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Sitzungsübersicht
Sitzung
Lernbezogene Emotionen: Rolle von Lehrkraft- und Lernumgebungsmerkmalen
Zeit:
Dienstag, 19.09.2023:
10:45 - 12:15

Chair der Sitzung: Miriam Hansen
Chair der Sitzung: Julia Mendzheritskaya
Ort: LS01 - Raum 106a


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Präsentationen

Lernbezogene Emotionen: Rolle von Lehrkraft- und Lernumgebungsmerkmalen

Chair(s): M. Hansen (Goethe-Universität Frankfurt), J. Mendzheritskaya (Goethe-Universität Frankfurt)

Diskutant*in(nen): R. Pekrun (University of Essex)

Dass lernbezogene Emotionen von Lernenden eine zentrale Rolle für erfolgreiches Lernen spielen, wurde in zahlreichen Forschungsarbeiten gezeigt (vgl. Camacho-Morles et al., 2021; Pekrun & Linnenbrink-Garcia, 2014). Auch Emotionen von Lehrenden stehen zunehmend im Fokus von Untersuchungen (vgl. Hagenauer & Hascher, 2018; Maier et al., accepted). Des Weiteren, insbesondere im Zuge der Pandemie, gewinnt die Beforschung der Einflüsse von Lernformaten und Lernsettings auf motivationale und kognitive Merkmale von Lernenden verstärkt an Bedeutung (Fabriz et al., 2021). In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle der affektiven Elemente einer Lernumgebung betont (Mayer & Estrella G, 2014; Wong & Adesope, 2020). Dabei rückt die Notwendigkeit in den Vordergrund, die Erkenntnisse aus dem schulischen und hochschulischen Kontext zur Auswirkung von Emotionen auf Lehr-Lernprozesse zu verknüpfen, um von unterschiedlichen Forschungssträngen zu profitieren (Hagenauer & Hascher, 2018).

Dieses Symposium vereint Beiträge zu lernbezogenen Emotionen sowohl in der Schule (Beitrag 1 und 2) als auch in der Hochschule (Beitrag 3 und 4). Dabei werden entweder die Wirkung von Lehrkraftverhalten und -emotionen auf Schüler*innen untersucht (Beitrag 1 und 2) oder die Wirkung der Lernumgebung auf Studierende (Beitrag 3 und 4). Gemeinsam ist den vier Forschungsarbeiten also, dass sie Emotionen im Lehr-Lernkontext betrachten und Einflussfaktoren durch die Interaktion zwischen Lehrperson oder Lernumgebung und Lernenden untersuchen. Methodisch wird in diesem Symposium ein breites Spektrum an Ansätzen einbezogen: von der Analyse des internationalen large-scale OECD Datensatzes (Beitrag 1) über Fragebogenstudien (Beitrag 2 und 3) bis zu einem experimentellen Design (Beitrag 4).

Das Symposium zielt darauf ab, eine Diskussion über die neueren Erkenntnisse zur Rolle der Lehrkraft- und Lernumgebungsmerkmalen in Entstehung von lernbezogenen Merkmalen Lernender im schulischen und hochschulischen Kontext anzuregen, um neue Impulse für das Forschungsfeld und Lehrpraxis zu generieren.

 

Beiträge des Symposiums

 

Linkages between teacher emotions and student outcomes. A multilevel modeling approach on mediational effects

M. Pfeifer1, S. Athavale2, A. Frenzel1
1Ludwig-Maximilians-Universität München, 2Technische Universität München

Teacher well-being plays a crucial role in students’ school life. A recent framework by Frenzel et al. (2021) describes how teacher emotions are linked to student outcomes through teacher behaviors such as relationship building, classroom management, and instructional strategies. Evidence consistently shows linkages between teacher emotions and student competence beliefs (Mueller & Dweck, 1998), interest (Becker et al., 2014; Frenzel et al., 2009), and performance (Banerjee et al., 2017; Frenzel et al., 2020). Several studies suggest that teacher joy and anger affect three core facets of instructional quality: supportive climate, classroom management, and cognitive activation (Becker et al., 2015; Chen, 2018; Hagenauer et al., 2015; Keller et al., 2014; Klieme et al., 2009), which again are associated with students’ greater competence beliefs, interest, and performance (Brophy, 2006; Hamre & Pianta, 2005).

