Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen. Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.

 
 
Sitzungsübersicht
Sitzung
Lernschwierigkeiten
Zeit:
Montag, 18.09.2023:
14:00 - 15:30

Chair der Sitzung: Kirsten Schuchardt
Ort: LS01 - Raum 105


Zeige Hilfe zu 'Vergrößern oder verkleinern Sie den Text der Zusammenfassung' an
Präsentationen

Lernschwierigkeiten

Chair(s): K. Schuchardt (Universität Hildesheim, Deutschland), J.-T. Kuhn (Universität Dortmund)

Diskutant*in(nen): M. Hasselhorn (DIPF Frankfurt)

Lernschwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben und Rechnen treten relativ häufig auf, bleiben oftmals bis ins Jugendalter hinein stabil bestehen und stellen für viele Lehrkräfte eine große Herausforderung dar. Zudem gehen sie bei vielen Betroffenen mit einer Reihe von komorbiden psychischen Auffälligkeiten einher. Trotz jahrelanger Forschungsarbeiten zum Thema Lernschwierigkeiten bleiben nach wie vor noch viele Fragen offen. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich daher mit neuen Erkenntnissen zur Diagnostik, zu komorbiden Auffälligkeiten, zu den unterrichtsbezogenen Einstellungen von Lehrkräften und zu Interventionsansätzen bei lernschwachen Kindern und Jugendlichen.

Der erste Beitrag von Schuchardt et al. beschäftigt sich mit den Auftretenshäufigkeiten von Lernstörungen nach ICD-10 im Vergleich zu den aktuellen Diagnosekriterien des DSM-5 bei einer klinischen Inanspruchnahmestichprobe von Grundschulkindern. Hierbei wird deutlich, dass die neueren Diagnosekriterien zu einer Erhöhung der Fallzahlen führen, insbesondere bei Rechenstörungen und kombinierten Schriftsprach- und Rechenstörungen. Keine Unterschiede finden sich dagegen im Vergleich beider Diagnosekriterien hinsichtlich des Leistungsniveaus und der begleitenden psychischen Auffälligkeiten betroffener Kinder.

Im zweiten Beitrag von Hannekum et al. wird eine Online-Studie mit 313 Lehrkräften zu den Einflussfaktoren der Unterrichtsanpassung von Kindern mit Lese-Rechtschreibstörung vorgestellt. Hierbei wird vor dem Hintergrund der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991) mit dem Fragebogen zur Unterrichtsanpassung von Lehrkräften für Schülerinnen und Schüler mit LRS (FUL-LRS) untersucht, ob die Einstellungen, die subjektiven Normen und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle einen Einfluss darauf nehmen, inwiefern Lehrkräfte bereit sind, ihren eigenen Unterricht an die besonderen Bedürfnisse lese-rechtschreibschwacher Schülerinnen und Schüler anzupassen.

Der dritte Beitrag von Röhm et al. stellt die Ergebnisse eines systematischen Reviews zum Zusammenhang von mathematischen Lernschwierigkeiten und grammatischen Kompetenzen bei Vorschul- und Grundschulkindern vor. Anhand einer umfangreichen Literaturrecherche konnten letztendlich 94 nationale und internationale Studien einbezogen werden, von denen jedoch nur 8 Studien tatsächlich Bezug zu rechenschwachen Kindern aufweisen. Zudem wurden in diesen Studien die Bereiche nur wenig differenziert untersucht, so dass die Ergebnisse auf eine große Forschungslücke in diesem Themenfeld hindeuten.

Der vierte Beitrag von Heß et al. untersucht die Wirksamkeit einer zwanzigwöchigen silbenbasierten Online-Leseintervention bei leseschwachen Zweitklässlern. In einem Kontrollgruppendesign (Interventions- und Kontrollgruppe je n=66) kann gezeigt werden, dass das Trainieren von Silbenlesen einen Effekt auf die Worterkennungsleistung aufweist, wobei dies besonders bei Kindern mit effizienten orthografischen Vergleichsprozessen vor dem Training zu beobachten ist. Auch zeigen sich von dieser Leseintervention Effekte auf die Verbesserung der Rechtschreibleistung vor allem bei diesen Kindern mit höheren Ausgangsleistungen.

