Conference Agenda

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Session Overview
Session
5-20: Naturwissenschaftlich-technische Bildung
Time:
Tuesday, 19/Mar/2024:
1:10pm - 2:50pm

Location: S24

Seminarraum, 50 TN

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Presentations
Paper Session

Analyse adressatenorientierter Kommunikation in chemiebezogenen Schüler*innentexten

Robert Gieske, Sophie Freudenberg, Claus Bolte

Freie Universität Berlin, Deutschland

Theoretischer Hintergrund

Als zentralem Baustein von Scientific Literacy wurde der naturwissenschaftlichen Kommunikation in den Bildungsstandards (z.B. für das Fach Chemie s. KMK, 2005) ein eigenständiger Kompetenzbereich zugewiesen (Norris & Phillips, 2003). Ein in der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung wenig bearbeitetes Feld ist die Fähigkeit zum adressatenorientierten Kommunizieren. Mit Blick auf die Bedeutsamkeit adressatengerechter Kommunikation für die Teilhabe an gesellschaftlichen Diskursen (KMK, 2005) erscheint das überschaubare Forschungsinteresse verwunderlich. Becker-Mrotzek et al. (2014) haben Adressatenorientierung als zentralen Teilaspekt von Schreibkompetenz identifiziert. Kulgemeyer und Schecker (2009) illustrieren Adressatenorientierung in ihrem konstruktivistischen Kommunikationsmodell mithilfe von vier Dimensionen:

(1) (sprachlicher) Code, z.B. Verwendung von Fachtermini, passivischer Satzbau

(2) Aspekte des Sachinhalts, z.B. Auslassen redundanter Aspekte

(3) Kontext, z.B. Nutzung von Beispielen aus dem Alltag

(4) Darstellungsform, z.B. Ergänzung von geschriebenem Text durch Grafiken

Fragestellung

Gegenwärtig konzentrieren wir unsere Arbeit auf die Forschungsfrage:

Inwieweit gelingt es Schüler*innen in chemiebezogenen Texten Adressatenorientierung (1) auf sprachlicher und (2) auf sachinhaltlicher Ebene herzustellen?

Methode

Um die Fragestellung zu beantworten, haben wir Schüler*innen eine für den Chemieunterricht der Sekundarstufe I typische Aufgabe gestellt:

Erkläre deiner Freundin, die das Thema Salze im Chemieunterricht noch nicht behandelt hat, wie sich Salz in Wasser löst. Nutze für deine Erklärung das Beispiel: Du willst Nudeln kochen und gibst Salz in das Wasser. Berücksichtige für deine Erklärung das Modell, dass Stoffe aus kleinsten Teilchen bestehen.

Die Lernenden bearbeiten außerdem eine zweite, im Wortlaut identische Aufgabe und richten sich dabei mit der Erklärung an ihre Chemielehrkraft. Da die Aufgabenstellung Darstellungsform (schriftliche Erklärung) und Kontext (Salzen von Nudelwasser) vorgibt, erwarten wir, dass die Lernenden Adressatenorientierung vor allem sprachlich und sachinhaltlich herstellen. Die Kategorienbildung erfolgt deduktiv aus Literatur zu Adressatenorientierung (Becker-Mrotzek et al., 2014; Kulgemeyer & Schecker, 2009) und Fachsprachgebrauch (Jucks et al., 2003; Rincke, 2010). Anhand eines theoriegeleitet entwickelten Kategoriensystems lassen sich die entstehenden Schüler*innentexte qualitativ-inhaltsanalytisch (Mayring, 2022) auswerten. Die Vorkommen der Kategorien auf sprachlicher und sachinhaltlicher Ebene werden ausgezählt und deskriptivstatistisch sowie mittels geeigneter Testverfahren vergleichend analysiert.

Ergebnisse und ihre Bedeutung

260 Texte wurden mithilfe von MAXQDA kodiert. Die Interkoderübereinstimmung liegt mit κn = 0,91 im hervorragenden Bereich (Rädiker & Kuckartz, 2019, S. 303).

