Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen. Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.

 
 
Sitzungsübersicht
Sitzung
8-20: Digitale Kompetenzen III
Zeit:
Mittwoch, 20.03.2024:
11:10 - 12:50

Ort: S24

Seminarraum, 50 TN

Zeige Hilfe zu 'Vergrößern oder verkleinern Sie den Text der Zusammenfassung' an
Präsentationen
Paper Session

Wie viel C steckt in TPACK? Ein systematisches Literaturreview zur Fachspezifität der Messung von TPACK im Kontext von Mathematikunterricht

Alina Kadluba, Anselm Strohmaier, Christian Schons, Andreas Obersteiner

Technische Universität München, Deutschland

Theoretischer Hintergrund

Technologie und digitale Medien sind zentral für moderne Bildung, auch im Fach Mathematik (Reinhold et al., 2023). Der Erfolg ihres Einsatzes hängt dabei auch von den Fähigkeiten der Lehrkraft ab (Hillmayr et al., 2020). Technological Pedagogical Content Knowledge (TPACK) gilt hierbei als relevanter Teil professionellen Lehrkräftewissens (Mishra & Koehler, 2006). Die Messung von TPACK ist für Unterrichtspraxis und Forschung von wesentlicher Bedeutung, beispielsweise um überprüfen zu können, inwiefern Lehrkräfte auf das Unterrichten mit Technologie vorbereitet sind oder um Interventionen zu evaluieren.

TPACK verbindet Wissen über Technologie, Pädagogik und Inhalt. Es ist daher prinzipiell inhaltsspezifisch. So umfasst TPACK im Kontext von Mathematikunterricht möglicherweise andere Aspekte als in anderen Fächern: Für mathematisches Arbeiten mit Technologie sind die Visualisierung abstrakter Konzepte, geometrischer Objekte oder stochastischer Prozesse typisch (Reinhold et al., 2023), während beispielsweise in Sozialwissenschaften oft Recherche, Textverarbeitung und Kooperation dominieren (Hammond & Manfra, 2009). Bestehende Überblicksarbeiten zur Messung von TPACK nehmen häufig eine fachübergreifende Perspektive ein (z.B. Koehler et al., 2012; Wang et al., 2018). Dadurch ist unklar, inwiefern die Messung im Kontext von Mathematikunterricht auf spezifische Merkmale des Fachs eingeht.

Fragestellung

Übergreifend adressiert das hier vorgestellte Literaturreview die Frage, mit welchen Instrumenten und Zielen TPACK im Kontext von Mathematikunterricht gemessen wurde und inwiefern dabei auf spezifische Anforderungen des Mathematikunterrichts eingegangen wurde. Im hier eingereichten Vortrag wird auf zwei untergeordnete Forschungsfragen eingegangen:

1) Wie fachspezifisch waren die Instrumente zur Messung von TPACK im Kontext von Mathematikunterricht?

2) Welche Wissensfacetten des TPACK-Modells wurden bei der Operationalisierung von TPACK im Kontext von Mathematikunterricht herangezogen?

Methode

Das vorliegende systematische Literaturreview folgt den Empfehlungen des PRISMA-Leitfadens (Moher et al., 2009). Mittels Datenbankrecherche wurden zunächst 881 möglicherweise relevante Artikel identifiziert und nach folgenden Kriterien gescreent: Der Artikel a) bezog sich auf TPACK im Kontext von Mathematikunterricht, b) berichtet eine empirische Studie und c) wurde zwischen 2005 und 2022 auf Englisch oder Deutsch in einem wissenschaftlichen Journal publiziert. Dies führte zur Auswahl von 106 Artikeln. Sowohl die Fachspezifität als auch die Spezifität bezüglich Technologie und Pädagogik wurden jeweils auf vier hierarchischen Levels kodiert (allgemein, kontextspezifisch, episodenspezifisch, situationsspezifisch), die Interrater-Reliabilität war gut (gewichtetes κ = .87). Für die Untersuchung der Operationalisierung wurde kodiert, welche der 7 Subfacetten des TPACK-Modells (TK, PK, CK, TPK, TCK, PCK, TPCK) berücksichtig wurden, um TPACK zu quantifizieren (κ = .81).

