Symposium
Digitale Kompetenzen angehender Lehrkräfte: Wie können wir Lehramtsstudierende für die digitale Lehre vorbereiten?
Chair(s): Steffen Wild (Technische Universität Dortmund, Deutschland), Sonja Hahn (Hochschule Darmstadt)
Diskutant*in(nen): Rebecca Lazarides (Universität Potsdam)
Deutsche Schülerinnen und Schüler in der Klasse 8 weisen in der ICLIS Studie eine zwischen 2013 und 2018 stagnierende und im internationalen Vergleich mittelmäßig ausgeprägte computer- und informationsbezogene Kompetenz auf (Eickelmann et al., 2019). Weiter zeigt sich im internationalen Vergleich, dass an deutschen Schulen noch immer selten digitale Technologien genutzt werden (Schaumburg et al. 2019). Hierbei ist die Vermittlung von Fähigkeiten in der digitalen Lehre bereits bei angehenden Lehrkräften wichtig (Lachmann et al., 2023), da viele Lehramtsstudierende über vergleichsweise geringe digitale Kompetenzen verfügen (Senkbeil et al., 2020) und lediglich Gymnasiallehramtsstudierende höhere Leistungsmerkmale aufweisen (Neugebauer, 2020) .
Im wissenschaftlichen Diskurs werden hierfür verschiedene Wirkfaktoren diskutiert: Neben der unzureichenden technischen Ausstattung der Schulen werden das Professionswissen der Lehrkräfte, die Einstellungen der Lehrkräfte zu digitalen Technologien im Unterricht und die Motivation der Lehrkräfte als Einflussfaktoren auf die Nutzung digitaler Technologien angesehen, was die zentrale Rolle der Lehrkräfte in dieser Thematik unterstreicht (Baumert & Kunter, 2006; Backfisch et al., 2020; BMBF, 2022; Bürger et al., 2021; Scherer & Teo, 2019). Hierbei betont das Rahmenmodell zur didaktisch sinnvollen Integration digitaler Medien im Unterricht (als Weiterentwicklung des Angebots-Nutzungsmodells) ebenfalls den wichtigen Stellenwert der Lehrkräfte in diesem Prozess (Helmke & Schrader, 2014; Lachner et al., 2020). Es wird postuliert, dass die Qualität des Unterrichtsprozesses, das Lehr-Lernmaterial (Angebot) sowie die Lernaktivitäten zusammen mit der Lernzeit (Nutzen) entscheidend für den Ertrag sind (Lachner et al., 2020). Empirische Befunde, dass beispielsweise Schulmerkmale vermittelt über Lehrkräftemerkmale zur digitalen Mediennutzung beitragen (Quast et al., 2021), erhärten diese Annahmen und unterstreichen die Relevanz des Themas und die Rolle der Lehrkraft. Das vorliegende Symposium umfasst daher empirische Studien zur Erfassung und Entwicklung digitaler Kompetenzen bei Lehramtsstudierenden und zeigt auf, wo bereits Fortschritte erreicht wurden, und wo weitere Entwicklungsmöglichkeiten und -bedarfe sind.
Der erste Beitrag untersucht längsschnittlich die Veränderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen im Rahmen eines Masterstudienganges sowohl mit offenen Wissensitems als auch anhand Selbstwirksamkeit und Nützlichkeitsüberzeugungen. Es zeigt sich, dass sowohl die Kompetenzen als auch die Selbstwirksamkeit während des Studiums ansteigt, die Nützlichkeitsüberzeugungen jedoch nicht.
Der zweite Beitrag fokussiert motivationale Komponenten im Umgang mit digitalen Medien. Insbesondere praktische Erfahrungen und die Beobachtung von Modellen sind wichtig für die Entwicklung von Selbstwirksamkeit für das Lehren und Lernen mit digitalen Medien.
Im letzten Beitrag liegt der Fokus auf dem wahrgenommenen Bedarf bezüglich medienbezogener Lehrkompetenzen bei Lehramtsstudierenden. Hier wird differenziert untersucht, wie Studierendencharakteristika und Studienfortschritt mit dem Bedarf medienbezogener Lehrkompetenzen zusammenhängen. Insgesamt berichten die Studierenden einen sehr hohen Bedarf an medienbezogenen Lehrkompetenzen, der noch einmal genauer nach Studienfortschritt und -Charakteristika aufgeschlüsselt wird.
