Paper Session
Bereitschaft pädagogischer Fachkräfte, frühes naturwissenschaftliches Lernen verbal zu unterstützen
Lukas Schmitt1, Anke Maria Weber2, Miriam Leuchter1
1RPTU Kaiserslautern-Landau, Deutschland; 2Université de Luxembourg, Luxemburg
Theorie
Dispositionen von pädagogischen Fachkräften (PFK) wie z.B. Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und Lehr- Lernüberzeugungen werden gemäß Kompetenzmodellen ein Einfluss auf die lernunterstützende Handlung von PFK in zugeschrieben (vgl. Fröhlich-Gildhoff et al., 2011). Die Qualität und Häufigkeit der Lernunterstützung variiert jedoch stark zwischen PFK, u.a. auch in naturwissenschaftlichen Lehr- Lernangeboten (Cabell et al., 2013). Darüber hinaus ist verbale Lernunterstützung (Scaffolding) in alltagsnahen Situationen (z. B. Bauspiel) eher selten zu beobachten (Cabell et al., 2013; von Suchodoletz et al., 2014). Dies könnte auf Unterschiede im Fachwissen, im fachdidaktischen Wissen bzw. in Lehr-Lernüberzeugungen zwischen PFK zurückzuführen sein, die wiederum in unterschiedlichem Maße handlungsleitend sein können. Um die Lücke zwischen Dispositionen und Handlungen zu schließen, wird in diesem Beitrag die Willingness-Komponente aus der Theorie des geplanten Verhaltens (Fishbein & Ajzen, 2010) herangezogen, welches in unserem Kontext die persönliche Bereitschaft von PFK erfasst, ein naturwissenschaftliches Lernangebot mit Diagnostik oder Scaffolding anzureichern.
Das Ziel dieser Studie ist die Validierung eines Messinstruments zur Erfassung von Willingness, um diagnostische und lernunterstützende Aktivitäten in naturwissenschaftlichen Lernsituationen anzuwenden, sowie die Analyse verschiedener Prädiktoren. Es wird eine dreidimensionale Struktur von Willingness (Diagnostik, Scaffolding, Inaktivität) angenommen und ihr Zusammenhang zur Praxis untersucht.
Fragestellungen
1. Ist der dreidimensionale Ansatz zur Messung von Willingness faktoriell valide?
2. Welche Variablen sagen Willingness zum Einsatz diagnostischer Maßnahmen bzw. Scaffolding in naturwissenschaftlichen Lernsituationen vorher? Gibt es einen Zusammenhang zur verbalen Lernunterstützung während des Bauspiels?
Methode
An der Fragebogenstudie nahmen 151 PFK (M = 35.76, SD = 13.18, 87% weiblich) teil. Zusätzlich wurden von N = 73 PFK Episoden freien Bauspiels zwischen PFK und einer Kleingruppe von Kindern (max. 5) videografiert.
Fachwissen im Bauspiel wurde über den „Center-of-Mass-Test“ ([Author] & [Author], 2020) erfasst, bei dem die Stabilität von 16 Bauklotzanordnungen bewertet werden muss (α=.83). Fachdidaktisches Wissen wurde über eine selbstentwickelte Skala mit 10 Items erfasst. PFK mussten die Angemessenheit fachdidaktischer Maßnahmen (z.B. Förderung numerischer Kompetenzen im Bauspiel) auf einer vierstufigen Likertskala einschätzen (1 = gar nicht angemessen, 4 = sehr angemessen, α=.85). Die Willingness der PFK zur Lernunterstützung wurde mit einem vignettenbasierten Ansatz erfasst (siehe Abbildung 1). Es wurden 5 Vignetten präsentiert und eine dreidimensionale Faktorstruktur angenommen (Diagnostik: „Ich würde aufmerksam verfolgen, was die Kinder gerade tun.“, α=.97; Scaffolding: “ Ich würde die Kinder dazu anregen, nächste Schritte in ihrem Tun auszuprobieren”, α=.85; Inaktivität: “ Ich würde die Kinder in Ruhe lassen“, α=.93). Lehr-Lernüberzeugungen wurden über 12 Items (Schmidt und Smidt, 2021) auf einer fünfstufigen Likertskala erfasst (Ko-Konstruktion, α=.77; Autonomie, α=.57; Instruktion, α=.78). Die Häufigkeit der verbalen Lernunterstützung im freien Bauspiel (Videoanalyse) wurde von zwei unabhängigen Ratern auf einer vierstufigen Likertskala bewertet (1 = sehr selten, 4 = sehr häufig, ICC = .99).
