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Sitzungsübersicht
Sitzung
Zielsetzung und erste Ergebnisse einer Interventionsstudie zur Unterstützung leistungsschwacher Schüler:innen im Fach Mathematik
Zeit:
Dienstag, 19.09.2023:
9:00 - 10:30

Chair der Sitzung: Bastian Carstensen
Ort: LS01 - Raum 204

Kapazität 70 Personen

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Präsentationen

Zielsetzung und erste Ergebnisse einer Interventionsstudie zur Unterstützung leistungsschwacher Schüler:innen im Fach Mathematik

Chair(s): B. Carstensen (IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Deutschland)

Diskutant*in(nen): C. Parrisius-Steinke (Pädagogische Hochschule Karlsruhe)

Die Ergebnisse nationaler und internationaler Vergleichsstudien wie TIMSS und dem IQB-Bildungstrend zeigen auf, dass ein hoher Prozentsatz der Schüler:innen in Deutschland am Ende der Grundschule lediglich die unteren Kompetenzstufen in Mathematik erreicht. Beispielsweise kamen ca. 25% der Viertklässler:innen, die an TIMSS 2019 teilgenommen haben, nicht über die Kompetenzstufen I oder II – rudimentäre bzw. niedrige mathematische Kompetenzen – hinaus (Schwippert et al., 2020). Ungeachtet dessen schreitet das Curriculum nach dem Übergang in die Sekundarstufe voran und es kommen fortlaufend neue Unterrichtsinhalte hinzu. Aufgrund ihrer Lücken im Vorwissen verfügen leistungsschwache Schüler:innen nicht über die notwendigen Fähigkeiten, die ein erfolgreiches Lernen in der Sekundarstufe voraussetzt (Kohrt et al., 2017). Zudem schaffen die Misserfolgserlebnisse in der Grundschulzeit ungünstige motivationale Voraussetzungen unter den leistungsschwachen Schüler:innen. Diese Gruppe benötigt daher besondere Unterstützung, um in der Sekundarstufe erfolgreich zu lernen und damit die Chancen auf einen Schulabschluss, berufliche und gesellschaftliche Teilhabe zu erhöhen. Dieser Herausforderung für das Bildungssystem (OECD, 2019) sowie für die Schüler:innen selbst kann durch die Gestaltung wirksamer Interventionsmaßnahmen begegnet werden.

An dieser Stelle setzt das Projekt –anonymisiert– an, welches das Potenzial verschiedener Ansätze zur Förderung leistungsschwacher Schüler:innen in Mathematik nach dem Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe prüft.

In der seit 2021 laufenden Hauptstudie wurden die Effekte eines durch Lehramtsstudierende angeleiteten Förderunterrichtes in Kleingruppen in Kombination mit einem adaptiven Mathematiklernprogramm für arithmetischen Fähigkeiten („Math Garden“; Klinkenberg et al., 2011; Straatemeier, 2014) auf die mathematischen Leistungen sowie die psychosozialen Merkmale leistungsschwacher Schüler:innen in der fünften Klassenstufe zu mehreren Messgelegenheiten untersucht. Ebenfalls wurde untersucht, welche Effekte die Anleitung des Förderunterrichts und die Arbeit mit leistungsschwachen Schüler:innen auf die Professionalisierung der Lehramtsstudierenden hat.

Im Rahmen des Symposiums soll das Projekt –anonymisiert– näher vorgestellt werden. Ausgehend von der aktuellen Befundlage zur Leistung von Schüler:innen in der frühen Sekundarstufe behandelt der erste Beitrag des Symposiums das Design und die Zielsetzung von –anonymisiert– sowie die im Rahmen des Projekts implementierten Maßnahmen. Daran anschließend werden im zweiten Beitrag erste Evaluationsergebnisse zu den Effekten der durchgeführten Interventionen auf die Leistung der Schüler:innen vorgestellt. Der dritte Beitrag behandelt die Zusammenhänge zwischen Mathematikangst und dem Übungsverhalten mit dem Mathematiklernprogramm und die Frage, ob matheängstliche Schüler:innen Math Garden eher vermeiden und deshalb möglicherweise weniger hinsichtlich ihrer Leistung profitieren. Der vierte Beitrag widmet sich der Professionalisierung von Lehramtsstudierenden und untersucht, inwiefern sich die Überzeugungen von Tutor:innen hinsichtlich der Veränderbarkeit mathematischer Kompetenzen durch die Intervention verändern lassen. Abschließend erfolgt eine gemeinsame Diskussion der Beiträge.

