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Session Overview
Session
4-03: Studienunabhängige Lehrtätigkeit im Kontext von Lehrkräftemangel – Empirische Befunde aus Deutschland und Österreich
Time:
Tuesday, 19/Mar/2024:
10:30am - 12:10pm

Location: H03

Hörsaal, 400 TN

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Presentations
Symposium

Studienunabhängige Lehrtätigkeit im Kontext von Lehrkräftemangel – Empirische Befunde aus Deutschland und Österreich

Chair(s): Nele Kampa (Universität Wien, Österreich)

Discussant(s): Raphaela Porsch (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg)

Das eingereichte Symposium widmet sich verschiedenen Auswirkungen des Früheinstiegs von Lehramtsstudierenden in den Schuldienst als Maßnahme gegen den akuten Lehrkräftemangel. Der Lehrkräftemangel ist nicht nur ein relevantes Thema für die Bildungsforschung. Auch die Lehramtsausbildung und die Bildungspolitik wird in den kommenden Jahren weiterhin mit dieser Herausforderung konfrontiert sein. Auswirkungen der neuen Maßnahme Früheinstieg gegen den Lehrkräftemangel wurden bisher noch nicht untersucht. Dieser relevanten Forschungslücke widmen sich die drei Beiträge von unterschiedlichen Perspektiven. In Österreich wird der Früheinstig bereits seit einigen Jahren durchgeführt. Daher geben zwei Beiträge einen Einblick in Auswirkungen in Österreich (Kampa sowie Helm & Hagenauer). Diese beiden Beiträge werden als Diskussionsgrundlage für aktuelle Entwicklungen im deutschen Schulsystem herangezogen. Ein zweiter Beitrag gibt wiederum den ersten Einblick zur Situation in einem deutschen Bundesland (Winter et al.), so dass es möglich wird, erste Parallelen bezogen auf die Bedingungen und Auswirkungen zu ziehen.

Im ersten Beitrag werden die Auswirkungen des Früheinstiegs auf die Professionalisierung der angehenden Lehrkräfte in Österreich untersucht. Er macht deutlich, dass der Früheinstieg verschiedenste negative Auswirkungen auf u.a. die Einstellung zur Theorie-Praxis-Verzahnung, die Freude am Studium oder die Einschätzungen der Studierenden bezüglich ihrer Kompetenzen hat. Weitere Analysen fokussieren auf einen Vergleich von Studierenden, die ein Stundendeputat und eine Betreuung gemäß den SWK-Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel (SWK, 2023) haben, im Vergleich zu Studierenden, die diese Unterstützung an ihren Einsatzschulen nicht erhalten. Dieser Vergleich zeigt, dass nur ein geringer Teil der negativen Auswirkungen auf die Professionalisierung durch Einhaltung dieser Empfehlungen abgefangen werden kann. Somit liefert der Beitrag eine explizit bildungspolitische Perspektive für den aktuellen Diskurs.

Der zweite Beitrag widmet sich stärker den Anforderungen und Ressourcen auf Basis des Job Demands-Resources Modells (Bakker & Demerouti, 2014) im Zusammenhang mit der Doppelrolle von Früheinsteiger:innen. Während die Anforderungen Belastungserleben begünstigen, setzen Ressourcen motivationale Prozesse frei. Der Beitrag unterstreicht, dass die Studierenden in ihrer Doppelrolle eine starke Belastung wahrnehmen. Die Studierenden nehmen das Studium allerdings als eine stärkere Belastung war als den frühzeitigen Einsatz im Schuldienst. Positiv wirken sich soziale Ressourcen aus, zu welchen die Unterstützung im Kollegium zählt. Die Ergebnisse decken sich mit bzw. komplementieren damit die Befunde des ersten Beitrags. Zum einen zeigt auch dieser Beitrag, die erhöhte Belastung von Früheinsteiger:innen. Zum anderen begünstigen die Unterstützungsstrukturen im Kollegium (wie z.B. ein Mentoring) die Motivation der Studierenden. Es wird erneut deutlich, dass sich der Früheinstieg negativ auf den Studienerfolg auswirken kann.

