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Sitzungsübersicht
Sitzung
5-02: Infoshop – Eine Reise durch das #instalehrerzimmer: Zukunft des Wissen(schaft)stransfers?
Zeit:
Dienstag, 19.03.2024:
13:10 - 14:50

Ort: H04

Hörsaal, 400 TN

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Präsentationen
Offenes Beitragsformat

Infoshop – Eine Reise durch das #instalehrerzimmer: Zukunft des Wissen(schaft)stransfers?

Lisa Niendorf1, Patrick Gollub2, Lara Hörnemann2, Bob Blume3, Ferdinand Stebner4

1Humboldt-Universität zu Berlin; 2Universität Münster; 3Windeck-Gymnasium Bühl; 4Universität Osnabrück

Wissen(schaft)stransfer ist seit einigen Jahren eine Leistungsdimension und Kernaufgabe wissenschaftlicher Einrichtungen (Wissenschaftsrat, 2016, 2021), wird vom aktuellen Koalitionsvertrag als zentrales Ziel der Legislaturperiode aufgeführt (Koalitionsvertrag, 2021) und hat in den vergangenen Jahren auch bildungspolitischen Aufwind bekommen: So weist das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in seinem “Rahmenprogramm Empirische Bildungsforschung” der Transferthematik einen besonderen Stellenwert zu (BMBF, 2018) und auch die Kultusministerkonferenz betont in ihrer überarbeiteten Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring, mehr anwendungsbezogenes Wissen und wissenschaftliche Erkenntnisse für bildungspraktische Handlungsfelder bereitzustellen und zu verbreiten (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder [KMK], 2016). Trotz derlei Aktivitäten und Bemühungen liegt bislang jedoch keine differenzierte und konsensfähige Definition vor, was unter einem Wissenschafts-Praxis-Transfers im schulischen Kontext verstanden wird (Hartmann et al., 2016; Manitius & van Holt, 2019; Rolff, 2019).

Doch nicht nur der Wissen(schaft)stransfer, ebenso auch die Wissenschaftskommunikation als Kommunikation über wissenschaftliche Fragestellungen zwischen Akteur*innen aus der Wissenschaft und der Gesellschaft gewinnt immer mehr an Bedeutung (Frick & Seltmann, 2023). Auch hier mangelt es bislang an einer einheitlichen Begriffsbestimmung und einer differenzierten Abgrenzung, wenngleich einerseits erste Versuche die Wissenschaftskommunikation dem Handlungsfeld Wissenstransfer zuordnen. Andererseits grenzt sich die Wissenschaftskommunikation vom Wissenstransfer dahingehend ab, da es nicht um eine unidirektionale, gezielte Verbreitung von Forschungswissen geht (Dissemination), sondern um Aspekte des gesellschaftlichen Dialogs und schließt damit alle Aspekte der Kommunikation wissenschaftlicher Arbeit und deren Ergebnisse zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Praxis mit ein (Fahrer et al., 2022; Schuldt-Baumgartner & Lux, 2022). Unterschieden wird nach diesem Verständnis zwischen interner Wissenschaftskommunikation, in der vorrangig innerhalb der eigenen Fachcommunity kommuniziert wird (Science-to-Science) und externer Wissenschaftskommunikation, (Science-to-Public und Public-to-Science), dem vielseitigen Austausch zwischen der Wissenschaft und einem breiten Publikum aus anderen Teilsystemen (Dorgruel & Beck, 2017; Frick & Seltmann, 2023).

Insbesondere die externe Wissenschaftskommunikation durch Soziale Medien rückt immer mehr in den Fokus des wissenschaftskommunikativen Diskurses (Fähnrich & Schäfer, 2020; Siegel et al., 2021; Wissenschaftsrat, 2021), wenngleich sich im Kontext der deutschsprachigen Bildungs- und Erziehungswissenschaft(en) nur vereinzelte theoretische sowie empirische Beiträge dazu finden lassen (z. B. Fütterer et al., 2021; Kruse et al., 2023; Richter et al., 2022). Dabei zeigt sich genau hier eine Aktualität, der Betrachtung geschenkt werden muss: Immer mehr Lehrkräfte tauschen sich fernab des klassischen schulinternen Lehrer*innenzimmers über Schule, Unterricht und Lehr-Lernmaterialien aus (Conze ez al., 2020; Kruse et al., 2023). So hat sich auf dem sozialen Netzwerk Instagram unter dem Hashtag #instalehrerzimmer (instagram, 2023) mit mehr als 366.000 Beiträgen ein Forum der Kommunikation zwischen Lehrkräften etabliert, welches die Grenzen zwischen Wissenschaftskommunikation, Wissen(schaft)stransfer und die jeweiligen Verantwortungsbereiche für den Transfer verschiebt: Dort wechseln sich nach „Gutdünken“ erstellte Materialien von Contentcreator*innen mit wissenschaftlich evaluierten Lehr- Lernmaterialien ab, so dass ein nicht mehr übersehbares Gemisch aus Materialien entsteht, das binnen eines Klicks zehntausende Lehrkräfte erreicht und das die eigentliche Intention eines qualitativen Wissenstransfers im schlimmsten Fall konterkariert.