Bezüglich der Textlänge (Lehrkraft: 69,11 Wörter; Freundin: 69,75 Wörter) und der Satzanzahl (Lehrkraft: 9,50 Sätze; Freundin: 9,51 Sätze) unterscheiden sich die Texte an beide Adressat*innen nicht. Mit Blick auf den Gebrauch bestimmter Termini lassen sich jedoch statistisch signifikante Unterschiede zwischen beiden Adressatengruppen identifizieren: In den Texten an die Freundin werden häufiger solche Termini verwendet, die den Schüler*innen bereits vor dem Unterricht bekannt sein sollten (geladene Teilchen, Anziehung), während in den Texten an die Lehrkraft vermehrt Termini vorkommen, die im Rahmen des Unterrichts explizit neu eingeführt wurden (Ion, Hydratation). Wenn die Schüler*innen die Erklärung an die Lehrkraft richten, nutzen sie mehr Passivkonstruktionen (in 23% der Sätze vs. 17% der Sätze an die Freundin) und mehr persönliche Ausdrucksweisen (in 8% der Sätze vs. 3% der Sätze an die Lehrkraft), wenn sie ihre*n Freund*in adressieren. Hinsichtlich Auswahl und Anordnung sachinhaltlicher Aspekte des Lösevorgangs fallen die Unterschiede deutlich geringer aus. Der Aspekt „chemische Struktur von Salz und Wasser“ wird in den Texten an die Mitschüler*in öfter thematisiert, vermutlich um bestmöglich an das Vorwissen der Adressatin anzuknüpfen. Außerdem findet sich in den Texten an die Freund*in vermehrt der Aspekt „Bildung einer Hydrathülle“, welcher für das Verständnis des Lösevorgangs von zentraler Bedeutung ist.

Die vorgestellte Untersuchung dient als Bestandsaufnahme der Fähigkeit von Schüler*innen zur Herstellung von Adressatenorientierung in chemiebezogenen Texten. Wenngleich es Lernenden gelingt, hinsichtlich einiger sprachlicher Merkmale von Adressatenorientierung differenziert vorzugehen, bedarf es bei der Auswahl sachinhaltlicher Aspekte zusätzlicher Förderung. Neben der Analyse von Schüler*innentexten kann das Kategoriensystem außerdem für weitere Textprodukte (z.B. Schulbuchtexte) herangezogen werden, um Adressatenorientierung einzuschätzen.



Paper Session

Leistungsfach Naturwissenschaft und Technik (NwT) - Inhaltsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der gymnasialen Oberstufe

Marcus Brändle

Universität Stuttgart, Deutschland

In nationalen und internationalen Bildungsinstitutionen wird die Notwendigkeit betont, bei Bürger:innen zukunftsrelevante Kompetenzen zu fördern, um ihnen eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zu ermöglichen [z. B. 5, 7]. Die zu fördernden Kompetenzen im Sinne einer technischen Mündigkeit sind in einigen Rahmenwerken [9, 16, 17] festgehalten. Sie wirken sich nicht zuletzt auf neue und etablierte Schulfächer aus. Dennoch existieren nur wenige (interdisziplinäre) Fächer im deutschen Schulsystem, die Technik ganzheitlich betrachten [18]. Ein Fächeransatz aus Baden-Württemberg ist das Schulfach Naturwissenschaft und Technik (NwT) am allgemeinbildenden Gymnasium. Als Profilfach ist es seit 2007 in der Sekundarstufe I (Klasse 8 – 10) etabliert. Mit dem im Schulversuch befindlichen Leistungsfach wird den Schüler:innen im Sinne einer technischen Allgemeinbildung eine Anknüpfung in der Sekundarstufe II mit Abitur ermöglicht. Gleichzeitig wirft die Neueinführung eines Schulfachs Fragen zu dessen Umsetzung und Wirkung auf. Jedoch liegen nur wenige empirische Befunde zur Wirkung interdisziplinärer natur- und technikwissenschaftlicher Fächer am allgemeinbildenden Gymnasium vor [vgl. 3].

