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4-16: Feedback und Scaffolding
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Paper Session
Mathematikleistungen von Grundschulkindern im Zusammenhang mit dem von ihnen wahrgenommenen Feedback und ihrer Motivation im Mathematikunterricht Universität Paderborn, Deutschland Für Lernprozesse von Kindern im Grundschulalter ist das Feedback von Lehrkräften von zentraler Bedeutung. Dabei beschreibt das Feedback Informationen, die Grundschullehrkräfte ihren Schüler*innen zukommen lassen, wenn sie „Lernprozesse oder Verhaltensänderungen“ unterstützen möchten (Strijbos & Müller, 2014, S. 122). Grundsätzlich können dabei verschiedene Formen des Feedbacks unterschieden werden. Positives Feedback kann bestärkend wahrgenommen und als Lob verstanden werden (Pintrich & Schunk, 2002). Demgegenüber formulieren Lehrkräfte negatives Feedback dann, wenn Kinder eine Aufgabe nicht erfolgreich bearbeitet haben oder ein Wortbeitrag im Klassengespräch nicht richtig gewesen ist (Fong et al., 2019). Entlang des ‚Erwartungs-mal-Wert-Modells‘ von Eccles (2005) ist davon auszugehen, dass sich das von Kindern wahrgenommene Feedback auf ihre Motivation und auf ihre domänenspezifischen Kompetenzen auswirkt. Dementsprechend ist zu erwarten, dass das positive und das negative Feedback Effekte auf die intrinsische Motivation (Burnett & Mandel, 2010; Hattie, 2012; Hattie & Timperley, 2007) sowie auf die Lernleistungen (Baliram & Youde, 2018) der Schüler*innen hat. Als intrinsische Motivation wird der „Wunsch oder die Absicht“ verstanden „eine bestimmte Handlung durchzuführen, weil die Handlung selbst als interessant, spannend, herausfordernd usw. erscheint“ (Schiefele & Köller, 2010, S. 336). Positives Feedback – so wird in Anlehnung an Eccles (2005) vermutet – begünstigt die intrinsische Motivation, wohingegen negativ formuliertes Feedback dafür sorgen kann, dass die intrinsische Motivation sowie die Lernleistungen der Kinder abgeschwächt werden. In verschiedenen Studien konnten Hinweise dafür gefunden werden, dass Zusammenhänge zwischen dem wahrgenommenen positiven Feedback der Schüler*innen sowie ihrer Motivation existieren (z. B. Burnett & Mandel, 2010), ebenso wie Zusammenhänge zwischen positivem Feedback und den Leistungen von Schüler*innen (Baliram & Youde, 2018). Ferner konnte gezeigt werden, dass negatives Feedback einen negativen Effekt auf die Leistung der Kinder in der Schule hat (Kluger & DeNisi, 1996). Weitgehend ungeklärt ist jedoch, ob und inwiefern die Effekte des von Grundschüler*innen wahrgenommenen Feedbacks auf ihre Lernleistungen durch ihre Lernmotivation mediiert werden (Geister et al., 2006). In unserer Untersuchung wurden N=701 Kinder der dritten und vierten Jahrgangsstufe an Grundschulen anhand eines Paper-Pencil-Fragebogens im Mathematikunterricht zu ihrem wahrgenommenen Feedback, ihrer Motivation sowie zur ihrer Mathematikleistung befragt. Die Kinder wurden in dem Fragebogen dazu aufgefordert, Stellung zu der Häufigkeit des von ihnen wahrgenommenen positiven Feedback („Gut gemacht!“, 6 Items, Burnett, 2002, Alpha=.85) und dem wahrgenommenen negativen Feedback („Das war nicht gut!