Ergebnisse
Die konfirmatorische Faktorenanalyse zeigte einen guten Fit für die dreidimensionale Faktorstruktur (χ2(6) =15.68, p=.016; CFI=.99; TLI=.97; RMSEA=.10; SRMR=.04; siehe Abbildung 2). Es zeigten sich positive Korrelationen zwischen Willingness für Diagnose mit Ko-Konstruktion, Autonomie und fachdidaktischem Wissen. Willingness für Scaffolding war positiv mit Ko-Konstruktion und fachdidaktischem Wissen korreliert. Multiple Regressionen zeigten, dass Ko-Konstruktion (B = 0.89, p ≤ .001) und fachdidaktisches Wissen (B = 0.34, p ≤ .001) inkrementelle Validität bei der Vorhersage von Willingness zur Diagnose hatten. Für die Vorhersage von Willingness zu Scaffolding hatte nur fachdidaktisches Wissen (B = 0.36, p ≤ .001) inkrementelle Validität. Keine der Aspekte der Willingness zeigten Zusammenhänge zur verbalen Lernunterstützung im freien Bauspiel. Lediglich das Alter war positiv mit der Häufigkeit verbaler Lernunterstützung korreliert (r = .46).
Diskussion
Unsere Forschung weist auf die Bedeutung fachdidaktischen Wissens für die Vorhersage von Willingness zu Diagnose und Scaffolding hin. Die Ergebnisse zeigen aber, dass weitere Analysen notwendig sind, um die Bedeutung von Willingness als Brücke zwischen Dispositionen und Handlungen zu klären.
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Zusammenarbeit in Kita-Teams- Untersuchungen zur Selbsteinschätzung teamrelevanter Aspekte
Carolin Rauhöft, Melissa Pepper, Dr. Dagmar Nuding, Prof. Dr. Gernot Aich
Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Deutschland
Theoretischer Hintergrund
Die weiter steigende Verweildauer von Kindern in Kindertageseinrichtungen führt zu einem zunehmenden Einfluss dieser auf die kindliche Entwicklung (Bock-Famulla et al., 2022). Pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen arbeiten in einem Team und eine gute Zusammenarbeit im Team wird von den Fachkräften als wichtige Bedingung für ihre Arbeit eingeschätzt (Wertfein, Wirts & Wildgruber, 2015). Dabei beeinflusst das Klima entscheidend die Arbeitsleistung (Hegen, 2005). Die Herstellung eines partizipativen Arbeitsklimas bildet die Grundlage für einer am Kind orientierten partizipativen Bildungsarbeit, da Partizipation die Konfliktlösekompetenz, Empathie, Kompromissbereitschaft und Frustrationstoleranz erhöht (Rutter, 2012).
Bisher wurde in Untersuchungen zu möglichen Zusammenhängen ein signifikanter Einfluss extern beobachteter Teamqualität nachgewiesen (Wertfein et al., 2013). Für Teamklima als subjektives Konstrukt ist eine individuelle Bewertung bedeutsam, um Folgerungen für Teamentwicklungsmaßnahmen treffen zu können (van Dick & West, 2005).
Fragestellungen
Im vorliegenden Beitrag werden erste Ergebnisse zur Selbsteinschätzung der partizipativen Zusammenarbeit in Kita-Teams vorgestellt. Konkret stehen in diesem Beitrag folgende Fragen im Mittelpunkt: Wie gestaltet sich die partizipative Zusammenarbeit im Team in den am Projekt teilnehmenden Einrichtungen? Wie hängen die einzelnen teamrelevanten Aspekte zusammen? Gibt es Aspekte der Teams oder der Personen, die Unterschiede der Selbsteinschätzung erklären?
Methode
Insgesamt wurden 205 Fachkräfte in 29 Einrichtungen befragt. Dazu werden Daten aus dem Ich bin Ich 3.0 Projekt herangezogen. Das durch die aim (Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken gGmbH) geförderte dreijährige Projekt hat das Ziel, das Selbstkonzept von Kindern im Kita-Alltag zu stärken. Hierfür kamen verschiedene Skalen zur Anwendung, unter anderem der Fragebogen zur Arbeit im Team (Kauffeld, 2004), Teilskalen vom Landauer Organisations- und Teamklimainventar (Müller, 2002), Teilskalen der AQUA Studie (Schreyer et al., 2013) und die Intragroup Conflict Scale (Lehmann-Willenbrock et al., 2011). Neben der deskriptiven Auswertung wurden Korrelationsanalysen zwischen einzelnen Subskalen und varianzanalytische Gruppenvergleiche mit SPSS durchgeführt.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen sehr positive Bewertungen der jeweiligen Leitungskräfte (M=3,38 - 3,44, Skala 1-4). Es werden insgesamt eher wenige Konflikte wahrgenommen (Aufgabenkonflikte: M=4,27 Beziehungskonflikte M=4,17, Skala 1-6). Das Teamklima wird allgemein positiv bewertet. Am geringsten wird der Bereich Verantwortungsübernahme (M=3,63) bewertet und am höchsten die Zielorientierung im Team (M=3,99). Aufgabenorientierung (M=3,81) und Zusammenhalt (M=3,81) (Skala jeweils 1-4) werden ebenfalls gut bewertet.