Ausgehend vom Angebots-Nutzungs-Modell nach Seidel [14] und vielfältig belegten allgemeinen Zusammenhängen [u. a. 6] zwischen den einzelnen Elementen der Angebots-, Nutzungs- und Ergebnisebene stehen für die Entwicklung inhaltsbezogener Kompetenzen neben den Rahmenbedingungen auf der Angebotsebene die kognitiven Einflussfaktoren [vgl. z. B. 13] primär im Fokus der Arbeit [3]. Die Operationalisierung der inhaltsbezogenen Kompetenzen über das Fachwissen orientiert sich dabei am Kompetenzmodell von Kauertz und Kolleg:innen [8] wobei für die Testentwicklung auf inhaltlicher Ebene die Bildungspläne des Profilfachs (Vorwissen aus der Mittelstufe) [11] und des Leistungsfachs (Fachwissen) [1] berücksichtigt werden. Das kognitive Anforderungsniveau der Aufgaben orientiert sich an den Operatoren der EPA-Technik [2].

Der vorliegende Beitrag nimmt die Forschungsdesiderate zur Wirkung des Leistungsfachs NwT auf und klärt die nachfolgenden Forschungsfragen anhand der zentralen Befunde aus der Dissertationsschrift des Autors:

  1. Wie können inhaltsbezogene Kompetenzen im Leistungsfach NwT valide und reliabel gemessen werden?
  2. Über welches Vorwissen verfügen Schüler:innen bei Einmündung in die Kursstufe?
  3. Über welches Fachwissen verfügen Schüler:innen des Leistungsfachs NwT am Ende der gymnasialen Kursstufe?
  4. Welche unterschiedlichen Kompetenzniveaus der Schüler:innen lassen sich feststellen?
  5. Welche Zusammenhänge zwischen den kognitiven Merkmalen Vorwissen sowie fluide Intelligenz und dem Fachwissen der Schüler:innen sind nachweisbar?
  6. Inwiefern eignen sich die kognitiven Merkmale fluide Intelligenz und Vorwissen zur Einteilung der Lernenden in Kompetenzniveaus anhand ihrer Eingangsvoraussetzungen?

Die Messung inhaltsbezogener Kompetenzen erfolgt stellvertretend über das Fachwissen der Schüler:innen. Dazu werden unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen Testinstrumente zum Vorwissen und Fachwissen der Schüler:innen nach der klassischen Testtheorie [s. z. B. 12] entwickelt und pilotiert. Für den Ausbau des Analysepotenzials der Skalen werden diese nach Erhalt der Daten aus zwei Erhebungsdurchgängen mittels Rasch Modellierung [10] ausgewertet. Auf Basis der geschätzten Personenfähigkeit sollen Kompetenzniveaus identifiziert werden. Zur Differenzierung der Stichprobe wird dazu das Verfahren der k-means Clusteranalyse gewählt [15]. Ergänzend zum Fachwissen flankiert die Messung der fluiden Intelligenz mittels CFT 20-R [19] die kognitiven Einflussfaktoren basierend auf der Theorie von Cattell [4].

Die Ergebnisse der Testung von nmax = 140 (w = 9.3 %, m = 90.7 %) belegen, dass sich über den Verlauf der Kursstufe eine Entwicklung des Fachwissens bei den Schüler:innen vollzieht. Gleichzeitig kann der Einfluss der kognitiven Merkmale der fluiden Intelligenz auf das Vorwissen (βIQ-VW = .495) und der Einfluss des Vorwissens auf das Fachwissen (βVW-FW = .374) durch eine vollständige Mediation (βa*b = .185) bestätigt werden. Darüber hinaus lassen sich drei trennscharfe Kompetenzniveaus über die Clusteranalyse identifizieren und anhand der kognitiven Merkmale charakterisieren.

Im Vortrag werden die erhaltenen Befunde reflektiert und diskutiert, in den Kontext der bisherigen Forschung eingeordnet und Implikationen für die Bildungsadministration und die schulische Praxis abgeleitet.



