Veranstaltungsprogramm

Sitzung
8-09: MINT-Bildung am Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe fördern – Verschiedene Perspektiven auf das Potential außerschulischer Lernorte und den Einsatz digitaler Medien
Zeit:
Mittwoch, 20.03.2024:
11:10 - 12:50

Ort: S17

Seminarraum, 70 TN

Präsentationen
Symposium

MINT-Bildung am Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe fördern – Verschiedene Perspektiven auf das Potential außerschulischer Lernorte und den Einsatz digitaler Medien

Chair(s): Eva Blumberg (Universität Paderborn, Deutschland), Katrin Temmen (Universität Paderborn, Deutschland)

Diskutant*in(nen): Kim Lange-Schubert (Universität Leipzig, Deutschland)

Sowohl die MINT-Bildung als auch die Medienbildung bei Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu stärken, sind zentrale bildungspolitische Forderungen und aktuelle Herausforderungen für Schule und Unterricht (BMBF, 2019; KMK, 2016, 2019). Adressiert wird dabei nicht nur die Ebene der Schüler*innen, sondern auch die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte und im MINT-Bereich besonders die Förderung von Mädchen und Frauen. Im Sinne einer „Scientific Literacy“ (Bybee, 1997; AAAS, 2009) bzw. „ICT-Literacy“ (International ICT Literacy Panel, 2007) geht es zentral um den Aufbau anwendungsbezogener fachlicher und überfachlicher Kompetenzen bei gleichzeitiger Stärkung motivational-affektiver und selbstbezogener Dimensionen wie Motivation, Interesse, Selbstwirksamkeit und Selbstkonzept. Einer solchen frühen multikriterialen Zielerreichung (Blumberg, 2008, 2020) wird vor allem in der Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen immer mehr Bedeutung zugemessen, v.a. für ein erfolgreiches weiterführendes und lebenslanges Lernen (Schiepe-Tiska et al., 2019). Nicht zuletzt um den aktuellen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts u.a. im Kontext von Nachhaltigkeit und Klimawandel (BMZ, 2021) gewachsen zu sein, ist die frühe Anbahnung einer naturwissenschaftlich-technischen und medialen Grundbildung unabdingbare Voraussetzung für alle Kinder und Jugendlichen.

Die internationalen Schulleistungsstudien TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study) und PISA (Programme for International Student Assessment) bescheinigen Deutschland jedoch nach wie vor einen erheblichen Optimierungsbedarf beim naturwissenschaftlichen Lernen (Schwippert et al., 2020a; Reiss et al., 2019): Dies zeigt sich zusammenfassend u.a. nicht nur in einem defizitären Kompetenzniveau sowohl bei Grund- als auch Sekundarstufenschüler*innen, sondern auch im Hinblick auf eine Interessensabnahme und einen Bruch in der Unterrichtsgestaltung am Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe (Möller, 2014; Schiepe-Tiska et al., 2016; 2019; Steffensky et al., 2020). Darüber hinaus wurden Defizite bei den Schüler*innen im Kontext der digitalen Testdurchführung offensichtlich, während Sachunterrichtslehrkräfte sich äußerst selten zum Einsatz digitaler Medien fortbilden (Guill & Wendt, 2020; Schwippert et al., 2020b).

Eine bislang in den TIMSS- und PISA-Studien unbeachtete Möglichkeit stellen außerschulische Lernorte dar, die eine besonders motivierende und kognitiv stimulierende Anregungsqualität einhergehend mit einer Interessenssteigerung aufweisen, wie verschiedene Studien belegen (Henriksson, 2018; Füz, 2018; Schiefer et al., 2020). Die Nutzung dieser Chancen außerschulischen Lernens in Kombination mit digitalen Medien zur Optimierung des Übergangs beim naturwissenschaftlich-technischen Lernen von der Primar- in die Sekundarstufe stellt jedoch ein Forschungsdesiderat wie Praxisproblem dar. Entsprechende empiriebasierte praxisorientierte Beispiele zur Verzahnung naturwissenschaftlich-technischen Lernens am Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe fehlen.

