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Session Overview
Session
6-20: Schule und Unterricht entwickeln
Time:
Tuesday, 19/Mar/2024:
3:20pm - 5:00pm

Location: S24

Seminarraum, 50 TN

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Presentations
Paper Session

Pedagogical reasoning bei der Unterrichtsplanung – Eine netzwerkanalytische Untersuchung des Planungsentscheidens

Daniel Scholl1, Simon Küth1, Christoph Vogelsang2, Jana Meier2, Andreas Seifert2

1Universität Siegen, Deutschland; 2Universität Paderborn, Deutschland

Theoretischer Hintergrund: In der professionellen Unterrichtsplanung wird eine Kernaufgabe von Lehrkräften gesehen (Jäger & Maier, 2019): Durch Überlegungen zum künftigen Lehr-Lernzusammenhang als Form des pedagogical reasoning (z.B. Loughran, 2019) kann das eigene Professionswissen in unterrichtliches Handeln überführt (Blömeke et al., 2015; Stender et al., 2015), dieses Handeln durch die getroffenen Planungsentscheidungen entlastet und eine anschließende Soll-Ist-Reflexion grundgelegt werden (Wengert, 1989). Obwohl diese Bedeutung der Unterrichtsplanung durch die Anforderungen an die Lehrer*innenbildung betont wird (KMK, 2019), sind spezifische Facetten der Planungskompetenz allerdings noch nicht hinreichend modelliert und empirisch untersucht (König & Rothland, 2022).

In diesem Beitrag werden deshalb Befunde zur situationsbezogenen Fähigkeit des interdependenten Planungsentscheidens als einer solche Kompetenzfacette vorgestellt. Diese Fähigkeit bezieht sich darauf, die präferentielle Auswahl von Planungsoptionen am Planungsprinzip der Interdependenz auszurichten (Scholl et al., 2022), das zu den weichtigsten fachübergreifenden Metakriterien der Unterrichtsplanung gehört (Vogelsang & Riese, 2017). In Anlehnung an die ursprüngliche allgemeindidaktische Aufforderung der Berliner Didaktik, eine „widerspruchsfreie Wechselwirkung der Planungselemente“ (Schulz, 1972, S. 45) herzustellen, lautet dieses Kriterium: Prüfen Sie alle möglichen ziel-, inhalts-, methoden-, medien- sowie lern- und situationsbezogenen Planungsentscheidungsoptionen und wählen Sie diejenigen aus, die am besten zueinander passen. Aus einer kompetenz- und problemlösetheoretischen Perspektive kann dieses Prinzip dem generischen bildungswissenschaftlichen Planungs- und Konzeptionswissen (Baumert & Kunter, 2006) zugeordnet werden, das dem metakognitiven Prozess der Überwachung der eigenen Planungskognitionen beim kreativen Lösen komplexer Unterrichtsgestaltungsprobleme eine Richtung gibt (Dörner, 2003; Funke & Funke, 2002). Eingelöst ist das Interdependenzprinzip, wenn die Wechselwirkungen in Lehr-Lernzusammenhängen so durchdacht sind, dass das künftige Handeln strukturell und prozessual stimmig in die „vorhergesehene“ Unterrichtsdynamik eingebettet zu sein erscheint.

Fragestellung: Es gibt bereits Hinweise darauf, dass das Interdependenzprinzip Schwierigkeiten bei der Umsetzung bereitet (z.B. Seel, 2011). So berücksichtigen Planende beispielsweise oft nur einzelne Planungsbereiche (z.B. Bromme, 1981), beziehen die getroffenen Entscheidungen nicht hinreichend auf die Lernvoraussetzungen (z.B. König et al., 2015) oder treffen ihre Entscheidungen linear und nicht dynamisch, wie es dem Interdependenzprinzip eher entspräche. Es ist jedoch unklar, inwiefern konkrete Begründungen für Planungsentscheidungen zumindest Teilversuche der Umsetzung des Interdependenzprinzips erkennen lassen. Darum wird in der berichteten Studie danach gefragt, 1. welche spezifischen Strukturen konkrete Planungsentscheidungsbegründungen haben, 2. inwiefern diese Strukturen den Anforderungen des Interdependenzprinzips genügen und 3. ob sich diese Strukturen über unterschiedliche Planungsexpertisegrade hinweg unterscheiden.