Die Ergebnisse der Studien werden zusammenfassend diskutiert und praktische Implikationen für die Arbeit mit lernschwachen Kindern und Jugendlichen abgeleitet.

 

Beiträge des Symposiums

 

Lernstörungen nach ICD 10 und DSM-5 – Vergleich der Merkmale identifizierter Kinder

K. Schuchardt, C. Griepenburg, C. Mähler
Universität Hildesheim

Lernstörungen werden nach den Kriterien der ICD-10 unter dem Begriff Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten zusammengefasst, zu denen die Lese-und/oder Rechtschreibstörung, die Rechenstörung und die Kombinierte Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten zählen. Zur Diagnostik wird hierbei das doppelte Diskrepanzkriterium herangezogen, nach dem die individuelle Schulleistung, gemessen über einen Schulleistungstest, unterdurchschnittlich (T < 40) und eine bedeutsame Differenz zwischen dem Intelligenzniveau und der Schulleistung (von mindestens 1.2 SD; vgl. Mähler & Schuchardt, 2019) vorliegen sollen. Nach den neueren Kriterien des DSM-5 wird nunmehr nur noch die übergeordnete Diagnose einer Lernstörung vergeben, die sich im Lesen, Rechtschreiben und/oder Rechnen niederschlagen kann. Zudem haben sich die Diagnosekriterien dahingehend verändert, dass auf die Diskrepanz zur Intelligenz als Kriterium verzichtet wird und ausschließlich eine deutlich unterdurchschnittliche Schulleistung (T ≤ 35) ausschlaggebend ist.

Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den Fragen, ob die unterschiedlichen Diagnosekriterien zu einer Veränderung der Häufigkeiten von Lernstörungsdiagnosen führen und ob sich in Abhängigkeit von den Diagnosekriterien Unterschiede in den Leistungsmerkmalen sowie in den sozio-emotionalen Begleitproblemen betroffener Kinder auffinden lassen.

Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden die Datensätze von 416 Grundschulkindern reanalysiert, die von 2009 bis 2022 in der Hochschulambulanz KiM der Universität Hildesheim zur Diagnostik einer Lernstörung vorstellig wurden. Im Rahmen der Individualdiagnostik wurde bei allen Kindern die Intelligenz (WISC, SON 6-40), die Leseleistung (ELFE), die Rechtschreibleistung (WRT-Reihe), die Mathematikleistung (DEMAT-Reihe) sowie sozio-emotionale Auffälligkeiten (CBCL, DTK II, AFS, FEESS-Reihe) erhoben.

Es zeigte sich, dass bei dieser Inanspruchnahme-Stichprobe die Verwendung der Diagnosekriterien des DSM-5 zu einer Erhöhung der Häufigkeit im Vergleich zu denen der ICD-10 führt, wobei dieser Unterschied deutlicher in der Rechenstörung (ICD-10: 17,1%, DSM-5: 28,1%) und der kombinierten Lernstörung in der Schriftsprache und im Rechnen (ICD-10: 7,9%, DSM-5: 16,3%) ausfällt als in der Lesestörung (ICD-10: 23,6%, DSM-5: 29,1%) und in der Rechtschreibstörung (ICD-10: 31,0%, DSM-5: 35,1%). Während die Kinder bei Betrachtung beider Diagnosekriterien vergleichbar schwache Schulleistungen aufweisen, zeigen die Kinder nach DSM-5 Kriterien erwartungsgemäß niedrigere Intelligenzwerte als nach ICD-10 Kriterien. Keine Unterschiede finden sich dagegen in der sozio-emotionalen Folgeproblematik.

Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der Empfehlungen der S3-Leitlinien der AWMF und der Einführung des Klassifikationsschemas der ICD-11 diskutiert. Zudem wird erörtert, welche Auswirkungen die veränderten Diagnosekriterien für die innerschulische (sonderpädagogische) Unterstützung und außerschulische Fördermaßnahmen zur Folge haben.