Auf diese Forschungslücken reagiert das BMBF geförderte Forschungsprojekt „transMINT4.0“ (https://www.bildung-forschung.digital/digitalezukunft/de/bildung/mint-forschung/transmint4_0.html), das im Fokus dieses Symposiums steht und dessen übergreifendes Ziel es ist, durch die Einbindung außerschulischer Lernorte sowie den unterstützenden Einsatz digitaler Medien langfristig die MINT-Bildung von Kindern und Jugendlichen am Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe zu optimieren.

Das im Mixed-Methods-Design angelegte Kooperationsprojekt der naturwissenschaftlichen Sachunterrichtsdidaktik und Technikdidaktik verfolgt dazu drei Forschungslinien: (1) ein quer- und längsschnittlich angelegtes quasi-experimentelles Vergleichsgruppendesign in der Primarstufe mit quantitativen und qualitativen Erhebungen auf Schüler*innen- und Lehrkräfte-Ebene, (2) eine qualitative Interview- und Beobachtungsstudie in der Sekundarstufe und (3) eine empiriebasierte Zusammenführung der Forschungsergebnisse zur Entwicklung schulstufenübergreifender naturwissenschaftlich-technischer Lernmodule.

Im Rahmen dieses Symposiums werden erste Ergebnisse aus den Primar- und Sekundarstufenteilstudien vorgestellt und im Hinblick auf die verschiedenen Perspektiven diskutiert:

Im ersten Beitrag werden Ergebnisse aus den schriftlichen quantitativen Prä-Post-Befragungen von Viertklässler*innen (N = 101) zu motivationalen und selbstbezogenen Effekten im Rahmen der quasi-experimentellen Unterrichtsstudie am außerschulischen Lernort zum Thema „Ressourcenschonender Umgang mit Wasser“ vorgestellt.

Im zweiten Beitrag werden Ergebnisse einer qualitativ angelegten leitfadengestützten Interviewbefragung bei Sachunterrichtslehrkräften (N = 18) berichtet, die die Einschätzungen der Lehrkräfte zum Einsatz digitaler Medien an außerschulischen Lernorten aufzeigen.

Im dritten Beitrag werden Ergebnisse aus der ersten im Sekundarstufenbereich qualitativ angelegten Teilstudie berichtet, in der die Moderator*innen eines Workshops (N = 8) des mobilen Paderborner Schüler*innenlabors „coolMINT“ zu ihren ortsabhängigen Erfahrungen leitfadenstützt befragt hat.

 

Beiträge des Symposiums

 

Auswirkungen außerschulischen Lernens auf die MINT-Bildung von Grundschüler*innen – Differentielle Analysen zu motivationalen und selbstbezogenen Zieldimensionen

Jan Roland Schulze, Annkathrin Wenzel, Ricardo Puppe, Eva Blumberg
Universität Paderborn, Deutschland

Die MINT-Bildung bei Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu stärken, ist nicht zuletzt aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels nach wie vor ein zentrales Thema der Bildungspolitik. Die frühe Förderung einer naturwissenschaftlich-technischen Grundbildung im Sinne der internationalen Rahmenkonzeption der „Scientific Literacy“ (Bybee, 1993; AAAS, 2009) gilt als konsensfähig. Sie stellt mehr denn je eine zwingend erforderliche Voraussetzung dar, um den aktuellen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gemäß der AGENDA 2030 (BMZ, 2021) im Kontext von Nachhaltigkeit und Klimawandel, wie z.B. die umweltschonende Nutzung erneuerbarer Energien oder ein verantwortungsvoller und ressourcenschonender Umgang mit Wasser, gewachsen zu sein. Neben dem Aufbau fachlicher Kompetenzen wird diesbezüglich im Sinne einer multikriterialen Zielerreichung (Blumberg, 2008, 2020) der Förderung überfachlicher „21st century skills“ (OECD, 2019) wie Kooperations- und Problemlösekompetenzen und der Stärkung motivational-affektiver und selbstbezogener Dimensionen wie Motivation, Interesse, Selbstwirksamkeit und Selbstkonzept in der Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlich-technischen Fragestellungen immer mehr Bedeutung zugemessen, v.a. für weiterführendes und lebenslanges Lernen (Schiepe-Tiska et al., 2019).

