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Session Overview
Session
6-14: Mathematische Bildung II
Time:
Tuesday, 19/Mar/2024:
3:20pm - 5:00pm

Location: H07

Hörsaal, 56 TN

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Presentations
Paper Session

Digitale Mathematikschulbücher im Fokus: Eine systematische Analyse empirischer Studien

Ann-Katrin van den Ham, Constanze Koschwitz

Universität Hamburg, Deutschland

Einleitung und Forschungsfrage

Die Entwicklung und der Einsatz von digitalen Schulbüchern wird als ein aufstrebendes und wichtiges Feld für die zukünftige Ausrichtung der Mathematikschulbuchforschung genannt (Fan et al., 2013). Hier besteht dringender Forschungsbedarf, da die relativen Stärken und Schwächen digitaler Mathematikschulbücher noch nicht vollständig verstanden sind. Dies hat Kilpatrick 2014 in einem Überblick über die Entwicklungsgeschichte von Mathematikschulbüchern festgestellt. Beispielsweise werden interaktive digitale Schulbücher als neue Möglichkeiten für Partizipation, Flexibilität und Personalisierung gesehen, die in scharfem Kontrast zur autoritären Haltung traditioneller Textbücher stehen (Yerushalmy, 2014). Jedoch sind Studien zur Nutzung von Schulbüchern durch SchülerInnen selten (Yerushalmy, 2014) und es ist wenig darüber bekannt, wie LehrerInnen und SchülerInnen die neuen Möglichkeiten interaktiver digitaler Formate nutzen (Rezat, 2013). Nach unserem Kenntnisstand gibt es trotz dieser Forderungen bisher keine systematische Übersicht der Forschung zu digitalen Mathematikschulbüchern. Die letzte systematische Übersicht über den Stand der Forschung zu Schulbüchern im Fach Mathematik stammt von Fan (2013), welcher die Forschung zu digitalen Schulbüchern in der Kategorie „sonstiges“ beschrieb. Aus diesem Grund ist das Ziel dieses Beitrages ein systematisches Review zum Stand der empirischen Forschung bezüglich digitaler Mathematikschulbücher.

Methode

In drei Datenbanken (ERIC, Web of Science, PsycInfo) wurden englischsprachige Studien in Peer-Review-Zeitschriften im Bereich „Education“ zu Mathematikschulbüchern gesucht (2013-heute). Die Suchworte umfassten Mathematik oder mathematikspezifische Terme (wie z.B. Algebra) sowie Schulbuch. Nach Ausschluss von Duplikaten ergab die Suche 493 Ergebnisse. Von diesen Studien konnten weitere 214 Studien ausgeschlossen werden, da das Schulbuch nicht zentraler Untersuchungsgegenstand war, die Bücher nicht für SchülerInnen konzipiert waren (sondern für z.B. Studierende oder Auszubildende) oder es sich nicht um empirische Studien zu Mathematikschulbüchern handelte. Von diesen 279 Studien wurden im nächsten Schritt nur die Studien ausgewählt, die tatsächlich digitale Schulbücher fokussierten (19 Studien).

Ergebnisse

Die insgesamt 19 Studien, können in 6 Kategorien beschrieben werden. Zu jeder Kategorie werden die Ergebnisse kurz zusammengefasst:

(1) Lehrerkräftebildung und Einstellungen: Die Ergebnisse (Studien 1 und 2) zeigen, dass eine gründliche Vorbereitung und Schulung der Lehrkräfte für die effektive Implementierung digitaler Lehrbücher unerlässlich sind. Insbesondere in den USA besteht eine Präferenz für digitale Formate, was eine differenzierte Herangehensweise an die Lehrmittelbereitstellung erforderlich macht. (2) Technologische Umsetzung und Design: Die Studien in dieser Kategorie (Studien 3, 4, 5 und 14) betonen die Bedeutung des Designs und der Multimodalität in digitalen Lehrbüchern. Insbesondere die Integration interaktiver Bausteine könnte die Schülerleistung positiv beeinflussen. (3) Schülerengagement und Lernergebnisse: Die Studien 6 und 16 zeigen, dass die wahrgenommene Nützlichkeit und das Engagement der Schüler wichtige Faktoren für die tatsächliche Nutzung und den Erfolg von digitalen Lehrbüchern sind. (4) Zugänglichkeit und Inklusivität: Die Studien 7 und 13 legen nahe, dass digitale Lehrbücher das Potenzial haben, den Zugang für Schüler mit besonderen Bedürfnissen zu verbessern, jedoch ist eine sorgfältige Implementierung erforderlich. (5) Pädagogische Implikationen: Die Studien 10, 11, 15, 17 und 18 untersuchen verschiedene Aspekte wie die didaktischen Auswirkungen computergestützter Beweise, die Erfahrungen und Wahrnehmungen der Schüler, pädagogische Widersprüche, die sich aus der Verwendung digitaler Lehrbücher ergeben, und den Einfluss externer Variablen wie Selbstwirksamkeit und Bildungsniveau der Eltern auf die Technologieakzeptanz. Sie unterstreichen die Notwendigkeit eines differenzierten Verständnisses der Wechselwirkungen zwischen digitalen Schulbüchern und Lehrmethoden, dem Engagement der Schüler und den Lernergebnissen. (6) Vergleichende Analysen: Die Studien 8, 9 und 19 zeigen, dass digitale Lehrbücher nicht automatisch zu einer verbesserten Lernqualität führen und dass die Aufgabenanforderungen in beiden Formaten ähnlich sein können.