 

Beiträge des Symposiums

 

Die Interventionsstudie im Überblick

B. Carstensen1, L. Benckwitz2, K. Hilpert1, A. Hilz1, K. Guill1, J. Roloff-Bruchmann1
1IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, 2IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und MathematikIPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Anlässlich des hohen Prozentsatzes an Schüler:innen, die zum Ende der Grundschulzeit große Defizite in ihren mathematischen Fähigkeiten aufweisen (vgl. Schwippert et al., 2020) wurden im Projekt –anonymisiert– verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung leistungsschwacher Schüler:innen im Fach Mathematik nach dem Übergang in die Sekundarstufe entwickelt und erprobt.

Die Studie erfolgte anhand eines feld-experimentellen Designs mit drei Interventionsgruppen und einer Wartegruppe. Alle Interventionsgruppen erhielten Zugang zum webbasierten Mathematiklernprogramm „Math Garden“ (Klinkenberg et al., 2011; Straatemeier, 2014), das Aufgaben zur Übung der Grundrechenarten bereitstellt und motivationale Anreize durch Adaptivität und Feedback bietet. Während die erste Interventionsgruppe kein weiteres Treatment erhielt, nahmen Schüler:innen der zweiten Interventionsgruppe, die anhand einer Basisdiagnostik (BASIS-MATH-G 4+-5; Moser Opitz et al., 2016) als leistungsschwach identifiziert wurden, zusätzlich an einem 12 wöchigen Mathematik-Förderunterricht teil. Dieser jeweils einstündige basierte auf positiv evaluierten Materialien (u. a. „Mathe sicher können“, Prediger et al., 2019), wurde in Kleingruppen durch vorher trainierte Lehramtsstudierende angeleitet und hatte die Zielsetzung, das konzeptuelle Verständnis in zentralen Inhaltsbereichen der Grundschulmathematik zu verbessern (vgl. Rittle-Johnson et al., 2001). In der dritten Interventionsgruppe wurde leistungsschwachen Schüler:innen ein erweitertes Programm angeboten, das über die fachlichen Inhalte hinaus pädagogisch-psychologische Inhalte umfasste, um die Motivation und das selbstregulierte Lernen in Mathematik zu fördern (vgl. Brisson et al., 2017; Dignath et al., 2008). Die Wartegruppe diente als Kontrollgruppe und erhielt keine Intervention, bekam jedoch nach Beendigung der Studie Zugang zum Mathematiklernprogramm.

Zur Evaluation der verschiedenen Maßnahmen wurden alle beteiligten Personengruppen ( Schüler:innen, Eltern, Lehrkräfte, Lehramtsstudent:innen) zu jeweils drei Messzeitpunkten befragt. Die erhobenen Daten umfassen Hintergrundvariablen der Schüler:innen und ihrer Elternhäuser (z. B. SES, Hilfsnetzwerke) sowie verschiedene Dimensionen der Mathematikangst, die wahrgenommene Unterrichtsqualität und Überzeugungen, die im Selbstbericht erfasst wurden. Mittels verschiedener Testverfahren wurden schließlich die allgemeinen kognitiven Voraussetzungen und mathematischen Fähigkeiten der Schüler:innen erhoben. Die Befragung der Lehrkräfte umfasste Aspekte der professionellen Kompetenz und des professionellen Handelns sowie Angaben zur Nutzung des Mathematiklernprogramms in ihren Klassen. Der erste Messzeitpunkt (T1; Spätsommer 2021) diente der Identifikation von leistungsschwachen Schüler:innen. Die zweite Befragung erfolgte nach Beendigung des Förderunterrichts (T2; Frühjahr 2022); eine dritte Befragung wurde zum Ende des Schuljahres 2021/22 (T3) durchgeführt. Im Zeitraum von T2 zu T3 hatten alle Schüler:innen in den drei Interventionsgruppen weiterhin die Möglichkeit zur Nutzung des Mathematiklernprogramms.