Ergebnisse

TPACK wurde in der überwiegenden Mehrheit der Studien (77%) bezüglich Mathematik höchstens kontextspezifisch gemessen. Das bedeutet, dass in den verwendeten Instrumenten lediglich der Begriff Mathematik zur Spezifizierung verwendet wurde, ohne dabei auf konkrete Inhalte einzugehen. Im Gegensatz dazu wurde bei 85% der Studien bezüglich Pädagogik auf konkrete Episoden oder Situationen (z.B. Gruppenarbeit) eingegangen. Bezüglich Technologie nannten 58% der Studien lediglich den Begriff Technologie, was dem Level allgemein zugeordnet wurde.

Für die Operationalisierung zeigte sich ein entsprechendes Bild: Die Facette TPK, die sich auf den pädagogisch sinnvollen Umgang mit Technologie ohne Bezug zum Inhalt bezieht, wurde von 80% der Studien in der Operationalisierung von TPACK berücksichtigt. Die konkrete Verknüpfung von Technologie, Pädagogik und Inhalt (TPCK) wurde in 77% der Studien zur Messung herangezogen. Die übrigen Wissensfacetten wurden jeweils in höchstens 22% der Studien für die Operationalisierung verwendet.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei der Messung von TPACK von Lehrkräften im Mathematikunterricht konkrete fachspezifische Anforderungen oft nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dagegen wird häufig auf pädagogisch spezifische Aspekte des Unterrichtens mit Technologie eingegangen. Vor dem Hintergrund von Forschungsergebnissen, die zeigen, dass eine Verzahnung von technologisch-pädagogischem Wissen mit fachlichem und fachdidaktischem Wissen essenzielle Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz von Technologie und digitalen Medien im Unterricht ist (Hillmayr et al., 2020), ist dieses Ergebnis kritisch zu diskutieren.



Paper Session

Was ist TPACK? Eine Studie zur Untersuchung des empirischen Zusammenhangs verschiedener Wissensfacetten zum Einsatz digitaler Medien

Armin Fabian, Tim Fütterer, Iris Backfisch, Nicolas Hübner, Walther Paravicini, Andreas Lachner

Universität Tübingen

1 Theoretischer Hintergrund

Um digitale Medien elaboriert in den Unterricht zu integrieren, benötigen Lehrkräfte spezifisches Professionswissen, welches häufig durch Technological Pedagogical Content Knowledge (TPACK; Mishra & Koehler, 2006) konzeptualisiert wird. TPACK entsteht dabei als Zusammenspiel von Fachdidaktischem Wissen (PCK) und Technologischem Wissen (TK) und wird als entscheidender Faktor für erfolgreiche Medienintegration angesehen (Mishra & Koehler, 2006).

Bislang ist allerdings ungeklärt, wie TPACK mit PCK und TK zusammenhängt, da bisherige Forschungsergebnisse hauptsächlich auf selbstberichtetem Wissen basierten (Willermark, 2018). Erkenntnisse über die empirischen Zusammenhänge von TPACK-Komponenten sind aber vor dem Hintergrund passgenauer Aus- und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte von enormer Bedeutung. Auch erlauben sie Einsichten in die theoretische Grundstruktur von TPACK. So entstand seit Einführung des TPACK-Models eine lebhafte Diskussion darüber, ob TPACK eine eigenständige Wissensfacette darstellt (z. B. Angeli & Valanides, 2009) oder lediglich eine Teilfacette von PCK darstellt (z. B. Schubatzky et al., 2023).

Um die postulierten Annahmen empirisch zu klären, haben wir eine online-basierte Querschnittstudie durchgeführt mit validierten, testbasierten Messinstrumenten (Forschungsfrage 1). Außerdem haben wir untersucht, inwieweit test-basiertes und selbst-berichtetes TPACK miteinander zusammenhängen (Forschungsfrage 2).

