Paper Session
Wirksamkeit eines kognitiv aktivierenden Sportunterrichts: empirische Befunde eines systematischen Reviews mit Metaanalyse
Clemens Töpfer1, Sophie Engelhardt2,3, Johannes Carl4, Julia Hapke3
1Friedrich-Schiller-Universität Jena; 2Eberhard Karls Universität Tübingen; 3Universität Koblenz; 4Deakin University, Melbourne
Einleitung
Seit einiger Zeit wird im Fach Sport der Frage nachgegangen, wie die Unterrichtsqualitätsdimension der kognitiven Aktivierung im Fach Sport ausgedeutet werden kann (u. a. Herrmann & Gerlach, 2020). Engelhardt et al. (2023) plädieren diesbezüglich für eine konstruktäquivalente Übertragung aus der empirischen Bildungsforschung in das Fach Sport, wonach die vertiefte mentale Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand im Vordergrund steht (Lipowsky, 2020). In einem Scoping Review konnten Engelhardt et al. (2023) aus empirischen Studien insgesamt fünf Zielkategorien kognitiver Aktivierung im Sportunterricht herausstellen: (gesundheitsbezogenes) Wissen, motorische Fertigkeiten, Spielverständnis und -fähigkeit, Reflexionsfähigkeit und Motivation. Bislang ist allerdings wenig über die Wirksamkeit eines kognitiv aktivierenden Sportunterrichts bekannt. Vor diesem Hintergrund folgt der vorliegende Beitrag der Frage, wie wirksam Interventionen zu einem kognitiv aktivierenden Sportunterricht hinsichtlich der Zielkategorien sind.
Methode
Um die aktuelle Forschungslage im deutsch- sowie englischsprachigen Raum zu erfassen, wurde ein systematischer Review durchgeführt (Page et al., 2021). Recherchiert wurde in nationalen sowie internationalen Datenbanken (BISp-Surf (SPOLIT), SPORTDiscus, FIS-Bildung, ERIC, Web of Science, Scopus) im Zeitraum von 2000-2022. Dabei kam ein breites Spektrum an deutsch- und englischsprachigen Suchbegriffen zum Einsatz, das die Idee der kognitiven Aktivierung abbilden sollte (z. B. Aufgabenkultur, Reflexion, instructional support, cognitive engagement). Titel-, Abstract- und Volltext-Screening (anhand definierter Ein- und Ausschlusskriterien: u. a. Prä-Post-Design) sowie die Datenextraktion und das Risk-of-Bias Assessment (Higgins et al., 2011) erfolgten durch zwei unabhängige Gutachtende. Zur Bewertung der studienübergreifenden Wirksamkeit wurde mit allen Studien im Kontrollgruppendesign eine Metaanalyse (Review Manager 5.4) durchgeführt.
Ergebnisse
Die Datenbanksuche lieferte 5639 Treffer. Nach Entfernen der Duplikate wurden insgesamt 3173 Treffer in den weiteren Reviewprozess einbezogen (Cohens Kappa: 0.74–0.93). 32 Interventionsstudien konnten nach Abschluss des Screening-Prozesses eingeschlossen werden. Die überwiegende Mehrheit der Studien stammte aus den USA und aus Spanien; zwei Studien wurden in Deutschland durchgeführt. Insgesamt zeigt sich ein heterogenes Bild hinsichtlich der Studiendesigns und der eingesetzten Erhebungsverfahren (z.B. in Bezug auf Inhalt und Testgüte). Lediglich die Hälfte der Studien (n=14) folgt einem Kontrollgruppendesign. Die Interventionsprogramme orientieren sich mehrheitlich an methodischen Ansätzen wie dem „Teaching Games for Understanding“ zur Förderung von Spielverständnis und Spielfähigkeit oder dem 5-E-Learning-Cycle zum Erwerb gesundheitsbezogenen Wissens. In den Studien lassen sich empirische Nachweise zu Lerngewinnen in vier der fünf Zielkategorien identifizieren: (gesundheitsbezogenes) Wissen (g=0.54), motorische Fertigkeiten (g=0.56), Spielverständnis und -fähigkeit (g=0.48) sowie Motivation (g=0.39). Die Zielkategorie Reflexionsfähigkeit wurde in keiner der Interventionsstudien empirisch erfasst.
