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Sitzungsübersicht
Sitzung
Diagnostik und Förderung sprachlicher Kompetenzen
Zeit:
Mittwoch, 20.09.2023:
9:30 - 11:00

Chair der Sitzung: Christina Stuhr
Ort: OS75/S02 - Raum 168


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Präsentationen

Digitalisierte Prozessdiagnostik und adaptive Förderung der frühen Erzähl- und Lesekompetenzen im Elementar- und Primarbereich – Erste Ergebnisse des EuLe-F-Projekts

C. Stuhr1, M. Meindl1, T. Jungmann2

1Institut für Sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation, Universität Rostock; 2Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Deutschland

Abstract

Early Literacy-Fähigkeiten sind Kernkompetenzen für das spätere Lesen und Schreiben, die bereits im Vorschulalter beiläufig bei der Beobachtung von und der Interaktion mit schriftkundigen Erwachsenen erworben werden. Neben den literalen Lernumgebungen beeinflusst auch der individuelle Sprachentwicklungsstand die Ausbildung der Early Literacy-Fähigkeiten. Kinder mit sprachlichen Auffälligkeiten zeigen geringere Leistungen und haben ein höheres Risiko für Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten. Im Vortrag wird die Entwicklung der EuLeApp© zur Erfassung der Early Literacy-Fähigkeiten bei 4-7-jährigen Kindern beschrieben und das adaptive, alltagsintegrierte Förderkonzept für den Elementarbereich exemplarisch vorgestellt. Erste Ergebnisse aus der Kalibrierungsphase und der Implementierungsforschung werden präsentiert.

Zusammenfassung

Theoretischer Hintergrund: Fast 19 Prozent aller Kinder verfehlen am Ende der vierten Klasse den Mindeststandard im Lesen, ca. 30 Prozent jenen im Rechtschreiben (Stanat et al., 2022). Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb werden diagnostiziert und gefördert, wenn das Kind bereits am Lesen- und Schreibenlernen gescheitert ist (Ozernov-Palchik & Gaab 2016). Präventions- und Frühinterventionsmaßnahmen sind aber besonders im Vorschulalter wirksam (Partanen & Siegel 2014). Im Rahmen des Verbundprojektes EuLe-F wird das Verfahren EuLe 4-5 (Meindl & Jungmann, 2019) digitalisiert und zu einem prozessdiagnostischen Instrument zur Erfassung der Erzähl- und Lesekompetenzen im Übergang vom Kindergarten in die Grundschule weiterentwickelt. Adaptive Fördermöglichkeiten für die Bereiche Erzählkompetenzen, Schriftwissen, Wortbewusstheit, Schriftbewusstheit, phonologische Bewusstheit und Buchstabenkenntnis werden konzipiert.

Forschungsfragen: Welche Early Literacy-Profile zeigen 4- bis 7-jährige Kinder? Inwiefern hängen diese mit den sprachlichen Kompetenzen zusammen und von den frühen literalen Lernumgebungen (Home/School Literacy Environments) ab?

Methoden: Bisher wurden n = 316 Kinder querschnittlich mit dem Prototypen der EuLeApp© getestet. Die sprachlichen Kompetenzen wurden über den SET 3-5 bzw. den SET 5-10 (Petermann, 2016, 2018) erfasst. Bei den Vorschulkindern kam auch das LRS-Screening (Endlich et al., 2019) zum Einsatz. Das Home Learning Environment und die literalen Lernumgebungen in der Kita und der Schule wurden über Fragebögen in Anlehnung an die Get Ready to Read Checklist (National Center for Learning Disabilities, 2012) erfasst. Mit den pädagogischen Fachkräften wurden Fokusgruppeninterviews geführt, um die förderdiagnostischen Materialien zu optimieren und in Phase 2 in die Bildungsinstitutionen zu implementieren.

