wie starkt integriert das Vorwissen der Studierenden ist und ob dies die Fähigkeit neues Wissen zu integrieren beeinflusst. Daraus resultieren die Forschungsfragen:
(1) Wie integriert liegt das Vorwissen von Studierenden vor?
(2) Können Studierende mit besser integriertem Vorwissen neues Wissen besser integrieren als Studierende mit schlechter vernetztem Vorwissen?
Es wurde zunächst das integrierte Vorwissen der Studierenden mithilfe von Concept Maps zu einer pädagogischen Situation erhoben und als unabhängige Variable genutzt. Zusätzlich wurden schriftliche Reflexionen zu einer Unterrichtsplanung zusammen mit Think-Aloud-Daten des Schreibprozesses erhoben. Zur Erfassung der unabhängigen Variable wurde ein Kodierschema entwickelt, welches sowohl integrierende Informationsstrategien (im Sinne reliabler epistemischer Prozesse, Air-Modell, Chinn & Rhinehart, 2016) als auch das Produkt integrierten Wissens (angelehnt an Masanek & Doll, 2020) als abhängige Variable beinhaltet. Aktuell liegen für die eingereichte Studie noch keine Ergebnisse vor. Auf der Tagung sollen diese jedoch präsentiert und hinsichtlich ihrer Relevanz für die Lehrkräftebildung diskutiert werden. Genutzt werden könnten die Ergebnisse beispielsweise, um die hochschulische Lehre an individuelle Bedürfnisse der Lehramtsstudierenden anzupassen und differenzierte Lernumgebungen zu erstellen.

Literatur:

Chinn, C. A. & Rinehart, R. W. (2016). Epistemic cognition and philosophy: Developing a new framework for epistemic cognition. In J. A. Greene, W. A. Sandoval & I. Bråten (Eds.), Educational Psychology Handbook Series. Handbook of Epistemic Cognition (pp. 460–478). Routledge.

Cramer, C. (2020). Meta-Reflexivität in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In C. Cramer, J. König, M. Rothland & S. Blömeke (Eds.). Handbuch Lehrerinnen- und Lehrerbildung (pp. 204–214). Verlag Julius Klinkhardt.

Harr, N., Eichler, A., & Renkl, A. (2019). Lehrexpertise – Integration und Förderung von pädagogischem und psychologischem Wissen. In T. Leuders, M. Nückles, S. Mikelskis-Seifert, & K. Philipp (Eds.), Pädagogische Professionalität in Mathematik und Naturwissenschaften (pp. 207–235). Springer Fachmedien Wiesbaden.

Krauss, S., & Bruckmaier, G. (2014). Das Experten-Paradigma in der Forschung zum Lehrerberuf. In E. Terhart, H. Bennewitz, & M. Rothland (Eds.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (pp. 241–261). Waxmann.

Masanek, N. (2018). Vernetzung denken und vernetztes Denken. Eine empirische Erhebung im Rahmen von Kooperationsseminaren. heiEDUCATION Journal(1-2), 151–173.



Exekutive Funktionen und sprachliche Fähigkeiten bei 3-jährigen Kindern mit und ohne Hörbehinderung

K. Hermes, S. Weinert

Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland

Abstract

Kinder mit Hörbehinderung ermöglichen Rückschlüsse auf die Bedeutung von Kommunikation und Sprache für die Entwicklung exekutiver Funktionen. Unterschiede in den exekutiven Funktionen von Kindern mit und ohne Hörbehinderung können mit unterschiedlichen sprachlichen Fähigkeiten sowie Unterschieden in der Dauer des Zugangs zu Sprache in Zusammenhang stehen. Allerdings bleibt bislang unklar, ob geringere sprachliche Fähigkeiten bereits frühe exekutive Funktionen im Vorschulalter beeinträchtigen oder ob Unterschiede im Vergleich zu Kindern ohne Hörbehinderung erst bei höheren Aspekten exekutiver Funktionen auftreten. Die Studie untersucht daher exekutive Funktionen bei dreijährigen Kindern mit und ohne Hörbehinderung und die Zusammenhänge mit rezeptiven und expressiven sprachlichen Fähigkeiten. Es werden erste Querschnittsdaten einer Längsschnittstudie mit voraussichtlich 50 Kindern präsentiert (nmit Hörbehinderung = 25; nTH ohne Hörbehinderung = 25).

Zusammenfassung

Frühe exekutive Funktionen (EF) legen den Grundstein für höhere kognitive Leistungen und schulischen Erfolg. In diesem Zusammenhang sind Kinder mit Hörbehinderung in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus der Forschung gerückt. Bisherige Studien weisen auf geringere EF bei Kindern mit Hörbehinderung im Vorschul- (Jamsek et al., 2021, Ribner et al., 2022) und Grundschulalter (Botting et al., 2017) hin. Die große Mehrheit dieser Kinder wächst mit hörenden Eltern auf (Mitchell & Karchmer, 2004). Sprachverzögerungen können daher – anders als bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen – auf den dadurch eingeschränkten Zugang zur Kommunikation zurückgeführt werden. Somit ermöglicht die Entwicklung von Kindern mit Hörbehinderung Rückschlüsse auf die Bedeutung von Sprache und Kommunikation für die Entwicklung von EF. Zentrale Einflussgrößen auf die EF von Kindern mit Hörbehinderung sind sprachliche Fähigkeiten (Jamsek et al., 2021) sowie der Zeitpunkt des Zugangs zu Sprache, etwa durch frühe hörtechnische Versorgung (Goodwin et al., 2022; Ribner et al., 2022). Da bisherige Studien oft einen Altersbereich von mehreren Jahren umfassen, bleibt unklar, ob sich diese Zusammenhänge bereits in der frühen Kindheit zeigen oder ob sich der geringere Zugang zu Sprache und Kommunikation vor allem auf sich später entwickelnde, höhere Aspekte der EF auswirkt. Häufige Limitationen bisheriger Forschungsbefunde sind die Verwendung von Elternfragebögen als einzige Erfassungsmethode (z. B. Goodwin et al., 2022) und das Durchführen einzelner experimenteller Aufgabe (z. B. Jamsek et al., 2021). In der vorliegenden Studie werden daher verschiedene Aspekte von EF bei 3-jährigen Kindern mit und ohne Hörbehinderung untersucht. Die zentralen Forschungsfragen lauten: Unterscheiden sich die EF von Vorschulkindern mit und ohne Hörbehinderung? Sind Unterschiede in den EF mit Unterschieden in den rezeptiven und expressiven Sprachfähigkeiten verbunden? Die Stichprobe umfasst 50 Kinder (nmit Hörbehinderung = 25; nTH ohne Hörbehinderung = 25). Die Kinder mit Hörbehinderung haben einen beidseitigen dauerhaften Hörverlust, keine Zusatzbehinderungen und Eltern ohne Hörbehinderung. EF werden erfasst durch Aufgaben zur Inhibition (adaptierte Version der Day-Night-Aufgabe; Belohnungsaufschub), zur Aufmerksamkeitsverschiebung (Dimensional Change Card Sort) und zum Arbeitsgedächtnis (visuelle Gedächtnisspannenaufgabe). Es werden sowohl rezeptive als auch expressive lautsprachliche Sprachfähigkeiten erfasst. Darüber hinaus werden Informationen zu Diagnose und Hörvermögen der Kinder durch Elternberichte sowie verschiedene Kontrollvariablen bezogen auf Familie und Kind (u.a. die nonverbale Intelligenz (SON-R Untertest)) erhoben. Die Datenerhebung wird zurzeit durchgeführt und ist Teil einer Längsschnittstudie. Durch die Darstellung erster Querschnittsergebnisse können Schlussfolgerungen über den Zusammenhang zwischen verschiedenen Sprachaspekten und der Entwicklung der frühen EF gezogen werden.



Der Einfluss geschlechtersensibler Sprache auf die Geschlechtsassoziation von Berufen und die berufliche Selbstwirksamkeit von Grundschulkindern

J. Lenhart, F. Jeger

Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland

Abstract

Bezugnehmend auf die Annahme, dass nicht nur das Denken die Sprache, sondern auch die Sprache das Denken beeinflusst, untersucht die vorliegende Studie, den Effekt geschlechtersensibler Sprache auf den kognitiven Einbezug von Frauen und die berufliche Selbstwirksamkeit bei Grundschulkindern. Hierzu wurden die Effekte des Generischen Maskulinums (der Polizist) und der Paarform (die Polizistin oder der Polizist) experimentell verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass geschlechtersensible Sprache Einfluss auf den kognitiven Einbezug von Frauen sowie die berufliche Selbstwirksamkeit von Mädchen in Bezug auf stereotyp männliche Berufe bereits im Grundschulalter hat. Damit könnte die Verwendung geschlechtersensibler Sprache dazu beitragen, Mädchen bereits im jungen Alter für stereotyp männliche Bereiche (v.a. MINT) zu gewinnen.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund und Fragestellung: Die Nutzung und der Nutzen geschlechtersensibler Sprache wird gesellschaftlich kontrovers diskutiert. Während im Erwachsenenbereich Effekte geschlechtersensibler Sprache auf den kognitiven Einbezug von Frauen und die berufliche Selbstwirksamkeit bereits gut untersucht sind (zusammenfassend z.B. Gygax & Gabriel, 2011; Stahlberg et al., 2007), gibt es im Kindes- und Jugendalter bisher deutlich weniger Forschung zu den Auswirkungen geschlechtersensibler Sprache (z.B. Chatard et al., 2005; Vervecken & Hannover, 2015). Daher untersucht die vorliegende Studie, den Effekt geschlechtersensibler Sprache bei Grundschulkindern auf den kognitiven Einbezug von Frauen und die berufliche Selbstwirksamkeit von Mädchen in Bezug auf stereotyp männliche Berufe. Darüber hinaus wurde die allgemeine Selbstwirksamkeit von Mädchen als möglicher Moderator des Effekts geschlechtersensibler Sprache auf die berufliche Selbstwirksamkeit untersucht.

Methode: Es nahmen 218 Grundschulkinder aus sieben dritten und vier vierten Klassen zweier bayerischer Grundschulen teil. Zunächst wurde ein Fragebogen zur allgemeinen Selbstwirksamkeit (Jerusalem & Schwarzer, 2003). Im Anschluss daran sollten die Kinder zu verschiedenen stereotyp weiblichen und männlichen Berufen jeweils einen passenden Vornamen nennen. Im Anschluss daran wurde die Selbstwirksamkeit in Bezug auf die genannten Berufe erfragt. Ein Teil der Schüler*innen erhielt die Berufe in Form des Generischen Maskulinums (Polizist), der andere Teil in der Paarform (Polizistin oder Polizist). Die Zuteilung der experimentellen Bedingungen erfolgte randomisiert innerhalb der Klassen.

Ergebnisse: Die Paarform führte im Vergleich zum Generischen Maskulinum bei Mädchen, nicht aber bei Jungen, zu einer höheren Nennung von weiblichen Vornamen für stereotyp männliche sowie weibliche Berufe. Bei den Mädchen führte die Paarform zudem zu einer höheren beruflichen Selbstwirksamkeit in Bezug auf stereotyp männliche Berufe. Bei den Jungen und den stereotyp weiblichen Berufen zeigte sich hingegen kein signifikanter Effekt der Experimentalbedingung. Die allgemeine Selbstwirksamkeit beeinflusste den Effekt der experimentellen Bedingung auf die berufliche Selbstwirksamkeit von Mädchen weder in linearer noch in quadratischer Form signifikant.

Diskussion und Implikationen für Theorie und Praxis: Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass geschlechtersensible Sprache Einfluss auf den kognitiven Einbezug von Frauen sowie die berufliche Selbstwirksamkeit von Mädchen bereits im Grundschulalter hat. Damit könnte die Verwendung geschlechtersensibler Sprache dazu beitragen, Mädchen bereits im jungen Alter für stereotyp männliche Bereiche (v.a. MINT) zu gewinnen und somit zur gesellschaftlichen Geschlechtergerechtigkeit beizutragen.



Predictors of mathematical competencies: Developmental changes from preschool to primary school

V. Hischa, K. Seitz-Stein

Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland

Abstract

Across development several cognitive functions make contributions to mathematical competencies. Prior studies only consider single aspects of working memory (WM). Instead, our study investigates executive, phonological and visuospatial WM. As math-specific cognitive functions we examine the approximate number system (ANS) and mapping. The aim is a more foundational understanding of mathematical competencies in preschool and primary school.

60 preschoolers, 39 second graders and 67 third graders will do tasks on mathematical competencies, WM, ANS, mapping and nonverbal intelligence.

ANS will mainly predict mathematical competencies in preschool. In primary school WM components and mapping will be main predictors and mediate the influence of ANS. Final results will be discussed in the light of prior findings and interactions among cognitive functions.

Zusammenfassung

Several cognitive functions contribute to mathematical competencies (cf. Xenidou-Dervou et al., 2018). The contributions of working memory (WM), approximate number system (ANS) and mapping change across mathematical development (Gimbert et al., 2019). Findings for the role of ANS are heterogenous, research on mathematical competencies often considers more general executive aspects (cf. Toll & Van Luit, 2014). By contrast, our study investigates three components of WM (executive, phonological, visuospatial). Additionally, we examine ANS and mapping. The latter two cognitive functions are discussed as math-specific predictors (Fazio et al., 2014). The aim is a more foundational understanding of the roles of these cognitive functions for the acquisition of mathematical competencies and their change from preschool to primary school.

WM is assessed using a tablet-based self-administered application (EI-MAG; Oesterlen et al., 2016). 60 preschoolers are planned to participate in two one-to-one-sessions (data collection is ongoing, currently n = 35 (M = 5;10; SD = 0;4)). In the first session they complete the MBK-0 (Krajewski, 2018), three WM tasks of EI-MAG and the tablet-based mapping task (number line estimation, NLE; range: 0-10). In the second session they do the subtest for nonverbal intelligence of BUEVA-III (Esser & Wyschkon, 2016), another three WM tasks of EI-MAG and the ANS task (Panamath; Halberda et al., 2008). 39 second graders (M = 8;0; SD = 0;4) and 67 third graders (M = 9;0; SD = 0;8) participated in a group session and a one-to-one session (data collection completed). In the group session they worked through WM tasks of EI-MAG and the DEMAT-1+ (Krajewski et al., 2021) or DEMAT-2+ (Krajewski et al., 2020). In the one-to-one session they completed the subtest for nonverbal intelligence of BUEGA-II (Esser et al., 2021), the ANS task (Panamath; Halberda et al., 2008) and the mapping task (NLE; range: 0-10 and 0-100).

We expect: the ANS will be a significant predictor of mathematical competencies in preschool, even after control for intelligence and WM (Gimbert et al., 2019; contrary to: Coolen et al., 2022). In primary school ANS will lose predictive power, instead WM components and mapping will become main predictors (Gimbert et al., 2019). The WM components will mediate the relationship between ANS and math competencies to some extent in primary school (Price & Wilkey, 2017). Final results will be discussed in the light of prior findings and with regard to interactions among cognitive functions.



LehrKRÄFTE stärken: Ein Trainingsmodul zur Steigerung von Mentaler Stärke bei angehenden Lehrkräften

A. Greinert, J. Stiensmeier-Pelster

Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland

Abstract

Kritische Situationen treten vielfach im Berufsalltag von Lehrkräften auf, beispielsweise in Form von Unterrichtsstörungen oder schwierigen Elterngesprächen und können zu psychischer Belastung führen. Mentale Stärke (engl. Mental Toughness; MT) ist ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Bewältigung kritischer Situationen. MT umfasst fünf Basiskomponenten: die Beeinflussung von dysfunktionalen Kognitionen, Emotionen, Aufmerksamkeit, Motivation und Handlungsentscheidungen. Es wurde ein Trainingsmodul zur Steigerung von MT für angehende Lehrkräfte entwickelt und evaluiert. An der Studie nahmen 110 Lehramtsstudierende teil (ntraining=51; ncontrol=59). Über drei Messzeitpunkten hinweg (Prä-post-follow-up-Design) zeigte sich ein signifikanter Anstieg von MT in der Trainingsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe. Auf Ebene der Basiskomponenten zeigte sich ein signifikanter Anstieg für die Beeinflussung von Aufmerksamkeit und von Motivation. Implikationen für die Weiterentwicklung des Trainings werden diskutiert.

Zusammenfassung

Lehrkräfte sind häufig mit kritischen Situationen konfrontiert, die von Unterrichtsstörungen über Elterngespräche bis hin zu medizinischen Notfällen reichen und Auswirkungen auf Wohlbefinden und Arbeitszufriedenheit haben. Mentale Stärke (engl. Mental Toughness; MT) ist ein entscheidender Faktor, um kritische Situationen erfolgreich zu bewältigen, d.h. Hindernisse zu überwinden, um persönlich bedeutsame Ziele zu erreichen (Lin et al., 2017). MT umfasst fünf Basiskomponenten: die aktive Beeinflussung von dysfunktionalen Kognitionen, Emotionen, Aufmerksamkeit, Motivation und Handlungsentscheidungen (Greinert, in preparation). Im Berufsleben ist hohe MT mit geringerem Stressempfinden (Ward et al., 2018) und besseren Leistungsbewertungen verbunden (Gucciardi et al., 2015). Um MT von angehenden Lehrkräften zu fördern, wurde ein Trainingsmodul im Rahmen des übergeordneten Trainingskonzepts „LehrKRÄFTE stärken“ entwickelt und evaluiert.

Das Trainingsmodul besteht aus einem vorbereitenden Online-Modul, drei wöchentlichen Trainingssitzungen (à 90 Minuten) und einer zweiwöchigen Implementierungsphase. Die Teilnehmenden lernen theoretische Grundlagen über MT und erwerben spezifische Strategien, um die Basiskomponenten zu steigern, bspw. das ABC-Modell zur Beeinflussung dysfunktionaler Kognitionen (Ellis, 1991). Dabei ist die langfristige Integration in den Alltag sowie der Transfer auf den schulpraktischen Kontext vordergründig.

An der Studie nahmen 110 Lehramtsstudierende (73% weiblich; Mdn=20.0 Jahre) im ersten oder zweiten Fachsemester teil. Diese verteilten sich zu Beginn des Sommer- bzw. Wintersemesters zufällig auf sechs curriculare Lehrveranstaltungen. In der Hälfte der Lehrveranstaltungen wurden drei wöchentliche Sitzung für die Trainingsdurchführung (ntraining=51) genutzt. Die anderen Lehrveranstaltungen dienten als Kontrollgruppe (ncontrol=59).

In der quasi-experimentellen Studie wurde die Trainings- und Kontrollgruppe zu drei Messzeitpunkten getestet: unmittelbar vor und eine Woche nach dem Training sowie eine Woche nach der Implementierungsphase. MT wurde mit den Skalen zur Erfassung Mentaler Stärke (Greinert, in preparation) über die Erfragung von 22 Aussagen auf einer fünfstufigen Likertskala (1=“stimme überhaupt nicht zu“ bis 5=“stimme voll und ganz zu“) erhoben (Reliabilität der Gesamtskala αt1=.86; Reliabilitäten für die fünf Subskalen .63≤ αt1≤.80).

Um die Auswirkungen des Trainings auf MT gesamt und jede Basiskomponente zu untersuchen, wurden sechs ANOVAs mit Messwiederholung berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass MT in der Trainingsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant ansteigt (F(1.78,192.40)=6.79, p=.002, ηp2=.06). Gleiches gilt für die Basiskomponenten Beeinflussung von Motivation (F(1.83,198.10)=3.17, p<.05, ηp2=.03) und Aufmerksamkeit (F(1.79,193.20)=7.79, p<.001, ηp2=.07). Für die weiteren Komponenten ergeben sich keine signifikanten Unterschiede, jedoch ist eine Tendenz erkennbar. Insgesamt erhöht das Trainingsmodul MT bei angehenden Lehrkräften und bietet einen Ansatzpunkt zur Vorbereitung auf kritische Situationen im Berufsalltag. Zukünftige Studien sollten die langfristige Stabilität der Trainingseffekte untersuchen. Auch ist zu diskutieren, ob Übungen zu bestimmten Basiskomponenten angepasst werden sollten.



METHODEN ZUR MESSUNG ILLUSORISCHER MUSTERERKENNUNG, VERSCHWÖRUNGSGLAUBE, EPISTEMOLOGISCHER ÜBERZEUGUNGEN UND DER LEISTUNG IN INTELLIGENZTESTAUFGABEN ZUR MESSUNG WAHRNEHMUNGSGEBUNDENEN LOGISCHEN DENKENS

P. Hollitzer, M. Daseking

Helmut-Schmidt-Universität Hamburg/Universität der Bundeswehr Hamburg, Deutschland

Abstract

Verschwörungstheorien stellen eine zentrale Bedrohung der demokratischen Gesellschaft dar. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihnen ist aber noch jung. Die hier vorgestellte Untersuchung hat zum Ziel, gefundene Zusammenhänge zwischen illusorischer Mustererkennung sowie negativen epistemologischen Überzeugungen und Verschwörungstheorieglauben zu replizieren und die Güte existierender Messinstrumente zu validieren. Zur Erreichung wurde online eine deutschsprachige Stichprobe akquiriert. Auswertungen des unvollständigen Datensatzes konnten bereits vermutete Zusammenhänge zeigen. Die faktorielle Struktur der verwendeten Skalen zur Messung des VG bleibt jedoch unklar.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

Verschwörungstheorien haben zum Inhalt, dass eine Minderheit sich im Geheimen zusammengeschlossen hat, mit der Absicht, niederträchtige Ziele zu verfolgen (Bale, 2007; Neumann, 2010; Zonis & Joseph, 1994).

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Theorien ist noch jung. Häufig wird explorativ vorgegangen, was der Tatsache geschuldet ist, dass keine allgemeingültige Theorie zum Verschwörungstheorieglaube (VG) existiert und untersucht wurde (van Prooijen & Douglas, 2018).

Verschwörungstheorien beschreiben Zusammenhänge zwischen Ereignissen, in deren Auftreten ein Muster erkannt wird. Diese Mustererkennung unterliegt jedoch Fehlern, auch illusorische Mustererkennung (IM) genannt. Untersuchungen zeigten, dass diese mit VG korrelieren (van Prooijen et al., 2018). Der gefundene Zusammenhang zwischen den beschriebenen Konstrukten wurde von einer gesteigerten Sicherheit bezüglich des eigenen Wissens gestützt (van Prooijen et al., 2018). Dieses Konzept stellt eine Facette EÜ dar.

Das korrekte Erkennen logischer Strukturen ist auch im Bereich der Intelligenzmessung in Form von Matrizenaufgaben zu finden (Heydasch et al., 2020; WAIS-IV, 2012). Es stellt sich die Frage, ob IM als Fehler in den Ergebnissen von Matrizenaufgaben berücksichtigt wird.

Im Zentrum der hier vorgestellten Untersuchung steht also die Frage nach der Eignung gängiger Messinstrumente zur Erfassung des VG und der damit verbundenen Konstrukte. Zudem sollen zentrale Befunde dieses noch jungen Forschungsfeldes repliziert und erweitert werden.

Aus den zuvor dargestellten bisherigen Befunden wurden folgende Fragestellungen abgeleitet:

Fragestellung 1: Wie ist die psychometrische Qualität und die faktorielle Struktur verfügbarer Skalen zur Erfassung von Verschwörungstheorieglaube.

Fragestellung 2: Wie ist die psychometrische Qualität verfügbarer Skalen zur Messung illusorischer Mustererkennung und eignen sich Matrizenaufgaben, um zwischen dieser und tatsächlicher Mustererkennung zu differenzieren?

Fragestellung 3: Wie ist die psychometrische Qualität verfügbarer Skalen zur Messung epistemologischer Überzeugungen und wie hängen diese mit Verschwörungstheorieglaube zusammen?

Methode

Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden fünf Skalen zur Messung des VG, drei zur Messung der IM, zwei zur Messung der EÜ und ein Matrizentest verwendet.

Ergebnisse

Die Auswertung erster Daten deutet darauf hin, dass vermutete positive Zusammenhänge zwischen IM sowie negativen EÜ und VG gefunden werden können. Mit Hilfe einer Raschanalyse konnten Hinweise auf eine einfaktorielle Struktur der Skalen zur Messung des VG gefunden werden. Es zeigte sich im vorläufigen Datensatz, dass IM die Leistung in Matrizenaufgaben negativ beeinflusst.

Diskussion

Es konnte bezüglich der Fragestellung 1 mit bereits erhobenen Daten gezeigt werden, dass die psychometrische Qualität der eingesetzten Verfahren als überwiegend annehmbar zu beurteilen ist. Es konnten Befunde zur faktoriellen Struktur verschiedener VG-Skalen repliziert werden.

Bezüglich der Fragestellung 2 ist zum jetzigen Zeitpunkt festzuhalten, dass alle verwendeten Methoden eine gute psychometrische Qualität aufweisen und Matrizenaufgaben IM als Fehler im Erkennen logischer Strukturen erfassen.

Bezüglich Fragestellung 3 kann gesagt werden, dass die psychometrische Qualität der verwendeten Skalen als überwiegend gut beurteilt werden kann. Die Dimension Struktur des Wissens korreliert signifikant positiv mit VG.

Implikation für Theorie und Praxis

Zukünftige Forschung sollte sich auf eine regressionsanalytische Betrachtung gefundener Korrelate fokussieren.