“; 6 Items, Burnett, 2002, Alpha=.82) im Mathematikunterricht zu nehmen. Darüber hinaus gaben die Kinder Auskunft über ihre intrinsische Motivation („Matheaufgaben löse ich gerne.“; 5 Items, Thomas & Müller, 2011, Alpha=.92). Die Mathematikleistungen wurden anhand des Deutschen Mathematiktests für dritte oder vierte Klassen (DEMAT 3+, Roick et al., 2018; DEMAT 4, Gölitz et al., 2006) erfasst. Die Befunde aus einem Strukturgleichungsmodell in Mplus (Muthén & Muthén, 1998–2023) zeigen, dass die Mathematikleistungen der an der Studie beteiligten Kinder – bei einer aufgeklärten Varianz von 17,5 Prozent – einerseits durch das von ihnen wahrgenommene negative Feedback sowie andererseits durch ihre intrinsische Motivation erklärt werden kann. Weiterhin wird deutlich, dass die Effekte des wahrgenommenen negativen Feedbacks auf die Mathematikleistungen durch die intrinsische Motivation mediiert werden. Entgegen den Annahmen stellt das wahrgenommene positive Feedback keinen signifikanten Prädiktor für die Mathematikleistungen dar. Die intrinsische Motivation der Kinder wird bei einer aufgeklärten Varianz von 21,8 Prozent durch das von ihnen wahrgenommene positive sowie negative Feedback erklärt. Zusammenfassend geben die Befunde aus unserer Studie Hinweise auf die Bedeutung des wahrgenommenen Feedbacks von Kindern für ihre intrinsische Motivation und ihre Mathematikleistungen. Paper Session
Leistungsrückmeldepraxis an Grundschulen: Erste Ergebnisse aus dem baden-württembergischen Schulversuch „Lernförderliche Leistungsrückmeldung in der Grundschule“ (LLr) 1Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg; 2Universität Tübingen; 3Pädagogische Hochschule Freiburg Einleitung. Fragen nach der Lernförderlichkeit von Noten gegenüber alternativen Formen der Leistungsrückmeldung werden kontrovers diskutiert (Brügelmann, 2014; Beutel & Pant, 2020; Koenka et al., 2021). Während kritische Stimmen häufig eine Abschaffung von Noten fordern und dies mit Problemen in Bezug auf ihre Vergleichbarkeit, ihre Aussagekraft und negative Auswirkungen auf die Motivation und das Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern begründen, betonen Befürworterinnen und Befürworter ihre Bedeutung für das Einschätzen der eigenen Leistung, Kommunikationsprozesse und Anreize zur Leistungsverbesserung (vgl. Hübner et al., im Druck). Trotz zahlreicher Einzelstudien, die positive Auswirkungen alternativer Formen von Leistungsrückmeldungen, beispielsweise von Feedback, aufzeigen (z.B. Hattie & Timperley 2007; Wisniewski, Zierer & Hattie, 2020), ist die Studienlage zu den Vor- und Nachteilen einer flächendeckenden Abschaffung von Schulnoten erstaunlich überschaubar und die Befundlage uneindeutig (vgl. Beutel & Pant, 2020; Wagner & Valtin, 2003). Zur Versachlichung der oben skizzierten Debatte wird in Baden-Württemberg in den Jahren 2022 bis 2026 der Schulversuch „Lernförderliche Leistungsrückmeldung in der Grundschule“ (LLr) umgesetzt (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2023). Innerhalb des Schulversuchs vergeben die Lehrkräfte über die gesamte Grundschulzeit hinweg keine Noten, sondern setzen stattdessen (verstärkt) alternative Formen der Leistungsrückmeldung ein, u.a. Kompetenzrückmeldebögen in Rasterform statt Zeugnissen. Derzeit haben alle Grundschulen in Baden-Württemberg außerdem die Möglichkeit, die Lernverlaufsdiagnostik quop zu nutzen (Souvignier, Förster & Salaschek, 2014). Fragestellungen. 