Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen. Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.

 
 
Sitzungsübersicht
Sitzung
7-06: Kooperatives Lernen zwischen Theorie und Praxis
Zeit:
Mittwoch, 20.03.2024:
9:00 - 10:40

Ort: H08

Hörsaal, 91 TN

Zeige Hilfe zu 'Vergrößern oder verkleinern Sie den Text der Zusammenfassung' an
Präsentationen
Symposium

Kooperatives Lernen zwischen Theorie und Praxis

Chair(s): Johanna Marder (Institut für Bildungsanalysen Banden-Württemberg (IBBW), Deutschland)

Diskutant*in(nen): Jasmin Decristan (Universität Wuppertal)

Kooperatives Lernen beschreibt ein pädagogisches Unterrichtskonzept, bei welchem die Schülerinnen und Schüler (SuS) in Kleingruppen gemeinsam an einer vorab strukturierten Aufgabe arbeiten (Johnson & Johnson 1989; Slavin 1995).

Kooperatives Lernen hat sich in vielfacher Hinsicht als wirksam für den Kompetenzerwerb der Lernenden erwiesen (z.B. Kyndt et al., 2013) und wird auch in Bezug auf den Umgang mit heterogenen Lernvoraussetzungen häufig propagiert (Büttner et al., 2012). Doch trotz ihres Potenzials werden kooperative Lernformen vergleichsweise weniger häufig eingesetzt (Buchs et al., 2017). Selbst nach Teilnahme an Fortbildungen berichten Lehrkräfte zahlreiche Schwierigkeiten, die sowohl Ressourcen (z.B. Vorbereitungsaufwand), die Schülerschaft (z.B. soziale Kompetenzen), als auch die ablaufenden Lehr-Lernprozesse (z.B. Klassenführung) betreffen (Gillies & Boyle, 2010; Völlinger et al., 2018). Diese Befunde deuten auf eine Diskrepanz zwischen Forschung (empirisch belegte Wirksamkeit) und Praxis (mangelnde Umsetzungsqualität) hin.

Modelle der professionellen Kompetenz von Lehrkräften (Kunter et al. 2013) und der Unterrichtsforschung (Eccles & Roeser, 2011, Helmke 2017) verdeutlichen, dass das Unterrichtsgeschehen durch eine Vielzahl komplexer Prozesse geprägt ist, welche einerseits auch Überzeugungen und Einstellungen der Lehrkraft, als anderseits auch die Schülerschaft miteinschließen. In der Untersuchung des kooperativen Lernens sind diese Ansätze jedoch nicht ausreichend differenziert berücksichtigt.

Das Symposium geht deshalb der übergeordneten Forschungsfrage nach, welche Faktoren die Umsetzung kooperativer Lernformen beeinflussen und wie die Umsetzungsqualität kooperativer Lernformen in der Unterrichtspraxis unterstützt werden kann.

Die Beiträge des Symposiums nehmen jeweils eine individuelle Perspektive auf die Umsetzung und Förderung des kooperativen Lernens ein und adressieren unterschiedliche Forschungsdesiderate. Durch die Verwendung verschiedener methodischer Ansätze und Datenquellen tragen sie zu einer Erweiterung des bisherigen Forschungsstands bei und helfen die Diskrepanz zwischen Forschung und Praxis vertieft zu ergründen sowie Interventionen abzuleiten.

Beitrag 1 untersucht mithilfe eines Mixed-method Designs und der Kombination verschiedener Datenquellen die Bedeutung von Überzeugungen und Einstellungen der Lehrkräfte zum kooperativen Lernen. Die quantitativen und qualitativen Analysen zeigen Zusammenhänge zwischen den Selbstwirksamkeits- und Nützlichkeitserwartungen der Lehrkräfte in Bezug auf das kooperative Lernen und der Umsetzungsqualität des kooperativen Lernens. Darüber hinaus zeigt sich, dass sich Lehrkräfte mit hoher und niedriger Umsetzungsqualität in ihren Perspektiven auf das kooperative Lernen unterscheiden.

Beitrag 2 untersucht in einem experimentellen Kontrollgruppendesign, in wie weit die Qualität der transaktiven Kommunikation in den Schülergruppen durch ein Training der Kommunikationsfähigkeiten der SuS gesteigert werden kann. Es zeigen sich positive Trainingseffekte in Bezug auf die vertiefende Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand in der Partnerarbeitsphase, als auch auf die wahrgenommene Zufriedenheit der SuS mit der Zusammenarbeit.