Methode: In einer qualitativen Studie mit N = 22 Teilnehmenden von zwei Universitätsstandorten, deren Zusammensetzung kontrastive Expertisevergleiche ermöglicht (6 Bachelorstudierende, 6 Masterstudierende, 4 Referendar*innen und 6 Lehrkräfte), wurden leitfadengestützte Interviews zu zwei Planungsvignetten geführt, die in der Form des lauten Denkens (Ericsson & Simon, 1993) bearbeitet wurden. Die Auswertung durch geschulte Rater*innen folgt der Qualitativen Inhalts- (Mayring, 2022) und der Netzwerkanalyse (u.a. Brauner & Orth, 2002; Hollstein & Straus, 2006).

Ergebnisse: Die netzwerkanalytische Auswertung der transkribierten Interviews zeigt u.a., dass die Anzahl der getroffenen Planungsentscheidungen und ihrer Verbindungen mit zunehmendem Expertisegrad kontinuierlich steigt. Diese Zunahmen sind insbesondere auf vermehrt getroffene Methodenentscheidungen in temporalen Begründungsstrukturen zurückzuführen. Gleichzeitig nimmt jedoch die Dichte der Begründungsnetzwerke ab, was unabhängig vom Expertisegrad bedeutet, dass nur wenige Entscheidungen in ihren wechselseitigen Bezügen durchdacht werden. Insgesamt bestätigen diese Ergebnisse frühere Untersuchungen zu Problemen beim adaptiven Planen (König et al., 2015), der begrenzten Elaboration von kognitiven Planungsschemata bei Noviz*innen (Borko & Livingston, 1989) und dem paedagogical reasoning mit einer Tendenz zur hauptsächlichen Fokussierung auf Methodenentscheidungen differenzierter (z.B. Penso & Shoham, 2003).

Dabei erweist sich die Netzwerkanalyse trotz noch geringer Fallzahlen als hilfreich, um kognitive Strukturen in der Planung sichtbar zu machen und diese Strukturen mit bestehenden Unterrichtsplanungsmodellen zu vergleichen. Werden diese empirisch nachweisbaren Strukturen künftig auf die Qualität des anschließenden Unterrichts bezogen, wäre damit ein Grundstein für die ausstehende empirischen Untermauerung von Planungsprinzipien gelegt (Rothland, 2022).



Paper Session

Zur Messung der Core Practices „Ziele festlegen“ und „Lernaufgaben erstellen“

Madlena Kirchhoff, Leonie Telgmann, Katharina Müller

Leibniz Universität Hannover, Deutschland

Für den Erwerb professionsspezifischer Handlungskompetenzen (Baumert & Kunter, 2006) bedarf es im Rahmen des Lehramtsstudiums Lerngelegenheiten, in denen professionsspezifisches Wissen sowie darauf bezogene Überzeugungen und Werthaltungen handlungsnah mit situationsspezifischen Fähigkeiten (Blömeke et al., 2015) verschränkt werden. Das aus der practice-based teacher education stammende Konzept der Core Practices (CP) (McDonald et al., 2013) kann für die Gestaltung derart verschränkter Lerngelegenheiten dienlich sein. Das Konzept der CP beschreibt eine Bündelung von Praktiken, die häufig im Unterricht auftreten, generisch und fachspezifisch, forschungsbasiert und komplex sind, als auch die Möglichkeit bieten, mehr über Schüler:innen und den Unterricht zu erfahren (Grossman et al., 2009). Im deutschsprachigen Raum werden die konzeptuellen Überlegungen aus dem anglo-amerikanischen (z.B. TeachingWorks, 2023) derzeit vielfach aufgegriffen und weitergeführt (z.B. Kleinknecht et al., 2022) und sowohl in der theoretischen Grundlegung als auch messmethodische Zugänge (Matsumoto-Royo & Ramírez-Montoya, 2021) zeichnen sich umfängliche Weiterentwicklungen ab.

