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5-14: Berufliches Wohlbefinden (angehender) Lehrkräfte
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Paper Session
Partizipation, Motivation und emotionale Befindlichkeit im Verlauf des Referendariats: Ergebnisse einer 18-monatigen Längsschnittstudie Universität Hohenheim, Deutschland Angesichts des herausragenden Stellenwerts der selbstbestimmten Teilhabe sowohl für das Individuum als auch in der gesellschaftlichen Praxis, insbesondere in der Bildung zur Förderung autonomer Urteilsfähigkeit und Handlungskompetenz, ist es relevant, dass bereits angehende Lehrpersonen im Referendariat Möglichkeiten erhalten, an den für sie relevanten ausbildungsbezogenen Entscheidungen zu partizipieren. Um von Partizipation sprechen zu können, müssen Referendar:innen folgenreichen Einfluss auf die externalen Bedingungen ihres Lernens und Arbeitens ausüben können. Der Grad des Einflusses von angehenden Lehrkräften bewegt sich hierbei zwischen wahrgenommener Fremdbestimmung (ausbildungsrelevante Entscheidungen werden aus Sicht der Referendar:innen von anderen Personen getroffen) und Autonomie (ausbildungsrelevante Entscheidungen werden aus Sicht der Referendar:innen eigenständig getroffen) (Heid et al., 2023). Die Differenzierung zwischen den Kategorien „Autonomie“ und „Heteronomie“ spiegelt sich in der internen Perspektive des Lernens und Arbeitens in verschiedenen Motivationsarten bzw. -qualitäten wider. Mögliche Beweggründe der Initiierung, Ausführung und Aufrechterhaltung intentionalen Verhaltens lassen sich demnach auf einem Kontinuum zwischen intrinsischer und verschiedener Formen extrinsischer Regulation lokalisieren (Ryan & Deci, 2020). Neben der Motivation ist die emotionale Befindlichkeit sowohl interne Bedingung als auch Ergebnis von Lehr-Lern-Prozessen. Die Kontroll-Wert-Theorie postuliert, dass das Auftreten von Lern- und Leistungsemotionen davon abhängt, ob eine Person das Empfinden hat, die Kontrolle über Aktivitäten und Ergebnisse (bspw. durch Partizipation) zu haben (oder nicht), insbesondere wenn diese einen zugeschriebenen Wert (extrinsischer und/oder intrinsischer Herkunft) besitzen, d.h. von persönlicher Bedeutung sind (Pekrun et al., 2011; Warwas & Helm, 2017). Emotionale Zustände integrieren affektive, motivationale und kognitive Aspekte und werden als wesentlich für die Regulation von Handlungen angesehen (Sembill, 2010). Pekrun (2021) weist darauf hin, dass sich bisherige Forschung zum prozessualen Zusammenspiel von emotionaler Befindlichkeit und Motivation bei Lehrkräften zu häufig auf interindividuelle Unterschiede im Erleben und Verhalten fokussiert habe und fordert für den Erhalt aussagekräftigere Forschungsergebnisse, die Perspektive um die Untersuchung intraindividueller Prozesse zu erweitern. Vor diesem Hintergrund verfolgen wir mit unserer empirischen Studie das Ziel, den Zusammenhang wahrgenommener Einflussmöglichkeiten auf ausbildungsrelevante Aspekte mit Veränderungen der emotionalen Befindlichkeit von Referendar:innen zu untersuchen. Zudem stellt sich dabei die Frage, ob interne Regulationsbedingungen, wie die Art der Motivation und insbesondere die subjektiven Anreize zur Initiierung und Aufrechterhaltung von Handlungen, einen Einfluss auf die Beziehung zwischen wahrgenommenem Partizipationserleben und den daraus resultieren emotionalen Zuständen haben. Auf Basis eines Längsschnittdesigns wurden wöchentlich zu insgesamt 58 