Veranstaltungsprogramm

Sitzung
3-02: Studienabbruch im Lehramt: Was sind die Gründe und welche lehramtsspezifischen und studiengangsübergreifenden Maßnahmen zur Erhöhung des Studienerfolgs bieten sich an?
Zeit:
Montag, 18.03.2024:
15:20 - 17:00

Ort: H04

Hörsaal, 400 TN

Präsentationen
Symposium

Studienabbruch im Lehramt: Was sind die Gründe und welche lehramtsspezifischen und studiengangsübergreifenden Maßnahmen zur Erhöhung des Studienerfolgs bieten sich an?

Chair(s): Andrea Westphal (Universität Greifswald, Deutschland)

Diskutant*in(nen): Eric Richter (Universität Potsdam)

Der Bedarf an qualifizierten Lehrkräften in Deutschland ist derzeit auf einem Höchststand (Seeliger & Håkansson Lindqvist, 2023). Einige Hochschulstandorte haben bereits neue Lehramtsstudiengänge implementiert, um langfristig mehr Lehramtskandidat*innen ausbilden zu können (Informationsdienst Wissenschaft, 2020, 2023). Auch die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz geht in ihren Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel auf die Verbesserung der Studienerfolgsquoten ein (Köller et al., 2023). Denn Lehramtsstudierende, die ihr Studium abbrechen oder in einen anderen Studiengang wechseln, stellen angesichts des akuten Lehrkräftebedarfs einen großen gesellschaftlichen Verlust dar. Gleichzeitig ist beabsichtigt, dass Lehramtsstudierende im Verlauf ihres Studiums, insbesondere in den schulischen Praxisphasen, ihre Eignung für den Lehrberuf überprüfen (Porsch, 2019). Auf individueller Ebene kann der Abbruch des Lehramtsstudiums somit auch eine Chance für die Studierenden darstellen, sich für einen Beruf zu entscheiden, der besser zu ihnen passt. Die Gründe, aus denen Lehramtsstudierende ihr Studium abbrechen oder über einen Studienabbruch nachdenken, sowie die Karriereverläufe ehemaliger Lehramtsstudierender sollen im Rahmen des Symposiums beleuchtet werden. Auch die besonderen Herausforderungen internationaler Studierender und studiengangsübergreifende Hilfestellungen und Maßnahmen zu deren Betreuung werden im Symposium berücksichtigt. Denn die Internationalisierung der Studierendenschaft (Pineda & Rech, 2020) spiegelt sich auch in einer beachtlichen Anzahl internationaler Lehramtsstudierender an deutschen Hochschulen wider (Petzold, 2022). Mehr als 60 % der internationalen Studierenden planen, nach Abschluss ihres Studiums in Deutschland zu bleiben (Petzold, 2022), so dass auch aus dieser Gruppe qualifizierte Lehrkräfte für den Schuldienst in Deutschland gewonnen werden könnten. Das Symposium bündelt drei Beiträge, die unterschiedliche Perspektiven – die der Studierenden und die der Lehrenden – einnehmen und unterschiedliche Datengrundlagen und methodische Zugänge nutzen.

Der erste Beitrag befasst sich mit den Karriereverläufen ehemaliger Lehramtsstudierender und geht der Frage nach, inwieweit diese Verläufe durch Unterschiede in den Wertüberzeugungen, den Erfolgserwartungen sowie der sozialen und akademischen Integration erklärt werden können. Es wird eine discrete time survival-Analyse basierend auf Daten zu Karriereverläufen von N = 5500 Lehramtsstudierenden aus dem Nationalen Bildungspanel durchgeführt, von denen 350 ihr Lehramtsstudium abgebrochen oder keinen Master of Education begonnen haben.

Der zweite Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, aus welchen Gründen Lehramtsstudierende einen Studienabbruch erwägen und untersucht, inwiefern sich Abbruchabsichten und Gründe für einen möglichen Studienabbruch zwischen Studierenden mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen unterscheiden. Grundlage sind quantitative Daten zu professionellen Kompetenzen von N = 265 Lehramtsstudierenden an zwei Universitätsstandorten, die mittels latenter Profilanalysen ausgewertet wurden. Darüber hinaus wurden quantitative Daten zu Studienabbruchsintentionen und offene Antworten zu den Gründen eines möglichen Studienabbruchs mittels qualitativer Inhaltsanalyse deduktiv und induktiv kodiert und mit den Kompetenzprofilen der Lehramtsstudierenden in Zusammenhang gebracht.