Es sollte zudem angestrebt werden die unterschiedlichen Methoden zur Messung des VG zu einer Methode zusammen zu fassen.



Motivationale Unterschiede bei Physikstudierenden

L. M. Leipert, C. M. Mumme, R. Vollmeyer

Goethe-Universität, Deutschland

Abstract

Während Geschlechterunterschiede bezüglich motivationaler Merkmale in MINT-Fächern im Laufe der Schulzeit bereits umfassend erforscht sind, existieren weniger Forschungsarbeiten im universitären Kontext. So zeigen Jungen im naturwissenschaftlichen Bereich eine höhere intrinsische Motivation, größeres Interesse und haben mehr Freude am Thema als Mädchen (OECD, 2016; Reiss et al., 2016). Ziel dieser Arbeit war es, zu prüfen, ob bei Physikstudierenden Geschlechterunterschiede in motivationalen Merkmalen fortbestehen. Hierfür wurden N = 100 Physikstudierende im Rahmen einer Lehrveranstaltung mittels eines Online-Fragebogens befragt. Es zeigten sich signifikante Geschlechterunterschiede. Physikstudentinnen berichteten im Mittel ein geringeres Fähigkeitsselbstkonzept, eine geringere Erfolgserwartung und ein geringeres Fachinteresse im Vergleich zu ihren männlichen Kommilitonen. Implikationen für Theorie und Praxis werden diskutiert.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

An deutschen Universitäten sind Studentinnen in MINT-Fächern mit einem Anteil von etwa 31 Prozent noch immer unterrepräsentiert. Insbesondere im Fach Physik ist ein geringer Frauenanteil von etwa 29,4 Prozent zu verzeichnen (DeStatis, 2022). Darüber hinaus zeigt sich eine deutliche geschlechtsspezifische Diskrepanz („Gender Gap“) in Bezug auf den Verbleib in einem MINT-Studiengang, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass MINT-Studentinnen ihr Studium abbrechen, um etwa 23 Prozent höher ist (Isphoring & Qendrai, 2018). Die zugrundeliegenden Ursachen für diese „Gender Gap“ sind bislang weniger gut erforscht. Im Gegensatz dazu existieren im schulischen Kontext zahlreiche Forschungsarbeiten, die sich mit Geschlechterunterschieden in MINT-Fächern auseinandersetzen. Hier zeigen sich unter anderem geschlechtsspezifische Unterschiede in motivationalen Merkmalen wie dem Interesse an einem Thema, der intrinsischen Motivation oder dem Fähigkeitsselbstkonzept zum Nachteil von Mädchen (OECD, 2016; Reiss et al., 2016). Auch im Hinblick auf das Fähigkeitsselbstkonzept, welches hier nach Dickhäuser et al. (2002) als „[…] Gesamtheit der kognitiven Repräsentationen eigener Fähigkeiten in akademischen Leistungssituationen […]“ definiert wird, zeigt die Forschung zusammenfassend, dass Mädchen ihre Fähigkeiten vor allem in MINT-Fächern als weniger positiv einschätzen. Ziel der Studie war es, zu prüfen, ob geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich der motivationspsychologischen Konstrukte Fähigkeitsselbstkonzept, Erfolgserwartung und Fachinteresse bei MINT-Studierenden im Fach Physik vorliegen. Im weiteren Verlauf des Forschungsprojekts soll geprüft werden, ob diese Merkmale den Verbleib von MINT-Studentinnen im Studiengang Physik erklären können.

Methode

An der vorliegenden Studie nahmen N = 100 Studierende mit den Hauptfächern Physik (40,3 %), Biophysik (16,8 %), Meteorologie (8,9 %) und Lehramt für Physik/Mathematik (4 %) teil. Die Teilnehmenden waren im Mittel 22 Jahre alt (M = 21,7; SD = 2,97). Insgesamt 64,4 Prozent der befragten Physikstudierenden waren männlich. Das akademische Selbstkonzept (Schöne et al., 2002; 11 Items; α= .92), die Erfolgserwartung (Kosovich et al., 2015; 3 Items; α= .84) und das Fachinteresse an Physik (Hulleman et al., 2010; 5 Items; α= .68) wurden im Rahmen einer Lehrveranstaltung mittels eines Online-Fragebogens erhoben. Die Skala zum Fachinteresse wurde ins Deutsche übersetzt und adaptiert, sodass diese das Fachinteresse an Physik erfasst. Die Items zur Erfassung der Erfolgserwartung beziehen sich explizit auf wahrgenommene Wahrscheinlichkeit eines Handlungserfolges, in diesem Fall das subjektiv erfolgreiche Absolvieren der Lehrveranstaltung.

Ergebnisse

Physikstudentinnen wiesen ein signifikant niedrigeres Fähigkeitsselbstkonzept, t(98) = 1.94, p < .05, d = .41, und eine signifikant niedrigere fachspezifische Erfolgserwartung auf, t(98) = 2.36, p < .05, d = .54. Darüber hinaus zeigte sich für Physikstudentinnen ein signifikant niedrigeres Fachinteresse an Physik, t(98) = 2.55, p < .01, d = .49.

Diskussion und Implikationen für die Praxis

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Geschlechterunterschiede im Fach Physik bezüglich motivationaler Merkmale fortbestehen zu scheinen. Ein möglicher Ansatzpunkt zur Implementation von Fördermaßnahmen, die sich explizit auf die Motivation und das Fähigkeitsselbstkonzept von MINT-Studentinnen konzentrieren, sind Mentoring- und Beratungsprogramme, welche zum Teil bereits in deutschen MINT-Fakultäten angeboten werden (z.B. Bundesverband Mentoring in der Wissenschaft, Mentoring Hessen).



Motivation und Zeitplanung im Hochschulstudium stärken – Evaluation eines digitalen Präventionsprogramms für Studierende

C. Grunschel1, L. S. Kegel1, A. Scheunemann1,2, S. von der Mülbe3, J. Fleischer2, M. Dresel3, S. Fries4, D. Leutner5, J. Wirth2

1Universität Münster; 2Ruhr-Universität Bochum; 3Universität Augsburg; 4Universität Bielefeld; 5Universität Duisburg-Essen

Abstract

Motivationale Defizite und Schwierigkeiten in der Handlungsregulation wie der Zeitplanung können zu ungünstigem Studierverhalten und geringerem Studienerfolg führen. Besonders MINT-Studierende mit hohen Studienabbruchquoten sowie Motivationsproblemen könnten von einer Teilnahme an Präventionsprogrammen profitieren. Ziel des Beitrags ist die Evaluation eines Präventionsprogramms zur Steigerung des Studienerfolgs, das erstmals Förderansätze für Studienmotivation, Motivationsregulation sowie Zeitplanung integriert. Das Präventionsprogramm ist digital umgesetzt und umfasst Inhalte für neun Wochen, die auf MINT-Studiengänge zugeschnitten sind. Es wird untersucht, ob vergleichend zu einer Warte-Kontrollgruppe für die Interventionsgruppe günstige Veränderungen in der Studienmotivation, dem Einsatz von Motivationsregulationsstrategien und Zeitplanungsstrategien, dem Prokrastinationsverhalten und Studienerfolgsindikatoren (Studienzufriedenheit, Studienabbruchintention, Studienleistung) vorliegen. Die Prä-Befragung, das Präventionsprogramm und die Post-Befragung werden im Sommersemester 2023 in MINT-Studiengängen mit einer angestrebten Stichprobengröße von 600 Studierenden durchgeführt.

Zusammenfassung

Motivationale Defizite und Schwierigkeiten in der Handlungsregulation wie der Zeitplanung können zu ungünstigem Studierverhalten wie Prokrastination (Kegel et al., 2021; van Eerde, 2015), Beeinträchtigungen der Leistung und des Wohlbefindens von Studierenden (Liborius et al., 2019; Schneider & Preckel, 2017) sowie zu Studienabbruchintentionen (Schnettler et al., 2020) führen. Besonders hohe Studienabbruchquoten berichten MINT-Studierende (43%; Heublein et al., 2020), die überwiegend Leistungs- und Motivationsprobleme als Abbruchgründe angeben. Hochschulakteure können Studierende beim Erreichen von Studienerfolg aktiv unterstützen, indem sie die Motivation und Handlungsregulation von Studierenden stärken (Eckerlein, 2020). Bislang liegen vor allem Präventionsmaßnahmen vor, die isoliert einzelne Aspekte wie Studienmotivation (Rosenzweig et al., 2022), Motivationsregulation (Eckerlein, 2020) sowie Zeitplanung und Zielsetzung (Häfner et al., 2015) adressieren. Eine Integration dieser Themenbereiche in einem Programm erscheint zielführend, um Studierende ganzheitlich in Bezug auf den Umgang mit gleichzeitig auftretenden Herausforderungen in den Bereichen Motivation und Zeitplanung im Studium zu stärken.

Das von uns entwickelte Präventionsprogramm besteht aus neun wöchentlichen Sitzungen mit je 30 Minuten Bearbeitungszeit und ist vollständig digital über die Lernplattformen der beteiligten Universitäten umgesetzt. Es umfasst kurze Inputvideos, Reflexionsaufgaben und Anwendungsmöglichkeiten zum Einüben der vermittelten Strategien zur Förderung der Motivation, Motivationsregulation und Zeitplanung. Die vermittelten Strategien umfassen beispielsweise fähigkeitsbezogene Selbstinstruktionen, Erstellung von Zeitplänen sowie das Setzen von Prioritäten und Teilzielen.

Ziel des Beitrags ist die Evaluation des Präventionsprogramms zur Steigerung des Studienerfolgs, das erstmals Förderansätze für Studienmotivation, Motivationsregulation sowie Zeitplanung integriert. Dementsprechend sollten sich günstige Veränderungen primär in der Studienmotivation (Erwartung, positive und negative Wertkomponenten), dem Einsatz von Motivationsregulationsstrategien und Zeitplanungsstrategien zeigen. Es wird aber auch geprüft, inwiefern sich günstige Veränderungen in akademischer Prokrastination und Studienerfolg (Studienzufriedenheit, Studienabbruchintention, Studienleistung) ergeben.

Zur Überprüfung des Präventionsprogramms wird ein Design mit Interventionsgruppe und Warte-Kontrollgruppe ohne Randomisierung angewandt. Die Durchführung des Präventionsprogramms und der begleitenden Evaluationsstudie findet im Sommersemester 2023 statt. Vier MINT-Studiengänge an deutschen Universitäten erhalten das Präventionsprogramm eingebettet als freiwilliges Angebot in Lehrveranstaltungen. Weitere MINT-Studiengänge anderer Universitäten bilden die Warte-Kontrollgruppe und erhalten nach Abschluss der Befragungen Zugang zum Präventionsprogramm. Zur Untersuchung kurzfristiger Effekte des Präventionsprogramms sind eine Prä-Befragung zu Beginn des Sommersemesters 2023 vor Beginn des Präventionsprogramms und eine Post-Befragung in den zwei Wochen nach Abschluss des Präventionsprogramms (Juni und Juli 2023) geplant. Für ihre Teilnahme werden die Studierenden monetär vergütet. Die angestrebte Stichprobengröße umfasst 600 Studierende in beiden Gruppen zur Prä-Befragung. Die Ergebnisse zur Effektivität des Präventionsprogramms auf Basis beider Messzeitpunkte sollen im Rahmen der Postervorstellung auf der Fachgruppentagung präsentiert und diskutiert werden.



Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Zweitsprache und sozialen Kompetenzen bei Vorschulkindern

S. Hasler1, L. Trösch2, A. Grob1, S. Zehentmayer1, M. Jambreus1, D. Schmerse3

1University of Basel, Schweiz; 2Pädagogische Hochschule Bern; 3Fachhochschule Nordwestschweiz

Abstract

Diese Längsschnittstudie untersucht die Zusammenhänge zwischen dem Bildungsspracherwerb von Vorschulkindern mit Deutsch als Zweitsprache und drei Facetten sozialer Fähigkeiten, nämlich der Kontaktfähigkeit, dem schüchternen und dem aggressiven Verhalten. Daten von 184 Vorschulkindern (Durchschnittsalter 3.48 Jahre; 50% Mädchen) aus dem Kanton Basel-Stadt wurden zu drei Messzeitpunkten erhoben. Die Konstrukte wurden durch standardisierte Tests und Fragebögen erfasst.

Die Ergebnisse zeigen, dass zum ersten Messzeitpunkt die Bildungssprachkompetenzen (BSK) mit dem schüchternen Verhalten und den Kontaktfähigkeiten assoziiert waren. Zudem sagten die BSK zu t1 die Kontaktfähigkeiten zu t2 vorher und frühes aggressives Verhalten zu t1 wirkte sich auf die BSK zu t3 aus. Dies bedeutet, dass verschiedene Facetten des Sozialverhaltens im Laufe der Zeit unterschiedliche Assoziationen mit den BSK von bilingualen Vorschulkindern haben.

Zusammenfassung

Eine wichtige Entwicklungsaufgabe in der Vorschulzeit ist es soziale Fähigkeiten zu erlernen, die Peerbeziehungen fördern und die Integration in eine Peergruppe ermöglichen (Edery, 2016). Die Sprachkompetenz hilft bei der Kontaktaufnahme mit Peers und der Interpretation ihrer Verhaltensweisen sowie bei der Mitteilung eigener Bedürfnisse (Menting et al., 2011).

Damit wird Sprache zur Schlüsselkompetenz für diese Entwicklungsaufgabe (Albers, 2009).

Ein grosser Anteil der Vorschulkinder kommt mit einer anderen Sprache als der Bildungssprache in Kontakt oder wächst im familiären Umfeld mit einer anderen Sprache auf. Die frühe Sprachentwicklung scheint bei Kindern, die monolingual in der Bildungssprache aufwachsen, soziale Kompetenzen und deren Entwicklungsverläufe vorherzusagen. Umgekehrt scheinen soziale Kompetenzen zwar mit der Sprachentwicklung zusammenhängen, jedoch nicht deren Verlaufsveränderungen voraussagen zu können (Rose et al., 2016).

Für Kinder, deren Familiensprache nicht die Bildungssprache ist, liegen Hinweise vor, dass ausgeprägtere sozial-emotionale Kompetenzen und Interaktionen begünstigende Verhaltensweisen zu besseren Bildungssprachkompetenzen (BSK) führen (Ertanir et al., 2021).

Bei bildungssprachlich-monolingualen Kindern sind folglich eher die BSK ein Prädiktor für das soziale Verhalten, während bei Kindern mit einer anderen Familiensprache das soziale Verhalten als Prädiktor für die BSK betrachtet wird. Die Erkenntnisse für bilinguale Kinder beziehen sich jedoch auf eine relativ geringe Studienanzahl.

Die vorliegende Längsschnittstudie soll zu der Erweiterung dieser Erkenntnisse beitragen. Sie untersucht Zusammenhänge zwischen BSK bei Kindern mit anderer Familiensprache und drei Facetten des sozialen Verhaltens, nämlich Kontaktfähigkeit, aggressives und schüchternes Verhalten. Die Stichprobe umfasste zum ersten Messzeitpunkt 184 Vorschulkinder (3.48 Jahre; 50% Mädchen) aus dem Kanton Basel-Stadt. Die Erhebungen fanden 18 Monate vor Kindergarteneintritt, zu Beginn vom ersten und am Ende des zweiten Kindergartenjahres statt. Die BSK wurden in Einzelsettings mit standardisierten Tests erfasst; die sozialen Verhaltensweisen wurden von pädagogischen Fachpersonen eingeschätzt.

Die Resultate zeigen, dass die BSK über die Zeit eine relativ hohe Stabilität aufwiesen. Die Zusammenhänge fielen jedoch in Abhängigkeit der Facette des Sozialverhaltens unterschiedlich aus. Ein Zusammenhang ergab sich zwischen den BSK und der Kontaktfähigkeit zu den ersten beiden Messzeitpunkten. Zudem wirkten sich die BSK zu t1 auf die Kontaktfähigkeit zu t2 aus. Das aggressive Verhalten zu t1 wirkte sich verzögert auf die BSK zu t3 aus. In Bezug auf das schüchterne Verhalten konnte nur ein Zusammenhang mit den BSK zu t1 festgestellt werden.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass im zeitlichen Verlauf unterschiedliche Facetten des Sozialverhaltens unterschiedliche Assoziationen mit den Sprachkompetenzen von Vorschulkindern aufweisen. Deshalb scheint es für künftige Forschung wichtig das Konzept von sozialen Kompetenzen differenzierter zu betrachten und verzögerte Effekte mitzuberücksichtigen.



Passt! Die Rolle erlebter Passung zum Studienfach für die Studienwahlentscheidung von Abiturient*innen

T. Niewöhner, S. Weckbrodt, E. Wild

Universität Bielefeld, Deutschland

Abstract

Vor dem Hintergrund der unüberblickbaren Zahl angebotener Studiengänge und hoher Studienabbruchquoten, insbesondere in der Studieneingangsphase, kommt der Studienwahlentscheidung von Abiturient*innen eine wichtige Rolle in der persönlichen Bildungsbiographie zu. Auf Grundlage des Person-Environmet-Fit-Ansatzes (Edwards et al., 1998) wird daher in diesem Beitrag untersucht, inwieweit die erlebte Passung von Fähigkeiten, Interessen und Kompetenzen zum angestrebten Studiengang den Zusammenhang des Explorationsverhaltens und der Entscheidungssicherheit für das Studium von Abiturient*innen vermittelt. An online erhobenen Querschnittsdaten von 110 Abiturient*innen konnte die Annahme bestätigt werden. Die Erlebte Passung vermittelt den Zusammenhang zwischen dem studienbezogenen Explorationsverhalten und der Entscheidungssicherheit als indirect-only-mediation. Die Befunde unterstützen damit aktuelle Anstrengungen hinsichtlich der Implementation von Self-Assessments (z.B. OSA-Psych; DGPs, 2023), um die Entscheidungssicherheit von Studienanfänger*innen für ihren gewählten Studiengang zu erhöhen.

Zusammenfassung

Studieninteressierte stehen mit nahendem Übergang von Schule zur Hochschule vor der Herausforderung, ein Studienfach zu finden, welches zu ihnen passt. Bei Studieninteressierten treten jedoch aufgrund der steigenden Angebotsvielfalt von Studiengängen zunehmend Unsicherheiten auf (Oechsle et al., 2010). Gleichzeitig scheinen hohe Studienabbruchquoten an deutschen Hochschulen (Heublein et al., 2022) Ausdruck einer mangelnden Passung zwischen individuellen Studienvoraussetzungen sowie institutionellen Anforderungen und Bedingungen (Neugebauer et al., 2019) zu sein. Das Explorationsverhalten zur Sammlung von Informationen, beispielsweise über fachliche Stärken und Studienoptionen, ist daher ein wesentlicher Bestandteil des Entscheidungsprozesses (Hirschi & Läge, 2007; Germeijs & Verschueren, 2006b, 2007).

Unter Bezugnahme auf den Person-Environment-Fit-Ansatz (Edwards et al., 1998) ist eine hohe erlebte Passung der persönlichen Merkmale und Charakteristika der Umwelt entscheidend für hohe Zufriedenheit und Erfolg. Befunde aus der Hochschulforschung deuten darauf hin, dass Persistenz, Studienzufriedenheit und akademische Leistung (Etzel & Nagy, 2016, 2020; Li et al., 2013) mit zunehmender Passung steigen. Daher adressiert dieser Beitrag die Frage, ob ein umfangreiches Explorationsverhalten im Rahmen der Studienorientierung zu einer hohen Entscheidungssicherheit für ein Studienfach zum Ende der Schulzeit beiträgt und ob dieser Zusammenhang über die erlebte Passung zu diesem Studienfach vermittelt wird.

Die inferenzstatistische Prüfung mittels Bootstrapping-Mediationsanalysen (Hayes, 2018) erfolgt an Daten von 110 Abiturient*innen (MAlter=18.34, SD=1.00; 85% weiblich; 85% Gymnasium; 58% Abitur nach 12. Klasse).

Erhoben wurde das studienbezogene Explorationsverhalten mit der Skala Self-Exploratory Behavior (SCTI; Germeijs & Verschueren, 2006a; insgesamt 16 5-stufigen-Likert-Items), die erlebte Passung wurde in Anlehnung an Etzel und Nagy (2020; neun 5-stufige-Likert-Items) erfragt. Die Entscheidungssicherheit wurde mit vier 6-stufigen-Likert-Items in Anlehnung an die Career Decision Scale (CDS; Osipow et al. 1976) sowie die Commitment-Skala (SCTI; Germeijs & Verschueren, 2006a) erhoben. Alle genutzten Instrumente zeigten eine gute Reliabilität und die erwartete Faktorenstruktur.

Entgegen der Annahme geht vermehrtes Explorationsverhalten nicht mit einer höheren Entscheidungssicherheit einher (c=.36; p=.09). Dennoch mediiert die Erlebte Passung den Zusammenhang zwischen dem Explorationsverhalten und der Entscheidungssicherheit (a=.40; p<.001; b=1.39; p<.001; ab=.55; 95%-bias-adjustiertes CI:[0.29, 0.90]). Der direkte Effekt des studienbezogenen Explorationsverhaltens auf die Entscheidungssicherheit war hingegen nicht signifikant (=-.19; p=.34) daher handelt es sich um eine indirect-only mediation (Zhao et al., 2010). Es werden 30.5% der Varianz der erlebten Passung und 23.8% der Varianz in der Entscheidungssicherheit erklärt.

Schlussfolgernd sollten Abiturient*innen für eine sichere Studienwahlentscheidung die Passung zwischen ihren Fähigkeiten, Interessen sowie Bedürfnissen und Angeboten sowie Anforderungen des Studiums erkunden. Damit untermauern die Ergebnisse vielseitige Bestrebungen zur Implementation von Self-Assessments zur Unterstützung der Studienwahl (z.B. OSA-Psych; DGPs, 2023).



Focus groups with pupils in the development of BEWARE: a school program for the promotion of mental health literacy

J. Piloth1, A. Edelmann1, L. Eppelmann1, M. Wessa1,2

1Leibniz Institut für Resilienzforschung, Mainz, Deutschland; 2Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Abstract

One way to create a target-group-specific program for schools, which meets pupils’ needs and increases compliance for the program, is to make them part of the program development, design, and evaluation. In BEWARE, a school-program focused on strengthening mental health literacy in children and adolescents (10-17 years), we therefore conduct several focus groups with different age groups during the phase of program development to get a deeper insight into pupil’s opinions to consider in further program improvement. A special topic of interest is stigmatization and class atmosphere during mental health education lessons. We will present results of the focus groups that are currently running.

Zusammenfassung

Theory: In the last years, many school-based health-related programs for children and adolescents have been and are currently being developed (e.g. Amado-Rodríguez et al., 2022; Asanjarani & Asgari, 2021; Bastounis et al., 2016). One way to create a target-group-specific program, which meets the pupils’ needs and increases compliance for the program, is to make them part of the program development, design, and evaluation. Such a participatory approach uses focus groups, which provides children with space to share their own perspectives, express their needs and interests and comment on the general program conduction and content. This valuable information can be utilized for improving the program and making it more appealing for pupils (Wyatt et al., 2008), which in turn can influence the overall success of the project.

Question: How do students evaluate the BEWARE program regarding various questions and what conclusions can be drawn from it for program development?

Method: BEWARE is a school program currently being developed, focusing on strengthening mental health literacy in children and adolescents (10-17 years), which includes the understanding and de-stigmatization of mental health and disturbances, the facilitation of help-seeking behavior and competencies for self-care (Jorm, 2020). Aim of the project is to provide material for usage by teachers in yearly BEWARE project days held for the students. The material is generated by a team of psychologists in cooperation with teachers, students and social workers, and is tested and revised several times before the final publishing and a subsequent effectiveness review. As part of the development, several focus groups with different age groups will be conducted during the phase of program development to get a detailed insight into pupils’ opinions, which then will be considered for further program improvement. A special topic of interest is stigmatization and class atmosphere during mental health education lessons (e.g., “How to handle stigmatizing comments?”).

Results and Discussion: Within this proposed presentation, we will present results of the focus groups that are currently running.



The interplay of maternal attachment representation, risk of increased depressive symptoms and impact on child mental health during the SARS-CoV-2 pandemic

F. Köhler-Dauner1, A. Buchheim2, K. Hildebrand1, I. Mayer1, V. Clemens1, U. Ziegenhain1, J. M. Fegert1

1Department of Child and Adolescent Psychiatry/Psychotherapy, University of Ulm, Germany; 2Institute of Psychology, University of Innsbruck, Innsbruck, Austria

Abstract

Stressful childhood experiences (CM) or even additional risk factors like insecure or even unresolved maternal attachment representation (BR) may affect the mental health of mothers and their children. The interplay between maternal BR and maternal and child mental health before and during the pandemic was investigated. Our analyses showed that maternal mental health significantly and completely mediated the relationship between maternal BR and child mental health during the pandemic. The quality of maternal BR as well as the presence of maternal CM appear to be relevant risk factors for the mental health of mothers and their children during a pandemic.