Diskussion
Der deutschsprachige Diskurs um kognitive Aktivierung kann über internationale Befunde zur Wirksamkeit äquivalenter Ansätze bereichert und fundiert werden. In Ergänzung zu den Annahmen von Richartz und Kohake (2021) zeigt sich ein kognitiv aktivierender Sportunterricht dabei nicht nur wirksam im Bereich des verständnis- und bewertungsbezogenen Lernens, sondern auch hinsichtlich motorischer sowie spieltaktischer Zielkategorien. Dass Reflexionsfähigkeit als Zielkategorie bislang in Interventionsstudien nicht als Outcome untersucht wird, markiert jedoch ein relevantes Desiderat, insbesondere vor dem Hintergrund des sportunterrichtlichen Bildungsauftrags einer Handlungsfähigkeit im Sport. Hierzu bedarf es künftig der Entwicklung geeigneter Testinstrumente. Im Vergleich zu anderen systematischen Reviews (u. a. Carl et al., 2022) zeigen sich zudem Limitationen hinsichtlich des Umfangs der Datenlage. Vor dem Hintergrund eines noch jungen empirischen Diskurses um einen kognitiv aktivierenden Sportunterricht und der geringen Anzahl an Studien mit Kontrollgruppendesign, bedarf es weiterer Studien, um die Robustheit der metaanalytischen Befunde zu stärken.
Paper Session
Einstellungen von Sportlehrkräften zu digitalen Medien im Sportunterricht – ein systematisches Review
Jessica Schmeling, Esther Pürgstaller, Kilian Koal, Lorena Barkemeyer, Maurice Ullmann
Universität Potsdam, Deutschland
Theoretischer Hintergrund
Medienbildung wird als fächerübergreifender Bildungsauftrag verstanden (KMK, 2017) und betrifft demnach alle Unterrichtsfächer – auch den Sportunterricht. Hier spielt Medienbildung oftmals (noch) eine untergeordnete Rolle. Aktuelle Studien zeigen, dass insbesondere intraindividuelle Faktoren den Einsatz digitaler Medien im Sportunterricht beeinflussen. So wird Einstellungen von Sportlehrkräften zu digitalen Medien eine relevante Rolle zugeschrieben (Gibbone, Rukavina & Silverman, 2009). Die internationale Forschungslage zur Frage, welche Einstellungen Sportlehrkräfte und Sportlehramtsstudierende zu digitalen Medien haben, ist schwer zu überblicken und wurde bislang nicht systematisch aufgearbeitet. Dies erschwert es, Bedarfe für weitere Forschung in diesem Bereich zu identifizieren und Evidenz zu generieren, auf deren Grundlage Maßnahmen für die Lehramtsausbildung oder auch mögliche Fortbildungsangebote für Sportlehrkräfte abgeleitet werden können.
Fragestellung
Im Rahmen des Vortrags wird diesem Desiderat nachgegangen, indem folgende Fragestellungen thematisiert werden:
- Auf welche Stichproben und Untersuchungsdesigns wird in Studien zu Einstellungen von Sportlehrkräften und Sportlehramtsstudierenden zurückgegriffen, die nach 2006 durchgeführt wurden?
- Welche thematischen Forschungsschwerpunkte lassen sich in den Studien zu Einstellungen von Sportlehrkräften und Sportlehramtsstudierenden zu digitalen Medien identifizieren?
- Zu welchen Ergebnissen kommen die Studien in Bezug auf die Einstellungen von Sportlehrkräften und Sportlehramtsstudierenden?
Methode
Das methodische Vorgehen orientiert sich am PRISMA-Flow-Diagramm (Page et al., 2021). Um bisherige Studien zu Einstellungen von Sportlehrkräften zu digitalen Medien im Sportunterricht systematisch zu analysieren, wurde zunächst eine systematische Literaturanalyse deutsch- und englischsprachiger Studien der letzten 17 Jahre erstellt. Der Beginn des Zeitraums wurde auf 2006 datiert, da eine manuelle Recherche ergeben hat, dass in diesem Jahr erste für dieses Gebiet relevante Studien veröffentlicht wurden. Die Literaturrecherche wurde von 07/2023 bis 08/2023 in den Datenbanken Web of Science, ERIC, Sportdiskus, FIS-bildung, PsycInfo und SURF (BISP) durchgeführt. Zusätzlich wurden die Literaturlisten der eingeschlossenen Arbeiten gesichtet und Calls im sportwissenschaftlichen Kontext sowie manuelle Recherchen in relevanten Journals durchgeführt, um weitere Studien zu identifizieren. Eine Stichprobengröße von N = 11.499 Studien wurde zu Beginn des Kodierungsprozesses in die Analyse aufgenommen. Exkludiert wurden Studien u. a. aufgrund eines unpassenden Fokus (z. B. Konzeptionen von Lehrarrangements), Dokumententyps (z. B. Meta-Analysen, Praxisbeiträge) oder unpassenden Methode (z. B. Case Studies). Zwei Gutachter*innen beurteilten jeweils unabhängig voneinander, ob die Einschlusskriterien erfüllt wurden. Unstimmigkeiten wurden durch Diskussion oder durch Verweis auf dritte Gutachter*innen gelöst. Die Gesamtzahl aufgenommener Studien ergab N = 57, die anhand ihres vollständigen Textes mittels eines standardisierten, vorab erprobten Formulars hinsichtlich inhaltlicher Kriterien sowie ihrer wissenschaftlichen Qualität kategorisiert und bewertet wurden.
