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7-14: Digital und analoge Diagnostik und Unterstützung von selbstreguliertem Lernen im Hochschulkontext
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Symposium
Digital und analoge Diagnostik und Unterstützung von selbstreguliertem Lernen im Hochschulkontext Selbstreguliertes Lernen (SRL) umfasst von Personen selbstgenerierte Gedanken, Gefühle und Handlungen, um bestimmte Lernziele zu erreichen (Zimmerman & Moylan, 2009). Bei SRL geht es insbesondere um einen aktiven und konstruktiven Prozess, bei dem sich Lernende Lernziele setzen und die eigenen Kognitionen, Motivation, das eigene Verhalten, sowie meta-kognitive Strategien in Abhängigkeit dieser Ziele und den gegebenen äußeren Umständen beobachten, regulieren und kontrollieren (Pintrich, 2000). Bei der Feststellung von Diskrepanzen zwischen dem angestrebten Lernziel und dem aktuellen Lernstand können beispielsweise einzelne Lerntechniken aber auch Lernstrategien (Sequenz einzelner Lerntechniken, Schiefele & Pekrun, 1996) angepasst werden. Lernstrategien können in drei Kategorien untergliedert werden: die kognitiven Strategien, die metakognitiven Strategien und die ressourcenbezogenen Strategien (Leopold & Leutner, 2002). Weinstein and Mayer (1986) unterteilen die kognitiven Strategien in Elaboration, Organisation und Wiederholung. Die metakognitiven Strategien beziehen sich auf das Wissen über verschiedene Lernstrategien und deren Anwendung, sowie auf die Kontrolle kognitiver Prozesse (Flavell, 1979), wobei die Kontrolle kognitiver Prozesse dabei in Planung, Überwachung und Regulation unterteilt werden kann. Die ressourcenbezogene Strategien beziehen sich auf die Regulation externer Ressourcen (z. B. Gestaltung der Lernumgebung, Nutzung zusätzlicher Literatur) und interner Ressourcen (z. B. investierte Anstrengung, Gestaltung der Lernzeit, Schiefele & Pekrun, 1996) zur Unterstützung von Lernprozessen. Die Beiträge des Symposiums untersuchen, wie SRL valide im Hochschulkontext diagnostiziert werden kann und wie, basierend auf einer solchen Diagnostik, das SRL der Studierenden unterstützt werden kann. Dabei fokussiert ein Beitrag auf umfassende SRL-Profile basierend auf SRL-Aspekten aus dem LIST-K (Klingsieck, 2018), wohingegen die anderen drei Beiträge auf eine Unterstützung des Lernverhaltens der Studierenden, bzw. auf eine Änderung der Lernstrategien abzielen. Die untersuchten Interventionen fokussieren dabei auf kognitive oder ressourcenbezogene Strategien. Alle Beiträge beziehen sich auf reale Lernkontexte im Feld und nicht auf Laborsituationen. Die ersten beiden Beiträge nutzen die Daten aus einer mehrjährigen Kohortenstudie, bei der Lehramtsstudierende des ersten Semesters eine Einführungsveranstaltung besucht haben und dazu angehalten wurden, ein digitales Lernsystem zur Lernunterstützung zu nutzen. Ausgehend von den Erfahrungen der ersten Kohorten wurde im Herbst-Winter-Semester 2022 den Studierenden angeboten, an einer Intervention teilzunehmen, die den Einsatz und die Nutzung von elaborierten Lernstrategien stärken sollte. Der erste Beitrag untersucht, welche Auswirkungen diese Intervention hat, sowohl auf das Lernverhalten innerhalb des digitalen Lernsystems als auch im Hinblick auf den Klausurerfolg. Der zweite Beitrag nutzt die Daten derselben Kohorte, hat aber zum Ziel, Studierende basierend auf