Dieser Beitrag bietet eine fundierte Grundlage der Forschung im Bereich digitaler Mathematikschulbücher. Die verhältnismäßig geringe Anzahl an Studien zu digitalen Mathematikschulbüchern unterstreicht den Bedarf an weiterer Forschung in diesem sich rasch entwickelnden Feld. Die Ergebnisse unterstreichen zudem die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung von digitalen Mathematikschulbüchern, die sowohl technologische als auch pädagogische Aspekte berücksichtigt.



Paper Session

Überträgt sich mathematikbezogene Angst der Lehrkraft auf das Grundschulkind? Agency und Communion des dyadischen Lehrkraftverhaltens als Mediator

Madita Frühauf, Bettina Hannover

Freie Universität Berlin, Deutschland

Mathematikbezogene Angst (MA; Ashcraft, 2002; Hembree, 1990) kann die Leistungsfähigkeit von Schüler:innen beeinträchtigen (Barroso et al., 2021; Caviola et al., 2022). Zudem können auch Mathematik-Lehrkräfte von Angst im Fach Mathematik betroffen sein (Ganley et al., 2019; Porsch, 2017). Auch liegen Belege vor, dass MA der Lehrkraft zu geringeren Mathematikleistungen der Schüler:innen führt (Beilock et al., 2010; Ramirez et al., 2018; Schaeffer et al., 2021). Mögliche Erklärungen für dieses Phänomen sind emotionale Ansteckung, Feedbackverhalten oder Aspekte von Beziehungsqualität (Burić & Frenzel, 2023; Frenzel et al., 2009, 2021). In unserer Forschung haben wir auf das interpersonale Verhalten der Lehrkraft in Lehrkraft-Schüler:in-Dyaden als potentiellen Mediator zwischen MA der Lehrkraft und MA der Schüler:in fokussiert.

Der Interpersonal Theory (Leary, 1957) folgend kann das Verhalten von Lehrkräften auf den Dimensionen Communion (Wärme, Zugewandtheit) und Agency (Lenkung, Kontrolle) beschrieben werden. Günstiges Lehrkraftverhalten ist dadurch charakterisiert, dass die Lehrkraft adaptive Agency zeigt, also das Ausmaß der Steuerung von den Kompetenzen des Kindes abhängig macht, und dies in jedem Fall mit hoher Communion kombiniert ist (Hannover et al., 2022; Roorda et al., 2017).

Wir erwarten, dass eine Lehrkraft mit hoher MA im Mathematikunterricht Stress und Unsicherheit erlebt und entsprechend wenig kommunales Verhalten gegenüber den Schüler:innen zeigt und versucht, durch hohe Agency das Unterrichtsgeschehen unter Kontrolle zu halten. Durch dieses Verhaltensmuster sollte MA beim Lernenden gefördert werden: denn das Kind fühlt sich nicht emotional unterstützt und erlebt die starke Steuerung als Ausdruck eines geringen Zutrauens der Lehrkraft in seine mathematischen Kompetenzen. Da Mädchen und Frauen im besonderen Maße von MA betroffen sind (Vos et al., 2023) berücksichtigen wir zudem das Geschlecht der Lehrkraft und des Kindes.