Die verschiedenen Skalen zeigen hoch signifikante Zusammenhänge. Im Vortrag werden die Ergebnisse zudem in Hinblick auf einrichtungsspezifische Merkmale wie zum Beispiel Gruppenform und Teamgröße dargestellt sowie Gruppenunterschiede innerhalb der Einrichtungen aufgezeigt.
Diskussion und Implikation für Theorie und Praxis
Die Ergebnisse geben Anhaltspunkte zur Weiterentwicklung und Förderung der Zusammenarbeit im Team und können eingesetzt werden, um eine Verbesserung der partizipativen Arbeitssituation herbeizuführen. Somit können sie für Teamentwicklungsprozesse genutzt werden. Im weiteren Verlauf sollte untersucht werden, wie die einzelnen teamrelevanten Aspekte innerhalb der individuellen Teams zusammenhängen und wie sich die Teams zusammensetzen. Zusätzlich sollte untersucht werden, wie hoch die Kohärenz in den Teams ist und inwieweit diese mit der Arbeitsleistung zusammenhängt.
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Multiprofessionelle Kooperation beim Schuleintritt von Kindern mit Beeinträchtigungen
Daniel Then, Sanna Pohlmann-Rother
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Deutschland
Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ist ein bedeutender Meilenstein in der Bildungsbiografie eines Kindes (Wildenger, 2011). Um Übergangsprozesse erfolgreich zu gestalten, ist nach einem ökosystemischen Verständnis die Kooperation der AkteurInnen zentral (Rimm-Kaufman & Pianta 2000). Die multiprofessionelle Kooperation, d.h. die Zusammenarbeit der professionellen AkteurInnen im Übergang, spielt dabei eine Schlüsselrolle (Griebel & Niesel, 2020). Dies gilt auch und insbesondere für Kinder mit Beeinträchtigungen. So eröffnet die multiprofessionelle Kooperation die Möglichkeit, unterschiedliche Expertisen in den Übergangsprozess zu integrieren (Sands & Meadan, 2022) und den spezifischen Bedürfnissen dieser Kinder im Übergang passgenau zu begegnen. Entscheidend ist die Frage, inwieweit neben den frühpädagogischen Fachkräften und Lehrkräften auch externes Unterstützungspersonal (z.B. HeilpädagogInnen, SchulpsychologInnen) am Übergangsprozess beteiligt wird (Albers & Lichtblau, 2014). Besonders für den inklusiven Übergang, d.h. den Übergang in die allgemeine Grundschule, ist dies relevant (Then & Pohlmann-Rother, 2023). Wie die multiprofessionelle Kooperation beim Übergang von Kindern mit Beeinträchtigungen im Einzelnen gestaltet ist, ist bislang dennoch wenig erforscht. Vorliegende Forschungsarbeiten fokussieren hauptsächlich Kooperationen im Kita-Alltag (z.B. Kißgen et al., 2021; Peucker et al., 2017) und zeigen, dass u.a. die Beratung der Fachkräfte durch externes Unterstützungspersonal eine bedeutende Kooperationsaktivität ist (Wölfl et al., 2017). Spezifisch zur Kooperation beim Übergang liegt nur geringe Evidenz vor. Kiso und Lotze (2015) zeigen etwa, dass Fach- und Lehrkräfte um intensive Kooperation bemüht sind, wenn ein Kind mit Beeinträchtigungen den Schuleintritt vollzieht. Dagegen mangelt es an explorativen Studien, welche die Kooperationsaktivitäten sowie die einzelnen Professionen im Übergang dezidiert beschreiben. Hier setzt die vorliegende Studie an. Ziel ist es, die Kooperationsaktivitäten beim Übergang von Kindern mit Beeinträchtigungen in die Grundschule sowie die verschiedenen Professionen zu identifizieren, die an der Kooperation beteiligt sind.