2 Methode

An der Onlinestudie nahmen N = 141 Lehramtsstudierende des Fachs Mathematik (mage = 21,5; SDage = 2,2; nmännlich = 41, nweiblich = 100) aus verschiedenen deutschen Universitäten teil. TPACK wurde mit der mathematikspezifischen TPACK-Testversion von Lachner et al.‘s (2021) Instrument gemessen (8 offene, vignetten-basierte Items). Zur Analyse haben wir die Personenfähigkeiten für TPACK basierend auf einer vorgelagerten CFA durch Faktorwerte (Bartlett, 1937) geschätzt. PCK wurde mit einer gekürzten Testversion des Instruments aus Buchholtz et al. (2012) und TK mittels eines adaptierten Instruments von Fütterer et al. (2023) erhoben (jeweils 0-1 kodierte single- und multiple-choice Items). Zur Analyse wurden die Personenfähigkeiten für PCK und TK jeweils innerhalb eines Raschmodells mit weighted likelihood estimates (WLEs; Warm, 1989) geschätzt. Selbstberichtetes TPACK wurde basierend auf Schmidt et al., (2009) mit fünfstufigen Likert-Items erfasst. Um Ermüdungseffekten vorzubeugen, wurde ein planned missing data design (Graham et al., 2006) umgesetzt, sodass Studierende nur jeweils einen zufälligen Teil aller Items beantworteten.

3 Ergebnisse

Bezüglich Forschungsfrage 1 zeigte sich mittels linearer Regression (AV = TPACK, UV = PCK und TK), dass der Effekt von PCK auf TPACK moderat positiv (β = .423, p < .001) und größer als der Effekt von TK auf TPACK (β = .321, p < .001) war. Insgesamt konnten PCK und TK innerhalb des Modells etwa 37 % Varianz von TPACK aufklären. Hinsichtlich Forschungsfrage 2 ergaben sich nur kleine Zusammenhänge zwischen selbst-berichtetem TPACK und test-basiertem TPACK: r = .243, 95% CI [0.081, 0.392], p = .004.

4 Diskussion

Insgesamt deuten die Ergebnisse daraufhin, dass TPACK und PCK zwar moderat zusammenhingen, jedoch TPACK eher eine eigene Facette und keine Unterfacette von PCK darstellt. Um die diskriminante Valididät von TPACK (bzgl. PCK) allerdings noch genauer zu untersuchen, werden zurzeit weitere Analysen durchgeführt (vgl. Vorgehen von Krauss et al., 2008, im Kontext von PCK), die auf der GEBF berichtet werden. Gleichzeitig war der statistische Einfluss von TK auf TPACK ebenfalls moderat signifikant, was darauf hindeutet, dass technologische Bedienfertigkeiten (TK) essenziell für TPACK sind. Die niedrigen Korrelationen zwischen selbstberichteten und test-basiertem TPACK deuten weiter auf die Notwendigkeit von performanz- und wissensbasierten Instrumenten hin, um valide Aussagen über Wissensfacetten zu treffen. Um weitere Einsichten in den Zusammenhang test- und selbstberichteter TPACK-Instrumente zu erhalten, erscheint es in Zukunft sinnvoll zu untersuchen, ob dieser Zusammenhang durch die Akkuratesse des selbsteingeschätzten Wissens moderiert wird. Es scheint nämlich plausibel anzunehmen, dass für Probanden, die ihr Wissen akkurater einschätzen können, der Zusammenhang von selbstberichtetem und test-basiertem TPACK größer ist.

Insgesamt tragen unsere Ergebnisse zu einem besseren Verständnis der theoretischen Konzeptualisierung von digitalisierungsbezogenem Wissen von (angehenden) Lehrkräften bei.