Ergebnisse
(1) Die Auswertung der Studien zeigt, dass in empirischen Erhebungen zu Einstellungen von Sportlehrkräften und Sportlehramtsstudierenden zu digitalen Medien vielfältige Methoden genutzt werden, wenngleich (quantitative) Fragebogenerhebungen dominieren, gefolgt von mixed methods Studien und schließlich (qualitativen) Interviewstudien. Zumeist werden Sportlehrkräfte der Sekundarstufe oder verschiedener Schulstufen befragt; selten hingegen Primarstufen-Lehrkräfte. Einen weiteren großen Anteil nehmen Studien ein, die Sport-Lehramtsstudierende fokussieren.
(2) Im Mittelpunkt der Studien stehen Fragen nach medialer Ausstattung bzw. Besitz, Nutzen bzw. Einsatz, Kompetenzen, Mehrwert und Hindernissen sowie allgemeinen Erfahrungen mit digitalen Medien. Konkrete Auswirkungen der Einstellungen (z. B. auf die Motivation der Schüler*innen), Fortbildungsbedarfe oder auch ableitbare praktische Implikationen sind bisher selten primärer Betrachtungsgegenstand. Es überwiegen Studien, die Informations- und Kommunikationstechnologien im Kontext von Sportunterricht an Schulen fokussieren, gefolgt von E-Learning Plattformen; selten werden Soziale Medien thematisiert.
(3) Die Mehrheit der Studien berichtet von eher positiven Einstellungen von Sportlehrkräften und Sportlehramtsstudierenden gegenüber digitalen Medien. Dabei konnten einzelne Studien Unterschiede in den Einstellungen in Abhängigkeit des Geschlechts, Alters und der Unterrichtserfahrung feststellen.
Die analysierten Studien weisen eine große Heterogenität auf in Bezug auf Zielgruppe, theoretischen Hintergrund, Untersuchungsdesign und -methode, untersuchte digitale Medien, Anwendungsgebiet, Ergebnisse und Studienqualität. Die systematische Literaturanalyse liefert dennoch Hinweise auf Forschungslücken, die zu füllen bedeutende Voraussetzung ist, damit Medienbildung im Sportunterricht eine relevante Rolle zugesprochen wird.