Die Datenbasis der Studie bilden qualitative, leitfadengestützte Interviews mit n=22 frühpädagogischen Fachkräften, da diese –und folglich ihre Kooperationsbeziehungen– für die Übergangsgestaltung zentral sind (Pohlmann et al., 2009). Das Sampling wurde auf Basis eines qualitativen Stichprobenplans realisiert (Döring & Bortz, 2016), für den drei Merkmale herangezogen wurden: 1) die Berufserfahrung der Fachkräfte, die für ihre Kooperationspraxis relevant ist (Meyer-Siever, 2015); 2) das pädagogische Profil der Kindertageseinrichtungen (inklusiv vs. nicht-inklusiv), da in inklusiven Einrichtungen umfassender mit anderen Professionen kooperiert wird als in nicht-inklusiven Einrichtungen (Hensen et al., 2016); 3) die Lage der Kindertageseinrichtungen (im Einzugsgebiet vs. nicht im Einzugsgebiet einer Schule mit inklusivem Profil), da die Etablierung von Kooperationsbeziehungen in Schulen mit inklusivem Profil eine besondere Rolle spielt (Heimlich, 2020). Die Datenauswertung erfolgte deduktiv-induktiv mittels Verfahren der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker, 2022) durch zwei unabhängige CodiererInnen (Cohen’s Kappa=.86).
Im Ergebnis zeigt sich, dass die Fachkräfte beim Übergang von Kindern mit Beeinträchtigungen neben den anderen Fachkräften und den Lehrkräften der aufnehmenden Schulen mit einer großen Bandbreite an Professionen kooperieren. Vor allem Professionen mit medizinisch-therapeutischem Schwerpunkt (HeilpädagogInnen, ErgotherapeutInnen, LogopädInnen) sind bedeutende KooperationspartnerInnen, während mit MitarbeiterInnen der zuständigen Behörden wenig zusammengearbeitet wird. Bemerkenswert ist, dass Fachkräfte aus inklusiven Einrichtungen dabei nicht grundsätzlich von umfassenderen Kooperationsbeziehungen mit externem Unterstützungspersonal berichten, wie es vorliegende Forschungsbefunde (z.B. Hensen et al., 2016) nahelegten.
Die Kooperationsaktivitäten, die berichtet werden, zielen insbesondere auf eine Kommunikation zwischen den AkteurInnen (z.B. Austauschgespräche) sowie eine gemeinsame pädagogische Begleitung des Kindes im Übergangsprozess. Letzteres umfasst sowohl Maßnahmen der Diagnostik (z.B. gemeinsame Beobachtungen) als auch der Förderung (z.B. Durchführung von Unterstützungsmaßnahmen). Auffällig ist die Vielzahl an individualisierten Kooperationsaktivitäten, die insbesondere von Fachkräften aus inklusiven Einrichtungen berichtet werden. Während sich die Zahl der KooperationspartnerInnen zwischen den Einrichtungsarten nicht zwangsläufig unterscheidet, deuten sich in der Art der Kooperation also Unterschiede an. Von gemeinsamen Professionalisierungsmaßnahmen (z.B. Fortbildungen) wird ausschließlich mit den Grundschullehrkräften berichtet. Auf Basis der Ergebnisse wird ein Modell vorgestellt, welches die Formen der Kooperation beim Übergang von Kindern mit Beeinträchtigungen systematisiert.
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Die Entwicklung exekutiver Funktionen im Kindergarten: Spielt es eine Rolle, ob Kinder mehr Zeit in kindzentrierten im Vergleich zu lehrkraftgeleiteten Aktivitäten verbringen?
Janina Eberhart1, Donna Bryce2, Sara Baker3
1Universität Tübingen, Deutschland; 2Universität Augsburg, Deutschland; 3University of Cambridge, UK
Theoretischer Hintergrund
Exekutive Funktionen sind kognitive Fähigkeiten, die für die Schulreife, die schulischen Leistungen und die sozial-emotionalen Fähigkeiten von Kindern entscheidend sind (Blair, 2002; Blair & Razza, 2007; Riggs et al., 2006). Daher wird versucht zu verstehen, wie kindliche exekutive Funktionen gefördert werden können (Takacs & Kassai, 2019). Bildungseinrichtungen bieten dafür eine gute Möglichkeit (Yoshikawa et al., 2013). Exekutive Funktionen sind eine Komponente der Selbstregulation. Um ihr Verhalten regulieren zu lernen brauchen Kinder zunächst die Unterstützung von Erwachsenen oder erfahreneren anderen Kindern (Fremdregulation); mit der Zeit lernen Kinder dann, ihr Verhalten ohne externe Unterstützung zu regulieren. Kinder profitieren von Aktivitäten, in denen sie diese Fähigkeiten üben können. Es wird davon ausgegangen, dass kindzentrierte Aktivitäten, in denen Kinder ihr eigenes Verhalten steuern müssen, Selbstregulation mehr fördern als lehrkraftgeleitete Aktivitäten, in denen Kinder hauptsächlich Instruktionen folgen. Im Kindergarten (Reception in England) verbringen Kinder ihre Zeit in Aktivitäten mit unterschiedlichem Unterstützungsgrad, darunter Aktivitäten in der ganzen Gruppe, Aktivitäten in kleinen Gruppen, Übergängen und im freien Spiel. Bei Aktivitäten in der ganzen Gruppe und in kleinen Gruppen erhalten die Kinder in der Regel Instruktionen und Anleitungen von Lehrkräften. In kindzentrierten Aktivitäten hingegen müssen die Kinder ihr Verhalten selbst steuern und regulieren.
