Conference Agenda

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Session Overview
Session
5-19: Inklusion und Lehrkräftebildung
Time:
Tuesday, 19/Mar/2024:
1:10pm - 2:50pm

Location: S23

Seminarraum, 50 TN

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Presentations
Paper Session

Inklusive Bildung braucht Kontakt

Helena Sträter1, Michael Pfitzner2

1Bergische Universität Wuppertal, Institut für Sportwissenschaft, Sportpädagogik; 2Universität Duisburg-Essen, Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften, Sportpädagogik und Sportdidaktik

Theoretischer Hintergrund

Bildungsprozesse durch Bewegung, Spiel und Sport zu inszenieren, zu fördern und empirischen zu untersuchen, sind ausgewiesene Ziele der Sportpädagogik. Im Kontext gesellschaftlicher Transformationsprozesse wird dabei der Blick auch auf das Themenfeld Inklusion gelenkt. Ein Anspruch sportpädagogischer Bemühungen ist die Teilhabe Aller an der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur, in der der Schulsport und dessen verantwortliche Lehrkräfte eine zentrale Rolle einnehmen.

Nach wie vor herrschen jedoch teils große Vorbehalte gegenüber schulischer Inklusion (Verband Bildung und Erziehung, 2020), so dass sich der Bildungsauftrag einer inklusionsorientierten Professionalisierung angehender Lehrkräfte Fragen des Umgangs mit und der Einstellung zu Vielfalt stellen muss.

Diesem Anliegen widmet sich unser Beitrag sowohl auf Grundlage empirischer Erkenntnisse als auch theoretisch-konzeptionell hinsichtlich der Implementierung eines Lehr-Lernkonzeptes in der (sportwissenschaftlichen) Lehrkräftebildung, das wir transferbezogen reflektieren.

Fragestellung

Ausgangspunkt ist die festgestellte Unsicherheit von Lehrkräften hinsichtlich schulischer Inklusion, die mit fehlender praktischer Erfahrung, fehlender theoriegeleiteter Wissensgrundlage oder auch fehlender Unterstützung in Verbindung gebracht wird. Welche einstellungsbedingenden Variablen dabei wirken, ist nicht zweifelsfrei festzustellen (Reuker et al., 2016).

Zur Variable Kontakt werden ambivalente Ergebnisse resümiert (Hutzler et al., 2017). Beispielsweise führen Vorerfahrungen mit Menschen mit Behinderung nicht direkt zu einer positiven Einstellung. Der Kontakthypothese (Allport, 1971; Pettigrew & Tropp, 2006) folgend ist die Art des Kontaktes ausschlaggebend. Konzepte zur Inszenierung des Kontaktes und Analysen der Kontaktbedingungen fehlten in der universitären Lehrkräftebildung bisher weitestgehend.

Um die Leerstelle der Bedingungen einer Ausgestaltung des Kontaktes zu füllen, bietet die Diffusionstheorie des Soziologen Rogers (2003) Hilfestellungen. Erkenntnisse der Verbreitung einer sozialen Innovation nutzt Sträter (2019, 2021) zum Verständnis des gesellschaftlichen Transformationsprozesses Inklusion und den damit in Verbindung stehenden Bemühungen der Gestaltung einer inklusionsorientierten Lehrkräftebildung.

Durch Implementierung und Evaluation einer Lehr-Lernkonzeption unter besonderer Berücksichtigung der Diffusionstheorie nach Rogers (2003) und der Kontakthypothese nach Allport (1971) wird geprüft,

  • wie angehende (Sport-)Lehrkräfte bei der Ausprägung einer anerkennenden und wertschätzenden Einstellung zu Inklusion unterstützt werden können.

Methode

Kern des Konzepts ist die Kooperation mit dem Franz Sales Haus Essen, einer Bildungseinrichtung für Menschen mit Behinderung, die lebensweltnah Inklusionsprozesse gestaltet. Prozessorientiert nähern sich Studierende zunächst theoriegeleitet dem Themenkomplex Inklusion und machen erste Kontakterfahrungen durch die aktive Teilnahme am Sportunterricht der Franz Sales Förderschule. Anschließend planen sie Unterricht, führen diesen durch und reflektieren theorie- und handlungsorientiert.

Effekte des Lehr-Lernkonzepts wurden über vier Semester quasi-experimentell im Prä-Post-Design mit je zwei Messzeitpunkten untersucht. Im Rahmen der Interventionsstudie mit Kontrollgruppe nahmen 124 Studierende teil (nIG = 54; nKG = 70). Mithilfe des Fragebogeninstruments von Seifried und Heyl (2016) wird die Einstellungsentwicklung der Studierenden in den Dimensionen Fachliche Förderung, Persönliche Bereitschaft und Soziale Inklusion nachvollzogen.

