Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen. Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.

 
 
Sitzungsübersicht
Sitzung
8-18: Erwachsenenbildung
Zeit:
Mittwoch, 20.03.2024:
11:10 - 12:50

Ort: S22

Seminarraum, 50 TN

Zeige Hilfe zu 'Vergrößern oder verkleinern Sie den Text der Zusammenfassung' an
Präsentationen
Paper Session

Nachweise für berufliche Fähigkeiten oder doch nur ein Motivationssignal? Zur Wirkung non-formaler Weiterbildung in der Personalauswahl

Benjamin Schimke

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Viele Erwerbstätige in Deutschland nehmen regelmäßig an berufsbezogenen Kursen teil, um die eigenen beruflichen Fähigkeiten zu erweitern. Sie verknüpfen damit u.a. den Wunsch ihre berufliche Tätigkeit besser ausüben zu können und einige äußern die Hoffnung darüber ihre beruflichen Chancen zu verbessern (Bildungsberichterstattung 2022; Behringer und Schönfeld 2017). Ob non-formale Weiterbildungen diesen Nutzenerwartungen gerecht werden, ist eine weitestgehend offene Frage. Einerseits kommen bisherige Arbeiten zu gegenläufigen Befunden. Während Dieckhoff (2007) zeigt, dass non-formale Weiterbildung einen positiven Effekt auf den Übergang in eine Beschäftigung mit höheren Qualifikationsanforderungen hat, kommen Ebner und Ehlert (2018) zu dem Ergebnis, dass sie zur Stabilisierung von Beschäftigungsverhältnissen beiträgt und beruflicher (Aufwärts-)Mobilität entgegensteht. Andererseits basieren die bisherigen Arbeiten in diesem Feld auf Beobachtungsdaten, können Endogenität nur schwer ausschließen und ermöglichen daher auch keine kausalen Schlüsse.

Für ein umfassendes Bild, ob und wie berufsbezogene Weiterbildungsmaßnahmen bei der Arbeitsplatzzuweisung wirken, muss beleuchtet werden, wie die Arbeitsnachfrageseite zu Einstellungsentscheidungen kommt. Der theoretische Zugang basiert auf Überlegungen der Humankapitaltheorie (Becker 1993), der Signaltheorie (Spence 1973) und dem Arbeitsplatzwettbewerbsmodell (Thurow 1975). Zentrale Prädiktoren für den Erfolg in Bewerbungssituationen sind berufliche Fähigkeiten der Bewerbenden, die üblicherweise über formale (Bildungs-)Abschlüsse und/oder Arbeits-/ Berufserfahrung signalisiert werden (z.B. DiStasio und van de Werfhorst 2016; Humburg und van der Velden 2015). Ob darüber hinaus Signale non-formaler Weiterbildung zum Bewerbungserfolg beitragen, ist die erste zu klärende Frage dieses Beitrags. Die Bearbeitung dieser Fragestellung wird mit der Öffnung einer bisherigen Blackbox in der Forschung zu Weiterbildungserträgen verbunden. Das zugrundeliegende Experiment ermöglicht es, die offene Frage zu beantworten, ob Weiterbildungsteilnahmen lediglich ein Proxy für non-kognitive Fähigkeiten (wie bspw. Motivation) darstellen oder Produktivitätssignale im Sinne zusätzlich erworbener beruflicher Fähigkeiten sind. Die Beantwortung dieser zweiten Frage wird über die simultane Berücksichtigung eines weiteren Zertifizierungskanals unternommen, mit dem Bewerbende berufliche Fähigkeiten in Einstellungssituationen nachweisen können: Arbeitszeugnissen. Im Vergleich zu Weiterbildungsnachweisen werden motivationale Faktoren in Arbeitszeugnissen jedoch explizit benannt (Weuster 2012, 1994; Huesmann 2008). Die geplante Variation dieser beiden Dimensionen, ermöglicht es abzuschätzen inwiefern Weiterbildungsnachweise von der Arbeitsnachfrageseite nur als Motivationssignal wahrgenommen werden oder ob das Absolvieren von Kursen mit dem Erwerb von beruflichen Fähigkeiten assoziiert ist.