Fragestellung
In dieser Studie untersuchen wir, ob der Anteil der Zeit, die Kinder in verschiedenen Aktivitäten im Kindergarten verbringen, mit der Entwicklung der kindlichen exekutiven Funktionen zusammenhängen. Wir stellen die Hypothese auf, dass Kinder, die mehr Zeit in kindzentrierten Aktivitäten verbringen, bei denen sie ihr eigenes Verhalten steuern und regulieren müssen, mehr Zuwachs in der Entwicklung ihrer exekutiven Funktionen zeigen als ihre Altersgenossen, die weniger Zeit in kindzentrierten Aktivitäten verbringen.
Methode
Die Stichprobe dieser Studie umfasste 207 Kinder (MAlter = 5.25 Jahre) aus 32 Kindergartengruppen und 14 Einrichtungen in England. Die meisten Einrichtungen befanden sich in sozial benachteiligten Gegenden. Die exekutiven Funktionen der Kinder wurden zu Beginn und am Ende des Kindergartenjahres mit fünf Aufgaben erhoben. Die Aufgaben erfassten das Arbeitsgedächtnis, die Inhibition und die kognitive Flexibilität. Außerdem wurden die Sprachkenntnisse der Kinder, ihr nonverbales Denken und ihr familiärer Hintergrund erhoben. Im Frühjahr wurde in jeder Kindergartengruppe eine eintägige Beobachtung mit dem Beobachtungsinstrument COPTOP (COPTOP; Bilbrey et al., 2017; Farran, 2017) durchgeführt, um die Aktivitäten der Kinder und die Abläufe im Kindergarten zu erfassen. Der COPTOP bildet zyklische Momentaufnahmen von Aktivitäten und dem Verhalten der Kinder über den Tag hinweg ab. Auf Grundlage dieser Beobachtungen wurde die Zeit berechnet, die die Kinder in verschiedenen Aktivitäten verbrachten. Die Zeit, die Kinder in kindzentrierten und lehrkraftgeleiteten Aktivitäten verbrachten, war von besonderem Interesse. Außerdem wurde die Zeit in Übergängen ermittelt, d. h. Zeiten, in denen Kinder auf den Beginn von Aktivitäten warteten oder von einer Aktivität zur nächsten wechselten.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigten, dass die Kinder im Durchschnitt mehr Zeit in kindzentrierten als in lehrerkraftgeleiteten Aktivitäten verbrachten. Interessanterweise zeigten unsere Erhebungen, dass Übergänge, also Zeiten ohne Lerninhalte, wie z. B. in der Schlange stehen oder Warten, einen beträchtlichen Zeitanteil des Tages einnahmen. Die Analyse zeigte, dass Kindmerkmale wie die exekutiven Funktionen der Kinder zu Beginn des Kindergartenjahres, ihr nonverbales Denken und ihre Wortschatzkenntnisse die exekutiven Funktionen der Kinder am Ende des Kindergartenjahres vorhersagten. Der Anteil der Zeit in kindzentrierten und lehrkraftgeleiteten Aktivitäten war nicht mit den exekutiven Funktionen der Kinder am Ende des Kindergartenjahres assoziiert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die untersuchten Zeitanteile der Kindergartengruppen in verschiedenen Aktivitäten für die Entwicklung der kindlichen exekutiven Funktionen eine untergeordnete Rolle spielten. Stattdessen waren Merkmale des Kindes für die Entwicklung der exekutiven Funktionen wichtig. Es werden alternative Interpretationen dieser Ergebnisse sowie Implikationen für Bildungseinrichtungen diskutiert.
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