To validate parts of a model proposed by Frenzel et al. (2021), the present study used existing data from the Global Teaching InSights longitudinal study (OECD, 2018), which included 17,554 students nested within 679 teacher clusters. Using multilevel structural equation modeling, we analyzed the effects of teacher-rated teacher emotions, specifically their joy and anger, on self-reported student self-efficacy, interest, and performance in a mathematics test, with student-rated teacher-student relationships, classroom management, and cognitive activation strategies serving as mediators. Our results showed moderate to good fit for the models for joy, CFI=.95, TLI=.94, RMSEA=.03, SRMRbetween=.25, and χ2-p<.001, and anger, CFI=.94, TLI=.94, RMSEA=.03, SRMRbetween=.24, and χ2-p<.001. In both models, the link between teacher emotion and self-efficacy was mediated by the teacher-student relationship (joy: .07*; anger: −.07*) and cognitive activation (joy: .10**; anger: −.11*). Furthermore, teacher emotions indirectly affected student interest via teacher-student relationship (joy: .16***; anger: −.18**), classroom management (joy: .08*), and cognitive activation (joy: .11**; anger: −.11*). Lastly, cognitive activation mediated the effect of teacher emotions on student math performance (joy: .12**; anger: −.14*).

We conclude from our results that teacher emotions are critically important to students as they are systematically associated with the three core facets of instructional quality and in consequence, with student outcomes. Recognizing that the data used in this study are cross-sectional, we emphasize the possibility of reciprocal effects from students back on teacher emotions via their appraisals, as proposed by Frenzel and colleagues (2021). The results of this study underscore the relevance of teacher well-being in teacher education, as it significantly affects student outcomes.

 

Der Einfluss des Verhaltens der Grundschullehrkraft in dyadischen Interaktionen auf die mathematikbezogene Ängstlichkeit des Kindes

M. Frühauf1, M. Roswag2, K. Koeppen1, M. Kreutzmann1, B. Hannover1
1Freie Universität Berlin, 2Freie Universität Berlin, Universität Hildesheim

Mathematik ist für viele Menschen mit negativen Emotionen assoziiert (Sparfeldt et al., 2016). Gut untersucht ist die mathematikbezogene Ängstlichkeit (MA; Ashcraft, 2002; Ma, 1999), die die Leistung im Fach Mathematik beeinflusst. Ein besonders starker Zusammenhang zwischen MA und der Leistung wurde bei Mädchen nachgewiesen (z.B. Vos et al., 2023). Wir untersuchen, ob Grundschullehrkräfte durch ihr Verhalten in dyadischen Interaktionen mit einzelnen Schüler:innen die Emotionen des Kindes im Mathematikunterricht beeinflussen können.

Der Interpersonal Theory (Leary, 1957) folgend kann das Verhalten von Lehrkräften auf den Dimensionen Agency (Ausmaß der Lenkung) und Communion (Ausmaß von Wärme) beschrieben werden. Günstiges Lehrkraftverhalten ist durch hohe Communion und an die Kompetenzen des Kindes angepasste Agency charakterisiert (Hannover et al., 2022; Roorda et al., 2017). Wir haben erwartet, dass in einer Lehrkraft-Kind-Dyade Verhaltensweisen mit niedriger Communion die Mathematikangst des Kindes verstärken. Eine ungerichtete Hypothese hatten wir betreffend die Agency: Verhaltensweisen mit sehr starker Agency könnten dem Kind vermitteln, die Lehrkraft hätte geringe Erwartungen an seine mathematische Kompetenz, sehr schwache Agency hingegen könnte bewirken, dass es sich nicht hinreichend unterstützt fühlt – beides könnte MA-verstärkend wirken.

In einer Vorstudie beschrieben Grundschul-Mathematiklehrkräfte ihr dyadisches Interaktionsverhalten mithilfe eines Circumplex-Instrumentes (Hannover et al., 2022) gegenüber 95 Schülerinnen und Schülern (32 Mädchen, 34 Jungen, 29 ohne Angabe), die im Mittel 10.2 (SD = 1.18) Jahre alt waren. Die Schüler:innen machten Angaben zu ihrer MA. Structural-Summary-Analysen (Gurtman, 1992) zeigten, dass ein interpersoneller Zusammenhang zwischen Lehrkraftverhalten und MA der Kinder bestand und zwar mit moderat-kommunalem und hoch agentischem Lehrkraftverhalten (Amplitude = .25, Displacement = 84.3°, R2 = .833). Geschlechtsspezifische Analysen zeigten, dass Mädchen erwartungsgemäß höhere MA berichteten und dass der Zusammenhang zwischen dem Interaktionsverhalten der Lehrkraft und der MA des Kindes nur durch die Mädchen zustande kam.