Genau hier möchte unser Infoshop, der aus vier Teilen besteht, ansetzen:

  1. Das #instalehrerzimmer wird in den wissen(schaft)stransfertheoretischen Diskurs eingeordnet. (15 min)
  2. Es werden die Erkenntnisse von drei eigenen quantitativen Studien vorgestellt, die das Ziel verfolgt haben, Nutzungsmotive (angehender) Lehrkräfte zu verstehen und qualitative und quantitative Erfolgsfaktoren der bekanntesten Contentcreator*innen im #instalehrerzimmer zu bestimmen. (15 min)
  3. Es werden die Erkenntnisse einer qualitativen Interviewstudie vorgestellt, die u. a. die grundlegenden Ziele und Intentionen der Nutzung sowie die dort verhandelten Themen und Inhalte identifiziert sowie Chancen und Risiken für die eigene unterrichtliche Tätigkeit und den individuellen Professionalisierungsprozess herausarbeitet. (15 min)
  4. Gemeinsam mit den Besuchenden dieser Veranstaltung wird diskutiert, welche Bedeutung Instagram in den nächsten Jahren in Sachen Wissen(schafts)stransfer und Professionalisierung haben wird und welche Rolle dabei (u. a. vor dem Hintergrund der Reichweitenstärke) die (empirische) Bildungsforschung einnehmen sollte. Dabei ist auch mit Bob Blume (@netzlehrer) ein reichweitenstarker Contentcreator (der zugleich Lehrer ist) anwesend, der mit uns diskutiert und Impulse aus der Praxis liefert.

Geplant ist eine Kombination aus wissenschaftlicher Informationsveranstaltung und Workshop (Infoshop), in dem vor allem diskussionsorientiert folgende Punkte adressiert werden sollen:

  • Welche Rolle kann Instagram für die Professionalisierungsprozesse von Lehrkräften spielen?
  • Was bedeutet es für den Professionalisierungsprozess von Lehrkräften, wenn Unterrichtsinhalte häufiger aufgrund von Populismus ausgewählt werden, statt wissenschaftlicher Fundierung?
  • Welche Rolle soll die empirische Bildungsforschung im Kontext von #instalehrerzimmer einnehmen?
  • Wie reagieren wir als Scientific-Community auf veränderte Transferprozesse durch Social Media?
  • Wie kann die wissenschaftliche Qualität viraler Posts, Reels und geteilten Materialien von Contentcreator*innen geprüft und kontrolliert werden?
  • Wie kann die empirische Bildungsforschung aus forschungsmethodischer Sicht die instagramtypischen Formate “Posts”, “Reels” und “Stories” be- und erforschen?

Im Sinne des Wissenstransfers und des Wissenschafts-Praxis-Transfers und vor allem im Sinne des Themas der Tagung wollen wir mit einem eigenen Filmteam diesen Infoshop filmen und anschließend in gekürzter, attraktiver Version reichweitenstark über unsere eigenen Kanäle (zwischen 11.000 und 128.000 Follower*innen) via Instagram und YouTube veröffentlichen. Somit soll der Community im #instalehrerzimmer gezeigt werden, was die empirische Bildungsforschung für die Praxis leistet und welche Fragen wir uns stellen, um Wissen(schaft)stransfer und Lehrkräfteprofessionalisierung in Zukunft pointierter und nachhaltiger zu unterstützen, und um viele Lehrkräfte letztlich dort abzuholen, wo sie „stehen“: bei Instagram.

Die geplante Veranstaltung könnte nicht stärker am aktuellen Trendgeschehen im Rahmen der sozialen Medien ansetzen und platziert den von uns thematisierten Wissen(schaft)stransfer als einen wichtigen Forschungsgegenstand der empirischen Bildungsforschung in das Zentrum. Die Frage ist: Wollen wir das #instalehrerzimmer betreten oder lassen wir die digitale Tür geschlossen? Zeit, dies gemeinsam und diskursiv zu klären.



 
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