Das Festlegen von Zielen (Kirchhoff & Müller, 2022) und das Erstellen von Lernaufgaben (Fraefel, 2023) kann im Sinne der pre-lesson activities (van der Schaaf, 2019) im Bereich der Unterrichtsplanung als CP verstanden werden (TeachingWorks, 2023). Wenngleich in der theoretischen und empirischen Literatur die Relevanz dieser Fähigkeiten betont wird (Choy, 2016; König et al., 2015, 2022; Maier et al., 2014), so sind Messinstrumente angelehnt an einer Konzeptualisierung nach CP eher rar (Matsumoto-Royo & Ramírez-Montoya, 2021).

In diesem Beitrag werden die Ergebnisse einer zweiteiligen Pilotstudie vorgestellt, die der Entwicklung eines hochstandardisierten Instruments dient, mit dem der Kompetenzerwerb zu diesen beiden CP im Rahmen eines angeleiteten Planungssetting veränderungssensitiv gemessen werden sollen.

Entwickelt wurde eine professionelle Lerngelegenheit für Lehramtsstudierende, in der in einem Lernzyklus (McDonald et al., 2013) Phasen der direkten Instruktion und der Modellierung mit Repräsentationen schulischer Praxis und entsprechender Annäherung an Praxis verknüpft wurden. Gearbeitet wurde mit fremden Unterrichtsplanungsbeispielen, welche zunächst kriteriengeleitet analysiert wurden. Am Ende der Lerngelegenheit wurden die Studierenden aufgefordert, Ziele für eine Stunde zu einem vorgegebenen Thema und einer Lerngruppe festzulegen und eine entsprechende Lernaufgabe zu planen. Beide Annäherungen an Praxis enthalten im Sinne der Unterrichtsplanung kreierende und legitimierende Aspekte (Vogelsang & Riese, 2017), wie etwa das Benennen von Lernschwierigkeiten und Lernhilfen oder das Begründen des Schwerpunkts der Stunde. Sowohl für die Analyse fremder und das Erstellen eigener Planungen erhielten die Lehramtsstudierenden Peer- und Dozierenden-Feedback. Im ersten Teil der Pilotierungsstudie (P1) wurden Planungsdokumente inhaltsanalytisch ausgewertet, im zweiten Teil (P2) wird das auf der Basis der Ergebnisse aus P1 entwickelte hochstandardisierte Instrument geprüft.

Insgesamt liegen aus der Pilotierungsstudie (P1) N= 59 Planungsdokumente aus neun verschiedenen Fächern von Lehramtsstudierenden (MSemester= 4,8) vor, welche inhaltsanalytisch ausgewertet (Kuckartz, & Rädiker, 2022) wurden. Für die Auswertung wurde für beide CP deduktiv ein Kategoriensystem mit 23 dichotomen Codes entwickelt. Zwei geschulte Kodierer:innen werteten die Planungen aus; dabei wurden 20 % des Datenmaterials doppelt kodiert und eine prozentuale Übereinstimmung von 78,67%, identifiziert. Die Analyse der Planungsdokumente zeigt, dass es den meisten Lehramtsstudierenden (78%) gelingt, ein operationalisiertes Ziel festzulegen. 69,5% der Studierenden benennen und begründen erfolgreich inhaltlich relevante Lernschwierigkeiten. 62,7% spezifizieren ein in der Unterrichtszeit erreichbares Lernziel und 78% legen eine Aufgabe fest, die für die vorgegebene Lerngruppe erreichbar ist. Ein Erwartungshorizont wird von den Studierenden jedoch nur in 25,4% der Fälle fachlich korrekt mitgeplant.