Paper Session
Einstellungen von Schüler:innen gegenüber videobasierten digitalen Medien im Sportunterricht
Maik Beege, Anne-Christin Roth
PH Freiburg, Deutschland
Während die Bedeutung der Einstellungen von Lehrkräften zum Medieneinsatz in Schule und Unterricht als Facette professioneller Kompetenzentwicklung zunehmend Beachtung findet (Knezek & Christensen, 2016; Prasse, 2012), dominieren für die Einstellungen von Schüler:innen gegenüber der Nutzung digitaler Medien in Schule und Unterricht oft noch verkürzte Vorstellungen (Schulmeister, 2009) – ihnen wird aufgrund der hohen und in den letzten zwei Jahrzehnten massiv gestiegenen Mediennutzungsdauer (Shell, 2019; mpfs, 2018; bitkom, 2019) unterstellt, dass sie Medien auch per se gerne zum Lernen nutzen würden. Für die Mediennutzung innerhalb und außerhalb schulischer Verwendungszusammenhänge sind die medienbezogenen Einstellungen von Schüler:innen jedoch ein relevantes Kriterium und daher sind sie auch Zielperspektive mediendidaktischer Bemühungen. In Anknüpfung an das Tagungsthema sind sie somit auch für die Partizipation aller Kinder und Jugendliche an mediengestützten Lernprozessen in Schule und Unterricht von Bedeutung. Außerdem sind sie für die Beurteilung potenzieller Wirkzusammenhänge beim Lernen mit digitalen Medien in Schule und Unterricht ein bisher kaum betrachtetes Kriterium. Daher wird das sozialpsychologische Konstrukt der Einstellung in seiner Multidimensionalität (kognitive, affektive und behaviorale Komponente) möglichst umfassend betrachtet (Zimbardo & Gerrig, 1996). Die zentralen Fragestellungen lauten hierbei, wie die Einstellungen von Schüler:innen zum Medieneinsatz im Sportunterricht ausgeprägt sind, welche Beziehungen zwischen Einstellungskomponenten postuliert werden können und anhand welcher externer Variablen positive Einstellungen gefördert werden können. Eine fachspezifische Besonderheit hinsichtlich der medienbezogenen Einstellung von Lehrkräften, liegt im Bewegungsprimat – der Überzeugung, dass Sportunterricht primär der Bewegung dienen soll (Roth, 2022) – und der Besorgnis, dass Medien für den Sportunterricht nicht lernförderlich gestaltet sind (Sweller et al., 2019).
Auf Basis des Technology Acceptance Models (Park, 2009) wurde ein Fragebogen zur Erfassung der Einstellung erstellt und anhand einer Erhebung an Achtklässler:innen (N = 202) validiert. Als Subskalen wurden dabei externe Variablen (schulische Sportaktivität, private Sportaktivität, Medienerfahrung, Selbst-Effektivität, Mediennorm, Nutzung im Sportunterricht), kognitive Einstellungsdimension (Nützlichkeit, Bedienbarkeit, Gestaltung der Medien, Bewegungsprimat), affektive Dimension (positive Evaluation, negative Evaluation) und behaviorale Dimension (Nutzungsintention) betrachtet. Die Skalen wurden mittels Reliabilitätsanalysen und konfirmatorischen Faktorenanalysen optimiert und validiert. Anhand der validierten Skalen und erhobenen Daten wurde ein kovarianzbasiertes Strukturgleichungsmodell berechnet, welches Effekte zwischen externen Variablen und Einstellungsdimensionen abbildet. Das prototypische Modell ist in Abbildung 1 dargestellt.
https://1drv.ms/i/s!AnDbKEWZCByFgtIk9kVZEOcPR5HOFg?e=VfmAWm
Abbildung 1. Theoretisches Modell zur Berechnung des Strukturgleichungsmodells
Das postulierte Modell hatte eine zufriedenstellende Modellgüte (RMSEA = .06; χ2/df ratio = 1.72; CFI = 0.90). Das Modell ist in Abbildung 2 dargestellt. Hierbei sind lediglich signifikante (p<.05) oder marginale (p<.10) Trends dargestellt, um die Lesbarkeit zu gewährleisten. Die relevanten Pfade werden hier noch einmal zusammengefasst. Es wird ersichtlich, dass die Nutzung der Medien im Sportunterricht und die damit verbundene Selbst-Effektivität im Lernen mit Medien sich positiv auf die kognitive Komponente der Einstellung auswirkt. So werden wahrgenommene Nützlichkeit und Usability erhöht, als auch potentielle Fehlvorstellungen bezüglich des Designs und Bewegungsprimats reduziert. Die kognitive Komponente der Einstellung hatte hierbei allerdings keinen direkten Einfluss auf die Nutzungsintention der Medien im Sportunterricht. Positive Effekte der kognitiven Komponente auf die Nutzungsintention werden vollständig durch die positive Evaluation des Medieneinsatzes mediiert. Erst durch eine positive affektive Bewertung, wird die Nutzungsintention von Medien im Sportunterricht gesteigert.
https://1drv.ms/i/s!AnDbKEWZCByFgtIlQ-e-JJnzQ-tbaw?e=Dli8Tn
Abbildung 2. Strukturgleichungsmodell. *p<.05; (*)p<.10
Eine negative Einstellung bezüglich Medien im Sportunterricht kann unter anderem auf den fehlenden Zugang und damit einer zu geringen Selbst-Effektivität im Umgang zurückzuführen sein. Interventionen auf Schüler:innen- und Lehrer:innenebene sollten somit gezielt darauf abzielen, die Vorteile des mediengestützten Sportunterrichts didaktisch adäquat einzuführen, um Selbst-Effektivität zu steigern und negative Einstellungen zu reduzieren. Dasselbe Modell wird in Folgestudien auch auf Lehrer:innenebene validiert, um externe Variablen zu identifizieren, welche im Fokus gezielter Interventionen stehen können.