Zusammenfassung

Preventive isolation and social distancing strategies during the SARS-CoV-2 pandemic have confronted families with a variety of different constraints and stresses. Stressful childhood experiences (CM) or even additional risk factors such as an insecure or even unresolved maternal attachment representation (BR) may affect the mental health of mothers and their children. The interplay between maternal BR and maternal and child mental health before and during the SARS-CoV-2 pandemic was investigated. In the interdisciplinary collaborative project TransGen, the quality of maternal BR was assessed using the Adult Attachment Projective Picture System. Participating mothers were surveyed online about pandemic-related stress as well as the mental health of themselves and their child. Our analyses showed that maternal mental health significantly and completely mediated the relationship between maternal BR and child mental health during the pandemic. The quality of maternal BR as well as the presence of maternal CM appear to be relevant risk factors for the mental health of mothers and their children during a pandemic. Our results have shown that, based on maternal childhood experiences, BR can be considered a risk factor for maternal and child mental health during a pandemic. Previous maternal attachment experiences appear to have a significant impact on how parents cope with stressful situations such as a pandemic and lead to an increased risk of developing depressive symptoms that affect their children's mental health. This finding highlights the need to address the specific needs of families with children and to offer support in coping with the current crisis



Der gerechte-Welt-Glauben und das gerechtigkeitsbezogene Arbeitsverhalten bei Studierenden

S. Münscher

Universität zu Köln, Deutschland

Abstract

Der persönliche Gerechte-Welt-Glaube (PGWG) stellt neben anderen Faktoren eine wichtige Determinante für das Handeln der Studierenden dar. In wenigen Studien wird der Zusammenhang zwischen PGWG und dem gerechtigkeitsbezogenen Verhalten sowie dem Wohlbefinden im universitären Kontext analysiert. In diesem Poster sollen die Ergebnisse dreier Studien (Münscher, Donat & Kiral Ucar, 2020; Münscher, 2022; Münscher, Kruschwitz & Aschermann, 2022) zusammenfassend dargestellt werden. Es zeigte sich, dass Studierende, die stärker an eine gerechte Welt glauben, sich wohler fühlen, weniger mogeln und über eine stärkere Zugehörigkeit berichten. Ergänzend wurde der Einfluss der Mediatoren Prokrastination, Kommiliton:innengerechtigkeit und Dozent:innengerechtigkeit untersucht und situativ bedingt interpretiert. Zwei Studien (Münscher, 2022; Münscher et al., 2022) wurden während der Pandemie implementiert. Sie liefern einen weiteren Befund für die Stabilität und Robustheit des PGWGs.

Zusammenfassung

Mehrere Studien haben gezeigt, dass der persönliche Glaube an eine gerechte Welt (PGWG) einen positiven Zusammenhang mit dem Wohlbefinden (Correia, Batista & Lima, 2009) und dem gerechtigkeitsbezogenen Verhalten (Donat, Knigge & Dalbert, 2018) im schulischen und universitären Kontext aufweist. Im Rahmen von drei Studien (Münscher, Donat & Kiral Ucar, 2020; Münscher, 2022; Münscher, Kruschwitz & Aschermann, 2022) werden die bestehenden Befunde teils repliziert und ergänzt. Es wurden 1135 (Studie 1, Erhebung 2019), 291 (Studie 2, Erhebung 2021), 124 (Studie 3, Erhebung 2022) Universitätsstudierende rekrutiert. Die erste Studie (Münscher et al., 2020) untersuchte den direkten Zusammenhang von PGWG mit Wohlbefinden und akademischem Mogeln sowie den indirekten Zusammenhang über die Kommiliton:innengerechtigkeit und Dozent:innengerechtigkeit. Die zweite Studie (Münscher, 2022) zielte auf eine Replikation der Ergebnisse der ersten Studie während der Pandemie ab und analysierte ergänzend den Mediator Prokrastination. Die dritte Studie (Münscher et al., 2022) betrachtet den Zusammenhang von PGWG und dem aktuellen COVID-19-Stresserleben sowie dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit in Anlehnung an die Selbstbestimmungstheorie. Die Ergebnisse der ersten Studie (Münscher et al., 2020) beschrieben einen direkten Effekt von PGWG auf die Lebenszufriedenheit, welcher zusätzlich indirekt von der Kommiliton:innengerechtigkeit vermittelt wurde. Gleichzeitig konnte der direkte Effekt von PGWG auf das Mogelverhalten der Studierenden nicht nachgewiesen, jedoch konnte ein indirekter Effekt über die Dozent:innengerechtigkeit aufgezeigt werden. Die zweite Studie (Münscher, 2022) fand während der Pandemie statt, welches zu veränderten Annahmen in Bezug auf die Wirksamkeit der Mediatoren Dozent:innen- und Kommiliton:innengerechtigkeit führte. Durch den reduzierten sozialen Kontakt mit den Dozierenden und den Mitstudierenden sollte die Kommiliton:innengerechtigkeit keinen signifikanten Einfluss mehr aufweisen und die Dozent:innengerechtigkeit lediglich das Mogelverhalten reduzieren. Auf Grund empirischer Befunde zur verstärkten Planung und Verfolgung von Langzeitzielen (Hafer & Rubel, 2015) bei höher ausgeprägtem PGWG wurde der Mediator Prokrastination in das Studiendesign integriert. Er sollte in negativer Relation zum PGWG stehen und bei niedrigerem Prokrastinationsverhalten das akademische Mogeln vermindern sowie das Wohlbefinden steigern. Alle Hypothesen konnten anhand der Stichprobe unterstützt werden. Lediglich der direkte Zusammenhang zwischen PGWG und akademischem Mogeln konnte nicht dargestellt werden. Die hypothetischen direkten Effekte des PGWGs auf das Bedürfnis der Zugehörigkeit und das aktuelle COVID-Stresserleben wurden in Studie drei (Münscher et al., 2022) untersucht und konnten durch deren Ergebnisse gestützt werden.

Alle Studien sind in ihrer Aussage limitiert, dennoch bestehen die Befund bei Kontrolle wesentlicher Störvariablen wie Geschlecht, Alter, Selbstwirksamkeit, etc. Zusammenfassend stützen die Ergebnisse die Annahme, dass PGWG auch während der Pandemie als Ressource fungiert, die Wohlbefinden, gerechtigkeitsbezogenes Verhalten der Studierenden sowie deren Zugehörigkeitsgefühl in Bildungseinrichtungen stärken kann.



A micro-perspective on teacher learning: Preservice teachers’ epistemic emotion of anxiety and its relation to learning processes and outcomes

U. Hartmann1, F. Baier-Mosch1, H. Fives2, M. Kunter1

1DIPF |Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, Deutschland; 2Montclair State University, USA

Abstract

In this experimental study, we analyze how the epistemic emotion of anxiety affects preservice teachers’ (PST) learning about the topic of classroom management which beginning teachers perceive as challenging. Participants were 64 PSTs (86% female, Mage=24.52, SD=3.63). PSTs were randomly assigned to two conditions [Anxiety (AC) or Non-Anxiety (NAC)]. Anxiety was induced by manipulating feedback on test performance. As expected, experiencing anxiety during a learning episode on classroom management decreased cognitive effort and systematic processing of the material to be learned. Moreover, cognitive and motivational learning outcomes were lower in the AC. Systematic processing mediates the relationship between condition and learning outcomes. Findings provide initial support for the need to address epistemic emotions in teacher education.

Zusammenfassung

Constructing knowledge of classroom management (CM) is central for preservice teachers (PSTs), as it relates to teachers’ well-being and teaching success (Kunter et al., 2013). Simultaneously, CM is perceived as challenging by novice teachers (Mireles-Rios et al., 2019), even causing strong emotional reactions like anxiety (Oral, 2012). We argue that anxiety can impair learning about CM in university teacher education, relating to the research field of epistemic emotions (Muis et al., 2015) which assumes that emotions influence knowledge construction in itself. We refer to cognitive appraisal processes (Gregoire, 2003; Pekrun, 2006), and their relation to learning processes, as well as cognitive and motivational outcomes (Buehl & Fives, 2016; Gregoire, 2003). In an experimental study, we analyzed how the epistemic emotion of anxiety affects PSTs’ learning about CM.

H1: Experiencing anxiety decreases cognitive effort and systematic processing.

H2: Experiencing anxiety impairs learning processes and outcomes.

H3: Systematic processing mediates the relation between anxiety condition and learning outcomes.

Participants were 64 PSTs (86%female) from a German university (Mage=24.52, SD=3.63). After completing a situational judgment test (SJT) on the topic of CM (Gold & Holodynski, 2015), we randomly assigned PSTs to one of two conditions [Anxiety (AC) vs. Non-Anxiety (NAC)]. Anxiety was induced by manipulating feedback unrelated to PSTs’ actual performance on the SJT (AC participants were told to have performed substantially below the norm). As a manipulation check, all participants rated scales of adjectives to assess the epistemic emotions of anxiety, curiosity, and enjoyment. Subsequently, they read a text on CM (learning task), and completed a post test that addressed knowledge learned from the text, cognitive effort (α=.90), systematic processing (α=.77), and self-efficacy (α=.87).

Conditions did not differ regarding control variables, including SJT score. PSTs’ epistemic emotion of anxiety varied by condition, with higher anxiety in AC (M=1.96, SD=.61) than in NAC (M =1.63, SD=.52, d=.58). No differences regarding curiosity and enjoyment were found.

H1: A MANCOVA with cognitive effort and systematic processing as dependent variables (covariate: reading time) confirmed the expected differences between conditions (F(2,60)=6.211, p<.01, pη²=.172). Effort was lower in AC than NAC (F(1,60)=9.995). Systematic processing was lower in AC than NAC (F(1, 60)=11.281).

H2/H3: MANOVA with knowledge and self-efficacy as dependent variables showed a significant effect. Knowledge and self-efficacy were lower for AC than NAC. Systematic processing was found to mediate the relation between condition and knowledge.

These findings provide initial support for the need to address epistemic emotions in teacher education.



Der Zusammenhang zwischen regelbrechenden Freund:innen, Merkmalen der Freundschaft, moralischen Emotionen und regelbrechendem Verhalten (Arbeitstitel)

S.-M. Schön, M. Daseking

Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, Deutschland

Abstract

Im Jugendalter werden Einstellungen und Verhalten vermehrt durch den Freundeskreis beeinflusst. So sind regelbrechende Freund:innen positiv mit regelbrechendem Verhalten assoziiert.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Mechanismen hinter negativen Peereinflüssen besser zu verstehen und Ansätze für systemische Präventionsangebote zu bieten. Dazu werden Assoziationen zwischen regelbrechenden Freund:innen und (1) regelbrechendem Verhalten sowie (2) moralischen Emotionen genauer untersucht. Es wird betrachtet, inwiefern Zusammenhänge durch Merkmale der Freundschaft moderiert werden.

Bisher liegen Selbstberichtdaten von N = 130 Jugendlichen (60% weiblich; M = 14.61 Jahren, SD = 2.23; Min = 12 bis Max = 18) vor. Erste Ergebnisse zeigen, dass regelbrechende Freund:innen positiv mit Regelbrüchen (alleine und mit Freund:innen) assoziiert sind und negativ mit moralischen Emotionen zusammenhängen.

Implikationen und Limitationen der Studie werden diskutiert.

Zusammenfassung

Im Vergleich zu Kindern verbringen Jugendliche weniger Zeit mit ihren Eltern und mehr Zeit mit ihren (gleichaltrigen) Freund:innen. Dadurch werden Urteile, Einstellungen und die Identitätsbildung im Jugendalter vermehrt durch den Freundeskreis beeinflusst. Der Einfluss von Freund:innen zeigt sich ebenfalls auf der Verhaltensebene, so sind zum Beispiel regelbrechende Freund:innen positiv mit regelbrechendem Verhalten assoziiert.

Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, die Mechanismen hinter negativen Peereinflüssen besser zu verstehen und Ansätze für systemische Präventionsangebote zu bieten. Dazu werden die Assoziationen zwischen regelbrechenden Freund:innen und (1) regelbrechendem Verhalten sowie (2) moralischen Emotionen genauer untersucht. Moralische Emotionen sind zum Beispiel mit Handlungsregulation assoziiert und bieten damit einen vielversprechenden Präventionsansatz. Es wird betrachtet, inwiefern die Zusammenhänge durch Merkmale der Freundschaft (z.B. emotionale Verbundenheit) moderiert werden. Des Weiteren wird geprüft, inwieweit sich Unterschiede in der Erklärung von Regelbrüchen, die alleine begangen wurden, und Regelbrüchen mit Freund:innen zeigen.

Zum jetzigen Zeitpunkt wurde die verwendete Fragebogenbatterie (Selbstbericht) von N = 130 Jugendlichen (60% weiblich) mit einem Durchschnittsalter von M = 14.61 Jahren (SD = 2.23; Min = 12 bis Max = 18) beantwortet. Erste Ergebnisse zeigen, dass regelbrechende Freund:innen positiv mit Regelbrüchen (alleine und mit Freund:innen) assoziiert sind und negativ mit moralischen Emotionen zusammenhängen. Nach Beendigung der Datenerhebung werden die bisherigen Ergebnisse in der finalen Stichprobe überprüft und durch weitere Analysen (z.B. die Moderationsanalysen) erweitert. Aus den Ergebnissen werden Ideen und methodische Empfehlungen für weitere Forschung abgeleitet. Praktische Implikationen und Limitationen der Studie werden diskutiert.



Negative effects of the SARS-CoV-2 pandemic: the interlinking of maternal attachment representation, coping strategies, parental behavior, and the child's psychosocial health

M. Gulde1, F. Köhler-Dauner1, I. Mayer1, U. Ziegenhain1, J. M. Fegert1, A. Buchheim2

1Department Of Child And Adolescent Psychiatry/psychotherapy, University Of Ulm, Germany, Deutschland; 2Institute of Psychology, University of Innsbruck, Innsbruck, Austria

Abstract

With regard to the child's psychosocial health (kPG) in times of a pandemic, additional risk factors within the family, such as parental attachment representations (BR) as well as coping strategies (BS) and parental behaviour, may play an important role. The aim of this study is to investigate the interaction of maternal BR, BS, parental behaviour and kPG during the pandemic. A path model in the form of a multiple linear regression was calculated. Behavioural problems in children are mainly influenced by parenting style, while emotional problems in children are mainly influenced bycaregiver overload.

Zusammenfassung

For more than two years, young families have been confronted with a variety of restrictions and 6 stresses as a result of the SARS-CoV-2 pandemic. The current circumstances have been shown to be 7 particularly stressful for children's psychosocial health. With regard to the child's psychosocial health 8 in times of a pandemic, additional risk factors within the family, such as parental attachment 9 representations (BR) as well as coping strategies (BS) and parental behaviour, may play an important 10 role. The aim of this study is to investigate the interaction of maternal BR, BS, parental behaviour 11 and child psychosocial health during the pandemic. In this longitudinal study, previously collected 12 data on maternal BR were combined and analysed with data on missing BS, child mental health and 13 parenting quality during the pandemic. Data were collected since the beginning of the pandemic in an 14 online survey in which N=73 mothers participated. A path model in the form of a multiple linear 15 regression was calculated. The path model could be confirmed with the following order of the 16 variables: maternal BR, lack of BS, parenting quality and mental health problems, especially 17 behavioural problems, of the children. The presence of short-time work and the decline in income 18 since the beginning of the pandemic served as control variables. Behavioural problems in children are 19 mainly influenced by parenting style, while emotional problems in children are mainly influenced by 20 caregiver overload. Therefore, tailored interventions should be provided for different types of mental 21 health problems in children. In addition, insecure BR and lack of BS by mothers can contribute to 22 passing on their own difficult childhood experiences to the next generation, especially in times of 23 pandemic



Du bist, was du liest? – Der Zusammenhang von Genre und sozial-kognitiven Fähigkeiten

J. Schwerin1, J. Lenhart2

1Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Deutschland; 2Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland

Abstract

Geschichten gelten als ungefährliches Übungsfeld, um sozial-kognitive Fähigkeiten zu trainieren. Die Studie untersuchte Zusammenhänge zwischen Lesegewohnheiten und sozial-kognitiven Fähigkeiten. Studierende (N = 1155) bearbeiteten in einer Onlinestudie Fragen zu ihren Lesegewohnheiten, einen Empathiefragebogen und einen Theory-of-Mind-Test. Kumulative Leseerfahrung korrelierte positiv mit der Theory-of-Mind-Leistung, nicht jedoch mit der selbstberichteten Empathie. Zudem zeigten sich für alle narrativen Lesekategorien (mit Ausnahme von Krimis/Thrillern und Biographien) kleine positive Zusammenhänge mit Theory of Mind und/oder Empathie. Erwartungsgemäß zeigte sich hingegen keine Korrelation mit dem Lesen von Sachbüchern.

Zusammenfassung

Mehrere Theorien (Mar, 2018; Oatley, 1999) gehen davon aus, dass Geschichten als ungefährliche Übungsmöglichkeiten, dabei helfen können sozial-kognitive Kompetenzen (z.B. Empathie, Theory of Mind) zu verbessern. Die empirisch gefundenen Zusammenhänge liegen dabei im kleinen bis mittleren Bereich (Mumper & Gerrig, 2017), wobei es Hinweise auf genrespezifische Unterschiede gibt (z.B. DeMulder et al., 2022; Fong et al., 2013; Kidd & Castano, 2019). Die vorliegende Studie untersuchte deshalb, inwiefern ein Zusammenhang zwischen allgemeinen Lesegewohnheiten, genrespezifischen Lesepräferenzen und sozial-kognitiven Fähigkeiten besteht.

Die Teilnehmenden aus zwei Onlinestudien (N = 1155) wurden zu ihren Lesegewohnheiten befragt. Dazu bearbeiteten sie den Autorenrekognitionstest – Checklist B (ART-B; Grolig et al., 2020) und gaben an, wie häufig sie insgesamt sowie verschiedene Genres (Sachbücher, klassische Literatur, Krimi/Thriller, Romanzen, Science-Fiction, Fantasy, Jugendromane, historische Romane und Biographien) in ihrer Freizeit lesen. Sie bearbeiteten zudem den Saarbrücker Persönlichkeitsfragebogen (IRI-S D V 7.0; Paulus, 2019) zur Erfassung selbstberichteter Empathie sowie den Reading the Mind in the Eyes Test (RMET; Baron-Cohen et al., 2001) als Maß für Theory of Mind.

Es zeigte sich ein schwacher positiver Zusammenhang zwischen Theory of Mind und Empathie (r = .21). Beide sozial-kognitiven Maße korrelierten positiv mit dem selbstberichteten Leseverhalten (r = .16-.22). Mit dem Autorenrekognitionstest korrelierte jedoch nur Theory of Mind signifikant (r = .12). Kleine, signifikante Korrelationen ergaben sich für Theory of Mind und Empathie mit dem Lesen von klassischer Literatur, Fantasy und Jugendromanen (r = .06-.17), wobei Empathie zusätzlich signifikant mit Romanzen, Science-Fiction und historischen Romanen korrelierte (r = .09-.18). Das Lesen von Sachbüchern, Biographien und Krimis/Thrillern korrelierte hingegen nicht signifikant mit den Maßen sozial-kognitiver Fähigkeiten.

Unsere Ergebnisse stehen im Einklang mit Studien, die in der Regel nicht-signifikante Korrelationen mit Sachbüchern berichten (z.B. Fong et al., 2013; Mar et al., 2006). Zudem konnten positive Korrelationen zwischen sozial-kognitiven Kompetenzen und Romanzen (Fong et al., 2013) oder klassischer Literatur (Kidd & Castano, 2019) repliziert werden. Die unterschiedlichen Befunde für die Erfassungsmethoden des Leseverhaltens deutet darauf hin, dass methodische Variationen möglicherweise Unterschiede zwischen Studien erklären könnten. Die Zusammenhänge waren insgesamt klein, was jedoch der homogenen Stichprobe aus größtenteils jungen, gebildeten Frauen geschuldet sein könnte. Insgesamt entspricht das wenig konsistente Muster der Korrelationen den theoretischen Annahmen eines förderlichen Effekts von Geschichten nur unzureichend und verdeutlicht, die Notwendigkeit mögliche Wirkfaktoren von Geschichten auf sozial-kognitive Kompetenzen zu identifizieren.



LehrKRÄFTE stärken: Evaluation eines Trainingsmoduls zur Reduktion der Auswirkungen hoher Selbstwertkontingenz bei Lehramtsstudierenden

C. Schöne, J. Stiensmeier-Pelster

Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland

Abstract

Ein abhängiger (kontingenter) Selbstwert beeinflusst Erleben und Verhalten (auch) von Lehrenden. Die Auswirkungen sind überwiegend als negativ zu bewerten, sodass Interventionen sinnvoll erscheinen. Zugleich ist eine Veränderung der Selbstwertkontingenz außerhalb von Psychotherapie nicht realistisch anzustreben. Das entwickelte Training zielt auf die Reduktion der negativen Auswirkungen von Selbstwertkontingenz ab.

An einer Stichprobe von 33 Lehramtsstudierenden im Abschlusssemester (nEG=15, nKG=18, randomisierte Zuweisung) wurde in einer Studie mit drei Messzeitpunkten (Prä/post/follow-up) überprüft, ob die Trainingsteilnahme zur Reduktion der Selbstwertkontingenzauswirkungen führt. Es zeigte sich, dass die negativen Auswirkungen (Lehrangst, Selbstwertinstabilität, Dysfunktionale Kognitionen) nach dem Training in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant geringer waren, während die Selbstwertkontingenz unverändert blieb. Dieser Befund wird als Wirksamkeitsnachweis des Trainingsmoduls interpretiert und diskutiert.

Zusammenfassung

Ein abhängiger (kontingenter) Selbstwert beeinflusst Erleben und Verhalten (auch) von Lehrenden. Zwar erweist sich ein kontingenter Selbstwert häufig als Quelle hoher Motivation, jedoch überwiegen die Kosten, die mit hoher Selbstwertkontingenz und dem Streben nach Selbstwert einhergehen. Bei Lehrenden wird die Selbstwertkontingenz theoretisch und empirisch in Zusammenhang gebraucht mit u.a. Angst vor der Lehre, Selbstwertinstabilität, Selbstwerthöhe, Stress, Emotionaler Erschöpfung und Burnout. Nimmt man an, dass die Selbstwertkontingenz Ursache dieser und weiterer negativer Outcomes ist, können und sollten an diesem Punkt Interventionen ansetzen. Allerdings ist eine Veränderung der Selbstwertkontingenz außerhalb von Psychotherapie nicht realistisch anzustreben, da das Merkmal als wenig veränderbar gilt. Das entwickelte Training zielt daher auf die Reduktion der negativen Auswirkungen eines kontingenten Selbstwerts ab, nicht aber auf die Reduktion der Selbstwertkontingenz selbst.

Das Training besteht aus einem vorgeschalteten Online-Modul (Psychoedukation), einem 5-stündigen Online-Gruppentraining (Videokonferenz) sowie einer 3-wöchigen selbstständigen Übungsphase. Die Teilnehmer:innen erwerben grundlegendes Wissen über Selbstwertkontingenz und lernen generelle Strategien zum Umgang mit entsprechenden Situationen im Schulalltag. Die Übungen fokussieren auf potenziell selbstwertrelevante Aspekte der Lehrtätigkeit und nutzen etablierte, angepasste Vorgehensweisen zur Bearbeitung dysfunktionaler Kognitionen sowie Übungen aus dem Bereich Self-Compassion.

An einer Stichprobe von 33 Lehramtsstudierenden höherer Semester, 28w; M(SD)=24.5(5.09) Jahre, die randomisiert zwei Gruppen (nEG=15, nKG=18) zugeteilt wurden wurde, in einer quasi-experimentellen Studie mit drei Messzeitpunkten (prä, post, follow-up) überprüft, ob die Trainingsteilnahme zur Reduktion unterschiedlicher Selbstwertkontingenzauswirkungen führt. Die Kontrollgruppe nahm parallel an einem Training zum Thema Präsentationskompetenz teil. Demografische Daten, Selbstwertkontingenz, Lehrangst, Selbstwertstabilität und Dysfunktionale Kognitionen wurden per Online-Fragebogen drei Wochen vor dem Training, nach dem Ende der Übungsphase und erneut zwei Wochen später erhoben.

Zur Überprüfung der Wirksamkeit des Trainings wurden separate Messwiederholungs-Varianzanalysen mit dem Gruppenfaktor Bedingung (EG vs. KG) und dem Geschlecht als Kovariate berechnet. Es zeigte sich, dass die negativen Auswirkungen der Selbstwertkontingenz nach dem Training in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant geringer waren [Lehrangst emotionality: F(2;60)=10.1, p <.001, η2=.25; Lehrangst worry: F(2;60)=4.7, p=.014, η2=.14; Selbstwertstabilität (nur t1-t3): F(1;30)=5.9, p=.022, η2=.16; Dysfunktionale Kognitionen F(2;45.61)=7.6, p=.002, η2=.20], während die Selbstwertkontingenz erwartungsgemäß unverändert blieb (F < 0.1).

Die Befunde werden als Wirksamkeitsnachweis des Trainingsmoduls interpretiert und diskutiert. Für die Weiterentwicklung des Trainings werden qualitative Daten aus Evaluationsbefragungen genutzt. Das Training wird für den Einsatz in der Lehrerbildung weiterentwickelt. Zukünftige Studien sollten längerfristige Auswirkungen untersuchen und auf die Wirkung auf weitere Erlebens- und Verhaltensmaße ausgeweitet werden.