Die Ergebnisse verweisen darauf, dass Lehrkräfte durch ihr Verhalten, insbesondere durch ihre Agency, die MA von Mädchen beeinflussen können, während es für Jungen offenbar in ihrem Erleben der Mathematik keine Rolle spielt, welches Verhalten die Lehrkraft ihnen gegenüber zeigt. Zum Zeitpunkt der Konferenz werden Ergebnisse einer größer angelegten Replikationsstudie vorliegen. Als erklärende Mechanismen zwischen Lehrkraftverhalten und MA werden wir die wahrgenommene Leitungserwartungen der Mathematiklehrkraft überprüfen und die Leistungen des Kindes in standardisierten Leistungstests im Fach Mathematik einbeziehen.

Wir diskutieren den Einfluss von Geschlechtsstereotypen im Fach Mathematik und wie Lehrkräfte über günstiges Interaktionsverhalten negative Emotionen und somit auch Geschlechtsdisparitäten in Mathematik reduzieren können.

 

Digitales Lernen und sozio-emotionales Erleben von Studierenden

M. Stephan1, M. Händel2, M. Gläser-Zikuda1
1Universität Erlangen-Nürnberg, 2Hochschule Ansbach

Die Fähigkeit von Lernenden wie Lehrenden zum digitalen Lernen (Hong & Kim, 2018) stellt eine wichtige Voraussetzung für digitales Lernen dar. Hinsichtlich der Wahrnehmung sozialer Aspekte im digitalen Raum und zu den hiermit verbundenen Emotionen ist bislang vergleichsweise wenig bekannt. Im Vergleich zu Präsenzlehre zeigen Studierende in online-Kursen mehr technologiebezogene negative Emotionen wie Angst und Hilflosigkeit (Butz et al., 2015; Stephan et al., 2019). Soziale Isolation, wie sie im Kontext der COVID 19-Pandemie erlebt wurde, kann zur Förderung stressbezogener Emotionen und zur Reduzierung von Wohlbefinden beitragen (Beaunoyer et al., 2020; Miller, 2020).

Die vorliegende Studie (vgl. Händel et al., 2020) ging daher der Frage nach, wie digitale Hochschullehre von Studierenden unterschiedlicher Voraussetzungen mit Blick auf sozio-emotionale Aspekte erlebt wird. Dazu wurde eine Onlinebefragung von 1.826 Studierenden (Alter M = 23.3 Jahre, 53.1 % weiblich) aus verschiedenen Studiengängen und Fachbereichen an einer deutschen Universität mit standardisierten Fragebogenskalen (z.B. Fliege et al., 2001; Gierveld & van Tilburg 2006) durchgeführt.

Eine Zwei-Cluster Lösung wurde ermittelt und intern sowie extern validiert. Unterscheiden ließen sich eine (1) sehr gut auf digitales Lernen vorbereitete Studierendengruppe und (2) einer weniger gut auf digitales Lernen vorbereitete Studierendengruppe. Männliche Studierende und Studierende aus technischen Studiengängen waren proportional häufiger in Cluster 1 vertreten. Eine multivariate Varianzanalyse mit der Clusterzugehörigkeit als unabhängiger Variable und den sozio-emotionalen Merkmalen als abhängen Variablen zeigte für alle sozio-emotionalen Variablen kleine bis mittlere Unterschiede in Bezug auf die Clusterzugehörigkeit (z.B. für Freude Cluster 1: M = 4.08, SD = 0.81; Cluster 2: M = 3.69, SD = 0.86; F(1, 1836) = 97.79, p < .001 η2 = .051). Insgesamt erlebten Studierende in Cluster 1 weniger stressbezogene Emotionen und seltener emotionale Einsamkeit als diejenigen in Cluster 2.

