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1-08: Zum Einfluss von Kohärenzbildungshilfen auf das fachliche Verständnis und motivational-emotionale Merkmale von Lernenden
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Symposium
Zum Einfluss von Kohärenzbildungshilfen auf das fachliche Verständnis und motivational-emotionale Merkmale von Lernenden Zentrales Element von Lehr-Lern-Prozessen ist die Fähigkeit der Lehrkräfte, Lerngegenstände durchdacht, logisch-sachlich strukturiert, fachdidaktisch aufbereitet und sprachlich kohärent zu vermitteln (Aebli, 2006). Die sprachliche Kohärenz bezieht sich dabei auf lokaler Ebene auf den Zusammenhang zwischen aufeinanderfolgenden Sätzen und auf globaler Ebene auf den Zusammenhang zwischen größeren Sinnabschnitten (Schnotz, 1994). Durch diese Zusammenhänge sollen die zu lernenden Fachinhalte in eine geordnete, logische Begriffsstruktur gebracht werden, damit Lernende die dem Lerngegenstand innewohnende fachliche Struktur erfassen, verstehen und im Gedächtnis speichern können. Als potenziell bedeutsame sprachliche Merkmale für die kohärente Gestaltung von Lerngegenständen konnten Kohärenzbildungshilfen identifiziert werden. Kohärenzbildungshilfen erfüllen die Funktion, inhaltliche Relationen von Sachverhalten zu verdeutlichen und Lernenden während des Verstehens eine Orientierung anzubieten. Klassische Kohärenzbildungshilfen sind u. a. die Wiederholung von Begriffen, Verbindung von Sätzen, Zwischenüberschriften, Explikation von Fachbegriffen und fachlichen Relationen (Schnotz, 1994). In (inter-)nationalen Schulleistungsstudien sowie Untersuchungen zum Einfluss sprachlicher Merkmale auf das fachliche Verständnis zeigen sich wiederholt hohe korrelative Zusammenhänge zwischen fachlichen und sprachlichen Kompetenzen der Lernenden (Johnson-Laird, 1983; Kintsch & van Dijk, 1978; Leutner et al., 2004; Schnotz & Dutke, 2004), die als ein möglicher Beleg für die Bedeutung sprachlicher Gestaltung der Lerngegenstände im Unterricht angesehen werden können. Eine systematische Betrachtung des kausalen Zusammenhangs zwischen sprachlicher Gestaltung von Lerngegenständen und dem Erwerb fachlichen Verständnisses steht jedoch, insbesondere im Kontext mündlicher Erklärungen, aus. Neben dem fachlichen Verständnis von Erklärungen ist anzunehmen, dass Unterschiede in der Kohärenz von Erklärungen auch mit motivational-emotionalen Merkmalen der Lernenden zusammenhängen. Allerdings gibt es nur wenige Studien, die sich mit entsprechenden Zusammenhängen auseinandersetzen (Wirth et al., 2022). Dabei stellen Ness-Maddox et al. (2022) die Bedeutung der Emotionen Lernender für Kohärenzbildungsprozesse in Leseverstehensaufgaben heraus. In Bezug auf motivationale Merkmale zeigt sich, dass weniger kohärente Texte zu einem stärkeren thematischen Interessenverlust führen als kohärente Texte (Soemer & Schiefele, 2019) und dass negative Zusammenhänge zwischen Textverständnis und Interesse am gelesenen Text bestehen (Wade et al., 1999). Den genannten Forschungsbedarfen widmet sich dieses Symposium. Anhand von vier Beiträgen wird aus verschiedenen disziplinären Perspektiven untersucht, wie sich die systematische Variation von Kohärenzbildungshilfen in mündlichen Erklärungen und Textaufgaben auf das fachliche Verständnis Lernender sowie auf motivationale und emotionale Merkmale auswirkt. Der erste Beitrag ist im Mathematikunterricht der Primarstufe verortet und untersucht den Einfluss von Prosodie, Konnektoren und nominaler Rekurrenz als Kohärenzmerkmale mündlicher Erklärungen. Beitrag 2 befasst sich mit Sport- und bewegungsbezogenen Erklärungen von Lehrkräften. Es wird der Einfluss von Kohärenzbildungshilfen in mündlichen Erklärungen auf das Bewegungsverständnis von Kindern und Jugendlichen der Sekundarstufe I