Der Zusammenhang von elterlicher Medienkompetenz, sozioökonomischen Status und Mediennutzungsverhalten mit der medialen Zeichenkompetenz von Kindergartenkindern

F. Freudenberger1, M. S. Hunze1, Y. K. Gerigk2, P. Ohler2, G. Nieding1

1Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Deutschland; 2Technische Universität Chemnitz, Deutschland

Abstract

In der Studie wurde der Zusammenhang der medialen Zeichenkompetenz (MZK) von 54 Kindergartenkindern im Alter von 4 bis 5 Jahren mit deren Mediennutzung (Breite und Dauer) sowie dem sozioökonomischen Status (SÖS) und der Medienkompetenz (MK) der Eltern untersucht. MZK wurde mittels eines eigens entwickelten Leistungstests erfasst. Mittels Online-Fragebogen wurden die Mediennutzung und der SÖS sowie die elterliche MK in Form eines Leistungstests erhoben. Es zeigte sich, dass MZK mit dem Alter und der Mediennutzungsbreite der Kinder, sowie dem SÖS und der MK der Eltern positiv korrelierte. Das Alter und die Mediennutzungsbreite der Kinder sowie die MK der Eltern klärten 50.8% der Varianz der MZK-Werten der Kinder auf. Damit stellt die elterliche MK einen wichtigen Prädiktor der MZK der Kinder dar.

Zusammenfassung

Die mediale Zeichenkompetenz (MZK) ist eine grundlegende Form der Medienkompetenz (MK) bei Kindergartenkindern. Sie umfasst die Fähigkeit, in Medien eingebettete Symbole verstehen und nutzen zu können (Nieding & Ohler, 2008). In Studien konnte gezeigt werden, dass die MZK von Kindergartenkindern signifikant mit deren Mediennutzungsbreite, nicht aber mit deren Mediennutzungsdauer oder dem sozioökonomischen Status (SÖS) der Eltern korrelierte (Nieding et al., 2017). In der Querschnittsstudie wurde der bisher nicht bekannte Zusammenhang der MZK mit der MK von Eltern untersucht. Zudem sollten die gefundenen Zusammenhänge der MZK mit der Mediennutzungsbreite und -dauer sowie dem SÖS bestätigt werden.

Dafür wurde bei N=54 4- bis 5-jährigen Kindergartenkindern ein adaptierter MZK-Leistungstest (Nieding et al., 2017) durchgeführt. Alle weiteren Variablen wurden in einem Online-Fragebogen durch die Eltern beantwortet. Die Mediennutzungsbreite ergab sich aus der Anzahl der genutzten Medien (Bücher, Fernsehen, Hörspiele, Radio, Computer/Laptop, Handy/Tablet), während sich die Mediennutzungsdauer aus den angegebenen Minuten pro Wochentag aufsummiert für alle Medien berechnet. Der elterliche SÖS wurde über die Berufe mittels der Magnitude-Prestige-Skala (Wegener, 1985, 1988) ermittelt. Die elterliche Medienkompetenz wurde mit 26 Items in Form eines Leistungstests erfasst, die Fragen zur digitalen Nachrichten- und Informationskompetenz, entnommen dem Newstest (Meßmer et al., 2021), und zur Medienkritikfähigkeit (Rott, 2020) umfassen. Zusätzlich wurden Geschlecht und Alter der Kinder als Kontrollvariablen erhoben.

Es zeigten sich signifikante positive Zusammenhänge der MZK mit dem Alter (r=.64), dem SÖS der Mutter (r=.34), des Vaters (r=.37), der Mediennutzungsbreite (r=.36) und der elterlichen MK (r=.39). Geschlecht und Mediennutzungsdauer korrelierten nicht bedeutsam mit MZK. In einer hierarchischen Regression mit MZK als Kriterium wurden zuerst das Alter der Kinder, als Zweites die Mediennutzungsbreite, als drittes die elterliche MK und zuletzt der SÖS von Mutter und Vater einbezogen. Dieses Modell sagte die MZK mit einer Varianzaufklärung von knapp 50% am besten vorher. Signifikante Prädiktoren waren Alter und Mediennutzungsbreite der Kinder sowie die elterliche MK.

Die Mediennutzungsdauer erwies sich erneut nicht als Prädiktor der MZK. Entgegen den Annahmen korrelierte zudem der SÖS beider Elternteile zwar signifikant mit der MZK, trug jedoch nicht zu einer verbesserten Vorhersage der MZK bei. Weitere Studien mit größeren Stichproben und umfassenderen Messinstrumenten sollten zukünftig durchgeführt werden, um diesen Zusammenhang zu untermauern.



Entwicklung und Evaluation eines ressourcenaktivierenden Motivationstrainings für Lehramtsstudierende zur Weiterentwicklung ihrer überfachlichen Kompetenzen

M. Kaemper, H. M. Buhl, K. B. Klingsieck

Universität Paderborn, Deutschland

Abstract

Wir entwickeln ein ressourcenaktivierendes Programm, um die Motivation von Lehramtsstudierenden zu fördern, ihre überfachlichen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Um dies zu erreichen, kombinieren wir den Ansatz des Zürcher Ressourcenmodells (ZRM) zur Verbesserung der Selbstregulation (Storch & Krause, 2017) mit einem an der Universität bereits etablierten Online Self- Assessmenttool (OSA), das sich auf überfachliche Kompetenzen konzentriert, die Studierende benötigen, um das Lehramtsstudium und -beruf zu meistern (Bohndick & Kohlmeyer, 2016). Das Programm setzt sich zusammen aus einem zweitätigen Initialworkshop zur Formulierung von ressourcenorientierten Zielen und fünf Gruppencoachingsitzungen. Die Wirksamkeit des Programms wird auf allen vier Ebenen nach Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) mit einem quasi-experimentellem Prä-Post-Follow-up-Design geprüft. Auf dem Poster werden die Ergebnisse aus einer Pilotphase und dem ersten Durchgang präsentiert.

Zusammenfassung

Die Motivation von Studierenden für ihr Studium ist häufig external reguliert und damit eher fremdbestimmt (Baalmann & Speck, 2020). Dies kann zu Problemen wie erhöhter Prokrastination und Studienabbruchsintentionen sowie geringerer Selbstwirksamkeit im Vergleich zu selbstbestimmt motivierten Studierenden führen (Baalmann & Speck, 2020). Ebenso wird dadurch die Weiterentwicklung von überfachlichen Kompetenzen (z. B. Selbstorganisation, Kommunikation), die relevant für den Erfolg im Studium sowie im Beruf der Lehrkraft sind, vernachlässigt und kostenlose Angebote der Universität wie Schreibberatungen und Lern-Treffs werden kaum genutzt (Bohndick & Kohlmeyer, 2016). Vor diesem Hintergrund ist es unser Ziel, die Motivation der Studierenden zu fördern. Dazu haben wir ein ressourcenaktivierendes Motivationstraining entwickelt, das aus mehreren Teilaspekten besteht. Dazu gehören

a) ein Online Self-Assessment (OSA) zu überfachlichen Kompetenzen der Studierenden. Es werden Module zu sechzehn relevanten Kompetenzen angeboten, darunter soziale Fähigkeiten, Selbstorganisation und Lernstrategien (Bohndick & Kohlmeyer, 2016). Bei der Bearbeitung sowie anhand von Rückmeldungen können Studierende eigene Weiterbildungsbedarfe erkennen und erhalten gezielte Hinweise auf Unterstützungsangebote zur Verbesserung ihrer überfachlichen Kompetenzen.

b) ein Initialworkshop auf der Basis des Zürcher Ressourcenmodells (ZRM; Storch & Krause, 2017) zur Förderung der Motivation der Studierenden: Studierende formulieren ressourcenorientiert persönliche Ziele für ihr Studium und insbesondere für die Weiterbildung ihrer überfachlichen Kompetenzen. Dies soll neue motivationale Potenziale wecken und dazu beitragen, dass Studierende ihr Lehramtstudium als selbstbestimmte Möglichkeit der Weiterentwicklung von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen begreifen.

c) regelmäßige Gruppencoachingsitzungen: Die Studierenden absolvieren Module des OSA zur Reflexion der eigenen überfachlichen Kompetenzen und werden ermutigt, Weiterbildungsangebote des Hochschulnetzwerks wahrzunehmen. Die persönliche Entwicklung wird vor dem Hintergrund der auf Basis des ZRM formulierten Ziele kontinuierlich reflektiert.

Das Programm wurde erfolgreich pilotiert und wird im Sommersemester 2023 in einem quasi-experimentellen Prä-Post-Follow Up-Design (N = 30 in sowohl Experimental- als auch Kontrollgruppe) in Anlehnung an das Evaluationsmodell von Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) auf vier Ebenen und mittels validierter Selbstberichtsinstrumente evaluiert: 1. Reaktion (Zufriedenheit der Teilnehmenden), 2. Lernen (Wissenszuwachs in Bereichen der Motivation und Selbstreflexion), 3. Verhalten (Verhaltensänderungen wie beispielsweise Besuch von universitären Weiterbildungsangeboten, eigenständige Arbeit an überfachlichen Kompetenzen), 4. Ergebnisse (Erreichen einer selbstbestimmten Stufe der Motivation für das eigene Studium und die Weiterentwicklung von überfachlichen Kompetenzen). Ergebnisse der Evaluation unter Nutzung multivariater Varianzanalysen werden vorgestellt.

Baalmann, T., & Speck, K. (2020). Der Einfluss der Studieneingangs- und der Lernmotivation auf den Studienerfolg und die Abbruchneigung von Studierenden. In M. Feldhaus, K. Speck (Hrsg.), Herkunftsfamilie, Partnerschaft und Studienerfolg (pp. 81-116). Ergon-Verlag. https://doi.org/10.5771/9783956507526-81

Bohndick C., & Kohlmeyer S. (2016). Der LehramtsNavi der Universität Paderborn zur Identifizierung und Weiterentwicklung überfachlicher Kompetenzen von Lehramtsstudierenden. In A. Boeger (Hrsg.), Eignung für den Lehrerberuf. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10041-4_10

Kirkpatrick, D., & Kirkpatrick, J. (2006). Evaluating training programs: The four levels. Berrett-Koehler Publishers.

Storch, M., & Krause, F. (2017). Selbstmanagement-ressourcenorientiert: Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM). Hogrefe.



„Ist das denn überhaupt Mobbing?“ – Zusammenhänge mit Rollenverhalten und wahrgenommener Norm

R.-K. Knauf, H. Eschenbeck

Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Deutschland

Abstract

Mobbing ist ein Gruppenphänomen, das sich durch systematische, wiederkehrende Angriffe auf schwächere Klassenmitglieder auszeichnet und das sich nur manifestieren kann, wenn es von der übrigen Klasse geduldet oder sogar verstärkt wird. Doch die Einschätzung, ob in der eigenen Klasse wirklich Mobbing vorliegt, fällt Heranwachsenden nicht unbedingt leicht. In einer Stichprobe aus elf Klassen wurde untersucht, inwiefern die Unsicherheit bei der Einschätzung mit den wahrgenommenen Verhaltensnormen in der Klasse sowie dem selbstberichteten eigenen Verhalten zusammenhängt. Die Ergebnisse zeigen, dass diejenigen, die angeben Mobbing sicher zu erkennen, stärker ausgeprägte Pro-Bullying-Normen (viel Pro-Bullying- und passives Verhalten, wenig prosoziales Verhalten) wahrnehmen und mehr eigenes Pro-Bullying-Verhalten berichten als diejenigen, die sich diesbezüglich unsicher sind. Weiterhin bestehen deutliche Zusammenhänge zwischen selbstberichtetem Verhalten und wahrgenommener Norm.

Zusammenfassung

Als Mobbing werden systematische, wiederkehrende Angriffe auf Klassenmitglieder bezeichnet, die sich nicht effektiv dagegen wehren können. Es handelt sich um ein Gruppenphänomen, das sich nur manifestieren kann, wenn es von der übrigen Klasse geduldet oder sogar verstärkt wird. Der Participant-Role-Ansatz geht davon aus, dass alle Klassenmitglieder von den Schikanen mitbekommen und eine Rolle einnehmen. Doch die Einschätzung, ob in der eigenen Klasse wirklich Mobbing vorliegt, fällt Heranwachsenden nicht unbedingt leicht.

Der Gedanke ist nahe liegend, dass die eigene Reaktion auf einen Vorfall unter anderem von der Einschätzung abhängt, ob es sich dabei um Mobbing handelt. Weil Mobbing mit hohen wahrgenommenen Kosten von Hilfeverhalten einhergeht, ist zu erwarten, dass eine klare Einschätzung als Mobbing mit einer geringen Hilfsbereitschaft assoziiert ist. Eine klare Einschätzung als Mobbing ist zudem eher zu erwarten, wenn viel Pro-Mobbing-Verhalten (mitmachen, lachen) sowie passives Verhalten und wenig Hilfeverhalten (verteidigen, trösten) beobachtbar ist.

Anhand einer Stichprobe aus elf Klassen (N = 211) wurde die Annahme überprüft, ob es entsprechende Unterschiede zwischen Jugendlichen gibt, die Mobbing in der eigenen Klasse wahrnehmen und jenen, die sich diesbezüglich unsicher sind. Mittels Fragebogen wurden die Wahrnehmung von Mobbing in der eigenen Klasse, wahrgenommene deskriptive Verhaltensnormen (wie viele Klassenmitglieder das jeweilige Rollenverhalten zeigen) sowie das selbstberichtete eigene Verhalten erfasst.

Insgesamt gaben 37% an, dass es Mobbing in der Klasse gäbe, 23% verneinten dies und 39% waren sich unsicher. Bei Sicherheit, dass Mobbing vorliegt, wurde wie erwartet mehr Pro-Mobbing-Verhalten sowie mehr passives Verhalten in der Klasse wahrgenommen, jedoch nicht weniger Hilfeverhalten. Widererwarten war das selbstberichtete Hilfeverhalten bei einer klaren Einschätzung von Mobbing nicht geringer als wenn diesbezüglich Unsicherheit bestand. Wohl aber berichteten jene, die sicher Mobbing erkannt hatten, mehr eigenes Pro-Mobbing-Verhalten. Dieses Muster zeigte sich auch bei Berücksichtigung von Geschlecht und Normen als Kontrollvariablen. Am relevantesten für das selbstberichtete Verhalten schienen die Normen: Hilfeverhalten berichteten vor allem jene, die eine hohe prosoziale und geringe Pro-Mobbing-Norm wahrnahmen. Pro-Mobbing-Verhalten gaben jene an, die eine hohe passive und Pro-Mobbing-Norm sahen.

Zusammenfassend spielte die Unsicherheit bei der Einordnung, ob es sich wirklich um Mobbing handelt, interessanter Weise keine Rolle für das Hilfeverhalten. Dass bei klarer Einordnung als Mobbing mehr Pro-Mobbing-Verhalten berichtet wurde, lässt sich möglicherweise durch die wahrgenommene Norm erklären: Hat sich Mobbing klar erkennbar manifestiert, spiegelt sich dies in einer Norm wider, die durch Pro-Mobbing-Verhalten und Passivität geprägt ist, was die Hemmschwelle zu eigenem Pro-Mobbing-Verhalten senkt. Dies steht in Einklang mit Entstehungsmodellen zu Mobbing.

Die Ergebnisse bestärken darin, dass das Hinterfragen deskriptiver Verhaltensnormen ein wichtiges Element in der Mobbingprävention darstellt. Der Zusammenhang zwischen eigenem Pro-Mobbing-Verhalten und der klaren Einstufung als Mobbing zeigt auf, dass Hemmfaktoren gegen Pro-Mobbing-Verhalten gestärkt werden müssen. Für künftige Studien sollte – neben der Replikation an einer größeren Stichprobe – die Entwicklung und wechselseitige Beeinflussung von Mobbingwahrnehmung, Normen und Verhalten über die Zeit untersucht werden. Generell bemerkenswert für die Mobbingforschung ist, dass Heranwachsenden die Identifikation von Mobbing auch nach Vorlage einer Definition nicht immer leicht fällt.



Schulische Bedingungen in der Umsetzung von Inklusion: Veränderungen und Zusammenhänge mit Lehrkräftemerkmalen

H. Mentel, N. Förster, E. Souvignier

Universität Münster, Deutschland

Abstract

In der Umsetzung von Inklusion sind neben Einstellungen und unterrichtlichen Praktiken der Lehrkräfte auch das schulische Umfeld mit entsprechenden Rahmenbedingungen relevant (Woodcock & Wolfsoon, 2019). Schulische Inklusion unterlag in den letzten Jahren vielen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen (Gasterstädt, 2021). Anhand von zwei vergleichbaren Stichproben (2014: N=231; 2022: N=311) wurden Veränderungen schulischer Bedingungen sowie Zusammenhänge dieser Rahmenbedingungen mit inklusiven Einstellungen und der Selbstwirksamkeit von Lehrkräften untersucht. Es zeigten sich in beiden Stichproben signifikante Zusammenhänge der Rahmen- und Kooperationsbedingungen mit Einstellungen und Selbstwirksamkeit. Die Rahmenbedingungen wurden in 2022 signifikant positiver bewertet. Die Befunde zur aktuellen Umsetzung schulischer Inklusion betonen den Bedarf weiterer struktureller Verbesserungen, vor allem hinsichtlich der Kooperation zwischen den Lehrkräften.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

Inklusion wird nicht zuletzt seit der Behindertenrechtskonvention 2009 zunehmend in der schulischen Praxis realisiert. Lehrkräfte sind in der Umsetzung von Inklusion die zentralen Akteure (Savolainen et al., 2012). Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung sind dabei neben Einstellungen und unterrichtlichen Praktiken der Lehrkräfte auch ihr schulisches Umfeld mit entsprechenden Rahmenbedingungen (Woodcock & Wolfsoon, 2019). Dabei weisen einzelne Studien auf einen positiven Einfluss von Schulklima oder kollegialer Kooperation auf Einstellungen (Urton et al., 2014; Avramidis & Norwich, 2002) und Selbstwirksamkeit (Urton et al., 2014; Wilson et al., 2020; Hosford & O’Sullivan, 2016) hin. Darüber hinaus wird die grundsätzliche Relevanz von Rahmenbedingungen (Woodcock & Woolfson, 2019) und Kooperation (Jurkowski et al., 2020) für die erfolgreiche Umsetzung betont.

Schulische Inklusion unterlag in den letzten Jahren vielen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Neben weitreichenden schulgesetzlichen Veränderungen (Gasterstädt, 2021) und gestiegenen Inklusionsquoten (Scheer & Melzer, 2020), fehlen einheitliche Konzepte und Unterstützungssysteme. Entsprechend ist weitgehend unklar, wie Lehrkräfte Auswirkungen des Umsetzungsprozesses auf die schulischen Bedingungen wahrnehmen. Ziel des vorliegenden Beitrags ist, zu untersuchen, wie die schulischen Rahmenbedingungen mit Einstellungen und Selbstwirksamkeit der Lehrkräfte zusammenhängen und inwiefern sich schulische Bedingungen im Laufe der letzten acht Jahre aus Sicht der Lehrkräfte verändert haben.

Fragestellungen

  1. Wie hängen schulische Rahmen- und Kooperationsbedingungen mit den inklusiven Einstellungen und Selbstwirksamkeit von Lehrkräften zusammen?
  2. Haben sich die Rahmen- und Kooperationsbedingungen zwischen 2014 und 2022 verändert?

Methode und Ergebnisse

In einer online-Umfrage wurden Lehrkräfte unterschiedlicher Schulformen 2014 und 2022 zu Einstellungen, Selbstwirksamkeit und schulischen Rahmen- und Kooperationsbedingungen befragt. Es handelt sich um zwei verschiedene Stichproben (2014: N = 231; 2022: N = 311). Zur Vergleichbarkeit wurden dieselben Instrumente eingesetzt und die Stichproben unterschieden sich hinsichtlich relevanter demografischer Variablen nicht signifikant voneinander. Ergebnisse der multiplen Regressionsanalyse zeigten, dass sowohl die Rahmen- als auch die Kooperationsbedingungen signifikant mit den Einstellungen (bRahmen = 0.211, p <.001; bKoop = 0.274, p <.001) und der Selbstwirksamkeit (bRahmen = 0.159, p <.001; bKoop = 0.280, p <.001) zusammenhängen. Zweiseitige t-Tests für unabhängige Stichproben zeigten, dass die Rahmenbedingungen in 2022 (M = 2.35; SD = 0.54) signifikant positiver bewertet wurden als in 2014 (t(540) = -4.50; p < .001; d = 0.39), während keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Kooperationsbedingungen gefunden wurden. Insgesamt fiel die Bewertung der Rahmenbedingungen allerdings eher kritisch aus. Die Ergebnisse liefern erste Erkenntnisse über den aktuellen Stand der Umsetzung schulischer Inklusion und betonen den Bedarf weiterer struktureller Verbesserungen vor allem hinsichtlich der Kooperation zwischen Lehrkräften.



Das Zusammenspiel zwischen Erfahrungen und Selbstwirksamkeit in der Vorhersage von Einstellungen zum Umgang mit leistungsschwachen Schüler:innen im Regelunterricht in Deutsch und Mathematik

N. Kampa1, J. Wieser2, F. Winterle1

1Zentrum für Lehrer*innenbildung, Universität Wien, Österreich; 2Gymnasium Ursulinen Innsbruck, Österreich

Abstract

Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass zukünftige Lehrkräfte auf die Arbeit in heterogenen Klassenverbänden vorbereitet werden müssen. In diesem Zusammenhang spielen Selbstwirksamkeit und Einstellungen von Lehrkräften eine entscheidende Rolle. Daher untersuchten wir die Zusammenhänge zwischen Inklusionserfahrungen angehender Lehrkräfte, Selbstwirksamkeit gegenüber leistungsschwachen Schüler:innen und Einstellungen gegenüber dieser Schüler:innengruppe. Wir befragten 219 Lehramtsstudierende in Mathematik und Deutsch und spezifizierten ein Multigruppen-Strukturgleichungsmodell. Unsere Analysen ergaben Fächerunterschiede – in Mathematik zeigte sich nur ein Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeit und Einstellungen. In Deutsch fanden wir differenzielle Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Erfahrungen und Selbstwirksamkeit. In beiden Fächern zeigte sich kein direkter Effekt der Erfahrungen auf die Einstellungen. Die Ergebnisse werden auf der Tagung bezüglich ihrer Relevanz für die Forschung (z.B. Differenzierung Fächer) und die Ausbildung (z.B. Einbindung Inklusionserfahrungen) diskutiert.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

In der aktuellen wissenschaftlichen und bildungspolitischen Debatte wird mit dem Begriff Inklusion die schulische Zusammenführung aller Kinder betont (Ruberg & Porsch, 2017). Durch aktuelle und zukünftige Heterogenitätsentwicklungen gilt es, Bedingungen für gelungene schulische Inklusion zu fördern. Hierfür spielen Erwartungen, Überzeugungen und unterrichtliches Handeln von Lehrkräften eine hervorgehobene Rolle (Greiner et al., 2020). Zahlreiche Studien belegen in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit hoher Selbstwirksamkeit von Lehrkräften sowie positiver Einstellungen gegenüber der Unterrichtstätigkeit in heterogenen Klassen (Avramidis & Kalyva, 2007; Poulou, Reddy & Dudek, 2019).

Wir untersuchten die Wirkung von persönlichen und professionellen Inklusionserfahrungen österreichischer und deutscher Lehramtsstudierender auf Selbstwirksamkeitserwartungen sowie Einstellungen gegenüber leistungsschwachen Schüler:innen. Hierbei erwarteten wir, dass Selbstwirksamkeit einen mediierenden Effekt auf den Zusammenhang zwischen der Inklusionserfahrungen und den Einstellungen bezüglich des Umgangs mit leistungsschwachen Schüler:innen hat.

Methode

Wir befragten 219 Lehramtsstudierende an 5 Universitäten und Pädagogischen Hochschulen (nDeutsch=121, nMathematik=98) in Österreich mit einem Onlinefragebogen. Verwendet wurden bestehende robuste Instrumente zu den Konstrukten Selbstwirksamkeit gegenüber leistungsschwachen Schüler:innen (αDeutsch=.83; αMathematik=.75) sowie Einstellungen zum Umgang mit leistungsschwachen Schüler:innen im Regelunterricht (αDeutsch=.72; αMathematik=.71). Wir spezifizierten ein Multigruppen-Strukturgleichungsmodell und werteten drei offene Frage zu den bestehenden Erfahrungen der Lehramtsstudierenden in den Bereichen Schule, Studium und privates Umfeld aus (qualitative Inhaltsanalyse).

Ergebnisse

Unsere Analysen zeigten, dass Inklusionserfahrungen in der Schule, im Studium und im privaten Umfeld keinen direkten Effekt auf die Einstellungen im Umgang mit leistungsschwachen Schüler:innen von Lehramtsstudierenden in beiden Fächern haben. Für zukünftige Lehrkräfte im Fach Mathematik haben des Weiteren diese Erfahrungen keinen Effekt auf die Selbstwirksamkeit gegenüber leistungsschwachen Schüler:innen. Lediglich die Selbstwirksamkeit zeigt einen Zusammenhang mit den Einstellungen (β=.44). Im Fach Deutsch zeigt sich ein anderes Bild. Erfahrungen in der Schule und im privaten Umfeld haben einen positiven Effekt auf die Selbstwirksamkeit gegenüber leistungsschwachen Schüler:innen (γSchule=.47; γprivat=.31), während Erfahrungen aus dem Studium einen negativen Effekt auf diese hat (γStudium=-.28). Diese Selbstwirksamkeit wirkte sich wiederum positiv auf die Einstellungen der angehenden Deutsch-Lehrkräfte gegenüber den Umgang mit leistungsschwachen Schüler:innen im Regelunterricht aus (β=.39). In der qualitativen Analyse zu den Arten der berichteten Erfahrungen wurde sichtbar, dass Lehramtsstudierende den Inklusionsbegriff sehr eng als Inklusion von Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf definieren.

