Veranstaltungsprogramm der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2023

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Datum: Mittwoch, 06.09.2023
11:30 - 12:00Ankommen und Anmeldung
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Foyer
12:00 - 12:15Begrüßung YR: Begrüßung Young Researcher
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 160
12:15 - 14:15Session YR 1.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 063
Moderation der Sitzung: Karin Heinrichs
 

Hochschullehrende im Spannungsverhältnis Freiheit - Verantwortung

Lutz-Vock, Hannah

Frankfurt University of Applied Sciences, Deutschland

Hochschullehrende befinden sich aufgrund von politischen Reformen (bspw. Bologna) und gesellschaftlichen Prozessen (Anstieg der Studierendenzahl, Digitalisierung, etc.) zunehmend in einem Spannungsfeld zwischen Freiheit und Verantwortung: zwischen der Freiheit der Lehre und der Verantwortung für Studierende und Lehrinhalte. Das dadurch entstehende Rollenverständnis verlangt nicht nur ein hohes Maß an Wahrnehmung, Sensibilität und Agilität, sondern auch eine Reflexion der eigenen Rolle (Brendel, 2019, 96). Die zusätzlichen Forderungen nach einer Professionalisierung der Lehre, um innovative Lehr-Lernmethoden zu entwickeln, stellt Hochschullehrende vor weitere Herausforderungen (Heiner, Wildt, 2013). Dabei schließt diese Diskussion an den Professionalisierungsdiskurs in der Lehrkräftebildung an (Nittel et al., 2014). Im Dissertationsvorhaben wird daher das Rollenverständnis von Hochschullehrenden untersucht. Im Mittelpunkt stehen die Selbstreflexion und die individuellen Erwartungen und Wahrnehmungen. Das Untersuchungsdesign umfasst problemzentrierte Interviews, die mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet werden. Im Beitrag sollen der aktuelle Forschungsstand des Professionalisierungsdiskurs vorgestellt und das Rollenverständnis von Hochschullehrenden aus theoretischer Sicht diskutiert werden.

Brendel, S. Hanke, U. Macke, G. (2019): Kompetenzorientiert lehren an der Hochschule. Opladen u. Toronto: Budrich.

Heiner, M. Wildt, J (2013): Professionalisierung der Lehre. Perspektiven formeller und informeller Entwicklung von Lehrkompetenz im Kontext Hochschulbildung. Bielefeld: wbv.

Nittel, D. Schütz, J. Tipppelt, R. (2014): Einleitung: Impuls für eine komparative Berufsgruppenforschung in den Erziehungswissenschaften – Die PAELL-Studie. In: Nittel, D. et.al (Hrsg.): Pädagogische Arbeit im System des lebenslangen Lernens. Ergebnisse komparativer Berufsgruppenforschung. Weinheim: Beltz Juventa., 13-19.



Bildung im Medium digitalisierter Arbeit – Ein Beitrag zur Revitalisierung und Neuformulierung der Berufsbildungstheorie

Stobbe, Patrick

Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, Deutschland

Der Beitrag befasst sich mit Berufsbildungstheorie. Im Lichte der digitalisierten Arbeitswelt ist es mein Ansinnen, diese berufsbildungshistorisch fundiert und im Einklang mit Theoretisierungen aus Nachbardisziplinen der BWP zu revitalisieren und neu zu formulieren. Es ist meine These: Die Digitalisierung der Arbeitswelt fordert (zur) Bildung (auf) heraus, und bildend wird der (Her)Au(s)fforderung begegnet.



Paradigmenpluralismus in der Berufsbildungsforschung. Eine Rekonstruktion des Konzepts von Jürgen Zabeck in verstehender und kritischer Absicht

Porcher, Christoph

Universität Osnabrück, Deutschland

Debatten über die Verfasstheit der eigenen Disziplin stehen nicht im Verdacht, zu den dringendsten Problemen berufs- und wirtschaftspädagogischer Forschung zu gehören. Allerdings betont Reinisch die Bedeutung kontinuierlicher „Selbstverständnisdebatten“ für die BWP, die, seiner Meinung nach, zur wissenschaftlichen Arbeit dazugehören, bisher allerdings zu wenig stattfanden und -finden(Reinisch 2009, S. 14). Lempert und Lisop attestieren der Disziplin wohl auch mit Blick auf dieses Analyseergebnis eine defizitäre professionelle Identität (vgl. Lempert 2010; Lisop 2010).

Dennoch lassen sich diese Debatten auch in jüngerer Vergangenheit innerhalb der BWP finden. Eine dieser „aktuelleren“ methodologischen Diskurse ist der um die sogenannte „Modellversuchsforschung“ (vgl. für Beiträge zu diesem Diskurs Beck 2003; Euler 2003; Sembill 2007; Sloane 2007). Auffällig an den Beiträgen, insbesondere diejenigen, die als eine Verteidigung der Modellversuchsforschung gelesen werden können, ist der Bezug auf den „Paradigmenpluralismus“, den Jürgen Zabeck in verschiedenen Aufsätzen entwickelt und diskutiert hat (vgl. Zabeck 1978; 1998; 2009). Zabeck selbst hat mit Blick auf den Diskurs um die Modellversuchsforschung allerdings festgestellt, dass sein Konzept nicht ausreichend rezipiert und verstanden wurde (Zabeck 2009, S. 124).

In einer Studie soll diese Feststellung aufgegriffen und als Aufforderung verstanden werden, den Paradigmenpluralismus Zabecks zu rekonstruieren, um ein tieferes Verständnis zu entwickeln. Hieraus könnten dann Hinweise für bestehende und zukünftige methodologische Diskurse entstehen, für die der Paradigmenpluralismus ein zentrales Argument darstellt.

Im Vortrag soll vor diesem Hintergrund auf den passenden methodischen Zugriff eingegangen werden, der sich im Spannungsfeld zwischen hermeneutischer Tradition und kritischem Anspruch bewegt, der in dieser Studie erhoben wird (vgl. zu diesem Spannungsfeld Habermas et al. 1971; Angehrn 2021). Als Lösung wird eine erzähltheoretische Perspektive vorgeschlagen, wie sie sich in textsoziologischen Verfahren, wie die von Barthes vorgeschlagene strukturale Erzählanalyse unter dem Begriff der Semiologie, oder die Weiterentwicklungen von Zima (2021; 2022) wiederfinden. Sie eignen sich sehr gut, um verdeckte Sinnzusammenhänge transparent zu machen. Barthes schreibt hierzu, dass „jede Ideologiekritik […] nur mittels semiologischer Verfahren durchgeführt werden [kann]" (Barthes 1988, S. 9).