Die Evaluation der im Projekt durchgeführten Maßnahmen zur Förderung leistungsschwacher Schüler:innen erlaubt mittels der multiperspektivisch erhobenen Daten eine differenzierte Untersuchung der Programmeffekte und Gelingensbedingungen. Auf dieser Basis lassen sich praktische Implikationen für die Förderung leistungsschwacher Schüler:innen ableiten.

 

Effekte verschiedener Maßnahmen zur Förderung leistungsschwacher Schüler:innen in Mathematik im Vergleich

L. Benckwitz, B. Carstensen, K. Hilpert, A. Hilz, K. Guill, J. Roloff-Bruchmann
IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Zur Unterstützung leistungsschwacher Schüler:innen wurden bereits Förderunterrichtsprogramme für die Sekundarstufe entworfen und positiv evaluiert (z. B. „Mathe sicher können“, Prediger et al., 2019). Gleichzeitig stellt die Implementation solcher Programme in den Schulalltag eine zeitliche und organisatorische Herausforderung dar, weshalb die in den vergangenen Jahren vermehrt eingesetzten digitalen Mathematiklernprogramme einen vielversprechenden Ansatz darstellen, um die mathematischen Fähigkeiten leistungsschwacher Schüler:innen zu fördern (Hassler Hallstedt et al., 2018; Ran et al., 2021). Sie können ergänzend zum Unterricht eingesetzt werden und sind adaptiv, sodass sie sich den individuellen Fähigkeiten der Schüler:innen anpassen. Trotz dieses Potentials unterscheiden sie sich inhaltlich – vorwiegend werden arithmetische Fähigkeiten geübt – von regelmäßig in Kleingruppen durchgeführten Förderunterrichtsformaten, die zumeist auf eine Förderung des konzeptuellen Verständnisses und der Motivation für Mathematik abzielen. Entsprechend haben wir die Effekte des webbasierten Mathematiklernprogramms „Math Garden“ (Klinkenberg et al., 2011; Straatemeier, 2014) sowie einer Kombination aus Förderunterricht und Nutzung dieses Lernprogramms längsschnittlich im Vergleich mit einer Kontrollgruppe untersucht.

Die Analysen beruhen auf Daten von insgesamt N = 1.393 Fünftklässler:innen, die am ersten und zweiten Messzeitpunkt teilgenommen haben. Während n = 251 Schüler:innen der Kontrollgruppe angehörten, konnten n = 966 Schüler:innen das digitale Lernprogramm nutzen. Weitere n = 176 Schüler:innen erhielten zusätzlich zum Lernprogramm einen durch Lehramtsstudierende angeleiteten Mathematikförderunterricht, der jeweils in Kleingruppen à fünf Personen durchgeführt wurde und die Zielsetzung hatte, die Lernrückstände der Schüler:innen im Fach Mathematik aufzuarbeiten und die Motivation zu fördern. Die Schüler:innen bearbeiteten zu beiden Messzeitpunkten den Heidelberger Rechentest (HRT, Haffner et al., 2005) sowie Fragen zum Mathematikselbstkonzept (Arens et al, 2011). Der Ergebnisse von Varianzanalysen mit Messwiederholung zeigen, dass sich die Schüler:innen in den Interventionsbedingungen verglichen mit der Kontrollbedingung jeweils stärker in den Additionsfähigkeiten (Lernprogramm: p = .024, Eta² = .01; Förderunterricht: p = .041, Eta² = .11) sowie den Multiplikationsfähigkeiten verbesserten (Lernprogramm: p = .034, Eta² = .01; Förderunterricht: p = .038, Eta² = .01), nicht jedoch hinsichtlich der Subtraktions- und Divisionsfähigkeiten (ps > .138) oder dem Mathematikselbstkonzept (ps > .124). Im Vergleich der Interventionsbedingungen untereinander ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede in der längsschnittlichen Entwicklung.

