Conference Agenda

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Session Overview
Session
1-20: Hochbegabung
Time:
Monday, 18/Mar/2024:
10:30am - 12:10pm

Location: S24

Seminarraum, 50 TN

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Presentations
Paper Session

Intellektuelle Hochbegabung: Mehr als nur akademische Exzellenz? Eine Propensity Score Matching Untersuchung von schulbezogenen psychologischen Variablen

Steffani Saß1, Olaf Köller2, Friederike Zimmermann1

1IPL, Deutschland; 2IPN, Deutschland

Intellektuelle Hochbegabung zeichnet sich durch herausragende kognitive Fähigkeiten aus, einschließlich schneller und effizienter Informationsverarbeitung und ausgezeichneter Problemlösefähigkeit (Cattell, 1987). Diese Fähigkeiten sind wichtig für das Lernen in der Schule, folglich ist Intelligenz entscheidend für die schulische Leistung (Rhode & Thompson, 2007; Roth et al., 2015). In der Tat zeigen intellektuell hochbegabte Schüler:innen sowohl höhere Leistungen als auch ein höheres schulbezogenes Selbstkonzept (Bergold et al., 2020). Ob sich hochbegabte Schüler:innen in der Schule auch in weiteren psychologischen Merkmalen unterscheiden ist Bestandteil umfangreicher Forschung und folgt zwei widersprüchliche Hypothesen. Nach der Disharmoniehypothese sind intellektuell hochbegabte Schüler:innen besonders anfällig für Schwierigkeiten bezüglich ihrer sozio-emotionalen Kompetenzen (z. B., Neihart, 1999). Die Harmoniehypothese hingegen besagt, dass Hochbegabung vor Fehlanpassung schützt, indem sie ein optimales Gleichgewicht zwischen intellektuellen Fähigkeiten und sozio-emotionalen Funktionen fördert (z. B. Persson, 1998). Obwohl Forschungsergebnisse größtenteils für die Harmoniehypothese sprechen, liefern umfassende Review und Meta-Analysen immer noch keine schlüssigen Ergebnisse hinsichtlich der Unterschiede im sozio-emotionalen Verhalten zwischen intellektuell hochbegabten und durchschnittlich begabten Schüler:innen (Francis et al., 2016; Martin et al., 2010; Tasca et al., 2022). Darüber hinaus weisen die Studien häufig methodische Probleme auf (d. h. kleine oder selektive Stichproben, verzerrte Vergleichsgruppen, Konfundierung durch Kovariaten). Die genannten methodischen Probleme sowie die Relevanz des Themas im schulischen Kontext unterstreichen die Notwendigkeit weiterer, gut konzipierter Studien. Unsere Forschung zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen und Klarheit über ein breites Spektrum schulbezogener psychologischer Variablen zu erhalten. Konkret untersuchen wir, ob sich intellektuell hochbegabte Schüler:innen von durchschnittlich begabten Schüler:innenn hinsichtlich folgender Merkmale unterscheiden: akademische Kompetenzen (d. h. Leistung, Motivation), emotional-verhaltensbezogene Kompetenzen (d. h. internalisierendes und externalisierendes Verhalten, Selbstwertgefühl) und soziale Kompetenzen (d. h. prosoziales und antisoziales Verhalten, Zugehörigkeitsgefühl).
Wir haben die Daten des 1. Messezeitpunktes einer umfangreichen Längsschnittstudie genutzt (N = 3 918), in der Schüler:innen der 5., 7. und 9. Klasse (Querschnitt) in einem Fragebogen eine Vielzahl von Skalen beantworteten. Weiterhin wurden die schulischen Leistungen sowie die Intelligenz der Kinder mit standardisierten Verfahren erhoben. Zusätzlich schätzten Eltern und Lehrkräfte emotionale-verhaltensbezogene Auffälligkeiten der Kinder ein. Aus diesem Datensatz wurden n = 100 begabte Schüler:innen ausgewählt, die in einem Intelligenztest einen Wert von IQ>129 erzielten. Die ausgewählten Schüler:innen wurden mittels Propensity Score Matching (PSM) mit n = 100 durchschnittlich begabten Schüler:innen hinsichtlich Alter, Sozio-ökonomischer Hintergrund, Migrationshintergrund, Bildungsgang und Geschlecht gematcht. Die Ergebnisse der multiplen Regression (kontrolliert für die im PSM genutzten Kovariaten sowie nach Benjamini-Hochberg adjustierten p-Werten) zeigen, dass intellektuell hochbegabte Schüler:innen erwartungsgemäß höhere akademische Leistungen in Mathematik und Deutsch (standardisierte Testergebnisse und Noten) sowie ein höheres Selbstkonzept in Mathematik im Vergleich zu durchschnittlich begabten Schüler:innen erzielten. Weiterhin gaben Lehrkräfte an, dass intellektuell hochbegabte Schüler:innen weniger externalisierendes Verhalten zeigten als durchschnittlich begabte Schüler:innen. Alle anderen Vergleiche in Bezug auf die sozialen und emotionalen Kompetenzen, wie es von Eltern (externalisierendes Verhalten), Lehrern (internalisierendes Verhalten, prosoziales Verhalten) oder Mitschüler:innen (anti- und prosoziales Verhalten) sowie den Schüler:innen selbst (Selbstwert, Interesse, Schulzugehörigkeitsgefühl) bewertet wurde, ergaben keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Zusammenfassend legen unsere Ergebnisse nahe, dass intellektuelle Hochbegabung mit überdurchschnittlichen akademischen Leistungen und einem positiveren Selbstkonzept (zumindest in Mathe) zusammenhängt, ohne dass deutliche soziale oder emotionale Defizite erkennbar sind. Diese Befunde unterstützen die Harmoniehypothese und betonen die Bedeutung einer differenzierten Betrachtung von Hochbegabung im schulischen Kontext. Für Pädagogen und Bildungseinrichtungen unterstreicht dies die Notwendigkeit, hochbegabte Schüler:innen angemessen zu fördern und dabei ein ganzheitliches Verständnis ihrer Entwicklung zu haben.