selbstberichteten SRL-Aspekten zu bestimmten SRL-Profilen zu gruppieren. Die gefundenen Profile wurden bezüglich der Nutzung des digitalen Lernsystems und der erzielten Klausurpunkzahl analysiert. Der dritte Beitrag evaluiert ein Training zur Unterstützung des Zeitmanagements als ressourcenbezogene SRL-Strategie von Studierenden. Dabei untersucht die Studie, wie sich dieses begleitend zu einem Online-Seminar durchgeführte Training auf das Prokrastinationsverhalten der Studierenden auswirkt. Vorher-Nachher-Vergleiche zwischen dem Prokrastinationsverhalten zu Beginn und am Ende des Seminars zeigen eine positive Wirkung des Trainings, welche sich auch in besseren Klausurergebnissen der Trainingsgruppe zeigt. Der vierte Beitrag untersucht den Nutzen eines digitalen Feedbacksystems auf das Prokrastinationsverhalten und die Klausurnoten von Studierenden. Dabei wird Prokrastination multimodal betrachtet (Selbstbericht und digitale Verhaltensdaten). Das Feedbacksystem wurde in zwei Kursen der Wirtschaftsinformatik evaluiert. Das System ist innerhalb eines digitalen Lernsystems integriert und gibt Studierenden individuelle Handlungsvorschläge bezüglich ihres Lernverhaltens (z. B. bestimmte Inhalte zu wiederholen oder bestimmte Fragen zu bearbeiten). Die gegebene Rückmeldung basiert auf der Auswertung der individuellen digitalen Lerndaten (u.a. Lernzeit) der Studierenden. Die Beiträge des Symposiums zeigen die Bedeutsamkeit der verschiedenen Aspekte von SRL, insbesondere der kognitiven Strategien und des Zeitmanagements als ressourcenbezogene Strategie. Obwohl sich Unterschiede zwischen den Studierenden in ihren Fähigkeiten zum SRL feststellen lassen, zeigen die Befunde auch, dass Studierende in ihrem SRL unterstützt und angeleitet werden können und, dass sich dies auch in besseren Klausurergebnissen zeigt. Beiträge des Symposiums Förderung der kognitiven Strategie der Elaboration bei Studienanfängern - eine Interventionsstudie im Feld Fragestellung: Kognitive Lernstrategien, die Lerninhalte mit Vorwissen, Begründungen und Anreicherungen verknüpfen, gelten als förderlich für akademisches Lernen. Solche Strategien werden hier als „Elaborationsstrategien“ bezeichnet. Einzelstrategien wie „Warum?“-Fragen (Pressley et al., 1987; Woloshyn et al., 1992) und Selbsterklärungen (Berry, 1983; mit ausgearbeiteten Lösungsbeispielen z.B. Renkl, 2002; Atkinson et al., 2003) zeigen empirisch Lernwirksamkeit (Überblick s. Dunlowksy et al., 2013). In der vorliegenden Feldstudie wurde im ersten Semester des Lehramtsstudiums in einer bildungswissenschaftlichen Vorlesung eine Trainingsintervention für elaborative Strategieelemente durchgeführt. Untersucht wurde die Wirksamkeit in Bezug auf die Klausurleistung. Methode: Von anfänglich N = 198 Studierenden wurden zu Beginn des Semesters demografische Daten, Abiturnote und selbstberichtete Lernstrategien (LIST-K, Klingsieck, 2018) erfasst. Während des Semesters konnten die Studierenden ein digitales Lernsystem mit verständnisfördernden MC-Lernfragen und elaborativem Feedback nutzen. Das Lernsystem errechnet einen Lernindex, der ansteigt, wenn MC-Fragen wiederholt richtig beantwortet werden (Retrieval Practice). Der Lernindex wurde am Abend vor der Klausur ausgelesen. Zeitlich etwa in der Mitte des Semesters wurde das Elaborationstraining als 90-minütiges Präsenztraining in Kleingruppen angeboten. Die Teilnahme