Angesichts der nachgewiesenen Bedeutung selbstbezogener Kognitionen auf das Interesse (Krapp & Prenzel, 2011) ist die nachhaltige Förderung von Selbstkonzepten im MINT-Bereich notwendig. Schüler*innen interessieren sich tendenziell wahrscheinlicher für Themengebiete, in denen sie stärkere Fähigkeitsselbstkonzepte zeigen. In Bezug auf die naturwissenschaftliche Interessenentwicklung lässt sich generell ein negativer Trend im Entwicklungsverlauf verzeichnen (z.B. Jacobs et al., 2002; Krapp, 2002), u.a. zurückzuführen auf zunehmende akademische Ansprüche und strengere Benotung an weiterführenden Schulen (Eccles & Midgley, 1989). Gegenwärtige Forschungsergebnisse unterstreichen ein abnehmendes Interesse im Zusammenhang mit naturwissenschaftlichem Lernen und eine geschlechterabhängige Interessendiskrepanz von Schüler*innen im MINT-Bereich (Oppermann et al., 2020).

Eine kaum beachtete Möglichkeit zur Förderung des naturwissenschaftlich-technischen Lernens und Interesses bieten außerschulische Lernorte (ASL) (Guderian, 2007). ASL zeichnen sich daraus aus, Schüler*innen zu motivieren und kognitiv zu stimulieren, letztendlich resultierend in einer Interessensförderung (Henriksson, 2018; Füz, 2018; Schiefer et al., 2020).

An diesem Punkt setzt unsere quasi-experimentelle Studie im Rahmen des transMINT4.0-Forschungsprojekts an. Viertklässler*innen partizipieren an einer naturwissenschaftlich-technischen Lehr-Lerneinheit im Sachunterricht zum Thema „Ressourcenschonender Umgang mit Wasser“. Diese besteht aus zwei 90-minütigen Unterrichtssequenzen plus der Besuch eines außerschulischen Lernorts. An einem Vormittag besuchen die Schüler*innen-Gruppen das Paderborner Wasserwerk, durch das sie ein Vor-Ort-Experte anhand eines didaktisch aufbereiteten Angebots führt. Durch Prä- und Postfragebögen erfassen wir die multiplen Lerneffekte der Viertklässler*innen.

Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, den Übergang des naturwissenschaftlich-technischen Lernens von der Primar- zur Sekundarstufe durch die Symbiose von ASL und dem Unterricht im Klassenraum zu optimieren.

An unserer Studie haben insgesamt N = 101 Viertklässler*innen (M = 10,71 Jahre, SD = 0,76 Jahre) teilgenommen. Prä- und postexperimentell haben wir die Viertklässler*innen gebeten, einen Fragebogen zu unterschiedlichen Domänen des bereichsspezifischen Selbstkonzeptes im Sachunterricht („In diesem Sachunterricht gehöre ich zu den besten Schüler*innen“; Alpha = .84/.85) und zum Fähigkeitsselbstkonzept in Bezug auf das Thema „Ressourcenschonender Umgang mit Wasser“ („Über dieses Thema weiß ich eine Menge“; Alpha = .68/.71) auszufüllen.