Mit dem dritten Beitrag lenkt das Symposium den Blick nach Deutschland. Die hier vorgestellte Studie stellt die erste Untersuchung der Maßnahme Früheinstieg gegen den Lehrkräftemangel in Deutschland dar. Somit ist für ein Bundesland erstmals eine Bestandaufnahme zum Ausmaß des Einsatzes von Früheinsteiger:innen möglich, sodass eine Diskussion der Vergleichbarkeit und somit Relevanz der österreichischen Studien für den deutschen Kontext ermöglicht wird. Die Studie gibt zunächst einen deskriptiven Einblick in das Ausmaß und die Tätigkeiten der Studierenden an Schulen. Der prozentuale Anteil von Studierenden ist hierbei in beiden Ländern (Österreich und Niedersachsen) durchaus vergleichbar. Die Früheinsteiger:innen unterrichten jedoch mit einem geringeren Stundendeputat. Die Studie zeigt, dass die Empfehlungen der SWK (2023) in Niedersachsen derzeit nur bedingt eingehalten werden. So gaben nur ungefähr ein Drittel der studentischen Vertretungslehrkräfte an, bei der Tätigkeit betreut zu werden. Weiterhin unterrichten rund zwei Drittel der Lehramtsstudierenden fachfremd.

Die Beschreibung macht deutlich, dass das Symposium insbesondere von dem Einblick in zwei Länder zu einer Maßnahme gegen den akuten Lehrkräftemangel profitiert. Sie geben Aufschluss auf die vielfältigen Herausforderungen in der Schule, aber eben auch bezogen auf das Studium und die Professionalisierung der zukünftigen Lehrkräfte.

 

Presentations of the Symposium

 

Auswirkungen des Früheinstiegs auf die Professionalisierung von Lehrkräften

Nele Kampa
Universität Wien, Österreich

Der Lehrkräftemangel ist sowohl eine aktuelle Herausforderung im Bildungswesen (z.B. Der Standard, 2023), als auch ein wiederkehrendes Phänomen (Boecker & Drahmann 2016). Prognosen lassen jedoch vermuten, dass die Bildungspolitik in den kommenden Jahrzehnten mit einer Verschärfung der Situation konfrontiert sein wird (Klemm, 2022). Der Lehrkräftemangel hat zu vielfältigen bildungspolitischen Maßnahmen geführt. Neben dem Quer- und Seiteneinstieg zum sogenannten Früheinstieg: dem vermehrten Einsatz von Lehramtsstudierenden im Bachelor und Master während ihres Studiums an Schulen. Welche (nicht) intendierten Auswirkungen diese Maßnahme hat, ist noch nicht zufriedenstellend untersucht. Lediglich für die Schweiz liegen erste Studien vor (Bäuerlein et al., 2018; Kreis & Güdel, 2023; Scheidig & Holmeier, 2021). Dort arbeitete rund die Hälfte der Studierenden mit durchschnittlich 12 Stunden pro Woche an Schulen, die Hälfte fachfremd. Nur 18 % der Studierenden geben an, bei ihrer studienunabhängigen Tätigkeit in der Schule betreut zu werden. Lag eine Betreuung vor, hatte dies positive Auswirkungen auf deren Informiertheit und den erkundenden Charakter ihrer Tätigkeit (Bäuerlein et al., 2018). Die Studierenden übernehmen neben ihrer Unterrichtstätigkeit Aufgabenfelder wie Betreuung und integrative Förderung (Kreis & Güdel, 2023). Negative Auswirkungen auf die Einschätzungen des Studiums lassen sich nur in einem sehr geringen Ausmaß finden (Scheidig & Holmeier, 2021).

In den Empfehlungen „Zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel“ die Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK, 2023) in Deutschland wird unter bestimmten Bedingungen der Einsatz von Studierenden zur Unterstützung des Lehrpersonals als eine Maßnahme benannt. Die Bedingungen umfassen u. a. ein Minimum von 10 Unterrichtsstunden sowie die Arbeit zusammen mit einer*einen Mentor*in an der Schule. Wir haben mit unserer Studie die Möglichkeit, diese Bedingungen in Österreich auf deren Auswirkungen auf verschiedenste Qualitätsmerkmale der Professionalisierung hin zu prüfen und untersuchen:

In welchem Umfang werden die Studierenden an den Schulen eingesetzt?

Hat eine Anstellung negative Auswirkungen auf das Stressempfinden und eine qualitätsvolle Professionalisierung?

Führen die beschriebenen Bedingungen der SWK-Empfehlungen zur Abpufferung dieser negativen Auswirkungen?

