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Session Overview
Session
4-17: Unterrichtsqualität
Time:
Tuesday, 19/Mar/2024:
10:30am - 12:10pm

Location: S16

Seminarraum, 50 TN

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Presentations
Paper Session

Kognitive Aktivierung im Englischunterricht der Primarstufe: Zusammenhänge mit Schüler:innenleistungen und Dimensionen der Unterrichtsqualität

Joel Guttke1, Jennifer Quast2, Charlott Rubach3, Raphaela Porsch2, Eva Wilden1

1Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 2Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland; 3Universität Rostock

Theoretischer Hintergrund. Interdisziplinäre Vorhaben zur fachspezifischen Konkretisierung von Unterrichtsqualitätsdimensionen (Praetorius et al., 2020) verdeutlichen, kognitive Aktivierung gelte weiterhin als „theoretisch unterspezifizierte Dimension“ (Praetorius & Gräsel, 2021, S. 177). Obwohl die Faktorenstruktur der drei Basisdimensionen von Unterrichtsqualität mehrfach empirisch bestätigt wurde, ist die Befundlage zur prädiktiven Validität kognitiver Aktivierung hinsichtlich der Schulleistung im (Englisch-)Unterricht inkonsistent (Praetorius et al., 2018; Wilden & Porsch, 2019). Ergebnisse der DESI-Studie (Klieme, 2006) deuten darauf hin, dass der Englischunterricht mit dem Lernziel funktional-kommunikativer Kompetenz eine fachspezifische Konkretisierung kognitiver Aktivierung erfordert. Für das Fach Englisch liegen im Vergleich zu den MINT-Fächern lediglich vereinzelt konzeptionelle Überlegungen und empirische Befunde zu kognitiver Aktivierung vor (Wilden, 2021). Zudem dominieren qualitative Zugänge die Unterrichtsforschung innerhalb der Fremdsprachendidaktik in Deutschland (z. B. Limberg & Jäkel, 2016) und es mangelt an validen Forschungsinstrumenten zur Untersuchung von Unterrichtsqualität im Fremdsprachenunterricht.

Ziele der Studie und Fragestellungen. Im Vortrag werden Ergebnisse einer quantitativen Studie mit Schüler:innen der Jahrgangsstufe 4 (n = 510) präsentiert. Ziel der Studie ist die empirische Prüfung einer neu entwickelten Skala zur Erfassung kognitiver Aktivierung im Englischunterricht in Bezug auf die Faktorenstruktur sowie die Konstruktvalidität. Im Rahmen der Itemkonstruktion wurde ein systematisches Review von Forschungsarbeiten zu kognitiver Aktivierung im Englischunterricht (Guttke, 2023) durchgeführt, mit Hilfe dessen sich vier fachspezifische Teildimensionen kognitiver Aktivierung theoretisch formulieren lassen: Qualität und Salienz des verbalen Inputs (INPUT), Maßnahmen zur Unterstützung zielsprachlicher Informationsverarbeitung (PROCESS), Gelegenheiten zur Produktion zielsprachlichen verbalen Outputs (OUTPUT), Fehlerkorrektur (CORR). Bislang wurde in Arbeiten anderer Fächer (z. B. für den Mathematikunterricht: Lipowsky et al., 2009) von der Eindimensionalität des Konstrukts ausgegangen. Exploratorische Strukturgleichungsmodelle, sog. ESEM-Modelle, die für die Auswertung der Daten herangezogen werden, berücksichtigen Kreuzladungen über Faktoren hinweg und bieten somit die Möglichkeit, die theoretisch angenommene Struktur beizubehalten. Vor diesem Hintergrund sollen folgende Fragestellungen beantwortet werden:

  1. Inwiefern bildet die faktorielle Struktur des entwickelten Instruments die übergeordnete Qualitätsdimension Kognitive Aktivierung im Englischunterricht mit den vier theoretisch formulierten Teildimensionen (INPUT, PROCESS, OUTPUT und KORR) ab?
  2. Zeigen sich Zusammenhänge zwischen der Qualitätsdimension Kognitive Aktivierung im Englischunterricht sowie ihren vier Teildimensionen (INPUT, PROCESS, OUTPUT und KORR) und der Leseverstehenskompetenz von Primarstufenschüler:innen im Fach Englisch?
  3. Zeigen sich Zusammenhänge zwischen der Qualitätsdimension Kognitive Aktivierung im Englischunterricht sowie ihren vier Teildimensionen (INPUT, PROCESS, OUTPUT und KORR) und den Qualitätsdimensionen Klassenführung und Konstruktive Unterstützung?