Die ersten Ergebnisse unserer Studien zeigen eine deutliche Geschlechterdiskrepanz im Hinblick auf die unterschiedlichen Domänen des bereichsspezifischen Selbstkonzeptes im Sachunterricht von Viertklässler*innen. So starten Jungen mit signifikant höheren Selbstkonzeptwerten als Mädchen. Außerdem zeigen die teilnehmenden Viertklässler ein signifikant höheres Fähigkeitsselbstkonzept in Bezug auf das Thema „Ressourcenschonender Umgang mit Wasser“ als die teilnehmenden Viertklässlerinnen. Allerdings zeigen die ersten Ergebnisse unserer Intervention auch, dass unabhängig vom Geschlecht eine statistisch signifikante Zunahme der unterschiedlichen bereichsspezifischen Selbstkonzepte durch den Besuch des außerschulischen Lernortes „Wasserwerk“ nicht bedingt werden kann.

Die gegenwärtigen Forschungsergebnisse bestätigen bestehende Befunde, dass Mädchen in einigen MINT-Bereichen ein negativeres Fähigkeitsselbstkonzept vorweisen als Jungen (Jansen et al., 2014). Dies hat negative Auswirkungen auf ihr Interesse für MINT-Themen (Krapp & Prenzel, 2011). Die von uns registrierten Befunde unterstreichen eine geschlechterabhängige Diskrepanz im Hinblick auf selbstbezogene Kognitionen im Sachunterricht von Grundschüler*innen im Übergang zur Sekundarschule.

 

Der Einsatz digitaler Medien an außerschulischen Lernorten – Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie mit Sachunterrichtslehrkräften

Annkathrin Wenzel, Eva Blumberg
Universität Paderborn, Deutschland

Die zunehmende Verbindung von schulischen und außerschulischen Lernorten stellt eine charakteristische Veränderung der modernen Schule in Deutschland dar (Budde & Hummrich, 2016). Dies ist insbesondere für den naturwissenschaftlich-technischen Sachunterricht in der Grundschule erforderlich (Blaseio, 2016).

Zudem ist die Digitalisierung omnipräsent und der Zugang zu Informationen, Kommunikationsmöglichkeiten und die Teilhabe an der Gesellschaft wird durch die digitalen Möglichkeiten und Angebote maßgeblich kanalisiert. Aus diesem Grund ist eine qualifizierte Medienkompetenz von Schüler*innen unumgänglich, damit sie als sichere Akteur*innen digitale Medien handlungssicher nutzen können (Medienberatung NRW, 2020). Vogelsang et al. (2019) konnten zeigen, dass Lehrkräfte mit mindestens einem naturwissenschaftlichen Fach wenig Hintergrunderfahrung mit digitalen Tools haben. Insgesamt kommt jedoch der Vermittlung von Medienkompetenz in der Grundschule eine wegweisende Rolle zu, da sie den Grundstein für die weitere Medienbildung legt.

Der Umgang mit digitalen Medien und Medienkompetenz kann in verschiedenen Lernkontexten erlernt werden (Süss, Lampert & Trültzsch-Wijnen, 2018), somit auch an außerschulischen Lernorten. Die Bedeutung der außerschulischen Lernorte für die Bildung in Deutschland wird seit den ersten PISA-Ergebnissen 2001 deutlich hervorgehoben. Für den Besuch eines außerschulischen Lernortes werden zahlreiche Vorteile gesehen.

Sowohl digitale Medien als auch außerschulische Lernorte haben einen hohen Stellenwert in der deutschen Schulpolitik. Allerdings gibt es kaum Forschung darüber, wie die beiden Konzepte miteinander kombiniert werden können.

Forschungsfragen:

Da es bisher keine Studien gibt, die sich mit den Meinungen und Einstellungen von Sachunterrichtslehrkräften zum Thema digitale Medien an außerschulischen Lernorten beschäftigen, wurde im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekt „transMINT4.0“ eine Studie mit folgenden Forschungsfragen entwickelt:

1) Welche Möglichkeiten sehen Sachunterrichtslehrkräfte für digitale Medien an außerschulischen Lernorten?