untersucht. Der dritte Beitrag geht der Relevanz von Konnektoren, Explikation und nominaler Rekurrenz als Kohärenzbildungshilfen in mündlichen Erklärungen im Fach Geschichte der Sekundarstufe I nach. Der vierte Beitrag schließlich untersucht, wie die Motivation und Emotionen von Sekundarstufenschüler:innen situational mit dem Einsatzes von Konnektoren in mathematischen Textaufgaben zusammenhängen. Die Befunde der vier Beiträge werden abschließend hinsichtlich der verständnis- sowie emotions- und motivationsförderlichen sprachlichen Gestaltung von Lerngegenständen diskutiert werden. Beiträge des Symposiums Der Ton macht die Musik!? – Bedeutsamkeit der Prosodie im Mathematikunterricht der Grundschule Zahlreiche empirische Befunde belegen den Zusammenhang sprachlicher und mathematischer Leistungen, insbesondere auch im Primarbereich (u. a. Bochnik & Ufer, 2016; Greisen et al., 2021; Kempert et al., 2011; Kempert et al., 2019; Merkert & Lenske, 2023; Paetsch et al., 2016; Ufer & Bochnik, 2020). Die Komplexität der im Mathematikunterricht verwendeten Sprache bzw. sprachbedingte Hürden (siehe dazu u. a. Brown, 2005; Daroczy et al., 2015; Dröse & Prediger, 2020; Franke & Ruwisch, 2010; Weis, 2013) betreffen dabei sowohl erst- als auch zweitsprachig aufwachsende Lernende (Prediger, 2013; Prediger et al., 2019). Diese sprachbedingten Hürden können auf rezeptiver Ebene bspw. im Kontext mündlicher Erklärsituationen im Mathematikunterricht zu Schwierigkeiten im Verstehensprozess von Lernenden führen. Neben der sprachlichen Komplexität auf lexikalischer und syntaktischer Ebene (Weis, 2013; Brown, 2005) wird die Informationsverarbeitung bei der Rezeption mündlicher Erklärungen allerdings auch durch die Prosodie beeinflusst, wie aus der psycholinguistischen Forschung abzuleiten ist (siehe Cutler, 1996; Cutler et al., 1997; Steinhauer et al., 1999). Zur Prosodie zählen bspw. Intonation, Akzentuierung und Sprechrhythmus (u. a. Bockmann et al., 2020; Steinhauer et al. 1999). Sie kann damit potenziell sowohl die Segmentierung des Lautstroms als auch die Identifikation wesentlicher durch den Satz transportierter Informationen erleichtern (z. B. durch die Hervorhebung von Schlüsselwörtern). Im Sinne der Cognitive Load Theorie (van Merrienboër & Sweller, 2005) sollte ein gezielter Einsatz prosodischer Merkmale selbst bei gleicher sprachlicher Gestaltung zur Reduzierung der kognitiven Belastung beitragen und somit den Lernprozess unterstützen sowie in der Folge die Verstehensleistung steigern. Anzunehmen sind außerdem Einflüsse auf motivationale Faktoren, die ihrerseits wiederum im Zusammenhang mit der Verstehensleistung stehen (Lau, 2017; Pichora-Fuller et al., 2016; Wade et al., 1999). Deshalb beschäftigt sich der vorliegende Beitrag mit der Frage, welchen Einfluss die Prosodie auf Motivation und Leistung im Mathematikunterricht der Grundschule hat. In einem experimentellen Design wurde eine Erklärung zur Einführung der japanischen Multiplikation bezüglich der Prosodie (insbesondere Intonation, Sprechgeschwindigkeit und Sprechpausen) variiert, während alle anderen sprachlichen Parameter (z. B. Begriffe, Konnektoren, Stimme bzw. sprechende Person, etc.) unverändert blieben. Um die Erklärung in den untersuchten Klassen hinsichtlich der sprachlichen Parameter zu standardisieren sowie bezüglich der Prosodie systematisch zu variieren, wurde die Erklärung in den beiden Varianten zuvor auf Video aufgezeichnet. Die zugrundeliegende Stichprobe unserer Pilotstudie umfasst 38 Schüler:innen der vierten Klasse (18 weiblich, 20 männlich). Eine Klasse lernte anhand der prosodisch günstig gestalteten Variante, während die Parallelklasse eine prosodisch ungünstig gestaltete Variante der Erklärung erhielt. Bevor die japanische Multiplikation erklärt wurde, wurde