 

Einflussfaktoren der Unterrichtsanpassung von Lehrkräften bei Schülerinnen und Schülern mit LRS - Eine Anwendung der Theorie des geplanten Verhaltens

R. Hannekum, K. Schuchardt, C. Mähler
Universität Hildesheim

Theoretischer Hintergrund

Lehrkräfte können durch ihr (Förder-) Verhalten gegenüber Schülerinnen und Schülern mit Lese- und Rechtschreibstörung (LRS) deren Leistungsfähigkeit, Einstellungen und sozial-emotionales Befinden beeinflussen (Franz, Lenhard, Marx & Richter, 2021; Stampoltzis, Tsitsou & Papachristopoulos, 2018). Angemessene Förderung der Schülerinnen und Schüler mit LRS durch die Lehrkräfte ist entsprechend von großer Bedeutung. Hierzu können Lehrkräfte einerseits ihre Unterrichtsmethoden, -pläne und -materialien den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler anpassen und andererseits individualisiert unterrichten, indem sie eine lernförderliche Haltung einnehmen und die betroffenen Schülerinnen und Schüler durch bspw. individuelles Feedback oder die Verstärkung kleiner Lernfortschritte motivieren und unterstützen (Schulte-Körne & Galuschka, 2019).

Fragestellung

Auf Grundlage der Theorie des geplanten Verhaltens (Theory of Planned Behavior, TPB; Ajzen, 1991) wurde in der vorliegenden Studie untersucht, welche Faktoren die Absicht von Lehrkräften, solches Förderverhalten zu zeigen, determinieren. Hierbei wurde angenommen, dass insbesondere auf das konkrete Verhalten bezogene Einstellungen von Lehrkräften Einfluss nehmen, da diese bei Anwendung der TPB im Schulkontext als wichtigster Prädiktor für die Verhaltensintention angesehen werden (Fishbein & Ajzen, 2010; Lübke, Meyer & Christiansen, 2016). Zusätzlich wurde erwartet, dass die subjektive Norm und wahrgenommene Verhaltenskontrolle als weitere in der TPB postulierte Determinanten die Verhaltensabsicht von Lehrkräften, den Unterricht an die Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit LRS anzupassen, beeinflussen.

Methode

Zur Erfassung der Konstrukte wurde der Fragebogen zur Unterrichtsanpassung von Lehrkräften für Schülerinnen und Schüler mit LRS (FUL-LRS) entwickelt, der die verschiedenen Konstrukte der TPB mit guten bis sehr guten psychometrischen Eigenschaften differenziert und theoriegeleitet abbildet. Der FUL-LRS wurde im Rahmen einer querschnittlich angelegten online Fragebogenstudie deutschlandweit von 313 Lehrkräften zwischen 24 und 64 Jahren ausgefüllt.

Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse latenter Strukturgleichungsmodelle zeigen, dass die verhaltensbezogene Einstellung, die subjektive Norm und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle 57.4% der Varianz der Intention, die Unterrichtsmethoden an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler mit LRS anzupassen, und 37.6% der Varianz der Intention, die Schülerinnen und Schüler individualisiert zu unterrichten, erklären konnten. Entgegen der Hypothese erwies sich bei Betrachtung der Pfadkoeffizienten die Einstellung für die Intention, individualisiert zu unterrichten, als kein signifikanter Prädiktor und für die Intention, Unterrichtsmethoden anzupassen, als schwächster Prädiktor. Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle erklärte gefolgt von der subjektiven Norm in beiden Verhaltensintentionen am meisten Varianz. Die Relevanz der Ergebnisse für Forschung und Praxis wird diskutiert und Ideen zur Professionalisierung von Lehrkräften werden abgeleitet.

 

Mathematische Lernschwierigkeiten und grammatische Kompetenzen bei Kindern im Vor- und Grundschulalter: Ergebnisse eines systematischen Reviews