Diskussion

Unsere Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit der Berücksichtigung persönlicher Erfahrungen von Lehramtsstudierenden in der Lehramtsausbildung sowie der Vermittlung eines zukunftsorientierten Inklusionsbegriffs. Des Weiteren zeigen die Unterschiede zwischen den Fächern Mathematik und Deutsch ein differenzielles Bild, welches sowohl in der Forschung als auch in der Ausbildung zukünftig Berücksichtigung finden sollte.



Dyadic interpersonal teacher behavior and teacher well-being: An emotional labor perspective

M. Roswag1,2, K. Koeppen1, B. Hannover1

1Freie Universität Berlin, Deutschland; 2Universität Hildesheim

Abstract

In this presentation we investigate the relationship between dyadic interpersonal teacher behavior and teacher well-being. According to emotional labor theory, teachers can respond to the requirement to show communal behavior towards students by engaging in surface acting (display required emotion without feeling it) or deep acting (change internal feelings to align with requirements). While surface acting is negatively related to well-being deep acting can have positive effects on well-being. In a two-wave study with a sample of 70 teachers and their students we confirmed our assumption that teachers engage in different emotional labor strategies depending on the individual student they interact with which is in turn related to teacher well-being.

Zusammenfassung

Recently, the importance of teacher-student relationships for several relevant student-level outcomes (e.g., achievement, engagement, social inclusion) has been established in the educational literature (Endedijk et al., 2022; Roorda et al., 2017). An indicator for a beneficial teacher-student relationship is the interpersonal behavior of teachers that is characterized by high communion, meaning teachers adjust their instructional practice towards students’ needs, and show warmth and kindness. Generally, these types of behavior are connected to several positive outcomes, both for the teacher and the students (Roorda et al., 2017; Taxer et al., 2019). Therefore, high communal behavior can be viewed as a resource for teachers as actors. However, what if a teacher does not feel communal emotions but still has to show them, to meet the requirements of professional competence and the school as an organization. Building on job demands-resources theory (Demerouti et al., 2001) and emotional labor theory (Grandey, 2000) we propose a dual pathway model of teacher’s interpersonal behavior and well-being. We propose that teachers show interpersonal behavior high in communion by engaging in surface acting and deep acting. Surface and deep acting are two strategies of emotional labor (i.e., complying with organizational requirements regarding emotion display). Surface acting describes the process of suppressing one’s emotions while presenting the organizationally required emotion, while deep acting describes the process of trying to feel the organizationally required emotions. In general, surface acting is negatively, and deep acting is positively related to well-being (Humphrey et al., 2015). Going beyond previous research we suggest that teachers engage in different emotional labor strategies depending on the individual student they interact with in a given situation. We expect that whenever a teacher displays communal interpersonal behavior via more deep acting (resource-perspective) s/he will report higher well-being whereas whenever a teacher displays communal interpersonal behavior via more surface acting (demand-perspective) s/he will report lower well-being. In a longitudinal field study with 70 teachers and their classes we asked teachers to rate their dyadic interpersonal behavior towards each student of the class, their dyadic emotional labor, and their occupational well-being (i.e., enthusiasm and emotional exhaustion). On a second measurement point eight weeks later, teachers were again asked about their occupational well-being which allows us to also test whether the extent to which teachers engage in different emotional labor strategies predicts changes in teacher well-being. Data collection and analysis are not yet completed.



Über kognitive Kompetenzen hinaus: Zur Rolle gemischter moralischer Emotionen für soziales Lernen in der Grundschule

A. M. Möller, N. Azendorf, B. Latzko

Universität Leipzig / Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Deutschland

Abstract

Soziale Fähigkeiten gelten als Prädiktor für Schulerfolg, dem Aufbau nicht-kognitiver Kompetenzen im Schulkontext wird aber oft weniger Beachtung geschenkt - wie bspw. gleichbleibend hohe Mobbingraten zeigen (OECD, 2021). Neuere entwicklungspsychologische Studien fokussieren gemischte moralische Emotionen für den Aufbau einer moralischen Identität.

Vor diesem Hintergrund wird untersucht, inwieweit sich gemischte moralische Emotionen im Grundschulalter zeigen. Es wird vermutet, dass sich gemischte moralische Emotionsattributionen sowie ihre Begründungen abhängig vom moralischen Prinzip unterscheiden. Zur Prüfung der Hypothesen wurden 56 Grundschüler:innen (35 weiblich) im Alter von 8 bis 10 Jahren (M = 9;4, SD = 0,3) mithilfe des Happy-Victimizer-Interviews untersucht.

Die Ergebnisse zeigen signifikante Unterschiede in den Emotionsbegründungen, nicht aber bezogen auf gemischte moralische Emotionen. Implikationen für die Förderung des sozialen Lernens werden diskutiert.

Zusammenfassung

Soziale Kompetenzen gelten nicht nur als Prädiktor für schulischen Erfolg (Corcoran et al., 2018), sondern ermöglichen es zudem, Beziehungen im Schul- und Klassenverband als wichtige Ressource für persönliches Wachstum und gemeinsames Lernen nutzen zu können. Dem Aufbau dieser nicht-kognitiven Kompetenzen wird seit den coronabedingten Schulschließungen und den damit verbundenen psychosozialen Belastungen von Schüler:innen (Bujard et al., 2021) zunehmend Beachtung geschenkt - wie auch die OECD-Studie „Beyond Academic Learning“ (2021) zeigt. Gleichbleibend hohe Mobbingraten (OECD, 2019) und der Befund, dass die sozialen Kompetenzen nicht genügend gefördert werden (OECD, 2021), unterstreichen den immer noch dringenden Handlungsbedarf im Bereich des sozialen Lernens. Moralische Emotionen leisten einen wichtigen Beitrag für das soziale Miteinander, indem sie zeigen, inwieweit sich Kinder in ihrem Handeln an moralische Regeln gebunden fühlen (Malti, Krettenauer & Sokol, 2008). Bisher wurde der Fokus auf negative moralische Emotionen (Schuld und Scham) gerichtet, während neuere Ansätze besonders die gemischten moralischen Emotionen für den Aufbau einer moralischen Identität in den Fokus nehmen (Möller & Latzko, 2023), da sie stark mit Prosozialität und Empathie zusammenhängen (Jansma et al. 2018; Malti, 2020).

Vor diesem Hintergrund geht die Studie der Frage nach, inwiefern sich gemischte moralische Emotionen bei Grundschulkindern in Abhängigkeit von zwei moralischen Prinzipien (ein Versprechen Halten und zufällig erhaltenes fremdes Eigentum zurückgeben) zeigen. Auf Grundlage von Studien zur Situationsspezifität (Beißert, 2018; Minnameier, 2011; Gutzwiller-Helfenfinger, Heinrichs, Schadt, & Latzko, 2022) wird vermutet, dass sich die Häufigkeiten der berichteten gemischten moralischen Emotionsattributionen sowie die Begründungen für die berichteten Emotionen in beiden moralischen Prinzipien unterscheiden.

Um die Hypothesen zu prüfen, wurden 56 Grundschüler:innen (35 weiblich) im Alter von 8;11 bis 10;0 Jahren (M = 9;4, SD = 0,3) mithilfe des Happy-Victimizer-Interviews (Nunner-Winkler & Sodian, 1988) untersucht. Die Interviews enthielten Vignetten zu zwei moralischen Prinzipien. Das Sprachverständnis wurde mittels KFT 1-3 (Heller & Geisler, 1983) kontrolliert (T-Wert M = 57, SD = 10). Die Interviews wurden audiografiert, transkribiert und mittels Qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring, 2015) ausgewertet und quantifiziert.

Bezogen auf die berichteten gemischten moralischen Emotionen zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Prinzipien. Auf deskriptiver Ebene werden allerdings doppelt so viele gemischte Emotionen in der Vignette „Besitz“ zugeschrieben. Gemischte moralische Emotionen werden demnach unabhängig vom moralischen Prinzip berichtet, auch wenn die deskriptiven Daten darauf hindeuten, dass beim Einbehalten fremden Eigentums mehr gemischte moralische Emotionen berichtet werden. In Bezug auf die Begründungen gab es einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen beiden Prinzipien, chi2 (9) = 33,05, p = <.001, phi = .635. Die Daten deuten darauf hin, dass Kinder ihre Emotionen abhängig vom moralischen Prinzip unterschiedlich begründen. Während sie beim Einbehalten fremden Eigentums vor allem Regeln und Sanktionen als Begründung heranziehen, beziehen sie sich beim Brechen eines Versprechens verstärkt auf moralische Dimensionen.

Mit Blick auf eine Förderung des sozialen Lernens sollte daher gezielt versucht werden, auch gemischte Emotionen in sozialen Konfliktsituationen unter Beachtung der Kontextabhängigkeit in schulische Interventionen einzubeziehen. Darüber hinaus sollten entsprechend der vorhandenen Fähigkeiten adaptive Förderverfahren eingesetzt werden.



Variiert der Zusammenhang zwischen Motivation und schulischer Leistung mit dem Intelligenzniveau? Erweiterung der Metaanalyse von Kriegbaum et al. (2018)

L. Fleischmann, K. Reschke, B. Spinath

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Deutschland

Abstract

Kriegbaum et al. (2018) konnten in ihrer Metaanalyse zeigen, dass Intelligenz und Motivation sowohl einzeln als auch gemeinsam zur
Erklärung von Schulleistungsvarianz beitragen. Mögliche Interaktionen zwischen den beiden Konstrukten wurden bisher allerdings noch nicht
genauer untersucht. In unserem Beitrag gingen wir der Frage nach, ob der Zusammenhang zwischen Motivation und schulischer Leistung
mit dem Intelligenzniveau variiert. Eine Erweiterung und erste Reanalyse der Ergebnisse von Kriegbaum et al. (2018) zeigte, dass die
Intelligenz der untersuchten Studienteilnehmer(innen) den Zusammenhang zwischen Motivation und Schulleistungen derart moderiert, dass
dieser mit steigender Intelligenz stärker wird. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Bedeutung der Motivation für schulische Leistungen mit
dem Intelligenzniveau zunimmt und (hoch-)begabte Schüler(innen) möglicherweise besonders von Maßnahmen der Motivationsförderung
profitieren könnten.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund: Die relative Bedeutsamkeit von Intelligenz und Motivation zur Vorhersage schulischer Leistung ist in der (pädagogisch-)psychologischen Forschung mittlerweile gut etabliert. In ihrer Metaanalyse fanden Kriegbaum et al. (2018) beispielsweise einen Zusammenhang von M(r) = .44 zwischen Intelligenz und schulischer Leistung und einen Zusammenhang von M(r) = .27 zwischen Motivation und schulischer Leistung. Dagegen ist das Zusammenspiel von Motivation und Intelligenz bei der Erklärung von Leistungsunterschieden in der Schule noch weitgehend unklar. Laut Kriegbaum et al. (2018) beträgt die Korrelation zwischen kognitiven und motivationalen Faktoren M(r) = 0.17. Gleichzeitig klären kognitive und motivationale Faktoren einen gemeinsamen Anteil von 16.6 % an der Schulleistungsvarianz auf (siehe ebenfalls Kriegbaum et al., 2018), sodass mögliche Interaktionen zwischen den beiden Konstrukten naheliegen.

Fragestellung und Hypothese: In unserem Beitrag gingen wir der Frage nach, ob das Intelligenzniveau der Stichprobe bedeutsam für den Zusammenhang zwischen Motivation und Leistung ist. Konkret prüften wir die Hypothese, dass der Zusammenhang zwischen den beiden Konstrukten mit steigendem Intelligenzniveau zunimmt.

Methode: Zur Beantwortung unserer Fragestellung erweiterten wir zunächst die Daten aus der Metaanalyse von Kriegbaum et al. (2018) und notierten, falls möglich, für jede der 74 Studien das mittlere, standardisierte Intelligenzniveau der untersuchten Stichprobe bzw. versuchten, dieses aus den angegebenen (Roh-)Werten zu ermitteln. Falls in einer Studie das Intelligenzniveau getrennt für mehrere (Teil-)Stichproben angegeben war, berechneten wir daraus das gewichtete Mittel; falls Intelligenzwerte für unterschiedliche Intelligenzfacetten (z.B. verbal und numerisch) angegeben waren, mittelten wir diese ebenfalls. Um die Ergebnisse der Primärstudien zusammenzufassen, berechneten wir anschließend mit den Korrelationskoeffizienten aus Kriegbaum et al. (2018) ein random-effects model und fügten die mittlere Intelligenz der untersuchten Stichproben als kontinuierlichen Moderator in die Analysen mit ein.

Ergebnisse: Die metaanalytische Auswertung der Daten zeigte auch in der untersuchten Teilstichprobe von 27 Studien einen robusten Zusammenhang zwischen Motivation und Leistung, M(r) = .22, 95 % KI [0.18, 0.25]. Weiterhin moderierte das Intelligenzniveau der untersuchten Studienteilnehmer(innen) den Zusammenhang derart, dass dieser mit steigender Intelligenz tendenziell zunahm, β = .04, p < .05.

Diskussion: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bedeutung der Motivation für schulische Leistungen mit steigendem Intelligenzniveau zunimmt. Dies ist gut vereinbar mit Ergebnissen der (Hoch-)Begabungsforschung, nach denen neben einem Mindestmaß an Intelligenz weitere, persönlichkeitsbezogene Faktoren eine wichtige Rolle zur Erklärung von (Schul-)Leistungsvarianz spielen (vgl. Schwellenwertmodell der Intelligenz, z.B., Renzulli, 2005; Schneider, 2000). Außerdem lassen aktuelle Befunde zur Talententwicklung vermuten, dass besonders bei (Hoch-)Begabten differenzierte Begabungsprofile auftreten, die sich in enger Wechselwirkung mit Persönlichkeitsvariablen entwickeln (vgl. Breit et al., 2022; Preckel et al., 2020).

Implikation für Theorie und Praxis: Die Ergebnisse des Beitrags lassen vermuten, dass besonders Schülergruppen mit einer überdurchschnittlichen Intelligenz von Maßnahmen der Motivationsförderung profitieren könnten.



TikTok Nutzung und die Folgen für langanhaltende Aufmerksamkeit und Freude am Lernen

T. Otto, B. Thies

TU-Braunschweig Institut für Pädagogische Psychologie, Deutschland

Abstract

TikTok hat sich in den letzten Jahren bei Kindern und Jugendlichen als führende „Social-Media“ Plattform etabliert (Sbai, 2021). Die TikTok Nutzung und der damit verbundene Konsum von kurzen unterhaltenden, aber kognitiv wenig herausfordernden Videos gehen nach Aru und Rozgonjuk (2022) langfristig mit der Unfähigkeit einher, längere kognitive Anstrengungen durchzuführen. Bisher liegen kaum belastbare Studien zu dieser Annahme und keine zur Tiktok Nutzung vor. Mithilfe von Fragebögen und Aufgabenbearbeitungen wurde der Zusammenhang von TikTok Nutzung und Aufmerksamkeitsfähigkeit an Schüler*innen und Studierenden untersucht. Die Ergebnisse stützen die Annahme, dass TikTok-Nutzung gleichermaßen für Schüler*innen und Student*innen negativ mit der Aufmerksamkeitsfähigkeit und dem „Need for Cognition“ im Zusammenhang steht. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf bisherige Befunde zur Nutzung sozialer Medien diskutiert.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund: TikTok ist zu einer der beliebtesten und meist genutzten „Social-Media“ Applikationen unter Kindern und jungen Erwachsenen geworden. Die Kurzweiligkeit und Simplizität der TikTok-Kurzvideos begünstigen ein problematisches Nutzungsverhalten stärker im Vergleich zu anderen sozialen Medien, wodurch eine langfristige Nutzung wahrscheinlicher wird (Marengo et al., 2022). Die langfristige Nutzung der automatisierten und schnellen Abfolge von simpel gehaltenen Kurzvideos, deren Verarbeitung keine kognitive Anstrengung benötigt, führt nach der Passivitätshypothese, die als Erklärung negativer Folgen des Fernsehkonsums diskutiert wurde und sich auf Grund der leichten Verarbeitung von TikTok-Videos auf die Nutzung von TikTok übertragen lässt, dazu, dass sich infolgedessen eine negative Einstellung gegenüber kognitiv anstrengenderen Tätigkeiten entwickelt (Schnittenhelm et al., 2010). Aru und Rozgonjuk (2022) stützen in einem jüngst veröffentlichen Artikel diese Annahme und erklären, dass die Nutzung sozialer Medien im Vergleich zu kognitiv fordernden Aktivitäten wie dem Lesen den Vorrang erhält, weil die Kosten-Nutzen-Analyse zugunsten der Nutzung sozialer Medien ausfällt.

Fragestellung: Die Studienreihe beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob und inwiefern sich TikTok-Nutzer*innen hinsichtlich der Aufmerksamkeitsfähigkeit und der„Need for Cognition“ im Vergleich zu Personen, die kein TikTok nutzen, unterscheiden und versucht darüber hinaus herauszufinden, welche Eigenschaften der TikTok Nutzung zu Unterschieden innerhalb der TikTok-Nutzer*innen hinsichtlich der zu untersuchenden Variablen führt. Die Fragestellung wird an Schüler*innen und Student*innen überprüft.

Methode:

In der Studienreihe wurden subjektive und objektive Daten zur Nutzung sozialer Medien sowie zur TikTok-Nutzung erhoben. Die Aufmerksamkeitsfähigkeit wurde mithilfe eines eigens entworfenen Stroop-Tests und „Need for Cognition“ via Selbsteinschätzung erhoben. Zur Überprüfung der Fragestellung wurden t-Tests und Regressionsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse:

Die Ergebnisse der Studienreihe stützen die Annahme, dass eine erhöhte TikTok-Nutzung gleichermaßen für Schüler*innen und Student*innen negativ mit der Aufmerksamkeitsfähigkeit und dem „Need for Cognition“ zusammenhängt. Darüber hinaus zeigte sich, dass TikTok-Nutzer*innen im Vergleich zu Personen, die kein TikTok nutzen, im Schnitt 16 Sekunden länger zur Bearbeitung der Aufgaben benötigten (t(100)= 1.5, p=.062, d=.41).

Diskussion und Implikation für Theorie und Praxis:

Die durchgeführte Studienreihe war die erste, die explizit die TikTok-Nutzung und die Folgen für Aufmerksamkeitsfähigkeit und „Need for Cognition“ untersucht hat. Die Nutzung von TikTok führte nachweislich zu einer geringeren Aufmerksamkeitsfähigkeit und einem geringen „Need for Cognition“. Es bedarf weiterer Studien, die die gefunden Zusammenhänge dieser Studienreihe replizieren und dahinterliegende Wirkmechanismen erforschen. Praktische Implikationen ergeben sich für schulische Bildungsangebote zum Thema Medienkompetenz in Bezug auf die negativen Effekte der Nutzung von simplen Kurzvideos.



GROUPS-4-HEALTH: A Teaching Concept to Promote Student Health

Y. Z. Varol1, S. Braun1, C. Haslam2, S. A. Haslam2, H. Horz1, R. van Dick1

1Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland; 2The University of Queensland, Brisbane, Australia

Abstract

Das hier vorgestellte GROUPS-4-HEALTH (G4H) Programm als Lehrkonzept beschäftigt sich mit der sozialen Identität zur Studieneingangsphase und mit den damit einhergehenden Herausforderungen, die bekanntermaßen die psychische Gesundheit von Studierenden beeinträchtigen können. Inwieweit die Teilnahme am G4H Programm die soziale Identität und psychische Gesundheit unterstützen kann, wurde anhand eines seriellen Mediationsmodells bei 124 Psychologiestudierenden untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Identifikation mit der eignen G4H-Kleingruppe nach der Programmteilnahme zunimmt. Eine hohe Identifikation hängt positiv mit höherer wahrgenommener sozialer Unterstützung durch Kommiliton*innen zusammen, was wiederum die kollektive Selbstwirksamkeit steigert und dadurch die emotionale Erschöpfung verringert. Im Lichte dieser Ergebnisse wird die Rolle der sozialen Identifikation für die psychische Gesundheit diskutiert. Außerdem werden Empfehlungen zur frühzeitigen Integration des Programms ins universitäre Curriculum ausgesprochen.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund

Eine gesunde soziale Interaktion mit Kommiliton*innen kann maßgeblich für die Reduktion des Belastungserleben und Verbesserung der psychischen Gesundheit von Studierenden sein. An diesem Punkt setzt das G4H Lehrkonzept an (C. Haslam et al., 2016), dessen Kernannahme auf den Social Identity Approach (S. A. Haslam, 2004) zurückgeht. Diese besagt, dass die Gruppenzugehörigkeit dem Individuum ein Gefühl der sozialen Identität vermittelt und ihnen wiederum Zugang zu sozialen und psychologischen Ressourcen verschafft, auf die sie bei Herausforderungen zurückgreifen können.

Fragestellung

„Welche Effekte hat die Teilnahme am G4H-Programm auf das Wohlbefinden von Studierenden?“

Zentrale Hypothesen. Die Programmteilnahme geht mit einer stärkeren sozialen Identifikation mit der G4H-Kleingruppe einher (H1). Diese Identifikation ist positiv mit geringerer emotionalen Erschöpfung assoziiert (H2). Eine erhöhte Identifikation geht in einer seriellen Mediation mit einer Zunahme der wahrgenommenen sozialen Unterstützung (H3a) einher, die wiederum eine Grundlage für eine erhöhte kollektive Selbstwirksamkeit (H3b) bildet, die schließlich die emotionale Erschöpfung (H3c) verringert.

Methode

124 Psychologiestudierende (75,4% weiblich; Durchschnittsalter M = 22,3; SD = 5,56) nahmen an einer Online-Befragung zu zwei Messzeitpunkten teil (T1 = vor Teilnahme; T2 = nach Teilnahme an einem G4H Programm. Die Veränderung der Identifikation (H1) wurde mit einem t-Test getestet; der direkte (H2) und die indirekten (H3) Effekte wurden anhand eines seriellen Meditationsmodell getestet.

Ergebnisse

Es konnte eine signifikante Zunahme der sozialen Identifikation ermittelt werden, t(123) = -1.82, p < .036. Die Annahme, dass die Identifikation mit der G4H-Kleigruppe direkt mit emotionalen Erschöpfung zusammenhängt, fang keine Unterstützung (H2, b = .03, p = .39). Allerdings zeigte der in H3a vorhergesagte Pfad, dass die Identifikation positiv mit sozialer Unterstützung einherging (b = .56; p < .01). Soziale Unterstützung stand wiederum im positiven Zusammenhang mit kollektiven Selbstwirksamkeit (H3b, b = .20; p < .01). Kollektive Selbstwirksamkeit ging schließlich negativ mit emotionaler Erschöpfung einher (H3c, b = - .19, p = .02). Das Mediationsmodell unterstützt einen signifikanten indirekten Gesamteffekt sozialer Identifikation auf emotionale Erschöpfung über die Mediatoren soziale Unterstützung und kollektive Selbstwirksamkeit, b = -.1444 (,0693); 95% CI (-.2780, -.0049).

Diskussion

Das G4H-Programm als Lehrkonzept kann negative Folgen des Übergangs in das erste Studienjahr verringern, indem die Rolle sozialer Gruppen und deren Potenzial zur Gesundheitsförderung betont werden. Konkret führt die Stärkung der sozialen Identität über Mediatorvariablen zur Verringerung der emotionalen Erschöpfung.

Implikation für Theorie und Praxis

Die Forschungsergebnisse sind im Einklang mit bisherigen Untersuchung zur Wirkung von sozialer Identität auf die psychische Gesundheit und demonstrieren darüber hinaus den erstmaligen Transfer zugrundeliegender Theorien auf den universitären Lehrkontext. Das Programm kann curricular verankert werden, um die soziale Integration und das Wohlbefinden der Studierenden in der frühen Studienphase zu fördern.

Literaturverzeichnis

Haslam, C., Cruwys, T., Haslam, S. A., Dingle, G. A., & Chang, X.-L. M. (2016). GROUPS 4 HEALTH: Evidence that a social-identity intervention that builds and strengthens social group membership improves health. Journal of affective disorders, 194, 188–195.

Haslam, S. A. (2004). Psychology in organizations: The social identity approach (2.). Sage.