war freiwillig. Das Training übte Elaborationsstrategien wie Vorwissensaktivierung, Beispiele finden, Fragen stellen / beantworten an Lerninhalten der Vorlesung. Für die Analysen wurden diejenigen Studierenden einbezogen, die die Klausur zum Ersttermin am Ende des Semesters schrieben (N = 97), das digitale Lernsystem verwendet hatten (Ausschluss N = 16 ohne Nutzung) und die Abiturnote angegeben hatten (Ausschluss weiterer N = 15 ohne Angabe). Die resultierende Stichprobe umfasste N = 66 Teilnehmende (52 w, 14 m) mit einem mittleren Alter von M = 20.08 Jahren (SD = 1.99 Jahren). Hinsichtlich der freiwilligen Teilnahmeergaben sich annährend gleich große Gruppen (N_Teilnehmende = 34; N_Nicht-Teilnehmende = 32) , die sich in der Abiturnote nicht unterschieden, t(64) = 1.56, p = .123. Die ursprüngliche Klausurpunktzahl (theoretisches Maximum = 92) wurde um Fragen zu selbstreguliertem Lernen sowie um Fragen zu Inhalten aus dem Elaborationstraining bereinigt (theoretisches Maximum = 80, empirisches Maximum = 77). Ergebnisse: Die Studierenden, die am Training teilgenommen hatten, erzielten tendenziell eine höhere Klausurpunktzahl (M = 59.0, SD = 9.0) im Vergleich zu denen, die nicht teilgenommen hatten (M = 55.4, SD = 9.8), t(64) = 1.46, p = .073 (einseitig). Hinsichtlich des Lernindex des digitalen Lernsystems fand sich kein Unterschied zwischen den Gruppen, t(64) = 1.31, p = .196. In einem multiplen Regressionsmodell, in welchem Abiturnote, die Teilnahme am Elaborationsstrategietraining (Intervention) als Prädiktoren sowie der Interaktionsterm zwischen Abiturnote und Teilnahme aufgenommen wurden, zeigten sich beide Haupteffekte signifikant, b_Intervention = 14.95, p = .042, b_Abiturnote = -6.67, p = .003. Darüber hinaus war der negative Interaktionseffekt marginal signifikant, b_Interaktion = -6.25, p = .054. Dieser zeigt einen tendenziell stärken Zusammenhang zwischen Abiturnote und Klausurpunktzahl für die Teilnehmenden am Strategietraining an. Eine Aufnahme des digitalen Lernindex als zusätzlichen Prädiktor in das Modell veränderte das Ergebnismuster nicht. Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass das Training unter Berücksichtigung der Abiturnote einen Effekt auf die Klausurleistung hatte. Allerdings trat eine Art „Matthäus“-Effekt auf: Die Abiturnote wirkte sich mit Training tendenziell stärker auf die Klausurleistung aus als ohne Training. Studierende mit besserer Abiturnote konnten also besonders vom Training profitieren. Studierende der Trainingsgruppe unterschieden sich nicht im Lernindex des digitalen Lernsystems von den anderen Studierenden. Sie müssen ihren Vorteil also aus qualitativ unterschiedlichem Lernverhalten gezogen haben, der mit dem Lernindex nicht erfasst wird. Künftige Entwicklungen richten sich auf die Integration von Elaborationstechniken in das digitale Lernsystem, womit auch darauf bezogenes Lernverhalten durch digitale Lernprozessdaten erfasst werden soll. Heterogenität in Selbstberichtsdaten zu Selbstreguliertem Lernen: Latente Pro-filanalyse an Selbstberichteten selbstreguliertem Lernverhalten Die Hochschule erfordert von Studierenden neue Herangehensweisen, die vor allem die Investition in ihre eigenen Lernfähigkeiten betreffen (Pfost et al., 2020). Studierende neigen jedoch zu kognitiven Illusionen, präferieren ineffektive Lernstrategien und schätzen die Nützlichkeit verschiedener