2) Welche Hindernisse und Nachteile sehen sie für digitale Medien an außerschulischen Orten?

Methode:

Die Interviews (N = 18) wurden anhand eines selbst entwickelten Interviewleitfadens durchgeführt, der Fragen zu verschiedenen Aspekten digitaler Medien und des außerschulischen Lernorts. Die Methode des Leitfadeninterviews wurde gewählt, weil sie eine allgemeine Struktur für das Interview vorgibt, aber dennoch Raum für Flexibilität im Prozess lässt (Döring & Bortz, 2016).

Das Datenmaterial wurde mit der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz und Rädiker (2022) ausgewertet. Dabei wurden alle Prozessschritte durchlaufen und durch Iterations- und Feedbackschritte ergänzt. Die Bildung der Kategorien erfolgt induktiv und anschließend wird ein Codebuch zur Fixierung erstellt. Zur Überprüfung der Qualität wird die Intercoder-Reliabilität ermittelt (in vergleichbaren Studien lag Cohens Kappa bei .80).

Ergebnisse:

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die befragten Lehrkräfte eine positive Einstellung zu digitalen Medien haben. Zudem würden die meisten Lehrkräfte diese auch am außerschulischen Lernort einsetzen. Insgesamt nennen die Lehrkräfte verschiedene Einsatzmöglichkeiten der digitalen Medien am außerschulischen Lernort, wie die Dokumentation von Ergebnissen mithilfe von Fotos oder Videos sowie die Recherche von Informationen. Diese Einsatzmöglichkeiten sind allerdings nicht besonders divers, sodass viele Kompetenzen des Medienkompetenzrahmens (Medienberatung NRW, 2020) nicht berücksichtigt und die Potenziale der digitalen Medien am außerschulischen Lernort nicht ausgeschöpft werden. Jedoch ist die Mediennutzung am außerschulischen Lernort für einige Lehrkräfte eine wichtige Ergänzung zum Unterricht, da dort andere Möglichkeiten realisiert werden können. Dabei werden beispielsweise die (bessere) Medienausstattung sowie die Betreuung durch Expert*innen genannt. Neben diesen und weiterer Vorteile werden auch Nachteile benannt, dazu zählt unter anderem der mögliche Verlust der originalen Begegnungen der Schüler*innen am außerschulischen Lernort. Ähnliche Ergebnisse konnten bereits in einer Studie mit Lehramtsstudierenden aufgezeigt werden.

 

Gelingensbedingungen non-formalen Lernens an außerschulischen Lernorten – Eine qualitative Interviewstudie mit Workshop-Moderator*innen

Eileen Reckmann, Nesil Dogan, Katrin Temmen
Universität Paderborn, Deutschland

Unsere Gesellschaft ist durch Naturwissenschaften und Technik geprägt (Prenzel et al., 2003), sodass der MINT-Bildung von Schüler*innen besondere Bedeutung zukommt. Da sich Interesse an einem Lerngegenstand u.a. positiv auf den Lernerfolg und eine langfristige Auseinandersetzung damit auswirkt (Blankenburg & Scheersoi, 2018), ist die Förderung der Schüler*innen-Interessen im MINT-Bereich besonders wünschenswert. Allerdings scheint es nach wie vor einen Interessenverlust der Schüler*innen am Übergang von der Grund- zur weiterführenden Schule im Bereich der MINT-Fächer zu geben (Kleickmann, 2011; Möller, 2014). Zu einer Förderung von Interesse können außerschulische Lernorte wie Schüler*innenlabore auf verschiedenen Ebenen beitragen (Brandt, 2005; Guderian, 2007; Pawek, 2009).