Paper Session

Schwierigkeitsbestimmende Aufgabenmerkmale bei Prüfungsaufgaben im technischen Bereich

Elmar Dammann, Pia Schäfer, Felix Walker

Universität Hamburg, Deutschland

Prüfungsaufgaben spielen für die Beurteilung von Kenntnislagen Auszubildender eine entscheidende Rolle. Sie sollen die Leistungen von Individuen sowie Leistungsunterschiede in Gruppen valide erfassen. Die Kenntnislage zur Messgüte von Prüfungsaufgaben in der technischen Berufsbildung ist jedoch überschaubar (Ausnahmen bilden Untersuchungen zu schwierigkeitsbestimmenden Aufgabenmerkmalen insbesondere im beruflichen Bildungsbereich, z.B. Schumann & Eberle 2011; Nickolaus 2014). Insbesondere hinsichtlich nichtfachlicher Anforderungen ist die Kenntnislage im technischen Bereich ungenügend.

Mehrere Studien zeigen, dass gerade Lesekompetenzen bei Berufsschüler/innen schwach ausgeprägt sind (z. B. Lehmann & Seeber 2007), wodurch sie einen starken Einfluss auf die Prüfungsergebnisse haben. In der Teilstudie 3 des Projekts TechKom (Technologiebasierte Kompetenzmessung und -förderung in der Erstausbildung in der Elektro- und Metalltechnik; Förderkennzeichen: 21AP011) werden Aufgabenmerkmale hinsichtlich benötigter Lesekompetenzen untersucht und die Bild-Text-Integration (z.B. Mayer & Moreno 2007; Schnotz & Bannert 2003) sowie die Textverständlichkeit (z.B. Brünken et al. 2005; Rabe & Mikelskis 2007) fokussiert. Unter dem Aufgabenmerkmal Textverständlichkeit wird in Teilstudie 3 u.a. die fakultative Kohärenzbildungshilfe, die Textlänge sowie die Anzahl der Fachbegriffe definiert. Als Bild-Text-Integration wird in Teilstudie 3 die räumliche Nähe der Informationen von Text und Bild oder der Split-Attention-Effekt definiert. Lesekompetenzen wurden bisher für den allgemeinbildenden Bereich betrachtet (z.B. Ropohl, Walpuski & Sumfleth 2015), für die technische Berufsbildung konnten nur wenige Quellen identifiziert werden (z.B. Kühn 2016).

Die Teilstudie 3 des Forschungsprojekts TechKom untersucht schwierigkeitsbestimmende Merkmale von Aufgaben in den theoretischen Abschlussprüfungen der Ausbildungsberufe Mechatroniker/in, Konstruktionsmechaniker/in und Elektroniker/in für Automatisierungstechnik. Dazu wurden alle gebundenen Prüfungsaufgaben der PAL (Prüfungsaufgaben und Lehrmittelentwicklungsstelle der IHK Region Stuttgart) zu den drei genannten Berufen aus dem Zeitraum 2016 bis 2020 bezüglich schwierigkeitsbestimmender Merkmale analysiert (z. B. Lesbarkeitsindex (LIX), Bild-Text-Integration, Split-Attention-Effekt). Hinsichtlich der fokussierten Merkmale variierbare Aufgaben wurden anschließend modifiziert. Im Rahmen einer Interventionsstudie soll die Forschungsfrage beantwortet werden, ob variierte und nicht variierte Aufgaben Unterschiede in den IRT-Itemparametern aufweisen. Zu diesem Zweck wurden für jede ausgewählte Aufgabe drei Varianten erstellt, hinsichtlich 1) Textverständlichkeit, 2) Bild-Text-Integration und 3) die Kombination aus 1) und 2) und diese Auszubildenden der genannten Berufe kurz vor Ihrer Abschlussprüfung zur Bearbeitung vorgelegt.

