Paper Session
Wenn sie nur wollen? Eine Individual Participant Data-Meta-Analyse zum Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und Merkmalen der Leistungsmotivation von Schüler:innen
Sarah Grünthal, Lena Keller, Julia Kretschmann, Hanna Dumont, Martin Brunner
Universität Potsdam, Deutschland
Theoretischer Hintergrund
Die Leistungsmotivation von Schüler:innen spielt eine wichtige Rolle für ihr Lernverhalten und bestimmt ihren Bildungs- und Berufserfolg (Quílez-Robres et al., 2021). So konnte in Meta-Analysen gezeigt werden, dass Schüler:innen und Studierende mit höherer Selbstwirksamkeitserwartungen, Leistungsmotivation und höheren akademischen Selbstkonzepten bessere Leistungen aufwiesen (z.B. Multon et al., 1991; Robbins et al., 2004).
Das Erwartungs-Wert-Modell nach Eccles (1983) nimmt an, dass sich die Leistungsmotivation von Schüler:innen in Abhängigkeit ihrer Erfolgserwartungen bzgl. einer Aktivität und dem beigemessenen subjektiven Wert entwickelt. Während man unter Erfolgserwartungen beispielsweise das akademische Selbstkonzept und die Selbstwirksamkeitserwartung versteht, untergliedert sich die Wertkomponente in Zielerreichungswert, intrinsischen Wert, Nützlichkeit sowie die relativen (emotionalen) Kosten (Eccles, 1983). Das General Model of Relations Among Parental Influences on Children‘s Motivation von Eccles (1993) geht als Erweiterung des Erwartungs-Wert-Modells davon aus, dass der sozioökonomische Status (SÖS) beeinflusst, welche außerschulischen Erfahrungen Eltern ihren Kindern ermöglichen können (z.B. gemeinsames Vorlesen, Instrumentenunterricht, Sportvereinsmitgliedschaft, Museumsbesuche) und wie sie ihre Kinder beim schulischen Lernfortschritt unterstützen können (z.B. Hilfestellung bei Hausaufgaben). Diese Erfahrungen beeinflussen die Erfolgserwartungen und Werte, die Kinder und Jugendlichen, insbesondere auch in Bezug auf schulisches Lernen entwickeln. Dabei ist vor allem zu bedenken, dass im Vergleich zu Schüler:innen aus sozioökonomisch begünstigten Familien, Kinder aus Familien mit niedrigerem SÖS oftmals weniger Möglichkeiten haben herauszufinden, worin sie gut sind, was sie interessiert und was ihnen Spaß macht, sowie ihren Interessen und Leidenschaften nachzugehen (Eccles, 1993).
Der SÖS wird typischerweise als multidimensionales Konstrukt verstanden, das sich aus dem Bildungsniveau der Eltern, dem beruflichen Status der Eltern und deren Einkommen zusammensetzt (z.B. Ditton & Maaz, 2015). Darüber hinaus ist es plausibel anzunehmen, dass eine differenziertere Erfassung bildungsrelevanter Ressourcen (z.B. Bücherbestand im Haushalt), einen vertieften Einblick geben kann, inwiefern Eltern ihren Kindern anregende Lerngelegenheiten bieten können bzw. die schulische Entwicklung ihrer Kinder fördern können. Während der Zusammenhang zwischen SÖS und schulischer Leistung bereits gut erforscht ist (z.B. Chmielewski, 2019; Liu et al., 2022; Sirin, 2005), wurde der Zusammenhang zwischen SÖS und motivationalen Merkmalen jedoch bislang kaum systematisch untersucht.
Fragestellungen
Um diese Lücke zu schließen, untersuchen wir aus internationaler Perspektive inwiefern SÖS und Merkmale der Leistungsmotivation zusammenhängen und ob die Stärke und Richtung des Zusammenhangs über Länder, Domänen, motivationale Merkmale, Zeit und SÖS-Indikatoren hinweg variieren.