 
12:15 - 14:15Session YR 1.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 065
Moderation der Sitzung: H.-Hugo Kremer
 

‚Sozialpädagogik‘ lehren – erste Einblicke in Orientierungsmuster von Lehrer*innen der beruflichen Bildung Sozialpädagogik

Bobe, Anna

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Lehrer*innen in der beruflichen Bildung Sozialpädagogik sind nicht aktiv sozialpädagogisch handelnd, sondern lehrend tätig. Zudem liegt insgesamt ein Mangel an grundständig ausgebildeten Lehrkräften vor, weshalb Qualifizierungen in das Lehramt für die berufliche Bildung Sozialpädagogik über vielfältige Zugänge erfolgen. Insgesamt gelten drei Viertel der unterrichtenden Lehrer*innen als fachfremd. Es ergibt sich somit die Frage nach deren jeweiligen didaktisch-methodischen Ausgestaltungen des Unterrichts bzw. nach deren Orientierungsmustern beim Lehren von ‚Sozialpädagogik‘. So könnten an dieser Stelle unterschiedliche Wege sichtbar werden, wie ‚Sozialpädagogik‘ über die bisherigen Theorieansätze (u. a. sozialdidaktische Ansätze) hinausgehend gelehrt werden kann und wird. Was zugleich die Frage entstehen lässt, ob die bisher nicht theoretisierte (didaktische) Ausgestaltung der sozialpädagogischen Lehre, wichtige Perspektiven für eine weitere Grundierung einer Didaktik der Sozialpädagogik aufzeigen kann.
Der Beitrag bezieht sich auf erste Forschungsergebnisse aus dem dazugehörigen Promotionsprojekt ‚Sozialpädagogik‘ lehren – eine ethnographische Feldstudie zu Orientierungsmustern von Lehrer*innen der beruflichen Bildung Sozialpädagogik, das einem ethnographischen Zugang folgt und der Berufsbildungsforschung bzw. der dortigen Unterrichtsforschung zugeordnet werden kann. Seit November 2022 werden teilnehmende Beobachtungen realisiert. In diesem Zusammenhang sollen erste Rückschlüsse auf Orientierungsmuster des Lehrens sowie auf das damit verbundene Verständnis von ‚Sozialpädagogik‘ seitens Lehrer*innen innerhalb der beruflichen Bildung Sozialpädagogik präsentiert und zur Diskussion gestellt werden.



Motive und Gründe für Studienfachwechsel und Studienabbruch im Lehramtsstudiengang Wirtschaft und Verwaltung – Erste Schritte, erste Befunde

Rodegast, Stefan

Universität Leipzig, Deutschland

Der aktuelle bildungspolitische Diskurs ist u. a. davon geprägt, dass es in Deutschland zunehmend an ausreichend ausgebildeten Bewerber:innen für den Lehrberuf mangelt (Klemm, 2018; KMK, 2019). Die Gründe dafür reichen von demografischer Entwicklung, generationalen Gegebenheiten, pädagogischen Notwendigkeiten hin zu kurzfristigen gesellschaftlichen Veränderungen (Barany et al., 2020; Eulenberger et al., 2015). In besonders hohem Maße ist seit jeher der Bereich der berufsbildenden Schulen vom Nachwuchsmangel betroffen (Ziegler, 2018).

Zudem brechen im Schnitt 10-15 % der Studierenden ihr Lehramtsstudium ab (vgl. Heublein et al., 2022; Herfter et al., 2012). Auch wenn diese Befunde vergleichsweise niedrig ausfallen – Heublein et al. (2022) ermittelten für Bacherlorstudiengänge an deutschen Universitäten eine mittlere Abbruchquote von 30-35 % – so erscheint es unter den aktuellen Gegebenheiten gerade in der Domäne des berufsbildenden Lehramts sinnvoll, sowohl die Abbruchmotive und -ursachen als auch deren Bedingungsfaktoren intensiv zu erforschen.

An dieser Stelle setzt das Dissertationsprojekt an, in dem empirisch gesicherte Befunde zu den Motiven und Gründen sowohl für den Wechsel als auch für den Abbruch des Lehramtsstudiums im berufsbildenden Bereich identifiziert und mit bereits vorliegenden Befunden verglichen werden. Im Rahmen des Vortrags werden sowohl das Forschungsdesign (Mixed-Methods) vorgestellt, als auch erste Ergebnisse präsentiert. Als Vergleichsgrößen dienen nicht nur die Daten der im ersten Fachsemester eingeschriebenen Lehramtsstudierenden für das Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung, sondern auch solche der fachverwandten Studiengänge Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsinformatik an der Universität Leipzig. Insgesamt wurden seit Beginn des letzten Wintersemesters über 250 Studierende schriftlich befragt und mehrere Interviews mit Lehramtsabbrecher:innen geführt. Die Ergebnisse sollen in ein Modell zur Erklärung des Wechsel- bzw. Abbruchverhaltens im berufsbildenden Lehramt Wirtschaft und Verwaltung münden. Auf Basis dieses lassen sich Implikationen für die Übergangsphase von der Schule zum Studium und die Gestaltung der Lehre ableiten.



Zur wirtschaftsdidaktischen Qualität von Planungsentwürfen in der zweiten Phase der Lehrer:innenbildung

Raabe, Jenny

Universität Kassel, Deutschland

Ein entscheidender Professionalisierungsauftrag des wirtschaftspädagogischen Vorbereitungsdienstes ist es, angehende Lehrpersonen für die Anforderungen von Unterrichtsplanung zu professionalisieren und die Entwicklung von Unterrichtsplanungskompetenz anzuleiten. Im Zuge dessen werden von Referendar:innen im Vorbereitungsdienst Planungsproben absolviert und Planungsüberlegungen in Unterrichtsentwürfen festgehalten (vgl. Großmann & Krüger, 2022). Der zentralen Bedeutung der Unterrichtsplanung steht ein empirisches Forschungsdesiderat zur Qualität dieser Entwürfe gegen. Insofern ergibt sich die Forschungsfrage, welche wirtschaftsdidaktische Planungsqualität Unterrichtsentwürfe von Lehrkräften im hessischen Vorbereitungsdienst aufweisen und welche Implikationen für die Lehrer:innenbildung daraus abgeleitet werden können.