die fachliche Motivation (Skala zur Lernmotivation in Mathe, IGLU, 3 Items, alpha = .62) sowie die mathematische Leistung in Bezug auf die Multiplikation erfasst (Eigenentwicklung). Die beiden Klassen unterscheiden sich in diesen Variablen nicht signifikant (und auch deskriptiv nur marginal). Die aktuelle Motivation wurde mit einem Fragebogen zum situationalen Interesse erfasst (IMI, adaptiert, 7 Items, alpha = .73), die Mathematikleistung in Bezug auf die japanische Multiplikation mittels Papier-Bleistift-Test (Eigenentwicklung) und die. subjektiv empfundene Verständlichkeit der Erklärung ebenfalls per Fragebogen (Eigenentwicklung, 2 Items). Zur Analyse wurden Mittelwertsunterschiede berechnet. Es zeigt sich mittels Mann-Whitney-U-Test ein signifikanter Unterschied in Bezug auf das situationale Interesse (U = .012) sowie bei der subjektiven Einschätzung hinsichtlich der Verständlichkeit für sich selbst und andere (U = .010) zugunsten der prosodisch besseren Variante. Hinsichtlich der Leistung in Bezug auf die japanische Multiplikation zeigte sich kein signifikanter Effekt zwischen den beiden Bedingungen. Die Pilotstudie unterliegt verschiedenen Limitationen (z.B. Stichprobengröße). Dennoch verdeutlichen die Ergebnisse die Bedeutsamkeit der Prosodie, insbesondere in Bezug auf die aktuelle Motivation von Schüler:innen sowie die subjektiv empfundene Verständlichkeit. In Folgeuntersuchungen sollen differenzielle Effekte sowie Mediations- und Moderationseffekte untersucht werden. Kohärenzbildungshilfen in Erklärungen von Sportlehrkräften Theoretischer Hintergrund Empirische Studien weisen darauf hin, dass es einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen sprachlichen und fachlichen Kompetenzen von Schüler*innen im Fach Sport gibt (Krieger et al., 2019). Geht man davon aus, dass sprachliche Verstehensprozesse mit entsprechendem Lernerfolg einhergehen, so verweisen diese Befunde auch auf die Bedeutung verständlicher mündlicher Lehrkrafterklärungen im Sportunterricht (Krüger & Wahl, 2018). Eine kausale Betrachtung zwischen Merkmalen einer mündlichen Erklärung und dem fachlichen Verständnis von Schüler*innen, z. B. ihrem Spielverständnis, hat hier jedoch bis dato nicht stattgefunden. Dabei kann angenommen werden, dass die Verständlichkeit einer Erklärung insbesondere von Kohärenzbildungshilfen abhängt. So erscheint eine sprachliche Segmentierung (z. B. durch temporale Relationen, Averintseva-Klisch, 2008) insbesondere für die Erklärung sportlicher Handlungsfolgen bedeutsam, die durch eine zeitliche Struktur gekennzeichnet sind. Eine Segmentierung könnte die lerngegenstandsunabhängige kognitive Beanspruchung einer Erklärung hier verringern und so die Verstehensprozesse erleichtern (Schmitz, 2016; Sweller et al., 1998). Zudem scheinen abschließende Zusammenfassungen, in denen wesentliche Informationen einer Erklärung nochmals kondensiert formuliert werden, als Kohärenzbildungshilfe geeignet (Averintseva-Klisch, 2008). Dies erscheint insbesondere für Fach Sport bedeutsam, in dem das Reflektieren über (zusammenfassende) Situationsbeispiele eine zentrale Rolle spielt (z. B. Harvey & Jarrett, 2014). Unklar ist jedoch, welche Qualität diese zusammenfassenden Situationsbeispiele – etwa mit eher regelkonformen oder regelwidrigen Spielhandlungen – haben sollten. Auch könnten Erklärungen mit geringer sprachlicher Segmentierung stärker von Zusammenfassungen mit gelungenen Situationsbeispielen profitieren als Erklärungen mit höherer sprachlicher Segmentierung. Vor diesem Hintergrund stellen sich für den Beitrag folgende Forschungsfragen: (1) Inwieweit bedingt die sprachliche Segmentierung oder die Qualität der zusammenfassenden Situationsbeispiele das Spielverständnis von Schüler*innen? (2) Inwieweit moderiert die sprachliche