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Sitzungsübersicht
Sitzung
Lehrkräfte und Schulleitungen an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen
Zeit:
Montag, 18.09.2023:
14:00 - 15:30

Chair der Sitzung: Kira Weber
Chair der Sitzung: Uta Klusmann
Ort: LS01 - Klaus-Murmann-Hörsaal

LS1 - Klaus-Murmann-Hörsaal (340),

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Präsentationen

Lehrkräfte und Schulleitungen an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen

Chair(s): K. E. Weber (Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland), U. Klusmann (IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik)

Diskutant*in(nen): K. Maaz (DIPF Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation)

Aktuelle Studien (z.B. Stanat et al., 2022) attestieren, dass ein erheblicher Teil von Grundschulkindern in Deutschland nur über unzureichende Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen verfügen. Die daraus resultierenden verringerten Teilhabechancen betreffen insbesondere Kinder und Jugendliche aus sozial weniger privilegierteren Familien. An Schulen in sogenannten sozial herausfordernden Lagen kumulieren sich diese ungünstigen Zusammensetzungen der Schüler*innenschaft mit herausfordernden institutionellen Rahmenbedingungen (z.B. hoher Lehrkräftemangel und mehr Quer- und Seiteneinsteiger; Richter et al., 2018). Entsprechend gehen aktuelle bundeslandspezifische oder bundeslandübergreifende Förderprogramme (u.a. das Aktionsprogramm „Schule macht sich stark“ [Bremen], das Förderprogramm „23+ Starke Schulen“ [Hamburg] oder das bundesweit laufende Projekt „Schule macht stark – SchuMaS“) der Frage nach, welche (schulsystemischen) Angebote Schulleitungen und Lehrkräfte an diesen Schulen unterstützen können. Das vorliegende Symposium verfolgt das Ziel, aktuelle empirische Studien zu präsentieren, die sich mit Schulentwicklungsprozessen von Schulleitungen sowie Fortbildungsbedarfen, Unterrichtsqualität und dem beruflichen Wohlbefinden von Lehrkräften an diesen Schulen beschäftigen. Die zugrunde liegenden Daten stammen dabei größtenteils aus dem Projekt „Schule macht stark – SchuMaS“ (https://www.schule-macht-stark.de/de/home/home_node.html).

Der erste Beitrag (Yendell et al.) geht der Frage nach, wie Schulleitungen an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen in ihren Schulentwicklungsprozessen unterstützt werden können. Dafür werden individuelle Schulentwicklungsziele präsentiert, die durch eine zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse mit den Zielen von 47 teilnehmenden SchuMaS-Schulen abstrahiert wurden.

Der zweite Beitrag (Hawlitschek et al.) untersucht, welche subjektiven Fortbildungsbedarfe Lehrkräfte an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen angeben und welche sozio-demographischen und motivational-emotionalen Merkmale individuelle Unterschiede in den Fortbildungsbedürfnissen erklären. Hierfür wurden 2923 Lehrkräfte aus den SchuMaS-Schulen befragt und separate latente Strukturgleichungsmodelle für die vier extrahierten Fortbildungsfaktoren spezifiziert.

Der dritte Beitrag (Schulze-Hagenest et al.) fokussiert das berufliche Wohlbefinden von Lehrkräften und untersucht anhand einer Datenbasis von 2886 Lehrkräften aus SchuMaS-Schulen zum einen, wie sehr sich die Schulen im beruflichen Wohlbefinden der Lehrkräfte unterscheiden und zum anderen ob sich Unterschiede im beruflichen Wohlbefinden zwischen Schulen und zwischen Personen durch individuelle Faktoren und Schulmerkmale erklären lassen.

Der vierte Beitrag (Ries et al.) untersucht anhand einer Stichprobe von 238 Lehrkräften, inwiefern Aspekte der Lehrkraftkompetenz sowie der Anteil von Schüler*innen mit bildungsrelevanten Risikofaktoren an einer Schule den Einsatz kooperativen Lernens vorhersagen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil an Schüler*innen mit Risikofaktoren weder Einsatzqualität noch –häufigkeit kooperativen Lernens vorhersagen kann.