Im Rahmen des Vortrags werden die Konzeption, Operationalisierungsansätze und die zugrundeliegende Datenbasis der Dissertationsarbeit vorgestellt: Entwickelt wird ein wirtschaftsdidaktisches Kategoriensystem qualitativ hochwertiger Planungsarbeit. Dafür wird das Metamodell der Basisdimensionen hoher Unterrichtsqualität (vgl. Lipowsky & Bleck, 2019) herangezogen und anhand fachdidaktischer Planungsmaximen ausgelegt/erweitert. In einer Dokumentenanalyse werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse aktuelle, zeitbezogene Erkenntnisse der Planungsqualität an hessischen Studienseminaren geschlussfolgert. Angestrebt werden strukturierende und skalierende Rekonstruktionen der Art, Qualität und Elaborationstiefe realisierter Planungskriterien. Abgeleitet werden folgend erkenntnisgeleitete Handlungsanweisungen, welche Ausbilder:innen (und Referendar:innen) der Studienseminare darin unterstützen können, Lehrstrategien adaptiv anzupassen.

Lipowsky, F. & Bleck, V. (2019). Was wissen wir über guten Unterricht? – Ein Update. In U. Steffens & R. Messner (Hrsg.), Unterrichtsqualität. Konzepte und Bilanzen gelingenden Lehrens und Lernens (S. 219-250). Münster/New York: Waxmann.

Großmann, L. & Krüger, D. (2022). Welche Rolle spielt das fachdidaktische Wissen von Biologie-Referendar*innen für die Qualität ihrer Unterrichtsentwürfe? In Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 28, 4, S. 1-20.

 
12:15 - 14:15Session YR 1.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 066
Moderation der Sitzung: Kristina Kögler
 

Berufsorientierung als Sozialisationsaufgabe im Spiegel subjektiver Gestaltungsprozesse und gesellschaftlicher Transformationsanforderungen

Krause, Christoph

Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Deutschland

Die Berufs- und Arbeitswelt ist in vielerlei Hinsicht aktuell mit zentralen Herausforderungen (Fachkräftemangel), Transformationsprozessen und damit einhergehenden Brüchen und Verwerfungen (Passungsprobleme) konfrontiert (Driesel-Lange et al. 2020). Jugendliche im Berufswahlprozess sind mit zunehmend komplexeren Fragen und Zusammenhängen zwischen persönlichen Dispositionen, der eigenen Planung und Gestaltung einer (Berufs-) Biografie und den exogenen Anforderungen konfrontiert.

Berufsorientierungsangeboten mit dem Ziel, Jugendliche bei fundierten und nachhaltigen Berufswahlentscheidungen zu unterstützen kommt dabei mit Blick auf aktuelle Herausforderungen des Systems beruflicher Bildung eine besondere Verantwortung zu (Ohlemann 2021). Das Promotionsvorhaben verfolgt die These, dass bisherige Berufsorientierungsangebote diese steigende Komplexität nicht ausreichend fassen können, daraus ergibt sich die zentrale Forschungsfrage: Welche Gestaltungs- und Gelingensbedingungen ergeben sich für neuartige Berufsorientierungsangebote, um Jugendlichen im Spannungsfeld subjektiver Lern- und Entwicklungsprozesse sowie den Anforderungen beruflicher Sozialisationsprozesse eine fundierte und nachhaltige Berufswahlentscheidung zu ermöglichen?

Ziel des im Rahmen des BMBF geförderten InnoVET Projekts „Allianz für berufliche Bildung in Ostbayern“ (ABBO) entstehende kumulative Promotionsvorhabens ist die Konzeption des integrativ-komplementäres Modells der Frühausbildung, einem BO-Angebot, dass im Rahmen des Projekts pilotiert und evaluiert wird. Das Modell fokussiert die Förderung von Berufswahlkompetenzen (Handlungsorientierung und Selbststeuerungskompetenz) (Driesel-Lange et al. 2010). Methodisch werden auf Basis qualitativer Interviewdaten (n=61) zentrale Anforderungsspezifikationen mit Blick auf die Entwicklung des Modells analysiert, sowie das im Projektkontext entstehende Berufsorientierungsangebot hinsichtlich der Entwicklung von Berufswahlkompetenzen wirkungsevaluiert.

Literatur:

Driesel-Lange, K., Kracke, B., Holstein, J. & Hany, E. (2010). Berufs- und Studienorientierung: Erfolgreich zur Berufswahl ; ein Orientierungs- und Handlungsmodell für Thüringer Schulen. Nr. 165. Thillm.

Driesel-Lange, K., Weyland, U. & Ziegler, B. (Hrsg.). (2020). Berufsorientierung in Bewegung: Themen, Erkenntnisse und Perspektiven. Franz Steiner Verlag.

Ohlemann, S. (2021). Berufliche Orientierung zwischen Heterogenität und Individualisierung. Springer Fachmedien Wiesbaden.



Bildungsakteur*innen im ‚Zwischenraum‘? – Verständnis und Bedeutung von Selbstinszenierung am Übergang Schule-Beruf

Otto, Franziska

Universität Paderborn, Deutschland

Das im Zentrum des Beitrags stehende Dissertationsvorhaben ist im Forschungs- und Entwicklungsprojekt SeiP (Selbstinszenierungspraktiken als Zugang zu einer selbstbestimmten, multimodalen Kompetenzfeststellung für (aus-)bildungsbenachteiligte Jugendliche) verortet. SeiP fokussiert auf Jugendliche im (inklusiven) Übergang Schule-Beruf, die vielfältige Problemlagen, Benachteiligungen und/oder sonderpädagogische Unterstützungsbedarfe aufweisen. Der Zugang über Selbstinszenierungspraktiken folgt dabei einem stärkenorientierten Ansatz, mit dem Ziel des Aufdeckens und Nutzbarmachens persönlicher Stärken zur Unterstützung der Zielgruppe im Übergang Schule-Beruf.