Im Rahmen des Projektes „tranMINT4.0“ soll die MINT-Bildung von Kindern und Jugendlichen daher u.a. durch die Einbindung außerschulischer Lernorte am Übergang von der Primar- zur Sekundarstufe optimiert werden. Für Schüler*innen der Sekundarstufe I wurden hierzu im Rahmen des MINT-Clusters MINT4.OWL (https://www.mint4owl.de/) bestehende Workshop-Angebote des Paderborner Schüler*innenlabors coolMINT (https://www.coolmint-paderborn.de/) als mobile außerschulische Lernorte weiterentwickelt, sodass sie an für die Jugendlichen vertrauten Orten (z.B. Jugendzentren, Bibliotheken) durchgeführt werden können. Die Jugendlichen-Gruppen buchen diese Angebote aus eigenem Interesse und nehmen somit freiwillig daran teil. Durchgeführt werden diese mobilen Workshops von studentischen Mitarbeitenden der AG Technikdidaktik der Universität Paderborn.

Das Angebot und die Evaluation solcher speziellen außerschulischen Lernorte stellt ein Forschungsdesiderat dar, das im Rahmen dieser Teilstudie des transMINT4.0-Projekts bearbeitet wird.

Fragestellung

Um erste Erkenntnisse zu erlangen, wird in der vorliegenden Untersuchung folgender Fragestellung nachgegangen:

Welche Gelingensbedingungen liegen dem non-formalen Lernen an mobilen außerschulischen Lernorten aus Sicht der Workshop-Moderator*innen zu Grunde?

Methode

Hierzu wurden im Juni und Juli 2023 mit acht Workshop-Moderator*innen leitfadengestützte Interviews durchgeführt. Die Methode des leitfadengestützten Interviews wurde gewählt, da sie einerseits Struktur, andererseits Möglichkeiten zu flexiblen Handlungen während der Erhebung bietet (Döring & Bortz, 2016). Der für die Studie neu entwickelte Interviewleitfaden umfasst zwei große Themenblöcke: lern- und Interessensfördernde Merkmale potenzieller außerschulischer Lernorte und Gelingensbedingungen non-formalen Lernens an temporären außerschulischen Lernorten. Die Datenauswertung erfolgte mit einem kombiniert deduktiv-induktiven Vorgehen anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2022). Für die Hauptuntersuchung wurden deduktiv acht Oberkategorien gebildet, die im Verlauf der Auswertung durch 24 induktiv gebildete Unterkategorien ergänzt wurden.

Ergebnisse

Laut der Moderator*innen ist es möglich, alle Institutionen öffentlichen Lebens mit passender Ausstattung zu mobilen außerschulischen Lernorten werden zu lassen. Den Kompetenz- und Wissenserwerb der Lernenden schätzen die meisten Moderator*innen jedoch im Schüler*innenlabor höher ein, da dieser für sie einen untergeordneten Stellenwert an den mobilen außerschulischen Lernorten einnimmt und sie nicht das Gefühl haben, Erwartungen von Lehrkräften erfüllen zu müssen. Die individuelle Ausrichtung und Gestaltung, angepasst an die Wünsche der Lernenden, an den mobilen Standorten wurde häufig hervorgehoben. Die mobilen außerschulischen Lernorte seien mehr auf freies Ausprobieren ausgelegt unter weniger Leistungsdruck. Die Teilnehmer*innen seien dort häufiger motivierter und interessierter. U.a. kann dies auch mit der unterschiedlich gewählten Sprache der Moderator*innen im Schüler*innenlabor und beim mobilen außerschulischen Workshopangebot zusammenhängen. Als gelungen betrachtet wird ein durchgeführter Workshop an einem mobilen außerschulischen Lernort zumeist, wenn die Teilnehmenden Spaß und Freude empfunden haben. Außerdem gaben die Moderator*innen an, einen schulischen Charakter vermeiden zu wollen.

Auf Grundlage der Ergebnisse wird davon ausgegangen, dass grundlegende psychologische Bedürfnisse an mobilen außerschulischen Lernorten befriedigt werden können, positive wertebezogene und emotionale Valenzen begünstigt werden sowie eine bereits höhere motivationale Disposition der Teilnehmenden anzunehmen ist.