Lernstrategien falsch ein (Cervin-Ellqvist et al., 2021; Blasiman et al., 2017). Im Rahmen einer Pflichtveranstaltung für Lehramtserstsemesterstudierende erheben wir Lernprozessdaten mittels eines digitalen Lernsystems (DLS) und Fähigkeiten zu selbstreguliertem Lernen (SRL) mittels Selbstbericht. Obwohl SRL-Selbstberichte in Frage gestellt wurden (Artelt, 2000), bieten sie auch eine ökologische Möglichkeit, die grundlegenden SRL-Kenntnisse von Studierenden zu bewerten und Einblick in die Wahrnehmung ihres Lernverhaltens zu erhalten (Rovers et al., 2019). Wir untersuchen in der vorliegenden Studie, ob qualitativ unterschiedliche Subgruppen innerhalb von SRL-Selbstberichten (Dörrenbächer & Perels, 2016; Muwonge et al., 2020; Mindrila & Cao, 2022) zu Beginn des Semesters vorzufinden sind und ob diese Subgruppen Studierende mit Schwierigkeiten beim SRL identifizieren helfen. Diese Studie ist Teil eines Kohorten-Projektes, in dem jährlich seit 2019 Lernprozessdaten und SRL-Selbstberichte erhoben werden. Aufgrund erster explorativer Analysen präregistrierten wir, dass drei distinkte Subgruppen in den Subskalen des LIST-K (Klingsieck, 2018) Unterschiede in der Anzahl der insgesamt bearbeiteten Aufgaben im DLS, der Anzahl der gelernten Tage im DLS, dem Lernindex des DLS und der Klausurleistung, jedoch keine Unterschiede in der Abiturnote als Kontrollvariable zeigen würden. Spezifischer sagten wir vorher, dass sich die Gruppe mit generell hohen Werten im LIST-K (H) von den Gruppen mit generell niedrigeren und generell mittleren Werten im LIST-K (L & M) unterscheiden, jedoch kein Unterschied zwischen der mittleren und niedrigen Gruppe bestehen würde. Wir erfassten N = 198 Lehramtsstudierende im Herbst-Winter-Semester 2022 innerhalb einer vorlesungsbegleitenden Erhebung, wobei nur Studierende betrachtet wurden, die die Klausur zum Ersttermin geschrieben haben. Zu Beginn des Semesters wurde der LIST-K (Klingsieck, 2018) zusammen mit demographischen Variablen erhoben. Im Verlauf des Semesters loggte das DLS jede Lernhandlung der Studierende in Form digitaler Lernprozessdaten. In einem ersten Schritt replizierten wir die latente Profilanalyse (LPA) mit drei Profilen (ICL = -15110; BIC = 15033; Entropy = .884, BLRTp =.009). Die drei Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer selbstberichteten SRL-Ausprägungen (niedrig: N = 19, mittel: N = 133, hoch; N = 46). Alle drei Gruppen unterschieden sich nicht be-deutsam hinsichtlich der durchschnittlichen Abiturnote. Mittels des R-Pakets bain (Gu et al., 2023) testeten wir die folgenden informativen Hypothesen innerhalb einer Vari-anzanalyse für diese drei Gruppen für die abhängigen Variablen „Anzahl gelernter Fragen“, „Anzahl an Lerntagen“, „Lernindex des DLS“ und „Klausurerfolg“. (Die Hypothesen- und Ergebnisdarstellung entspricht der Empfehlung von Hoijtink et al., 2019): H0 : μ_hohesSRL = μ_mittleresSRL = μ_niedrigesSRL H1 : μ_hohesSRL > μ_mittleresSRL = μ_niedrigesSRL Hu : μ_hohesSRL, μ_mittleresSRL, μ_niedrigesSRL Die Auswertung der Daten mittels bayesianischer Statistik zeigt anekdotische bis moderate Evidenz für die aufgestellte Hypothese H1 (gleiche Werte in den Gruppen mit niedrigem und mittlerem SRL und größere Werte in der Gruppe mit hohem SRL) für die abhängigen Variablen „Anzahl der Lerntage“ (BF_10 = 2.49; Bayesian error probabi-lity (BEP) = .32), „Anzahl der gelernten Items“ (BF_10 = 4.63; BEP = .24) und „Lernin-dex des DLS“ (BF_10 = 4.55; BEP = .25). Bezüglich der Klausurleistung (BF_01 = 2.34; BEP = .33) zeigt sich anekdotische Evidenz für die informative Hypothese H0 (keine Unterschiede zwischen allen drei SRL-Gruppen). Explorative Analysen deuten zudem darauf hin, dass selbstberichtete SRL-Fähigkeiten mehr mit dem Lernverhalten zu-sammenhängen, wenn sie zum Ende des Semesters erfasst werden. Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass mittels eines ökonomischen Fragebogens zu Beginn des Semesters, Subgruppen von Studierenden identifiziert werden können, die sich bezüglich ihres Lernverhaltens innerhalb des DLS unterscheiden, jedoch nicht hinsichtlich ihrer Lernleistung. Effekte eines digitalen Zeitmanagement-Trainings auf das Prokrastinationsverhalten von Erstsemesterstudierenden Effektives Zeitmanagement ist eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Studienverlauf (van der Meer et al., 2010; Wolters & Brady, 2020). Es gilt als integraler Bestandteil selbstregulierten Lernens und zeigt bedeutsame Zusammenhänge mit verschiedenen Studienerfolgsindikatoren (Aeon et al., 2021; Zimmerman & Moylan, 2009). Im Gegensatz dazu stellt Prokrastinationsverhalten, d.h. das bewusste Aufschieben geplanter Aufgaben trotz absehbarer negativer Konsequenzen, ein Merkmal mangelhafter Selbstregulation mit entsprechend negativen Konsequenzen für Studienleistungen dar (Kim & Seo, 2015; Steel, 2007). Prokrastination gilt unter Universitätsstudierenden als besonders verbreitetes Problem. Während in Umfragen 15–20% der Allgemeinbevölkerung regelmäßiges Prokrastinationsverhalten berichten, sind es unter Studierenden 80–95% (Steel, 2007). Ein Großteil der Betroffenen gibt dabei an in problematischem Ausmaß zu prokrastinieren und äußert den Wunsch, das Prokrastinationsverhalten zu reduzieren (Grunschel & Schopenhauer, 2015). Zeitmanagement-Trainings können Studierenden dabei helfen, ihr Prokrastinationsverhalten zu reduzieren (van Eerde, 2015). Die bisherige Befundlage zu Trainingseffekten auf Studienleistungen ist jedoch unklar. Eine mögliche Ursache hierfür ist die häufig inkonsistente Konzeptualisierung von Zeitmanagement in unterschiedlichen Trainingsstudien (Claessens et al., 2007). Diese weisen häufig keinen hinreichenden Bezug zu zugrundeliegenden Prozessmodellen selbstregulierten Lernens auf (Wolters & Brady, 2020). Demnach sollte ein effektives Training neben der Vermittlung von Strategiewissen auch praktische Übung in der Anwendung der Strategien sowie Anregung zur Reflexion der Strategieanwendung enthalten (Foerst et al., 2017; Wolters & Brady, 2020), wobei sich im Zusammenhang mit Studienleistungen insbesondere effektives Planungsverhalten als relevant erwiesen hat (Claessens et al., 2007). Das Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob ein konzeptuell an die Phasen des selbstregulierten Lernprozesses angelehntes Zeitmanagement-Training Studierenden dabei helfen kann, ihr Prokrastinationsverhalten zu reduzieren und dadurch ihre akademischen Leistungen zu verbessern. Zu diesem Zweck sollte den Studierenden zunächst deklaratives und prozedurales Wissen über Zeitmanagementstrategien vermittelt werden, um damit die Voraussetzungen für die Anwendung der Strategien zu schaffen. Daraufhin sollten die Studierenden im Verlauf des Semesters durch praktische Übungen