Der dritte Beitrag untersucht den Umgang von Lehrenden mit den spezifischen Problemlagen und Bedürfnissen internationaler Studierender. Dazu wurde auf Basis einer quantitativen Vorstudie eine Gruppendiskussion mit fünf Lehrenden durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet, um Hilfestellungen und Maßnahmen herauszuarbeiten, mit denen internationale Studierende studiengangsübergreifend optimal unterstützt werden können.

Die Implikationen dieser Beiträge für die Gestaltung des Lehramtsstudiums und die Unterstützungsmaßnahmen für Studierende werden abschließend vor dem Hintergrund des akuten Bedarfs an qualifizierten Lehrkräften diskutiert.

 

Beiträge des Symposiums

 

Karriereverläufe nach Beenden des Lehramtsstudiums ohne Abschluss

Steffen Schindler, Sebastian Franz
Universität Bamberg

Einleitung und Hintergrund

Nicht alle Studierende beenden ihr Studium mit einem Abschluss. Insbesondere der Nicht-Abschluss eines Lehramtsstudiums stellt ein bildungspolitisches Problem dar, da Deutschland derzeit mit einem massiven Lehrkräftemangel konfrontiert ist (Porsch & Reintjes, 2023). Ein Problemlösungsansatz unter vielen ist die Anzahl der Lehramtsabschlüsse durch eine Reduzierung der Studienabbrüche im Lehramt zu erhöhen.

Vor diesem Hintergrund ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, warum Studierende ihr Lehramtsstudium ohne Abschluss beenden, obwohl sie einen klar definierten Berufsweg mit ausgezeichneten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt haben. Im Allgemeinen lassen sich zwei Hauptgründe für das Verlassen eines Studiums ohne Abschluss unterscheiden: Zum einen können die Studierenden die akademischen Anforderungen der Studiengänge nicht erfüllen. Zum anderen entscheiden sich die Studierenden möglicherweise für einen anderen Karriereweg, der ihnen attraktiver erscheint als das Lehramt (Chambers et al., 2010; Hobson et al., 2009).

In diesem Beitrag stehen jene Karrierewege von ehemaligen Lehramtsstudierenden im Mittelpunkt, die Alternativen zur ursprünglichen Entscheidung für den Lehrkraftberuf darstellen. Solche Alternativen können darin bestehen, zu einem anderen Studiengang zu wechseln oder die Hochschulbildung ganz zu verlassen. Eine Besonderheit des Lehramtsstudiums besteht darin, dass die Studierenden ihr Hauptfach beibehalten, aber einen anderen Studiengang wählen können, der zu einer anderen Laufbahn als dem Lehrkraftberuf führt.

Fragestellung und theoretischer Rahmen

Ziel dieses Beitrags ist es, typische Muster des Studienabbruchs in Lehramtsstudiengängen zu ermitteln. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es aus individueller Sicht rational sein kann, ein Lehramtsstudium nicht abzuschließen, weil Alternativen attraktiver erscheinen. Daher sollen die Faktoren untersucht werden, die für solche Verschiebungen in der Wahrnehmung der Attraktivität von Studiengängen verantwortlich sind. In Anlehnung an soziologische Entscheidungsmodelle für Bildungs- und Berufsentscheidungen aus der Familie der Rational-Choice-Theorie (Breen & Goldthorpe, 1997) wird angenommen, dass die gewählte Alternative das Nutzen-Kosten-Kalkül des Lehramtsstudiums übertreffen und eine höhere Erfolgschance bieten. Prädiktoren für die unterschiedlichen Karrierewege nach dem Lehramtsstudium werden dem Integrationsmodell von Tinto (1975) sowie dem Erwartungs-Wert-Modell von Wigfield und Eccles (2000) entlehnt.

Daten und Methoden

Die Datenbasis der vorliegenden Untersuchung ist eine Stichprobe von Lehramtsstudierenden aus der Startkohorte 5 des Nationalen Bildungspanels (NEPS; Blossfeld & Roßbach, 2019), die sich über alle in Deutschland angebotenen Lehramtstypen und Fächergruppen erstreckt. Das Sample enthält Karriereverläufe von 5500 Lehramtsstudierenden, wovon 350 ihr Lehramtsstudium nachweislich abgebrochen oder nach erfolgreichem Bachelor of Education keinen Master of Education begonnen haben.