Beiträge des Symposiums
„Alles eine Frage der Zeit?“ – Entwicklung von digitalisierungsbezogenem Professionswissens bei angehenden Lehrpersonen
Ulrike Franke1, Iris Backfisch1, Armin Fabian1, Leonie Sibley1, Patrizia Breil2, Katharina Scheiter3, Andreas Lachner1 1Eberhard Karls Universität Tübingen, 2Ruhr-Universität Bochum, 3Universität Potsdam
Theoretischer Hintergrund
Das Unterrichten mit digitalen Technologien wird als ein wichtiges Unterfangen angesehen, um neben fachlichen auch medienbezogene Kompetenzen von Schüler*innen zu fördern. Ein wichtiger Bestandteil beruflicher Professionalisierung von Lehrpersonen ist daher der Erwerb von digitalisierungsbezogenem Professionswissen, das Lehrpersonen dazu befähigt digitale Medien elaboriert im Unterricht einzusetzen. Basierend auf allgemeinen Modellen zum Professionswissen (Baumert & Kunter, 2006) umfasst das digitalisierungsbezogene Professionswissen (angehender) Lehrpersonen u.a. technologisch-pädagogisches Professionswissen (TPK; Mishra & Koehler, 2006) sowie TPK-Selbstwirksamkeitserwartung und Nützlichkeitseinschätzungen gegenüber dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht (Backfisch et al., 2020; Scherer & Teo, 2019). Über unterschiedliche Bildungssysteme hinweg gibt es jedoch große Unterschiede in der Art und Weise, wie angehende Lehrpersonen systematisch auf das Unterrichten mit digitalen Medien vorbereitet werden. Diese Diskrepanzen sind möglicherweise darauf zurückzuführen, dass es bislang wenig Forschung gibt, wie sich TPK, TPK-Selbstwirksamkeitserwartungen und die Einschätzung der Nützlichkeit von digitalen Medien im Unterricht während der Ausbildung von angehenden Lehrpersonen entwickeln. Vor diesem Hintergrund wurde ein innovatives Curriculum entwickelt, das die Förderung von digitalisierungsbezogenem Professionswissen angehender Lehrpersonen fokussiert. Mit der vorliegenden Studie wurde untersucht, inwiefern sich das Wissen (d.h., TPK) und die motivationale Orientierung (d.h., TPK-Selbstwirksamkeitserwartung und Einschätzung der Nützlichkeit von digitalen Medien im Unterricht) bei angehenden Lehrpersonen über die Zeit des Lehramtsstudiums im Master of Education hinweg verändert.
In Anlehnung an die Aggregationshypothese (Choy et al., 2013, Stürmer, Seidel, & Holzberger, 2016) wird ein linearer Anstieg des (1) technologisch-pädagogischen Professionswissens (TPK) sowie der (2) TPK-Selbstwirksamkeitserwartung und (3) der Nützlichkeitseinschätzung gegenüber dem Einsatz digitaler Medien angenommen.
Methode
Um die Entwicklungen des digitalisierungsbezogenen Professionswissens zu erfassen, wurden in einem längsschnittlichen Design über zwei Kohorten hinweg Daten von insgesamt N = 77 Lehramtsstudierenden des Masters of Education erhoben (durchschnittliches Alter über beide Kohorten: M = 24.62 Jahre (SD = 3.33)). Die Erhebung umfasste drei Messpunkte je Kohorte über einen Zeitraum von vier Semestern. Der erste Messzeitpunkt fand zu Beginn des Masterstudiums, der zweite Messzeitpunkt zu Beginn des dritten Mastersemesters und der dritte Messzeitpunkt zum Studiumsabschluss am Ende des vierten Semesters statt.