Paper Session

Stabilität von Schulleistung: Eine Metaanalyse

Vsevolod Scherrer, Moritz Breit, Franzis Preckel

Universität Trier, Deutschland

Schulische Leistungen beeinflussen den Lebensweg einer Person maßgeblich, etwa in Bezug auf Studium und Berufswahl (Hübner et al., 2022; Rimfeld et al., 2018). Sie werden meistens mittels standardisierter Tests oder durch Schulnoten gemessen, wobei sich beide Methoden in Objektivität und Reliabilität unterscheiden (Willingham et al., 2002). Groß angelegte Studien wie PIRLS, PISA und TIMSS werden weltweit durchgeführt, um den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern zu messen und Empfehlungen für Bildungssysteme aus den Daten abzuleiten (Mullis et al., 2009; Schleicher, 2019). Ein wichtiger Aspekt, der hierbei beachtet werden muss, ist die Stabilität der Schulleistungen, welche durch Test-Retest-Korrelationen erfasst werden kann. Eine hohe Stabilität wird oft vorausgesetzt, wenn Entscheidungen basierend auf Schulleistungsmessungen getroffen werden, etwa bei Fördermaßnahmen oder Platzierungen in unterschiedlichen Schulformen. Eine niedrige Stabilität würde die Validität solcher langfristig wirksamen Entscheidungen einschränken. Bei extrem hoher Stabilität bereits in frühen Schuljahren bestünde hingegen das Risiko, dass leistungsschwache Schülerinnen und Schüler trotz Fördermaßnahmen auf ihrem niedrigen Leistungsniveau verharren.

Die Stabilität schulischer Leistungen wird in vielen Längsschnittstudien berichtet, Jedoch gab es bisher keine Metanalyse über diese Befunde, die belastbare Aussagen zur Stabilität von Schulleistungen und möglichen Moderatoren erlaubt.

Fragestellungen

1. Wie hoch ist – bei Kontrolle des Test-Retest-Intervalls und der Klassenstufe – die durchschnittliche Rangordnungsstabilität von Schulleistungen erfasst mittels standardisierter Schulleistungstests und Schulnoten?

2. Moderiert die Art des Indikators (standardisierte Tests vs. Schulnoten) die Rangordnungsstabilität von Schulleistungen?

3. Wie hängen Rangordnungsstabilität und Test-Retest-Intervall zusammen? Erwartet wird eine abnehmende Rangordnungsstabilität mit zunehmendem Test-Retest-Intervall.

4. Wie hängen Rangordnungsstabilität und Klassenstufe zusammen? Erwartet wird eine höhere Rangordnungsstabilität mit zunehmender Klassenstufe.

5. Unterscheidet sich die Stabilität von Schulleistungen in unterschiedlichen Ländern?

Methode

Durch systematische Suchstrategien wurden 8045 Artikel identifiziert und auf Eignung geprüft. Von diesen wurden 363 Artikel mit insgesamt 2021 Effektgrößen für weitere Analysen kodiert.

