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8-14: Inklusion
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Paper Session
Sitzordnung und soziales Netzwerk: Zur Rolle der Sitzordnung im Intergruppenkontakt Bergische Universität Wuppertal, Deutschland Soziale Eingebundenheit gilt als psychologisches Grundbedürfnis (Deci & Ryan, 2000). Der schulische Kontext als formbarer sozialer Schutzraum steht vor der Herausforderung, soziale Integration für alle Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten. Zur schulischen Förderung sozialer Integration werden dabei verschiedene Ansätze diskutiert (Garrote, Sermier Dessemontet & Moser Opitz, 2017; Huber, 2019). Huber (2019) führt dabei drei zentrale Akteure und Mechanismen auf. Zum einen werden Schülerinnen und Schüler als Akteure diskutiert, die über eine Steigerung der eigenen sozialen Kompetenzen die eigene soziale Integration fördern können (Asher, Renshaw & Hymel, 1982). Zum anderen könnten Lehrkräfte über ihr Feedbackverhalten die soziale Integration ausgegrenzter Schülerinnen und Schüler begünstigen (Spilles, Huber, Nicolay, König & Hennemann, 2023). Die Peers, bzw. die Klassengemeinschaft, spielen dabei eine gesonderte Rolle, da sie integrationsfördernd agieren können, aber auch die integrationsgebende Instanz darstellen. Ausgehend von der Intergroup-Contact Theory (Allport, 1954; Pettigrew & Tropp, 2006) können Kontakterfahrungen zwischen Schülerinnen und Schülern dazu führen, dass ausgrenzungsüberwindende Beziehungen entstehen. Engmaschig strukturierte Kontakte, wie sie im Kooperativen Lernen bestehen, konnten entsprechende Effekte aufzeigen (Hank, Weber & Huber, 2023). Studien, die über die die integrationsfördernden Effekte von Unterrichtsmethoden fokussieren, schaffen häufig auch über die Zusammensetzung neuer Gruppen und Teamkonstellation neue Kontakterfahrungen. Ob erste Effekte bereits durch die Veränderung der Sitzordnung hervorgerufen werden, ist bis dato wenig untersucht worden. Diese Studie hat es sich zum Ziel gemacht, die Sitzordnung als kontaktstiftendes und netzwerkförderliches Element zu untersuchen, das von der Lehrkraft legitimiert und gesteuert werden kann (Farmer, McAuliffe Lines & Hamm, 2011). Rohrer, Keller und Elwert (2021) konnten die Rolle der Sitznachbarschaft für die Entwicklung von Freundschaften aufzeigen. Diese Studie möchte diesen Befund ergänzen, indem sie überprüft, inwiefern das soziale Netz der Klasse bei einer randomisierten Veränderung der Sitzordnung beeinflusst wird. Die Forschungsfrage lautet wie folgt: Inwiefern nimmt eine randomisierte Veränderung der Sitzordnung Einfluss auf das soziale Gefüge einer Klasse?
Methode: Mithilfe von zunächst N = 440 Schülerinnen und Schülern (49 % weiblich) aus 24 Klassen der 3. bis 6. Jahrgangstufe (MAlter = 9.46; SDAlter = 1.29) wurde eine Interventionsstudie (12 Interventionsklassen) im Prä-/Postdesign durchgeführt. Nach dem ersten Messzeitpunkt wurde in den Interventionsklassen eine zufällige neue Sitzordnung umgesetzt, bei denen Sitznachbarschaften nicht den zuvor bestandenen entsprechen sollten. Nach vier Wochen wurde die Post-Erhebung durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgte im Klassenkontext durch geschulte Versuchsleitungen. Das soziale Netzwerk der Klasse wurde soziometrisch erfasst (Moreno, 1974). Für die Auswertung von Hypothese 1 wurde eine mixed ANOVA berechnet, für Hypothese 2 wurde eine längsschnittliche Mehrebenenregressionsanalyse mittels des R-Pakets lme4 (Bates, Mächler, Bolker & Walker, 2015) durchgeführt. Ergebnisse: Die Analyse der ersten Daten ergab in Bezug auf Hypothese 1 einen nicht signifikanten Interaktionseffekt aus Zeit und Gruppenzugehörigkeit (F = 1.50; p = .233), der auf deskriptiver Ebene zugunsten der Interventionsgruppe verläuft. Für Hypothese 2 erreichte die Dreifachinteraktion aus Zeit, Gruppe und Ausgangsniveau sozialer Integration keine Signifikanz (β = -.12; p = .073). Eine Ergänzung der Stichprobe um weitere Klassen steht an. Diskussion: Die Hypothesen konnten anhand der vorliegenden Stichprobe nicht bestätigt werden. Die Veränderung der Sitzordnung scheint somit keine bedeutsamen Auswirkungen auf das Netzwerk der Klassengemeinschaft zu haben. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der Intergroup-Contact-Theory diskutiert. Paper Session
Die Rolle von Empathie für die Einstellungen von Grundschulkindern gegenüber Peers mit emotional-sozialen Schwierigkeiten im inklusiven Unterricht Universität Paderborn, Deutschland Die soziale Partizipation aller Kinder gilt als ein zentrales Qualitätsmerkmal inklusiven Unterrichts. Lehrkräfte stehen demzufolge vor der großen Herausforderung, ihren inklusiven Unterricht so zu gestalten und umzusetzen, dass allen Kindern die Möglichkeit geboten wird, positive soziale Kontakte, Freundschaften und Beziehungen aufzubauen und sich in der Klassengemeinschaft wohl und akzeptiert zu fühlen (Koster, Nakken, Pijl & van Houten, 2009). Allerdings weisen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) im Vergleich zu ihren Peers ohne SPF meist eine niedrigere soziale Partizipation im inklusiven Klassenzimmer auf: Sie verfügen über weniger Freundschaften, fühlen sich seltener in der Klassengemeinschaft angenommen und werden von ihren Mitschüler*innen weniger sozial akzeptiert (z. B. Avramidis, Avgeri & Strogilos, 2018). Dies trifft in besonderer Weise auf Kinder mit emotional-sozialen Schwierigkeiten zu (Krull, Wilbert & Hennemann, 2018), die vermehrt von sozialer Ausgrenzung und Viktimisierung im inklusiven Klassenzimmer betroffen sind (Leeuw, Boer & Minnaert, 2018). Den Einstellungen von Grundschulkindern – als zentraler Indikator für die Akzeptanz von Kindern mit SPF in der Klassengemeinschaft – wird in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle für die erfolgreiche soziale Partizipation von Kindern mit SPF im inklusiven Unterricht zugesprochen. Die Einstellungen von Grundschulkindern geben Aufschluss darüber, ob und inwiefern sie ihren Peers mit SPF im inklusiven Unterricht annehmend oder ablehnend begegnen (Eagyl & Chaiken, 1993). Empirische Studien (z. B. Freer, 2021) konnten hierzu bereits belegen, dass Grundschulkinder im Allgemeinen neutral bis moderat positiv gegenüber Peers mit SPF eingestellt sind, ihre Einstellungen gegenüber Peers mit emotional-sozialen Schwierigkeiten allerdings signifikant niedriger ausgeprägt sind als gegenüber Peers mit anderen Schwierigkeiten (z. B. körperlich-motorischen). Als ein wichtiger Erklärungsfaktor für die Einstellungen von Grundschulkindern haben sich (positive und negative) Kontakterfahrungen mit Peers mit SPF erwiesen (Schwab, 2017). Folgt man dem theoretischen Modell von Davis (2018) ist darüber hinaus anzunehmen, dass die Empathie (Fürsorglichkeit/Perspektivenübernahme) und das soziale Selbstkonzept von Kindern eine entscheidende Rolle in der Vorhersage von Einstellungen gegenüber Peers mit SPF spielen. Studien (z. B. Armstrong et al., 2016) konnten diese Annahme bereits für Schüler*innen im Jugendalter bestätigen. Für Grundschulkinder stehen entsprechende Untersuchungen derzeit noch aus. In unserer Studie gehen wir daher der Frage nach, ob und inwiefern sich die Einstellungen von Grundschulkindern gegenüber Peers mit emotional-sozialen Schwierigkeiten durch ihre Empathie (Fürsorglichkeit/Perspektivenübernahme), ihre Kontakterfahrungen zu Peers mit SPF und ihr soziales Selbstkonzept erklären lassen. Basierend auf dem dargestellten theoretischen und empirischen Hintergrund nehmen wir folgende Forschungshypothese an:
An unserer Studie haben N=512 Kinder der dritten und vierten Jahrgangsstufe teilgenommen und einen Fragebogen zu ihren Einstellungen gegenüber Peers mit emotional-sozialen Schwierigkeiten (10 Items; M=3,30; SD=0,99; a=.93), ihren Kontakterfahrungen (7 Items; M=2,45; SD=1,16; a=.90), ihrer Empathie (Fürsorglichkeit: 5 Items; M=4,22; SD=0,66; a=.75/Perspektivenübernahme: 4 Items; M=3,45; SD=0,86; a=.74) und ihrem sozialen Selbstkonzept (4 Items; M=3,73; SD=0,75; a=.72) beantwortet. Die Antwortskala reichte jeweils von 1 „stimmt überhaupt nicht“ bis 5 „stimmt genau“. Die Ergebnisse aus einem Strukturgleichungsmodell (χ2=1921,59; df=1181; χ2/df=1,63, p≤.001; RMSEA=.04, CI [.032–.038]; pclose=1,00; CFI=.95; TLI=.94; SRMR=.05) belegen, dass die Einstellungen der Kinder gegenüber Peers mit emotional-sozialen Schwierigkeiten (R2=.32; p≤.001) zwar durch ihren bisherigen Kontakt zu Kindern mit SPF (β=.38; p≤.001) und ihre Fürsorglichkeit (β=.32; p≤.001) erklärt werden können, jedoch nicht durch ihre Perspektivenübernahme oder ihr soziales Selbstkonzept. Insgesamt geben die Ergebnisse unserer Untersuchung wichtige Hinweise darauf, dass sowohl das Fürsorglichkeitsempfinden als auch die Kontakterfahrungen von Grundschulkindern eine zentrale Rolle bei der Ausbildung von Einstellungen gegenüber Peers mit emotional-sozialen Schwierigkeiten spielen und ermöglichen somit die Identifikation von Ansatzpunkten für die gezielte Förderung der sozialen Partizipation von Kindern mit SPF im inklusiven Unterricht beispielsweise mithilfe von SEL-Interventionen (sozial-emotionales Lernen). Paper Session
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) aus Sicht von Schulen – Häufigkeiten, negative und positive Aspekte und spezifische Förderung 1Universität Potsdam, Deutschland; 2Universität Hamburg, Deutschland Theoretischer Hintergrund Kinder, die eine Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erfüllen, zeigen dauerhafte und im Altersvergleich übermäßig starke Unaufmerksamkeit und/oder Hyperaktivität und Impulsivität (Falkai et al., 2020). ADHS ist mit einer Prävalenz von ca. 5-7 % sehr häufig (Thomas et al., 2015). ADHS-Symptome korrelieren häufig mit Schulschwierigkeiten (Arnold et al., 2020) und weiteren Problemen wie Depressivität und niedriger Lebenszufriedenheit (Hennig et al., 2017). Lehrkräfte erleben Schüler:innen mit ADHS-Symptomen als weniger sympathisch (Abelein & Holtmann, 2021), häufiger störend (Lauth & Mackowiak, 2004) und den Unterricht als stressreicher (Anderson et al., 2017). Obwohl evidenzbasierte Empfehlungen und Förderprogramme vorliegen, ist fraglich, ob diese in der Schulpraxis umgesetzt werden (Ruhmland & Christiansen, 2017), also der erwünschte Transfer gelingt. Die vorliegende Studie soll passend zum Motto des GEBF-Kongresses 2024 dazu beitragen, Bildungsprozesse besser zu verstehen, Partizipation zu verbessern (hier speziell für Schüler:innen mit ADHS) und Transfer zu gestalten. Fragestellung Angesichts der beschriebenen Schwierigkeiten ist davon auszugehen, dass ADHS die Schulen vor einige Herausforderungen stellt. Was in der schulischen Praxis aktuell mit der Diagnose assoziiert wird – ob bzw. welche Probleme wahrgenommen werden oder ob eine positive Sichtweise vorherrscht – soll genauer und aktuell von Schulen erhoben werden. Die Fragestellung des vorliegenden Beitrags ist daher: „Wie präsent ist ADHS an Schulen, welche negativen und positiven Aspekte werden im Zusammenhang damit gesehen und welche spezifische Förderung wird umgesetzt bzw. als hilfreich eingeschätzt?