Erhebungszeitpunkten Kurzfragebögen über den 18-monatigen Gesamtzeitraum des Referendariats erfasst. In Summe gingen 1870 Einzelmessungen von 75 Referendar:innen eines Ausbildungsstandortes in Baden-Württemberg in die Analysen ein. Zur Messung der wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten wurden vier Items herangezogen, welche zu einem Faktor zusammengefasst wurden. Die internale sowie externale Regulation und die Variablen der emotionalen Befindlichkeit (Freude, Hoffnung, Angst, Ärger etc.) wurden anhand von Einzelitems erhoben. Zur Auswertung der Daten wurden lineare Mehrebenenmodelle herangezogen, welche es ermöglichen, Unterschiede in den abhängigen Variablen über die Zeit nicht nur auf Basis interindividueller Unterschiede zu erklären, sondern auch auf intraindividueller Ebene. Die Ergebnisse unserer Mehrebenenmodelle weisen u.a. auf statistisch signifikante within-person Effekte der wahrgenommenen Partizipationsmöglichkeiten auf Freude, Hoffnung, Stolz sowie Ärger, Angst, Scham und Hoffnungslosigkeit hin. Referendar:innen berichten bspw. mehr Freude bzw. weniger Angst in den Wochen, in denen sie mehr Einflussmöglichkeiten auf Entscheidungen, welche ihre Ausbildung betreffen, wahrnehmen. Des Weiteren zeigen sich signifikante Interaktionseffekte der erfassten Regulationsarten: In Wochen, in welchen Referendar:innen bspw. wenig Partizipationsmöglichkeiten wahrnehmen, kompensiert eine überdurchschnittliche intrinsische Motivation die Wahrnehmung von Angst und Hoffnungslosigkeit bzw. verstärkt das Erleben von Freude und Hoffnung. Die Befunde legen nahe, dass sowohl die wahrgenommenen externalen Möglichkeiten der Einflussnahme auf ausbildungsrelevante Entscheidungen als auch die internalen Regulationsbedingungen eine wichtige Rolle hinsichtlich der emotionalen Befindlichkeit spielen. Insofern kann ein partizipationsfreundliches bzw. autonomieförderndes Umfeld bereits während der Lehrer:innenausbildung zu einem positiven Emotionserleben bei Referendar:innen beitragen (vgl. hierzu auch Weiß et al., 2023). Paper Session
Zur Bedeutung affektiv-motivationaler Kompetenzen beginnender Lehrkräfte für Unterrichtsqualität und berufliches Beanspruchungserleben 1Institut für Pädagogisch-Psychologische Lehr- und Lernforschung (IPL), Christian-Albrechts-Universität zu Kiel; 2Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) Kiel Theoretischer Hintergrund Kompetente Lehrkräfte sind essentiell für guten Unterricht (Hattie, 2009). Professionelle Kompetenz von Lehrkräften umfasst neben Professionswissen affektiv-motivationale Kompetenzen wie Überzeugungen, motivationale Orientierungen sowie Selbstregulationsfähigkeiten (Baumert & Kunter, 2006; Blömeke et al., 2015) und stellt einen Prädiktor für qualitativ hochwertiges Unterrichten dar (Fauth, et al., 2019; Kunter et al., 2013). Daneben ist einerseits für Lehrkräfte selbst sowie andererseits zur längerfristigen Aufrechterhaltung guten Unterrichts ein ausgewogenes Beanspruchungserleben relevant (Klusmann et al., 2022). Wenige Studien untersuchten die Bedeutung kognitiver und affektiv-motivationaler Kompetenzfacetten für die Unterrichtsqualität (Kunter et al., 2013). Erste Studien deuten z.B. auf Enthusiasmus als motivationalen Prädiktor von Klassenführung und konstruktiver Unterstützung hin (Baier et al., 2019), wohingegen bezüglich des Beanspruchungserlebens die berufliche Selbstwirksamkeit Burnout negativ vorherzusagen scheint (Lauermann & König, 2016). Daran