Effektgrößen. Die Autokorrelation r der schulischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler über die Zeit wurde als Effektgröße für die Rangordnungsstabilität verwendet. Wenn eine Studie mehr als zwei Messzeitpunkte berichtete, wurden alle möglichen Kombinationen von r kodiert.

Moderatoren. Für jede Effektgröße wurde das Test-Retest-Intervall zwischen den beiden Messzeitpunkten als kontinuierliche Variable in Jahren kodiert. Die Klassenstufe der Schülerinnen und Schüler beim ersten Messzeitpunkt wurde als kontinuierliche Variable in Jahren kodiert. Effektgrößen wurden nach Schulnoten und standardisierten Schulleistungstests gruppiert und als Dummyvariablen kodiert. Über dichotome Dummyvariablen wurden die Länder, in denen die Datenerhebungen stattfanden, kodiert.

Analysen. Die Fragestellungen und Hypothesen wurden durch Random-Effect-Metaregressionen mit dem Gesamtdatensatz und separaten Datensätzen für Schulleistungstests und Schulnoten getestet. Bei kategorialen Moderatoren wurde jede Kategorie, abgesehen von der Referenzkategorie, als dichotomer Dummy-Prädiktor einbezogen und gegen die Referenzkategorie geprüft. Um für die genestete Struktur der Daten (mehrere Effektstärken pro Studie) zu kontrollieren, wurde die Robust Variance Estimation Methode verwendet (Tipton, 2015).

Ergebnisse

Nach Kontrolle des Test-Retest-Intervalls und der Klassenstufe konnte eine durchschnittliche Rangordnungsstabilität von r=.70, r=.72 und r=.67 für den Gesamtdatensatz, standardisierte Schulleistungstests und Schulnoten errechnet werden. Die Werte beziehen sich auf ein angenommenes Test-Retest-Intervall von zwei Jahren und die Klassensufe 5. Die Stabilität in standardisierten Schulleistungstests war signifikant höher als in den Schulnoten (β=.07, p<.001). Moderatoranalysen zeigten, dass die Stabilität mit zunehmendem Test-Retest-Intervall sinkt (Gesamtdatensatz: β=-.06, p<.001; standardisierte Schulleistungstests: β=-.04, p<.001; Schulnoten: β=-.12, p<.001). Die Klassenstufe war hingegen kein signifikanter Moderator der Stabilität (p>.05). Weiterhin waren standardisierte Schulleitungstests in Australien (β=-.27, p=.007), Kanada (β=-.33, p=.004), China (β=-.21, p=.003), Finnland (β=-.22, p=.005), Deutschland (β=-.15, p=.023) und Qatar (β=-.23, p=.003) weniger stabil als in der Referenzkategorie USA. Dagegen waren die Schulnoten in China stabiler als in den USA (β=.25, p=.034). Die Ergebnisse weisen insgesamt auf eine hohe Stabilität von Schulleistungen hin, sie werden im Hinblick auf den Bildungsauftrag von Schule diskutiert.



Paper Session

Der Einfluss von impliziten Theorien über Intelligenz und Sozialkompetenz auf die Stereotypisierung von Hochbegabten

Vanessa Clauss, Steffani Saß, Friederike Zimmermann

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland

Theoretischer Hintergrund

Hochbegabte unterliegen verschiedenen Vermutungen bezüglich ihrer sozio-emotionalen Kompetenz (z.B. Baudson & Preckel, 2013). Es wird zwischen zwei Hauptannahmen unterschieden: die Harmoniehypothese besagt, dass intellektuelle Hochbegabung mit größeren sozio-emotionalen Kompetenzen einhergeht, während die Disharmoniehypothese Hochbegabten Defizite in ihrer Sozialkompetenz und höhere Auftretenswahrscheinlichkeit für psychische Auffälligkeiten unterstellt (Preckel & Vock, 2012). Obwohl Forschungsergebnisse eher für die Harmoniehypothese sprechen (Rost, 1993; Shechtman & Silektor, 2012; Galucci, 1988), neigen Lehramtsstudierende und Lehrkräfte dazu, die Disharmoniehypothese anzunehmen (z.B. Matheis et al., 2017; Baudson & Preckel, 2016). Diese Stereotype können einen adäquaten Umgang mit hochbegabten Kindern und Jugendlichen in der Schule verhindern und deren Entwicklung beeinträchtigen. Somit sind sowohl Interventionen als auch mehr Verständnis für die Wirkmechanismen hinter diesen Stereotypen wichtig, um diesen entgegenzuwirken. Die vorliegende Studie untersucht die Verringerung der Stereotypisierung über einen Refutationstext. Da implizite Theorien einen Einfluss darauf zu haben scheinen, wie Stereotype geformt und aufrechterhalten werden (Dweck, 1999), könnten sie wichtige Faktoren bezüglich der Wirksamkeit des Refutationstextes darstellen.