In einer Feldstudie beschrieben 42 Mathematik-Grundschullehrkräfte (32 Frauen) ihr dyadisches Interaktionsverhalten gegenüber n = 949 Berliner Grundschüler:innen (373 Mädchen) mithilfe eines Circumplex-Instrumentes (Hannover et al., 2022). Lehrkräfte (Ganley et al., 2019) und Schüler:innen (Henschel & Roick, 2020) machten Angaben zu ihrer MA. Als Analysestrategie verwendeten wir die Structural Summary Method (SSM; Gurtman, 1992) mithilfe des R-Paketes "Circumplex" (Zimmermann & Wright, 2017) und berechneten Pfadmodelle mit dem R-Paket „lavaan“ (Rosseel, 2012).

Die SSM-Analysen zeigten erwartungsgemäß, dass die MA der Lehrkraft mit geringer Communion zusammenhing, entgegen unserer Erwartung aber unabhängig von der Agency war (Displacement = 152.1°, R2 = .75). Die MA des Kindes hing anders als erwartet mit der Communion des Lehrkraftverhaltens nicht zusammen, nahm aber mit der Agency zu (Displacement = 94.6°, R2 = .98). Der über die Agency (β = 0.00, p = .427) und Communion (β = 0.01, p = .185) vermittelte indirekte Effekt der MA der Lehrkraft auf die MA des Kindes war nicht signifikant.

Geschlechtsspezifische Analysen zeigten hingegen den erwarteten Zusammenhang, wenn Lehrkraft und Kind weiblich waren (Gender Match): Die MA der weiblichen Lehrkraft hing erwartungsgemäß mit der Kombination von geringer Communion und hoher Agency in ihrem Verhalten zusammen (Displacement = 119.8°, R2 = .90). Die MA des jeweiligen Mädchens war wie erwartet umso höher, je weniger kommunal und stärker agentisch das Verhalten der Lehrkraft war (Displacement = 112.6°, R2 = .98). Die Pfadanalyse ergab allerdings, dass nur Agency den Zusammenhang zwischen MA der Lehrkraft und des Kindes mediierte (β = 0.04, p = .044; für Communion: β = 0.02, p = .128).

Als eine Erklärung, warum sich MA nur bei einer weiblichen Lehrkraft auf ihre weiblichen Schüler überträgt, diskutieren wir den Einfluss von Geschlechtsstereotypen (Eagly, 1987). Mathematiklehrerinnen und Mädchen kennen das Stereotyp über die geringere Mathematikkompetenz ihres Geschlechts. Möglicherweise versuchen deshalb nur Frauen ihre MA durch niedrig kommunales und stark agentisches Verhalten zu regulieren und sind nur Mädchen vulnerabel, sich von der durch das Lehrkraftverhalten vermittelten MA der Lehrkraft beeinträchtigen zu lassen.



Paper Session

Personenmerkmale und Mathematikleistungen – Ein systematisches Review metaanalytischer Befunde

Moritz Breit, Michael Schneider, Franzis Preckel

Universität Trier, Deutschland

Mathematikleistungen von Schüler*innen haben weitreichende Folgen, sowohl auf individueller Ebene für Arbeitsmarktchancen oder Gesundheitsentscheidungen (Geary, 2011, Reyna & Brainerd, 2007), als auch auf gesellschaftlicher Ebene für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft (Halpern et al., 2007). Ein tiefgreifendes Verständnis der Personenmerkmale, die zu Mathematikleistungen beitragen, ist hilfreich, um die frühzeitige Identifizierung von Schüler*innen mit einem Risiko für schwache Leistungen und auch die Talentsuche und Förderung von Mathematik-Talenten zu unterstützen. Es gibt eine umfangreiche Literatur zu Prädiktoren von Mathematikleistungen sowie verschiedene Modelle der Begabung und Talententwicklung in Mathematik (e.g., Phillipson & Callingham, 2009; Pitta-Pantazi et al., 2011; Preckel et al., 2020), welche die Bedeutung verschiedener Fähigkeiten, Fertigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale für die Mathematik betonen. In den letzten Jahren wurden in einer Vielzahl von Metaanalysen die Ergebnisse aus verschiedenen Teilen der empirischen Literatur zusammengefasst, um die Auswirkungen von Personenmerkmalen genauer zu quantifizieren (e.g., Atit et al., 2022; Bicer et al., 2021; Emslander & Scherer, 2022; Muncer et al., 2022). Allerdings ist diese Fülle an neuen Erkenntnissen derzeit nur schwer zu überblicken. In der vorliegenden Studie bieten wir daher ein systematisches Review von Metaanalysen personenbezogener psychologischer Variablen, die mit mathematischen Leistungen in Verbindung stehen. Dies ermöglicht einen Vergleich der relativen Bedeutung einer großen Bandbreite von Variablen, der als Grundlage für Talentmodelle, Talentsuchen und Förderung im Bereich der Mathematik dienen kann.