Ergebnisse

Eine Mixed-MANOVA zeigt eine statistisch signifikante Interaktion zwischen den Experimentalgruppen und den Messzeitpunkten (Wilk’s Λ = .795, F(4,116) = 7.47, p < .001, ηp² = .205). Die Interventionsgruppe weist nach dem Treatment in allen Dimensionen signifikant höhere Werte auf, wobei sich die Werte der Kontrollgruppe kaum verändern.

Es wird eine bewusst inszenierte Kontaktsituation geschaffen, welche stark auf die Persönliche Bereitschaftp² = .18) zu inklusivem Sportunterricht wirkt.

Mehr noch wird das Bildungspotenzial, welches die unterrichtliche Arbeit mit dieser vermeintlich homogenen Lerngruppe bereithält, verdeutlicht. Werden die Vielfalt in und zwischen Personen sowie die Bedarfe der Schüler*innen erkennbar, dann sollte im Sinne der doppelten Förderabsicht, der der Schüler*innen und der Studierenden im Rahmen ihres Professionalisierungsprozesses, derartigen Anlässen zugunsten inklusiver Bildung Raum gegeben werden (Sträter & Pfitzner, 2023).

Nicht zuletzt sind Transferfragen bindend für die Sportpädagogik (Neuber, 2023 (i. Dr.); Pfitzner, 2017). Die Transferpotenziale des Anliegens der inklusionsbezogenen Einstellungsentwicklung Studierender reflektieren wir inspiriert durch Hinweise von Glaß (2023) und Paganetti (2023). Das Erfahrungswissen unserer Studierenden in der sportpädagogischen Praxis (z.B. als Vertretungslehrkraft) variiert teils stark, so dass hier – auch problematisierend - angeknüpft wird.



Paper Session

Welche Auswirkungen hat die inklusive Hochschullehre mit qualifizierten Menschen mit Behinderungen auf die Überzeugungen von Lehramtsstudierenden gegenüber Inklusion?

Mia Hoffmann1,2,3, Sonja Krämer1,2, Friederike Zimmermann1,2,3

1Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland; 2Institut für Pädagogisch-Psychologische Lehr- und Lernforschung; 3Institut für Inklusive Bildung

Theoretischer Hintergrund und Fragestellung

Seit Beginn der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention haben die Bestrebungen zur Umsetzung eines inklusiven Bildungssystem in Deutschland zugenommen (BGB1, 2008). Für den Erfolg inklusiven Unterrichts wird eine entsprechend günstige Haltung der Lehrkraft gegenüber Inklusion vorausgesetzt (Kulturministerkonferenz, 2011). Unter anderem hat diese Auswirkungen auf die Bereitschaft der Lehrkraft, ihren Unterricht an die Bedürfnisse aller Schüler:innen anzupassen (Sharma et al., 2008). Zahlreiche Untersuchungen haben den Einfluss von verschiedenen Determinanten auf die Entwicklung von Einstellungen und Vorurteilen gegenüber Personengruppen untersucht, wobei immer wieder der persönliche Kontakt mit der diskriminierten Personengruppe diskutiert wird (Allport, 1954). Laut der Kontakthypothese (Allport, 1954) hat häufiger Kontakt zu Menschen anderer sozialer Gruppen einen positiven Effekt auf Einstellungen und Vorurteile zu deren Mitgliedern. Eine Kontaktmaßnahme wurde in der Lehrkräftebildung an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel (CAU) mit dem Institut für Inklusive Bildung (IIB) realisiert. In dieser wird eine Seminarsitzung im Masterstudiengang von qualifizierten Menschen mit Behinderungen (sogenannten Bildungsfachkräften) durchgeführt, welche als Expert:innen für Behinderungs-Erfahrungen für den Umgang mit Schüler:innen mit Behinderungen sensibilisieren. In Anlehnung an die Kontakthypothese (Allport, 1954) ist anzunehmen, dass die direkte Erfahrung mit Menschen mit Behinderungen einen positiven Effekt auf die Überzeugungen von Lehramtsstudierenden gegenüber der Inklusion von Schüler:innen mit Behinderungen nehmen sollte. Ziel dieser Studie ist die Untersuchung der Wirkung einer Kontakt-Intervention auf Einstellungen, Vorurteile, Selbstwirksamkeitserwartungen und Emotionen von Lehramtsstudierenden gegenüber der Inklusion von Schüler:innen mit Behinderungen.