Fragestellung

Beeinflussen implizite Theorien über die Veränderbarkeit von Intelligenz und Sozialkompetenz a) die Stereotypisierung gegenüber hochbegabten Kindern und Jugendlichen im Sinne der (Dis-)harmonie-Hypothese und b) die Wirksamkeit eines Refutationstextes in der Verringerung des Disharmonie-Stereotyps gegenüber Hochbegabten?

Methode

An dieser Studie nahmen 183 Lehramtsstudierende teil (76% weiblich; MAlter = 22.47 Jahre (SD = 3.3); MFs = 4 Fachsemester; 81% Gymnasiallehramt), die randomisiert einer Interventions- oder Kontrollgruppe zugewiesen wurden. Zehn Monate später konnten 95 Proband:innen erneut zu ihren Stereotypen befragt werden.

Instrumente

Stereotype

Um Stereotype gegenüber hochbegabten Schüler:innen zu erfassen, wurden zwei Operationalisierungen genutzt: a) eine adaptierte Skala zur Erfassung der Wahrnehmung von hochbegabten im Vergleich zu normalbegabten Kindern und Jugendlichen hinsichtlich sozialer Inkompetenz (Heyder et al., 2018), b) das Ausmaß der Stereotypisierung im Sinne der Harmonie-Hypothese mithilfe der an Hochbegabte angepassten Skala Sozialverhalten der Lehrereinschätzliste für Sozial- und Lernverhalten (Petermann & Petermann, 2013). Im Folgenden werden die Skalen mit WSI (wahrgenommene soziale Inkompetenz) und WSEK (wahrgenommene soziale und emotionale Kompetenz) abgekürzt.

Refutationstext

Der für diese Studie konzipierte Refutationstext folgte der von Tippett (2010) zusammengefassten Struktur. Er bestand aus sechs Sätzen. Nach der Annahme der Disharmonie-Hypothese, dass hochbegabte SchülerInnen in ihrer sozio-emotionalen Entwicklung zurückbleiben, folgte die Entkräftung, dass diese Hypothese nach aktuellem Forschungsstand nicht bestätigt werden kann. Diese wurde mit verschiedenen Studienergebnissen belegt.

Implizite Theorien über die Veränderbarkeit von Intelligenz und Sozialkompetenz

Für die Erfassung der Impliziten Theorien über die Veränderbarkeit von Intelligenz und Sozialkompetenz wurde die Subskala Veränderbarkeit von Intelligenz des SE-SÜBELLKO-ST von Spinath & Schöne (2003) verwendet und zudem für das Konstrukt Sozialkompetenz adaptiert.

Ergebnisse

Die Einschätzung der Veränderbarkeit von Sozialkompetenz hatte signifikanten Einfluss auf die Stereotypisierung gegenüber Hochbegabten (Erster Messzeitpunkt: WSI: β = -.18, p < .05; WSEK: β = .14, p < .05; zweiter Messzeitpunkt: WSI: β = -.27, p < .05; WSEK: β = .22, p < .05). Die Einschätzung der Veränderbarkeit von Intelligenz hatte hingehen keinen signifikanten Einfluss auf die WSI: β = .05, p > .05, aber auf die WSEK, β = -.18, p < .05; zum zweiten Messzeitpunkt gab es keinen signifikanten Effekt. Der Refutationstext wirkte: Das Lesen des Refutationstextes verringerte die WSI (β = -.28, p < .05) und erhöhte die WSEK (β = .38, p < .05), dieser Effekt blieb auch noch zehn Monate später bestehen (WSI: β = -.44, p < .05; WSEK: β = .27, p < .05). Der vermutete Moderationseffekt der untersuchten impliziten Theorien auf die Wirkung des Refutationstextes zeigte sich bei beiden Operationalisierungen der Stereotypisierung nicht. Alle Analysen erfolgten unter Kontrolle von Kovariaten.

Implikationen

Diese Studie unterstreicht die Relevanz der Aufklärung von (angehenden) Lehrkräften bezüglich Hochbegabung. Implizite Theorien scheinen die Stereotypisierung signifikant zu beeinflussen und sollten vermehrt thematisiert werden.



 
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