A. Röhm, E. Wimmer, N. Viesel-Nordmeyer, U. Ritterfeld
Universität Dortmund

Theoretischer Hintergrund

Mathematische Fähigkeiten und grammatische Sprachkompetenzen bilden entscheidende Schlüsselkompetenzen für kindliche Lernprozesse im Vor- und Grundschulalter. Beide Kompetenzbereiche scheinen in diesem Altersbereich zudem eng verbunden zu sein (z.B. Kleemans et al., 2012). Studien zeigen, dass insbesondere Kinder mit mathematischen Lernschwierigkeiten bereits im Vorschulalter Grammatikdefizite aufweisen, die bis ins Schulalter hinein persistieren (z.B. Viesel-Nordmeyer et al., 2019, 2021, 2022) und sich somit auch langfristig nachteilig auf den Lernerfolg auswirken können. Ebenso zeigen Kinder mit grammatischen Schwierigkeiten im Kontext einer Sprachentwicklungsstörung (SES) niedrigere Mathematikleistungen als ihre Alterspeers (z.B. Schuchardt & Mähler, 2021). Auf Grundlage der bisherigen Einzelbefunde bleibt jedoch weitestgehend unklar, in welcher Weise spezifische mathematische und grammatische Fähigkeiten vom Vorschul- bis ins Grundschulalter —insbesondere bei Kindern mit mathematischen Lernschwierigkeiten— miteinander in Verbindung stehen.

Fragestellung

Im vorliegenden Beitrag werden folgende Fragestellungen untersucht:

1) Welche Aspekte von Grammatik erweisen sich nach aktuellem Forschungsstand als relevant im Zusammenhang mit spezifischen mathematischen Kompetenzen?

2) Welche Befunde lassen sich dahingehend für die Subgruppe der Kinder mit mathematischen Lernschwierigkeiten systematisieren?

Methode

Für ein systematisches Review (vgl. Ziegler et al., 2011) wurden mittels 41 englischer und 52 deutscher Suchbegriffe die Datenbanken PSYNDEX, PsychArticles, PsychInfo, MLA und WoS für den Suchzeitraum bis Juli 2021 nach veröffentlichten englisch- oder deutschsprachigen empirischen Studien in Form von Zeitschriftenartikeln, Buchbeiträgen und Dissertationen durchsucht. Alle Treffer wurden einem Titel-, Abstract- und schließlich Volltext-Screening zum Einschluss relevanter und Ausschluss irrelevanter Studien unterzogen. In einer abschließenden Volltext-Kodierung wurden die verbleibenden Studien u.a. hinsichtlich der berichteten mathematischen Kompetenzen (Krippendorffs Alpha = .66), grammatischen Kompetenzen (Krippendorffs Alpha = .83) sowie statistischen Zusammenhänge (Krippendorffs Alpha = .73) als Hauptkategorien erfasst.

Ergebnisse

Von den initial N = 36.092 Treffern verblieben nach Screening und Kodierung n = 94 Studien, die in die finale Analyse eingeschlossen wurden. Davon weisen n = 8 Studien einen konkreten Bezug zu Kindern mit mathematischen Lernschwierigkeiten auf. In diesen Studien wurden fast ausschließlich Basisrechenkompetenzen (n = 6) oder globale Mathekompetenzen (n = 2) im Zusammenhang mit zumeist rezeptiven Grammatikkompetenzen untersucht. Detaillierte Befunde der Einzelstudien werden im Vortrag entsprechend präsentiert.

Diskussion

Die Untersuchung des Zusammenhangs grammatischer Kompetenzen und mathematischer Lernschwierigkeiten ist verhältnismäßig unterrepräsentiert. Zudem sind die erhobenen mathematischen sowie grammatischen Kompetenzen in den gefundenen Studien hinsichtlich spezifischer Fähigkeiten wenig differenziert, insbesondere im Vergleich zu Studien mit Kindern mit SES. Dies unterstreicht den Bedarf weiterer Forschung in diesem Bereich.

Implikation für Theorie und Praxis

Die Ergebnisse werden im Hinblick auf einen sprachsensiblen Mathematikunterricht sowie Implikationen für spezifische Lernförderungen reflektiert.