Wärme- und Kompetenz-Stereotype in der Schule. Was sie vorhersagt und wie sie mit dem Interaktionsverhalten von Lehrkräften zusammenhängen

K. Koeppen, J. Hildebrandt, B. Hannover

Freie Universität Berlin, Deutschland

Abstract

Wir untersuchten, ob im Sinne des Stereotype-Content-Models (SCM; Fiske et al., 2002) angehende Lehrkräfte heterogenen Schüler:innengruppen in unterschiedlichem Maße Wärme und Kompetenz zuschreiben und ob diese stereotypen Zuschreibungen durch die Wahrnehmung von Konkurrenz/Bedrohung und Status vorhergesagt werden können. Wir untersuchten weiter, ob (in den Augen angehender Lehrkräfte) die Zuschreibung von Wärme vorhersagt, wie kommunal, und die Zuschreibung von Kompetenz vorhersagt, wie agentisch sich Lehrkräfte gegenüber Schüler:innen verhalten. Wir erfassten Metastereostereotype (Studie 1; N=58 und Studie 3; N=299), individuelle Stereotype (Studie 2; N=417) (vgl. Kotzur et al., 2020) und ließen die Studierenden einschätzen, wie stark Lehrkräfte gegenüber Schüler:innen der jeweiligen Gruppe Communion und Agency zeigen (Studie 3). Wir diskutieren die Bedeutung unserer erwartungsgemäßen Befunde für das Unterrichten im heterogenen Klassenzimmer.

Zusammenfassung

Im heterogenen Klassenzimmer können soziale Stereotype Einfluss darauf nehmen, wie Lehrkräfte Schüler:innen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeiten (z.B. sonderpädagogischer Förderbedarf, Migrationshintergrund) wahrnehmen und sich ihnen gegenüber verhalten. Die Inhalte sozialer Stereotype und interpersonales Lehrkraftverhalten können gleichermaßen auf den grundlegenden Dimensionen sozialer Wahrnehmung dargestellt werden: Wärme/Communion – definiert durch Qualitäten, die für die Herstellung und Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen erforderlich sind – und Kompetenz/Agency – definiert durch Qualitäten, die für die Erreichung von Zielen erforderlich sind (Fiske, 2018). Nach dem Stereotype-Content-Model (SCM; Fiske et al., 2002) werden die einer Gruppe zugeschriebene Wärme und Kompetenz dadurch bestimmt, wie diese Gruppe auf gesellschaftlicher Ebene im intergruppalen Wettbewerb abschneidet: Mitgliedern von Gruppen, die für die eigene Gruppe eine (vs. keine) Konkurrenz/Bedrohung darstellen, wird geringe Wärme (vs. hohe Wärme) und Mitgliedern von Gruppen, die einen niedrigeren (vs. höheren) Status haben als die eigene Gruppe, wird geringe (vs. hohe) Kompetenz attestiert. Der Inhalt von Stereotypen hat weiter Auswirkungen darauf, wie sich Menschen hinsichtlich Communion und Agency den Gruppen gegenüber verhalten (Fiske et al., 2002).

Wir untersuchten, ob im Sinne des SCM (a) angehende Lehrkräfte Schüler:innen heterogener Gruppen in unterschiedlichem Maße Wärme und Kompetenz zuschreiben und (b) diese stereotypen Zuschreibungen durch die Wahrnehmung der angehenden Lehrkräfte von Konkurrenz/Bedrohung und Status der Gruppen vorhergesagt werden können. Über das SCM hinausgehend haben wir weiter geprüft, ob (in den Augen angehender Lehrkräfte) (c) die Zuschreibung von Wärme vorhersagt, wie stark kommunal und ob die Zuschreibung von Kompetenz vorhersagt, wie stark agentisch sich Lehrkräfte gegenüber den Schüler:innen verhalten.

Wir ließen Lehramtsstudierende Schüler:innen, die jeweils durch ein Gruppenmerkmal beschrieben wurden (z.B. Schüler:innen mit türkischem Migrationshintergrund), anhand von auf Wärme und Kompetenz bezogenen Adjektiven beschreiben. Wir erfassten Metastereostereotype (Studie 1; N=58 und Studie 3; N=299), individuelle Stereotype (Studie 2; N=417) (vgl. Kotzur et al., 2020) und ließen die Studierenden Konkurrenz/Bedrohung sowie Status der Gruppen einschätzen und wie stark Lehrkräfte gegenüber Schüler:innen der jeweiligen Gruppe Communion und Agency zeigen (Studie 3). Erwartungsgemäß wurden (a) den Schüler:innengruppen unterschiedlich stark Wärme und Kompetenz zugeschrieben (z.B. Mädchen für wärmer und weniger kompetent gehalten als Jungen), (b) die Zuschreibungen durch die Wahrnehmungen von Konkurrenz/Bedrohung sowie Status der Gruppen vorhergesagt (z.B. die Gruppe hochbegabter Schüler:innen als stärker bedrohlich eingeschätzt und ihr weniger Wärme zugeschrieben) und (c) Communion und Agency des Lehrkraftverhaltens entsprechend der Zuschreibungen antizipiert (z.B. von den Befragten vermutet, dass Lehrkräfte gegenüber Schüler:innen mit Migrationshintergrund weniger Wärme und mehr Agency zeigen). Wir diskutieren die Bedeutung unserer Befunde für das Unterrichten im heterogenen Klassenzimmer.



Who benefits from what? Supporting educationally disadvantaged students with instructional scaffolds in math class

K. M. Bach1, F. Reinhold2, S. Bichler1, S. I. Hofer1

1Ludwig Maximilians University Munich; 2University of Education Freiburg

Abstract

Almost one-third of German secondary school students are educationally disadvantaged because of their social, financial, or cultural background. For example, low socio-economic status (SES) can negatively impact school success. Instructional scaffolds that support learning are particularly important for these students. We investigate the effects of visualizations, adaptive task difficulty, and individualized feedback on secondary students with low SES and their understanding of fractions in math class (N=79). We examine the interaction of instructional scaffolds with students’ individual cognitive (e.g., deductive reasoning) and non-cognitive (e.g., self-concept) aptitudes using latent profile analyses and ANOVA to understand which scaffolds work best for whom. Findings will help to provide adaptive instructional scaffolds and help low SES students master relevant math skills.

Zusammenfassung

Theoretical Background

Almost one-third of secondary school students in Germany face educational disadvantages due to their social, financial, or cultural background (Konsortium Bildungsberichterstattung, 2016). For example, low socio-economic status (SES) can negatively impact students’ success in school (Müller & Ehmke, 2015). The gap between students from low SES backgrounds and their peers is particularly pronounced in math (McConney & Perry, 2010). To support low-SES students in reaching their full potential, it is crucial to understand what kind of instructional scaffolds effectively guide their math learning.

As “one-size-does-not-fit-all” (Ohanian, 1999), instructional scaffolding should be adapted to students’ different prerequisites and needs (Stebler & Reusser, 2017). Hereby, cognitive and non-cognitive aptitudes for learning should be considered. Educational technologies have great potential for such adaptive instruction (Belland et al., 2017). Nevertheless, research about the interaction between individual learner characteristics and technology-enhanced instructional scaffolds among educationally disadvantaged students is scarce.

Our research question is: Which cognitive and non-cognitive characteristics allow low-SES students to benefit from different technology-enhanced instructional scaffolds in math?

Method

Data were collected at German academic and non-academic secondary schools. SES was operationalized through parents’ occupations classified with the International Socio-Economic Index and the International Standard Classification of Occupation 2008 (Ganzeboom, 2010). We focus on a subsample including only students with SES lower than the German average (N=79).

Students were randomly assigned to one of four conditions: no scaffold (control), visualizations, adaptive task difficulty, and individualized feedback. They worked through four blocks of fraction problems and tests embedded in an e-textbook (Author et al., 2020) and completed the same pre- and post-test on fractions plus various tests to assess cognitive (deductive reasoning, visuo-spatial skills, sustained attention) and non-cognitive (self-concept, interest, situational engagement, math anxiety) aptitudes.

We have collected all data and are about to submit our registered report. We will then use a person-centered approach and conduct a latent profile analysis to model aptitudes for learning. We will use these profiles and the instructional condition as independent variables in an ANOVA to determine the effectiveness of the instructional scaffolds for learners with different aptitudes.

Theoretical and Practical Significance

The results will add to the research about differential instructional effectiveness and yield new insights into which aptitudes matter for instructional scaffolds with different affordances for students with low SES. The insights can be used for creating tailored digital support to help these students master relevant math skills and optimally develop their abilities.



AR Affordances Fit All: Interaction of AR Affordances, Learner Characteristics and Learning Outcomes

Z. Kozlova

LMU, Germany

Abstract

In this literature review we examine to which extent the research carried out in the field of augmented reality (AR) use in teaching STEM subjects accounts for learner characteristics and various learning outcomes. We seek to explore which learner characteristics have been addressed and if they were tackled in relation to the multiple affordances of AR and the learning outcomes (conceptual and procedural knowledge). We conclude by stating that, at present, AR technology seems to be regarded as a universal tool that would be appropriate for all the learners, neglecting their individual differences. We also create a knowledge graph to depict and later update the exemplary studies for future research reference in AR.

Zusammenfassung

Theoretical Background

According to Steffen (2019), most of the activities AR affords are either impossible to execute in the physical world due to the natural laws (e.g., seeing the solar system sitting in the classroom) or too dangerous to perform (e.g., asking a student to do an experiment with poisonous chemical agents). AR affordances (e.g., immersion, situated learning, content presentation from 3D perspective etc.) make this technology well-suited to use in STEM subjects teaching. The term “affordances” was recently revised to be seen more as a concept defining environment – organism relationship (Chemero, 2018). That means, the environment renders behavior to the organism, so affordances are relations between the abilities of organisms and features of the environment.

Affordances of AR then can only be fully exploited when attributed to a certain individual with specific abilities and characteristics. For example, use of AR in building conceptual knowledge of molecular structure was only beneficial when learners with low foundational knowledge in chemistry and high spatial abilities felt positive about AR (Ling et al., 2021). In this example, understanding molecular structure was the targeted learning outcome. For other outcomes, e.g., targeting the skill to draw molecular structures, other individual characteristics might interact with the AR learning environment.

Research Question

This brought us to evaluate the following research question: What is the state of the art in terms of interaction of AR affordances, learner characteristics and the learning outcomes in STEM subjects?

Method

In a systematic review, we derived 667 studies from the two databases Scopus and Web of Science. In our search we used the terms “augmented reality”, “augmenting reality”, and “mixed reality”, coupled with “learning”, “education”, “training”, “teaching”, and “instruction” for the period of 2013-2022. In the first selection phase, we excluded studies done in non-STEM subjects (e.g., art). In the second phase (work in progress), we aim to identify the studies that examine learner characteristics together with AR affordances and learning outcomes and, finally, describe their interactions.

Results

With over 100 studies examined in phase two, only seven of them see learner characteristics as a mediator for the learning outcome in the AR environment. By the end of June 2023 we expect to complete the analysis.

Discussion

The preliminary results suggest that, up to now, AR research only to a little extent considers AR effects on learning outcomes to be learner-aptitude specific. This implies a huge research potential for investigating the interaction of learner characteristics, AR affordances and learning outcomes.

References

Chemero, A. (2018). An outline of a theory of affordances. How shall affordances be refined? Four perspectives (pp. 181-195). Routledge.

Ling et al. (2021). Which types of learners are suitable for augmented reality?... . Educational Technology Research and Development, 69(6), 2985-3008.

Steffen et al. (2019). Framework of affordances for virtual reality and augmented reality. Journal of Management Information Systems, 36(3), 683-729.



Ein Online-Training zur Verbesserung des Wohlbefindens

B. Schmitz

TU Darmstadt, Deutschland

Abstract

Abstract

Die Bedeutung des Wohlbefindens im Bereich der pädagogischen Psychologe wird zunehmend erkannt. Es gibt Forschungsansätze die zeigen, dass eudaimonische (eigene Potentiale entwickeln) und hedonische (z.B positive Ereignisse geniessen) Verhaltensweisen Wohlbefinden verbessern können. Beide sind Komponenten im Art-of-Living-Modell (Schmitz, 2016) , das Wege zum Wohlbefinden integriert.

Es werden kurze online Trainings durchgeführt mit 268 Vpn in 4 Gruppen: Eudaimonisches Verhalten, Hedonisches Verhalten, Kombination, Kontrollgruppe.

Die Analysen ergeben insgesamt, dass sich für die Trainingsgruppen (hedonisch und kombiniert) stabile Effekte für Art-of-living und Wohlbefinden nachweisen lassen..

Die Studien zeigen, dass sich Wohlbefinden in kurzen Online-Trainings steigern lässt. Das ist praktisch in hohem Maße relevant, da es den Personen besser geht und möglicherweise akademische Leistungen im Anschluss gesteigert werden können.

Zusammenfassung

Zusammenfassung

Neue Forschung in der Pädagogischen Psychologie nimmt neben akademischen Leistungen auch andere Kriterien in den Blick. In einer aktuellen Studie (N > 5000 Schüler) untersuchen Guo et al (2022) neben akademische Leistungen auch psychologische und physische Gesundheit und Karriereerfolg. Wohlbefinden ist dabei ein wichtiges Konstrukt psychologischer Gesundheit und steht im Zusammenhang mit schulischer Leistung, Hascher (2004). Die Studie von Adler (2016) zeigt in einem experimentellen Design an einer riesigen Stichprobe in Bhutan, Peru und Mexico, von über 700.000 Schülern, dass Wohlbefinden an Schulen trainiert werden kann und Effekte hat auf mit PISA-Tests gemessenen akademische Leistungen.

Der vorliegende Beitrag stellt kurze Online-Trainings vor, die in 3 experimentellen Studien Wohlbefinden verbessern wollen. Dabei wird auf Theorien zu eudaimonischem und hedonischem Verhalten rekurriert. Diese werden Kategorien des Art-of-Living-Modells, Schmitz (2016), zugeordnet. Art-of-Living versucht eine Systematisierung und Integration der Prädiktoren von Wohlbefinden. Es konnte in unterschiedlichen Kontexten Effekte von Art-of-Living auf Wohlbefinden gezeigt werden. So auch im schulischen Bereich Schmitz (2016), Tavakoli et al. (2023) , Lang et al. (2018). Art-of-living ist umfassend validiert, Schmitz et al., (2022).

Es werden Trainings zu hedonischem, eudaimonischem und einer Kombination durchgeführt und mit einer Kontrollgruppe verglichen.

Die Hypothesen postulieren, 1.) dass Art-of-Living durch alle Trainingsvarianten verändert wird, 2.) ebenso wie Wohlbefinden und 3.) dass diese Effekte im Follow-up stabil bleiben.

Es werden 3 Studien durchgeführt, deren Ergebnisse zusammengefasst werden. Es nehmen insgesamt 268 Vpn teil, die durch Netzwerke und soziale Medien rekrutiert werden.

Das Design umfasst 4 Gruppen, die zu 3 Messzeitpunkten untersucht werden mit dem Art-of-Living Fragebogen, Schmitz, et al. (2022) und dem Wohlbefindensmass SWLS, Diener et al. (1985).

Die Messungen erfolgen vor dem Training, nach dem Training und 4 Woche nachher.

Es werden 2faktorielle VAn durchgeführt mit den Faktoren Gruppe und Zeit. Für die Interaktionen Gruppe* Zeit zeigen sich 1.) sowohl für Art-of-living signifikante Interaktionen 2.) als auch für Wohlbefinden mit kleinen bis mittleren Effektstärken . Posthoc Analysen zeigen prä-post-Unterschiede für alle trainierten Gruppen, außer der eudaimonischen Gruppe. 3.) Die post-follow-up Vergleiche ergeben für alle Gruppen Stabilität.

Die theoretisch und praktisch sehr bedeutsamen Ergebnisse zeigen, dass durch verschiedene Varianten des kurzen Online-Trainings Wohlbefinden gesteigert werden kann. Die Verbesserung des Wohlbefindens ist per se bedeutsam. Es ist aber wahrscheinlich, dass damit auch akademische Leistungen positiv beeinflusst werden können. Die Trainings lassen sich anwenden, um Wohlbefinden im schulischen, universitären als auch im Arbeitskontext zu verbessern.



Entwicklung der Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden zum Unterrichten leistungsschwacher Schüler*innen in Mathematik im Rahmen einer Intervention

F. Winterle1, L. Hollingworth2, N. Kampa1

1Universität Wien, Österreich; 2University of Iowa, USA

Abstract

Selbstwirksamkeit von Lehrkräften ist eine zentrale Gelingensbedingung für Unterricht. Ziel unserer Studie ist, die Auswirkung einer spezifischen, begleiteten praktischen Lehrerfahrung während des Lehramtsstudiums auf die spezifische Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden zum Unterrichten leistungsschwacher Schüler*innen in Mathematik zu untersuchen. Im Rahmen unserer Prä-Post-Follow-up Studie mit Kontrollgruppe (N = 83) führten Lehramtsstudierende (N = 35) nach einem 2,5-tägigen Training für 12 Wochen einen Förderunterricht in Kleingruppen von bis zu 5 leistungsschwachen Schüler*innen in Mathematik durch. Konträr zur Hypothese zeigt sich keine signifikante Veränderung der Selbstwirksamkeit im Vergleich zur Kontrollgruppe. Unsere Studie trägt dazu bei, Entwicklung von spezifischen Aspekten von Selbstwirksamkeit zu verstehen. Ein besseres Verständnis der Entwicklung dieser spezifischen Selbstwirksamkeit kann langfristig genutzt werden, angehende Lehrkräfte darin zu unterstützen, leistungsschwache Schüler*innen zu fördern.

Zusammenfassung

Positive Selbstwirksamkeit von Lehrkräften ist eine zentrale Gelingensbedingung für Unterricht (Klassen & Tze, 2014; Perera & John, 2020) und bezeichnet Überzeugungen einer Person, eine bestimmte Aufgabe oder Ziel erreichen zu können (Bandura, 1977). Sie spielt eine kritische Rolle in der Entwicklung von Motivation und Handeln (Margolis & McCabe, 2004). Selbstwirksamkeit ist kontextspezifisch und unterscheidet sich über verschiedene Aufgabengebiete (Bandura, 1977).

Die kontextspezifische Selbstwirksamkeit von Lehrkräften zum Unterrichten leistungsschwacher Schüler*innen in Mathematik bezieht sich auf die Überzeugung einer Lehrkraft, Schüler*innen, die in Mathematik gesetzte Leistungsstandards nicht erreichen, so zu fördern, dass ein Erreichen von Leistungsstandards möglich wird. Studien zeigten den positiven Effekt praktischer Erfahrungen und professioneller Weiterbildungsprogramme auf die Selbstwirksamkeit von Lehrkräften und angehenden Lehrkräften (Aerni, 2008; Knoblauch, 2004).

Wir nehmen eine positive Auswirkung einer spezifischen, begleiteten praktischen Lehrerfahrung im Lehramtsstudium auf die Selbstwirksamkeit von Lehramtsstudierenden an. Als Bedingungsfaktor für die Selbstwirksamkeitsentwicklung wird die Qualität der praktischen Erfahrung hinzugezogen, wobei wir einen positiven Zusammenhang annehmen.

Im Rahmen der Studie führten Lehramtsstudierende (N = 35) nach einem 2,5-tägigen Training (2. Quartal 2021) über einen Zeitraum von 12 Wochen (4. Quartal 2021) Förderunterricht in Kleingruppen von bis zu 5 leistungsschwachen Schüler*innen in Mathematik durch. Des Weiteren wurde eine Kontrollgruppe (N = 48) begleitet. Selbstwirksamkeit (4 Items; α = .80; adaptiert nach Pfitzner-Eden, 2016) wurde zu vier Messzeitpunkten erhoben (vor dem Training, im Anschluss an das Training, nach Abschluss des Förderunterrichts, ein Jahr nach Ende des Förderunterrichts).

Entgegen unserer Hypothese zeigt sich in einem latenten Wachstumsmodell kein signifikantes Wachstum der Einzelitems zur Selbstwirksamkeit der Lehramtsstudierenden über den gesamten Zeitraum der Studie (Wachstum: Item 1 s = 0.025, p = .60; Item 2 s = 0.061, p = .15; Item 3 s = -0.006, p = .90; Item 4 s = 0.042, p = .33). Ergebnisse zur Wirkung der Unterrichtsqualität (adaptiert nach Baumert & Kunter, 2011) und Verläufen über die vier Messzeitpunkte werden im Rahmen der Konferenz vorgestellt.

Unsere Studie trägt dazu bei, die Entwicklung von spezifischen Aspekten der Selbstwirksamkeit zu verstehen. Besonders die Differenzierung zwischen der Wirkung theoretischen Wissens zwischen dem ersten und zweiten Messzeitpunkt sowie der praktischen Erfahrung wird Aufschluss über die unterschiedliche Wirkung der Erfahrungsformen auf die spezifische Selbstwirksamkeit geben. Unsere ersten hypothesenkonträren Ergebnisse, geben Anlass den Sachverhalt detaillierter zu beleuchten. Ein besseres Verständnis der spezifischen Selbstwirksamkeitsentwicklung kann langfristig genutzt werden, um angehende Lehrkräfte darin zu unterstützen, leistungsschwache Schüler*innen zu unterstützen. Weitere Implikationen werden im Rahmen der Konferenz diskutiert.



Entwicklung eines Modells der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)

M. K. List1, S. Schönenberger2, J. Hartig1

1DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Thurgau, Unterer Schulweg 3, CH-8280 Kreuzlingen, Schweiz

Abstract

Durch Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sollen diejenigen Kompetenzen gefördert werden, die Lernende befähigen, an der Bewältigung aktueller Herausforderungen der Weltgesellschaft mitzuwirken. Im Schulkontext stellt sich die Frage, über welche Kompetenzen Lehrkräfte für erfolgreichen BNE-Unterricht verfügen sollten (BNE-Kompetenz). Zur Untersuchung von Lehrkraftkompetenzen hat sich das COACTIV-Modell der professionellen Handlungskompetenz bewährt: Kompetente Lehrkräfte verfügen über relevantes Professionswissen, lehr- und lernbezogene Werthaltungen und Überzeugungen, motivationale Orientierungen und hohe Selbstregulationfähigkeiten. In diesem Beitrag wird ein BNE-Kompetenzmodell vorgestellt, dass basierend auf COACTIV anhand qualitativer Daten aus 20 Interviews mit BNE-Expert:innen entwickelt wurde. Es zeigt sich, dass die COACTIV-Kompetenzdimensionen auf BNE übertragbar sind. Allerdings sollten einige Modellkomponenten spezifischer definiert werden: Für BNE ist die Interdisziplinarität des Themas relevant, was sich in neuen, BNE-spezifischen Modellkomponenten zeigt.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund
Im Schulkontext stellt sich die Frage, über welche Kompetenzen Lehrkräfte für erfolgreichen BNE-Unterricht verfügen sollten (BNE-Kompetenz). Zur Untersuchung von Lehrkraftkompetenzen hat sich das COACTIV-Modell der professionellen Handlungskompetenz bewährt: Kompetente Lehrkräfte verfügen über relevantes Professionswissen, lehr- und lernbezogene Überzeugungen, motivationale Orientierungen und hohe Selbstregulationfähigkeiten (Baumert & Kunter, 2011). Es scheint plausibel, dass diese grundlegenden Kompetenzen auch im BNE-Kontext zentral sind. Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass BNE-Kompetenz im Framework des COACTIV-Modells verortet werden kann (Bertschy et al., 2013; Brandt et al., 2019, Hellberg-Rode & Schrüfer, 2016; Reinke, 2022). Allerdings ist noch ungeklärt, ob das COACTIV-Modell als Beschreibung der BNE-Kompetenz ausreicht oder für ein adäquates Modell der BNE-Kompetenz weitere Komponenten berücksichtigt werden müssen (Hellberg-Rode & Schrüfer, 2016). Es ist zum Beispiel denkbar, dass für BNE Werthaltungen relevant sind, die über die professionsbezogenen Werte und Überzeugungen des COACTIV-Modells hinausgehen und allgemein bedeutsam für nachhaltigkeitsbezogenes Verhalten sind (Bertschy et al., 2013; Bamberg & Möser, 2007).
Fragestellung
Die vorgestellte Studie beschäftigt sich mit der Konzeptualisierung der BNE-Kompetenz von Lehrkräften im Sekundarschulbereich. Der Beitrag stellt ein Modell für die BNE-Kompetenz vor, das auf Grundlage des COACTIV-Modells theoretisch hergeleitet und durch Interviews mit BNE-Expert:innen ausdifferenziert wurde.
Methode
Datengrundlage bilden 20 leitfadengestützte Expert:inneninterviews mit Fachdidaktiker:innen (n = 13) und Lehrkräften weiterführender Schulen (n = 7), welche zur Passung des COACTIV-Modells für BNE befragt wurden. Die Auswertung der Interviews orientiert sich an der wissenschaftlich-deskriptiven thematischen Analyse (Braun & Clarke, 2023). Dabei finden in der Auswertung sowohl die a priori definierten Themen auf Grundlage des COACTIV-Modells Berücksichtigung als auch die anhand der empirischen Daten weiter ausdifferenzierten spezifischen Themen für BNE-Kompetenz.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die COACTIV-Kompetenzdimensionen (Professionswissen, Überzeugungen, Motivation, Selbstregulation) auf BNE übertragen werden können. Sie zeigen auch, dass einige Modellkomponenten im Hinblick auf BNE spezifischer definiert werden sollten: Interdisziplinarität des Themas ist ein relevanter Aspekt, der sich unter anderem in der BNE-spezifischen Modellkomponente „fachdidaktisches Wissen über fächerübergreifende Unterrichtsgestaltung“ zeigt. Für BNE-Unterricht ist auch das Nachhaltigkeitsbewusstsein der Lehrkräfte relevant, das eine wesentliche Grundlage fürs nachhaltigkeitsbezogene Handeln im allgemeinen darstellt (Bamberg & Möser, 2007).
Diskussion und Implikation für Theorie und Praxis
Ein BNE-Kompetenzmodell auf Grundlage von COACTIV kann einerseits die Übertragung von Erkenntnissen aus der allgemeinen pädagogisch-psychologischen Forschung auf den BNE-Kontext erleichtern und gleichzeitig können Erkenntnisse und Impulse aus der BNE-Forschung, zum Beispiel zur fächerübergreifenden Unterrichtsgestaltung, auf andere Unterrichtskontexte übertragen werden. Das hier vorgeschlagene BNE-Kompetenzmodell kann ein Rahmen sein, um BNE-spezifische Erkenntnisse in die allgemeine Unterrichtsforschung zu integrieren.