Methode und Instrumente. Zur Beantwortung von Fragestellung 1 wurden in Anlehnung an Alamer (2022) vier verschiedene Strukturgleichungsmodelle (SEM) in Mplus 8.8 berechnet: Konfirmatorische Faktorenanalyse (CFA), Bi-Faktor-CFA, Exploratives Strukturgleichungsmodell (ESEM) und Bi-Faktor-ESEM. Die statistisch und theoretisch am besten passende Faktorenlösung wurde genutzt, um mit Hilfe von latenten SEM Fragestellung 2 und 3 zu beantworten. Zur Testung der Leseverstehenskompetenz im Fach Englisch wurde ein bereits vorhandener Test mit geschlossenen und offenen Aufgabenformaten von Wilden und Porsch (2019) eingesetzt. Der neu entwickelte Schüler:innenfragebogen zur Erfassung kognitiver Aktivierung umfasst 38 Items mit einem fünfstufigen Antwortformat (Stimme nicht zu – stimme eher nicht zu – teils/teils – stimme eher zu – stimme voll zu), die sich auf vier Subskalen aufteilen. Die beiden Unterrichtsqualitätsdimensionen Klassenführung und Konstruktive Unterstützung wurden mit einer an den Englischunterricht angepassten Version der Items von Fauth et al. (2014) erfasst.

Ergebnisse. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Bi-Faktor-ESEM-Modell mit dem Generalfaktor Kognitive Aktivierung und dessen vier Subdimensionen (INPUT, PROCESS, OUTPUT und KORR) die am besten passende Faktorenlösung darstellt. Die Fragestellungen 2 und 3 werden derzeit bearbeitet, sodass deren Ergebnisse zum Zeitpunkt der Tagung zur Präsentation und Diskussion zur Verfügung stehen.



Paper Session

Fachfremder Englischunterricht – Geht die fehlende Fachqualifizierung mit geringerer kognitiver Aktivierung und geringeren Schülerleistungen einher?

Laura Seiler, Christoph Helm

Johannes Kepler Universität Linz, Österreich

Forschungsziel

Der fachdidaktischen Ausbildung von pädagogischen Professionellen wird für die Gestaltung von Unterricht und die Lernentwicklung von Schüler*innen eine hohe Bedeutung zugesprochen. Die vorliegende Studie untersucht anhand einer Vollerhebung im Sekundarstufenbereich in Österreich direkte und indirekte Zusammenhänge zwischen der Fachqualifizierung von Lehrkräften einerseits und der kognitiven Aktivierung sowie der Schülerleistungen im Fach Englisch andererseits.