Sozio-emotionale Wahrnehmung digitaler Hochschullehre ist bedeutsam und hängt von der Bereitschaft für digitales Lernen auf Seiten der Studierenden ab. Technologie kann soziale Interaktionen unterstützen, aber diese Interaktionen müssen auch ermöglicht werden, denn sie sind für das emotionale Erleben der Studierenden entscheidend, und nicht die Technologie an sich. Emotionen beeinflussen den weiteren Lernprozess (Vuorela & Nummenmaa, 2004) und sie sollten künftig hinsichtlich ihrer Wirkungen in onlinebasierten Lehr-Lernkontexten daher weiter untersucht werden. Limitationen der Studie hinsichtlich der Stichprobe, der Instrumente etc. werden abschließend adressiert. Implikationen ergeben sich für die Gestaltung digitaler Hochschullehre mit Blick auf die Förderung digitaler Kompetenz sowie insbesondere die Berücksichtigung individueller emotionaler Voraussetzungen und die Förderung emotional positiv erlebter sozialer Interaktion in der onlinebasierten Hochschullehre.

 

Freudige und verärgerte Studierende beim Bearbeiten einer langweiligen Aufgabe: Auswirkung auf Leistungsemotionen und Lernleistung

J. Mendzheritskaya, M. Hansen, J. Schmidt-Stiebitz
Goethe-Universität Frankfurt

Studierende empfinden beinah während der Hälfte der Lernzeit Langeweile (z.B. Pekrun et al, 2010), was sich negativ auf ihren Lernerfolg und ihre Lernmotivation auswirken kann (Tze et al, 2016). Ausgehend von der Kontroll-Wert--Theorie (Pekrun, 2006) kann das Entstehen der Leistungsemotion Langeweile auf niedrigere subjektive Kontroll- und Wertüberzeugungen beim Lernen zurückgeführt werden (Loderer et al., 2020; Perry, 2003).

Basierend auf der kognitiv-affektive Theorie des Lernens mit Medien (Moreno & Mayer, 2007) wird die Entstehung von Emotionen unterschiedlicher Valenz durch emotionales Design einer Lernumgebung noch vor dem eigentlichen Lernen postuliert und deren Zusammenhang mit Lernerfolg adressiert (Knörzer et al, 2016). Gleichzeitig ist darüber hinaus wenig bekannt, wie sich Emotionen von Studierenden, die sie vor dem Lernen empfinden, auf deren Lernleistung und emotionales Empfinden während des Lernens auswirken, insbesondere bei der Bearbeitung einer langweiligen Aufgabe. Um diese Frage zu beantworten wurde eine experimentelle Studie mit einer studentischen Stichprobe (N=104 bzw. N=65 nach dem Manipulationscheck) durchgeführt, in der die Induktion von Freude und Ärger vor dem Lernen mit der Induktion von Langeweile kombiniert und deren Einfluss auf das Empfinden von Langeweile, Freude und Ärger während des Lernens sowie auf Lernleistung (Testergebnis) untersucht wurden. Neben den Fragebogendaten wurde der Emotionsausdruck der Teilnehmenden mittels FaceReader (Noldus, 2012) registriert und im Sinne eines Manipulationschecks ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Freude vor dem Lernen (F(1, 63)=3.0, p=.08 (one-tailed), 𝜂p2=.045) als auch Freude während des Lernens (r=.300, p<0.05) positiv mit den Testergebnissen zusammenhängen. Studierende, die sich während des Lernens gelangweilt und verärgert gefühlt haben, schnitten schlechter im Abschlusstest ab (r=-.351, p<0.01 bzw. r=-.274, p <0.05). Des Weiteren schrieben die Teilnehmenden einen höheren positiven Wert der „langweiligen“ Aufgabe zu, wenn sie vor dem Lernen Ärger empfunden haben (F(1, 63)= 4.39, p=.04 𝜂p2=.065). Das höhere Empfinden von Langeweile während des Lernens korrelierte positiv mit der niedrigen subjektiven Kontrolle über die Aufgabe (r=-.264, p<0.05).

Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass beide Gruppen von emotionalen Erfahrungen Lernender - vor dem Lernen und während des Lernens – sowie affektive Attribute einer Lernumgebung in die Beforschung der Zusammenhänge zwischen Emotionen und Lernen miteinbezogen werden sollen, um ein besseres Verständnis der Rolle von affektiven Faktoren in Lernprozessen zu gewinnen. In der Diskussion werden die Ergebnisse aus methodischer Perspektive diskutiert als auch deren praktische Bedeutung für den universitäre Lehr-/Lernkontext aufgezeigt.



 
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