“ Methode Es wurde eine anonyme Online-Umfrage durchgeführt, zu deren Teilnahme alle 411 allgemeinbildenden Hamburger Schulen eingeladen wurden. Pro Schule sollte nur eine Person an der Umfrage teilnehmen, die eine Aussage über das Thema ADHS an der betreffenden Schule treffen konnte. Die Umfrage bestand aus vier Fragen mit geschlossenem Antwortformat zum Auftreten von ADHS an der eigenen Schule (u.a. geschätzte Häufigkeit), vier Fragen mit offenem Antwortformat (um die Antworten in keine Richtung zu lenken) zu Einschätzungen über die Beschulung von Schüler*innen mit ADHS (u.a. Schwierigkeiten und positive Aspekte) und drei Fragen zu allgemeinen Angaben. Die Fragen mit geschlossenem Antwortformat wurden deskriptiv ausgewertet, die Fragen mit offenem Antwortformat inhaltsanalytisch. Dazu wurden alle Antworten zu jeweils einer Frage zusammengefügt und datengesteuert zusammenfassende Kategorien gebildet, das nach einigen Überarbeitungsschritten eine gute Interkoderreliabilität erreichte (Kappa = 0.87). Ergebnisse Antworten von 111 Schulen wurden erfasst. Die Schulen schätzen, dass bei 4,36 % Schüler*innen eine ADHS-Diagnose gestellt wurde, tatsächlich aber 8,74 % betroffen seien. Während die Diagnosehäufigkeit an Förderschulen/ReBBZ auf 18.00 % geschätzt wird, liegt die Schätzung an Gymnasien nur bei 2,44 %. Die Schule erfahre von einer ADHS-Diagnose fast immer durch ein ärztliches/psychologisches Gutachten (in 96,4 % der Fälle) und/oder von den Eltern (in 85,6 % der Fälle). In der offenen Frage nach Schwierigkeiten wurden am häufigsten fehlende Ressourcen genannt, die Unterrichtsgestaltung sowie Zusammenarbeit mit Eltern und anderen Fachkräften. Die offene Frage nach positiven Aspekten ergab weniger Antworten als nach Schwierigkeiten, 28 % der Befragten nannten keinen positiven Aspekt. Die Antworten bezogen sich auf positive Eigenschaften (z.B. schnelle Auffassungsgabe und Kreativität) sowie das Verständnis von Diversität als Herausforderung und Chance. Bei den offenen Fragen nach ADHS-spezifischer Förderung und förderlichen Bedingungen wurden u. a. Trainingsansätze genannt (insbesondere allgemeine Ansätze wie Lerntraining, nur dreimal speziell für ADHS entwickelte Programme) sowie Aspekte der Gestaltung von Unterricht (z.B. Strukturierung) und der Lernumgebung (z.B. spezieller Sitzplatz). Es zeigt sich in dieser Umfrage, dass Schulen mit dem Thema ADHS einige Schwierigkeiten in Verbindung bringen. Positive Aspekte werden deutlich weniger, teilweise gar nicht benannt. Wissenschaftlich speziell für ADHS entwickelte Interventionen werden in der Schulpraxis kaum eingesetzt. Insgesamt zeigt sich weiterer Forschungs- und Handlungsbedarf zur Verbesserung des Transfers und der Kooperation zwischen Wissenschaft und (Schul-)Praxis. Paper Session
Binnendifferenzierung als Schlüssel für die Leistungsentwicklung im inklusiven Grundschulunterricht? Universität Potsdam, Deutschland Die schulische Leistungsentwicklung von Schüler*innen wird von einer Vielzahl von Faktoren wie z.B. ihren individuellen motivationalen und kognitiven Lernvoraussetzungen und ihrem sozialen Hintergrund (SES) beeinflusst (Baumert et al., 2006; Maaz et al., 2014). In inklusiven Lehr- und Lernsettings wurden weiter negative Effekte des sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) auf die Leistung dokumentiert (Kocaj et al., 2020). Um der leistungsbezogenen Heterogenität in inklusiven Lehr- und Lernsettings zu begegnen, wird insbesondere die Binnendifferenzierung im Unterricht als bedeutsam betrachtet (Gehrer & Nusser, 2020; Lindner et al., 2021). Damit verbunden, ist die Annahme, dass ein