In einem ersten Schritt werden die monatsgenauen Karriereverläufe von ehemaligen Lehramtsstudierenden mittels deskriptiver Darstellungen und Sequenzmusteranalysen ermittelt. Im zweiten Schritt wird eine discrete time survival analysis geschätzt, um den Zusammenhang der ausgewählten Prädiktoren mit den unterschiedlichen Karrierewegen zu analysieren. Bei den untersuchten Prädiktoren handelt es sich um im NEPS eingesetzte Skalen zur Messung der sozialen und akademischen Integration, die jährlich mittels Onlinefragebogen erhoben wurden, sowie einzelne neu entwickelte Items, die den Wert, die Erfolgserwartung und die Kosten des Studiums erfassen (Dahm et al., 2016).

Ergebnisse

Erste Befunde aus den deskriptiven Analysen zeigen, dass ca. 60 % der Befragten einen Monat nach Austritt aus dem Lehramtsstudium noch immer an einer Hochschule studierten und folglich den Studiengang wechselten. Lediglich 8 % begannen eine Ausbildung und 16 % gingen einer regulären Erwerbstätigkeit nach. Ungefähr 12 % befanden sich in einem Praktikum, Elternzeit oder Wehrdienst bzw. freiwilligen Dienst. Nur ein sehr geringer Anteil war mit 4 % erwerbslos.

In der geplanten Präsentation werden neben den Verlaufsmustern nach Beenden des Lehramtsstudiums, die Ergebnisse der discrete time survival analysis berichtet und hinsichtlich ihrer Implikationen diskutiert. Der Fokus der Diskussion liegt dabei auf der Erklärung, unter welchen Voraussetzungen sich Lehramtsstudierende für einen Wechsel des Studiengangs entscheiden oder die Hochschulbildung verlassen. Auf diese Weise wollen wir Erkenntnisse gewinnen, die als Grundlage für politische Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität von Lehramtsstudiengängen dienen können.

 

Wer denkt an Studienabbruch und warum? Studienabbruchsintentionen von Lehramtsstudierenden mit unterschiedlichen Kompetenzprofilen

Andrea Westphal1, Annelie Schulze1, Juliane Schlesier2, Hendrik Lohse-Bossenz1
1Universität Greifswald, 2Universität Vechta

Theoretischer Hintergrund

Angesichts des Lehrkräftemangels ist die Ausbildung von Lehrkräften eine dringliche Herausforderung (Seeliger & Håkansson Lindqvist, 2023). Studienabbrüche von Lehramtsstudierenden behindern zusätzlich die Bemühungen, den Lehrkräftebedarf durch qualifizierte Lehrkräfte zu decken (Heublein et al., 2022). Während viel darüber bekannt ist, aus welchen Gründen erfahrene Lehrkräfte ihren Beruf aufgeben (z.B. Metaanalysen von Borman & Dowling, 2008; Li & Yao, 2022), liegen wenige Studien zu den Studienabbruchsmotiven von Lehramtsstudierenden vor. Befragungen haben gezeigt, dass sowohl negativ konnotierte "Push"-Faktoren (z. B. hohe Arbeitsbelastung als Lehrkraft) als auch positiv besetzte "Pull"-Faktoren (z. B. der Wunsch andere Berufe kennenzulernen) für Karriereentscheidungen von erfahrenen Lehrkräften relevant sein können (Amitai & van Houtte, 2022). Ferner ziehen Lehrkräfte, die über höhere Kompetenzen verfügen, offenbar andere Faktoren für ihre Karriereentscheidungen heran als weniger kompetente Lehrkräfte (Rice, 2010). Um Studienabbruchsintentionen von Lehramtsstudierenden zu ergründen, verbindet der vorliegende Beitrag qualitative Ansätze zu den Push- und Pull-Faktoren, die ausschlaggebend für Karriereentscheidungen sein können (z. B. Amitai & van Houtte, 2022), mit quantitativen Forschungsansätzen zu Kompetenzprofilen von Lehramtsstudierenden (Holzberger et al., 2021).

Fragestellungen

Wir untersuchen, welche Push- und Pull-Faktoren Lehramtsstudierende als Gründe für einen möglichen Studienabbruch berichten. Ein weiteres Anliegen ist es Kompetenzprofile der Lehramtsstudierenden zu identifizieren und zu prüfen, inwiefern die Studienabbruchsintention und die Push- und Pull-Faktoren sich zwischen den Kompetenzprofilen unterscheiden.