Beitrag 3 ordnet das pädagogische Konzept des kooperativen Lernens konzeptuell in das Beschreibungssystem der Sicht- und Tiefenstrukturen des Unterrichts ein und untersucht, in wie weit die Lehr-Lernprozesse beim kooperativen Lernen mit bekannten Qualitätsmerkmalen eines lernwirksamen Unterrichts zusammenhängen. Es zeigen sich reziproke Zusammenhänge zwischen Umsetzungsqualität und -quantität kooperativen Lernens mit der Klassenführung, konstruktiver Unterstützung und kognitiver Aktivierung.

Abschließend werden die Beiträge in der Gesamtschau mit Blick auf ihre Potenziale zur Auflösung der Diskrepanz zwischen Forschung und Praxis diskutiert. Es werden Implikationen für die Umsetzung kooperativer Lernformen sowie für den Wissenschafts-Praxis Transfer in der Lehrkräftebildung herausgearbeitet.

 

Beiträge des Symposiums

 

Kooperatives Lernen in der Praxis – eine Mixed-Methods-Studie zur Umsetzungsqualität

Katja Adl-Amini1, Vanessa Völlinger2, Agnes Eckart3
1TU Darmstadt, 2PH Freiburg, 3Universität Giessen

Kooperatives Lernen (KL) umfasst Unterrichtsmethoden, bei denen die Schüler*innen in kleinen Gruppen zusammenarbeiten, um sich gegenseitig beim Lernen zu helfen und ihre Lernergebnisse zu verbessern. Als Basiselemente von KL gelten: (1) positive Interdependenz, (2) individuelle Verantwortlichkeit, (3) fördernde Interaktion, (4) soziale Fähigkeiten und (5) Reflexionsprozesse (Slavin, 1995; Johnson & Johnson, 1989). Die positiven Wirkungen von KL auf fachliche sowie motivationale Lernziele sind vielfach belegt (Ginsburg-Block et al. 2006; Kyndt et al. 2013). Die Wirksamkeit hängt jedoch von der Qualität der Umsetzung ab, die durch die Implementation der fünf Basiselemente bestimmt wird (Supanc et al. 2017; Veenman et al. 2002). Studien deuten vielfach darauf hin, dass diese Umsetzung herausfordernd für Lehrkräfte ist und schlussfolgern zahlreiche Schwierigkeiten, die Lehrkräfte auch nach Teilnahme an Fortbildungen berichten (Buchs et al. 2017). Die Umsetzungsqualität ist zumeist eher gering, die Basiselemente werden nur von wenigen Lehrkräften vollständig implementiert (Abramczyk & Jurkowski 2020; Gillies & Boyle 2010; Völlinger et al. 2018). Zudem zeigen sich Zusammenhänge der Umsetzungsqualität mit den Überzeugungen der Lehrkräfte sowie Einschätzungen der Wirksamkeit der Methode (ebd.). Es ist jedoch anzumerken, dass die Umsetzungsqualität häufig in Selbstberichten erhoben wurde, Beobachtungstudien finden sich nur selten (Veenmann, 2000; Veldmann et al., 2020), obwohl nur diese Informationen zur Umsetzung von KL in der Praxis liefern. Zudem finden sich kaum Studien, die Lehrkräfte mit hoher und niedriger Implementationsqualität vergleichen, obwohl dies hilfreich sein könnte, um Gelingensbedingungen für die Umsetzung von KL in der Praxis ableiten und gezielte Interventionen entwickeln zu können. Hier setzt die vorliegende Studie an.

Ziel und Methode:

Ziel der Studie ist die Untersuchung der Umsetzungsqualität in der Unterrichtspraxis. Folgende Forschungsfragen stehen dabei im Fokus:

1. Wie werden die Basiselemente von KL in der Praxis umgesetzt?

2. Mit welchen Überzeugungen hängt die Umsetzungsqualität von KL zusammen?

3. Wie unterscheiden sich Lehrkräfte mit hoher und niedriger Umsetzungsqualität in Bezug auf ihre Perspektive auf KL?

Es wurde ein sequentielles Mixed-Methods-Design (quantitativ-qualitativ; Ponce & Pagán-Maldonado 2015) angewendet. In insgesamt 49 Klassen wurden Fragebögen zu Überzeugungen und Einschätzungen der Umsetzung eingesetzt. In 30 Klassen wurden zudem Unterrichtsbeobachtungen durchgeführt und die Umsetzungsqualität anhand einer Beobachtungsskala mit Indikatoren für die Basiselemente von KL bewertet (11 Items, Interraterübereinstimmung >63). Zudem wurden strukturierte Interviews mit Lehrkräften zu ihrer Umsetzung durchgeführt, von denen vier in Bezug auf die Umsetzungsqualität kontrastiv ausgewählten Fällen mittels thematischer Kodierung (Strauss 1991, adaptiert nach Flick 2021) ausgewertet wurden.