Diese ersten Befunde zeigen auf, dass sich die Schüler:innen in beiden Interventionsbedingungen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe zumindest in Teilbereichen hinsichtlich ihrer Mathematikfähigkeiten verbessern konnten. Gleichzeitig traten weder zwischen den Interventionsbedingungen Unterschiede auf, noch konnten Effekte auf das Mathematikselbstkonzept identifiziert werden. Anknüpfende Analysen, die Hintergrundvariablen wie Geschlecht, sozioökonomischen Status und weitere Kontextmerkmale berücksichtigen, sind nötig um die Gelingensbedingungen dieser Unterstützungsformate näher zu untersuchen.

 

Trace Daten nutzen: Effekte von Angst und Übungsverhalten in einem Mathematiklernprogramm auf die Leistung von Schüler:innen

A. Hilz1, A. Hofman2, K. Aldrup1
1IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, 2University of Amsterdam

Als zugrundeliegender Mechanismus der negativen Beziehung zwischen Mathematikangst und Mathematikleistung (Ma, 1999) wird Vermeidungsverhalten angenommen (Pekrun, 2006). Bisherige Studien fokussierten diesen Zusammenhang überwiegend bei Studierenden (LeFevre et al., 1992), Mathematikangst ist aber auch schon bei jüngeren Schüler:innen manifestiert (Ramirez et al., 2013). Allerdings haben diese durch obligatorischen Mathematikunterricht und elterliches Monitoring weniger Möglichkeiten mathematische Aktivitäten tatsächlich zu vermeiden. Dennoch könnten mathematikängstliche Schüler:innen weniger Engagement bei zusätzlich zum Unterricht zur Verfügung gestellten Lernangeboten zeigen und somit auch weniger hinsichtlich solcher Angebote profitieren. Ein solches zusätzliches Angebot stellt das adaptive Arithmetiklernprogramm Math Garden (Klinkenberg et al., 2011; Straatemeier, 2014) dar. Math Garden trainiert die Grundrechenarten und bietet, im Gegensatz zum subjektiven Selbstbericht, die Möglichkeit das Übungsverhalten der Schüler:innen anhand von objektiven Trace-Daten zu erfassen. Diese Studie befasst sich deshalb mit der zentralen Frage, ob der angenommene negative längsschnittliche Zusammenhang zwischen Mathematikangst und der Mathematikleistung über vermeidendes Übungsverhalten (geübte Aufgaben) in Math Garden mediiert wird.

Die Analysen basieren auf längsschnittlichen Daten von 870 Fünftklässler:innen. Die Schüler:innen bearbeiteten im Prätest unter anderem Mathematikangstfragebögen (Faber et al., 1995; Roick et al., 2013) und einen Mathematikleistungstest (HRT; Haffner et al., 2005). Anschließend wurde ihnen das Programm Math Garden über 45 Wochen zur Verfügung gestellt und die Anzahl der dort geübten Mathematikaufgaben nachverfolgt. In einem Posttest wurde erneut die Mathematikleistung erhoben.

Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine Mediationsanalyse in Mplus gerechnet (Prädiktor: Mathematikangst, Mediator: Anzahl geübter Aufgaben in Math Garden, Outcome: Mathematikleistung). Unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur und relevanter Kovariaten (Leistungsprätest, Geschlecht, Migrationshintergrund, Teilnahme an zusätzlichem Förderunterricht) zeigten sich bezogen auf die Fragestellung signifikante Zusammenhänge zwischen Mathematikangst und Übungsverhalten (β = –.08, p = .030) sowie Übungsverhalten und Mathematikleistung (β = –.10, p < 001). Ebenso zeigte sich ein indirekter Effekt zwischen Mathematikangst und Mathematikleistung, mediiert über die Anzahl geübter Aufgaben (β = –.01, p = .037).

Die Ergebnisse stützen die Annahme, dass auch jüngere mathematikängstliche Schüler:innen Vermeidungsstrategien in Form von niedrigem Engagement zeigen und sich dieses Vermeidungsverhalten negativ auf ihre Leistungsentwicklung auswirkt. Da das eingesetzte Programm Math Garden die Grundrechenarten fördert und diese ein relevanter Prädiktor für spätere Leistungen sind (Duncan et al. 2007), gehören Schüler:innen, die solche zusätzlichen Lernangebote vermeiden, also potentiell zu einer Risikogruppe. Die Ergebnisse weisen deshalb auf die Relevanz hin, mathematikängstliche Schüler:innen im Schulalltag zu ermutigen, zusätzliche Lernangebote wie Math Garden zu nutzen. Dieses garantiert beispielsweise durch seine Adaptivität Erfolgserlebnisse und hat dementsprechend durch gesteigertes Kontrollerleben das Potential Mathematikangst auch langfristig zu verringern.