Im Frühjahr 2023 wurde die Online-Fragebogenstudie „Studium & Schule“ an neun Universitäten und Pädagogischen Hochschulen in Österreich durchgeführt. Dies führte zu Daten von 1643 Lehramts-Studierenden, von denen bereits 618 als Lehrkraft arbeiteten. Die Studierenden beantworteten bereits bestehende (z.B. PALEA) Fragekomplexe zu deren Unterrichtstätigkeit, zur Einschätzung bezüglich ihres Studiums sowie zu deren Einsatz in den Schulen. Bezüglich der möglichen negativen Auswirkungen sowie der Abpufferung durch Einhaltung der SWK-Empfehlungen führten wir für Indikatoren zu den drei Themenkomplexen mit t-Tests (Studierende mit vs. ohne Früheinstieg) und Regressionsanalysen (nur Früheinsteiger*innen) durch. Unabhängige Variablen waren Anzahl der Stunden (weniger vs. mehr als 10) sowie die Bereitstellung einer:eines Mentor:in an der Schule

In Österreich werden die Studierenden mit durchschnittlich 16 Unterrichtsstunden angestellt (SD = 6), was zu einer wöchentlichen Gesamtarbeitszeit von 33 Stunden führt (SD = 16). Die t-Tests zeigten, dass die Früheinsteiger:innen bezüglich aller Indikatoren negativere Angaben machten. Die Regressionsanalysen zeigten jedoch, dass eine Anstellung mit 10 oder weniger Stunden (im Vergleich zu mehr als 10 Stunden) das Stresserleben (β=.15) verringert. Die Bereitstellung einer:eines Mentor:in von Seiten der Schule wirkt sich positiv auf die Selbstwirksamkeit im Beruf der Früheinsteiger*innen (β=.12), die kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit dem Lehrberuf (β=.11) sowie auf die Motivation, im Beruf zu bleiben (β=.09) aus. Kein Abpuffern ergab sich für die Indikatoren Verständnis des Theorie-Praxis-Verhältnisses, Sicherheit der Berufswahl, Freude am Studium, eigene Einschätzung der Kompetenzen im Fach, Interesse an den Bildungswissenschaften sowie Einschätzungen zum eigenen Umgang mit Herausforderungen.

Die Studierenden werden somit in Österreich mit größerem Stundenumfang als von der SWK empfohlen angestellt. Die Tätigkeit wirkt sich wiederum negativ auf die Professionalisierung aus. Diese kann nur teilweise durch die Bedingungen, wie sie von der SWK formuliert wurden, abgepuffert werden. Auf der Tagung werden diese Ergebnisse bezüglich des Einsatzes von Studierenden an Schulen diskutiert.

 

Anforderungen und Belastungen von Lehramtsstudierenden im Schuldienst

Christoph Helm1, Gerda Hagenauer2
1Johannes Kepler Universität Linz, 2Paris Lodron Universität Salzburg

Forschungsfrage

Steigende Pensionierungen, Schüler*innenzahlen und Teilzeitbeschäftigungen führen aktuell auch in Österreich zu einem deutlichen Mangel an Lehrkräften (Huber et al., 2023). Dieser führte dazu, dass bereits jeder zweite Bachelorstudierende an einer Schule unterrichtet. Aufbauend auf das Job Demands-Resources Modle (JD-R) untersucht die Befragungsstudie, jene Anforderungen, Belastungen, Ressourcen und Motivationen die Studierende erleben, wenn sie ihre doppelte Rolle als Studierende und Lehrer*innen ausbalancieren.

Theoretischer Rahmen

Das der Studie zugrunde gelegte JD-R (Bakker & Demerouti, 2014) beschreibt zwei parallel ablaufende Prozesse: Einerseits wird angenommen, dass Anforderungen die Belastung erhöhen und somit durch Erschöpfung zu gesundheitlichen Einbußen führen. Andererseits wird angenommen, dass Ressourcen einen motivationalen Prozess hervorrufen und damit einen positiven Einfluss auf die Gesundheit ausüben (Bakker & Demerouti, 2007). Weiters wird davon ausgegangen, dass Anforderungen und Ressourcen nicht nur einen eigenständigen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Zufriedenheit von Personen haben, sondern auch miteinander interagieren, d.h. sich gegenseitig beeinflussen (Bakker & Demerouti, 2014). In der vorliegenden Studie werden die Annahmen des JD-R Modells im Kontext des frühzeitigen Berufseinstiegs von angehenden Lehrkräften empirisch geprüft.