Methode

Die Datenerhebung erfolgte im Wintersemester 2022/23 in einem kontrollierten Prä-Post-Follow-Up-Design im Rahmen von regulär verpflichtenden Begleitseminaren zu einer Pflichtvorlesung im Master-Lehramtsstudium. Die Stichprobe bestand aus 333 Lehramtsstudierenden, wovon 196 in der Experimental- und 137 in der Kontrollgruppe waren. Es handelte sich um ein quasi-experimentelles Design, da die Studierenden der Experimental- und Kontrollgruppe in den Lehrveranstaltungen nicht randomisiert zugeteilt werden konnten. Während in der Experimentalgruppe eine Sitzung des Seminars von den Bildungsfachkräften durchführt wurde, folgten die Seminare der Kontrollgruppe dem üblichen Lehrplan. Die 90-minütige Seminarsitzung der Bildungsfachkräfte wies einen einheitlichen Ablauf auf und beinhaltete die Vermittlung von theoretischem Wissen über Inklusion und praktische Erfahrungsmöglichkeiten durch Kontakt zu Menschen mit Behinderungen. Mittels eines Fragebogens wurden Einstellungen, moderne Vorurteile, Selbstwirksamkeitserwartung und Emotionen gegenüber der Inklusion von Schüler:innen mit Behinderungen erhoben. Die Prä- und Post-Erhebung fand sowohl in der Experimental- als auch in der Kontrollbedingung im Abstand von zwei Wochen statt. Die Follow-Up-Erhebung erfolgte 4 Monate nach der Intervention. Zum Umgang mit fehlenden Daten zu den verschiedenen Messzeitpunkten wurde das Verfahren der multiplen Imputation gewählt (Schafer & Graham, 2002).

Ergebnisse

Die Berechnungen multivariater multipler Regressionsanalysen zeigen, unter Kontrolle der Stabilität der Studienvariablen, eine Verbesserung der Einstellungen (β = .14 , p < .05) sowie eine Reduktion von modernen Vorurteilen (β = -.17 , p < .001) in der Experimentalbedingung im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Ergebnisse der Follow-Up-Erhebung lassen allerdings nicht auf eine langfristige Stabilität der Effekte schließen (βEinstellungen = .03 , p = .76; βVorurteile = -.02 , p = .69). In den Studienvariablen Selbstwirksamkeitserwartungen (β = .06 , p = .37) und Emotionen (β = .31 , p = .11) konnten keine Veränderungen festgestellt werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Rahmen einer Kontaktmaßnahme die inklusive Lehre von Menschen mit Behinderungen kurzfristig einen positiven Effekt auf die Überzeugungen von Lehramtsstudierenden gegenüber der Inklusion von Schüler:innen mit Behinderungen nehmen konnte. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten untersuchen, inwiefern dieser vorübergehende Effekt langfristig aufrechterhalten werden kann.



Paper Session

Wodurch lassen sich die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von Lehramtsstudierenden in Bezug auf die Durchführung inklusiven Unterrichts erklären?

Gamze Görel, Katja Franzen, Frank Hellmich

Universität Paderborn, Deutschland

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von Lehrkräften stellen einen bedeutsamen Teil ihrer professionellen Handlungskompetenzen dar (Baumert & Kunter, 2006) und können verstanden werden „als die subjektive Gewissheit, neue oder schwierige Anforderungssituationen auf Grund eigener Kompetenz bewältigen zu können“ (Schwarzer & Jerusalem, 2002, S. 35). Im Zusammenhang mit einer adäquaten Professionalisierung angehender Lehrkräfte für die Gestaltung inklusiven Unterrichts stellt sich daher die Frage, wie sich ihre diesbezüglichen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen entwickeln und wodurch sie sich erklären lassen. Bandura (1997) geht davon aus, dass für die Entwicklung der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen vier Quellen von Bedeutung sind: eigene und stellvertretende Erfahrungen, verbale Überzeugungen sowie wahrgenommene Gefühlsregungen, wobei die eigenen Erfahrungen als stärkste Quelle betrachtet werden. Bislang liegen wenige Studien vor (z. B. Franzen, 2021), in denen die Quellen der Selbstwirksamkeit von Lehrkräften im Zusammenhang mit der Gestaltung inklusiven Unterrichts untersucht wurden. Im Vergleich zu in der Praxis tätigen Lehrkräften sind allerdings eigene Erfahrungsmöglichkeiten von Lehramtsstudierenden in Bezug auf den inklusiven Unterricht begrenzt.