Im Vortrag werden theoretische Grundlagen, das Untersuchungskonzept sowie Ergebnisse der Hauptstudie präsentiert. Ergänzend dazu werden das entwickelte Testheftdesign sowie das digitale Erhebungsformat vorgestellt. Es liegen Daten zu allen drei o.g. Berufen vor, die klassisch und probabilistisch analysiert wurden. Präsentiert werden Daten von 376 Mechatroniker/innen. Der Einfluss der variierten Aufgabenmerkmale kann bestätigt werden, die Richtung des Einflusses (Itemparameter höher oder niedriger) ist jedoch nicht eindeutig. Diese Befundlage soll mit den Teilnehmenden diskutiert werden. Dabei soll die Diskussion sowohl die empirischen Befunde als auch die theoretischen Grundlegungen behandeln. Der Multimediaeffekt (z.B. Mayer 2009), als ein grundlegender Effekt der Zwei-Kanal-Theorie für die Bild-Text-Integration beschreibt z.B. den positiven Einfluss der parallelen Darbietung von visuellen und symbolischen Stimuli gegenüber rein symbolischen Stimuli. In Analysen der Daten aus Teilstudie 3 auf Aufgabenebene kann diese Theorie teilweise bestätigt werden, teilweise zeigen sich gegenteilige Befunde. So ergeben sich für manche Aufgaben nach Hinzufügen einer Abbildung zur Unterstützung der Entwicklung eines mentalen Modells niedrigere IRT-Itemparameter (die Aufgabe wird leichter), bei anderen Aufgaben wird der IRT-Itemparameter höher (die Aufgabe schwerer). Neben den statistischen Analysen der benannten Daten stellen wir daher auch Analyseergebnisse aus Validierungsbefragungen von fachlichen Expertinnen und Externen vor.

Der Beitrag kann dem Bereich „Bildung verstehen“ des Tagungsmottos zugeordnet werden. Die Analysen der Teilstudie 3 werden auch vor dem Hintergrund subgruppenspezifischer Einflüsse durchgeführt und die erlangten Befunde in die Diskussion eingebunden.



Paper Session

Modellierungsfähigkeiten als Konstrukt zur Beschreibung von Kompetenzen im Ingenieurstudium

Martin Lang1, Elmar Dammann2

1Universität Duisburg-Essen; 2Universität Hamburg, Deutschland

Empirische Untersuchungen zu Bildungsverläufen im tertiären Bildungsbereich sind innerhalb der empirischen Bildungsforschung generell eher eine Seltenheit. Noch seltener ist das Ingenieurstudium Gegenstand bildungswissenschaftlicher Untersuchungen. Dabei wird gerade das Ingenieurstudium von jungen Menschen überdurchschnittlich oft als Hochschulbildungsweg gewählt (statista 2023). Ausnahmen für bildungswissenschaftliche Untersuchungen im Ingenieurbereich bilden u.a. die Forschungsprojekte KoM@ING und KOM-ING (beide BMBF-Förderlinie KoKoHs (KOKOHS 2023)) sowie die DFG-Forschergruppe ALSTER in der ersten Phase (ALSTER 2023). Die Projekte KoM@ING und KOM-ING fokussierten beide die Entwicklung und empirische Prüfung erster Struktur- und Niveaumodelle zu fachlichen Kompetenzen in der ersten Phase des Ingenieurstudiums und betrachteten dabei u.a. das Fach Technische Mechanik (TM). In der ALSTER-Untersuchung geht es um Prädiktoren des Studienerfolgs in naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen. Untersucht werden Aspekte des Studienbeginns (z.B. Fachliches Wissen, Motivation, Lernstrategien) und deren Einflüsse auf empirisch erfassbare Aspekte des Studienerfolgs (z.B. Fachnoten aus Klausuren, Studienabbruch, Leistungen in Fachtests). Für den Bereich der technischen Studiengänge wird der Studiengang Bauingenieurwesen untersucht und hierbei ebenfalls das Fach Technische Mechanik (TM) fokussiert. Für die Messung der fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in diesem Fach wurden theoretische Grundlagen und darauf aufbauend Testinstrumente entwickelt. Eine grundlegende Annahme der ALSTER-Untersuchung ist, dass neben dem fachlichen und mathematischen Wissen insbesondere die Fähigkeit zur fachspezifischen Mathematisierung den Studienerfolg im Fach TM erklärt.