Selbstinszenierungspraktiken haben u. a. eine besondere Bedeutung für den Übergang in die Berufs- und Arbeitswelt und bieten Potenziale für die Gestaltung von Lehr-/Lernumgebungen in den entsprechenden Bildungsgängen. Bildungsakteur*innen sind hier mit der Herausforderung konfrontiert, Jugendliche auf entsprechende Situationen vorzubereiten, und dazu beizutragen, die vorliegenden Selbstinszenierungspraktiken zugänglich zu machen. In diesem Zusammenspiel fungieren die Bildungsakteur*innen als Mittler zur beruflichen Welt im Rahmen einer adressatengerechten Aufbereitung der multimodalen Selbstinszenierungen der Jugendlichen. Hier setzt das Dissertationsvorhabens an und stellt die Frage nach dem konzeptionellen Verständnis von Selbstinszenierungspraktiken sowie deren Bedeutung und Umgang aus Sicht der Bildungsakteur*innen. Das Vorhaben zielt dabei darauf, die Entwicklung eines vertieften Verständnisses und eine Erkundung von Selbstinszenierungspraktiken am Übergang Schule-Beruf vorzunehmen sowie Einblicke zur didaktischen Gestaltung und zum Umgang mit diesen zu eröffnen. Ziel des Beitrags ist es, das Forschungskonzept sowie erste Erkenntnisse vorzustellen und zu diskutieren. Hier sollen insb. die Potenziale und Grenzen einer Einbindung in den gestaltungsorientierten Ansatz des Projekts zur Diskussion gestellt werden. Hierauf bezogen sollen erste Ergebnisse einer Literature Review zu Selbstinszenierung dargelegt und eingeordnet sowie basierend auf einer Interviewstudie mit Bildungsakteur*innen von beteiligten Berufskollegs Zugänge zum Verständnis von Selbstinszenierung aufgezeigt werden. Darauf aufbauend werden Fallstudien zum Umgang mit Selbstinszenierungspraktiken vorgestellt. Dies bietet die Basis, um das methodische Design und die intentionale sowie methodische Ausrichtung der Studie weiter zu präzisieren.



Wie gut kennen Schüler/-innen die Anforderungen der Arbeitswelt? Differenzen zwischen den Einschätzungen von Schüler/-innen und Arbeitgeber/-innen.

Hochmuth, Melanie1; Frey, Andreas1; Silvia, Annen2

1Hochschule der Bundesagentur für Arbeit Mannheim; 2Universität Bamberg

Theoretische Verortung

Auf dem Ausbildungsmarkt werden Jugendliche mit unvollständigen Informationen konfrontiert, wobei deren Fähigkeiten und Kompetenzen ein Signal für Arbeitgeber/-innen darstellen (Protsch & Solga, 2015). Eine umfassende Berufsorientierung ermöglicht basierend auf den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, individuellen Interessen und Kompetenzen im Kontext der Such- und Matchingtheorie eine fundierte und nachhaltige Berufswahl (Fitzenberger et al., 2015). In diesem Kontext beschreibt die Berufswahlkompetenz das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, in dem relevantes Wissen zu eigenen Stärken und Schwächen sowie Merkmalen der Arbeitswelt erlangt wird (Driesel-Lange et al., 2020).

Fragestellung

Inwieweit kennen Jugendliche in der Berufsorientierungsphase die Anforderungen der Arbeitswelt und inwiefern gibt es Differenzen zwischen der Einschätzung relevanter Merkmale aus der Perspektive von Arbeitgeber/-innen und Jugendlichen?

Methodischer Zugang

Der Beitrag stützt sich auf die Daten des Projekts „Berufsorientierungs- und Entscheidungsverhalten der Generation Y und Z“ (HdBA Mannheim/Universität Landau, 2020). Mittels einer Ratingskala wurde die Relevanz von Anforderungen der Arbeitswelt anhand von 22 Items operationalisiert und die Befragten schätzten ein, inwieweit Jugendliche diesen Anforderungen gerecht werden können. In Bezug zur Berufswahlkompetenz werden die Einschätzungen von 246 Schüler/innen und 162 Arbeitgeber/-innen gegenübergestellt (u.a. t-Test).

Ergebnisse

Schüler/innen schätzen insbesondere die Relevanz überfachlicher Kompetenzen in den folgenden Bereichen signifikant geringer ein als Arbeitgeber/-innen:

  • Flexibilität
  • Selbstständiges Arbeiten
  • Schnelles Einarbeiten
  • Umgang mit Veränderungen
  • Selbstständiges Entscheiden
  • Verzicht auf Freizeit

In allen genannten Bereichen (Ausnahme: Verzicht auf Freizeit) fällt die Selbsteinschätzung der Schüler/-innen positiver aus als die Einschätzung der Arbeitgeber/-innen.

15,8% der Schüler/innen fällt es dabei schwer, zu beurteilen, ob sie die Anforderungen gut bewältigen können.

Implikationen

Insgesamt lässt sich ein Informationsdefizit im Rahmen der Berufswahlkompetenz beobachten, sowohl durch die geringere Wahrnehmung der Relevanz überfachlicher Kompetenzen als auch hinsichtlich der Selbsteinschätzung. Gezielte Berufsorientierungs- und Beratungsangebote für Jugendliche und Ausbildungsbetriebe können dieser Herausforderung entgegenwirken und das Matching am Ausbildungsmarkt verbessern.

 
12:15 - 14:15Session YR 1.4
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 161
Moderation der Sitzung: Andrea Burda-Zoyke
 

Selbstregulation von Unternehmer*innen - eine latente Klassenanalyse

Büker, Ronja1; Bellwald, Noah2

1Universität Paderborn, Deutschland; 2Universität St. Gallen, Schweiz

Theoretische Verortung/Fragestellung

Die Fähigkeit zur Selbstregulation (SR) wurde in unterschiedlichen Kontexten als Einflussfaktor für erfolgreiches Handeln ausgemacht, z.B. in der Schul-/Hochschulbildung (Dignath/Büttner, 2008), im Sport (Tedesqui/Young, 2017) und im Gesundheitswesen (Gollwitzer et al. 2018). In der Entrepreneurship Education (EE) spielt SR bislang kaum eine Rolle, obgleich sie bei der Bewältigung von globalisierungs- und digitalisierungsbedingten Herausforderungen eine entscheidende Rolle spielen kann.

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, zu überprüfen, ob sich Unternehmer*innen anhand ihrer SR-Fähigkeiten in unterschiedliche Typen gruppieren lassen. Ausgehend davon suchen wir nach möglichen Zusammenhängen zu demografischen Variablen und formulieren Implikationen für die Weiterentwicklung des Lehr-/Lernfeldes der EE.