lernen, ihr Lernverhalten selbstständig zu planen und ihr Planungsverhalten zu reflektieren. Dafür nahmen N = 57 Erstsemesterstudierende über den Verlauf eines Semesters an einem Online-Seminar zum Thema multimediale Präsentationen teil. Die Studierenden wurden zu Semesterbeginn zufällig in eine Trainingsgruppe und eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Die Trainingsgruppe erhielt eine Einführung zu zentralen Zeitmanagementstrategien, deren Anwendung sie anschließend in wöchentlichen Übungen mit Fokus auf ihr Planungsverhalten übten. Teil der wöchentlichen Übungen waren zudem Leitfragen, die die Studierenden dazu anregen sollten, ihr Planungsverhalten zu reflektieren. Die Kontrollgruppe erhielt eine Einführung in wissenschaftliches Schreiben, welche ebenfalls wöchentliche Übungen von vergleichbarem zeitlichen Umfang enthielt. Alle Interventionsmaßnahmen wurden digital über die Kursoberfläche des Online-Seminars durchgeführt. Das Prokrastinationsverhalten der Studierenden wurde zu Beginn und zum Ende des Semesters mit der deutschen Version der Behavioral and Emotional Academic Procrastination Scale (BEPS; Bobe et al., 2022) erfasst. Der Studienerfolg der Studierenden wurde anhand einer Klausur am Ende des Semesters bestimmt. Während die Interventionsgruppen sich zu Beginn des Semesters nicht signifikant in ihrem Prokrastinationsverhalten unterschieden, t(55) = 0.38, p = .703, berichtete die Trainingsgruppe (M = 2.78, SD = 0.72) zu Semesterende signifikant weniger Prokrastinationsverhalten als die Kontrollgruppe (M = 3.20, SD = 0.65), t(55) = 2.30, p = .026, d = 0.61. Die Trainingsgruppe zeigte zudem bessere Klausurleistungen am Ende des Semesters, t(55) = 2.82, p = .007, d = 0.77. Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass ein Zeitmanagement-Training Erstsemesterstudierenden dabei helfen kann, Prokrastinationsverhalten einzugrenzen und ihren Studienerfolg zu verbessern. Das Zusammenspiel von Selbsteinschätzung und Verhaltensdaten – ein Beispiel im Kontext von Prokrastination und der Nutzung eines digitalen Feedbacks Die zunehmende Bedeutung von digitalen Lernumgebungen, v.a. in der Hochschulbildung, geht mit vermehrten Anforderungen an das selbstregulierte Lernen (SRL) der Studierenden einher (Kizilcec et al., 2017; Vosniadou, 2020). Jedoch bieten digitale Technologien auch Chancen, da sie es erlauben mit Log-Daten zum Lernverhalten zu arbeiten und somit Prozesse des SRL auf individuelle und adaptive Art zu unterstützen. Dabei gilt es, diese neuen Daten richtig zu interpretieren und gewinnbringend mit bestehenden Konstrukten zu kombinieren (Akbulut et al., 2023; Ellis et al., 2017). Ein für das Lernergebnis einflussreiches Verhalten ist die Prokrastination, deren zentraler Aspekt das Aufschieben einer Aufgabe ist (Schraw et al., 2007; Wolters, 2003). Auch wenn dieses Aufschieben durch Verhaltensdaten erfassbar ist, kann das Aufschieben von Aufgaben auch ein aktives, bewusst erwünschtes Verhalten des Lernenden sein (vgl. aktive Prokrastination, Chun Chu & Choi, 2005), oder mit motivationalen Aspekten zusammenhängen (Bäulke, 2021). Solche zugrundeliegenden Eigenschaften sind wiederum besser mit Selbstberichten abbildbar. In einem multimodalen Ansatz soll das Zusammenspiel und der gegenseitige Erkenntnisgewinn von selbstberichteter akademischer Prokrastination mit den Verhaltensweisen in einer