Segmentierung den Einfluss der Qualität der zusammenfassenden Situationsbeispiele das Spielverständnis? Methode Es wurde eine experimentelle Studie mit N = 356 Schüler*innen der Klassenstufen 7 bis 9 und mit einem 2 × 2-Design durchgeführt. Dabei wurden die Kohärenzbildungshilfen sprachliche Segmentierung (hoch vs. gering) und Qualität der zusammenfassenden Situationsbeispiele (regelkonform vs. regelwidrig) systematisch im Rahmen einer Erklärung des Sportspiels Kinball variiert. Die Schüler*innen wurden randomisiert einer der vier verschiedenen Experimentalgruppen zugeordnet, die jeweils eine videographierte, ca. vierminütige mündliche Spielerklärung, betrachteten: EG1 = hohe Segmentierung + regelkonforme Situationsbeispiele; EG2 = geringe Segmentierung + regelkonforme Situationsbeispiele; EG3 = hohe Segmentierung + regelwidrige Situationsbeispiele; EG4 = geringe Segmentierung + regelwidrige Situationsbeispiele. Im Anschluss wurde erstens das Regelwissen über sieben MCQ-Items erhoben. Hier wurden jeweils nach einer kurzen Kontextualisierung vier Distraktoren präsentiert, die danach zu bewerten waren, ob regelkonforme oder regelwidrige Spielhandlungen beschrieben werden ( = .60). Zweitens wurde das Regelanwenden gemessen, indem die Schüler*innen nacheinander vier kurze videographierte Spielsituationen des Spiels Kinball betrachteten und im Anschluss beurteilten, ob und welcher Regelverstoß hier vorliegt. Die offenen Antworten wurden durch zwei unabhängige Rater codiert (Cohens Kappa im Bereich von .91 bis .99). Die Reliabilität beim Regelanwenden liegt bei = .61. Zur Analyse wurden Haupt- und Interaktionseffekte der Faktoren sprachliche Segmentierung und Qualität der zusammenfassenden Situationsbeispiele auf das Regelwissen und das Regelanwenden im Rahmen von Varianzanalysen betrachtet. Ergebnisse und Diskussion Die Befunde zeigen, dass das Regelwissen unterstützt wird, wenn die Erklärung mit regelwidrigen statt mit regelkonformen Spielsituationen zusammengefasst wird (F(1,354) = 4.59, p = .033, r = .11). Das Regelanwenden profitiert zudem von einer Kombination aus hoher sprachlicher Segmentierung und regelkonformen Situationsbeispielen, wie die Betrachtung des Interaktionseffekts zeigt (F(1,354) = 5.23, p = .022, r = .12). Der Grad der sprachlichen Segmentierung hat weder einen Haupteffekt auf das Regelwissen (F(1,354) = .04, p = .836) noch auf das Regelanwenden (F(1,354) = 0.45, p = .501). Insgesamt kann die Studie zu einem besseren Verstehen vermeintlich bedeutsamer sprachlicher Kohärenzbildungshilfen in mündlichen Erklärungen im Fach Sport beitragen. Ein Ausblick sowie Limitationen der Studie werden im Vortrag angeboten. Konnektoren, Explikation und nominale Rekurrenz als Kohärenzbildungshilfe in mündlichen Erklärungen im Fach Geschichte Obwohl der Geschichtsunterricht sich wesentlich durch mündliche Erklärungen (Ruck & Memminger, 2019) vollzieht, sind bislang v.a. schriftliche Schulbuchtexte dahingehend untersucht worden, wie zentrale Konzepte des Geschichtsunterrichts, v.a. ein fachadäquates Verständnis von Zeit und Zeitlichkeit, am besten an Schülerinnen und Schüler vermittelt werden kann. In historischen Erklärungen ist eine Auffassung von Zeit bedeutsam, die Kausalitäten in historischen Bedingungsgefügen und die Relativität von Erkenntnissicherheit als zentrale fachliche Konzepte beinhaltet. Bisherige Forschung konnte zeigen, dass für ein schülerseitiges Verstehen solcher fachlicher Bezüge die Art der Versprachlichung in Erklärungen bedeutsam ist (Schrader, 2013; Schmellentin, 2020). Hierbei haben sich u.a. Aspekte der Textkohärenz wie Konnektivität, aber auch der Grad der Explizitheit und nominale Rekurrenz als wichtige Dimensionen erwiesen. Für mündliche Erklärungen in unterrichtlichen Settings, die durch ihre