Die Studie basiert auf einem faktoriellen Survey (Auspurg und Hinz 2015), welches im Januar 2022 mit Personalrekrutierenden (N=717) durchgeführt wurde, die Bewerbende in einem von 15 Berufen rekrutieren. Zu Beginn des Experiments wurde jedem Probanden eine fiktive Stellenausschreibung aus jenem Beruf präsentiert, in dem sie selbst Einstellungsexpertise besitzen. Im Anschluss sollten sie nacheinander insgesamt acht tabellarische Lebensläufe auf einer 11-stufigen Skala hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer Vorstellungsgesprächseinladung bewerten. Die experimentell variierten Faktoren umfassten u.a. das Geschlecht, Abschlussnoten sowie ein Faktor mit Weiterbildungsnachweisen und einer mit zusammengefassten Hinweisen aus dem Arbeitszeugnis der letzten Tätigkeit. Das Design umfasst insgesamt 10 Faktoren, ist strukturell identisch für alle 15 Berufe und basiert auf 192 Lebensläufen, die experimentell aus dem Vignettenuniversum (2634) (d-Effizienz: 92,8%) ausgewählt und anschließend experimentell 24 Vignettensets zugewiesen wurden, um die Konfundierung aller Haupteffekte und aller 2-fach Interaktionen zu verhindern. Die Analyse der bewerteten Vignetten (N*V=5.443) erfolgt mittels hierarchisch-linearer Mehrebenenregression mit ‚random intercepts‘.

Die Analysen zeigen, dass der Nachweis von Kursen in schriftlichen Lebensläufen (im Vergleich zu keiner Weiterbildung) mit einer signifikant erhöhten Einladungswahrscheinlichkeit von 3,3 Prozentpunkten (%P) verbunden ist. Während Kurse, die berufsspezifische Fähigkeiten vermitteln, bei fehlendem Kompetenzhinweis im Arbeitszeugnis die Einladungswahrscheinlichkeit um rund 4,6%P erhöhen, verringert sich der Einfluss auf 2,0%P (beide p<0,05), wenn identische Fähigkeiten gleichzeitig über ein Arbeitszeugnis nachgewiesen werden. Die Reduktion ist ebenfalls statistisch bedeutsam und legt nahe, dass Fähigkeitsnachweise aus Weiterbildungen nicht vollständig durch analoge Arbeitszeugnishinweise substituierbar sind. Die Ergebnisse sind bemerkenswert, da rund 57% des Weiterbildungseffekts auf die Fähigkeiten zurückzuführen sind und die restlichen etwa 43% auf das Motivationssignal, welches von der Kursteilnahme ausgeht.



Paper Session

Weiterbildungsdatenbanken als vermittelnde Instanz zwischen Lernenden und Weiterbildungsanbietern zur Förderung von Partizipation: eine Vignettenstudie zu Datenbankmerkmalen aus der Perspektive von Weiterbildungsanbietern

Elisabeth Reichart, Kanis Stefan, Kaufmann-Kuchta Katrin

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen, Deutschland

Die Partizipation Erwachsener an Weiterbildung ist ein wichtiger Schlüssel zur nachhaltigen Teilhabe an einer Gesellschaft im Strukturwandel (OECD 2021). Weiterbildung ist der größte und heterogenste aller Bildungsbereiche (Schrader 2019), wobei es kaum festgelegte Bildungswege gibt. Individuelle Weiterbildungsinteressierte müssen sich selbst orientieren; jedoch sind Informationen teilweise schlecht auffindbar (BMBF 2022).

Theoretische Bezüge & Fragestellung

Eine grundlegende Heuristik zur theoretischen Modellierung von Weiterbildungsteilnahme bietet das Supply-Demand-Modell (Boeren et al. 2010): Voraussetzung für die Partizipation ist die Passung von individuellem Weiterbildungsbedarf und Weiterbildungsangebot, offeriert durch Weiterbildungsanbieter als relevante Akteure. Ein verbreitetes Vermittlungsinstrument zwischen Suchenden und Anbietern sind datenbankbasierte Online-Suchportale, in die Anbieter Angebote einstellen. Auch hier herrscht große Vielfalt: Datenbanken unterscheiden sich nach regionaler Reichweite, Spezialisierung auf bestimmte Bereiche und ob sie ihre Dienste kostenlos oder kostenpflichtig anbieten (Reichart 2021).