Die Diskussion der vier Beiträge (Diskutant: Kai Maaz) soll die Frage adressieren, welche Implikationen sich auf Basis der vorgestellten Studien für die Gestaltung von Unterstützungs- und Fortbildungsangeboten für Schulleitungen und Lehrkräfte an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen ableiten lassen.

 

Beiträge des Symposiums

 

Der Beratungsansatz der regionalen SchuMaS-Zentren und die daraus resultierenden Entwicklungsziele von Schulen in herausfordernden sozialen Lagen – eine qualitative Inhaltsanalyse

O. Yendell1, K. Neuber2, J. Ringler3, K. Karst1
1Universität Mannheim, 2Universität Duisburg-Essen, 3DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation

Theoretischer Hintergrund

Die Begleitung der Schulentwicklung von Schulen in sozial herausfordernden Lagen gewinnt zunehmend an Bedeutung (Ackeren et al., 2021), wobei vor allem die Kombination von fachlichem Input und einer auf Selbstorganisation ausgerichteten Beratung, z. B. im Rahmen von Schulnetzwerken, vielversprechend scheint (Rühl et al., 2021). Bedeutend für eine um-fassende Qualitätsentwicklung an Schulen ist, dass wenige, aber ambitionierte und messbare Ziele der Schulen entwickelt werden, wodurch der eigene Fortschritt überprüfbar wird (Mintrop, 2019). Im Beitrag wird der Beratungsansatz der regionalen Zentren des Projektes „Schule macht Stark“ (SchuMaS) präsentiert, der für die Zusammenarbeit mit den teilnehmenden Projektschulen leitend ist. Zudem werden erste explorative Analysen der individuellen Entwicklungsziele, die im Rahmen dieses Beratungsprozesses auf Seiten der Schulen entstanden sind, vorgestellt.

Der externe Beratungsansatz der regionalen SchuMaS-Zentren kann als Kombination einer Prozess- und Expert*innenberatung eingeordnet werden (Dedering et al., 2013). Die Expert*innenberatung durch die regionalen SchuMaS-Zentren umfasst das Einbringen fachlicher Inhalte, wie beispielsweise Inputs zur datengestützten Qualitätsentwicklung an Schulen (Schildkamp, 2019). Elemente der Prozessberatung umfassen u.a. datengestützte Bestandsaufnahmen in sogenannten Perspektivplanungsgesprächen. Hierdurch werden die Problemhorizonte der Beratenen erweitert und gemeinsam Entwicklungsziele wie Problemlösungsansätze erarbeitet. Ergänzt wird diese Beratung durch eine forschende Begleitung der Schulen, indem Ergebnisse der Begleitforschung im Projekt an die teilnehmenden Schulen rückgemeldet werden und weitere Erhebungen nach Rückmeldung der Schulen angepasst werden.

Methode

Im Rahmen des Beitrages werden erste Ergebnisse des Beratungsansatzes präsentiert; der Fokus liegt dabei auf den individuellen Entwicklungszielen der Schulen, die als sogenannte Change Driver in der Schulentwicklung verstanden werden können (Mintrop, 2019). Um eine flexible Annäherung zu gewährleisten, wurde ausgehend von den Zielen von 47 teilnehmenden SchuMaS-Schulen verschiedener Schulformen in vier Bundesländern eine zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt (Mayring, 2019). Dabei wurde sich an einem deduktiv-induktiv gebildeten Kategoriensystem orientiert, das aus den formulierten Zielen der Schulen sowie der Struktur des SchuMaS-Projektes resultierte (Kuckartz & Rädiker, 2014). Die Kodierung wurde von zwei unabhängigen Rater*innen durchgeführt.

Ergebnisse

Es zeigt sich, dass die Entwicklungsziele zu einem Großteil auf die Entwicklung von Basiskompetenzen bei Schüler*innen in Deutsch und Mathematik abzielen. Weitere Ziele verteilen sich vor allem auf die schulorganisatorische Ebene, die Vernetzung in den Sozialraum sowie die Professionalisierung des Personals (Bspw. Umgang mit Belastungen). Das vorgestellte Kategoriensystem ermöglicht vergleichende Studien, die Bedarfe an weiteren Schulen in (nicht) herausfordernder Lage erheben. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund bestehender Angebote im SchuMaS-Projekt diskutiert. Dabei wird darauf eingegangen, wie ein gewinnbringender Wissenschafts-Praxis-Transfer im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen gelingen kann.