1) Finden sich zwischen Lehrkräften an Schulversuchs- und Vergleichsschulen Unterschiede in Bezug auf die selbst berichtete Leistungsrückmeldepraxis? 2) Zeigen sich Unterschiede in der Entwicklung der Leistungsrückmeldepraxis zwischen Schulversuchs- und Vergleichsschulen im ersten Jahr des Schulversuchs? Methode. An 35 Schulversuchsschulen und 37 Vergleichsschulen wurden Lehrkräfte, die im Schuljahr 2022/2023 eine 2. Klasse unterrichteten, im Dezember 2022 (SG: N = 69, 93% weiblich; VG: N = 54, 100% weiblich; MZP1) und im Juli 2023 (SG: N = 58, 94% weiblich; VG: N = 41, 100% weiblich; MZP2) mit einem standardisierten Online-Fragebogen befragt u.a. zu ihrer Feedbackpraxis, zur Nutzung verschiedener Leistungsrückmeldeformen zur Leistungserfassung und -beurteilung, zur Häufigkeit von individuellen Schülergesprächen, zur Nutzung der Lernverlaufsdiagnostik quop (alles selbst generierte Items) sowie zu gewählten Bezugsnormen (Baumert et al., 2019). Ergebnisse. In der Schulversuchsgruppe wiesen die Lehrkräfte zu MZP1 höhere Ausprägungen auf den Skalen Feedbackpraxis (t(104) = 2.08, p = .04) sowie individuelle Bezugsnormorientierung (t(101) = 2.31, p = .02) und eine geringere Ausprägung auf der Skala soziale Bezugsnormorientierung (t(105) = 2.5, p = .03) auf. Diese Unterschiede wurden zu MZP2 nicht mehr festgestellt. Daneben berichtete die Schulversuchsgruppe zu MZP1, dass zur Leistungserfassung häufiger Portfolios (t(106) = 3.06, p = .003) und Lerntagebücher (t(105) = 2.9, p = .004) und zur Leistungsbeurteilung häufiger Lernentwicklungsgespräche (t(107) = 2.1, p = .038) und Portfolios (t(104) = 3.14, p = .002) eingesetzt wurden. Diese Unterschiede bestanden auch zu MZP2; zusätzlich berichten die Lehrkräfte eine häufigere Nutzung von Rasterzeugnissen (t(86) = 3.94, p = <.001) und Beurteilungsrastern (t(90) = 2.5, p = .013) zur Leistungsbeurteilung. Bezugnehmend auf Forschungsfrage 2 fand in der Schulversuchsgruppe dahingehend eine Entwicklung statt, dass häufiger Präsentationen zur Leistungserfassung (t(35) = −2.14, p = .039) sowie häufiger Rasterzeugnisse (t(28) = −2.56, p = .016) und Beurteilungsraster (t(33) = −2.24, p = .03) zur Leistungsbeurteilung eingesetzt wurden. In der Vergleichsgruppe zeigten sich diesbezüglich keine Veränderungen. Lehrkräfte in der Schulversuchsgruppe nutzen häufiger die Lernverlaufsdiagnostik quop (t(94) = 3.59, p = <.001). Diskussion. Die Befunde legen nahe, dass Lehrkräfte an den Schulversuchsschulen häufiger alternative Formen zur Leistungserfassung und zur Leistungsbeurteilung nutzen. Die zu Beginn des Schulversuchs identifizierten Unterschiede zwischen Schulversuchsschulen und Vergleichsschulen verstärkten sich im Verlauf des ersten Jahres des Schulversuchs. Diese ersten Befunde weisen darauf hin, dass das durch den Schulversuch intendierte Ziel einer verstärkten Nutzung von alternativen Formaten der Leistungsrückmeldung erreicht wurde. Paper Session