Vor diesem Hintergrund ist die Frage offen, nach welchen Kriterien Weiterbildungsanbieter entscheiden, ob und welche Datenbank(en) sie nutzen. Hier besteht eine Forschungslücke, der sich dieser Beitrag explorativ mit Hilfe eines faktoriellen Survey-Experiments (Auspurg & Hinz 2015) nähert. Das Experiment untersucht, welche Rolle verschiedene Datenbankmerkmale im Verhältnis zueinander spielen und ob es systematische Unterschiede zwischen Anbieter(type)n gibt, wenn Anbieter Datenbanken als potenzielles Marketinginstrument bewerten.

Aufgrund der dünnen empirischen Befundlage basiert die Merkmalsauswahl auf Charakteristika vorhandener Datenbanken und auf Überlegungen mithilfe folgender Theorien. Wir gehen vom Supply-Demand-Modell aus, das wir für die Anbieterseite weiter ausdifferenzieren. Zur Berücksichtigung von verschiedenen Anbietertypen nutzen wir die Reproduktionskontexte nach Schrader (2010). Demnach unterscheiden sich Weiterbildungsanbieter danach, wie sie ihre Ressourcen beschaffen und sich legitimieren. Insgesamt ist der Weiterbildungsbereich als Markt bzw. Quasi-Markt (Höhne 2015) organisiert. Die Einstellung des eigenen Angebots in Datenbanken kann als Teil des Marketingmixes von Anbietern begriffen werden, um sich auf dem komplexen Markt zu präsentieren (Sarges & Häberlin 1980; Müller & Rehder 2018). Aus institutionenökonomischer Perspektive zielen Anbieter als Marktakteure auf eine ausgewogene Kosten-Nutzen-Bilanz bei der Entscheidung über Transaktionen (Ebers & Gotsch 2019); als einen wichtigen Nutzenaspekt aus Anbietersicht nehmen wir an, dass diese das Interesse verfolgen, dass ihre Angebote von Weiterbildungsinteressierten gut gefunden werden.

Daten und Methoden

Das faktorielle Survey-Experiment (Auspurg & Hinz 2015) wurde 2022 im Rahmen der repräsentativen Anbieterbefragung wbmonitor (Koscheck et al. 2022) durchgeführt. Im Szenario des Experiments wurden die Befragten (leitende Mitarbeitende von Weiterbildungseinrichtungen) gebeten, auf einer 7-stufigen Likert-Skala die Nutzungswahrscheinlichkeit von vier hypothetischen Datenbanken mit jeweils sechs Merkmalsausprägungen für die Einstellung ihres eigenen Angebots einzuschätzen.

Es wurden drei Merkmalsbereiche mit jeweils zwei Merkmalen getestet, wobei außer den Kosten (3-stufig) alle Merkmale mit ja/nein kodiert waren. Der Aufwand aus Anbietersicht wurde über die Kosten und ein (nicht) vorhandenes Serviceangebot für Anbieter abgebildet. Die Unterstützung für Suchende wurde über die Auffindbarkeit mit bekannten Suchmaschinen und KI-gestützte Suchfunktionen operationalisiert. Die Passung zu den Anbieterzielen wurde über Variablen zur regionalen Ausrichtung der Datenbank und ihre Spezialisierung auf einen relevanten Angebotsbereich erfasst. Das Vignettenuniversum umfasste 96 Kombinationsmöglichkeiten der Merkmale in 24 Vignettendecks.

Die Analysestichprobe beinhaltet 1.768 Weiterbildungsanbieter mit 6.931 beantworteten Vignetten; Orthogonalität der Merkmale ist gegeben. Die Analysen wurden mittels Random-Intercept-Modellen mit Maximum-Likelihood-Schätzung und Cluster-robusten Standardfehlern durchgeführt (Rabe-Hesketh & Skrondal 2022). Zusätzlich wurden separate Modelle für die Reproduktionskontexte berechnet und nach Nutzungserfahrung mit Datenbanken differenziert.