Mit Hilfe der entwickelten Codes wurden Items für ein hochstandardisiertes Messinstrument im Sinne einer Planungsanalyse entwickelt (P2). Die Ergebnisse aus P1 sowie die noch ausstehenden Befunde aus P2 werden im Beitrag vorgestellt. Dabei sollen methodische Fragen zur Messung im Vordergrund stehen (Skalierung, Studiendesign), aber auch Fragen zur theoretischen Grundlegung der CP, „Ziele festlegen“ und „Lernaufgaben erstellen“ diskutiert werden.



Paper Session

Gemeinsam, nicht einsam, sind wir stark – Zum Effekt der Beteiligung von Lehrkräften an schulischen Entscheidungsprozessen auf die Innovationsbereitschaft im Kollegium und ihre kollektive Wirksamkeit

André Meyer, Dirk Richter, Sebastian Kempert

Universität Potsdam, Deutschland

Theoretischer Hintergrund

Lehrkräfte sind entscheidende Akteure in der Schulentwicklung und sollten in Veränderungsprozesse möglichst intensiv involviert werden (Autor et al., 2023). Auf Grundlage theoretischer Annahmen organisationalen Lernens kann eine Beteiligung von Lehrkräften an schulischen Entscheidungsprozessen zu einem Gefühl von Empowerment und damit zu einer Steigerung motivationaler Orientierungen führen (Marks & Seashore Louis, 1999; Somech, 2010). Erhalten Lehrkräfte die Möglichkeit, ihre individuellen Ideen und Bedürfnisse in Entwicklungsvorhaben einzubringen, führt das zu einer Wahrnehmung von Kontrolle über die eigene Situation (Bogler & Somech, 2004; Somech, 2010). Partizipativ entwickelte Entwicklungsvorhaben erscheinen Lehrkräfte eher relevant und werden eher von ihnen zum Anlass genommen, das eigene berufliche Handeln zu reflektieren und etablierte Praktiken durch innovative Ansätze zu ersetzen (goal-setting theory; Ham & Lee, 2023; Locke & Latham, 2006; Nguyen et al., 2021). Wenn Lehrkräfte gemeinsam arbeiten und Entwicklungsvorhaben erfolgreich umsetzen, kann das ferner zu einer Zunahme ihrer kollektiven Wirksamkeit führen (mastery experience; Bandura, 1993).

Empirische Befunde deuten auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Beteiligung von Lehrkräften und ihren motivationalen Orientierungen sowie ihrem beruflichen Handeln hin. Lehrkräfte mit hoher Teilhabe an schulischen Entscheidungen sind selbstwirksamer (Lu et al., 2015), zufriedener (Brezicha et al., 2020), eher bereit schulische Aufgaben zu übernehmen, die über ihre Arbeitsverpflichtung hinausgehen (Bogler & Somech, 2004, 2005), arbeiten häufiger mit ihren Kolleg*innen zusammen (Honingh & Hooge, 2014; Liu & Yin, 2023) und beteiligen sich eher an der Umsetzung von Schulentwicklungsvorhaben (Autor et al., 2023).

Zumeist handelt es sich bei bisherigen Untersuchungen jedoch um korrelative Querschnittstudien, die keine kausalen Beziehungen überprüfen. Ferner existiert kaum gesichertes Wissen über die Beteiligung von Lehrkräften an schulischen Entscheidungsprozessen in Deutschland. Der vorliegende Beitrag greift diese Forschungslücken auf und geht folgenden Fragestellungen nach:

Fragestellung

  1. Wie schätzen Lehrkräfte die Beteiligung ihres Kollegiums an schulischen Entscheidungsprozessen ein?
  2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Beteiligung von Lehrkräften an schulischen Entscheidungsprozessen und ihrer wahrgenommenen Innovationsbereitschaft im Kollegium?
  3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Teilhabe von Lehrkräften an schulischen Entscheidungsprozessen und ihrer wahrgenommenen kollektiven Wirksamkeit als Kollegium?