Ergebnisse und Diskussion;

Die Ergebnisse zeigen eine eher geringe Umsetzungsqualität von KL. Nur 7% der beobachteten Lehrkräfte setzten die Basiselemente um. Selbst positive Interdependenz und individuelle Verantwortlichkeit, die beiden wichtigsten Elemente von KL, wurden nur in 17 % der beobachteten Unterrichtsstunden umgesetzt. Die Ergebnisse der Fragebögen zeigen, dass die Umsetzungsqualität mit der Bewertung von KL durch die Lehrkräfte in Bezug auf die Eignung für verschiedene Lernziele (r=.40*) und unterschiedliche Schüler*innen (r=.36*) sowie die Selbstwirksamkeitserwartungen der Lehrkräfte (r=.50*) zusammenhängt. Die qualitative Analyse der Lehrerinterviews zeigte Unterschiede zwischen Lehrkräften mit hoher und niedriger Umsetzungsqualität hinsichtlich ihrer Perspektive auf KL. Lehrkräfte mit hoher Umsetzungsqualität schätzen den Wert der sozialen Lernprozesse beim KL als höher ein und fühlen sich stärker für den Erfolg von KL verantwortlich. Ähnliche Ergebnisse finden sich in der Studie von Veldmann et al. (2022) mit fortgebildeten Lehrkräften, was darauf hinweist, dass die Vermittlung von Wissen zu KL nicht ausreicht, um eine hohe Umsetzungsqualität zu ermöglichen. Die Ergebnisse zeigen eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis und verweisen auf die Bedeutung von Überzeugungen für die Umsetzungsqualität von KL. Unter Bezugnahme auf Modelle zur professionellen Kompetenz von Lehrkräften (Kunter et al. 2013) sollten zukünftige Interventionen auch diese Bereiche fokussieren, um eine negative Spirale zwischen Überzeugungen und der Umsetzung von KL zu vermeiden.

 

Förderung kooperativen Lernens durch ein unterrichtsintegriertes Training der Schülerkommunikation

Lukas Mundelsee1, Susanne Jurkowski2, Martin Hänze3
1Universität Heidelberg, 2Universität Erfurt, 3Universität Kassel

Studien belegen die positiven Effekte kooperativen Lernens auf den Wissenserwerb (Kyndt et al., 2013). Die Wirksamkeit basiert auf einer intensiven inhaltlichen Lernerkommunikation (Webb, 2009). In der transaktiven Kommunikation nehmen die Gruppenmitglieder in ihren Beiträgen aufeinander Bezug, indem sie Ideen ihrer Lernpartnerinnen und Lernpartner aufgreifen, sie klären, ergänzen, hinterfragen oder mit weiteren Ideen zusammenführen und dadurch gemeinsam Wissen konstruieren (Berkowitz et al., 2008). Damit spiegelt die transaktive Kommunikation den besonderen Nutzen kooperativen Lernens im Vergleich zu einer individuellen intensiven Auseinandersetzung mit den Lerninhalten wieder (Chi & Wylie, 2014).

Lernenden fällt es jedoch oftmals schwer, im gemeinsamen Arbeitsprozess intensiv über die Lerninhalte zu kommunizieren, und Lehrkräfte wie auch Schülerinnen und Schüler betrachten geringe Fähigkeiten zur Kommunikation und Kooperation als zentrale Herausforderung für lernwirksames kooperatives Lernen (Abramczyk & Jurkowski, 2020; Le et al., 2018). Diese geringen Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten der Lernenden waren für Lehrkräfte einer der zentralen Gründe für den relativ seltenen Einsatz kooperativen Lernens (Abramczyk & Jurkowski, 2020). Ein weiterer Grund für den seltenen Einsatz war ein hoher Druck durch das Curriculum (Abramczyk & Jurkowski, 2020). Somit sollte eine Förderung der Kommunikationsfähigkeiten möglichst gut in den weiteren Unterrichtsablauf integriert sein.