Zur Erfassung von TPK wurde ein integratives Testformat mit acht offenen Items entwickelt, um mediendidaktisches und medienkritisches Wissen in Form von textbasierten Unterrichtsvignetten zu erheben (siehe Lachner et al., 2021 für ähnliche Ansätze). Die Antworten der offenen Items wurden inhaltsanalytisch ausgewertet. 20 % der Antworten wurden von drei Raterinnen bewertet. Die Interrater-Übereinstimmung (zweiseitige Zufallseffekte, absolute Übereinstimmung, Einzelmessung) war sehr gut, ICC = .863. Die TPK-Selbstwirksamkeitserwartung wurden mit Messinstrumenten von Schmidt et al. (2009) mittels vierstufiger Ratingskalen erhoben (“1 = trifft gar nicht zu”, “4 = trifft voll zu”). Die Einschätzung der Nützlichkeit von digitalen Medien im Unterricht wurde mit Messinstrumenten von Backfisch et al. (2020) mit einer vierstufigen Skalierung (“1 = trifft gar nicht zu”, “4 = trifft voll zu”) erhoben. Um die Veränderung über die drei Messzeitpunkte hinweg zu modellieren, wurden lineare gemischte Modelle angewendet mit jeweils TPK, TPK-Selbstwirksamkeit und der Nützlichkeitseinschätzung digitaler Medien im Unterricht als abhängige Variable.
Ergebnisse und Diskussion
Die Ergebnisse zeigen einen signifikant linearen Zuwachs von (1) TPK (Estimate = 0.288, SE = 0.193, p = .00) und (2) TPK-Selbstwirksamkeit (Estimate = 0.220, SE = 0.092, p = .02) über die drei Messzeitpunkte hinweg. Für die (3) Einschätzung der Nützlichkeit digitaler Medien im Unterricht konnte kein signifikant linearer Zuwachs über die drei Messzeitpunkte hinweg festgestellt werden (Estimate = -0.015, SE = 0.089, p = .87). Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass digitalisierungsbezogenes Professionswissen angehender Lehrpersonen curricular gefördert werden kann. Gleichzeitig bleibt bislang offen, inwiefern im Rahmen des Curriculums unterrichtsbezogene Kontexte stärker eine Rolle spielen sollten, um Nützlichkeitsüberzeugungen zur Integration von digitalen Technologien bei angehenden Lehrkräften zu unterstützen (Backfisch et al., 2020, Grossmann et al., 2009).
Antezedenzien digitalisierungsbezogener Selbstwirksamkeitsüberzeugung und motivationaler Orientierung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht bei Lehramtsstudierenden
Robert Grassinger, Angelika Dickomeit, Gerda Bernhard Pädagogische Hochschule Weingarten
Theoretischer Hintergrund
Die Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen im Rahmen des Lehramtsstudiums wird als ein Desiderat der Lehrerbildung angesehen (McGarr & McDonagh, 2019; Schleicher, 2020). Mit dem DigCompEdu (Ghomi & Redecker, 2019) sind Wissen und Skills für Lehrkräfte beschrieben. Ergänzend dazu argumentieren wir in Anlehnung an das Professionsmodell einer Lehrkraft (Baumert & Kunter, 2006), dass digitalisierungsbezogene Selbstwirksamkeitsüberzeugung und motivationale Orientierung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht weitere bedeutsame Faktoren digitalisierungsbezogener Kompetenzen von Lehrkräften darstellen (vgl. Vogelsang et al., 2019). Wenig untersucht ist, wie digitalisierungsbezogene Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und motivationale Orientierung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht positiv im Rahmen eines Lehramtsstudiums beeinflusst werden können.
Hypothesen
Nach der sozial-kognitiven Lerntheorie von Bandura (1997) begünstigen insbesondere eigene und stellvertretende (Beobachtung anderer) Erfahrungen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen. Entsprechend wird angenommen, dass sowohl bisherige eigene Erfahrungen im Einsatz digitaler Medien (z.B. im Unterricht) als auch die Beobachtung von Lehrenden hierbei mit einer digitalisierungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugung von Lehramtsstudierenden positiv assoziiert sind (H1).
Die Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991) verweist mitunter auf die Relevanz positiver Einstellungen gegenüber einem Verhalten sowie einer Selbstwirksamkeitsüberzeugung für eine Verhaltensintention. Orientiert daran nehmen wir an, dass sowohl positive Einstellungen zu digitalen Medien im Unterricht als auch digitalisierungsbezogene Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bedeutsam mit der motivationalen Orientierung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht (als Indikator für die Verhaltensintention) in Zusammenhang stehen (H2).