anknüpfend untersucht die vorliegende Studie die Bedeutung umfassender affektiv-motivationaler Kompetenzfacetten von Lehrkräften am Ausbildungsende für deren Unterrichtsqualität und Beanspruchungserleben am Berufseinstieg. Fragestellung Welche Effekte zeigen die affektiv-motivationalen Kompetenzfacetten von Lehrkräften am Ausbildungsende (Ende Vorbereitungsdienst) auf a) die Unterrichtsqualität? b) das Beanspruchungserleben? Methode Datengrundlage sind Erhebungen des Panels zum Lehramtsstudium (PaLea). Die bundesweite Stichprobe umfasst N = 58 Lehrkräfte (47 weiblich) und ihre N = 2589 Schüler:innen (56% weiblich; Klassenstufe: M = 8.57; SD = 1.98; Range = 5-12). Die längsschnittliche Panel-Befragung der (angehenden) Lehrkräfte von Studienbeginn bis zur Berufstätigkeit wurde auf Personen mit erfolgter Teilnahme an der angeschlossenen Schülerbefragung (mit ihren Klassen) in ihrer Berufstätigkeit begrenzt. Pro Lehrkraft waren dies durchschnittlich 43 Schüler:innen, verteilt auf ein bis drei Klassen der Klassenstufen 5-12; insgesamt 158 Klassen aus 58 weiterführenden Schulen; davon 62% Gymnasien. Variablen der Überzeugungen (z.B. die transmissive lehr- und lerntheoretische Überzeugung), motivationalen Orientierungen (z.B. Fach- und Unterrichtsenthusiasmus) und Selbstregulation (z.B. Unterrichtsreflexion) schätzten die Lehrkräfte zum Ausbildungsende ein (Baumert et al.,1997; Kunter et al., 2008; Kunter et al., 2009; Retelsdorf et al., 2014; Schwarzer & Jerusalem, 1999). Basisdimensionen der Unterrichtsqualität (kognitive Aktivierung, Klassenführung, konstruktive Unterstützung) bewerteten die Schüler:innen (Roloff et al., 2016). Für berufliches Beanspruchungserleben der tätigen Lehrkräfte wurden Burnout und Work-Engagement im ersten Berufsjahr erfasst (Maslach & Jackson, 1996; Schaufeli & Bakker, 2003). Ergebnisse Mehrebenenmodelle kontrolliert für Kovariaten zeigten wesentlich, dass das erzieherische Selbstkonzept als motivationale Kompetenzfacette kognitive Aktivierung, konstruktive Unterstützung und Work-Engagement und Burnout prädizierte; die transmissive lehr- und lerntheoretische Überzeugung sagte Klassenführung, konstruktive Unterstützung und Work-Engagement negativ vorher, wohingegen die konstruktivistische lehr- und lerntheoretische Überzeugung Klassenführung positiv vorhersagte. Aber auch Unterrichtsenthusiasmus prädizierte positiv auf Klassenführung und konstruktive Unterstützung; βs = |.07 bis .69|, p ≤ .01. Kompetenzfacetten am Ende des Vorbereitungsdienstes sagen Dimensionen von Unterrichtsqualität und Beanspruchungserleben vorher. Bedeutsame Prädiktoren sind dabei beispielsweise Fach- und Unterrichtsenthusiasmus, erzieherisches und fachliches Selbstkonzept sowie die transmissiven und konstruktivistischen lehr- und lerntheoretischen Überzeugungen, was im Einklang mit früheren Studienergebnissen steht. Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Forschungsfrage, welche professionellen Kompetenzen frisch ausgebildeter Lehrkräfte für deren Unterrichtsqualität und Beanspruchungserleben am Berufseinstieg eine Rolle spielen. Die Ergebnisse unterstreichen die herausragende Rolle des Selbstkonzeptes und der Facetten der lehr- und lerntheoretischen Überzeugungen. Die Bedeutung von affektiv-motivationalen Kompetenzfacetten sollte einen Anstoß geben, diese in Lehrveranstaltungen und im Vorbereitungsdienst der Lehrkräftebildung neben dem Professionswissen zu berücksichtigen. Paper Session