 

Fortbildungsbedarfe von Lehrkräften an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen

P. Hawlitschek1, K. E. Weber2, U. Klusmann3, D. Richter4
1Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), 2Leuphana Universität Lüneburg, 3IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, 4Universität Potsdam

Theoretischer Hintergrund

Die Professionalisierung von Lehrkräften durch qualitativ hochwertige Fortbildungen wird als wichtiger Baustein zur Förderung insbesondere der leistungsschwächeren Schüler*innen angesehen (Köller et al., 2022; E. Richter & Richter, 2020). Allerdings zeigen Studien, dass nicht alle Lehrkräfte regelmäßig Fortbildungen besuchen (Kuschel et al., 2020), was unter anderem an einer fehlenden Passung zwischen Angeboten und inhaltlichen Bedarfen der Lehrkräfte liegen könnte. Um eine möglichst hohe Passung zwischen Fortbildungsbedarfen und Angeboten herzustellen, ist es wichtig, die Bedarfe von Lehrkräften zu kennen. Daher geht die Arbeit der Frage nach, welche Fortbildungsbedarfe Lehrkräfte an Schulen in schwierigen sozialen Lagen haben, da diese Gruppe von Lehrkräften vor besonderen beruflichen Herausforderungen steht.

Fragestellungen

1) Wie schätzen Lehrkräfte ihren Fortbildungsbedarf im Hinblick auf fachübergreifende Kompetenzen ein?

2) Welche sozio-demographischen und motivational-emotionalen Merkmale erklären individuelle Unterschiede in den Fortbildungsbedarfen?

Methode

Insgesamt nahmen 2923 Lehrkräfte aus Schulen in herausfordernden Lagen (79% weiblich, MBerufserfahrung = 12,6 Jahre; SDBerufserfahrung = 10,4 Jahre) an der Studie teil. Neben demografischen und berufsbezogenen Angaben, gaben die Lehrkräfte ihren jeweiligen subjektiven Fortbildungsbedarf anhand von 10 Items an. Mithilfe von Faktoranalysen wurden die Themenbereiche zu aggregierten Fortbildungsbedarfen zusammengefasst [Lernförderung (2 Items, r = .62); Interaktionsqualität (3 Items, ω = .76); Digitaler Medieneinsatz (2 Items, r = .77); Umgang mit Belastungen (3 Items, ω = .75); CFI = 0.94, TLI = 0.92, RMSEA = 0.07, SRMR = 0.05]. Zudem wurden die jeweiligen Kompetenzselbsteinschätzungen (Eigenkonstruktion; CFI = 0.93, TLI = 0,90, RMSEA = 0,08, SRMR = 0,05). Attributionen der Leistungen von Schüler*innen (Baumert et al., 2009; ω =.66 - 80), sowie die emotionale Erschöpfung der Lehrkräfte (Enzmann & Kleiber, 1989; ω = .85) erfasst.

Ergebnisse

Die Befunde zeigen erstens, dass Lehrkräfte ihren Fortbildungsbedarf insbesondere im Umgang mit sonderpädagogischem Förderbedarf, in der Förderung von leistungsschwachen Schüler*innen und im Umgang mit Heterogenität sehen. Zweitens zeigen die Analysen, dass sowohl sozio-demographische Merkmale (Geschlecht, Berufserfahrung und Quer- und Seiteneinstieg) als auch motivational-emotionale Lehrkraftmerkmale (subjektive Kompetenzeinschätzungen, emotionale Erschöpfung und Attributionen von Schülerinnen- und Schülerleistung) relevante Prädiktoren für spezifische, fachübergreifende Fortbildungsbedarfe dar-stellen.

Diskussion und Implikation für Theorie und Praxis

Um Lehrkräfte an Schulen in schwierigen sozialen Lagen durch Professionalisierungsmaßnahmen unterstützen zu können, ist es notwendig zunächst die subjektiven Bedarfe zu kennen und individuelle Merkmale zu identifizieren, die diese Bedarfe vorhersagen (OECD, 2012). Erst dann ist es möglich, passgenaue Angebote zu schaffen um Lehrkräfte an Schulen in schwierigen sozialen Lagen zu unterstützen.