Methode

Unserer Untersuchung lagen N = 265 Lehramtsstudierende zugrunde (80% weiblich; M = 21.34 Jahre alt; erstes bis fünftes Fachsemester), die an zwei deutschen Universitäten eingeschrieben waren und im Wintersemester 2021/22 bzw. 2022/23 befragt wurden. Das pädagogische Wissen wurde mit 15 Items zum Unterrichten der Kurzversion des BilWiss-2.0-Tests erhoben (Leutner et al., 2020). Einstellungen zur Inklusion wurden mit der Skala von Lüke und Grosche (2017) gemessen (14 Items, McDonalds Omega = .87). Erfasst wurden unterrichtsbezogene Selbstwirksamkeit im Klassenmanagement (4 Items, McDonalds Omega = .81), Selbstwirksamkeit für Instruktionsstrategien (4 Items, McDonalds Omega = .79) und Selbstwirksamkeit für Schüler*innen-Engagement (4 Items, McDonalds Omega = .76; Pfitzner-Eden et al., 2014). Emotionale Stabilität wurde mit dem BFI-10 erhoben (2 Items, Rammstedt & John, 2007). Die Studienabbruchsintention wurde mit der Skala von Dresel und Grassinger (2013) (5 Items, McDonalds Omega = .78) und Gründe für einen möglichen Studienabbruch mit offenem Antwortformat erfasst. Latente Profilanalysen wurden mit dem R-Paket tidyLPA (Rosenberg et al., 2018) und MplusAutomation (Hallquist & Wiley, 2018) berechnet. Unterschiede in der Studienabbruchsintention zwischen den Profilen wurden mittels Hilfsvariablen geprüft (3-Step Approach). Die Gründe für einen möglichen Studienabbruch wurden deduktiv in Push- und Pull-Faktoren kodiert (Cohens κ = .88). Push-Faktoren wurden zusätzlich induktiv kodiert (Cohens κ ≥ .84).

Ergebnisse

Lehramtsstudierende berichteten überwiegend Push-Faktoren als Gründe für einen möglichen Studienabbruch. In diesen Push-Faktoren fanden sich vier wiederkehrende Themen: hohe Studienanforderungen, Frustration mit einem ihrer Fächer (z.B. Mathematik), die Wahrnehmung der universitären Veranstaltungen als zu wenig praxisrelevant und schließlich Unzufriedenheit mit organisatorischen Rahmenbedingungen (v.a. Seminarzeiten, Prüfungsformate).

Latente Profilanalysen ergaben drei distinkte Kompetenzprofile, die durch unterschiedliche Kombinationen des bildungswissenschaftlichen Wissens, der Einstellungen zur Inklusion, der unterrichtsbezogenen Selbstwirksamkeit und der emotionalen Stabilität charakterisiert waren. Unterscheiden ließ sich ein Profil „Hohes Engagement“ mit hoher Ausprägung aller Variablen außer dem bildungswissenschaftlichen Wissen (n = 71) von einem „Homogenen Kompetenzprofil“ mit mittlerer Ausprägung aller Variablen (n = 141) und einem Profil „Geringes Engagement“ mit geringerer unterrichtsbezogener Selbstwirksamkeit und mittlerer Ausprägung aller anderen Variablen (n = 51). Die latenten Kompetenzprofile unterschieden sich signifikant in ihrer Studienabbruchsintention, χ(2) = 23.574, p < 0.001. Studierende im Profil „Hohes Engagement“ wiesen signifikant geringere Studienabbruchsintentionen auf als Studierende im „Homogenen Kompetenzprofil“ (p < 0.001) und im Profil „Geringes Engagement“ (p < 0.01). Unterschiede in den Push- und Pull-Faktoren zwischen Lehramtsstudierenden unterschiedlicher Kompetenzprofile ließen sich inferenzstatistisch nicht absichern. Wir diskutieren Implikationen für die Beratung von Studierenden.