Das Konzept des Scaffolding im Rahmen des Forschungsprojektes „Fair Debattieren und Erörtern“ Universität Potsdam, Deutschland Die literale Basiskompetenz des Schreibens wird von der Europäischen Union als „Schlüsselkompetenz“ sowie als „Teil des lebenslangen Lernens“ (Europäische Union, 2019) bezeichnet. Vor dem Hintergrund des coronabedingten Unterrichtsausfalls in den vergangenen Jahren hat die Förderung von Schreibkompetenz auch in Deutschland zusätzliche Bedeutung gewonnen (KMK, 2022; Stanat et al., 2021). Das Schreiben einer dialektischen Erörterung stellt dabei innerhalb der Sekundarstufe I eine relevante Schreibaufgabe dar, ist diese in Berlin und Brandenburg obligatorischer Bestandteil der MSA-Prüfungen in Klasse 10 im Fach Deutsch (MBJS, 2021). Eine Möglichkeit, die Schreibkompetenz aller Schüler:innen mithilfe von Scaffolds („Lerngerüsten“, Gibbons, 2015; Wood et al., 1976) zu fördern, stellt der Self-Regulated-Strategy-Developement-Ansatz (kurz: SRSD-Ansatz) dar (Graham & Harris, 2017, 1993). Zahlreiche internationale Studien belegen den positiven Effekt des SRSD-Ansatzes auf die Schreibkompetenz (Sun et al., 2022; Washburn et al., 2016), während im deutschsprachigen Raum bisher nur eine vergleichsweise geringe Datengrundlage hierzu besteht (Giera, 2020; Schilcher et al, 2020). Angesichts jenes Forschungsdesiderats geht das vorliegende Promotionsprojekt folgender Fragestellung nach: Wie wirkt sich eine Unterrichtsreihe zum dialektischen Erörtern nach dem SRSD-Ansatz und die dazugehörigen Scaffolds auf die Schreibkompetenz in Form der holistischen Textqualität von dialektischen Erörterungen bei Schüler:innen der 9. Jahrgangsstufe (N = 143) an zwei nicht-gymnasialen allgemeinbildenden Schulen aus? Die genannte Unterrichtsreihe zum dialektischen Erörtern wurde innerhalb von sechs Unterrichtsstunden (jeweils 90 Minuten) im Sinne des Design-Based-Research-Ansatzes (Howell et al., 2021) im Rahmen des Projekts Fair Debattieren und Erörtern durchgeführt. Jene Interventionsstudie untersucht im Längsschnitt die wechselseitige Beeinflussung von Debattierkompetenz und Schreibkompetenz in der 9. Jahrgangsstufe. Hierfür wurde neben der Unterrichtsreihe zum dialektischen Erörtern (Treatment E) auch eine Unterrichtsreihe zum Debattieren (Treatment D) durchgeführt und insgesamt 1024 Schüler:innentexten (dialektische Erörterungen) zu vier Messzeitpunkten digital erhoben. Für die Beantwortung der oben genannten Fragestellung wurden im Rahmen des Promotionsvorhabens aus diesem Korpus die Erörterungstexte von insgesamt sieben Lerngruppen der 9. Jahrgangsstufe an zwei nicht-gymnasialen Schulen in Brandenburg (N = 381) extrahiert, wozu Schüler:innentexte von vier randomisierten Interventionsgruppen mit den Treatmentreihenfolgen DE (n = 115) und ED (n = 118) sowie von drei Kontrollgruppen (n = 148) gehören. Die Texte wurden anhand von vier Schreibaufgaben ausgewählter MSA-Prüfungen der letzten zehn Jahre zu vier Messzeitpunkten erhoben und im Mixed-Methods-Designs folgendermaßen analysiert: a) Auf quantitativer Ebene wird die Schreibkompetenz in Form der holistischen Textqualität (ermittelt im Double-Blind-Rating auf einer 5-Punkt-Skala nach IMOSS-Kodierverfahren, Neumann & Matthiesen, 2011; Interrater-Reliabilität κ = .828., α = 0,90) als Indikator für Schreibkompetenz (Neumann, 