Methode

Die hier analysierten Datensätze wurden im Rahmen eines DFG-/SNF-Projekts mit verschiedenen Verfahren gesammelt, wobei jeweils aktive Unternehmer*innen befragt wurden: 1) in einer internationalen Befragung aktiver Unternehmer*innen mithilfe des Dienstes Amazon MTurk 2) Gründer*innen-Netzwerke in der Schweiz und Deutschland 3) Workshops mit Unternehmer*innen. Es ergab sich insgesamt ein Sample von N=555. Alle füllten die „Self-regulated entrepreneurial learning scale“ (27 Items; Bellwald et al. 2023) sowie demografischen Fragen aus. Um mögliche Typen aufzudecken, wurde eine latente Klassenanalyse (LCA) mit der Software Latent Gold umgesetzt (Weller et al. 2020). Die LCA ist ein strukturentdeckendes Verfahren, bei dem latente Klassen auf Grundlage beobachtbarer Variablen modelliert werden (Geiser 2010, Rost 2006).

Erste Ergebnisse

Das Bayesian Informationskriterium BIC (LL) erreicht bei der 5-Cluster Lösung sein Minimum. Von Bedeutung sind dabei die Ausprägungen der einzelnen SR-Merkmale jedes Typs. Die Ergebnisse werden inhaltlich interpretiert und diskutiert, inwiefern die Erkenntnisse in die EE miteinfließen sollten. Entscheidend ist u.a. die zusätzliche Betrachtung der demografischen Werte jedes Clusters, da sich z.B. zeigt, dass diejenigen Unternehmer*innen mit einer sehr hoch ausgeprägten SR-Fähigkeit auch gleichzeitig diejenigen sind, die am ältesten und am längsten selbstständig sind. Was bedeutet solch eine Erkenntnis für die EE? Wie können auch wenig erfahrene Unternehmer*innen eine hohe SR entwickeln und erfolgreich Unternehmen führen? Solche und weitere Impulse werden im Vortrag zur Diskussion gestellt.



Erwachsenenbildung im digitalen Wandel? Eine Delphi-Studie zur pandemiebedingten Zukunft der Erwachsenenbildung

Schwede, Jana; Harteis, Christian

Universität Paderborn, Deutschland

Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurde ein Großteil des erwachsenenpädagogischen Arbeitsalltags digitalisiert. Für den traditionell analog geprägten Sektor der Erwachsenenbildung bedeuteten die weitreichenden Digitalisierungsprozesse eine grundlegende Umstrukturierung. Nach knapp drei Pandemiejahren wurden bundesweite Schutzmaßnahmen schließlich aufgehoben, sodass eine Rückkehr in analoge Arbeitsweisen und Bildungsformate seither wieder ohne Einschränkungen möglich wäre. Offen bleibt aktuell jedoch noch, wie sich die nun digital aufgestellte Erwachsenenbildung in postpandemischen Zeiten entwickeln wird. Daher setzt sich dieser Beitrag zum Ziel, einen Ausblick auf die digitale Zukunft der Erwachsenenbildung infolge der Corona-Krise zu geben.

Mit dem Delphi-Verfahren wurden 26 Erwachsenenbildner:innen in Führungs- oder Leitungspositionen über drei Runden hinweg nach pandemiebedingten digitalen Entwicklungen gefragt, für die sie in den kommenden fünf Jahren 1.) einen Fortbestand, 2.) einen Rückgang und 3.) einen Einzug in die Erwachsenenbildung erwarten. Nachdem aus allen Ideen die Top-Prognosen gewählt wurden, sollten diese abschließend auf fünfstufigen Skalen bezüglich ihrer Wahrscheinlichkeit, ihrer Wünschenswertigkeit und des damit einhergehenden Weiterbildungsbedarfes eingeschätzt werden.

Die Ergebnisse der Studie zeigen einerseits, dass die Beständigkeit von digitalen Entwicklungen (vor allem von Videokonferenzen, Home-Office, sozialen Medien) und die Entstehung neuer Digitalisierungsprozesse (insbesondere digitale Terminplanung, kurzfristige Angebotsvorbereitung, digitalisierte Buchungs- und Bezahlverfahren) künftig deutlich wahrscheinlicher sowie wünschenswerter sind als eine Rückkehr zu analogen Vorgehensweisen. Andererseits zeigen sie, wie Weiterbildungsbedarfe hauptsächlich für solche digitalen Entwicklungen antizipiert werden, die nicht bereits in den Pandemiejahren erprobt wurden.

Insgesamt scheinen die digitalen Veränderungen während der Lockdown-Phasen mehr als bloße Momentaufnahmen in einer Ausnahmesituation gewesen zu sein: Die Prognosen der Delphi-Studie lassen vermuten, dass sie durchaus eine digitale Transformation in der erwachsenenpädagogischen Arbeitsorganisation angestoßen haben.



Unleashing the Power of Informal Learning: Education for Sustainable Development in Companies

Hufnagl, Julia

Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland

The Sustainable Development Goal (SDG) 4.7 emphasizes that all learners need to acquire knowledge and skills to promote sustainable development (UNESCO, 2019). Education for Sustainable Development (ESD) addresses this target (UNESCO, 2019, p. 12). Research on transformative education already exists in school-based Vocational Education and Training (e.g., Hantke & Pranger, 2019; Töpfer, 2001) and higher education (e.g., Repp, 2022; Seeber et al., 2019), but there has been a lack of contributions focusing on workplace learning. Nevertheless, in the wake of the SDGs there is increasing pressure on companies to contribute to the development of 'global employees', which are capable of understanding their role in the transformation towards a more sustainable workplace in a globalized world. This dissertation looks at the conditions for success and the obstacles of ESD in the workplace, building up on tried and tested scales and models which capture the necessary competencies for sustainable development such as those of Morais & Odgen (2011), Seeber et al. (2019), and Wiek et al. (2011).

Lifelong learning has been called for since the late 1960s in the international education debate in connection with globalization trends (Klemm, 2021) and recognizes informal learning as a core component (Singh, 2022). Informal learning processes among individuals are an increasingly important success factor for companies to keep up in a rapidly changing world. From the perspective of corporate education, learning processes are a central adjusting screw for countering global developments and social change (Klemm, 2021). But which success factors and obstacles for informal learning processes for sustainable development exist in globally operating companies?