Fragestellung

Welche personenbezogenen psychologischen Variablen stehen in einem systematischen Zusammenhang mit Mathematikleistung? Wie hoch sind die Zusammenhänge und Unterschiede zwischen ihnen?

Methode

Durch systematische Suchstrategien wurden 383 Artikel identifiziert und auf Eignung geprüft (u.a. Metaanalyse, Korrelation von Mathematikleistung mit einem Personenmerkmal, keine Kontrolle von Drittvariablen, kein Fokus auf klinische Stichproben). Von diesen wurden 31 Metaanalysen mit insgesamt 86 Variablen in das Review aufgenommen. Die interessierende Effektgröße war die metaanalytische Korrelation zwischen der Variable und der Mathematikleistung. Die Variablen wurden in die Überkategorien a) Wissen und Fertigkeiten, b) (kognitive) Fähigkeiten und c) Persönlichkeit und Motivation unterteilt. Alle Effektgrößen wurden nach ihrer Größe geordnet und die resultierenden Ergebnismuster beschrieben. Effekte wurden in Anlehnung an Empfehlungen von Cohen (1988) und Gignac and Szodorai (2016) in vernachlässigbare (r = .00 - .09), kleine (r = .10 - .19), moderate (r = .20 - .29), große (r = .30 - .49) und sehr große (r ≥ .50) Effekte unterteilt.

Ergebnisse

Die stärksten Zusammenhänge mit Mathematikleistungen zeigten sich für verbale akademische Leistung (r = .59 bis .67) und verbale Fähigkeiten (r = .27 bis .51), mathematisches Vorwissen und Vokabular (r = .63 und .49), Intelligenz (r = .41 bis .62) und Kreativität (r = .47). Variablen der Kategorie „Wissen und Fertigkeiten“ zeigten durchweg große bis sehr große Zusammenhänge. Fähigkeitsvariablen zeigten vor allem moderate oder große Zusammenhänge. Im Vergleich zu anderen Variablen waren die Effektgrößen der Verarbeitung numerischer Größenordnungen (r = .24 bis .30) und der räumlichen Fähigkeiten (r = .21 bis .35), die oft als wichtige Prädiktoren mathematischer Leistung und als Indikatoren mathematischen Talents beschrieben werden, eher gering. Persönlichkeits- und Motivationsvariablen zeigten vernachlässigbare bis moderate Zusammenhänge, mit Ausnahme des mathematischen Selbstkonzepts (r = .43) und der akademischen Emotion Ärger (r = -.35). Die Ergebnisse zeigen, dass auch viele Variablen stark mit Mathematikleistungen zusammenhängen, die gut durch gezielte Interventionen veränderbar sind (z.B. Lesefertigkeit, mathematisches Selbstkonzept, Selbstregulation).



Paper Session

Effekte eines (verzerrten) Fähigkeitsselbstkonzepts auf Schulnoten und deren Mediation durch Erfolgserwartung und subjektive Werte nach dem Erwartungs-Wert-Modell

Patrick Paschke, Ricarda Steinmayr

Technische Universität Dortmund, Deutschland

[Theoretischer Hintergrund, Fragestellung]