Methode
Im Rahmen des vom BMBF-geförderten Entwicklungsvorhaben „Teacher Education goes Digital“ (TEgoDi) wurden Lehramtsstudierende (N=53; 23 BA-Studierende, 30 MA-Studierende) befragt. Fehlende Werte wurden auf Itemebene zu maximal 5% beobachtet und multiple imputiert. Zur Prüfung der beiden Hypothesen wurde ein Pfadmodell geschätzt, bei dem zum einen die digitalisierungsbezogene Selbstwirksamkeitsüberzeugung (α= .939) regressiert wurden auf eigene Erfahrungen (Häufigkeit, single Item) und stellvertretende Erfahrungen im Einsatz digitaler Medien im Unterricht (α= .934). Zum anderen wurde die motivationale Orientierung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht (α= .902) regressiert auf positive Einstellung zur Nutzung digitaler Medien (α= .811) und die digitalisierungsbezogene Selbstwirksamkeitsüberzeugung.
Ergebnisse
Das Pfadmodell zeigte einen guten Modelfit (CFI=.977; TLI=.947;RMSEA =.079).Die Lehramtsstudierenden berichteten hypothesenkonform eine höhere digitalisierungsbezogene Selbstwirksamkeitsüberzeugung, je mehr eigene Erfahrungen sie im Einsatz digitaler Medien in der Lehre (im Rahmen von Hochschulseminaren) sowie im Unterricht (im Rahmen von Praktika) hatten (β = .27, p = .032) und je mehr sie ihre Lehrenden als Rollenmodelle hierbei beobachten konnten (stellvertretende Erfahrungen) (β = .32, p = .001).
Die Befunde zur zweiten Hypothese zeigten, dass wie angenommen die motivationale Orientierung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht korrespondierte mit einer positiven Einstellung zu digitalen Medien (β = .26, p = .014) sowie der digitalisierungsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugung (β = .54, p < .001).
Resümierend geben die Befunde Hinweise zur Relevanz der Ermöglichung eigener Lehr-Lernerfahrungen mit digitalen Medien und der Wahrnehmung von Rollenvorbildern zur Förderung motivationaler digitalisierungsbezogener Kompetenzfacetten – sowohl im Rahmen von Praktika als auch im Rahmen universitärer Lehrveranstaltungen.
Studentische Bedarfe an medienbezogenen Lehrkompetenzen im Lehramtsstudium: Differenzielle Effekte studienbezogener Faktoren
Jan Henning-Kahmann Pädagogische Hochschule Freiburg
Um Schülerinnen und Schüler beim Erwerb erforderlicher Kompetenzen für den Umgang mit digitalen Medien adäquat zu unterstützen und diese lernförderlich im Unterricht einzusetzen, benötigen Lehrkräfte nicht nur eigene Medienkompetenzen, sondern vor allem medienbezogene Lehrkompetenzen, d. h. pädagogisch-didaktische Kompetenzen zur Gestaltung von mediengestütztem Unterricht (FLDCB, 2017). Dementsprechend wird die Vermittlung digitaler Lehrkompetenzen als „Querschnittsaufgabe“ für alle Phasen der Lehrkräftebildung beschrieben und insbesondere als Aufgabe der Curriculumentwicklung an den Hochschulen verortet (Scheiter & Lachner, 2019). Dass der Erwerb solcher Kompetenzen auch von (angehenden) Lehrkräften selbst als relevant erachtet wird, zeigt sich in Befunden, nach denen sie sich eine bessere Vorbereitung auf das Lehren und Lernen mit digitalen Medien wünschen (Lorenz, Endberg & Eickelmann, 2019). Für eine zielgruppenorientierte Gestaltung hochschulischer Maßnahmen zur Förderung medienbezogener Lehrkompetenzen im Studium ist es somit erforderlich, die individuellen Bedarfe auf Seiten der Studierenden konkret zu identifizieren, etwa mittels eines geeigneten Fragebogens (Henning-Kahmann & Hellmann, 2023b). Während für selbsteingeschätzte medienbezogene (Lehr-)Kompetenzen vermehrt Befunde hinsichtlich relevanter Einflussfaktoren wie Studienfortschritt (Weidlich & Kalz, 2023), Schulform (Caruso, Heldt & Drossel, 2022), Fächergruppen (Brändle, Sotiriadou & Zinn, 2023) und Fortbildungsmöglichkeiten (Runge, Lazarides, Rubach & Richter, 2022) vorliegen, ist jedoch unklar, ob sich vergleichbare Zusammenhänge und Unterschiede auch in den individuellen, studentischen Bedarfen widerspiegeln, die aus wahrgenommenen Kompetenzdefiziten i.d.R. hervorgehen. Daher geht dieser Beitrag folgenden Forschungsfragen nach:
F1) Unterscheiden sich Lehramtsstudierende der Primar- und Sekundarstufe, verschiedener Fächergruppen sowie mit bzw. ohne inner-/außercurricularen Lerngelegenheiten bezüglich digitaler Medien in ihren Bedarfen an medienbezogenen Lehrkompetenzen?