At least 20 expert interviews with Human Resource managers from large German and American globally operating companies in various industries form the empirical basis for this study (Meuser & Nagel, 2009). Companies are selected that pursue sustainability strategies, are part of sustainability networks or have corresponding seals of approval. From the interviews, statements are arranged deductively and inductively into categories using qualitative content analysis (Mayring, 2023). The results will provide success criteria and pitfalls for ESD in a globalized workplace and shed light on the role of informal learning in the workplace for sustainable development.

 
12:15 - 14:15Session YR 1.5
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 165
Moderation der Sitzung: Reiner Schlausch
 

Studierendenanalyse und Polyvalenzdimensionen im Studiengang Ingenieurpädagogik

Hörmann, Martina1,2

1Hochschule Landshut; 2TU München

Hochschulen und Universitäten wirken dem Lehrkräftemangel mit vielfältigen Angeboten entgegen. Der polyvalent konzipierte Studiengang Ingenieurpädagogik ist als kooperatives Modell an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften angesiedelt. Es stellt sich die Frage, ob diese Konstellation in besonderem Maß beruflich vorgebildete, in der Region verankerte junge Menschen anspricht. Am Beispiel des Studiengangs wird explorativ untersucht, welche Studierenden sich für diesen Weg entscheiden und wie sie ihre Ausgangssituation und die Polyvalenz in der besonders relevanten Studieneingangsphase wahrnehmen. Die Erhebung der dazu betrachteten Daten in Form eines Fragebogens zu Studienbeginn und in mehreren teilstrukturierten Interviewrunden erfolgt im Rahmen eines Dissertationsvorhabens. Für viele Studieninteressierte ist die Polyvalenz ein entscheidender Faktor bei der Studiengangwahl. Dementsprechend beschäftigen sie sich auch nach Studienbeginn immer wieder mit der Frage der beruflichen Orientierung.



Charakteristika in den Berufs- und Bildungsbiographien von Studierenden des beruflichen Lehramts - Ein qualitativer Einblick

Isik, Berivan; Traum, Anne

Universität Rostock, Deutschland

Theoretische Verortung und Fragestellung

Vor dem Hintergrund des prognostizierten Einstellungsbedarfes von Lehrkräften an beruflichen Schulen und entsprechenden Rekrutierungsbemühungen von Studierenden seitens der Hochschulen werden vermehrt Berufs- und Studienwahlmotive der Zielgruppe insb. im quantitativen Design untersucht. Um nachhaltige und effektive Rekrutierungsstrategien zu entwickeln, werden tiefgründige qualitative Einblicke in ihre berufs- und bildungsbiographischen Verläufe, die zu einem Verständnis für berufliche Entscheidungswege beitragen, benötigt. Daraus resultiert die Frage „Welche charakteristischen Elemente lassen sich in den Berufs- und Bildungsbiographien von Studierenden des beruflichen Lehramts identifizieren?“

Methodik

Es wurden autobiographisch-narrative Interviews von Masterstudierenden (N=4) mittels der inhaltlich-strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz & Rädiker (2022) in Kombination mit biographischen Analysemodellen aus der Biographieforschung ausgewertet. Ziel war es, mithilfe einer graphischen Fallrekonstruktion in Form von Lebensverläufen individuelle sowie gemeinsame Zusammenhänge sichtbar zu machen und diese zu begründen.

Ergebnisse

Berufs- und Bildungsbiographien sind individuell und gestalten sich heterogen. Es konnten dennoch allgemeingültige Charakteristika, identifiziert werden:

  1. Orientierungslosigkeit während/nach dem Abitur und sozialer Einfluss in den ersten Studien- und Berufswahlentscheidungen
  2. Kindliche Tätigkeiten, Interessen und Affinitäten als Orientierungsanker für die Fächerwahl des Studiums
  3. Entscheidung für Berufspädagogik als Resultat einer beruflichen Umorientierung
  4. Rahmenbedingungen der Universität als bedeutendster Entscheidungsfaktor für die Wahl des Studienganges und -ortes
  5. Familienabhängige Zukunftsentscheidungen

Mögliche Implikationen

Aus den dargelegten Ergebnissen geht hervor, dass die Ausrichtung der Berufsberatung und -orientierung von Jugendlichen einer inhaltlichen und zielgruppenspezifischen Modifikation bedürfen.

Im berufsschulischen Kontext haben insbesondere Lehrkräfte als Vermittler:innen von potentiellen Studierenden einen großen Effekt auf die Entscheidung ihrer Schüler:innen für ein anschließendes Berufspädagogik-Studium. Netzwerkarbeit und Kooperationen zwischen Lehrkräften und Universitäten könnten demnach für die Entwicklung effektiver Rekrutierungsstrategien hilfreich sein.

Zudem wirken flexible und barrierefreie Rahmenbedingungen der Universitäten attraktiv auf Interessent:innen.

 
12:15 - 14:15Session YR 1.6
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166
Moderation der Sitzung: Tamara Riehle
 

You are not alone -Interprofessionelle Berufsbildung für Gesundheitsfachberufe

Vogel, Jann Niklas; Bagner, Annemarie; Müller, Matthias

Hochschule Neubrandenburg, Deutschland

Fragestellung

Wie sollte interprofessionelles Lehren und Lernen (IPLL) in der Berufsbildung von Gesundheitsfachberufen gestaltet sein?

Theoretische Verortung

Das Gesundheitswesen steht angesichts aktueller Entwicklungen vor vielfältigen Herausforderungen. Um diesen proaktiv zu begegnen, werden in der internationalen Literatur interprofessionelle gesundheitsberufliche Teams als Schlüsselelement für eine personenbezogene, bedarfsgerechte und kosteneffiziente Gesundheitsversorgung beschrieben (Reeves et al., 2017). Dabei wird Interprofessionalität als Lehre und Tätigkeit definiert, die entsteht, wenn mindestens zwei Berufsgruppen gemeinsam arbeiten und voneinander lernen (WHO, 2010). Hierfür bedarf es Kompetenzen, die durch IPLL vermittelt werden können. Allerdings liegen in Deutschland kaum fundierte Erkenntnisse über das IPLL-Format vor.