2017) von dialektischen Erörterungen zu allen vier Messzeitpunkten betrachtet. Um die Gruppenunterschiede zu einem Messzeitpunkt zu untersuchen, wird die deskriptive Statistik durch einfaktorielle Varianzanalysen ergänzt (Rost, 2022). b) Zur Erklärung der unter a) ermittelten Werte erfolgt auf qualitativer Ebene die Beschreibung der Prozesse der Planung, Durchführung und Reflexion der Unterrichtsreihe zum dialektischen Erörtern für die vier Interventionsgruppen unter Zuhilfenahme von (digitalen) Feldnotizen der Trainer:innen (Bortz & Döring, 2016). Insbesondere die Scaffolds in Form des Modellierens des Schreibprozesses durch die Lehrkraft sowie die Nutzung eines Schreibplans erwiesen sich als ergiebig für die Entwicklung der Schreibkompetenzen. Die Ergebnisse zeigen, dass diejenigen Versuchsgruppen die höchste Textqualität aufweisen, welche zuvor die Unterrichtsreihe zum dialektischen Erörtern absolvierten (t2 und t3). Die Effektstärken nach Cohen liegen im Vergleich zur Kontrollgruppe für t2 bei d = 0.29 und für t3 bei d = 0.36. Auch acht Wochen nach der Intervention weisen die Interventionsgruppen eine höhere durchschnittliche holistische Textqualität als die Kontrollgruppen auf (MDE = 2,46; MED = 2,57; MKG = 2,11; d = 0.35 bzw. 0.47). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Unterrichtsreihe zum dialektischen Erörtern nach dem SRSD-Ansatz und deren Scaffolds das Potenzial besitzen, die Schreibkompetenz bei Schüler:innen der Sekundarstufe I an nicht-gymnasialen Schulen nachhaltig zu fördern. Paper Session
„Fair Debattieren und Erörtern“ – ein evidenzbasiertes und prüfungsvorbereitendes Schreibprojekt im neunten Jahrgang Universität Potsdam, Deutschland Ein zentrales Ziel der inklusiven Deutschdidaktik ist es, Schüler:innen der Sekundarstufe I durch die Vermittlung literaler Kompetenzen den Zugang zu Bildungsabschlüssen zu ermöglichen und dadurch Bildungsgerechtigkeit zu erzielen (OECD, 2021). Schulleistungsstudien zeigen, dass Schüler:innen Barrieren im Bildungsverlauf aufweisen, wenn ihnen diese literalen Kompetenzen fehlen (OECD 2021; Neumann, 2010). Daher gilt es, alle Schüler:innen, und besonders diejenigen mit gering ausgeprägten literalen Fähigkeiten, zu fördern, damit diese im beruflichen, kulturellen und politischen Kontext gesellschaftlich partizipieren können. Das mündliche und schriftliche Abwägen von Argumenten eröffnet durch das simultane sprachliche und demokratische Handeln ergiebige Möglichkeiten, literale Kompetenzen und das Bestreben zur politischen und gesellschaftlichen Teilhabe bei Schüler:innen zu fördern (Achour et al. 2020; Winkler, 2005). Ungeachtet der Relevanz von dialektischen Erörterungen als obligatorischer Bestandteil der MSA-Prüfung Deutsch lässt sich der Einfluss des mündlichen Argumentierens auf die Fähigkeit zum Schreiben jener Textsorte am Ende der Sekundarstufe I als Forschungsdesiderat bezeichnen. Auf der Grundlage jenes Forschungsstandes wurde das Unterrichts- und Forschungsprojekt Fair Debattieren und Erörtern konzipiert. Dabei handelt es sich um eine kontrollierte, quasi-experimentelle Interventionsstudie im Paneldesign in der Klassenstufe 9 (N = 357), an welcher gymnasiale (n = 189) und nicht-gymnasiale