Täglicher positiver und negativer Affekt in Zusammenhang mit habituellen Emotionsregulationsstrategien und täglichem Arbeitsengegament bei Lehrpersonen im Teamteaching-Unterricht – Ergebnisse einer Tagebuchstudie 1Paris Lodron Universität Salzburg, Österreich; 2Universität Bern, Schweiz; 3IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Deutschland Der Teamteaching-Unterricht, bei dem zwei Fachlehrpersonen für die Planung, Durchführung und Evaluation des Unterrichts in einer Klasse verantwortlich sind (Krammer et al., 2017), kann neben Vorteilen auch Herausforderungen für Lehrpersonen, besonders in sozial-emotionalen Bereichen, mit sich bringen (Do & Hascher, 2023). Lehrpersonen erleben im Teamteaching-Unterricht eine Vielzahl an Emotionen, die auch reguliert werden (müssen) (Muehlbacher et al., 2022). Obwohl die Relevanz von Lehrer*innenemotionen und deren Regulation für deren Unterrichtshandeln und Wohlbefinden bereits vielfach betont wurde (Frenzel, 2014), ist über das affektive Erleben von Lehrpersonen im herausfordernden Teamteaching-Setting, insbesondere auf situativer (= state) Ebene, wenig bekannt. Erkenntnisse in diesem Feld sind jedoch bedeutsam, da angenommen werden kann, dass das affektive Erleben von Lehrpersonen im Teamteaching-Setting ähnlich wie im Einzelunterricht mit relevanten Zielmerkmalen in Verbindung steht. Zudem wird davon ausgegangen, dass die Fähigkeit der Lehrpersonen zur adaptiven Emotionsregulation dieses Erleben mitbestimmt (Gross, 2015). Dieses Forschungsdesidarat aufgreifend untersucht die vorliegende Studie (1) inwieweit tägliches affektives Erleben (charakterisiert über positiven und negativen Affekt) und tägliches Wohlbefinden (charakterisiert über Arbeitsengagement, bestehend aus den Facetten Vitalität, Hingabe und Absorption, Schaufeli & Bakker, 2004) innerhalb und zwischen Teamteaching-Lehrpersonen variiert; (2) inwieweit das tägliche affektive Erleben von Teamteaching-Lehrpersonen durch die habituellen, reaktionsfokussierten Emotionsregulationsstrategien der Emotionsunterdrückung und des authentischen Emotionsausdrucks erklärt werden kann und (3) inwiefern tägliches affektives Erleben das tägliche berufliche Wohlbefinden erklären kann. Basierend auf der bisherigen Forschungslage wird angenommen, dass sowohl das affektive Erleben als auch das Arbeitsengagement substantiell zwischen Situationen und zwischen Lehrpersonen variieren (Simbula, 2010; Stark et al., 2023), dass adaptive Formen der Emotionsregulation mit höherem positiven Affekt und niedrigerem negativen Affekt in Verbindung stehen (Chang & Taxer, 2021) und dass täglicher positiver und negativer Affekt eng mit täglichem Arbeitsengagement korreliert (Burić & Macuka, 2018) – auch unter Kontrolle der habituellen Emotionsregulationsstrategien. Um diese Hypothesen zu prüfen, wurde eine quantitative längsschnittliche Tagebuchstudie mit 47 österreichischen Teamteaching-Lehrpersonen (MAlter = 40.45; 34 weiblich) durchgeführt. Vorerst beantworteten die Teilnehmenden in einem Präfragebogen Items zu ihren habituellen Emotionsregulationsstrategien der Emotionsunterdrückung (6 Items, ERQ nach Gross & John, 2003 bzw. nach Abler & Kessler, 2009) und dem authentischen Emotionsausdruck (6 Items, Yang et al., 2019) im Teamunterricht. Danach beantworteten die Lehrpersonen 15 Tagebucheinträge jeweils am Tag einer Teamteaching-Einheit hinsichtlich einer zuvor festgelegten Partnerlehrperson in einer ausgewählten Klasse. Die Tagebucheinträge