Ergebnisse: Die Early Literacy-Profile sprachauffälliger Kinder unterscheiden sich signifikant von jenen ihrer sprachunauffälligen Peers. Circa 40% der Kinder mit SES haben ein „Hoch-Risiko-Profil mit schwachen Leistungen in allen Early Literacy-Komponenten, ca. 60% fallen in die Gruppe mit moderatem Risiko für Leseschwierigkeiten, mit heterogenen Einzelprofilen, die zu einem substantiellen Anteil durch den Einfluss der häuslichen Lernumgebung erklärbar sind. Erste Ergebnisse aus den Fokusgruppeninterviews sprechen dafür, dass der Begriff „Early Literacy“ den meisten pädagogischen Fachkräften unbekannt ist. Literacyförderliches Material ist in der Einrichtung zwar häufig vorhanden, es fehlt den Fachkräften aber an Umsetzungsideen. Digitale Medien wurden bislang kaum oder gar nicht eingesetzt, weil ihr Einsatz in der Kita überwiegend für unnötig und unangemessen gehalten wird.

Diskussion/Implikationen für Theorie und Praxis: Die heterogenen Lernausgangslagen müssen in der adaptiven Förderung systematischer als bisher berücksichtigt werden. Der reaktive Ansatz bei mangelnden Lese- und Rechtschreibfähigkeiten sollte durch die Entwicklung und Umsetzung frühdiagnostischer und präventiver Ansätze erweitert werden, die sich analoge und digitale Medien zunutze machen und über die phonologische Bewusstheit hinausgehen.



Top-Down versus Bottom-Up Development of Semantic Processes in Listening Comprehension

P. Dahdah1, J. Naumann1, T. Richter2, M.-B. Haffmanns3, J. Schindler2

1Bergische Universität Wuppertal; 2Julius-Maximilians-Universität Würzburg; 3Universität Kassel

Abstract

The present study investigated top-down versus bottom-up development of semantic processes on the word and sentence levels throughout elementary school. A longitudinal study with 1120 children and five time points between Grades 1-4 was conducted. The retrieval of word meanings was measured with an auditory semantic categorization task, while semantic integration in sentences was measured with an auditory sentence verification task. The retrieval of word meanings had a delayed but consistent effect on semantic integration, while word-level meaning retrieval during elementary school was only predicted by children’s semantic integration abilities in first grade. Our findings show no clear evidence for a primarily top-down or bottom-up development and suggest that both processes facilitate each other in the course of elementary school.

Zusammenfassung

There has been extensive research on the question whether language comprehension is led by top-down or bottom-up processes (Davis et al., 2011; Kintsch, 2005). Bottom-up theories suggest that lower-level word recognition processes impact sentence- or text-level processes (lexical quality hypothesis; Perfetti & Hart, 2002), while top-down theories emphasize the importance of context in the retrieval of word meanings (suppression theory; Gernsbacher & Faust, 1991). The interactive-compensatory model suggests that poor comprehenders may compensate inefficient word recognition skills by utilizing context information (Stanovich, 1980).

Research question

It is unclear whether the retrieval of word meanings and semantic integration in sentences develop in conjunction with or independent from one another. The answer to this question has implications for the design of early language instruction. The present study thus examined the development of both processes throughout elementary school.

Method

A total of 1120 elementary school children participated in a longitudinal study with five time points between Grades 1-4. Retrieval of word meanings was measured with a semantic categorization task and semantic integration was measured with a sentence verification task, both presented auditorily via headphones. Phonological awareness and nonverbal intelligence were included as control variables at the first time point.

Results

A cross-lagged-panel-model including lag-3 effects (χ2 = 3.192, p = .526; CFI = 1.000; RMSEA = .000) showed that word-level semantic retrieval had a delayed effect on sentence-level semantic integration, as the sentence-level from Grade 2 onward was only influenced by word-level skills from two time points earlier and not from the directly preceding time points (βs = .09–.13; ps < .05). Only semantic integration at the end of Grade 1 was predicted by word-level skills at the preceding time point (beginning of Grade 1; β = .12, p < .01). Retrieval of word meanings at the end of Grade 1 was predicted by semantic integration at the beginning of Grade 1 (β = .13, p < .001), while retrieval of word meanings at later time points was only predicted by sentence-level skills at the end of first grade (βs = .08–.16; ps < .05).