 

Zwischen Unterstützung und Unverständnis: Umgangsweisen von Lehrenden mit studienspezifischen Problemlagen internationaler Studierender an der TU Dresden

Colin Kaggl, Franziska Schulze-Stocker
Technische Universität Dresden

Theoretischer Hintergrund

Studienerfolg und Studienabbrüche sind auf multiple Motivlagen zurückzuführen, die unterschiedlich gewichtet werden, „sich aber gegenseitig verstärken“ können (Heublein & Wolter 2011, S. 223; siehe auch Blüthmann et al., 2008; Heinze, 2018; Pelz et al., 2020). Hierbei fällt Hochschullehrenden als „institutional agents“ eine besondere Rolle bei Problemlagen von Studierenden zu (u.a. Stanton-Salazar, 2011; Preuschoff & Wiemer, 2016). Die Öffnung der Hochschulen für neue Zielgruppen und der globalisierte Wettbewerb führen zu einer zunehmenden Internationalisierung der Studierendenschaft in Deutschland (Pineda & Rech, 2020), die sich auch in einer zunehmenden Anzahl internationaler Lehramtsstudierenden an deutschen Hochschulen ausdrückt (Petzold, 2022).

In der Diskussion um Studienerfolg gerät die Situation internationaler Studierender zunehmend in den Blick von Interventions- und Präventionsbemühungen (siehe für einen Überblick Pineda & Rech, 2020), denn im Vergleich zu Studierenden mit deutscher Hochschulzugangsberechtigung liegen deren Abbruchquoten höher (Heublein et al., 2020; Bachelor: 27,0 % versus 48,5 %; Master: 17,0 % versus 29,0 %). Studien zeigen zudem, dass internationale Studierende vergleichsweise mit besonderen Herausforderungen im Studienkontext konfrontiert sind (z. B. Sprachbarrieren, soziale Integration, Vertrautheit mit der akademischen Kultur und Studienorganisation); gleichzeitig werden hochschulische Unterstützungsangebote von ihnen kaum wahrgenommen (Friedland & Oehmichen, 2020; SVR, 2017). Auch hier sind Lehrende oftmals die ersten und wichtigsten Ansprechpersonen bei Schwierigkeiten im Studium (siehe u.a. Kaggl & Schulze-Stocker, eingereicht).

Fragestellung

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem Umgang von Lehrenden mit den spezifischen Problemlagen und Bedürfnissen internationaler Studierender.

Methode

Zur Beantwortung dieser Frage wird der Vortrag auf Ergebnisse des Projekts Erfolgreich – Digital – Integriert: Studium an der TU Dresden (EDI:TUD; Schulze-Stocker et al., 2022) zurückgreifen, welches Herausforderungen internationaler Studierender und ihre spezifischen Bedarfe mit dem Ziel erfasst, den Studienerfolg dieser Studierendengruppe zu erhöhen. Dafür werden neben Auswertungen einer Online-Befragung von Lehrenden an der TU Dresden (Kaggl et al., 2022; Kaggl & Schulze-Stocker, eingereicht) auch die Ergebnisse einer tiefergehenden Gruppendiskussion mit fünf Lehrenden des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden einfließen, welche mithilfe einer zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse (Schreier, 2012) erschlossen wurden. Die Generalisierung soll mittels einer darauf aufbauenden empirisch begründeten Typenbildung erfolgen (Lang & Ruesch Schweizer, 2020).

Ergebnisse

Erste Ergebnisse zeigen, dass sich verschiedene disziplinunabhängige Umgangstypen oder -strategien der Betreuung internationaler Studierender identifizieren lassen. Dabei konnten drei Profile von Lehrenden differenziert werden: Während sich einzelne Lehrende ausgesprochen engagiert zeigen und den Umgang mit internationalen Studierenden als kulturelle und persönliche Bereicherung ansehen, empfinden andere ihren Betreuungsauftrag als zunehmend überfordernd und sehen die Universität stärker in der Interventionspflicht. Die dritte Gruppe hingegen betrachtet Studienerfolg als (alleinige) Bringschuld der internationalen Studierenden selbst, während sie deren Betreuung in erster Linie als persönliche und institutionelle Belastung wahrnimmt. Im Anschluss daran wird der Vortrag diese Befunde durch Kontrastierung der beiden Erhebungsmethoden weiter validieren, spezifizieren und generalisieren.

Dadurch wird ein analytisches Licht auf konkrete Umgangsweisen und Problemzuschreibungen von Lehrenden mit internationalen Studierenden geworfen. Zudem können Hilfestellungen für die Sensibilisierung Lehrender im Umgang mit ihnen angeboten sowie passgenauere Maßnahmenvorschläge für Universitäten zur Verbesserung von Beratung, Betreuung und Studienerfolg dieser Gruppe abgeleitet werden.