Methodischer Zugang

Im Rahmen der SEKTIONSTAGUNG BWP 2023 möchten wir praxisnahe Möglichkeiten und Best-Practice-Beispiele präsentieren, mit denen Interprofessionalität gelehrt und gelernt werden kann. Grundlage bilden verschiedene Studien (u.a. Literaturübersicht, Interviewerhebungen) zur Gestaltung und Evaluation von IPLL und die im Verbundprojekt „Campus BWP MV“ entwickelten und in der berufsschulischen Praxis bereits erprobten IPLLs.

Ergebnisse

Die Studienergebnisse zeigen, dass IPLL flexibel auf die personellen und organisatorischen Rahmenbedingungen übertragbar sein sollten. Um ein solches Format zu realisieren, wurden IPLL modular gestaltet, sodass einzelne Bestandteile flexibel genutzt werden können. Ein wichtiges Gestaltungselement bilden dabei offene Bildungsmaterialien, die bedarfsgerecht eingesetzt werden können.

Implikationen

Das Verbundprojekt entwickelt innovative Lehr- Lernformate und Umsetzungsstrategien für die interprofessionelle Bildung von Gesundheitsfachberufen. Die Ergebnisse sollen auch als Beispiel für interprofessionelle Bildung in anderen Anwendungsfeldern dienen.

Literatur

Reeves, S., Pelone, F., Harrison, R., Goldman, J., & Zwarenstein, M. (2017). Interprofessional collaboration to improve professional practice and healthcare outcomes. The Cochrane database of systematic reviews, 6, CD000072. https://doi.org/10.1002/14651858.CD000072.pub3.

WHO. (2010). Framework for Action on Interprofessional Education & Collaborative Practice. World Health Organization (WHO). Retrieved 02.03.2023 from https://www.who.int/publications/i/item/framework-for-action-on-interprofessional-education-collaborative-practice



Individuelle Förderung im Kontext multiprofessioneller Kooperation an berufsbildenden Schulen als Gegenstand der Schulentwicklung – Partizipativ-Evaluative Identifikation und Entwicklung von Handlungsoptionen

Vollmer, Simon

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Individualisierung wird unter anderem aus einer bildungspolitischen und gesellschaftlichen Perspektive als Megatrend der Moderne betrachtet (vgl. Heimann/Hummel 2020, S. 50ff). Zugleich ist aus sozialtheoretischer und soziologischer Perspektive die Individualität eine tragende Säule der Identitätskonstruktion des modernen Menschen, sodass sie als „selbstbestimmte Einzigartigkeit“ (Schimank 2000, S. 107) eine omnipräsente und in alle Bereiche des Lebens hineinwirkende Größe darstellt.

Lehr- und Fachkräfte an berufsbildenden Schulen sollen entsprechend der KMK-Empfehlung (2020) miteinander kooperieren, um jeweilige strukturell bedingte Kompetenzdefizite hinsichtlich ihres Auftrags der individuellen Förderung auszugleichen. Ein empirischer Blick mittels einer umfassenden Interviewstudie zeigt, dass diese Kooperation nur bedingt umgesetzt bzw. genutzt wird. Auf Grundlage der aggregierten Daten wurde deshalb mit einem Gruppendelphi-Verfahren ein evaluatives Partizipationsformat entwickelt, mit dessen Hilfe Lehr- und Fachkräfte Handlungsbedarfe identifizieren und sich auf einen Konsens oder einen konsensuellen Dissens einigen, ob und wenn ja wie individuelle Förderung an berufsbildenden Schulen umgesetzt werden sollte.

Der Beitrag stellt erste Ergebnisse aus dem Forschungsvorhaben vor und eröffnet auf Basis exemplarischer Ergebnisse aus den Interviews eine inhaltliche Diskussion zu folgenden Punkten:

- Wie weit muss bzw. darf direktive oder anbietende individuelle Förderung gehen?
- Wann wird die Freiheit des Individuums durch Förderungen eingeschränkt?
- Welche Grenzen müssen sich Lehr- und Fachkräfte dabei setzen?
- Wie weit reicht die Verantwortung der Lehr- und Fachkräfte sowie diejenige der jungen Menschen?



Altersvorsorge als Lerngegenstand: Design, Erprobung und Evaluation einer spielbasierten Lernumgebung

Suna, Merve; Baginski, Ronja; Aprea, Carmela

Universität Mannheim, Deutschland

Der demografische Wandel bringt viele Herausforderungen mit sich. Eine davon sind die Finanzierungsschwierigkeiten, mit denen die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland in Zukunft konfrontiert sein wird (OECD, 2021). Daher steigt die Eigenverantwortung der Bevölkerung in Bezug auf ihre Altersvorsorge, weshalb sie besser über die Funktionsweise des Rentensystems informiert sein sollten (Fornero & Lo Prete, 2023).

Ziel dieser Studie ist es, ein neutrales und evidenzbasiertes Lernangebot für junge Erwachsene bzw. Berufseinsteigende zu konzipieren, welches deren Interesse am Thema wecken und ihr Verständnis für das deutsche Rentensystem fördern soll. Zentral ist damit die Forschungsfrage, wie Lerneinheiten zum Thema Altersvorsorge gestaltet sein sollten, um die Zielgruppe beim Wissenserwerb zu unterstützten.

Zur Beantwortung dieser Forschungsfrage wurden unter Rekurs auf Ansätze des spielbasierten Lernens (z.B. Schutz & Schwartz, 2022) mehrere am Design-Based Research Ansatz (z.B. Armstrong et al. 2019) orientierte Forschungszyklen durchlaufen, in denen die Lernumgebung entwickelt, erprobt, evaluiert und auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse sukzessive optimiert wurde. An den Erprobungen waren Fachexperten, Studierende und Berufseinsteigende aus verschiedenen Berufsgruppen beteiligt. Die Datenerhebungen erfolgten mittels halbstrukturierter Interviews und Fragebögen.

Als Ergebnis dieser Studie wurde die sogenannte Rentenrallye entwickelt, die am Prinzip des Stationenlernens orientiert ist. An bisher sieben Stationen können sich junge Erwachsene selbstorganisiert Wissen über das deutsche Rentensystem aneignen. Mit Blick auf die Forschungsfrage wurde anhand der Forschungszyklen deutlich, dass Lernende mit Hilfe von Karikaturen an die verschiedenen Themen der Altersvorsorge herangeführt werden können. Informationstexte sollten auf das Wesentliche beschränkt und sprachlich auf die Zielgruppe abgestimmt sein. Lernvideos hingegen sollten keine computergenerierten Stimmen enthalten. Zudem bieten sich Quizelemente an, um Lernende zu motivieren.