Discussion

Results imply that efficient retrieval of word meanings in early grades consistently helps to improve semantic integration later during elementary school. On the other hand, children who are good at semantic integration early on may improve their word knowledge more quickly than those with worse semantic integration abilities. Our findings suggest that both processes facilitate each other during elementary school.



Kognitive und Motivationale Prädiktoren des Textverstehens in expositorischen versus narrativen Texten

N. Cruz Neri1, S. Bernholt2, H. Härtig3, A. Schmitz4, J. Retelsdorf1

1Universität Hamburg, Deutschland; 2IPN Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Deutschland; 3Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 4Leuphana Universtität, Deutschland

Abstract

Die Studie untersucht, welche Faktoren prädiktiv für das Textverstehen von expositorischen und narrativen Texten sind. Es wurden kognitive und motivationale Merkmale von 261 Achtklässler:innen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass der Wortschatz und die Fähigkeit Inferenzen zu bilden, domänenübergreifende Prädiktoren für das Textverstehen sind. Das Lesestrategiewissen ist hingegen domänenspezifisch. Das Lesen aus Interesse war prädiktiv für das Textverstehen bei zwei von drei expositorischen Texten, während die Leselust keinen Einfluss hatte. Die Studie zeigt, dass Schüler:innen beim Textverstehen je nach Textgenre und Fachinhalt teilweie auf unterschiedliche Fähigkeiten zurückgreifen müssen. Lehrkräfte sollten sich bewusst sein, dass der Wortschatz und die Fähigkeit Inferenzen zu bilden wichtige Faktoren sind, um das Textverstehen bei Schüler:innen zu fördern.

Zusammenfassung

Expositorische und narrative Texte unterscheiden sich stark hinsichtlich der linguistischen Oberfläche, der Struktur sowie der Voraussetzung von Vorwissen (z. B. Gardner, 2004; Lorch, 2015). Daher ist anzunehmen, dass Schüler:innenmerkmale unterschiedlich bedeutsam für das Textverstehen in expositorischen versus narrativen Texten sind. Bisherige Forschung hat vor allem den Einfluss verschiedener kognitiver Prädiktoren auf das Textverstehen in expositorischen und narrativen Texten untersucht. Es hat sich gezeigt, dass einige kognitive Variablen (z.B. Wortschatz) das Textverstehen in beiden Textgenres vorhersagen, während andere kognitive Variablen (z.B. Lesestrategien) domänenspezifische Prädiktoren sind (z. B. Liebfreund, 2021; Schaffner et al., 2004). Der Effekt der Lesemotivation auf das Textverstehen in Abhängigkeit des Textgenres bleibt jedoch unklar. Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, welche kognitiven und motivationalen Schüler:innenmerkmale domänenübergreifende versus domänenspezifische Prädiktoren für das Textverstehen in expositorischen und narrativen Texten darstellen.

Die Stichprobe bestand aus N = 261 Achtklässler:innen (34.5% Mädchen; Alter: M = 14.97). Um die Fragestellung zu untersuchen, wurden Pfadanalysen gerechnet, in der das Textverstehen in drei expositorischen Texten (in den Fächern Physik und Chemie) sowie in einem narrativen Text als abhängige Variablen fungierten. Unter Kontrolle von soziodemographischen Variablen (z. B. Migrationshintergrund), wurden die Kompetenz Inferenzen zu bilden (gemessen mit dem Kognitiven Fähigkeitstest; Heller & Perleth, 2000), der Wortschatz (gemessen mit dem Kognitiven Fähigkeitstest; Heller & Perleth, 2000) und das Lesestrategiewissen (gemessen mit dem Würzburger Lesestrategie-Wissenstest für die Klasse 7–12; Schlagmüller & Schneider, 2007) als kognitive Prädiktoren in das Modell aufgenommen. Die Leselust und das Lesen aus Interesse (gemessen mit dem Fragebogen zur habituellen Lesemotivation; Möller & Bonerad, 2007) fungierten als motivationale Prädiktoren.