Schüler:innen (n = 168) in Brandenburg teilnahmen. In diesem Kontext wird die zentrale Fragestellung untersucht, wie (schrift-)sprachliche Kompetenzen von Schüler:innen im neunten Jahrgang durch zwei Unterrichtsreihen zu den Themen Debattieren und schriftliches Erörtern erfasst und weiterentwickelt werden können. Die Studie untersucht hierbei die wechselseitige Beeinflussung von Debattierkompetenz und Schreibkompetenz. In diesem Zusammenhang gingen die geschulten Mitglieder des Lehrstuhlteams im Sinne des Design-Based-Research-Ansatzes (Howell et al., 2021) in das Feld Schule, um die Intervention in Form von insgesamt 12 Unterrichtsstunden von jeweils 90 Minuten (pro Treatment sechs Unterrichtsstunden) durchzuführen. Die Unterrichtsreihe zum Debattieren (Treatment D) basierte auf dem Format Jugend debattiert (Hielscher et al., 2019) die Unterrichtsreihe zum dialektischen Erörtern (Treatment E) auf dem Self-Regulated-Strategy-Developement-Ansatz (kurz SRSD, Graham & Harris, 1993). Das Projekt wurde in der ersten Phase (11/2021-05/2022) pilotiert und im Sinne des DBR-Ansatzes auch in Kooperation mit Lehrkräften evaluiert und angepasst. Der innovative Charakter der Datenerhebung liegt in der Erfassung der Schreibprozesse mithilfe der digitalen Erhebungsplattform Gorilla.sc. begründet, welche zu vier Messzeitpunkten in randomisierten Interventionsgruppen (n = 239) sowie in Kontrollgruppen (n = 118) erfolgte. Die Messung der Schreibkompetenz wurde in diesem Zusammenhang durch vier Schreibaufgaben (Textsorte dialektischen Erörterung) ausgewählter MSA-Prüfungen der letzten zehn Jahre realisiert. 90% der Erörterungstexte (n = 1024) wurden, angelehnt an das IMOSS-Kodierverfahren (Neumann & Matthiesen, 2011), im Double-Blind-Verfahren holistisch und analytisch codiert (Cohen’s Kappa =.828). Die Datenaufbereitung erfolgte durch R Studio in Form von Mehr-Ebenen-Analysen sowie Subgruppen-Analysen. Der Vortrag fokussiert die holistische Textqualität als Indikator für Schreibkompetenz (5-Punkt-Skala) sowie die Schreibprozesse anhand der erfassten Zeit im digitalen Schreibplan (in Minuten). Die Ergebnisse zeigen, dass sich die durchschnittliche holistische Textqualität in denjenigen Interventionsgruppen signifikant bis höchst signifikant verbessert, welche zuvor die Unterrichtsreihe zum schriftlichen Erörtern absolvierten. Dies gilt insbesondere für nicht-gymnasiale Schüler:innen (t1 vs. t2 Verbesserung von M = 1,09 auf M = 2,46, p < .001**, t2 vs. t3 von M = 2,11 auf M = 2,60, p .014*). Hinsichtlich der Zeit im digitalen Schreibplan ist besonders auffällig, dass nicht-gymnasiale Schüler:innen auch nach dem Projekt, und unabhängig von der Treatmentreihenfolge, signifikant (p .009*) länger den Schreibplan nutzen als die Teilnehmer:innen am Gymnasium und sogar höchst signifikant länger (p <. 001**) als die Kontrollgruppen. Die Ergebnisse verdeutlichen das Potenzial des Projekts sowie des SRSD-Ansatzes zur Förderung von Schreibkompetenzen als literaler Basiskompetenz, insbesondere bei nicht-gymnasialen Schüler:innen. Zudem heben sie die Relevanz von Interventionsstudien im Längsschnitt im DBR-Design hervor, um Transferprozesse zwischen Universität und Unterrichtspraxis zu initiieren. |