In der vorliegenden Studie wurde deshalb ein in den Unterricht integriertes Training der transaktiven Kommunikation entwickelt und evaluiert. Das Training wurde mit einem quasiexperimentellen Prätest-Posttest-Design an 594 Schülerinnen und Schülern der 9. Klasse aus 23 Sekundarschulklassen getestet. Die Klassen wurden zufällig entweder der Experimental- (Transaktivitätstraining) oder der Kontrollgruppe (Präsentationstraining) zugewiesen. Die Trainings beider Gruppen dauerten 2,5 Schultage und wurden mit dem fächerübergreifenden Thema Nachhaltige Ressourcennutzung kombiniert. Zudem war in beiden Gruppen die Zeit an kooperativen Lehr-/Lernformen identisch. Im Unterschied zur Kontrollgruppe, die ein Präsentationstraining erhielt, bekam die Experimentalgruppe aber im Zuge des kooperativen Lernens Instruktionen, Übungen und Feedback zur transaktiven Kommunikation. Vor und nach der Intervention wurde die Kommunikation der Lernenden während einer Partnerarbeitsphase aufgezeichnet, später transkribiert und im Hinblick auf transaktive Aussagen kodiert. Für die Transaktivität wurden niedrig-transaktive (Beantworten, Paraphrasieren, Nachfragen) und hoch-transaktive (Ergänzen, Hinterfragen, Gegenüberstellen, Zusammenführen) Aussagen unterschieden. Die Kodierungen liegen für eine parallelisierte Teilstichprobe von n = 164 Schülerinnen und Schüler vor. Außerdem wurde zu beiden Messzeitpunkten der Wissenserwerb der Lernenden getestet und sie berichteten über ihre Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit auf einer sozial-emotionalen Ebene. Für alle abhängigen Variablen wurden im Posttest höhere Werte in der Experimentalgruppe als in der Kontrollgruppe erwartet.

Unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur der Daten (Messzeitpunkte, Dyaden, Klassen) ergaben sich positive Effekte des Transaktivitätstrainings auf niedrig-transaktive und hoch-transaktive Beiträge. Es zeigten sich jedoch keine Unterschiede zwischen den Bedingungen im Wissenserwerb. Darüber hinaus berichteten die Schülerinnen und Schüler in der Experimentalgruppe über eine höhere Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit. Die Ergebnisse lassen sich dahingehend interpretieren, dass ein in den Unterricht integriertes Transaktivitätstraining positive Effekte auf den kooperativen Arbeitsprozess haben kann, gleichzeitig die Umsetzung neu gelernter Kommunikation womöglich so viele kognitive Ressourcen der Lernenden gebunden hat, dass sich noch keine positiven Effekte auf den Wissenserwerb ergeben konnten.

 

Kooperatives Lernen zwischen Sicht- und Tiefenstrukturen des Unterrichts

Johanna Marder1, Katja Adl-Amini2, Vanessa Völlinger3, Alexandra Dehmel1, Benjamin Fauth1
1IBBW, 2TU Darmstadt, 3PH FReiburg

Die positiven Effekte des kooperativen Lernens auf das fachliche Lernen, sozialer Kompetenzen und Motivation der Schülerinnen und Schüler (SuS) sind gut belegt (Kyndt et al., 2013), dennoch wird kooperatives Lernen auch nach Fortbildungsbesu-chen in der Unterrichtspraxis nur wenig eingesetzt (Völlinger et al., 2018).

Tiefere Erkenntnisse, wie kooperatives Lernen im Unterricht gelingen und gefördert werden kann, können durch eine Untersuchung der ablaufenden Lehr-lernprozesse gewonnen werden. Dazu ordnet die gegenwärtige Studie das pädagogische Konzept des kooperativen Lernens mit Blick auf die Sicht- und Tiefenstrukturen des Unterrichts (Decristan et al., 2020) ein.

Auf Ebene der Sichtstruktur wird kooperatives Lernen als Sozialform umgesetzt, bei welcher die SuS in Kleingruppen zusammenarbeiten. Kooperative Lernaufgaben zeichnen sich jedoch weniger durch die Sozialform, als vielmehr durch die Basisele-mente des kooperativen Lernens (z.B., positive Interdependenz, Übernahme individueller Verantwortung; Slavin, 1995) aus, welche tieferliegende Lehr-lernprozesse (z.B. vertiefende Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand) auf Ebene der Tiefenstrukturen anregen können.