 

Berufliches Wohlbefinden von Lehrkräften: Wie stark unterscheiden sich emotionale Erschöpfung, Berufszufriedenheit und Kooperationsverhalten von Lehrkräften zwischen Schulen?

T. Schulze-Hagenest1, B. Carstensen1, K. E. Weber2, U. Klusmann1
1IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, 2Leuphana Universität Lüneburg

Theoretischer Hintergrund

Das berufliche Wohlbefinden von Lehrkräften ist aufgrund seiner zentralen Rolle für die Lehrkräftegesundheit und das professionelle Handeln von besonderem Forschungsinteresse. So steht ein geringes berufliches Wohlbefinden mit negativen Konsequenzen wie mehr Krankheitstagen, einer höheren Berufswechselintention und einer geringeren Unterrichtsqualität in Zusammenhang (Klusmann et al., 2021; Wartenberg et al., submitted).

Zentrale Theorien zur Erklärung von interindividuellen Unterschieden im beruflichen Wohlbefinden betonen einerseits die Bedeutung des Arbeitsumfelds (Job-Demands Resources Model; Bakker & Demerouti, 2007) und andererseits die individuelle Bewertung von Ressourcen und Stressoren in der Umwelt und der Person (Transaktionales Stressmodell; Lazarus & Folkmann, 1984). Bisherige Befunde berücksichtigen vor allem die individuelle Bewertung des Arbeitsumfeldes und betonen die Relevanz sozialer Interaktionsprozesse als zentrale Ressource. Bislang ist wenig darüber bekannt, ob Lehrkräfte innerhalb einer Schule in ihrer Bewertung des Arbeitsumfeldes übereinstimmen oder, ob es sich vielmehr um eher subjektive Bewertungen handelt, die demzufolge auch deutlich innerhalb von Schulen variieren sollten (Klusmann et al., 2008, Van Droogenbroeck et al., 2021). Zudem existieren kaum Studien, die untersuchen, wie stark sich die Kollegien verschiedener Schulen in ihrem Wohlbefinden unterscheiden, d.h. wie viel Variation im Wohlbefinden auf die individuelle Lehrkraft zurückgeht und wie viel auf den Schulkontext, wobei insbesondere für Schulen in sozial schwierigen Lagen wenig empirische Evidenz vorliegt.

Forschungsfragen

1. Wie sehr unterscheiden sich die Schulen im beruflichen Wohlbefinden (emotionale Erschöpfung, Berufszufriedenheit) der Lehrkräfte sowie ihrer Wahrnehmung zentraler Kontextmerkmale (Austausch, Kokonstruktion)?

2. Lassen sich Unterschiede im beruflichen Wohlbefinden zwischen Schulen und zwischen Personen durch individuelle Faktoren und Schulmerkmale erklären?

Methode

Die Datenbasis bilden die Angaben von 2886 Lehrkräften aus 196 Schulen in sozial schwierigen Lagen aus ganz Deutschland, die im Herbst 2021 online befragt wurden.

Ergebnisse

Auf Schulebene zeigt sich, dass knapp 10% der Varianz in der emotionalen Erschöpfung und 6.6% der Variation in der Berufszufriedenheit auf Unterschiede zwischen den Schulen zu-rückzuführen ist. Bei den Kontextcharakteristiken (Austausch: ICC = 0.10; Kokonstruktion: ICC = 0.16) liegt ein substantieller Anteil der Varianz zwischen den Schulen. Die Befunde der Mehrebenen-Regressionsanalysen zeigen, dass Lehrkräfte aus Schulen, in denen sich die Kollegien mehr Austauschen, weniger erschöpft sind (β = -0.95, p = 0.03), während sich für die Berufszufriedenheit auf Schulebene keine signifikanten Prädiktoren ergeben.

Diskussion

Zusammenfassend zeigt sich, dass mehr Variation im Erleben des beruflichen Wohlbefindens innerhalb der Schulen liegt als zwischen den Schulen. Dabei kann durch die geteilte Wahrnehmung des Kooperationsverhaltens im Kollegium nur eingeschränkt die Variation im beruflichen Wohlbefinden auf Schulebene vorhergesagt werden.