differenziertes Lernangebot an den unterschiedlichen Lernausgangslagen der Schüler*innen anknüpft und so besser die individuelle Entwicklung der Leistung stützen kann (Helmke, 2017). Für die postulierten positiven Effekte von Binnendifferenzierung auf die fachspezifische Leistungsentwicklung im inklusiven Grundschulunterricht gibt es bislang insbesondere für Deutschland nur wenige und divergierende Befunde (Deunk et al., 2018; Förster et al., 2018; Pozas et al., 2021). Nicht untersucht bleibt bislang ebenfalls, ob Binnendifferenzierung zentrale Zusammenhänge zwischen individuellen Schüler*innenmerkmalen (SES, SPF) und Leistungsentwicklung moderiert und so Schereneffekte in inklusiven Settings verringert. Vor diesem Hintergrund überprüft der Beitrag zwei Hypothesen:
Daten entstammen einer längsschnittlichen Untersuchung zu den Herausforderungen und Gelingensbedingungen inklusiv arbeitender Schulen aus den Jahren 2018-2020. Folgende Variablen und Skalen wurden operationalisiert: Leistungsentwicklung von Schüler*innen der 2. und 3. Jahrgangsstufe in Mathematik (Heidelberger Rechentest (HRT 1-4; Haffner et al., 2005) und im Leseverständnis (ELFE; Lenhard & Schneider, 2006): Erfasst über drei Messzeitpunkte in zwei Schuljahren. SES: Angaben der Eltern zum Bildungsabschluss und beruflichen Status, operationalisiert als höchster ISEI beider Elternteile (Ganzeboom 2010). SPF: Angaben der Klassenleitungen zu jedem Lernenden, ob ein festgestellter oder vermuteter SPF vorliegt. Binnendifferenzierung: Informationen von 33 Mathematik- und 34 Deutschlehrkräften zur differenzierenden Unterrichtsgestaltung in 267 Deutsch- und 281 Mathematikstunden, erfasst über ein standardisiertes Logbuch (Eigenentwicklung) im ersten Schulhalbjahr. Lehrkräfte machten über einen Zeitraum von vier Wochen Angaben zu je 2 Unterrichtsstunden pro Woche zu quantitativen (3 Items, Bsp. „Schüler*innen erhielten unterschiedliche Zeitvorgaben.“) und qualitativen (4 Items, Bsp.: „Schüler*innen bearbeiteten Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad.“) Differenzierungen je in Einzel- (EA) oder Gruppenarbeitsphasen (GA). Die Angaben wurden über vier Skalen operationalisiert: EAQuantitativ α = 0.50 , EAQualitativ α = 0.57, GAQuantitativ α = 0.60, GAQualitativ α = 0.74 und pro Lehrkraft über die Unterrichtsstunden gemittelt. Zusammenhänge wurden mithilfe von hierarchisch linearen Regressionsmodellen in MPlus geprüft. Aufgrund der Gerichtetheit der Hypothesen werden Ergebnisse mit p < 0.10 als signifikant bewertet. Messzeitpunkte wurden in Schüler*innen und diese in Lehrkräfte geschachtelt. Die Leistungsentwicklung wurde durch die individuellen Schüler*innenmerkmale und die vier Formen der Differenzierung vorhergesagt. Letztere wurden ebenfalls auf die Zusammenhänge zwischen SES und SPF mit der Leistungsentwicklung regressiert (Interaktionseffekt). Modelle wurden separat für Mathematik und Deutsch berechnet. Die Leistungsentwicklung in Mathematik und im Leseverständnis wird jeweils signifikant durch den SPF und den SES der Schüler*innen vorhergesagt (je p < 0.05). Hypothese 1a wird bestätigt: Je häufiger in EA quantitativ differenziert wird, desto stärker die Leistungsentwicklung in Mathematik (p = 0.056). Hypothese 2b wird für SPF bestätigt: Je häufiger in GA qualitativ differenziert wird, desto schwächer ist der Zusammenhang zwischen SPF und Leistungsentwicklung im Leseverständnis (p = 0.069). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass verschiedene Formen von Binnendifferenzierung unterschiedlich auf Leistungsentwicklung wirken können und dass qualitative Differenzierung prinzipiell SPF-bedingte differenzielle Leistungsentwicklung abmindern kann. |