bestanden aus Einzelitems zum täglichen positiven und negativen affektiven Erleben (22 Items, PANAS nach Breyer & Bluemke, 2016) und Arbeitsengagement (jeweils ein Item zu Vitalität, Hingabe und Absorption, UWES-9 Skala nach Schaufeli & Bakker, 2004). Aufgrund der genesteten Datenstruktur kamen in R (R Core Team, 2023) mehrebenenanalytische Regressionsmodelle zur Anwendung (N = 47 Lehrpersonen mit N = 652 Tagebucheinträgen). Die Ergebnisse belegen, dass Teamteaching-Lehrpersonen ein hohes Ausmaß an täglichem positivem Affekt und ein geringes Ausmaß an negativem Affekt (M = 3.55pos / 1.10neg; SD = 0.88pos / 0.23neg; Skala 1–5) berichteten. Sowohl positiver und negativer Affekt als auch Vitalität, Hingabe und Absorption variierten substanziell innerhalb und zwischen den Personen (ICCs = .71 / .45 / .56 / .49 / .52). Zudem zeigte sich, dass lediglich der authentische Emotionsausdruck positiver Emotionen signifikant mit dem Erleben positiven Affekts in der Teamteachingsituation assoziiert war. Weiters stand täglicher positiver Affekt mit allen Facetten des täglichen Arbeitsengagements sowohl auf der within- als auch between-Ebene signifikant in Zusammenhang, während negativer Affekt auf der within-Ebene negativ mit Hingabe und Absorption und auf der between-Ebene negativ mit Absorption in Verbindung stand. Unter Hinzunahme der Emotionsregulationsstrategien blieben diese Zusammenhänge konstant. Die Ergebnisse deuten auf die bedeutsame Rolle des täglichen positiven und negativen Affekts im Hinblick auf das tägliche Arbeitsengagement von Lehrpersonen im herausfordernden Unterrichtssetting des Teamteachings hin und werden im Hinblick auf die Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen von Lehrpersonen diskutiert. Paper Session
Das Potenzial transformationaler Führung und beruflicher Selbstregulation für das berufliche Wohlbefinden von Lehrkräften TU Braunschweig, Deutschland Lehrkräfte müssen in ihrem Berufsalltag zahlreiche Herausforderungen bewältigen. Gelingt ihnen dies nicht, sind belastungsbedingte Erkrankungen, Berufsausstiege und Frühpensionierungen (Skaalvik & Skaalvik 2011; Richter et al. 2013) sowie sinkende Unterrichtsqualität und schlechtere Schüler*innenleistungen (Arens & Morin 2016; Klusmann et al. 2016) mögliche Folgen. In diesem Zusammenhang untersucht der vorliegende Beitrag Faktoren, die das berufliche Wohlbefinden beeinflussen. Dabei werden sowohl die schulischen Kontextbedingungen als auch die individuellen Fähigkeiten der Lehrkräfte berücksichtigt. Im Fokus steht die Berufseingangsphase, die für eine besonders hohe Belastung bekannt ist (Richter et al. 2013; Dicke et al. 2016). Die Untersuchung fußt auf Hobfolls (1988) Theorie der Ressourcenerhaltung zur Vorhersage menschlichen Verhaltens angesichts stressreicher Herausforderungen. Ein transformationaler Führungsstil, der auf Empowerment sowie geteilte Verantwortung setzt (Huber 2005), wird dabei als Bedingungsressource zur Bewältigung beruflicher Herausforderungen betrachtet. Die Fähigkeit zur beruflichen Selbstregulation bzw. des effektiven Haushaltens mit den eigenen Ressourcen im Zusammenspiel von beruflichem Engagement und Widerstandsfähigkeit gegenüber beruflichen Belastungen (Kunter et al. 2011) stellt eine personale Ressource dar. Sie umfasst zugleich wichtige Strategien der Ressourceninvestition (Arbeitsengagement) sowie der Ressourcenerhaltung (Widerstandsfähigkeit) (Hobfoll et al. 1997; Westman et al. 2005). Die Forschungsfragen