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Sitzungsübersicht
Sitzung
P20: Neue Wege aus alten Krisen: Innovationen im Journalismus und ihr demokratietheoretisches Potenzial für die Gesellschaft von morgen
Zeit:
Freitag, 15.03.2024:
9:00 - 10:30

Chair der Sitzung: Klaus Meier
Ort: C03-LG 1 | HS 4 (0121)

Personen: 96

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Präsentationen

Neue Wege aus alten Krisen: Innovationen im Journalismus und ihr demokratietheoretisches Potenzial für die Gesellschaft von morgen

Chair(s): Klaus Meier (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland)

Wissenschaftliche Studien und Aussagen von Journalist:innen befürchten häufig, dass der digitale Wandel des Journalismus seine normativen Funktionen in der Demokratie beschädigt (z.B. Jarren/Fischer 2023). Der Wandel sei überwiegend markt- und technologiegetrieben, sagen Journalist:innen in Befragungen (z.B. Ferrucci/Perreault 2021), und es wird auf den ökonomischen Druck in Redaktionen und auf Sparmaßnahmen in Medienunternehmen verwiesen. Eine Analyse konstatierte sogar ein „normatives Versagen“ journalistischer Reaktionen auf Veränderungen, weil die befragten Journalist:innen sich nicht mehr in der Lage sahen, ihre Aufgaben für die Gesellschaft auszuführen (Siegelbaum/Ryan 2016).

In einem solchen negativen Strudel des Wandels werden in der Regel auch Innovationen im Journalismus verortet (vgl. u.a. die genannte Literatur; zur Definition von Innovationen im Journalismus vgl. XXX 2022, 700f.). Unser Panel korrigiert dieses Bild: Anhand von vielfältig empirisch erhobenen Daten, theoretischen Analysen und normativen Verortungen zeigen wir auf, dass Innovationen tatsächlich die demokratische Funktion des Journalismus in vielfältiger Weise stärken. Eine Konsequenz, die wir für die Journalismustheorie daraus ziehen, ist die Differenzierung zwischen Wandel und Innovation: Während Wandel im Allgemeinen zu „normativem Versagen“ führen kann, haben Innovationen das gegenteilige Potential und stärken die Vision einer lebendigen Demokratie für die Gesellschaft von morgen.

Aus den vielfältigen Perspektiven der Vorträge lassen sich positive Leitbilder, Ideen und Konzepte für Journalismus herausarbeiten. Es werden aus Fallstudien etliche Beispiele für Innovationen aus europäischen Demokratien aufgezeigt. Die Innovationen stehen für Journalismuskonzepte als Zukunftsvisionen, wohin sich Journalismus entwickeln sollte, wenn er die Qualität des Journalismus und demokratische Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität/Teilhabe (McQuail 1992) stärken soll.

Die Vorträge in diesem Panel basieren auf einem größeren Forschungszusammenhang u.a. mit folgenden Teilprojekten: Aus einem internationalen Verbundprojekt u.a. mit 100 Fallstudien zu Innovationen im Journalismus in fünf Ländern leiten wir Erkenntnisse zum Einfluss von Innovationen im Journalismus auf Qualität und Demokratie ab. Eine Dissertation wirft einen genaueren Blick auf einen spezifischen Innovationsbereich – den der Diversity: Theoretisch-analytisch wird geklärt, welche Potenziale und Risiken das Konzept der strukturellen Diversität für Redaktionen und in Konsequenz für die demokratische Funktion des Journalismus haben kann.

Im zweiten Teil des Panels wenden wir den Blick auf das Publikum: Eine Dissertation ergründet die bislang nicht untersuchte Fragestellung, ob bzw. wie Innovationen im Journalismus vom Publikum wahrgenommen werden – und ob auch aus Sicht der Nutzer:innen Innovationen die Qualität des Journalismus stärken. Der vierte Vortrag präsentiert Erkenntnisse aus einer methodisch kreativen Weiterentwicklung des Konzepts des Konstruktiven Journalismus als Innovation: In Kooperation mit dem Media Lab Bayern wurde ein Prototyp zur konstruktiven Mediennutzung durch das Publikum entwickelt und in einer akademischen Abschlussarbeit an Probanden getestet.