In dem vorliegenden Beitrag wurde der Frage nachgegangen, wie sich die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von angehenden Lehrkräften, die sich noch in ihrer universitären Ausbildungsphase befinden, durch die von Bandura (1997) postulierten vier Quellen in Bezug auf die Gestaltung und Durchführung inklusiven Unterrichts erklären lassen.

Hierzu wurden N=933 Lehramtsstudierende (Grund-, Haupt-, Real- und Förderschullehramt; jeweils ‚Bachelor of Education‘) per Paper-Pencil-Fragebogen befragt. Der Fragebogen enthielt Skalen zur Selbstwirksamkeit und zu den vier Quellen nach Bandura (1997), die auf einer fünfstufigen Antwortskala bearbeitet wurden. Die Erfassung der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen hinsichtlich der Gestaltung inklusiven Unterrichts erfolgte durch 7 Items (z. B. „Ich bin davon überzeugt, Unterricht methodisch so gestalten zu können, dass alle Schüler*innen ein für sie angemessenes Arbeitsangebot und einen passenden Arbeitsrhythmus finden“, Kopp, 2009; Alpha=.83). Bezüglich der vier Quellen der Selbstwirksamkeit wurden die Studierenden gebeten, Auskunft über ihre eigenen Erfahrungen (z. B. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Unterrichtsstunde in einer heterogenen Schüler*innengruppe sehr gut so gestaltet werden kann, dass alle Gruppenmitglieder aktiv teilnehmen können“, Bosse & Spörer, 2014; 4 Items; Alpha=.81), ihre stellvertretenden Erfahrungen (z. B. „Ich konnte beobachten, dass Lehrkräfte den Unterricht in heterogenen Lerngruppen erfolgreich gestaltet haben“; 5 Items; Alpha=.83), wahrgenommene Fremdinstruktionen (z. B. „Ich habe oft gehört, dass ich mich gut auf Schüler*innen mit verschiedenen Bedürfnissen einlassen kann“; 3 Items; Alpha=.75) sowie ihre wahrgenommenen Gefühlsregungen (z. B. „Bei der Durchführung inklusiven Unterrichts würde ich mich wohlfühlen“; 4 Items; Alpha=.76) zu geben.

Die Ergebnisse aus einem Strukturgleichungsmodell zeigen, dass die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (Erklärte Gesamtvarianz=.34, p≤.001) der befragten Studierenden signifikant durch ihre eigenen (Beta=.16, p≤.001) sowie ihre stellvertretenden Erfahrungen (Beta=.13, p≤.01), durch die von ihnen wahrgenommenen Fremdinstruktionen (Beta=.21, p≤.001) und ihre Gefühlsregungen (Beta=.32, p≤.001) erklärt werden können. Entgegen der Theorie von Bandura (1997) weisen die Gefühlsregungen der Studierenden den größten Erklärungswert für ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugungen auf. Insgesamt verdeutlichen die Befunde jedoch, dass die vier Quellen bedeutsam für die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von Lehramtsstudierenden in Bezug auf die Gestaltung von inklusivem Unterricht sind.



Paper Session

Effekte eines universitären Lehrerkooperationstrainings auf die inklusionsbezogenen Selbstkonzepte angehender Lehrkräfte

Jan Schulze, Eva Blumberg, Frank Hellmich

Universität Paderborn, Deutschland

Die Kooperation von Lehrkräften gilt als eine entscheidende Gelingensbedingung des inklusiven Unterrichts, um den individuellen Lernbedürfnissen aller Schüler*innen gerecht zu werden (European Agency for Development in Special Needs Education, 2012). Kooperativer Unterricht in inklusiven Klassenräumen bedeutet, dass mindestens zwei Lehrkräfte zusammen mit anderen pädagogischen Fachkräften Lernumgebungen für Kinder gestalten und sie in ihren Persönlichkeits- und Sozialisationsentwicklungen fördern (Ferguson & Wilson, 2011). Gegenwärtig kooperieren Lehrkräfte in der schulischen Praxis sehr selten (Schwab et al., 2015). In Anbetracht dieser Situation drängt sich die Frage auf, wie angehende Lehrkräfte während ihrer Aus-, Fort- und Weiterbildung zielorientiert auf das kooperative Unterrichten in inklusiven Schulen vorbereitet werden können.