Ergebnisse

Vorläufige Ergebnisse zeigen insgesamt hochsignifikante Effekte aller Datenbankmerkmale mit Ausnahme der regionalen Reichweite auf die Bewertung der Nutzungswahrscheinlichkeit. Nach Reproduktionskontexten getrennte Modelle erzeugen spezifische Effektmuster.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass vor dem Hintergrund einer allgemeinen Kosten-Nutzen-Abwägung für alle Weiterbildungsanbieter höhere Kosten und höherer Aufwand die Nutzungswahrscheinlichkeit senken; die gezielte Unterstützung der Suchenden und eine gute Passung mit den Anbieterzielen erhöhen hingegen tendenziell die Nutzungswahrscheinlichkeit der präsentierten Datenbanken. Vor dem Hintergrund der theoretischen Bezüge werden die Ergebnisse differenziert und diskutiert.



Paper Session

Sozial(räumlich)e Ungleichheiten in der Beschäftigung mit nachhaltigkeitsbezogenen Themen im Erwachsenenalter

Jana Costa1, Claudia Kühn2

1Leibniz Institut für Bildungsverläufe, Deutschland; 2Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Theoretischer Hintergrund

Vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen und Krisenphänomene gewinnt die Auseinandersetzung mit Bildungsfragen im Kontext von Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung. Für eine transformative Wende in Richtung Nachhaltigkeit, so wird argumentiert, ist es notwendig auch Erwachsene als wichtige Akteure einzubeziehen (z.B. Apel 2016; Adoßment 2015).

Empirische Studien deuten dabei an, dass nachhaltigkeitsbezogene Verhaltensweisen (wie z.B. Konsumentscheidungen) eng mit soziodemografischen Merkmalen sowie mileuspezifischer Grundhaltungen in Zusammenhang stehen (z.B. Masson & Leßmann 2016) und von räumlichen bzw. infrastrukturellen Rahmenbedingungen geprägt sind (z.B. Dangschaf & Segert 2011). Während Fragen sozialer Ungleichheiten im Kontext von Nachhaltigkeit bislang vorwiegend in der Konsumforschung und der Umweltsoziologie (vgl. z.B. Sonnberger, Bleicher & Groß 2023) diskutiert werden, mangelt es in der Bildungsforschung derzeit an empirischen Beiträgen, die sich mit Lernen nachhaltigkeitsbezogener Themen im Erwachsenenalter aus einer Ungleichheitsperspektive beschäftigen. Die Frage, mit welchen nachhaltigkeitsbezogenen Themen sich erwachsene Lernende selbstgesteuert und informell auseinandersetzen und welche Rolle dabei soziodemografische Merkmale und verschiedene Kontextes des informellen Lernens spielen, stellt bislang ein Forschungsdesiderat dar (vgl. z.B. Diekmann & Loewenfeld 2020).

Fragestellungen

Dieses Desiderat aufgreifend wird in dem Beitrag (1) danach gefragt, mit welchen nachhaltigkeitsbezogenen Themen sich Erwachsene in verschiedenen informellen Kontexten auseinandersetzen. Darauf aufbauend wird (2) empirisch untersucht, welche individuellen Merkmale (u.a. soziodemografische, sozioökonomische und einstellungsbezogene Variablen) mit der Auseinandersetzung nachhaltigkeitsbezogener Lerninhalte in Zusammenhang stehen und (3) welche Bedeutung dabei räumlichen Strukturen (wie z.B. Größe des Wohnortes) als Bedingungsfaktoren zukommt.

Methodisches Design

Den Ausgangspunkt bildet ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, in welchem die Untersuchung des informelle Lernens Erwachsener im Kontext von Nachhaltigkeit unter Rückbezug auf vorliegende Datensätze des Nationalen Bildungspanels (NEPS) im Mittelpunkt steht. Die Daten der Erwachsenenkohorte des NEPS werden dabei reanalysiert, indem die erfassten offenen Angaben zu Lernthemen in verschiedenen informellen Kontexten in einem ersten Schritt inhaltsanalytisch ausgewertet werden. Auf Basis der offenen Angaben zu Lernthemen der Erwachsenen im Jahr 2020/21 (n=6.674; ca. 3.000 offene Angaben) in verschiedenen informellen Kontexten (Fachmessen und -kongresse, Fachvorträge & Internet) wurde mithilfe einer induktiv-deduktiven Inhaltsanalyse (Mayring 2015) ein Kategoriensystem entwickelt, das Aufschluss über explizite nachhaltigkeitsbezogene Lernthemen gibt. Dieses Kategoriensystem wird in einem zweiten Schritt wieder an den Datensatz rückgespielt. Dies ermöglicht es, die Beschäftigung mit nachhaltigkeitsbezogenen Lernthemen an die erfassten individuellen Merkmale und Kontextbedingungen rückzubinden. Hierfür werden ökologische soziale sowie ökonomische Themenfelder differenziert in den Blick genommen und zur Aufdeckung systematischer Zusammenhänge Cluster- sowie logistische Regressionsanalysen angewendet.