Jarren, O./Fischer R. (2023): Demokratische Öffentlichkeit – eine medienpolitische Gestaltungsaufgabe. In: J. Legrand et al. (Hg.): Welche Öffentlichkeit brauchen wir? Zur Zukunft des Journalismus und demokratischer Medien. Springer VS, 9–20.

McQuail, D. (1992): Media performance: Mass communication and the public interest. Sage.

Patrick Ferrucci, P./Perreault, G. (2021): The Liability of Newness: Journalism, Innovation and the Issue of Core Competencies. In: Journalism Studies 22(11), 1436–1449.

Siegelbaum, S./Ryan, T.J. (2016): Putting the Work (back) into Newswork. Searching for the sources of normative failure. In: Journalism Practice 10(3), 387–404.

XXX (2022).

 

Beiträge des Symposiums

 

Innovationen im Journalismus: Einfluss auf Qualität und Demokratie

Michael Graßl1, Klaus Meier1, Andy Kaltenbrunner2, Renée Lugschitz2
1Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland, 2Medienhaus Wien/CMC-Institut, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, Österreich

In einem dreijährigen Forschungsprojekt untersuchten wir Innovationen im Journalismus in Österreich, Deutschland, Spanien, der Schweiz und Großbritannien. Die Analysen basieren auf 100 Fallstudien, die u.a. durch insgesamt 232 Leitfadeninterviews erforscht wurden (vgl. zur Konzeption XXX 2022). Aus den Ergebnissen greift dieser Vortrag diejenigen Aspekte auf, die Antworten auf bislang wenig beachtete Fragen geben: Inwieweit beeinflussen Innovationen die Qualität des Journalismus? Wie wirken sie sich auf seine Funktion in demokratischen Gesellschaften aus? Die in der Studie identifizierten Innovationen werden Qualitätsdimensionen von Journalismus (u.a. Arnold 2009) und Modellen von demokratischer Öffentlichkeit (Ferree et al. 2002) zugeordnet. Die Ergebnisse zeigen: Der demokratische Wert von Innovationen liegt u.a. darin, digitale Möglichkeiten zur Verbesserung des Journalismus zu nutzen, aber vor allem darin, Bedrohungen für die Demokratie durch das digitale Medienuniversum zu verringern. Innovationen bringen u.a. Tiefe und Vielfalt und sie betonen die originale Berichterstattung.

Arnold, K. (2009): Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum. UVK.

Ferree, M. M. et al. (2002): Four Models the Public Sphere in Modern Democracy. In: Theory and Society, 31 (3), 289–324.

XXX (2022).

 

Strukturvielfalt in den Redaktionen für einen besseren Journalismus? Potenziale des Diversitykonzeptes als Innovation

Maike Körner
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland

Der Begriff Diversity wird in allen möglichen Umgebungen als Trendbegriff verwendet. Seit einigen Jahren spielt Diversity Management, also der Umgang mit vielfältigen sozialen Hintergründen der Mitarbeitenden, auch im Journalismus eine wichtige Rolle und wurde sogar als eine der wichtigsten Innovationen identifiziert (XXX 2022). Dennoch ist durch die Alltagsverwendung des Begriffs „Diversity“ der Gebrauch des Wortes willkürlich geworden. Der Begriff wird sogar kritisiert: Er fokussiere zu sehr auf die Unterschiede der Individuen, was eine gewisse Ungleichheit schaffe (Hofmann 2012). Welche Potenziale und Risiken birgt das Konzept für den Journalismus? Fokussiert es zu stark Ungleichheiten und trennt Menschen? Oder kann es Meinungsvielfalt und damit eine Festigung der Demokratie fördern? Der Vortrag analysiert das Konzept und die Potenziale, die Diversity für journalistische Redaktionen hat – im Hinblick auf ihre Funktion in einer demokratischen Gesellschaft.