Frey und Kaff (2014) konnten im Rahmen ihrer Studie zeigen, dass Wissen über kooperatives Arbeiten im inklusiven Klassenzimmer durch entsprechende Angebote in der ersten Phase der Lehrer*innenbildung erfolgreich vermittelt werden kann. Ungeklärt ist hingegen, ob und inwiefern Lehramtsstudierende auch im Hinblick auf ihre leistungsbezogene Persönlichkeitsentwicklung durch Lerneinheiten zum kooperativen Unterrichten profitieren können. So gelten positive Selbstkonzepte von Lehrkräften im Hinblick auf den inklusiven Unterricht als wichtige Gelingensbedingungen für ihre persönliche Berufszufriedenheit, ihr psychologisches Wohlbefinden und den erfolgreichen Kompetenzerwerb ihrer Schüler*innen (Friedmann & Farber, 1992; Yeung et al., 2014). Unter dem fähigkeitsbezogenen Selbstkonzept wird dabei das Wissen von (angehenden) Lehrkräften über ihre eigenen Stärken und Schwächen bei der Durchführung inklusiven Unterrichts verstanden (Marsh et al., 2012; Yeung et al., 2014).

Unter Berücksichtigung der vorgestellten theoretischen Grundlagen gehen wir davon aus, dass Lehramtsstudierende, die an einem Training zur Kooperation im inklusiven Unterricht teilnehmen, signifikante Verbesserungen in ihren inklusionsbezogenen Selbstkonzepten zeigen werden, im Vergleich zu denjenigen Studierenden, die nicht an einem solchen Training teilgenommen haben.

An unserer Studie haben insgesamt N = 262 Studierende des Lehramts an Grund- und Förderschulen teilgenommen. In der Experimentalgruppe befanden sich n = 155 und in der Kontrollgruppe n = 107 Studierende. Zum Zeitpunkt der Untersuchung waren die Studierenden im Durchschnitt 24 Jahre alt (M = 23,52 Jahre, SD = 4,81 Jahre), sie befanden sich jeweils im ersten Mastersemester. Die Studierenden der Experimentalgruppe nahmen an einem Training zur Kooperation im inklusiven Unterricht teil, welches sich über einen Gesamtzeitraum von drei Seminarsitzungen erstreckte. Während der Intervention lernten die Studierenden der Experimentalgruppe unterschiedliche Arten der kooperativen Zusammenarbeit im inklusiven Klassenzimmer kennen (Friend & Bursuck, 2014) und setzten sich mit Herausforderungen des Unterrichtens im Team auseinander. Prä- und postexperimentell haben wir die Studierenden beider Untersuchungsgruppen gebeten, einen Fragebogen zu ihren professionsbezogenen Selbstkonzepten im Hinblick auf die Planung und Durchführung inklusiven Unterrichts („Ich bin davon überzeugt, dass mir die Aufgaben bei der Planung und Durchführung von inklusivem Unterricht leicht fallen werden“; Alpha = .75/.77) und im Hinblick auf die Kooperation im inklusiven Klassenzimmer („Ich bin davon überzeugt, dass ich gut mit anderen Lehrkräften zusammenarbeiten werde“; Alpha = .81/.85) auszufüllen.

Die Ergebnisse unserer Analysen verdeutlichen, dass sich die Studierenden der Experimentalgruppe im Vergleich zu denjenigen der Kontrollgruppe nicht signifikant in Bezug auf ihre Selbstkonzeptentwicklung – gerechnet vom ersten bis zum zweiten Messzeitpunkt – voneinander unterscheiden. Betrachtet man hingegen diejenigen Studierenden der beiden Untersuchungsgruppen mit den jeweils am niedrigsten ausgeprägten Selbstkonzepten zu Untersuchungsbeginn, so wird deutlich, dass die Studierenden der Experimentalgruppe (n = 10) signifikant von dem Treatment zur Lehrer*innenkooperation im Hinblick auf ihre professionsbezogenen Selbstkonzepte (Planung und Durchführung inklusiven Unterrichts, Kooperation) im Vergleich zu den Studierenden der Kontrollgruppe (n = 10) profitiert haben.

Zusammenfassend deuten unsere Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Beteiligung an einem universitären Training zur Kooperation im inklusiven Unterricht vor allem Studierenden des Lehramts an Grund- und Förderschulen mit schwächer ausgeprägten Lernausgangslagen in ihren professionsbezogenen Selbstkonzepten stärken kann. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit bereits vorhandenen Forschungsbefunden (vgl. Bresges, et al, 2018).



 
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