des Beitrags lauten: Welchen Einfluss haben 1) die transformationale Führung der Schulleitung und 2) die berufliche Selbstregulationsfähigkeit auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Lehrkräften am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn? Zeigen sich 3) unterschiedliche Effekte der Schulleitung in Abhängigkeit von den selbstregulativen Fähigkeiten der Lehrkräfte? Bisherige Befunde zum Schulleitungshandeln verweisen auf positive Assoziationen mit verschiedenen Aspekten des beruflichen Wohlbefindens und der Gesundheit (Pietsch et al. 2016, Cansoy 2019; Luo et al. 2022). Unklar ist jedoch, inwieweit sich diese Befunde auf Lehrkräfte in Deutschland am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn übertragen lassen. Auch für den Zusammenhang zwischen beruflicher Selbstregulation und dem Wohlbefinden von (Mathematik)Lehrkräften findet sich empirische Evidenz (Klusmann et al. 2008). Eine Verzahnung dieser personalen und Bedingungsressourcen, die in Form von „Ressourcenkaravanen“ zu einem verstärkten Schutz vor berufliche Belastung beitragen (Buchwald und Hobfoll 2013), ist bisher nicht bekannt. Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, verlässliche empirische Ergebnisse zum Wohlbefinden von Lehrkräften aller Bundesländer und Unterrichtsfächer in den ersten Berufsjahren zu generieren und Ansatzpunkte für eine frühzeitige Prävention gesundheitlicher Risiken zu identifizieren. Die Analysen basieren auf Daten der Startkohorte 5 des Nationalen Bildungspanels, die seit dem Wintersemester 2010/2011 eine bundesweite Zufallsstichprobe von Studienanfängerinnen und ‑anfängern an deutschen Hochschulen vom Studium bis in das Berufsleben begleitet (NEPS-Netzwerk 2022) und seit 2014 zusätzliche lehrkraftbezogene Befragungsinhalte des Lehramtsstudierendenpanels erhebt (Schaeper et al. 2023). Die Analysestichprobe von N=993 Lehrkräften enthält n=320 Befragte, die 2018 zu den Prädiktoren und 2019 zu den Outcomes befragt wurden sowie n=673 Befragte mit Angaben aus den Jahren 2020 (Prädiktoren) und 2021 (Outcomes). Als Prädiktoren wurden 9 Items der transformationalen Führung (Ewen 2012; drei Subdimensionen: α=,85 bis α=,88) sowie 13 Items der beruflichen Selbstregulation (aus dem AVEM-Inventar von Schaarschmidt und Fischer, 2001; vier Subdimensionen: α=,85 bis α=,88) berücksichtigt. Für das Wohlbefinden wurde jeweils vier Items zur emotionalen Erschöpfung (Maslach et al. 1986; α =,80) und zur Berufszufriedenheit eingesetzt (Kunter et al. 2011; α =,84). Das dritte Outcome ist ein Einzelitem zum selbsteingeschätzten Gesundheitszustand. Mittels latenter Profilanalyse wurden vier aus früherer Forschung bekannte Typen beruflicher Selbstregulation unterschieden (z. B. Klusmann et al. 2008; Menge und Schaeper 2019). Ein Strukturgleichungsmodell (Modellfit: RMSEA=,046; CFI=,968; TLI=,961; SRMR=,029) zeigte signifikante Effekte der transformationalen Führung und Selbstregulationstypen auf die Berufszufriedenheit und emotionale Erschöpfung. Die Selbstregulationsfähigkeit der Lehrkräfte hatte zudem einen signifikanten Einfluss auf ihren Gesundheitszustand. In nachfolgenden Analysen zeigte sich keine signifikante Interaktion zwischen den Prädiktoren. Dies bekräftigt die besondere Bedeutung der Schulleitung für das Wohlergehen ihrer Lehrkräfte unabhängig von deren individuellen Voraussetzungen. Im Beitrag werden die Ergebnisse dargestellt und Implikationen für Forschung und Praxis diskutiert. |