Flüchtigkeit geprägt sind, liegen allerdings noch kaum Hinweise darauf vor, welche Art und welcher Grad an sprachlich ausgedrückter Verdeutlichung für welche Schüler_innen am optimalsten sind. In diesem Beitrag stellen wir erste Ergebnisse aus einem Pilotprojekt vor, das derzeit durchgeführt wird, zu dem aber zum Zeitpunkt der Präsentation Resultate vorliegen werden. Eine unterrichtstypische mündliche Erklärung zu einem für ein curricular nicht verankertes Themengebiet („Römische Stadtgründungen in Europa“) wird dazu systematisch in vier verschiedenen Versionen erstellt: A): eine Basisversion mit sehr sparsamer Verwendung von Kohärenzbildungsmarkern, B1): eine Version, in der gezielt Konnektoren eingesetzt werden, B2): eine Version, die nominal auf wichtige Elemente rekurriert, wo die anderen Versionen z.B. nur Proformen einsetzen und B3): eine Version, die fachlich bedeutsame Vorwissenskonzepte nicht, wie die anderen Versionen, voraussetzt, sondern sie erläutert. Schlussendlich soll untersucht werden, ob und wie stark die jeweiligen Kohärenzbildungsmarker sich auf ein geschichtsadäquates Verständnis der fachlichen Zusammenhänge auswirken. In der hier berichteten Pilotstudie soll explorativ untersucht werden, inwiefern der Einsatz kohärenzbildender Elemente auch tatsächlich auf Verständlichkeit von mündlich dargebotenen geschichtlichen Erklärungen wirkt; die bisherigen Erkenntnisse beziehen sich nämlich alle auf schriftliche Texte. Studierende unterschiedlicher Fächer hören verschiedene Versionen derselben mündlichen Erklärung und werden um ihre subjektive Einschätzung der Zugänglichkeit der jeweiligen Version gebeten. Sollte sich zeigen, dass die Erklärversionen mit Kohärenzbildungshilfen als einfacher verständlich wahrgenommen werden als die Basisversion ohne diese Hilfen, so lässt dies vermuten, dass sie sich in der Hauptuntersuchung auch auf die dort gemessene Verstehensleistung auswirken werden. In der Pilotierung werden dazu immer jeweils die Basisversion A und eine der anderen Textversionen (B1, B2 oder B3) in gesprochener Form Studierenden verschiedener Fächer in randomisierter Reihenfolge vorgespielt. Sie werden sodann in einem Fragebogen mit geschlossenen und halboffenen Frageformaten gebeten, intuitiv einzuschätzen, welche der beiden Versionen für sie besser verständlich erschienen. Zusätzlich wird erfragt, ob sie die Unterschiede zwischen den beiden gehörten Textversionen benennen können. Außerdem werden Hintergrundvariablen erhoben. Pro Bedingung und Reihenfolge der Texte werden jeweils ca. 30 Studierende befragt. Wir vermuten, dass die drei Versionen B1, B2 und B3 von den Teilnehmenden als besser zugänglich eingestuft werden als die Basisversion A. Außerdem haben wir die Annahme, dass B3, die fachliche Explizierung, von den Studierenden als am höchsten in der Zugänglichkeit gerankt wird. Der situationale Einfluss von Textkohärenz auf die Emotionen und Motivation von Schüler:innen während des Lösens mathematischer Textaufgaben Theoretischer Hintergrund Das Verstehen von Texten basiert maßgeblich auf Kohärenzbildung (Kintsch, 2009). Kommt es zu Fehlern in der Kohärenzbildung kann dies zu Fehlern in der weiteren Arbeit mit den Texten, bspw. bei der Bearbeitung mathematischer Textaufgaben, führen (Reusser, 1989). Eine Möglichkeit, die Kohärenzbildung zu unterstützen, ist die Verwendung von Kohärenzbildungshilfen, die inhaltliche Relationen von Sachverhalten verdeutlichen, fachliche Konzepte, Begriffe und Relationen explizieren oder wiederholen, und Texte strukturieren (Averintseva-Klisch, 2008; Linderholm et al., 2000; Neuber, 2002; Schmitz, 2016). Beispiel für Kohärenzbildungshilfen sind Konnektoren, mit denen sich (Teil-)Sätze und Abschnitte durch Konjunktionen (z.B. weil, obwohl) oder Adverbien (z.B. kaum, folgendermaßen) inhaltlich sinnvoll miteinander verbinden lassen. Während Forschungsbefunde zur Textverständlichkeit, die die Bedeutung solcher sprachlichen Merkmale betonen, vorliegen (z.B. Göpferich, 1998; Schmitz, 2016), ist bislang unzureichend untersucht, inwieweit Unterschiede in der Textkohärenz auch mit emotionalen und motivationalen Merkmalen der Lernenden zusammenhängen (Wirth et al., 2022). Auf Grundlage der Kontroll-Wert-Theorie (Pekrun, 2006) und der (situationalen) Erwartungs-Wert-Theorie (Eccles, 1983; Eccles & Wigfield, 2020) ist ein solcher Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Kohärenzhilfen mit der emotionalen und motivationalen Befindlichkeit der Lernenden anzunehmen. Durch die verständnisfördernde Funktion ist beispielsweise von höherer subjektiver Kontrolle über Textaufgaben auszugehen, die mit positiven Emotionen, wie Freude oder Hoffnung, einhergeht. Auch ist ein höheres und motivationsförderliches Kompetenzerleben erwartbar und damit einhergehende höhere Erwartungen, Textaufgaben erfolgreich bewältigen zu können. Erfolgserwartungen wiederum gelten u.a. als Prädiktor einer höheren Anstrengungsbereitschaft. Bei Lernenden, für die schulische Erfolge von hoher Bedeutung sind, kann auf diese Weise die Konstruktion von Nützlichkeits- und Wichtigkeitswerten gefördert werden. Zudem ist anzunehmen, dass die Arbeit mit kohärenten Texten mit geringeren Anstrengungskosten und einer geringeren Beanspruchung kognitiver Ressourcen einhergeht, die als negative Aufgabenwerte eher motivationshinderlich sind. Fragestellungen Basierend auf dem theoretischen Hintergrund untersucht diese Studie, (1) wie sich – zunächst grundlegend – die Emotionen und die Motivation von Schüler:innen situational während des Lösens mathematischer Textaufgaben entwickeln, und, (2) inwieweit sich differentielle Verläufe in den Emotionen und der Motivation in Abhängigkeit des Einsatzes von Konnektoren in mathematischen Textaufgaben identifizieren lassen. Da nachweislich insbesondere für sprachschwache Schüler:innen einen höheren Nutzen aus Kohärenzmitteln ziehen (Prediger et al., 2012) wird außerdem untersucht, (3) inwieweit die sprachlichen Kompetenzen der Schüler:innen in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen. Methode Die dieser Studie zugrundliegenden Daten wurden durch eine Online-Befragung mit N = 83 Schüler:innen der Klassen 7 bis 10 einer niedersächsischen Gesamtschule erhoben. Im Rahmen eines experimentellen Untersuchungsdesigns wurden sechs mathematische Textaufgaben zu verschiedenen Themen sprachlich so manipuliert, dass sie jeweils einmal mit Konnektoren und einmal ohne Konnektoren vorlagen. Die Schüler:innen bearbeiteten vier dieser Textaufgaben in zwei Blöcken (2x2 Aufgaben), die ihnen pro Block zufallsbasiert entweder mit oder ohne Verwendung von Konnektoren vorgelegt wurden. Die sprachliche Kompetenz der Schüler:innen wurde durch einen verkürzten C-Test erfasst. Emotionen und Motivation wurden zu drei Zeitpunkten – vor, zwischen und nach den Aufgabenblöcken – erfasst. Ergebnisse Bezüglich (1) zeigt sich keine signifikante Veränderung in der Entwicklung der Emotionen und Motivation für die Gesamtstichprobe während des Lösens der mathematischen Textaufgaben. Auch die systematische Variation des Einsatzes von Konnektoren hat (2) keine differentiellen Entwicklungsverläufe gezeigt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die sprachlichen Kompetenzen der Schüler:innen relevant dafür sind, inwieweit der Einsatz von Konnektoren die emotionalen und motivationalen Merkmale begünstigt. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der Relevanz sprachlicher Gestaltung von Lernaktivtäten im Unterricht für Leistungen sowie das emotionale Wohlbefinden und die Motivation von Schüler:innen diskutiert. |