Methode

An der Onlinebefragung nahmen 484 Lehramtsstudierende im Studienverbund Mitte (Oberösterreich/Salzburg) teil. 296 Studierende gaben an, als Lehrkraft in einer Schule tätig zu sein (43% Bachelorstudierende, durchschnittliche Lehrverpflichtung an der Schule: 15,42 Stunden bzw. ~75%-Anstellung). Der Onlinefragebogen enthielt Selbsteinschätzungsskalen zu den wahrgenommenen Anforderungen und Belastungen, den Ressourcen und der Motivation für den Lehrer*innenberuf sowie zum allgemeinen Wohlbefinden. Die Prüfung des JD-R erfolgt mittels Strukturgleichungsmodellierung.

Ergebnisse

Die univariaten Analysen zeigen, dass die Doppelrolle von den Studierenden als sehr belastend wahrgenommen wird, wobei die Anforderungen im Studium als signifikant belastender bewertet werden als jene im Schuldienst. Rund 60% der Befragten fühlen sich durch das Studium ausgebrannt; während sich nur 17% durch den Schuldienst ausgebrannt fühlen. Im Schuldienst selbst wird die fehlende Schülermotivation und -disziplin als stärkste Herausforderung beschrieben. Hinsichtlich der Ressourcen zur Bewältigung dieser Anforderungen werden von den Studierenden soziale Ressourcen (Lehrerkollegium, Familie) hervorgehoben. Aber auch die Wahrnehmung der schulischen Arbeit als sinnstiftend und wertschätzend hilft beim Bewältigen der Anforderungen.

Die multivariaten SEM-Analysen bestätigen die Annahmen des JD-R: Berichtete Anforderungen im Schuldienst und Studium sagen die wahrgenommenen Belastungen in eben diesen beiden Bereichen signifikant vorher (β = .504**/.475**). Gleichzeitig sind die im Schuldienst und Studium erlebten Ressourcen prädiktiv für die berichtete Motivation (β = .838**/.872**). Schließlich sagt die Motivation die Zufriedenheit der Studierenden im Studium und im Schuldienst vorher (β = .754**/.385**), während die Belastung widererwarten nicht im Zusammenhang mit der Zufriedenheit steht. Auch das allgemeine Wohlbefinden der Studierenden wird ausschließlich von den berichteten Anforderungen im Schuldienst und Studium vorhergesagt (β = -.418**/-.568**), nicht aber von den anderen JD-R-Komponenten.

Diskussion

Die Studienergebnisse legen nahe, dass Studierende zwar hoch motiviert ihrer Tätigkeit als Lehrperson nachgehen, sie aber gleichzeitig auch durch die zu erfüllende Doppelrolle überfordert sind. Dies deckt sich mit der TALIS-Studie (Schmich et al., 2020).

Im Einklang mit bestehenden Studien (Hagenauer et al., 2018; Núñez-Regueiro et al., 2023; Scheidig & Holmeier, 2022) zeigt sich, dass Studierende, die bereits im Schuldienst tätig sind, das Studium als sehr belastendes Moment einstufen, während die schulischen Erfahrungen überwiegend als Ressource wahrgenommen werden. So fühlt sich ein hoher Anteil als „kompetent“ im Schuldienst, was sich mit der Studie von Bach & Hagenauer (2022) deckt.

Gezielte Maßnahmen sind notwendig: (1) Das Zeitmanagement beim Berufseinstieg sollte besser vermittelt werden, da Erwartungen und Realität oft stark abweichen. (2) Das Ausmaß der Unterrichtstätigkeit, die berufsbegleitend ermöglicht wird, sollte begrenzt werden. (3) Hochschulen müssen durch digitale Formate und Anerkennung von Praxiserfahrungen flexibler werden. (4) Zudem sollten Hochschulen die Integration von Theorie in die Praxis forcieren. (5) Schließlich ist soziale Unterstützung beim Berufseinstieg entscheidend (Prenzel et al., 2021).

 

Unterrichten neben dem Studium. Eine Bestandsaufnahme hinsichtlich der studienunabhängigen Vertretungslehrkrafttätigkeit von Lehramtsstudierenden in Niedersachsen

Isabelle Winter, Christian Reintjes, Sonja Nonte
Universität Osnabrück

Zur Bewältigung des akuten Lehrkräftemangels empfiehlt die SWK (2023) die Entlastung und Unterstützung der Lehrkräfte durch Studierende sowie weitere formal nicht (vollständig) qualifizierte Personen. Genauer empfiehlt die SWK (2023) die Übernahme bestimmter Aufgaben von Lehrkräften durch Lehramtsstudierende mit ausreichender Qualifizierung und Begleitung, wie beispielsweise die Korrektur von Leistungsüberprüfungen. Zudem soll sich die Einstellung auf die Studierenden, die sich bereits im Master befinden, beschränken und einen Umfang von 10 Unterrichtsstunden pro Woche nicht überschreiten. Weiterhin wird eine Definition klarer Anforderungsprofile für einen konkreten Einsatz sowie die Zuordnung jedes unterrichtenden Lehramtsstudierenden zu einer erfahrenen Lehrkraft zur gemeinsamen Planung des Unterrichts (Mentoring) empfohlen. Lehramtsstudierende, die sich erst im Bachelor befinden, sollen demnach ausschließlich assistierende Funktionen in unmittelbarer Regie einer Lehrkraft ausüben (SWK 2023).

