Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
P 182/188/112: Kritische Perspektiven auf den Begriff der Abhängigkeit in der Medientheorie
Zeit:
Samstag, 30.09.2023:
12:00 - 13:30

Chair der Sitzung: Jens Schröter, Institut für Sprach-, Medien- und Musikwissenschaft
Ort: Raum 5

Raum 0.001

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Präsentationen

Günther Anders aus medienanthropologischer Perspektive

Lorenzo Gineprini

Bauhaus-Universität Weimar, Deutschland

Im Zentrum Günther Anders‘ „philosophische[r] Anthropologie im Zeitalter der Technokratie“ (Anders II, S. 9) steht die Überzeugung, dass der Mensch von seinen Verschränkungen mit Medientechniken abhängt. Anders vertritt nicht einfach die These, dass einzelne Individuen durch ihre Interaktionen mit technischen Geräten geprägt werden, sondern dass Existenzweisen und Daseinsvollzüge erst „im Verkehr zwischen Menschen und Ding (Anders II, S. 42)“ hervorgebracht werden.

Ein solches „relationales und vermittlungstheoretisches Denken des Anthropologischen“ (Engell; Voss, S. 81), das sich von jeglichem Begriff einer metaphysischen festen Essenz des Menschen verabschiedet, macht Anders zum Wegbereiter der Medienanthropologie. Dennoch deutet Anders diese Dependenz des Menschen von Medientechniken nur als eine Anpassung an die technische Apparatewelt, an die Bedürfnisse und vernetzten Eigendynamiken der Geräte. Dadurch wird „die Technik zum Subjekt der Geschichte“ (Anders II, S. 9) und das Menschsein, als leibliche und lebendige Daseinsform, obsolet. Die Herausforderung, der der Beitrag nachgeht und die sich mit dem Jahrestagungsthema verbindet, besteht daraus, diese Abhängigkeit nicht bloß im negativen Sinne als „Liquidierung“ des Menschen auszulegen, sondern als Irreduzibilität der Relation zwischen Menschen und Medien, als dynamische und reziprok verlaufende Affizierung, die neue Handlung-, Erfahrung- und Wahrnehmungsformen hervorruft.

Der Vortrag wird zusammen mit Mirko Beckers gehalten.

Essenzielle Bibliografie

G. Anders, Die Antiquiertheit des Menschen. Band I: Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution, München: C.H. Beck, 2018 (orig: 1956)

G. Anders, Die Antiquiertheit des Menschen. Band II: über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution, München: C.H. Beck, 2018 (orig: 1980)

L. Engell; C. Voss, Die Relevanz der Irrelevanz. Aufsätze zur Medienphilosophie 2010-2021, Paderborn: Brill, 2021



Medien und Abhängigkeit – Zur Diskursivierung des Abhängigkeitsbegriffs zwischen Medienwissenschaft und Medienpädagogik

Anneke Elsner

Universität Leipzig, Deutschland

Bei einer Medienabhängigkeit im Sinne einer problematischen bis suchtartigen Nutzung digitaler Medien stellen diese aus Sicht der Betroffenen die scheinbar einzige Möglichkeit zur Bewältigung von lebensweltlichen Herausforderungen dar (Elsner & Ganguin, 2022, S. 105), woraus ein Leidensdruck entstehen kann. Der eingereichte Beitrag adressiert in diesem Zusammenhang die Frage, wie jenes Phänomen von einer – im Rahmen mediatisierter Lebenswelten – unausweichlichen Abhängigkeit von Medien begrifflich abgegrenzt werden könnte. Jene Differenzierung wird in bestehenden Begriffskonzepten, wie bspw. der Medialisation (te Wildt, 2012) für eine medienpädagogische sowie medienwissenschaftliche Betrachtung unzureichend gewürdigt. Der vorliegende konzeptionell angelegte Beitrag reagiert auf die Notwendigkeit einer Begriffsdifferenzierung, indem er sich vor allem medienwissenschaftlicher und -pädagogischer Theorien bedient und dabei eine kritisch-optimistische Perspektive auf mediatisierte Lebenswelten einnimmt. Innerhalb des Beitrags werden zunächst die verschiedenen Dimensionen des Abhängigkeitsbegriffes erarbeitet und mögliche Überschneidungen sowie zentrale Unterschiede herausgestellt. Hiervon ausgehend soll die folgende forschungsleitende Frage beantwortet werden: Wie kann eine medienwissenschaftlich sowie medienpädagogisch anschlussfähige Diskursivierung des Abhängigkeitsbegriffs aussehen?