Paper Session

MeInE KI-Schule – Ein Workshop zur Steigerung der sozialen Akzeptanz von Lehrkräften gegenüber dem Einsatz von KI im schulischen Kontext

Janne Mesenhöller, Philine Schnell, Katrin Böhme

Universität Potsdam, Deutschland

Anwendungen, die auf künstlicher Intelligenz (KI) basieren, bieten als neuartige Bildungstechnologien viele Potenziale für den Schulkontext. Sie ermöglichen es, individualisierte Lernangebote zur Verfügung zu stellen (Holmes et al., 2018; Walter & Dexel, 2020) und können damit die Lehrkraft bei ihren pädagogischen Tätigkeiten unterstützen und entlasten. Dies ist für alle Schüler:innen von Vorteil, bietet aber insbesondere für den inklusiven Unterricht große Chancen (KMK, 2016; Schaumburg, 2020, 2021a, 2021b; Schmid et al., 2021). Nach Nistor ist Akzeptanz „die erste Voraussetzung für die Nutzung einer Bildungstechnologie“ (Nistor, 2020) und damit eine zentrale Rahmenbedingung für den Einsatz und die Möglichkeit zur Entfaltung der Potenziale von KI-basierten Systemen im schulischen Kontext.

In einer von uns durchgeführten empirischen Studie aus dem Jahr 2022 konnte auf Basis des Onlinefragebogens SAELKIS (Soziale Akzeptanz von Eltern und Lehrkräften gegenüber KI in der Schule, Mesenhöller & Böhme, 2023a) für 141 befragte Lehrkräfte (67% weiblich, 32% männlich, 1% nicht-binär) gezeigt werden, dass die soziale Akzeptanz gegenüber der Nutzung von KI in der Schule auf den drei betrachteten Subfacetten hoch ausgeprägt ist (Mesenhöller & Böhme, 2023b). In der Fragebogenstudie wurden die Lehrkräfte ferner zu gewünschten Informationen und Maßnahmen befragt, die aus ihrer Perspektive Voraussetzung für einen Einsatz von KI in der Schule sind. Von den befragten Lehrkräften wurde am häufigsten der Wunsch nach Weiter- und Fortbildungen und Aufklärung zum Thema KI in der Schule genannt. Diese sind ein geeignetes Mittel, um neue Fertig- und Fähigkeiten von Lehrkräften zu fördern (Darling-Hammond, 2017) und gelten ferner als Moderatorvariable für die Wirksamkeit des Einsatzes von Bildungstechnologien im Schulkontext (Hillmayr et al., 2020).

Um den Wunsch der Lehrkräfte nach Weiterbildungen im Bereich KI zu adressieren, wurde der dreistündige Workshop Mehr Informationen zum Einsatz von KI in der Schule (MeInE KI-Schule) entworfen. In diesem Workshop werden den Lehrkräften zunächst basale Informationen zum Thema KI und ihren verschiedenen Unterbereichen wie Machine und Deep Learning vermittelt. Nachfolgend trainieren die Lehrkräfte selbst ein Machine Learning System und erfahren so die Komplexität des Trainingsvorgangs sowie bestimmte Schwierigkeiten, die in diesem Zusammenhang auftreten können. Neben Möglichkeiten des Lehrens und Lernens mit KI, wie z.B. die Nutzung von ChatGPT für die Unterrichtsplanung, ist auch das Lehren und Lernen über KI, z.B. durch die Verfügbarmachung von Lehrmaterialien, Thema des Workshops. Auch Grenzen der Anwendung von KI-basierten Systemen im Schulkontext sowie relevante ethische, rechtliche und soziale Implikationen (ELSI, Boden et al., 2021) werden thematisiert.