 

Lassen sich die Mindsets von zukünftigen Mathematiklehrkräften durch eine Moviationsintervention beeinflussen?

K. Hilpert, B. Carstensen
IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

Die Überzeugungen von Lehrkräften sind aufgrund ihrer Bedeutung für das Unterrichtshandeln von hoher Relevanz. In den letzten Jahrzehnten hat das Mindset-Konstrukt besondere Aufmerksamkeit gewonnen, welches die Überzeugungen von Individuen zur Veränderbarkeit (durch Anstrengung) bzw. Unveränderbarkeit kognitiver Leistungen beschreibt (Dweck, 1999; Heyder et al., 2020). Hierbei zeigt sich, dass ein Growth Mindset vorteilhaft für den Lernzuwachs von Schüler:innen ist, sodass Mindset-Interventionen zur gezielten Förderung eines Growth Mindset eine besondere Bedeutung zukommt (Paunesku et al., 2015; Porter et al., 2022; Yeager et al., 2019). Darüber hinaus schlagen neuere Arbeiten fachspezifische Begabungsüberzeugungen als Subfacette eines allgemeinen Mindsets – im folgenden fachspezifisches Growth Mindset genannt – vor (Leslie et al., 2015). Eine Konstruktvalidierung steht zwar bislang aus (Deiglmayr et al., 2019), es zeigt sich aber, dass das fachspezifische Growth Mindset in MINT-Fächer häufig geringer ausgeprägt ist (Leslie et al., 2015). Entsprechend wird auch für mathematische Fähigkeiten häufig angenommen, dass diese eher durch eine spezifische Begabung als durch Anstrengung bedingt werden. In unserer Studie sind wir der Frage nachgegangen, ob eine Mindset-Intervention im Rahmen eines studienbegleitenden Trainings für die Durchführung von Mathematikförderunterricht einen positiven Effekt auf das allgemeine sowie fachspezifische Growth Mindset von Mathematik-Lehramtsstudierenden hat.

Die Mathematikstudent:innen wurden randomisiert einer Fachdidaktikgruppe (n = 15) und einer Fachdidaktik + Motivationsgruppe (n = 16) zugeteilt. Während die Fachdidaktikgruppe ein fachdidaktisches Training im Umgang mit Fördermaterialien erhielt, wurden den Teilnehmer:innen der Fachdidaktik + Motivationsgruppe zusätzlich pädagogisch-psychologische Inhalte vermittelt, die unter anderem auf eine Erhöhung des Growth Mindsets abzielten. Anschließend leiteten die Teilnehmer:innen einen 12-wöchigen Mathematikförderunterricht in Kleingruppen mit leistungsschwachen Schüler:innen. Die Ergebnisse der Varianzanalysen mit Messwiederholung zeigen eine tendenziell stärkere Erhöhung des Growth Mindsets in der Fachdidaktik + Motivationsgruppe (F(1,33) = 3.974, p = .055, Eta² = .11)), wohingegen für das fachspezifische Growth Mindset der Student:innen kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen über die Zeit vorlag (F(1,33) = 0.707, p = .406, Eta² = .02).

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Berücksichtigung pädagogisch-psychologischer Inhalte im Rahmen einer Intervention im Vergleich zu einer rein fachdidaktischen Intervention das Potenzial zur Veränderung des Growth Mindsets bei Lehramtsstudierenden hat, wobei die Effekte in einer größeren Stichprobe repliziert werden sollten. Gleichzeitig konnte entgegen der Erwartungen kein Effekt für das fachspezifische Growth Mindset identifiziert werden. Bei der Interpretation dieser Befunde muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Student:innen zum zweiten Messzeitpunkt bereits den Förderunterricht angeleitet hatten, sodass auch die Erfahrungen in der Arbeit mit leistungsschwachen Schüler:innen die Entwicklung des (fachspezifischen) Growth Mindsets beeinflusst haben könnten.



 
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