In den Empfehlungen zur Begegnung des akuten Lehrkräftemangels der SWK (2023) wird im gleichen Zuge auch angegeben, dass über Lehramtsstudierende, die bereits als Vertretungslehrkräfte an Schulen tätig sind, bislang kaum etwas bekannt sei. Zudem sei auch über den spezifischen Einsatz sowie die Unterstützung der Vertretungslehrkräfte wenig bekannt. So sei weder klar, wie viele Studierende eigenverantwortlich unterrichten, noch in welchem Ausmaß und in welchen Fächern sie dies tun oder, ob sie dabei betreut werden (vgl. SWK 2023).

Daher hatte die vorliegende explorative Studie zum Ziel, einen erstmaligen und differenzierten Einblick in die aktuelle Beschäftigungssituation von Studierenden an Schulen in Niedersachsen vorzunehmen. In diesem Beitrag folgt nach einer Bestandsaufnahme vorliegender (inter-)nationaler empirischer Befunde eine Darstellung des Studiendesigns sowie ausgewählter Befunde zu der Tätigkeit innerhalb der Schule neben dem Studium. Dabei wurden folgende Forschungsfragen untersucht:

1. Wie viele Studierende arbeiten während des Studiums in welchem Umfang, unter welchen Bedingungen und mit welchen Tätigkeiten in der Schule?

a) Inwieweit unterrichten Studierende fachfremd?

b) Welche Betreuung erhalten Studierende?

c) In welchem Stadium im Hinblick auf den professionsspezifischen Studienfortschritt befinden sich die studentischen Vertretungslehrkräfte im Studium?

2. Wie schätzen Studierende die Wirkung ihrer Unterrichtstätigkeit neben dem Studium auf ihren Professionalisierungsprozess ein?

3. Unterscheiden sich Studierende mit und ohne Tätigkeit in der Schule hinsichtlich der Sicherheit, später als Lehrkraft tätig sein zu wollen?

Die Daten wurden im Wintersemester 2022/2023 an sechs Hochschulen oder Universitäten im Bundesland Niedersachsen erhoben. Es handelte sich um eine freiwillige Online-Befragung, an der insgesamt 943 Studierende teilnahmen. Der Fragebogen enthielt teils bestehende, teils adaptierte, teils neu entwickelte und validierte Skalen und Items zu u. a. den folgenden Aspekten: soziodemografische Angaben der Studierende, Angaben zum Studium, Angaben zur Erwerbstätigkeit (außerhalb und innerhalb der Schule), Informationen zur Tätigkeit innerhalb der Schule, Angaben zur Zukunft.

Die Ergebnisse zeigen, dass von 943 Studierenden 35 Prozent einer Tätigkeit innerhalb der Schule nachgehen. Von den 325 Studierenden mit Schultätigkeit sind 58 Prozent als Vertretungslehrkraft tätig (n = 189, Stunden/Woche im Semester: M = 11.53, SD = 5.58). Dabei gaben 35 Prozent der studentischen Vertretungslehrkräfte an, ausschließlich in ihren Studienfächern zu unterrichten. Folglich unterrichten rund zwei Drittel der studierenden mindestens in einem Fach fachfremd. Darüber hinaus gab ein Drittel an, bei der Tätigkeit als Vertretungslehrkraft betreut zu werden. Die studentischen Vertretungslehrkräfte schätzen den Profit von der Tätigkeit als Lehrkraft für das Studium hoch ein, wobei sie den Profit von ihrem Studium für die Tätigkeit in der Schule moderat einschätzen. Studierende, die als Vertretungslehrkraft tätig sind, und solche, die es nicht sind, unterscheiden sich bei Kontrolle von Alter, Geschlecht und Hochschulsemester signifikant in der Sicherheit, später als Lehrkraft tätig sein zu wollen (M = 1.26, SD = 0.61 vs. M = 1.49 , SD = 0.77; F(1, 910) = 18.82, p < .001, ηp2 = 0.02).



 
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