Methode
Zur Beantwortung dieser Fragestellungen führen wir mit Daten des Programme for International Student Assessment (PISA 2000–2018) eine Individual Participant Data-Meta-Analyse durch (Brunner et al., 2023). Im ersten Schritt berechnen wir hierfür für jede Stichprobe pro Land die Korrelationen zwischen SÖS-Indikatoren und den motivationalen Merkmalen. Im zweiten Schritt integrieren wir die Korrelationen meta-analytisch. Als SÖS-Indikatoren wurden der höchste berufliche Status der Eltern (HISEI), das höchste Bildungsniveau der Eltern in absolvierten Bildungsjahren, der Bücherbestand im Haushalt und zur Verfügung stehende Bildungsressourcen im Haushalt (z.B. Schreibtisch, Wörterbuch) verwendet. Als Erfolgserwartungen der Leistungsmotivation nutzten wir verfügbare Daten zu domänenspezifischen akademischen Selbstkonzepten und Selbstwirksamkeitserwartungen. Als Wertkomponenten untersuchten wir die intrinsische Motivation (z.B. Interesse oder Freude am Lesen), die instrumentelle Motivation, sowie emotionale Kostenkomponenten (z.B. Mathematikangst). Die motivationalen Merkmale wurden mithilfe von Skalen erfasst, die jeweils 3 bis 9 Items umfassten und ein vierstufiges Antwortformat nutzten (z.B. 1 = stimme gar nicht zu bis 4 = stimme völlig zu).
Ergebnisse
Erste Ergebnisse bestätigen, dass es domänenspezifische, indikatorspezifische und merkmalsspezifische Unterschiede im Zusammenhang zwischen SÖS und motivationalen Merkmalen bei 15-jährigen Schüler:innen gibt. Über alle motivationalen Merkmale hinweg konnte der stärkste Zusammenhang mit der Anzahl an Büchern und Bildungsressourcen im Haushalt verzeichnet werden. In Haushalten mit vielen Büchern und Bildungsressourcen könnte der Wert von Bildung stärker betont werden, was die motivationalen Merkmale der Schüler:innen positiv beeinflussen könnte. Der direkte Zugang zu Büchern und anderen Bildungsressourcen könnte dabei die Lernmöglichkeiten und Lernbereitschaft der Schüler:innen erhöhen.
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Social Inequality in Adolescents’ Social, Emotional, and Behavioral Skills: Main Effects or Intersectionality?
Clemens Lechner1, Julian Urban1,2
1GESIS, Deutschland; 2Universität Trier
Theoretical background
One of the primary objectives of education shared by many researchers, practitioners, and policymakers is fostering skills and achievement, particularly in disadvantaged youth (e.g., Grosz et al., 2021; Kautz et al., 2014; OECD, 2019, 2021). A fundamental prerequisite for such efforts is a comprehensive understanding of existing inequalities, that is, how contextual and socio-demographic characteristics affect the level and development of skills. An established findings in educational psychology is that cognitive skills and achievement are unevenly distributed among youth (e.g., OECD, 2019). Whether the same applies to social, emotional, and behavioral skills (SEB; i.e., non-cognitive skills) is much less clear, despite the crucial role of SEB skills for academic success (e.g., Guo et al., 2022; Mammadov, 2021; Poropat, 2009).
Initial studies reported small to medium-sized socio-demographic differences in SEB skills by age/grade level, gender, and/or parental SES (e.g., OECD, 2021; Guo et al., 2022; Feraco et al., 2023; Lechner et al., 2021) but are limited for the following reason. The studies predominantly focused on a single or few potential contextual/socio-demographic characteristics in isolation (e.g., SES or gender or age/grade level; for exceptions, see Feraco et al., 2023; OECD, 2021). This hinders a comparison of the relative strength of different influences on the levels of SEB skills. Even more important, it precludes examining interactions of unique constellations of (dis-)advantages in skills that arise from the simultaneous membership in multiple social categories – a concept known as intersectionality (Keller et al., 2023).
Research question
This study aimed to investigate social inequality, in particular intersectionality, in adolescents’ SEB skills. We considered gender, parental SES (as measured by parents’ education), adolescents’ school track, and migration background as intersecting social categories.
Methods
We analyzed a stratified sample of 1,664 adolescents aged 14–20 years (Mage = 17, 48% female, 33% academic background, 50% academic school track, 31% migration background). We assessed adolescents’ SEB skills using the German version of the Behavioral, Emotional, and Self-Regulatory Skills Inventory (BESSI; Lechner et al., 2022). BESSI covers five broad domains (Self-management, Emotional resilience, Cooperation, Social engagement, and Innovation) and includes 32 fine-grained SEB skill facets (e.g., stress regulation or time management).