Kenntnisse und Fähigkeiten in der TM sind auf die Bearbeitung von Aufgaben zur TM ausgerichtet. Für die Bearbeitung dieser Aufgaben sind verschiedene Bearbeitungsschritte durchzuführen, die sich mit Prozessen eindeutig beschreiben lassen (z.B. Magnus & Müller-Slany 2009; Müller-Slany 2018). Dabei ist der Umgang mit Modellen (z.B. mathematisches Modell) eine wesentliche Fähigkeit. Nach Müller-Slany (2018) ist für in der heutigen TM-Lehre eingesetzte Aufgaben insbesondere die Mathematische Modellbildung unter Berücksichtigung fachspezifischer Prinzipien und Methoden bedeutsam. In Anlehnung an Modelle zur mathematischen Modellierung (z.B. Borromeo Ferri, Greefrath & Kaiser 2013; Greefrath & Maaß 2020) und zur physikalisch-mathematischen Modellierung (z.B. Trump 2016) wurde innerhalb der DFG-Forschergruppe ALSTER für die TM und die Fähigkeit fachspezifischer Mathematisierung ein Modell fachlich-mathematischer Modellierung entwickelt, empirisch geprüft sowie Zusammenhänge mit verschiedenen psychologischen Variablen analysiert.

Im Vortrag werden Ergebnisse der Modellanalysen vorgestellt. Dabei wird insbesondere auf die empirische Modellprüfung der fachlichen Konstrukte Fachwissen und Modellierungsfähigkeit sowie auf Zusammenhänge mit psychologischen Variablen eingegangen. Zu diesen psychologischen Variablen gehören u.a. das akademische Selbstkonzept (SESSKO; Schöne, Dickhäuser, Spinath & Steinsmeier-Pelster 2002), die kognitive Grundfähigkeit (KFT; Heller & Perleth 2000) und die Selbstwirksamkeitserwartung (u.a. SWE; Jerusalem & Schwarzer 1999). Es liegen längsschnittliche Daten von rund 180 Studierenden des Bauingenieurwesens aus deren ersten Semestern des Studiums vor, die im Zuge der Haupterhebungen der ALSTER-Untersuchung zu zwei Messzeitpunkten erhoben wurden. Die Stichprobengröße sowie die Vollständigkeit der Datensätze ermöglichen den Einsatz u.a. von längsschnittlichen und mehrdimensionalen IRT-Modellen sowie Strukturgleichungsmodellierungen.

Wesentliche Ergebnisse der Analysen sind signifikante Zuwächse in den Fachkonstrukten zwischen den beiden Messzeitpunkten. Darüber hinaus zeigen sich mehrdimensionale IRT-Modelle der drei Fachkonstrukte „Fachwissen“, „Modellierungsfähigkeit“ und „mathematisches Wissen“ besser auf die Daten passend als eindimensionale IRT-Modelle. Strukturgleichungsmodellierungen zeigen, dass sich der Studienerfolg am Ende des ersten Semesters zusätzlich durch fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu Messzeitpunkt 1 erklären lässt. Damit bestätigt sich die Bedeutung des fachspezifischen Vorwissens auch in dieser Untersuchung.

Mit den Zuhörenden werden wir die Angemessenheit der gewählten statistischen Verfahren zur Beantwortung der Forschungsfragen sowie weitere Analysepotentiale der verfügbaren Daten diskutieren. Der Beitrag kann primär dem Bereich „Bildung verstehen“ des Tagungsmottos zugeordnet werden. Die im Projekt erreichte Stichprobe lässt subgruppenspezifische Analysen zu, die für die Diskussionen um diversitätssensible Lernverläufe Beiträge liefern kann. So beinhaltet die Stichprobe statistisch bedeutsame Anteile weiblicher und männlicher Studierender sowie von Studierenden mit und ohne Deutsch als Muttersprache. Die Prädiktion des Studienerfolgs werden im Vortrag daher auch mit dem Hintergrund diverser Studierendenmerkmale diskutiert.



 
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