Erfassung des naturwissenschaftlichen Interesses von 5-6jährigen Kindern in der Kita und Zusammenhänge mit der Einrichtungsqualität

G. Große

Fachhochschule Potsdam, Deutschland

Abstract

Es wurde ein Beobachtungsverfahren für 5-6jährige Kinder entwickelt und geprüft. Desweiteren wird der Zusammenhang der Struktur-, Prozess- und Orientierungsqualität mit der Ausprägung des naturwissenschaftlichen Interesses der Kinder untersucht.

Stichprobe: 150 Kinder im Alter von 4;5 – 6;5 Jahren aus 20 Kitas

Methode: Videoaufnahmen einer standardisierten Explorationssituation zum Thema „Sinken und Schwimmen“; Videoanalyse; Erfassung des Interesses durch Einschätzung der PF mittels validem Fragebogen KOMPIK; Erfassung von Struktur-, Prozess- und Orientierungsqualität mittels selbstentwickeltem Fragebogen

Ergebnisse (vorläufig): (1): Die kindliche Interesseausprägung im Beobachtungsverfahren korrelierte (n=26, p>.002,r=.586) mit der Bewertung durch die Fachkraft (2): Qualitätsfaktoren zeigen Tendenzen für varianzaufklärende Effekte auf die Interesseausprägung.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund: Naturwissenschaftliche Kompetenzen sind ein wichtiges Bildungsziel für Kinder. Nach der pädagogischen Interessetheorie (Schiefele, Prenzel, Krapp, Heiland & Kasten, 1983) stellt „Interesse“ eine besondere Form von Lernmotivation mit hoher Qualität und spezifischer Ausprägung dar und ist somit eine wichtige Grundlage für den Kompetenzerwerb. Es liegen bis dato wenige gesicherte empirische Forschungserkenntnisse vor, wie das naturwissenschaftliche Interesse erfasst werden kann und welche didaktischen Methoden im Elementarbereich das naturwissenschaftliche Interesse am wirkungsvollsten fördern.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie das naturwissenschaftliche Interesse bereits in der Kita gemessen und gefördert werden kann. Untersucht wird ein Beobachtungsverfahren zur Erfassung des naturwissenschaftlichen Interesses von 5-6jährigen Kindern in Kindertagesstätten. Desweiteren wird der Zusammenhang der Struktur-, Prozess- und Orientierungsqualität mit der Ausprägung des naturwissenschaftlichen Interesses der Kinder untersucht.

Forschungsfragen:
(1) Kann mit einem kurzen Beobachtungsverfahren das naturwissenschaftliche Interesse von Vorschulkindern valide erfasst werden?

(2) Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den Struktur-, Orientierungs- und Prozessqualitäten der Einrichtung in Bezug auf naturwissenschaftliche Bildung und der Ausprägung des naturwissenschaftlichen Interesses der Vorschulkinder?

An der Erhebung nahmen 150 Kinder im Alter von 4;5 – 6;5 Jahren aus 20 Kitas in Berlin und Brandenburg teil.

Methode: In einem standardisierten Verfahren wurden die Merkmalsausprägungen von Interesse bei fünf- bis sechsjährigen Vorschulkindern während der Beschäftigung mit Materialien zum Thema „Sinken und Schwimmen“ via Videoaufnahmen erfasst. Zusätzlich wurde das Interesse mit dem validen KOMPIK[1]-Einschätzungsbogen vonseiten der pädagogischen Fachkraft bewertet. Darüber hinaus wurden durch Fragebögen an die Kitaleitung und das pädagogische Personal der Vorschulgruppe die Struktur-, Prozess- und Orientierungsqualität bzgl. des naturwissenschaftlichen Bildungsbereichs erhoben.

Die vorläufige Datenauswertung zeigt folgende Ergebnisse:

Zu Frage (1): Die kindliche Interesseausprägung im Beobachtungsverfahren korrelierte signifikant (n=26, p>.002,r=.586) mit der Bewertung durch die Fachkraft im KOMPIK-Einschätzungsbogen.

Zu Frage (2): Die Interesseausprägung wird als abhängige Variable in einer Mehrebenenmodellierung mit Zufallskoeffizienten (multilevel random coefficient modeling, MRCM, Nezlek et al, 2006) in Abhängigkeit von folgenden Konstrukten und Kontrollvariablen modelliert: Einrichtungsebene: Höhe der Fachkraft/Kind-Relation, Bedeutung naturwissenschaftlichen Lernens im Konzept; Fachkraftebene: pädagogische Qualität im Bereich Naturwissenschaften, Anzahl Weiterbildungen im naturwissenschaftlichen Bereich, Bedeutung naturwissenschaftlicher Anregung für die Fachkraft, Kontrollvariable: Alter der Fachkraft, Geschlecht der Fachkraft; Kindebene: Geschlecht, Alter. Die Analysen sind noch nicht abgeschlossen. Es liegen Hinweise auf varianzaufklärende Effekte der verschiedenen Qualitätsdimensionen auf die Interesseausprägung vor.

Der Beitrag zeigt, dass das kindliche naturwissenschaftliche Interesse mit einem kurzen Beobachtungsverfahren valide und objektiv eingeschätzt werden kann. Desweiteren werden die Zusammenhänge spezifischer Faktoren der Struktur-, Prozess- und Orientierungsqualität mit der Ausprägung des naturwissenschaftlichen Interesses analysiert.

[1] https://www.kompik.de/kompik.html[24.05.2018]



Explanatory Knowledge: How to Counteract Overconfidence in Internet Searches

B. Mattes, J. Ramolla, S. Pieschl

Technische Universität Darmstadt, Deutschland

Abstract

Metakognitives Monitoring ist entscheidend für selbstreguliertes Lernen. Bisherige Studien zeigen, dass Menschen ihr Wissen stärker mit Internetnutzung überschätzen als ohne. Studie 1 (N = 87) untersuchte, ob ein monetärer Anreiz die Überschätzung beeinflusst. Ergebnisse replizierten eine stärkere Überschätzung mit Internet als ohne Internet. Ein monetärer Anreiz war allerdings unwirksam, um die metakognitive Überschätzung mit Internetnutzung zu reduzieren. In Studie 2 (N = 130) wurden zwei metakognitive Interventionen (Standards-Intervention, Kalibrierungs-Intervention) untersucht. Vor den Interventionen zeigte sich wiederum eine signifikant stärkere Überschätzung mit Internet. In beiden Interventionen führte die explizite Vermittlung von Bewertungskriterien zu akkurateren Konfidenzurteilen. Transparente Ziele und Kriterien in Lernumgebungen könnten zur Reduzierung von Selbstüberschätzung mit Internetnutzung beitragen und somit das selbstregulierte Lernen unterstützen.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund und Fragestellung

Den eigenen Wissensstand akkurat einzuschätzen ist eine zentrale Komponente des metakognitiven Monitorings (Nelson & Narens, 1994). Allerdings überschätzen Individuen ihr eigenes Wissen stärker, wenn sie Fragen mit Hilfe des Internets beantworten, als ohne (Dunn et al., 2021; Pieschl, 2021). Da das Internet eine immer wichtigere Rolle beim Lernen spielt und metakognitive Überschätzung negative Auswirkungen auf selbstreguliertes Lernen haben (Dunlosky & Rawson, 2012), ist es wichtig solchen metakognitiven Fehleinschätzungen entgegenzuwirken. Eine geringe Motivation bei Studienteilname könnte dazu führen, dass nicht genug kognitive Ressourcen für eine akkurate Einschätzung aufgewendet werden (Botvinick & Braver, 2015). Individuelle – teils ungeeignete – Bewertungskriterien oder Ziele sind ein weiterer potenzieller Grund für metakognitive Fehleinschätzungen (Winne, 2021).

Studie 1: Methoden und Ergebnisse

Studie 1 exploriert in einem 2x2 Mischdesign die Relevanz von inkrementell steigernden monetäreren Anreizen für bessere Performanz zur Erhöhung der Wertkomponente der Motivation oder keine Belohnung (Zwischensubjektfaktor). Alle N = 87 Teilnehmenden beantworteten vier Erklärfragen, jeweils zwei mit und ohne Internet (Innersubjektfaktor). Pro Frage gaben sie metakognitive Konfidenzurteile ab und ihre Performanz wurde durch zwei unabhängige Rater bestimmt. Die abhängige Variable ist der absolute Bias-Score (Differenz Konfidenz – Performanz). Ergebnisse zeigen einen signifikant höheren Bias-Score mit Internet als ohne Internet (p < .001, d = 0.31), aber keine weiteren signifikanten Effekte.

Studie 2: Methoden und Ergebnisse

Studie 2 untersucht die explizite Kommunikation von Bewertungskriterien. In einem 2x2x2 Mischdesign erhielten N = 130 Teilnehmende zwei unterschiedliche Interventionen (Zwischensubjektfaktor). Entweder sahen sie das Auswertungsschema, welches zur Bestimmung der Performanz genutzt wurde (Standards-Intervention; Mattes & Pieschl, 2022) oder sie übten die Anwendung dieser Bewertungskriterien anhand von Beispielen plus Feedback (Kalibrierungs-Intervention). Alle Teilnehmende beantworteten vor und nach der Intervention (Innersubjektfaktor Zeit) eine Erklärfrage mit und eine ohne Internet (Innersubjektfaktor: Internet vs. Kein Internet). Pro Frage wurden die gleichen Parameter wie in Studie 1 berechnet. Ergebnisse zeigen einen signifikant höheren Bias-Score mit Internet als ohne Internet (p < .001, d = 0.34). Außerdem führten beide Interventionen zu akkuraten Konfidenzurteilen (Haupteffekt Zeit, p < .001, ηp2 = 0.22). Eine signifikante Dreifachinteraktion (p = .026, ηp2 = 0.04) zeigt Unterschiede zwischen den Interventionen auf.

Diskussion und Implikationen

Beide Studien replizieren, dass die Nutzung des Internets zu metakognitiver Überschätzung führt (vgl. Pieschl, 2021). Ein monetärer Anreiz konnte metakognitiver Selbstüberschätzung nicht entgegenwirken, wohl aber die explizite Vermittlung von Bewertungskriterien. Transparent Ziele und Bewertungskriterien in Lernsettings zu setzen, könnte also eine effektive Möglichkeit sein, um Selbstüberschätzung bei Nutzung des Internets entgegenzuwirken.



Lesen und Schreiben in Zeiten der Pandemie: Eine Untersuchung bei Gymnasialschüler:innen zum Schulstart 2022/23

K. Gottlebe, B. Latzko

Universität Leipzig, Deutschland

Abstract

Aktuelle Untersuchungen von Viertklässler:innen zeigen einen deutlichen Abfall der Lesekompetenz und der Orthografie (Stanat et al., 2022). Vor diesem Hintergrund prüft diese Studie, wie die Lese- und Rechtschreibkompetenzen bei Schüler:innen im Übergang zum Gymnasium ausgeprägt sind. Dafür wurde zu Schuljahresbeginn 2022/23 die fünfte Jahrgangsstufe (N=105) eines sächsischen Gymnasiums untersucht.

Die Leseleistung (ELFE-II, Lenhard et al., 2020) liegt im oberen Durchschnittsbereich (T-Wert: M= 57,14; SD=8,335). 21 Kinder (20%) weisen einen T-Wert unter 50 auf. Die Graphemtreffer (HSP 4-5, May et al., 2022) liegen im Durchschnittsbereich (T-Wert: M=51,59, SD=10,764). 16 Kinder (15,2%) weisen einen T-Wert unter 40 auf. 7,6% der Kinder weisen Schwierigkeiten in beiden Bereichen auf.

Die IQB-Ergebnisse für Sachsen lassen sich teilweise bestätigen. Entsprechende Ursachen und Implikationen werden diskutiert.

Zusammenfassung

Richtiges Lesen und Schreiben sind Schlüsselkompetenzen, die gesellschaftliche Teilhabe in einer sich immer schneller wandelnden Welt sichern. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die pandemiebedingten Phasen der häuslichen Lernzeit zu erheblichen Leistungsrückständen in den Basiskompetenzen für Deutsch und Mathematik geführt haben (Hammerstein et al., 2021). Untersuchungen von Viertklässler:innen im Sommer 2021 zeigen einen deutlichen Abfall der Lesekompetenz und der Orthografie. Im Vergleich zu 2016 gab es 2021 anteilig weniger starke und mehr schwache Leser:innen bzw. Schreiber:innen (Ludewig et al., 2022; Stanat et al., 2022).

In Sachsen ist der Anteil der Viertklässler:innen, die mdst. Kompetenzstufe 3 im Lesen erreichen um 6,6% gesunken; der Anteil derer, die Kompetenzstufe 1 im Lesen erreichen, ist dagegen um 5,7% gestiegen. Der Anteil derer, die mdst. Kompetenzstufe 3 in Orthografie erreichen, sinkt um 8,7%. Kompetenzstufe 1 erreichen im Lesen 12,9% und in Orthographie 26,3% der sächsischen Schüler:innen (Stanat et al., 2022).

Vor dem Hintergrund der sinkenden Leistungen untersucht die vorliegende Studie, wie die Lese- und Rechtschreibkompetenzen bei Schüler:innen, die im Herbst 2022 in das Gymnasium starten, ausgeprägt sind. Angelehnt an die prozentualen Anteile des Erreichens der Regelstandards des IQB wird vermutet, dass (a) bei der Leseleistung mindestens 80% der Stichprobe einen T-Wert über 50 erreichen, (b) bei den Graphemtreffern mindestens 60% der Stichprobe einen T-Wert über 40 erreichen.

Zu Beginn des Schuljahres 2022/23 wurde das Leseverständnis anhand der ELFE-II (Lenhard et al., 2020) und die Rechtschreibleistung anhand der HSP 4-5 (May et al., 2022) einer gesamten fünften Jahrgangsstufe eines Gymnasiums in einer sächsischen Großstadt untersucht. Für ELFE-II wurden die Normwerte für alle Schularten, für die HSP die 2022 aktualisierten Normen für Gesamtdeutschland-Gymnasium herangezogen. Der Jahrgang umfasst 109 Schüler:innen, 105 nahmen teil (52 weiblich; M=10,75 Jahre).

Die Leseleistung liegt mit einem mittleren T-Wert von 57,14 (SD=8,335; Q1=51; Q4=63) im oberen Durchschnittsbereich. 21 Kinder (20%) weisen einen T-Wert unter 50 auf. Ein Drittel weist eine überdurchschnittliche Leseleistung auf. Die Graphemtreffer liegen mit einem mittleren T-Wert von 51,59 (SD=10,764; Q1=44; Q4=61) im Durchschnittsbereich. 16 Kinder (15,2%) erreichen einen T-Wert unter 40. 28% weisen einen überdurchschnittlichen T-Wert auf. Der Anteil der Kinder, die in beiden Bereich Schwierigkeiten haben, liegt bei 7,6 % (N=8).

Die vorliegende Studie beschreibt eine leistungsstarke Stichprobe, die trotz pandemiebedingter Widrigkeiten eine überdurchschnittliche Leseleistung und durchschnittliche Rechtschreibleistung aufweist. Dies deckt sich mit den Ergebnissen des IQB, in der die mittlere Leseleistung sächsischer Schüler:innen zwar insgesamt gesunken ist, aber dennoch signifikant über dem Wert für Gesamtdeutschland liegt (Schneider & Wittig, 2022). Für die Rechtschreibleistung fiel der Anteil von Kindern, die das Kriterium erfüllen, größer aus als vermutet; die Ergebnisse des IQB für Sachsen lassen sich hier nicht bestätigen.

Eine naheliegende Erklärung ist, dass Kinder, die die Regelstandards verfehlen, nicht auf Gymnasien eingeschult werden. Es zeigen sich möglicherweise die Auswirkungen des in der Literatur beschriebenen Befundes, dass Kinder in Familien mit höherem Bildungsniveau während der Pandemie längere häusliche Lernzeiten aufwiesen als jene in Familien mit niedrigerem Bildungsniveau (Zinn & Bayer, 2021).



Need for Touch in Learning (NFT-L): Entwicklung eines Fragebogens zu haptischen Lernpräferenzen

L. Büscher, M. Montag, S. Zander

Hochschule Magdeburg Stendal, Deutschland

Abstract

Im Marketing ist das Anfassen von Produkten ein beliebtes Mittel, um Vertrauen, Interesse, Aufmerksamkeit und die Wertschätzung der Kunden zu erhöhen. Das Ausmaß dieses Effekts hängt vom individuellen Bedürfnis nach haptischen Informationen, dem Need for Touch [NFT] ab. Menschen mit höherem NFT können besser auf haptische Informationen zugreifen und bilden komplexere mentale Produktrepräsentationen. Um die positiven Effekte haptischer Erfahrbarkeit hinsichtlich Behalten, Aufmerksamkeit und Motivation auch für den Kontext des Lernens und Lehrens untersuchen zu können, wurde die Skala Need for Touch in Learning (NFT-L) entwickelt und an 117 Versuchspersonen getestet. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Notwendigkeit einer separaten Messung von haptischen Präferenzen im Lernkontext und zeigen, dass das entwickelte Messinstrument zuverlässig und valide ist.

Zusammenfassung

Hintergrund: Im Marketing steht das Berühren von Produkten im engen Zusammenhang damit, ob und wie ein Produkt wahrgenommen, gemerkt und gekauft wird. Studien zeigen, dass sich durch Anfassen von Produkten das Vertrauen der Kund:innen in die Qualität, ihr Interesse, die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung gegenüber dem Produkt deutlich steigern (Hartmann & Haupt, 2013, Ackerman et al., 2010). Wie stark diese Effekte ausfallen, ist abhängig vom individuellen Bedürfnis nach haptischen Informationen, dem sogenannten Need for Touch (NFT; Peck & Childers, 2003). Menschen mit höherem NFT können besser auf haptische Informationen zugreifen und komplexere mentale Produktrepräsentationen bilden, wenn sie einen haptischen Zugang angeboten bekommen. Weitere Studien belegen, dass die Ausprägung des NFT auch Entscheidungen in anderen Kontexten (z. B. Glückspiel) beeinflusst (Nuszbaum et al., 2010) und sich Menschen mit hohem NFT auch hinsichtlich ihrer Informationsverarbeitungsstrategien (systematisch/analytisch) von solchen mit niedrigem NFT (intuitiv/heuristisch) unterscheiden (Yazdanparast & Speers, 2012). Die positiven Effekte auf Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Motivation durch den Einbezug des Tastsinns sollten auch für den Kontext des Lernens und Lehrens näher untersucht und individuelle haptische Präferenzen berücksichtigt werden. Daher wurde in Anlehnung an die NFT-Skala für Marketingkontexte von Peck und Childers (2003), das Messinstrument "Need for Touch for Learning" (NFT-L) entwickelt, um NFT spezifisch im Zusammenhang mit Lernverhalten abzufragen und Messabweichungen aufgrund des Marketingbezugs zu vermeiden.

Methode: Die Items des bestehenden Messinstruments (in der deutschen Übersetzung nach Nuszbaum et al., 2010) wurden in den Lehr- und Lernkontext übertragen und an 117 ProbandInnen (nweiblich=88, nmännlich=26, ndivers=3; Durchschnittsalter 34,29 Jahre (SD=16,11)) hinsichtlich ihrer Eignung, einer Skalenstruktur und ihrer psychometrischen Qualitäten überprüft.

Ergebnisse: Es wurde eine eindimensionale, aus 9 Items bestehende Skala [NFT-L] gefunden. Die Reliabilitätsschätzung ist mit α=.953 als exzellent zu werten. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse unterstreicht die faktorielle Validität des Messinstruments (χ²=62,135, df=27, p<.001; GFI=.901; TLI=.952; CFI=.964; RMSEA=.106). Die Korrelationsberechnung der Skala mit der ursprünglichen NFT-Skala für Marketingkontexte (r=.435, p<.001) gibt Hinweis auf eine hohe konvergente Validität. Zwei an die Fragestellung angepasste Gedankenexperimenten bestärken darüber hinaus die Kriteriumsvalidität des Fragebogens.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass der entwickelte Fragebogen ein reliables und valides Messinstrument zur Erfassung individueller Unterschiede in haptischen Präferenzen im Kontext von Lernen und Verstehen darstellt. Die Skalenstruktur und Korrelationsanalyse der NFT-L unterscheiden sich von der marketingspezifischen Ursprungsskala. Dieser Befund unterstreicht die Notwendigkeit ein lernspezifisches Messinstrument für haptische Präferenzen einzusetzen und in zukünftigen Studien den Einfluss haptischer Lerninstrumente auf Lernen, Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Motivation systematisch und in die Tiefe zu untersuchen.



Selbsteinschätzungen von Lehramtsstudierenden bzgl. ihrer Klassenführungskompetenzen und Lehrer:innenselbstwirksamkeit – Veränderungen im Laufe eines Semesters

E. Seethaler, J. Klug

PH Salzburg, Österreich

Abstract

Die Relevanz von Klassenführung für Unterrichtsqualität, Sozial- und Lernverhalten von Schüler:innen und Wohlbefinden von Lehrkräften ist vielfach belegt. Auch die Lehrer:innenselbstwirksamkeit ist ein wichtiger Bedingungsfaktor für erfolgreiche Berufsausübung. Basierend auf dem Linzer Konzept der Klassenführung haben wir einen Kompetenzscreening-Fragebogen zur Klassenführung eingesetzt. Uns interessierte inwiefern Einschätzungen im LDK als etabliertes Instrument und die Lehrer:innenselbstwirksamkeit mit selbsteingeschätzten Klassenführungskompetenzen korrespondieren und inwiefern ein möglicher Zuwachs im Laufe eines Semesters abgebildet werden kann. In einem Prä-Post-Design (nEG=77, nKG=115) bearbeiteten alle Studierenden zu Semesterbeginn und -ende LDK, Kompetenzscreening und TSES. Die Instrumente zur Klassenführung korrelieren erwartungsgemäß miteinander und mit der Lehrer:innenselbstwirksamkeit. Selbsteingeschätzte Klassenführungskompetenzen und Lehrer:innenselbstwirksamkeit steigen im Verlauf des Semesters. Der Kompetenzscreening-Fragebogen kann in der Lehramtsausbildung zur Selbstreflexion und Abbildung des Lernzuwachses eingesetzt werden.

Zusammenfassung

Aufgabe der Lehrer:innenbildung ist es, auf die komplexen Anforderungen des Lehrberufs in einer Welt im Wandel (Herzog & Markanova, 2021) vorzubereiten. Relevant hierfür sind u.a. Klassenführungskompetenzen, die als Basisdimension der Unterrichtsqualität gelten (Ophardt & Thiel, 2020). Vor allem für Berufsanfänger:innen stellt Klassenführung die größte Herausforderung dar (Chaplain, 2008). Professionswissen und gezieltes Training helfen, Klassenführung zu erlernen (Oliver, Webby & Reschly, 2015). Darüber hinaus werden der Selbstwirksamkeit relevante Zusammenhänge mit zahlreichen positiven Aspekten für eine erfolgreiche Berufsausübung zugeschrieben (Bach, 2022). Diese zu stärken, kann zur Professionalisierung von (zukünftigen) Lehrkräften beitragen (Bach, 2022).

Bisher steht kein Instrument zur Messung von Klassenführungskompetenzen zur Verfügung, das sich an einem Kompetenzmodell orientiert. Diese Lücke zu schließen, ist u.a. Ziel des Projekts. Hierfür wurde das von Bergsmann, Klug, Burger, Först und Spiel (2017) entwickelte Kompetenzscreening, das zwischen kognitiven und praktischen Kompetenzaspekten differenziert, als Basis verwendet. Um Klassenführungskompetenz zu erheben, wurde das Kompetenzscreening in Anlehnung an den Linzer Diagnosebogen zur Klassenführung (LDK; Mayr, Eder, Fartacek, Lenske & Pflanzl, 2018) adaptiert.

Uns interessierte: Korrespondieren die Selbsteinschätzungen im LDK mit den selbsteingeschätzten Klassenführungskompetenzen? Können Klassenführungskompetenzen und Selbstwirksamkeit im Semesterverlauf gesteigert werden und gibt es zwischen der Selbstwirksamkeit und den selbsteingeschätzten Kompetenzen einen Zusammenhang?