Um zu prüfen, ob die Teilnahme an dem Workshop einen Einfluss auf die soziale Akzeptanz von KI-basierten Systemen im schulischen Kontext hat, bearbeiteten die Lehrkräfte vor und nach dem Workshop den SAELKIS Fragebogen. Zusätzlich wurde Prä-Post das KI-bezogene Wissen der Lehrkräfte mit einer neu erstellten Skala erhoben. Erste Ergebnisse zur Wirksamkeit des Workshopangebots mit bislang N = 80 Lehrkräften (75% weiblich, 25% männlich) zeigen, dass sich durch die Workshopteilnahme sowohl die soziale Akzeptanz (t(79) = -2.46, p = .008), als auch das KI-bezogene Wissen (t(79) = -3.42, p < .001) signifikant erhöht.

Ziel des Workshopangebots ist es, Konzept und Informationsmaterialien langfristig als Open Educational Resources Lehrkräften deutschlandweit zur Verfügung zu stellen und so Möglichkeiten und realistische Grenzen von KI-basierten Systemen aufzuzeigen und durch eine transparente Wissensvermittlung die Potenziale von KI-basierten Lernunterstützungstools im schulischen Kontext nutzbar zu machen ohne mögliche Risiken zu ignorieren.



Paper Session

Zwischen den Zeilen – Pädagogische Trainings zu Quellenkritik verbessern Glaubwürdigkeitseinschätzungen von Informationen

Marvin Fendt1, Peter Edelsbrunner1,2, Benedikt Artmann1

1Ludwig-Maximilians-Universität München, Deutschland; 2Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Schweiz

Theoretischer Hintergrund

In der heutigen, informationsgetriebenen Gesellschaft stellen Fehlinformationen ein großes Problem dar, da sie dank vielfältiger Strategien, beispielsweise emotional manipulierender Sprache, dazu verlocken, ihnen Glauben zu schenken und sie zu teilen (Roozenbeek et al., 2023). Dieser Glaube kann in unerwünschten Verhaltensweisen resultieren, beispielsweise dem Nichteinhalten von Klima- und Infektionsschutzmaßnahmen (Cook et al., 2023). Während die meisten Menschen die Glaubwürdigkeit von Informationen analytisch akkurat erkennen können, scheinen sie diese Fähigkeit nicht durchgängig zu nutzen (Modirrousta-Galian et al., 2023). Stattdessen entscheiden sie oft intuitiv über die Informationsqualität, wodurch sie anfälliger für persuasive Strategien von Fehlinformationen sind (Ecker et al., 2022).

Psychologische Interventionen zur Erkennung von Fehlinformationen stehen in der Kritik, anstatt einer korrekten Glaubwürdigkeitseinstufung die Skepsis gegenüber allen Informationen zu erhöhen (Modirrousta-Galian & Higham, 2023). Dieser Einschränkung könnte ein Training in Lateral Reading entgegenwirken, ein pädagogischer Ansatz, in welchem Fehlinformationen durch Quellenkritik erkannt werden, der stark auf analytische Schemata setzt (Artmann et al., 2023; Wineburg et al., 2022).

Fragestellung

Infolgedessen stellen wir in unserer Studie die Frage, inwieweit ein pädagogisches Lateral-Reading-Training auf der Basis von Cognitive Apprenticeship (Collins et al., 1991) die Fähigkeit der Teilnehmenden zur korrekten Einschätzung von Informationsglaubwürdigkeit verbessert. Zusätzlich untersuchen wir, inwieweit die Effekte einer solchen Intervention vom Inhaltswissen zum Themenbereich des Trainings (Klimawandel; Ranney & Clark, 2016) sowie Verschwörungsdenken (Uscinski & Olivella, 2017) der Teilnehmenden abhängen. Schlussendlich wurde untersucht, ob das Training Transfereffekte auf Persuasionswissen gegenüber unverlässlichen Medien hat (Chen & Cheng, 2019) und ob solch ein Effekt wiederum von den Eigenschaften der Teilnehmenden abhängt.