Ergebnisse

Die ersten Befunde der induktiv-deduktiven inhaltsanalytischen Auswertung zeigen, dass Nachhaltigkeit beim informelles Lernen im Erwachsenenalter eine Rolle spielt: Die Befragten setzen vielseitig sich mit ökologischen, sozialen und wirtschaftliche Themen in den erfragten Kontexten auseinander. In der inhaltsanalytischen Ausdifferenzierung zeigt sich, dass die ökologische Dimension am stärksten ausdifferenziert ist und vielfältige Bezüge zu den Themen „Umwelt und Natur“, „Energie“, „Mobilität“ und „Ernährung“ und „ökologischer (An-) Bau“ hergestellt werden. Für die soziale Dimension wurden „Gerechtigkeit und Gleichheit“, „Teilhabe und Partizipation“ sowie „Migration“ als Themenschwerpunkte identifiziert, wobei kaum explizite Bezüge sichtbar werden, womit diese eher ein unbestimmtes Querschnittsthema bleibt. Auffällig ist weiterhin, dass wirtschaftliche Aspekte kaum ausdifferenziert werden, d.h. es werden lediglich Themen im Kontext einer nachhaltigen Produktion und Arbeitswelt genannt, die sich aber vor allem auf das Lernen in Fachvorträgen oder auf Messen beziehen. Aktuell wird das entwickelte Kategoriensystem in den NEPS-Datensatz eingebunden, um die Zusammenhänge mit individuellen und kontextbezogenen Merkmalen zu überprüfen. Die damit verbundenen Erkenntnisse werden im Beitrag vorgestellt und diskutiert.

Diskussion

In dem Beitrag wird das Potential bereits vorliegender Daten aufgegriffen, indem verschiedene Forschungsparadigmen sowie deren Stärken und Potenziale zusammengebracht werden. Dies eröffnet sowohl inhaltliche als auch methodische Diskussionsperspektiven, die im Beitrag abschließend aufgegriffen und weiterführend diskutiert werden.



Paper Session

Förderung der digitalen Teilhabe von Senior:innen im Rahmen partizipativer Wissenschaftskommunikation

Mandy Hommel

OTH Amberg-Weiden, Deutschland

Theoretischer Hintergrund

Bildungsprozesse von Senior:innen im Kontext digitalisierungsbezogener Inhalte dienen einerseits der gesellschaftlichen Teilhabe an der fortschreitenden Digitalisierung. Anderseits kann eine Mitwirkung der Senior:innen an der wissenschaftlich fundierten Konzeption von Bildungsangeboten auch als Form partizipativer Wissenschaftskommunikation verstanden werden, mithilfe derer die Akzeptanz wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse in der Bevölkerung positiv beeinflusst werden kann (Fähnrich & Schäfer, 2019).

Gerade in der Bevölkerungsgruppe der Senior:innen zeigt sich die Ambivalenz zwischen den Potentialen positiver Effekte im Zusammenhang mit der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) einerseits und ihrer Ablehnung andererseits (Niehaves & Plattfaut, 2014; Guner & Acarturk, 2020). Als Faktoren der Technologieakzeptanz sind dabei die wahrgenommene Nützlichkeit, die wahrgenommene Einfachheit der Nutzung, die Einstellung zur Nutzung und die Nutzungsintention zu berücksichtigen (Venkatesh & Davis, 2000). Mit der voranschreitenden Digitalisierung wächst die Gefahr, dass die „Generation 65+“ nicht Schritt halten kann und eine geringe Technologieakzeptanz zeigt. Allerdings ist es gerade diese Bevölkerungsgruppe - insbesondere abseits der Metropolregionen - die durch das Nutzen digitaler Angebote (u. a. Gesundheitsinformationen/-leistungen, Lieferdienste und den Möglichkeiten, mit anderen Menschen digital in Kontakt zu bleiben) von positiven Effekten besonders profitieren und so länger unabhängig bleiben könnte (Niehaves & Plattfaut, 2014). Fühlen sich Ältere allerdings im Umgang mit digitalen Medien nicht unterstützt, besteht die Gefahr, dass sie deren Nutzung ablehnen (Guner & Acarturk, 2020).