An der Studie nahmen 2021/22 N=192 Lehramtsstudierende (82% w, 65% m) teil. In einem Prä-Post-Design (nEG=77, nKG=115) wurden zu Semesterbeginn und -ende der LDK (Mayr, Eder, Fartacek, Lenske & Pflanzl, 2018), das Kompetenzscreening (adaptiert nach Bergsmann, Klug, Burger, Först & Spiel, 2017) und die Teacher’s Sense of Efficacy Scale (TSES; Pfitzner-Eden, Thiel & Horsley, 2014) bearbeitet.

Die Dimensionen des LDK (Beziehungen fördern, Verhalten kontrollieren, Unterricht gestalten) korrelieren zu Semesterende erwartungsgemäß mittel bis hoch mit den entsprechenden Kompetenzbereichen im Kompetenzscreening (r=.380 bis r=.504, p<.001). Auch die TSES weist eine mittlere positive Korrelation mit den kognitiven (r=.343, p<.001) und praktischen (r=.447, p<.001) Kompetenzen auf. Messwiederholungs-ANOVAs mit Zeit als Innersubjektfaktor sowohl für den kognitiven als auch für den praktischen Aspekt der Kompetenz zeigen jeweils signifikante Haupteffekte (Fkognitiv(1,138)=207.598, p<.001; Fpraktisch(1,138)=117.366, p<.001). Für den LDK ergibt sich das gleiche Muster (Haupteffekte: FBF(1,138)=5.157, p=.025; FVK(1,138)=26.657, p<.001; FUG(1,138)=40.871, p<.001). Auch für die TSES zeigt sich ein signifikanter Haupteffekt (F(1,138)=47.257, p<.001).

Das von uns adaptierte Kompetenzscreening bildet Veränderungen von Klassenführungskompetenzen, ähnlich dem LDK, ab. Das Kompetenzscreening ermöglicht zudem, zwischen kognitiven und praktischen Kompetenzen zu differenzieren und stellt damit ein Instrument dar, das gut zur Überprüfung in Lehrveranstaltungen eingesetzt werden kann. Zudem zeigt sich, dass Lehrveranstaltungen es ermöglichen, die Entwicklung der Selbstwirksamkeit Lehramtsstudierender zu unterstützen.



Der Einfluss von Hochbegabung auf vorzeitige Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen

S.-M. Fischer, P. Barchfeld

LMU Munich, Deutschland

Abstract

Die vorliegende Studie hatte die Zielsetzung, Auswirkungen von Hochbegabung auf vorschulische Kompetenzen zu untersuchen. Im Fokus dieser Untersuchung standen die Fähigkeiten in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen.

Zu diesem Zweck wurde von 200 Versuchspersonen die Intelligenz anhand Intelligenztests (WISC V, WPPSI III) gemessen. Es wurden vier Vergleichsgruppen gebildet. Die Kategorisierung erfolgte nach Geschlecht und Intelligenz (50 hochbegabte Mädchen, 50 hochbegabte Jungen, 50 durchschnittlich begabte Mädchen, 50 durchschnittlich begabte Jungen). Zudem wurden die Interessensgebiete der Proband*innen mittels eines von den Eltern ausgefüllten Fragebogens erhoben.

Chi-Quadrat-Tests zeigten einen positiven Zusammenhang zwischen vorzeitigen Rechenkompetenzen und Hochbegabung, aber keinen Zusammenhang zwischen vorschulischen Lese- und Schreibkompetenzen und Hochbegabung. Eine positive Korrelation ergab sich zwischen Hochbegabung und starkem Interesse in den Bereichen Lesen und Mathematik.

Zusammenfassung

Die vorliegende Studie hatte die Zielsetzung, Auswirkungen von Hochbegabung auf vorschulische Kompetenzen zu untersuchen. Im Fokus dieser Untersuchung standen die Fähigkeiten in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen.

Zu diesem Zweck wurde von 200 Versuchspersonen die Intelligenz anhand Intelligenztests (WISC V, WPPSI III) gemessen. Im Rahmen der Diagnostik wurden 189 Proband*innen mit dem WISC V und 11 Personen mit dem WPPSI III getestet. Die verschiedenen Tests ergaben sich aus dem unterschiedlichen Alter der Versuchspersonen.

Für die Stichprobe wurden die Daten von 100 Versuchspersonen erhoben, welche bei der Diagnostik einen Intelligenzquotienten von 125 oder höher erzielt hatten. Des Weiteren wurden die Daten von 100 Proband*innen erfasst, die einen Intelligenzquotienten von 115 oder niedriger aufwiesen. Die Grenzen ergeben sich aus einer forschungsmethodisch günstigen Definition des Konstruktes Hochbegabung (Sparfeldt & Rost, 2012). Diese besagt, dass Kinder und Jugendliche nicht erst ab einem IQ-Wert von 130 als hochbegabt klassifiziert werden, sondern bereits ab einem Ergebnis mit wenigen Punkten darunter[1].

In der durchgeführten Studie lag der durchschnittliche Intelligenzquotient in der Gruppe der hochbegabten Proband*innen bei 133 (SD = 6,07, N = 100) und in der Gruppe der durchschnittlich Begabten bei 107 (SD = 7,26, N = 100).

Das Alter der Versuchspersonen betrug im Mittel 9,2 Jahre (SD = 1,92, N=200). Das Einschulungsalter der Proband*innen variierte leicht, im Durchschnitt wurden sie mit 6,4 Jahren eingeschult (SD = 0,42). Die Gruppe der hochbegabten Versuchspersonen (M= 6,3 Jahre, SD = 0,42) unterschied sich in der Variable Einschulungsalter nur leicht von der Gruppe der durchschnittlich begabten Proband*innen. (M= 6,5 Jahre, SD = 0,37).

Darüber hinaus wurden im Rahmen der Studie folgende deskriptiv-statistischen Daten mittels eines von den Eltern ausgefüllten Fragebogens erhoben: Der Zeitpunkt des ersten Verdachts auf Hochbegabung, der höchste Schulabschluss und die aktuelle Arbeitsbelastung der Eltern, die beobachteten Indizien für Hochbegabung, die Äußerungen der Lehrkräfte und Erzieher*innen, die Interessensgebiete der Kinder, die eigenständig gestellten Aufgaben der Versuchspersonen sowie Empfinden und Verhalten bezüglich der Schulsituation. Für die Analyse der Daten wurde die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) angewandt.

Chi-Quadrat-Tests zeigten einen positiven Zusammenhang zwischen vorzeitigen Rechenkompetenzen und Hochbegabung (p = 0.004 < 0.05 = α), aber keinen Zusammenhang zwischen vorschulischen Lese- und Schreibkompetenzen und Hochbegabung (Lesen: p = 0.152 > 0.05 =α; Schreiben: p=0.663 > 0.05 =α). Eine positive Korrelation ergab sich zwischen Hochbegabung und starkem Interesse in den Bereichen Lesen (p = 0.016 < 0.05 = α) und Mathematik (p = 0.001 < 0.05 = α).

Die Ergebnisse dieser empirischen Untersuchung stützen die Annahme, dass hochbegabte Personen signifikant häufiger als durchschnittlich begabte Personen vorschulische Rechenkompetenzen erwerben. Der Forschungsbereich, der den Zusammenhang zwischen vorschulischen Leistungen und Hochbegabung untersucht, sollte ausgedehnt werden, um durch gewonnene Erkenntnisse adäquate Fördermöglichkeiten für die Praxis zu implementieren.

[1] Sparfeldt, J.R. & Rost, D.H. (2012). Hochbegabte und hochleistende Jugendliche: Erfolgreiche Jugendliche! In A. Ittel, H. Merkens & L. Stecher (Hrsg.), Jahrbuch Jugendforschung. (S. 167-192). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.



Wer nutzt ein Feedback, das nur auf Algorithmen basiert? Zusammenhang der Umsetzung automatisch generierter individueller Handlungsvorschläge mit Eigenschaften der Lernenden

P. Handschuh1, M. Klose1, F. Haag2, S. Günther2, K. Hopf2, T. Staake2

1LIfBi – Leibniz-Institut für Bildungsverläufe, Deutschland; 2Universität Bamberg

Abstract

Das selbstregulierte Lernen stellt eine Herausforderung beim Online-Lernen dar. Auch wenn digitale Lernumgebungen mit Hilfe von Feedback Studierende beim selbstregulierten Lernen unterstützen können, wird das Feedback nur selten von Studierenden umgesetzt. Ziel der Studie ist es daher, Zusammenhänge zwischen individuellen Eigenschaften und der Nutzung von adaptiven Feedback zu untersuchen. Das untersuchte Feedback gibt wöchentlich Handlungsvorschläge zum Bearbeiten einer Lernplattform, welche mit Hilfe von Algorithmen, basierend auf dem Lernverhalten vorheriger Studierender, abgeleitet werden. Hierfür wurde das Feedback in einem Bachelor- sowie einem Masterkurs implementiert. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass Personen mit niedriger Prokrastination und Gewissenhaftigkeit wahrscheinlicher das Feedback benutzen. Der Studiengang sowie das Zeitmanagement scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen. Empfehlungen für die Entwicklung von adaptivem Feedback basierend auf maschinellem Lernen werden abgeleitet.

Zusammenfassung

Eine Herausforderung für Studierende sind hohe Anforderungen an das selbstregulierte Lernen (SRL) (Vosniadou, 2020). Digitale Lernumgebungen können Studierende in diesen Prozessen unterstützen, beispielsweise durch das Vorstellen von Informationen zum erfolgreichen SRL (Jansen et al., 2020); durch Planungsmöglichkeiten (Davis et al., 2018); oder mit Tests und Feedback (Pfost et al., 2023). Jedoch ist diesen unterstützenden Systemen gemeinsam, dass die Lernenden diese nur selten nutzen (Jansen et al., 2020; Pfost et al., 2023). Um solche Tools effektiver und attraktiver für die Lernenden zu gestalten, muss untersucht werden, welche Studierende diese Form der Unterstützung nutzen und welche nicht. So ist ein gutes Zeitmanagement wichtig für die Lernplanung und Zielsetzung (Wolters & Brady, 2020), und Gewissenhaftigkeit zeugt von Pflichtbewusstsein und Selbstdisziplin (Costa et al., 1991). Diese Eigenschaften können dazu beitragen, dass ein Tool verwendet wird, z.B. Feedbackvorschläge umgesetzt werden. Gegenteilig kann das Aufschieben von Aufgaben wirken (Prokrastination; McCloskey, 2011).

Unsere Hypothesen beziehen sich auf eine Feedbackkomponente, welche mit Hilfe von maschinellem Lernen individuelle Handlungsvorschläge ableitet – basierend auf dem Lernverhalten vorheriger Studierender und dem eigenen Lernverhalten – um das Verständnis des bisher behandelten Stoffes zu verbessern. Dabei werden Vorschläge zum Verhalten innerhalb der Lernplattform gemacht, wie das Schauen von Videos oder das wiederholte Bearbeiten von Quizze. Es wird angenommen, dass die Nutzung der Handlungsvorschläge positiv zusammenhängt mit Zeitmanagement, sowie Gewissenhaftigkeit und negativ mit Prokrastination.

Die Komponente wurde in einem Online-Kurs im Bachelor (41 Studierende), sowie einem im Master der Wirtschaftsinformatik implementiert (41 Studierende). Nach einer sechswöchigen Baseline-Phase wurden wöchentlich drei adaptive Handlungsvorschläge präsentiert. Zu Beginn der Kurse wurden Zeitmanagement (MSLQ; Pintrich et al., 1991), Gewissenhaftigkeit (BFI-10; Rammstedt et al., 2014) und Prokrastination erhoben (APS-S; McCloskey, 2011; Yockey, 2016). Die Nutzung der Vorschläge wird anhand von Log Daten gemessen (um zu sehen ob die Vorschläge umgesetzt wurden).

Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass nur ein Drittel der Studierenden das Feedback genutzt haben. Ob die Komponente überhaupt benutzt wird (dichotom; logistische Regression) hängt mit Prokrastination (OR = 0.18, 95%CI [0.04, 0.78) und Gewissenhaftigkeit (OR = 0.13, 95%CI [0.03, 0.56) statistisch signifikant negativ zusammen. Zeitmanagement und Kurszugehörigkeit zeigen keine statistisch signifikanten Einflüsse. Im Rahmen des Vortrags wird auch auf die Anzahl der umgesetzten Vorschläge eingegangen.

Die individuellen Handlungsvorschläge werden eher von Studierenden mit geringen Ausprägungen in Prokrastination umgesetzt. Die unerwartete Rolle von Gewissenhaftigkeit wird noch genauer mit Hilfe der Verhaltensdaten untersucht. Im Vortrag werden Ideen für die Entwicklung der Feedbackkomponente abgeleitet (bspw. Nützlichkeitshervorhebung durch Kommentare von relevanten Peers).



Wie beeinflussen Geschlecht und Leistungs-Begabungsniveau die Wahrnehmung von Schülerverhalten durch angehende Lehrkräfte?

S. Saß, A. Heuer, F. Zimmermann

Institut für Pädagogisch-Psychologische Lehr- und Lernforschung (IPL) Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Abstract

In dieser Vignettenstudie bewerteten angehende Lehrkräfte (N = 424) das Verhalten von fiktiven Schüler:innen mit unterschiedlichen Kombinationen im Leistungs- und Begabungsniveau (hochleistend und hochbegabt (HLHB), minderleistend und hochbegabt (MLHB), durchschnittlich leistend und durchschnittlich begabt (DLDB)) und Geschlecht (Mädchen/Jungen) im 2x3 between-subject Design. Die angehenden Lehrkräfte bewerteten die Vignetten bezüglich des Ausmaßes externalisierender und internalisierender Verhaltensauffälligkeiten der Schüler:innen sowie wie selbstwirksam sie sich fühlen, diese Personengruppe zu unterrichten. Varianzanalysen zeigen, dass die angehenden Lehrkräfte MLHB als verhaltensauffälliger wahrnehmen als HLHB- oder DLDB- Schüler:innen und Jungen signifikant mehr externalisierende Verhaltensauffälligkeiten zuschreiben als Mädchen. Hinsichtlich internalisierenden Verhaltens wurden keine Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden. Die angehenden Lehrkräfte fühlten sich beim Unterrichten von DLDBn Schüler:innen und von Mädchen besonders selbstwirksam.

Zusammenfassung

Theorie

Eine wesentliche Aufgabe von Lehrpersonen ist es, eine differenzierte Unterrichtsgestaltung nach individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler:innen zu gewährleisten und auf Unvorhersehbarkeiten im Schülerverhalten zu reagieren (Brühwiler, 2014; Kunter et al., 2011). Ob dies gelingt, hängt teilweise von Lehrkraftselbstwirksamkeitserwartungen (Schwarzer & Jerusalem, 2002) und Stereotypen gegenüber bestimmten Gruppen ab (Denessen et al., 2022). Bisherige Vignettenforschung zeigte, dass Lehrpersonen hochbegabte Schüler:innen als leistungsstärker, aber verhaltensauffälliger wahrnehmen und weniger Vertrauen haben, diese zu unterrichten (Matheis et al., 2017). Diese Einschätzung spiegelt allerdings nicht die tatsächlichen Merkmale Hochbegabter wider. Der Großteil der Hochbegabten ist nicht verhaltensauffälliger als durchschnittlich begabte Kinder (Francis et al., 2015). Eine Ausnahme bilden hochbegabte Schüler:innen, deren Leistungen erwartungswidrig niedrig sind (sog. Underachiever) (Kroesbergen et al., 2016). Die vorliegende Studie untersucht, ob minderleistende hochbegabte Schüler:innen in Bezug auf externalisierende und internalisierende Verhaltensprobleme anders wahrgenommen werden als hochleistende hochbegabte oder durchschnittlich leistende durchschnittlich begabte Schüler:innen und ob es Geschlechtseffekte gibt. Darüber hinaus wird untersucht, ob sich die Selbstwirksamkeit der angehenden Lehrkräfte beim Unterrichten dieser Schüler:innen je nach Geschlecht und den verschiedenen Kombinationen von Leistungs- und Begabungsniveau unterscheidet.

Methode

In einer experimentellen Vignetten-Studie bewerteten 424 angehende Lehrkräfte fiktive Schüler:innen mit unterschiedlichen Kombinationen im Leistungs- und Begabungsniveau (hochleistend und hochbegabt (HLHB), minderleistend und hochbegabt (MLHB), durchschnittlich leistend und durchschnittlich begabt (DLDB)) und Geschlecht (Mädchen/Junge) hinsichtlich internalisierender und externalisierender Verhaltensweisen sowie ihrer Selbstwirksamkeit, diese zu unterrichten (2x3 between-subject Design).

Ergebnisse

Die angehenden Lehrkräfte nehmen MLHB signifikant externalisierend verhaltensauffälliger wahr als HLHB- und DLDL-Schüler:innen (F[2,340] = 5.472; p < .05). Ebenso schrieben sie Jungen signifikant mehr externalisierende Verhaltensauffälligkeiten zu als Mädchen (F[1,340] = 16.92; p < .001). Signifikante Unterschiede in internalisierenden Verhaltensweisen konnten hingegen nicht gefunden werden. Weiterhin gaben die angehenden Lehrkräfte an, sich besonders selbstwirksam fühlen beim Unterrichten von Mädchen (F[1,340] = 14.248; p< .001) und durchschnittlich leistenden durchschnittlich Begabten (F[2,340] = 3.31; p < .05).

Diskussion und Implikationen

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Lehrkraftausbildungsprogramme mehr Schulungen zum Erkennen und Unterstützen von minderleistenden hochbegabten Schüler:innen bieten und auch Geschlechtsunterschiede in Verhaltenserwartungen berücksichtigen sollten. Die Studie betont die Notwendigkeit für weitere Forschung über die Erfahrungen von minderleistenden hochbegabten Schüler:innen und die Rolle des Geschlechts bei der Wahrnehmung und Lehrerselbstwirksamkeit, diese zu unterrichten.



Unveiling the Impostor Phenomenon: Exploring the Role of Achievement Goals in Academic Settings

F. Fassl1, M. Hofleitner1, M. Kollmayer2

1Department for Teacher Education, Centre for Teacher Education, University of Vienna; 2Department of Developmental and Educational Psychology, Faculty of Psychology, University of Vienna

Abstract

The impostor phenomenon refers to high-achievers who doubt their own intellectual abilities and is seen as a relevant barrier to female academic careers. Despite it being associated with a number of motivational variables, the role of achievement goals is still largely unclear. This study investigates the relationship between the impostor phenomenon and achievement goals in academics on different career stages. Participants (n=520, 48.80% female) held either predoctoral positions (47%), postdoctoral positions (37%), or professorships (16%). The results show stronger impostor feelings in women than men. Both types of avoidance goals explain a significant proportion of variance in predocs, postdocs, and professors while approach goals did not. Implications of these results for theory and practice are discussed.

Zusammenfassung

The impostor phenomenon is described as high-achieving individuals’ persistent and strong conviction of their competence being not as great as others believe, i.e., to be intellectual impostors (Clance & Imes, 1978). It is seen as a relevant barrier to female academic careers (Jöstl et al., 2012) and was found to be associated with various motivational variables like fear of failure, fear of success (Neureiter & Traut-Mattausch, 2016), and achievement goals (Kumar & Jagacinski, 2006).

So far, the relationship between achievement goals and the impostor phenomenon was only examined once in a sample of college students (Kumar & Jagacinski, 2006). Among men, impostor feelings were positively related to performance-avoidance goals, while being positively associated with performance-approach and negatively associated with mastery goals among women. However, the study did not differentiate between mastery-avoidance and mastery-approach goals.

The current study aims to gain more knowledge about the relationship between the impostor phenomenon and achievement goals among academics, whilst considering gender and academic position. Therefore, a final sample of n = 520 academics of the University of Vienna was recruited, of which 47.10% held a predoctoral position, 36.90% a postdoctoral position, and 16.00% a professorship. The gender ratio was highly balanced, with 48.80% of the participants identifying as female, 51.20% as male. On average, the participants were 36.15 years old (SD=10.29, min = 23, max = 69).

Multiple regression analyses were performed, predicting impostor feelings from gender and achievement goals. The results show consistent gender differences to the detriment of women in impostor feelings among predocs, postdocs, and professors. Moreover, impostor feelings decreased with higher academic positions. We found achievement goals to explain 37,6% of the variance in the impostor phenomenon in predocs, 28,2% in postdocs, and 29,6% in professors. Significant (negative) associations were found only for mastery avoidance and performance avoidance goals, but with differential patterns among the three academic positions.

The results are in line with existing literature that found impostor feelings to differ with regard to gender and faculty rank. This strengthens the assumption that the impostor phenomenon is a psychological barrier to female academic careers. In contrast to Kumar and Jagacinski (2006), impostor feelings were only predicted by mastery and performance avoidance goals; however, there was no significant association between the impostor phenomenon and mastery and performance approach goals. The findings imply that interventions focusing on fostering female academic careers and the reduction of impostor feelings should consider achievement goals.



Vor lauter Skalen das Konstrukt nicht mehr sehen: Systematischer Review zu Messmethoden akademischen Betrugsverhaltens

T. Fritz1, H. González Cruz2, S. Janke2, M. Daumiller1

1Universität Augsburg, Deutschland; 2Universität Mannheim, Deutschland

Abstract

Als prävalentes sowie folgenschweres Phänomen wird Betrugsverhalten von Lernenden an Bildungseinrichtungen schon seit einigen Jahrzehnten erforscht (Marques et al., 2019). Die diesbezügliche Forschungsliteratur weist allerdings immer wieder auf messmethodische Inkonsistenzen hin, welche die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen erschweren. Ziel dieses präregistrierten systematischen Reviews ist deshalb einen Überblick über Messmethoden von akademischem Betrugsverhalten (Selbstbericht- und Verhaltensmaße) zu geben. Betrachtet werden dabei Konstruktdefinitionen, Operationalisierungen, psychometrische Qualität, sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze. Vorläufige Kodierungen zeigten teils geringe Überlappung an gemessenen Verhaltensweisen sowie verwendeten Messinstrumenten über verschiedene Studien hinweg, und ein häufiges Fehlen essentieller Informationen zur Evaluation der Maße. Der Review soll Forschenden bei der Auswahl geeigneter Messinstrumente und -methoden helfen und dadurch die Replizierbarkeit und Validität von Studienergebnissen verbessern.

Zusammenfassung

Als prävalentes sowie umfassend folgenschweres Phänomen wird Betrugsverhalten von Lernenden an Bildungseinrichtungen schon seit einigen Jahrzehnten erforscht (Marques et al., 2019). Die geläufigste Form der Erhebung stellen dabei Selbstberichtsmaße mittels Umfragen dar. Die diesbezügliche Forschungsliteratur weist allerdings immer wieder auf messmethodische Inkonsistenzen hin, welche die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen erschweren. Dies betrifft sowohl die Einschätzung der tatsächlichen Prävalenz verschiedener Betrugsformen, als auch daraus abzuleitende Präventionsmaßnahmen. So werden nicht selten spezifisch für den jeweiligen Forschungskontext (z.B. Betrug in Online-Prüfungen) und deren Stichproben (z.B. Jura-Studierende) entworfene oder adaptierte Erhebungsinstrumente eingesetzt, die zudem nicht immer in vollem Umfang in den Publikationen berichtet werden (McKibban & Burdsal, 2013). Ziel dieses präregistrierten (https://osf.io/j2ayq) systematischen Reviews ist deshalb einen umfangreichen Überblick über Messmethoden zu akademischem Betrugsverhalten zu geben. Dies umfasst Selbstberichtsmaße zu eigenem Betrugsverhalten und Betrugsintentionen sowie, seltener verwendet, objektive Verhaltensmaße (wie etwa im experimentellen Setting). Wir betrachten Konstruktdefinitionen, Operationalisierungen, psychometrische Qualität, sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze. Von der abgeschlossenen Literaturrecherche ausgehend wird eine Stichprobe von mehreren hundert Studien erwartet. Vorläufige Ergebnisse einer Vor-Kodierung (N = 24) unterstreichen bereits die Notwendigkeit und das Potenzial dieses Reviews: Es zeigten sich teils große Unterschiede in der Operationalisierung von akademischem Betrugsverhalten, die von Häufigkeitsangaben einzelner Verhaltensweisen über zusammengefasste Maße bis hin zu faktoranalytisch ermittelten Dimensionen reichten. Auch die teils geringe Überlappung an erfassten Verhaltensweisen zeugt von einem fehlenden Konsens über das volle Spektrum beziehungsweise essentielle betrügerische Verhaltensweisen im akademischen Kontext (Simha & Cullen, 2012). Über die Hälfte der gesichteten Studien nutzten eigens entworfene oder angepasste Messinstrumente und 72 % der Studien untersuchten oder berichteten keine messmethodischen Gütekriterien. Weitere wichtige Messinformationen wie der Zeitrahmen für die Verhaltensmessung fehlten in 61 % der Studien. Somit stellt die Forschungsliteratur zu akademischem Betrugsverhalten keine Ausnahme in Bezug auf fragwürdige Messpraktiken dar (Flake & Fried, 2020), weshalb die Problemanalyse dieses Reviews auch beispielhaft der Verbesserung der allgemeinen psychologischen Forschungspraxis dienen kann. Letztendlich soll diese Übersichtsarbeit Forschenden im Bereich akademischen Betrugsverhaltens bei der Auswahl geeigneter Messinstrumente und -methoden helfen und dadurch die Replizierbarkeit und Validität von Studienergebnissen verbessern.



 
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