To examine intersectionality, we used the Multilevel Analysis of Individual Heterogeneity and Discriminatory Accuracy (MAIHDA) approach (Keller et al., 2023). The MAIHDA approach enables the partitioning of variance in between stratum and within stratum variance and permits partitioning of between-stratum variance into variance due to main effects and variance due to intersectionality. We conducted MAIHDA using Bayesian multilevel modelling for each respective BESSI facet and domain clustered in the 16 demographic strata.
Results and Discussion
On average, adolescents reported “good” to “very good” SEB skill levels. We found negligible bivariate effects of gender and migration background on SEB skills (all |ds| < 0.20) but found substantial effects of parental background and school track. These effects were especially pronounced for SEB skills of the domain Innovation (dParental Background = 0.55; dSchool Track = 0.49) favoring an academic background and school track.
Regarding intersectionality, the demographic strata collectively explained up to 8.78% of the variance in SEB skills. The majority of this variance can be attributed to main effects with between 0.14% and 1.48% variance due to intersectionality.
Our findings provide further insights into social inequality in SEB skills. Because we found little evidence for intersectionality, we conclude that social inequality along the lines of the socio-demographic characteristics we investigated occurs in the form of main effects. However, there is a need for further studies investigating social inequality in SEB skills to understand the underlying processes and foster the SEB skills of (disadvantaged) adolescents.
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Situationsanalyse digitaler Ungleichheit: Warum bestehen herkunftsspezifische Unterschiede in den digitalen Kompetenzen von Schüler*innen?
Yannick Stelter, Markus Lörz
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, Deutschland
Ausgangspunkt: In Deutschland sind die sozialen Ungleichheiten im Bildungssystem besonders ausgeprägt – sowohl in den Abschlüssen, als auch in den schulischen Kompetenzen (OECD, 2019). Mit der zunehmenden Digitalisierung im Bildungsbereich entstehen zudem Dynamiken, deren Auswirkungen auf soziale Ungleichheiten bisher nur unzureichend erforscht sind. Eine dieser Entwicklungen betrifft die digitalen Kompetenzen der Schüler*innen. Dabei lässt sich beobachten, dass sowohl der Einsatz digitaler Medien, als auch der souveräne Umgang mit digitalen Medien an Bedeutung gewinnen (Drossel et al., 2019). Nicht zuletzt als Voraussetzung, um erfolgreich am immer digitalen werdenden Unterricht teilzunehmen.
Theoretischer Hintergrund: Ein zentrales Ergebnis der bisherigen Forschung ist, dass die digitalen Kompetenzen von Schüler*innen in Abhängigkeit der sozialen Herkunft variieren. Während der Zusammenhang zwischen digitalen Kompetenzen und sozialem Hintergrund gut erforscht ist, sind die Ursachen dieser Disparitäten noch weitgehend unklar. Insbesondere über den Prozess des ungleichen Erwerbs digitaler Kompetenzen herrscht Uneinigkeit (Hargittai & Hsieh, 2014).
Für ein umfassendes Verständnis der Entstehung von Bildungsungleichheit bietet es sich an, alle am Bildungserwerb beteiligten Akteur*innen – wie Schule, Lehrer*innen, Eltern und Schüler*innen – in den Blick zu nehmen. In der digitalen Ungleichheitsforschung wurde in den vergangenen Jahren zudem der Begriff des „Digital Divide“ geprägt (van Dijk, 2006). Hierbei wird zwischen dem Zugang zu digitalen Medien (first level divide) und der Nutzung digitaler Medien (second level divide) unterschieden (DiMaggio et al., 2004; Scheerder et al., 2017). Für ein umfassendes Verständnis digitalisierungsbezogener Unterschiede ist es nach Helsper (2012), Senkbeil (2018), sowie Van Deursen und van Dijk (2014) zudem empfehlenswert, über die digitalisierungsbezogenen Ressourcen hinaus auch motivationale Aspekte in den Blick zu nehmen.