Methode

N=344 Teilnehmende (58% weiblich, 41% männlich, 3% divers; Med(Alter)=23, SD=13.35) wurden zufällig entweder einer Kontrollbedingung (n=109) zugewiesen, in welcher sie lediglich alle Tests ausfüllten, einer Lesebedingung (n=107), in welcher sie selbstständig Scaffolding Material über Lateral Reading lasen, sowie der Apprenticeship-Bedingung (n=128), in welcher in etwa einstündigen Lateral-Reading-Trainings das Erkennen erst modelliert, dann gecoached und schließlich selbstständig geübt wurde. Die Teilnehmenden stuften in einem Glaubwürdigkeitstest 6 Quellen (3 verlässliche, 3 unverlässliche) ein; Glaubwürdigkeits-Scores wurden anhand des Unterschiedes in der mittleren Zustimmung am Prä- bzw. Posttest zu den beiden Arten von Quellen errechnet (Omega=.71/.87). Als Moderatoren wurden Wissen über Klimawandel (12 Items; Omega=.68) sowie Verschwörungsdenken (4 Items; Omega=.89) erhoben und als Transfer-Outcome Persuasionswissen (11 Items, Omega=.94).

Ergebnisse

Die vier Fragestellungen wurden mittels eines bivariaten Bayesianischen multiplen Regressionsmodells mit schwach informativen Prioren und 4 HMC-Ketten (jeweils 1000 warm-up, 3000 effektive Samples) geschätzt. Konvergenz wurde anhand Posterioren und Ketten-Mixing, sowie Rhat-Werten von 1.00 festgestellt und Fit mittels posterior-predictive Checks. Die Ergebnisse des Modells anhand von 90% Kredibilitätsintervallen (weniger als 95% wurde gewählt, um hohe Betafehler-Raten zu vermeiden, besonders in den Interaktionsparametern) zeigten positive Effekte beider Interventionsgruppen (Lesegruppe: b=0.23; 90%CI[0.06, 0.41]; Apprenticeship-Gruppe: b=0.51; 90%CI[0.35, 0.68]) im Vergleich zur Kontrollgruppe auf der Unterscheidungsfähigkeit, sowie der Apprenticeship-Gruppe (b=0.23; 90%CI[0.24, 0.61]) auf dem Persuasionswissen. In beiden Fällen war der Effekt der Apprenticeship-Gruppe stärker als jener der Lesegruppe (Unterscheidung: b=0.28; 90% CI[0.11, 0.45]; Persuasionswissen : b=0.36; 90% CI[0.18; 0.56]). Interaktionsparameter zeigten, dass Inhaltswissen die Interventionseffekte auf die Unterscheidungsfähigkeit verstärkte (Lesegruppe: b=0.22; 90%CI[0.03, 0.41]; Apprenticeship-Gruppe: b=0.19; 90%CI[0.02, 0.38]) und Verschwörungsdenken jene auf das Persuasionswissen abschwächte (Lesegruppe: b=-0.20; 90%CI[-0.40, -0.01]; Apprenticeship-Gruppe: b=-0.14; 90%CI[-0.34, 0.07], Nulleffekt nicht ausgeschlossen).

Diese Ergebnisse zeigen, dass Lateral Reading insbesondere in pädagogischen Trainings eine wirksame Intervention ist, um sowohl die Unterscheidungsfähigkeit zwischen verlässlichen und unverlässlichen Nachrichten als auch das Persuasionswissen über alternative Medien zu fördern. Der positiv moderierende Effekt von Inhaltswissen deutet darauf hin, dass eine gleichzeitige Förderung der Unterscheidungsfähigkeit und des Inhaltswissens über das Interventionsthema besonders hilfreich sein könnte. Es werden Vorschläge diskutiert, wie die Intervention weiter modifiziert werden könnte, um auch für Individuen, die zu Verschwörungsdenken tendieren, die Effektivität in Bezug auf das Persuasionswissen zu optimieren.



 
Impressum · Kontaktadresse:
Datenschutzerklärung · Veranstaltung: GEBF 2024
Conference Software: ConfTool Pro 2.8.105
© 2001–2025 by Dr. H. Weinreich, Hamburg, Germany