Aus einer großen Zahl von Einzelstudien und Metaanalysen (z.B. Valentine et al., 2004; Wu et al., 2021) ist bekannt, dass ein hohes Fähigkeitsselbstkonzept sich positiv auf zukünftige Schulleistungen (Noten, standardisierte Schulleistungstests, erreichter Abschluss) in derselben Domäne, z.B. Mathematik, auswirkt. Über zwei unmittelbar daraus ableitbare Fragestellungen ist hingegen weitaus weniger bekannt. Erstens stellt sich die Frage, ob die Diskrepanz zwischen dem Fähigkeitsselbstkonzept und der tatsächlichen Kompetenz einer Person (der sogenannte Selbsteinschätzungsbias; SE Bias) ebenfalls eine Auswirkung auf schulische Leistungen hat. Hierzu gibt es in der Literatur unterschiedliche Hypothesen. Einige Autor*innen gehen davon aus, dass ein (moderat) positiver SE Bias aufgrund einer angenommenen motivationsförderlichen Wirkung zu besseren Schulleistungen führen sollte (z.B. Bonneville-Roussy et al., 2017; Lee, 2021), während andere die Bedeutung akkurater Selbsteinschätzungen betonen (z.B. Dunlosky & Rawson, 2012; Hacker & Bol, 2019) und einige gar Vorteile von Selbstunterschätzungen identifizieren (z.B. Talsma et al., 2019). Bisherige Studien zu diesem Thema sind aufgrund theoretischer und methodischer Mängel jedoch oft wenig aussagekräftig (siehe z.B. Humberg et al., 2018 für eine Diskussion). Zweitens ergibt sich die Frage, welche Mechanismen für den positiven Effekt des Fähigkeitsselbstkonzepts auf Schulleistung verantwortlich sind. Nach dem Erwartungs-Wert-Modell (Eccles & Wigfield, 2020; 2023) wird dieser Effekt durch subjektive Werte (intrinsische Werte, Wichtigkeitswerte, Nützlichkeitswerte sowie die in dieser Arbeit nicht untersuchten Kosten) und Erfolgserwartung mediiert. Diese angenommenen Mediationen wurden bisher allerdings nicht längsschnittlich überprüft. Daher untersuchten wir in der vorliegenden Arbeit, ob neben der absoluten Ausprägung des Fähigkeitsselbstkonzepts auch der SE Bias einen Einfluss auf Schulleistung ausübt (Fragestellung 1) und, ob der Effekt des Fähigkeitsselbstkonzepts (wie auch der potentielle Effekt des SE Bias) durch subjektive Werte und Erfolgserwartungen mediiert wird (Fragestellung 2).

[Methode]

Wir untersuchten 504 Gymnasiast*innen zu Beginn der zehnten Klassenstufe (Alter: M = 15.28 Jahre; SD = 0.60; 264 weiblich, 240 männlich) und erfassten ihr mathematisches Fähigkeitsselbstkonzept sowie ihre mathematische Kompetenz mit einem standardisierten Mathematikkompetenztest. Zu einem zweiten Messzeitpunkt (t2) zu Beginn der elften Klassenstufe erfassten wir die subjektiven Werte sowie die Erfolgserwartung in Mathematik und zu einem dritten Messzeitpunkt (t3) am Ende der elften Klassenstufe die Mathematikzeugnisnoten. Weiterhin wurden Kontrollvariablen (Ausgangswert der Noten, Ausgangswert der subjektiven Werte und Erfolgserwartung, Geschlecht, sozioökonomischer Status) erfasst. Wir verwendeten Response Surface Analysen (Edwards, 2002; Edwards & Parry, 1993; Humberg et al., 2019) zur Datenauswertung. Dabei wurden das Fähigkeitsselbstkonzept, das Ergebnis des Kompetenztests und die Kontrollvariablen als unabhängige Variablen, die subjektiven Werte und die Erfolgserwartung als Mediatoren und die Zeugnisnoten am Ende der 11. Klassenstufe als abhängige Variable modelliert. Weiterhin stellten wir durch Parameterrestriktionen verschiedene Modelle auf, die die unterschiedlichen theoretischen Annahmen über SE Bias Effekte (z.B. positiver Effekt einer Selbstüberschätzung, positiver Effekt einer akkuarten Selbsteinschätzung, positiver Effekt einer Selbstunterschätzung) repräsentieren. Wir untersuchten Fragestellung 1, indem wir die entsprechenden Modelle gegeneinander testeten und anhand von Akaike-Gewichten verglichen (Burnham & Anderson, 2002; Humberg et al., 2019). Wir untersuchten Fragestellung 2, indem wir das oder die Modelle, welche in den Analysen zu Fragestellung 1 die besten Akaike-Gewichte aufwiesen, auf signifikante indirekte Effekte vermittelt über subjektive Werte und Erfolgserwartung überprüften.

[Ergebnisse]

Analysen der Akaike-Gewichte ergaben, dass jenes Modell die Daten am besten abbildete, welches lediglich positive lineare Effekte des mathematischen Fähigkeitsselbstkonzepts und der Kompetenz auf die Zeugnisnoten, aber keine SE Bias Effekte, beinhaltete. Mit anderen Worten, während die absolute Höhe sowohl des Fähigkeitsselbstkonzepts als auch der Kompetenz einen Einfluss auf die Noten hatte, spielte die Diskrepanz zwischen ihnen keine Rolle. Mediationsanalysen dieses Modells ergaben, dass der Effekt des Fähigkeitsselbstkonzepts durch intrinsische Werte und Wichtigkeitswerte, nicht aber durch Nützlichkeitswerte und Erfolgserwartung mediiert wurde. Die Annahmen des Erwartungs-Wert-Modells wurden somit partiell bestätigt.



 
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