Hofmann, R. (2012): Gesellschaftstheoretische Grundlagen für einen reflexiven Umgang mit Diversitäten in Organisationen. In: R. Bendl et al. (Hg.): Diversität und Diversitätsmanagement. facultas, 23–60.

XXX (2022).

 

Ist neu auch besser? Zur Wahrnehmung von Innovationen im Journalismus aus Nutzer:innen-Perspektive

Korbinian Klinghardt
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland

Aus einem normativ-demokratietheoretischen Journalismusverständnis (u.a. McQuail 1992) und aus dem größeren Forschungszusammenhang dieses Panels lässt sich annehmen, dass Innovationen im Journalismus die Qualität der Berichterstattung verbessern. Doch wie beurteilt das Publikum Innovationen? Welche Innovationen im Journalismus werden überhaupt wahrgenommen? Wie bewerten sie den Einfluss der wahrgenommenen Innovationen auf die journalistische Qualität? Der Vortrag stellt erste empirische Befunde einer qualitativen Nutzer:innen-Befragung (N=24) vor. Sie zeigen, dass die Qualitätserwartungen und -ansprüche des Publikums grundsätzlich auf die Ebene der Kommunikator:in und auf die Ebene des journalistischen Angebots/Produkts abzielen. Die Wahrnehmung und Bewertung der Innovationsbereiche fällt unterschiedlich aus. Während zum Beispiel datenjournalistische Angebote, Angebote auf Social Media und investigativ-journalistisch arbeitende Satireformate (z.B. das ZDF Magazin Royale) intensiv genutzt werden und aus Sicht der Nutzer:innen u.a. die journalistische Vielfalt erhöhen, werden konstruktiv-journalistische Angebote noch eher wenig genutzt, dafür aber umso stärker eingefordert.

McQuail, D. (1992): Media performance: Mass communication and the public interest. Sage.

 

Mittel gegen News Avoidance: Entwicklung eines innovativen Tools als Prototyp für konstruktive Mediennutzung

Pia Eichinger, Klaus Meier
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland

Studien verweisen darauf, dass Journalismus eine negative Weltsicht verbreitet und u.a. deshalb News Avoidance zunimmt (z.B. Villi et al. 2022). Das ist ein erhebliches Problem für eine gelingende Demokratie, die eine informierte Bürgerschaft voraussetzt. Als Gegenmittel wird der konstruktive Journalismus als Innovation im Journalismus propagiert; er wurde schon vielfältig wissenschaftlich untersucht (z.B. Thier/Namkoong 2023). Wir sind einen methodisch kreativen Schritt weitergegangen – und zwar Richtung Publikum: Ein Tool zur konstruktiven Mediennutzung wurde als Prototyp entwickelt und mit fünf Proband:innen getestet (mit qualitativer Beobachtung und nachgelagerten Interviews). Die Entwicklung des Tools mit der Methode des Prototypings lehnte sich an erste ähnliche Angebote im deutschen Journalismus an (z.B. Opinary beim Spiegel oder Stimmungskurven bei der Zeit), kombinierte und erweiterte sie. Ergebnisse u.a.: Das Tool trägt zwar dazu bei, das eigene Nutzungsverhalten zu reflektieren, und dabei steigt durch passende Verweise auf konstruktive Artikel die Bereitschaft zur Nutzung journalistischer Beiträge. Die Anwendung kann aber im Detail weiterentwickelt werden.

Thier, K./Namkoong, K. (2023): Identifying Major Components of Solutions-Oriented Journalism: A Review to Guide Future Research. In: Journalism Studies, 24 (12), 1557-1574.

Villi, M. et al. (2022): Taking a Break from News: A Five-nation Study of News Avoidance in the Digital Era. In: Digital Journalism 10(1), 148-164.

Meier-Neue Wege aus alten Krisen-148.pdf


 
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