 

Einsatz kooperativer Lernformen – Bedeutung von Lehrkraftkompetenz und Risikofaktoren in der Schüler*innenschaft

N. Ries, N. John, F. Baier-Mosch, M. Kunter
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation

Theoretischer Hintergrund

Kooperatives Lernen fördert akademische Leistungen (Kyndt et al., 2013), sowie soziale Fähigkeiten und Peer-Beziehungen (Ginsburg-Block et al., 2006; van Ryzin & Roseth, 2018). Zudem hat sich das kooperative Lernen für Schüler*innen mit bildungsrelevanten Risikofaktoren als besonders effektiv erwiesen (Rohrbeck et al., 2003). Daher scheint der Einsatz dieser Unterrichtsmethode gerade für Schulen in sozial herausfordernden Lagen vielversprechend. Ob und wie kooperatives Lernen umgesetzt wird, hängt dabei mit Lehr-kraftmerkmalen zusammen (z. B. Abramczyk & Jurkowski, 2020). Aber auch Rahmenbedingungen (z.B. die Zusammensetzung der Schüler*innenschaft) beeinflussen, welches Unterrichtshandeln Lehrkräfte zeigen (Seidel, 2014).

Fragestellung

Inwiefern sagen Aspekte der Lehrkraftkompetenz (nach Kunter et al., 2011) aber auch der schulische Anteil von Schüler*innen mit bildungsrelevanten Risikofaktoren die Einsatzqualität und Einsatzhäufigkeit kooperativen Lernens vorher?

Methode

An unserer Online-Befragung nahmen 238 Lehrkräften (34.3 % Grundschulen, 65.7 % weiterführende Schulen) teil. Die professionelle Kompetenz der Lehrkräfte wurde mit vier Skalen erfasst: Überzeugungen zum kooperativen Lernen (Kunter et al., 2016; α=.86), Enthusiasmus für kooperatives Lernen (adapt. n. Kunter et al., 2008; α=0.93), Wissen über kooperatives Lernen (2 Items, Völlinger, unv.; α=0.86) und Selbstregulation beim Einsatz kooperativen Lernens (adapt. n. Martin & Marsh, 2008; α=0.83). Der Anteil von Schüler*innen mit bildungsrelevanten Risikofaktoren (geringe Sprachkompetenz, bildungsfernes und einkommensschwaches Elternhaus) wurde im Selbstbericht der Lehrkräfte erhoben (Eigenkonstruktion, α=.90). Die Qualität kooperativer Lerneinheiten wurde mit einer Skala von Kunter et al. (2016, α=.76) und die Einsatzhäufigkeit mit einem Item (Kunter et al., 2016) erfasst. Zur Beantwortung der Fragestellung wurden zuerst einfache Korrelationen berechnet. Anschließend wurden zwei multiple Regressionen gerechnet mit Einsatzqualität bzw. Einsatzhäufigkeit als Outcome-Variablen und den Kompetenzaspekten sowie der Schüler*innen-Variable als Prädiktoren.

Ergebnisse

Einfache Korrelationen zur Einsatzqualität und -quantität zeigen, dass diese mit allen Variablen der professionellen Kompetenz mittelstark und signifikant positiv zusammenhängen, nicht jedoch mit dem Anteil an Schüler*innen mit Risikofaktoren. Im multiplen Regressionsmodell Einsatzqualität sind Wissen (β=.20; p=.011) und Selbstregulation (β=.27; p<.001) die einzigen signifikanten Prädiktoren (R2=.23). Im multiplen Regressionsmodel Einsatzhäufigkeit sind Wissen (β=.23; p=.003) und Enthusiasmus (β=.45; p<.001) die einzigen signifikanten Prädiktoren (R2=.28). Der Anteil an Schüler*innen mit Risikofaktoren erklärt weder Einsatzqualität (β=.08; p=.210) noch Einsatzhäufigkeit (β=.03; p=.681).

Diskussion und Implikation für Theorie und Praxis

Lehrkräfte scheinen kooperatives Lernen nicht häufiger/weniger häufig oder in anderer Qualität einzusetzen, wenn der Anteil an Schüler*innen mit Risikofaktoren hoch ist. Gerade in solchen Gruppen kann kooperatives Lernen allerdings sehr effektiv sein. Wissen, Motivation und selbstregulative Fähigkeiten der Lehrkräfte sind laut unseren Ergebnissen daher Kompetenzaspekte, die in Lehrkräftefortbildungen besonders gefördert werden sollten.



 
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