Fragestellung: Ziel des vorliegenden Beitrags ist es die Entstehung herkunftsspezifischer Unterschiede in den digitalen Kompetenzen von Schüler*innen zu untersuchen. Dabei soll die Rolle der verschiedenen Akteur*innen und ihre digitalen Ressourcen herausgearbeitet werden.
Hierzu ist es zunächst erforderlich, das Ausmaß der digitalen Unterschiede bei den verschiedenen Akteur*innen systematisch zu ermitteln und anschließend in einem integrativen Modell, den Einfluss der Akteur*innen und ihrer digitalen Ressourcen auf die herkunftsspezifischen Unterschiede im Erwerb digitaler Kompetenzen zu untersuchen.
Daten und Methoden: In dem vorliegenden Beitrag verwenden wir die Daten der ICILS-Studie 2018 (Eickelmann et al., 2019; IEA, 2019). Hierbei handelt es sich um eine repräsentative Schulleistungsuntersuchung bei der die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schüler*innen der achten Jahrgangsstufe untersucht wurden. In der Analyse gehen wir in zwei Schritten vor. Zunächst wird deskriptiv dargelegt, inwieweit sich die Rahmenbedingungen für den Erwerb computer- und informationsbezogener Kompetenzen zwischen den verschiedenen sozialen Herkunftsgruppen unterscheiden. Anschließend untersuchen wir auf Basis von OLS-Regressionen inwieweit die Ursachen der herkunftsspezifischen Unterschiede auf Schüler*innenebene, auf Elternebene oder auf Schulebene zu finden sind.
Ergebnisse: Die empirischen Analysen zeigen, dass insbesondere auf Schüler*innenebene im Zugang und der Nutzung digitaler Medien herkunftsspezifische Unterschiede bestehen. Zudem unterscheiden sich die Unterstützungsmöglichkeiten im Elternhaus nach sozialer Herkunft. Auf Schulebene finden wird dagegen nur geringe Hinweise auf herkunftsspezifische Unterschiede in der digitalen Ausstattung und der Nutzung digitaler Medien. Die Ursache für die herkunftsspezifischen Unterschiede in den digitalen Kompetenzen sind daher vorwiegend auf Schüler*innen- und Elternebene zu suchen und weniger in Ausstattungsunterschieden der Schulen begründet.
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Soziale Herkunft, ganztägige Betreuung und Kompetenzentwicklung von Grundschulkindern
Fabian Siegel, Benjamin Gröschl, Hartmut Ditton, Katja Scharenberg
LMU München
Bildungserfolg und gesellschaftliche Positionierung sind vor allem in Deutschland eng mit der sozialen Herkunft verknüpft (Ehmke & Jude, 2010; Faller, 2019; OECD, 2021; Shavit et al., 1998). Als eine Maßnahme zur Reduktion solcher herkunftsbedingten Unterschiede wurden wiederholt ganztägige Betreuungsformen diskutiert, die erhoffte "homogenisierende Wirkung der Schule" (Bourdieu & Passeron, 1971, S. 28) aber nur selten differenziert untersucht (Fischer & Kielblock, 2022; Linberg et al., 2018; Steinmann et al., 2019). Klassischen theoretischen Ansätzen (Bourdieu, 2012; Bourdieu & Passeron, 1971; Coleman, 1966, 1988) und empirischen Befunden (Fend, 1981; Hattie, 2009) folgend, wird die Internalisierung kulturellen Kapitals oftmals durch die in unterschiedlichen Bildungskontexten (z.B. Schule, Hort, Elternhaus) verbrachte Zeit operationalisiert. Ebenso wichtig erscheinen jedoch die Qualität und Intensität dort stattfindender Aktivitäten und Interaktionen (Bourdieu, 2012; Coleman, 1988; Steinmann et al., 2019). Ziel unseres Beitrags ist daher, den in hierzu bislang vorliegenden Forschungsarbeiten reduzierten Fokus auf rein zeitliche und linear angenommene Kompensationseffekte von Beschulungs- bzw. Betreuungsangeboten (Bos et al., 2010; Steinmann et al., 2019) auf die Kompetenzentwicklung von Schüler:innen um Aspekte der Betreuungsqualität und -intensität zu erweitern.