Inwieweit kooperatives Lernen jedoch qualitätsvoll umgesetzt werden und lernwirksam werden kann, hängt möglicherweise mit den Qualitätsdimensionen eines lernwirksamen Unterrichts (Klassenführung, konstruktive Unterstützung, kognitive Aktivierung; Klieme et al., 2001) zusammen.

Blickt man genauer darauf, wie kooperative Lernaufgaben organisiert sind und mit welcher Qualität soziale und kognitive Prozesse bei der Zusammenarbeit ablaufen, finden sich aus Perspektive der Unterrichtsforschung zahlreiche Ansatzmöglichkeiten, um die Qualitätsdimensionen eines lernwirksamen Unterrichts zu adressieren: Während des kooperativen Lernens beobachtet und unterstützt die Lehrkraft die Lernprozesse in angemessener Weise (z.B. durch Scaffolding und Feedback) und setzt somit kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung um. Durch effektive Klassenführung (z.B. Monitoring) wird ein störungsfreies Arbeitsumfeld sichergestellt. Ebenso wäre denkbar, dass beispielsweise eine effektive Klassenführung und kognitiv aktivierende Aufgabenstellungen die Rahmenbedingungen für eine hochwertige Implementation kooperativer Lernformen sicherstellen.

In wie weit Klassenführung, konstruktive Unterstützung und kognitive Aktivierung je-doch in einer eher schülerzentrierten Lernform wie dem kooperativen Lernen umge-setzt werden, wurde empirisch kaum untersucht.

Ziele & Methode:

Der Beitrag setzt an dieser Stelle an und untersucht in einer umsetzungspraktischen und einer konzeptionellen Fragestellung,

- wie Lehrkräfte die Umsetzung des kooperativen Lernens wahrnehmen und welchen Herausforderungen sie dabei begegnen

- inwieweit die Lehrlernprozesse beim kooperativen Lernen mit den Qualitäts-merkmalen des Unterrichts zusammenhängen

Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen einer wissenschaftlich begleiteten Fortbil-dungsreihe zum kooperativen Lernen, an welcher Lehrkräfte der Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg teilnahmen. Gemeinschaftsschulen stellen eine integrative Schulform dar, bei welcher SuS unterschiedlicher Leistungsniveaus gemeinsam in der gleichen Klasse unterrichtet werden.

Mittels Online-Fragebögen wurden die teilnehmenden Lehrkräfte in einem Prä-post Design zu ihrem (Vor-) Wissen, Einstellungen, sowie zur Quantität und Qualität der Umsetzung des kooperativen Lernens in Ihrem Unterricht befragt. Darüber hinaus wurden die Lehrkräfte gebeten, ihren Unterricht anhand der Dimensionen Klassenführung, konstruktive Unterstützung und kognitive Aktivierung einzuschätzen.

An der Befragung nahmen N = 310 Lehrkräfte (71 % weiblich) mit M = 9.9 (SD = 7.1) Jahren Unterrichtserfahrung teil.

Ergebnisse & Diskussion:

Insgesamt geben die Lehrkräfte an, die Basiselemente des kooperativen Lernens weitgehend umsetzen zu können, berichten jedoch auch Herausforderungen. Fakto-renanalytisch können diese in drei übergeordnete Bereiche eingeteilt werden: Res-sourcen, Aufgaben der Lehrkraft, Verhalten & Kompetenzen der Schülerschaft.

Darüber hinaus weisen erste Ergebnisse auf reziproke Zusammenhänge zwischen der Klassenführung, instruktionaler Unterstützung und kognitiven Aktivierung im Unterricht und der Umsetzung des kooperativen Lernens hin. Diese Zusammenhänge ergeben sich hinsichtlich der Umsetzungshäufigkeit (r = .18 bis r = .29, p <.05) als auch der Umsetzungsqualität (r = .36 bis r = .39, p <.05). Es zeigte sich jedoch kein Zusammenhang zwischen der Quantität und der Qualität der Umsetzung kooperativer Lern-formen.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass kooperatives Lernen zu einem lernwirksamen Unterricht im Sinne der Qualitätsdimensionen beiträgt. Ebenso können die Qualitätsdimensionen dazu beitragen, die bei kooperativen Lernformen ablaufenden Lehr-lernprozesse zu unterstützen und bekannten Umsetzungshindernissen (z.B. Störverhalten der SuS; Abramczyk & Jurkowski, 2020) zu begegnen.