Paper Session
Agentic Engagement und Opposition im Sportunterricht der Primarschule: Längsschnittliche Einflüsse auf das Verhalten von Lehrpersonen und Schüler:innen.
Clemens Berthold
PH St. Gallen, Schweiz
Einleitung
Agentic engagement beschreibt jene proaktiven Handlungen von Schüler:innen mit denen sie versuchen ihre Lernbedingungen zu verbessern, indem sie ihre Lehrerperson im Unterricht beeinflussen (Reeve, 2013). Diese können im Einklang mit den Zielen der Lehrperson stehen, aber auch Ausdruck von Widerstand und Opposition sein. (Mameli et al. 2023).
Wenn Lehrpersonen wechselseitig auf diese Handlungen reagieren und ihren Unterricht entsprechend anpassen, dann "bewegen sich Schüler:innen und Lehrpersonen gemeinsam in Richtung einer konstruktiven Synergie" (Jang et al. 2023, S. 30) und verbessern die Unterrichtsqualität. (vgl. Reeve & Tsang, 2011). Dies zeigte sich in einer verstärkt autonomie-unterstützenden Lehrweise, welche wiederum ein höheres Agentic Engagement zur Folge hat. (z.B. Matos et al. 2018; Jang et al. 2023).
Werden die Initiativen der Schüler:innen jedoch als störend für den Unterricht wahrgenommen, kann dies zu Fehlanpassungen führen und die Lehrpersonen zeigen ein erhöhtes Maß an Kontrolle und fordern Disziplin (z.B. Rajala et al. 2016, Patall et al. 2022).
Obwohl der Unterricht im Klassenzimmer weithin als gemeinsame Aktivität von Schülern und Lehrern angesehen wird (z.B. Vieluf et al. 2020), gibt es nur wenig Forschung über den gegenseitigen Einfluss, den Schüler:innen auf ihre Lehrpersonen ausüben. (vgl. Nurmi et al., 2015; Nurmi, 2012). Diese Studie nimmt die Agency der Schüler:innen und ihre Initiativen in den Fokus, und untersucht die Wechselwirkungen mit dem Lehrpersonenverhalten im Rahmen einer längsschnittlichen Analyse im Sportunterricht an der Primarschule.
Methode
Angehende Lehrpersonen (n = 34) und ihre Schüler:innen (n = 498) wurden in der ersten und vierten Woche eines Vollzeit-Praktikums, im letzten Semester der Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule, mittels Fragebogens befragt. Dabei wurden Schüler:innen-Selbsteinschätzungen ihres agentic engagement (α = .70/.76) (Agentic Engagment Scale (AES); Reeve, 2013), ihres intrinsisch motivierte oppositionellen Verhaltens (α = .81/.84) (Eigenentwicklung in Anlehnung an Aelterman et al. (2016), sowie ihre Einschätzung der Unterstützung ihrer psychologischen Grundbedürfnisse im Sportunterricht erhoben (Autonomie: α = .56/.76; Kompetenz: α = .70/.71; Eingebundenheit: α = .64/.70) (Students’ motivation in Physical Education (SMoPE), Kohake & Heemsooth, 2021). Längsschnittliche reziproke Wechselwirkungen wurden über manifeste Cross-Lagged-Panel Modelle überprüft.
Ergebnisse
Die beiden Arten der Schüler:inneninitiativen, Agentic Engagement und intrinsisch motivierte Opposition, lassen sich als trennbare Konstrukte modellieren und zeigen keine siginifikanten Zusammenhänge. Hinweise auf den reziproken Einfluss von Agentic Engagement der Schüler:innen auf die Autonomieunterstützung der Lehrpersonen konnte gefunden werden (β = .114, SE = .059, p = .056). Positive reziproke Einflüsse zeigen sich jedoch auch auf die Kompetenzunterstützung (β = .118, SE = .047, p = .012), und die Unterstützung der Eingebundenheit (β = .099, SE = .037, p = .007). Eine (Fehl-)Anpassung des Lehrpersonenverhaltens als Reaktion auf oppositionelles Verhalten der Schüler:innen konnte andererseits nicht nachgewiesen werden.
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