Fragestellung

Gemeinsam mit (ehrenamtlich engagierten) Senior:innen wurden die Technologieakzeptanz, die Nutzung von IKT sowie die Ausstattung mit IKT von Senior:innen in einer ländlichen Region (Gemeinde) untersucht.

Folgende Forschungsfragen waren dabei handlungsleitend:

(1) Über welche IKT-Ausstattung verfügen Senior:innen?

(2) Wie nutzen Senior:innen IKT?

(3) Welche Akzeptanz von IKT zeigen Senior:innen?

(4) Welche Unterstützungsangebote wünschen sich Senior:innen?

Die Erkenntnisse zu den Forschungsfragen dienen als Ausgangspunkt für die Konzeption von Bildungsangeboten für Senior:innen der Region.

Methode

Für die schriftliche Befragung wurde das Technologieakzeptanzmodell (TAM: Venkatesh & Davis, 2000) mit den Faktoren wahrgenommene Nützlichkeit, wahrgenommene Einfachheit der Nutzung, Einstellung zur Nutzung und Nutzungsintention, die auf die tatsächliche Nutzung wirken, adaptiert und um externe Faktoren wie bisherige Erfahrungen mit IKT, subjektive Normen, Freude, Computerängstlichkeit und Selbstwirksamkeit (Jiang et al., 2021) sowie die vorhandene Infrastruktur (im Sinne der Ausstattung mit IKT) ergänzt. Die Fragebögen wurden den Senior:innen durch die Gemeinde postalisch zur Verfügung gestellt. An der schriftlichen Befragung (Zeitraum vom 20.12.2021 bis zum 10.01.2022) nahmen 250 SeniorInnen (137 m, 112 w, 1 o. A.) teil.

Ergebnisse

Hinsichtlich der vorhandenen Ausstattung mit IKT (1) wird u. a. deutlich, dass 214 der Befragten (89,2 %) über einen Internetanschluss und 211 (87,2 %) über ein Smartphone verfügen. Hinsichtlich der Nutzung (2) sind signifikante Unterschiede, z. B. hinsichtlich der täglichen Nutzungszeit des Internets, zwischen den Altersgruppen zu verzeichnen. Für die Akzeptanz von IKT (3) ergibt eine Explorative Faktorenanalyse (KMO = .812; Bartlett p =< .001) eine 3-Faktorenlösung, die 65,7% der Varianz erklärt: wahrgenommene Nützlichkeit (Eigenwert 5,2, Varianzaufklärung 34,6%), Offenheit gegenüber IKT (Eigenwert 3,3, Varianzaufklärung 22,1%) und Computerängstlichkeit (Eigenwert 1,4, Varianzaufklärung 9,0%). Die Computerängstlichkeit nimmt dabei mit steigendem Alter zu. Vergleichbar zu Guner und Acaturk (2020) sowie Dogruel, Joeckel und Bowman (2015) zeigt sich die individuell wahrgenommene Nützlichkeit als zentral. Für die Konzeption der Unterstützungsangebote stellen daher insbesondere die Nützlichkeit von IKT und die individuellen Bedürfnisse (4) der SeniorInnen Ausgangspunkte dar.

Ausblick

In einem nächsten Schritt soll das Vorgehen auf weitere ländliche Regionen übertragen und um eine Längsschnittstudie zur Akzeptanz von Wissenschaft ergänzt werden. Dabei ist u. a. die Annahme zu prüfen, dass die Einbindung der Senior:innen in einen forschungssystematischen Prozess einerseits die Bereitschaft, die konzipierten Unterstützungsangebote wahrzunehmen, und andererseits die Akzeptanz und das Verständnis wissenschaftlichen Vorgehens positiv beeinflussen.



 
Impressum · Kontaktadresse:
Datenschutzerklärung · Veranstaltung: GEBF 2024
Conference Software: ConfTool Pro 2.8.101
© 2001–2024 by Dr. H. Weinreich, Hamburg, Germany