 

Digitale silbenbasierte Leseintervention in Klasse 2: Worterkennungsleistung moderiert den Einfluss auf Lese- und Rechtschreibfähigkeiten

J. Heß, P. Karageorgos, B. Müller, A. Riedmann, P. Schaper, B. Lugrin, T. Richter
Universität Würzburg

Repräsentationen der orthografischen Wortformen im mentalen Lexikon sind für Lese- und Rechtschreibfähigkeiten erforderlich (Frith, 1985). Ziel unserer app-basierten Leseintervention ist die Steigerung der Worterkennungsleistungen bei leseschwachen Zweitklässler(inne)n mit der Silbe als sublexikalische Einheit. Diese bildet einen wichtigen Zwischenschritt vom buchstabenweisen Rekodieren zum Lesen von Wörtern durch orthografische Vergleichsprozesse. Aufgrund der Schwierigkeiten leseschwacher Kinder beim Identifizieren von Silbeneinheiten (Hautala et al., 2012) erwarten wir, dass die silbenbasierte Leseintervention die orthografischen Vergleichsprozesse dieser Zielgruppe im Vergleich zu leseschwachen Kindern ohne Intervention stärkt (Hypothese 1). Da sich nach Frith (1985) Lesen besser als Rechtschreiben zum Erkennen größerer Einheiten wie Silben eignet und damit dem Rechtschreiben zum Übergang ins orthographische Stadium vorangeht, nehmen wir positive Effekte der Leseintervention auf Rechtschreibleistung an, abhängig von Unterschieden in orthografischen Vergleichsprozessen (Hypothese 2).

In einer quasiexperimentellen Schulstudie wurde die Worterkennungsleistung von insgesamt 249 Zweitklässer(inne)n beim Prätest mit dem Lesetest ProDi-L (Richter et al., 2017) erhoben. Davon erreichten 142 Kinder einen Prozentrang unter 31, welche gepaart und randomisiert in eine Interventions- (n = 66) und Wartekontrollgruppe (n = 66) aufgeteilt wurden. Die Interventionsgruppe erhielt das Lesetraining nach dem Prätest in 20 Sitzungen. Beim anschließenden Posttest wurde neben ProDi-L ein Fehleridentifikationstest zur Erfassung von Rechtschreibfähigkeiten (Endlich et al., 2021) durchgeführt.

Um Hypothese 1 zu untersuchen, wurde ein Mehrebenenmodell geschätzt, welches den ProDi-L-Subtest Orthografischer Vergleich des Posttests als Kriterium und die Prädiktoren Trainingsbedingung und Prätestwert im orthografischen Vergleich sowie deren Interaktion einbezog. Es zeigte sich eine signifikante Interaktion zwischen Trainingsbedingung und Prätestwert. Entsprechend der bedingten Effekte zeigten Kinder mit effizienteren orthografischen Vergleichsprozessen zum Prätest nach der Leseintervention signifikant effizientere orthografische Vergleichsprozesse als untrainierte Kinder mit vergleichbaren Fähigkeiten beim Prätest. Zur Untersuchung von Hypothese 2 wurde ein Mehrebenenmodell geschätzt, mit Rechtschreibfähigkeiten als Kriterium und den Prädiktoren Trainingsbedingung und Prätestwert im orthografischen Vergleich sowie deren Interaktion. Es zeigte sich ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen Trainingsbedingung und orthografischem Vergleich. Die Analyse der Simple Slopes ergab einen signifikanten Steigungskoeffizienten in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Wartekontrollgruppe.

Die silbenbasierte Leseintervention kann dann orthografische Vergleichsprozesse verbessern, wenn Kinder bereits vor der Intervention über effizientere orthografische Vergleichsprozesse verfügen. Daher sollte sie für leseschwache Zweitklässer(innen) unter Berücksichtigung der Fähigkeiten in orthografischen Vergleichsprozessen durchgeführt werden. Darüber hinaus profitieren Kinder mit effizienteren orthografischen Vergleichsprozessen vor der Leseintervention mehr von dieser hinsichtlich Rechtschreibleistungen. Folglich könnte das silbenbasierte Training bei Kindern mit effizienteren Worterkennungsleistungen zur Stärkung der Repräsentation von Silben oder Wörtern im mentalen Lexikon geführt haben, die für Lese- und Rechtschreibleistungen notwendig sind.



 
Impressum · Kontaktadresse:
Datenschutzerklärung · Veranstaltung: PAEPS 2023
Conference Software: ConfTool Pro 2.8.101+TC
© 2001–2024 by Dr. H. Weinreich, Hamburg, Germany