Die soziale Herkunft, d.h. vor allem die damit assoziierten ökonomischen und kulturellen Ressourcen, bildet ein zentrales und zugleich vielschichtiges Konzept in der empirischen Bildungsforschung (Breen et al., 2012; Marks & O’Connell, 2021; Müller & Gangl, 2006; Sirin, 2005). Der elterliche Bildungsstand und sozioökonomische Status gelten, auch durch einschlägige Forschungsempfehlungen (APA, 2007; OECD, 2018; Reiss et al., 2019; U.S. Department of Education, 2012), als die wohl meistverwendeten Kontrollvariablen der Bildungsforschung (Breen & Jonsson, 2005; Sirin, 2005; Thomson, 2018). Die entsprechende Modellauswahl folgt dagegen eher einer "Mimikry bisher veröffentlichter Werke" (Thaning & Hällsten, 2020, S. 536) als einer expliziten methodischen Diskussion (Bukodi & Goldthorpe, 2013; Lee et al., 2019; Ludwig-Mayerhofer et al., 2020; Meraviglia & Buis, 2015). Dabei kann die Operationalisierung von "Hintergrundvariablen" (Schneider, 2016, S. 41) einen erheblichen Einfluss auf die Resultate einer Hauptuntersuchung haben (Burnham et al., 2002; Harwell et al., 2017; Blossfeld, 2019).
Unser Beitrag zeigt anhand longitudinaler Daten aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS, Startkohorte 2; Artelt & Sixt, 2023; Blossfeld & Roßbach, 2019), dass die Entwicklung mathematischer Kompetenzen von Grundschulkindern sowohl mit den bereits zu Beginn der Schulzeit unterschiedlichen Kompetenzniveaus (β=0.55; p<0.01; R²=0.20) als auch mit den ökonomischen Ressourcen (β=0.27; p<0.01; R²=0.07) und dem Bildungshintergrund der Eltern (=0.2<β<0.50; p<0.01; R²=0.08) einerseits zusammenhängt, andererseits aber auch komplex und nicht-linear interagiert. Die Modellanpassungsgüte und Effektstärken unterscheiden sich daher deutlich zwischen den, nach Kompetenzniveau und sozialer Herkunft differenzierten, Untersuchungsgruppen (0.12≤β≤0.38; p<0.05; 0.01≤R²≤0.40).
Die in diesem Beitrag präsentierten Teilergebnisse aus dem DFG-Projekt [Anonymisiert] können so teilweise die gesellschaftlich erhofften, kompensatorischen Effekte von Schule belegen. Daneben finden sich aber auch verstärkende, oft als „Matthäus-Effekt“ (Merton, 1988) zusammengefasste, Einflüsse qualitativ unterschiedlicher Betreuungsformen. Die Wirkung von Ganztagsbeschulung, Hortbetreuung oder auch einfacher Mittagsbetreuung variiert zudem abhängig vom Kompetenzniveau und der sozialen Herkunft der Grundschulkinder. Schon zu Beginn der Schulzeit unterdurchschnittlich kompetente Schüler:innen mit niedriger sozialer Herkunft zeigen bis zum Ende der Grundschulzeit kaum Veränderungen in den Kompetenzen relativ zur Gesamtkohorte, während Schüler:innen hoher sozialer Herkunft deutlich aufholen. Demgegenüber können anfänglich überdurchschnittlich kompetente Kinder hoher sozialer Gruppen ihr Niveau über die Grundschulzeit halten, während sich bei Schüler:innen mit niedriger sozialer Herkunft im gleichen Zeitraum der Kompetenzvorsprung deutlich verringert.
Unser Beitrag zeigt, dass eine parametrisch nicht-lineare Modellierung des kulturellen und ökonomischen Hintergrunds theoretisch und methodisch notwendig ist, um hierbei relevante Wirkmechanismen herausstellen und differenzielle Effekte unterschiedlicher Betreuungsformen auf die herkunftsspezifische Kompetenzentwicklung im Zeitverlauf nachweisen zu können. Dadurch gelingt es nicht nur, die entsprechenden Bildungs- und Selektionsprozesse besser zu verstehen. Vielmehr geben unsere Befunde auch Hinweise darauf, gezielt Partizipationsprozesse anzustoßen und Bildungsangebote so zu gestalten, dass herkunftsbedingten Bildungsungleichheiten entgegengewirkt werden kann.
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