digitalen Lernumgebung analysiert werden. Die Anwendbarkeit dieses multimodalen Ansatzes wird zusätzlich bei der Untersuchung der Effektivität eines individuellen Feedbacks überprüft. In den beiden Kursen wurde jeweils ein der Rahmen der beiden Kurse. Hier wurde jeweils digitales Feedback eingeführt, das selbstreguliertes Lernen unterstützt und dabei auch die Effekte von Prokrastination mindern soll. Auf Basis von maschinellen Lernen und kontrafaktischer Erklärungen werden den Lernenden Vorschläge gemacht (Haag et al., 2023), wie sie sich in der Lernumgebung verhalten sollten (bspw. welche Videos sie anschauen oder welche Frageblöcke wiederholt bearbeitet werden sollten, um das bisherige Lernverhalten zu optimieren). Das Feedback soll Prokrastinationsverhalten beeinflussen, indem es einen Lerndruck erzeugt (McCloskey, 2011), sowie Anhaltspunkte zur Bearbeitung liefert. Daher ist es Ziel unserer Studie die Effektivität des Feedbacks zu untersuchen und dessen Einfluss auf den Zusammenhang von Prokrastination mit Klausurnote. Darüber hinaus sollen multimodale Aspekte der Prokrastination (Selbstberichtet: akademische Prokrastination, Log-Daten: regelmäßiges Lernen, aufgeschobenes Lernen) in Zusammenhang gebracht werden um die jeweiligen Stärken bei der Vorhersage des Lernerfolgs herauszuarbeiten. Dies wird zusätzlich in einer Intervention zum SRL, welche auch einen Einfluss auf Prokrastination haben sollte, untersucht. Dabei nehmen wir an, dass die selbstberichtete Prokrastination sowie das Aufschieben negativ mit der Klausurnote zusammenhängt, das regelmäßige Lernen jedoch positiv. Dabei kann letzteres auch die Effekte der selbstberichteten Prokrastination ausgleichen. Das Feedback wurde in einem Wirtschaftsinformatik Kurs im Bachelor (84 Studierende), sowie einem im Master (85 Studierende) implementiert. Nach einer sechswöchigen Baseline-Phase wurden in der Experimentalgruppe wöchentlich drei adaptive Handlungsvorschläge präsentiert, welche auf kontrafaktischer Erklärungen basieren (Bachelor: 41 Studierende; Master: 41 Studierende). Die Kontrollgruppe hat den Kurs ohne Feedback bearbeitet. Zu Beginn der Kurse wurden metakognitive Strategien (MSLQ; Pintrich et al., 1991) und Prokrastination erhoben (APS-S: McCloskey, 2011; Yockey, 2016). Aus dem wöchentlichen Lernverhalten (i.e., investierte Lernzeit pro Woche) wird ein Index für das Aufschieben von Lernaktivitäten erstellt. Die Anzahl der Wochen in denen der digitale Kurs bearbeitet wurde, wird als Maß für die Regelmäßigkeit hergenommen. Vorläufige Ergebnisse der Bachelorstudierenden mit Regressionsanalysen zeigen zwar einen positiven Effekt der Komponente auf die Note (β = -.17, sig.; unter der Kontrolle der Regelmäßigkeit) – diesen Effekt beobachten wir jedoch nicht für Masterstudierende. Ob Lernende das Feedback umsetzen, hängt in beiden Kursen mit akademischer Prokrastination zusammen (multiple linearen Regression: β = -.39, sig.). Allerdings zeigt sich kein statistisch signifikanter moderierender Einfluss des Feedbacks für den Effekt der Prokrastination auf die Note. Wobei es in einer linearen Regression vor allem die Verhaltensdaten zur Regelmäßigkeit und zum Aufschieben sind, die statistisch signifikant zur Varianzaufklärung der Note beitragen (R² = .14). Im Beitrag wird des Weiteren auf das Zusammenspiel von berichteter Prokrastination und Regelmäßigkeit eingegangen. |