Elsner, A., Ganguin, S. (2022). Computerspiele als utopischer Zufluchtsort?. In: Hooffacker, G., Bigl, B. (eds) Science MashUp: XR – Gesellschaft – Utopien. Springer VS, Wiesbaden.

Te Wildt, B. (2012). Medialisation: von der Medienabhängigkeit des Menschen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen.

Anneke Elsner ist seit November 2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur für Medienkompetenz- und Aneignungsforschung an der Universität Leipzig. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Erforschung problematischer bis suchtartiger Mediennutzung sowie Fragen der Mediensozialisation.



Das Geld-Medium und seine Wissenschaften Ein Vorschlag zu einer kritischen Medientheorie des Geldes am Beispiel systemischer Diskurse und Gründe der Prekarisierung der Wissenschaften (entfällt)

Maxim Hermann

Bauhaus-Universität Weimar-Alumni, Deutschland

Die medienwissenschaftliche Geld-Theorie ist unter der Berücksichtigung zahlreicher Forschungsperspektiven, die von den Wissenschaften zunehmend ihre gesellschaftliche Pflicht einfordern, ein ertragreiches Forschungsterrain.
Nun wollen wir einen Überblick anbieten, welchergestalt sich ein kritisch-medienwissenschaftlicher Ansatz konstituieren ließe. Schließlich suchen wir mit solch einem Ansatz nach dem Vermögen, das Geld-Medium in seiner gesonderten medialen Rolle als Einflussübenden in genuin medienwissenschaftlichen Facetten zu erfassen.

Wir erachten dazu für notwendig, das Geld vor dem Hintergrund seiner Digitalität zu bestimmen. Unsere im Vortrag bemühte Perspektive erachten wir für außerordentlich produktiv, um das komplexe Beziehungsgeflecht des Geldes zum einen vor dem Hintergrund des metamedialen Kapitalismus zu entwerfen, sowie zum anderen eine medientheoretische Annäherung an die zahlreichen grassierenden Diskursvorschläge zum Digitalen kritisch einordnen zu können.

Überwiegend laufen Debattenbeiträge zum Digitalen Gefahr, die Episteme der Politischen Ökonomie zu reproduzieren. Der zeitgenössische Umgang mit diesem missverstandenen Trend-Thema "Digital" gefährdet das "gute Arbeiten der Wissenschaften" insoweit, als es die Prekarität, die aus der Ordnung der Politischen Ökonomie resultiert, zu verschleiern vermag.
Zusätzlich zu jenen "institutionellen, politischen und medialen Gegebenheiten (...), von denen Medienwissenschaft (...) selbst abhängt“, sind es die épistemologischen Gegebenheiten, die zugleich ihre gefährlichste Abhängigkeit bildet. Die tiefe Verwandtschaft der Medienwissenschaft mit den Epistemen des Ökonomischen Liberalismus, der Kybernetik und des Managements ist mitunter das, was die gegenwärtigen Politiken zur Austerität der Forschung inspiriert. Dass die Medienwissenschaft selber zu Werkzeugen greifen könnte, mithilfe derer sie ihre Abhängigkeit kritisch zu hinterfragen sich ermächtigt, wollen wir im Vortrag nachdrücklich konstatieren.