Theoretischer Rahmen

Professionelle Kompetenzen von Lehrkräften, insbesondere das fachdidaktische Wissen, stellen theoretisch vermutete (Neuweg, 2014; Shulman, 1986; Terhart, 2011) und empirisch belegte Einflussgrößen des pädagogischen Handelns dar (Baumert et al., 2010; Cauet et al.; Förtsch et al., 2016; Hill et al., 2008; Keller et al., 2017; Lenske et al., 2016; Lohse-Bossenz et al., 2015). In die Forschungstradition zum Lehrerprofessionswissen lässt sich die Forschung zum fachfremden Unterricht (FU, z.B. Porsch, 2016) einordnen. Im Zuge des aktuell wieder grassierenden Fachkräftemangel in den deutschsprachigen Ländern wird fachfremder Unterricht (wieder) verstärkt als bildungspolitische Reaktion zur Kompensation des Mangels an fachlich ausgebildeten Lehrkräften eingesetzt (Huber et al., 2023; Lehmann-Wermser & Weishaupt, 2020). Studien legen hinsichtlich der Unterrichtsqualität nahe, dass FU-Lehrkräfte weniger selbstsicher in ihren Anweisungen sind (Napier et al., 2020) und Schüler*innen im Lernen weniger gut unterstützen bzw. komplexe Themen weniger gut erläutern können, da ihnen oft das Wissen über typischen Lernschwierigkeiten fehlt (Singh et al., 2021). Zudem sind FU-Lehrkräfte häufiger damit beschäftigt, die fachlichen Inhalte richtig wiederzugeben, sodass sie die Interaktion mit den Schüler*innen vernachlässigen (Du Plessis, 2017a, 2017b). Dies mündet in repetitiven, langweiligen Unterricht, was der kognitiven Aktivierung abträglich ist. In Bezug auf Schülerleistungen zeigen einige Studien (Sheppard et al., 2020; Taylor et al., 2020), dass Schüler*innen, die von FU-Lehrkräften unterrichtet werden, schlechtere Ergebnisse erzielen. Allerdings zeigen andere Studien (Schlendorf et al., 2023; Ziegler & Richter, 2017), dass die schlechteren Schülerleistungen meist auf die niedrigere Leistungsfähigkeit, den niedrigeren sozioökonomischen Status oder die ethnische Herkunft der fachfremd unterrichteten Schüler*innen zurückzuführen sind.

Design der Studie

Die Studie basiert auf einer Vollerhebung (Bildungsstandardüberprüfung 2019, www.iqs.gv.at) in der Sekundarstufe im Unterrichtsfach Englisch in Österreich. Daten von 78.672 Schüler*innen und 4.138 Lehrpersonen aus 1.388 Schulen wurden analysiert. FU wurde über die Lehrerangabe zur Fachqualifizierung in Englisch operationalisiert. Zur Erfassung der kognitiven Aktivierung im Unterricht wurden die Schüler*innen gebeten, 8 Items zu raten. Die Schülerleistungen wurden mittels standardisierte Leistungstests zum Lese- und Hörverständnis in Englisch erfasst (BIFIE, 2020). Zur Prüfung der Hypothesen wurde ein latentes Mehrebenen-Mediationsmodell analysiert, wobei die kognitive Aktivierung als Mediator in Form Doubly Latent Variable (Lüdtke et al., 2011) spezifiziert wurde. Die Schülerleistungen gingen als 10 Plausible Values über die Rubin-Formel ein. Als Kontrollvariable wurde der Schultyp berücksichtigt.

Befunde

Das geschätzte Mehrbenen-Mediationsmodell weist keine signifikanten Effekte aus. Nach Kontrolle des Schultyps sind weder die fehlende Fachqualifizierung der Lehrkraft noch die von den Schüler*innen eingeschätzte kognitive Aktivierung statistisch signifikant oder effekt-bedeutsam mit den beiden Schülerleistungsdimensionen assoziiert. Auch kann kein statistisch signifikanter oder effekt-bedeutsamer Zusammenhang zwischen der Fachqualifizierung und der kognitiven Aktivierung beobachtet werden.

Diskussion

Die Ergebnisse zeigen, dass sich FU offenbar nicht wie vermutet negativ auf die Unterrichtsqualität und die Schülerleistungen im Fach Englisch am Ende der 8. Schulstufe in Österreich niederschlägt; dies deckt sich mit bisherigen Studien (Ziegler & Richter, 2017; Schlendorf et al., 2022). Mögliche Erklärungen können in moderierenden und kompensierenden Effekten liegen. Die Literatur legt nahe, dass FU (und damit auch seine negativen Wirkungen) insbesondere (a) in sozioökonomisch benachteiligten Schultypen, Schulen und Klassen mit sozial benachteiligter Schülerkomposition stattfindet, (b) von Lehrkräften mit geringerer Unterrichtserfahrung und (c) geringerer Fortbildung umgesetzt wird. Auch könnte (d) das fehlende fachdidaktische Wissen womöglich durch andere Kompetenzbereiche (z.B. Umgang mit Heterogenität) kompensiert werden. Folgestudien sollten daher entsprechende Moderationsanalysen anstreben und der Frage nachgehen, ob FU-Lehrkräfte über bestimmte Kompensationsstrategien verfügen, die eine fehlende Fachqualifizierung wettmachen.



 
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