Das Textverstehen in expositorischen und narrativen Texten wurde jeweils durch den Wortschatz und die Fähigkeit Inferenzen zu bilden vorhergesagt. Dementsprechend scheinen diese kognitiven Fähigkeiten domänenübergreifende Prädiktoren für das Textverstehen zu sein. Darüber hinaus sagte das Lesestrategiewissen das Textverstehen jeweils eines expositorischen und eines narrativen Textes voraus. Das Lesen aus Interesse war prädiktiv für das Textverstehen in zwei von drei expositorischen Texten. Die Leselust war für keinen der Texte prädiktiv für das Textverstehen. Die Ergebnisse zeigen, dass es sowohl domänenübergreifende als auch domänenspezifische Prädiktoren für das Textverstehen in unterschiedlichen Textgenres und Fachinhalten gibt. Daraus ergeben sich Implikationen wie Schüler:innen angemessen im Schulkontext in ihrem Textverstehen unterstützt werden können. So sollten Lehrkräfte beispielsweise dafür sensibilisiert werden, dass der Wortschatz und die Fähigkeit Inferenzen zu bilden domänenübergreifende Prädiktoren für das Textverstehen sind und somit einen guten Ansatzpunkt bieten, um das Textverstehen von Schüler:innen zu fördern (Hall, 2016; Wright & Cervetti, 2016).



Morphological Awareness and Reading Intervention: Differential Effects on Monolingual and Bilingual Students

A. Haase, S. Schroeder

Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland

Abstract

Our study investigated whether a morphological awareness and reading training has differential effects on monolingual and bilingual students' literacy skills.

At the time of submission, pre-post data are available for 68 sixth-graders (n = 46 monolingual, n = 22 bilingual) on their morphological awareness, reading fluency, reading comprehension and spelling skills.

Preliminary results revealed a differential treatment effect on reading fluency (F[60] = 7.76, p = .007): While monolinguals had no treatment effect, bilinguals did (t[60]pre = 1.14, p = .258; t[60]post = 2.68, p = .009). We observed no further differential treatment effects.

Our findings imply that bilingual students need additional opportunities to train morphological awareness and reading skills. Final results will be presented at the conference.

Zusammenfassung

Background: Morphemes are the semantic building blocks of languages (e.g., read+er). Being able to identify, manipulate and reflect on them is an essential precursor skill for literacy development (Ruan et al., 2018). Meta-Analytic evidence shows that training morphological awareness leads to improved reading and spelling skills (Goodwin & Ahn, 2013). However, little research has been conducted on whether different groups of students may benefit differently from such trainings. Bilingual children have been shown to have weaker morphological awareness skills than monolingual children (Bratlie et al., 2022). Therefore, it is essential to investigate whether explicit morphological awareness training can be particularly helpful for bilingual students. We developed an intervention that included a morphological awareness training (based on four key strategies suggested by Goodwin et al., 2012) and reading opportunities. The intervention lasted five weeks of 90 minutes each.

Research Question: We tested whether a morphological awareness and reading intervention had a differential effect on monolingual and bilingual children regarding their morphological awareness and literacy skills.

Method: At the time of submission, pre-post data are available for 68 sixth graders (experimental group: n = 23 monolingual, n = 10 bilingual; wait-list-control group: n = 23 monolingual, n = 12 bilingual). We tested students on their morphological awareness, reading fluency, reading comprehension and spelling skills. Assessments were made before treatment, immediately after treatment and as a follow-up after 10-11 weeks.

Results: Preliminary analyses revealed a differential treatment effect for monolinguals and bilinguals on reading fluency (F[60] = 7.76, p = .007, ɳ²p = .115). Post-hoc-tests indicated that while monolinguals had no treatment effect (p > .05), bilinguals did (Group comparison between experimental and control group: t[60]pre = 1.14, p = .258; t[60]post = 2.68, p = .009). We observed no differential treatment effects for the other dependent variables.

Discussion: Our results suggest that monolingual and bilingual students benefit differently from a morphological awareness and reading training. While monolingual children did not require specific training, bilingual children benefited from the training in terms of their reading fluency.

Implications: Our findings imply that bilingual students should be given additional opportunities to practice morphological awareness and reading skills. This finding is in line with the demand for tailored reading instruction that considers the individual needs and learning levels of students.

The intervention will be completed by June 2023 so that final results can be presented at the Paeps conference.



 
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