F2) Hängt das Ausmaß der Bedarfe an medienbezogenen Lehrkompetenzen vom Studienfortschritt der Studierenden ab?
F3) Zeigen sich differenzielle Effekte des Studienfortschritts auf die Bedarfe an medienbezogenen Lehrkompetenzen hinsichtlich Studiengang, Fächergruppe und inner-/außercurricularen Lerngelegenheiten?
Zur Analyse wurden Daten von N = 232 Lehramtsstudierenden einer Onlinebefragung genutzt, die 2021 an der PH Freiburg erhoben wurden. Das Instrument umfasst 19 Items, mit denen die Bedarfe in den fünf Faktoren „Planung“, „Entwicklung“, „Realisierung“, „Evaluation“, und „Sharing“ über eine fünfstufige Likert-Skala erhoben werden (Henning-Kahmann & Hellmann, 2023a). Neben studienbezogenen Angaben (Studienfortschritt, Lehramtsstudiengang, Fächer) wurde auch erfasst, in welchem Umfang die Befragten bereits inner- bzw. außercurriculare Lerngelegenheiten (Lehrveranstaltungen bzw. Fortbildung) zu digitalen Medien sowie medienbezogenen Lehrkompetenzen hatten. Die Daten wurden in latenten Strukturgleichungsmodellen mittels multipler linearer bzw. moderierter Regressionsanalysen ausgewertet.
Deskriptive Analysen ergaben für alle medienbezogenen Lehrkompetenzen (sehr) hohe Bedarfe (M = 3.88 bis M = 4.47). Bezüglich der Forschungsfragen zeigten die Analysen, dass sich die Bedarfe an medienbezogenen Lehrkompetenzen unter Kontrolle des Studienfortschritts nicht zwischen Lehramtsstudierenden der Primar- und Sekundarstufe, verschiedener Fächergruppen sowie mit bzw. ohne inner-/außercurriculare Lerngelegenheiten zu digitalen Medien (F1) unterscheiden. Unter Kontrolle der übrigen Variablen weist der Studienfortschritt (F2) jedoch einen signifikanten Effekt auf die Bedarfe in den Bereichen „Realisierung“ (β = 0.16, p = .037) und „Sharing“ (β = 0.17, p = .037) auf. Durch die moderierten Regressionsanalysen (F3) konnte für die Bereiche „Planung“ (β = -0.47, p = .035), „Entwicklung“ (β = -0.53, p = .017) und „Evaluation“ (β = -0.43, p = .047) ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen Lehramtsstudiengang und Studienfortschritt nachgewiesen werden, wonach Studierende der Primarstufe einen vermehrten Bedarf in höheren Semestern angeben, während dies bei Studierenden der Sekundarstufe I in niedrigeren Semestern der Fall ist. Zudem zeigten sich konditionale Effekte des Studienfortschritts, wonach Studierende der Primarstufe in allen fünf Bereichen einen vermehrten Bedarf in höheren Semestern aufweisen und Studierende ohne inner-/außercurriculare Lerngelegenheiten bzgl. eigener Medienkompetenzen mit zunehmendem Studienfortschritt einen größeren Bedarf in den Bereichen „Realisierung“ (β = 0.18, p = .041) und „Sharing“ (β = 0.22, p = .013) angeben. Die Ergebnisse liefern erste Hinweise bezüglich relevanter Einflussfaktoren auf studentische Bedarfe an medienbezogenen Lehrkompetenzen im Studium, die es vor dem Hintergrund einer zielgruppenorientierten Gestaltung hochschulischer Fördermaßnahmen zu diskutieren gilt.
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