Methode

Der Beitrag nutzt Daten einer längsschnittlichen Untersuchung von 29 Schulen. Die Stichprobe umfasst N = 586 Lehrkräfte, die zu zwei Messzeitpunkten schriftlich befragt wurden. Mithilfe von je drei Items erfassten wir (1) die Beteiligung des Kollegiums an schulischen Entscheidungsprozessen (ω T1 = .81; z.B. Das Kollegium spielt eine aktive Rolle bei grundlegenden Entscheidungsprozessen), (2) die wahrgenommene Innovationsbereitschaft im Kollegium (ωT1 = .81, ωT2 = .80; z.B. In unserem Kollegium gibt es eine große Bereitschaft, die eigenen pädagogischen Ansätze zu überprüfen) sowie die wahrgenommene kollektive Wirksamkeit (ωT1 = .84, ωT2 = .80; z.B. Auch mit außergewöhnlichen Vorfällen können wir zurechtkommen, da wir uns im Kollegium gegenseitig Rückhalt bieten). Zur Beantwortung der Forschungsfragen nutzen wir deskriptive Analysen (Forschungsfrage 1) sowie ein latent modelliertes Strukturgleichungsmodell (Forschungsfragen 2 und 3).

Ergebnisse

Die Ergebnisse des Beitrages zeigen, dass die untersuchten Lehrkräfte eine eher hohe Beteiligung ihres Kollegiums in schulische Entscheidungsprozesse wahrnehmen (M = 2.95, SD = .73). Die Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells (RMSEA = .035, CFI = .985, SRMR = .062) deuten ferner darauf hin, dass Lehrkräfte mit hoher Beteiligung an schulischen Entscheidungsprozessen zu T1 im zeitlichen Verlauf Zunahmen ihrer wahrgenommenen Innovationsbereitschaft im Kollegium (β = .23, p < .001) und der kollektiven Wirksamkeit verzeichnen (β = .39, p < .001) – je unter Kontrolle der Ausgangswerte. Die Ergebnisse geben Hinweise auf die Relevanz der Beteiligung von Lehrkräften in Entscheidungsprozesse im Rahmen der Schulentwicklung, wonach organisationale Zielsetzungen partizipativ mit den Lehrkräften der Schule entwickelt werden sollten. Damit liefert der vorliegende Beitrag neue Erkenntnisse für die Schulentwicklungsforschung in Deutschland.



Paper Session

Schulentwicklung und Verantwortung für den Ganztag kooperativ gestaltet. Eine Bereicherung für die Qualität an Ganztagsschulen im Primarbereich?

Stephan Kielblock

DIPF, Deutschland

[Theoretischer Hintergrund]

Im deutschen Schulsystem sind über 70 Prozent aller Schulen als Ganztagsschule zu bezeichnen (KMK, 2023). Der Ganztagsbetrieb dient dazu, die Entwicklung und das Lernen von Kindern bzw. Jugendlichen zu unterstützen. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Teilnahme an schulischen Ganztagsangeboten vielfältige positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Schüler:innen hat (Heyl et al., 2021). Qualitätsmodelle zum Ganztagsbetrieb unterstreichen dies (Holtappels, 2009). Allerdings sind diese Auswirkungen nur dann empirisch zu beobachten, wenn die Angebote guten Konzepten folgen und von den Schüler:innen als qualitativ hochwertig wahrgenommen werden (Kielblock & Maaz, 2021).

Aus einem umfangreichen Transferprojekt wurde deutlich, dass gute Konzepte und hohe Qualität schulischer Ganztagsangebote dadurch sichergestellt werden, dass es am jeweiligen Ganztagsschulstandort eine klare Vision des Ganztagsbetriebs, gute Arbeitsbedingungen für das Personal und ein umfassendes Ganztagskonzept gibt (Qualitätsdialog zum Ganztag, 2021). Die Frage ist allerdings, wie die Verantwortung für Steuerungsfragen und die Schulentwicklung gestaltet sein muss, damit die Voraussetzungen für die Entwicklung eines hochwertigen Ganztagsbetrieb gegeben sind. Diesbezüglich betonen die allgemeine Schulentwicklungsforschung (Huber, 2017, 2020; Klein et al. 2019) und die Ganztagsschulforschung (Kielblock, 2023) das besondere Potenzial kooperativer Formen der Verantwortung und Schulentwicklung. Dies empirisch an Ganztagsschulen zu untersuchen, ist Gegenstand des vorliegenden Beitrags.

[Fragestellung]

Vergleichbare Fragen sind im Bereich der Ganztagsschulforschung bislang eher weniger untersucht worden. Insbesondere der Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung (GaFöG, 2021) lenkt den Blick stärker als bislang auf diese Fragestellungen im Primarbereich von Ganztagsschulen. Entsprechend geht der vorliegende Beitrag folgenden Fragen mit Fokus auf Ganztagsgrundschulen nach: Wie hängen die Voraussetzungen für einen hochwertigen Ganztagsbetrieb hinsichtlich der Vision, des Ganztagskonzept und den Arbeitsbedingungen, (1) mit der kooperativen Verantwortung für die Steuerung und (2) mit der kooperativen Schulentwicklung zusammen?

[Methode]

Die vorliegende Analyse basiert auf einer Sekundäranalyse der Daten eines Teilprojekts der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG-Systemmonitoring). Im Rahmen dieses Teilprojekts wurden 2018 bundesweit Ganztagsschulleitungen schriftlich befragt. Die vorliegende Analyse bezieht sich auf Antworten von Schulleitungen im Primarbereich (n=509; vgl. Details in StEG-Konsortium, 2019).
Die erklärenden Variablen (uV1: kooperative Verantwortung der Steuerung, uV2: kooperative Schulentwicklung) wurden manifest modelliert. Die Vision wird als Breite der Ziele des Ganztagsbetriebs (aV1), die Arbeitsbedingungen werden im Sinne des Vorhandenseins von Kooperationszeiten (aV2) und das Ganztagskonzept wird im Sinne der konzeptionellen Verzahnung von Unterricht und Angeboten (aV3) latent modelliert.

In R lavaan (Rosseel, 2012) werden Strukturgleichungsmodelle berechnet. Im finalen Modell sind alle genannten Variablen untergebracht. Gemäß den Empfehlungen von Weiber und Mühlhaus (2010) hat das Strukturgleichungsmodell einen guten Fit (Chi2/df=2,69, CFI=.94, TLI=.92, RMSEA=.06 [.05, .07], SRMR=.05). Missings wurden mit FIML behandelt und die im Ergebnis genannten Koeffizienten sind standardisiert (std.all).

[Ergebnisse]

Mit Blick auf Frage 1 zeigen die Analysen, dass die „kooperative Verantwortung der Steuerung“ in Zusammenhang steht mit dem Bereitstellen von Kooperationszeiten (.116*). D. h., dass die Kooperationszeiten um so breiter zur Verfügung gestellt werden, wenn die Schule angibt, eine kooperative Verantwortung der Steuerung umzusetzen. Die Verzahnung und die Ziele stehen mit der kooperativen Verantwortung der Steuerung nicht in Zusammenhang. Bezugnehmend auf Frage 2 hängt die „kooperative Schulentwicklung“ hingegen mit allen drei zu erklärenden Variablen – Kooperationszeiten (.306***), konzeptionelle Verzahnung (.405***), und Breite der Ziele des Ganztagsbetriebs (.336***) – zusammen.

Die Ergebnisse legen dar, dass die kooperative Schulentwicklung mit den für einen qualitativ hochwertigen Ganztag relevanten Merkmalen der Organisationsebene eng zusammenhängt. Auch die kooperative Verantwortung der Steuerung ist zumindest für die Kooperationszeiten wichtig. In weiteren Analysen ist geplant, dem Einfluss von Kontrollvariablen genauer nachzugehen. Insgesamt bietet die vorliegende Analyse wichtige vertiefende Erkenntnisse für die Steuerung und Entwicklungen im ganztagsschulischen Primarbereich und bereichert damit sowohl die Ganztagsschulforschung und liefert der Verwaltung und Praxis wichtig Impulse.



 
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