Die Studie leistet einen Beitrag zur Erkenntnisgewinnung im Kontext eines praxisrelevanten, jedoch bislang in der wirtschaftspädagogischen Lehr-Lern-Forschung noch nicht hinreichend berücksichtigten Lerngegenstands. Sie bildet die Grundlage für zukünftige Untersuchungen, die sich u. a. mit der Frage befassen, wie sich das entwickelte Lernangebot in schulische Curricula oder auch außerschulische Lernkontexte einbetten lässt.

 
14:15 - 14:45Pause
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Foyer
14:45 - 16:45Session YR 2.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 063
Moderation der Sitzung: Andrea Burda-Zoyke
 

Beschulungsformen in der Berufsausbildung -Blockunterricht vs. Teilzeitunterricht- Am Beispiel der Ausbildung im Bankwesen

Bertke, Lisa

Universität Osnabrück, Deutschland

In der dualen Berufsausbildung erfolgt der Unterricht an den berufsbildenden Schulen in zwei verschiedenen Organisationsformen: Auf der einen Seite können Schulen einen Teilzeitunterricht anbieten, bei dem der Unterricht an ein bis zwei Berufsschultagen je Woche stattfindet (KMK, 2017; Pahl, 2014). Im Teilzeitunterricht lernen Auszubildende somit wöchentlich tageweise. Auf der anderen Seite kann der Unterricht in Blockform organisiert sein, wobei der Unterricht in Schulblöcken von mehreren Wochen erfolgt (KMK, 2017; Pahl, 2014).

Im Promotionsvorhaben stehen diese beiden Beschulungsformen im Fokus. Ziel der empirischen Untersuchung ist es, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Beschulungsformen aus unterschiedlichen Perspektiven zu analysieren und Konsequenzen für die didaktische Gestaltung von Ausbildung abzuleiten. Die Untersuchung wird am Beispiel der Ausbildung im Bankwesen durchgeführt. Dabei stehen die folgenden Fragestellungen im Fokus:

Inwieweit unterscheiden sich die Beschulungsformen aus organisatorischen und strukturellen Gesichtspunkten für die Ausbildung?

Inwieweit unterscheidet sich das Lehr- und Lernverhalten der Auszubildenden in den beiden Beschulungsformen?

Welche Beschulungsform wird von den befragten Probanden als die „optimalere“ wahrgenommen?

Um die Fragestellungen zu beantworten, wird eine qualitative Studie realisiert, bei der leitfadengestützte Gruppeninterviews und Experteninterviews geführt werden. Die Gruppeninterviews werden mit Auszubildenden sowie Ausbildenden aus dem Bankwesen und die Experteninterviews werden mit Lehrkräften, die in der Berufsausbildung im Bankwesen tätig sind geführt.

Zu erwartende Ergebnisse sind, dass z.B. der Theorie-Praxis-Transfer im Blockunterricht aus organisatorischen Gesichtspunkten einfacher umsetzbar ist, die kontinuierliche Zusammenarbeit und der Austausch zwischen den Lehrkräften und den Auszubildenden hingegen im Teilzeitunterricht unproblematischer sein könnten. Des Weiteren wird erwartet, dass die Beschulungsformen in Bezug auf die bevorzugte Beschulungsform unterschiedlich wahrgenommen werden.

Im Beitrag sollen die empirische Untersuchung sowie erste Ergebnisse vorgestellt und in Hinblick auf die weitere Untersuchung diskutiert werden. Es werden sich Rückmeldungen zur Anlage der Untersuchung, den Auswertungsergebnissen sowie weitere Anregungen zum Promotionsprojekt erhofft



Die Entwicklung ökonomischen Wissens von Heranwachsenden – Befunde einer Untersuchung in Sachsen-Anhalt im Quer- und Längsschnitt

Arndt, Laura

Otto-von-Guericke-Universität, Deutschland

Ökonomische Problemstellungen im beruflichen und alltäglichen Leben erfordern ökonomische Kompetenz und damit Wissen als eine ihrer zentralen Facetten. Ökonomische Bildung versucht solche Kompetenzen zu vermitteln. Leitziel der Ökonomischen Bildung ist der mündige Wirtschaftsbürger (DeGöB, 2004). Nach Albers (1995) kann Mündigkeit an drei Kriterien gemessen werden: Tüchtigkeit, Selbstbestimmung und Verantwortung. Formale ökonomische Bildung erfolgt immer stärker auch im allgemeinbildenden Schulwesen, wobei die konkrete curriculare Ausgestaltung sich zwischen den Bundesländern erheblich unterscheidet. Während in vielen Bundesländern und Schulformen Kooperationsfächer (z.B. Wirtschaft und Berufs- und Studienorientierung) bestehen, gibt es an Gymnasien in Sachsen-Anhalt ein eigenständiges Fach Wirtschaft. Ziel des Projektes ist, dessen Beitrag zur Entwicklung ökonomischen Wissens zu analysieren. Mithilfe einer Schüler*innenbefragung soll daher untersucht werden, a) wie sich das ökonomische Wissen von Schüler*innen an Gymnasien (Klasse 9 bis 12) in Sachsen-Anhalt darstellt, b) im Laufe der Zeit (längsschnittlich) verändert und c) welche Determinanten Unterschiede im ökonomischen Wissen erklären können. Zu diesem Zweck wird die deutsche Adaption der vierten Auflage des Test of Economic Literacy (Walstad et al., 2013; Förster et al., 2017) eingesetzt. Gleichzeitig werden mögliche Erklärungsvariablen, die auf der Grundlage bisheriger Forschungsbefunde (u.a. Schumann & Eberl, 2014; Seeber et al., 2018) ausgewählt wurden, in der Befragung ebenfalls erhoben (z.B. Geschlecht, Interesse). Ziel ist es, die Daten nicht nur mithilfe deskriptiver Statistik, sondern auch mehrebenenanalytisch auswerten zu können.

Schlagwörter: Ökonomisches Wissen • Ökonomische Bildung • Gymnasium • Sachsen-Anhalt • Querschnitt • Längsschnitt • Interesse



Im Spannungsfeld von Freiheit und Verantwortung. Der Grad der Offenheit schulinterner Curricula als Herausforderung für die Umsetzung digitaler beruflicher Anforderungen im Ausbildungsberuf Industrie-kaufmann/-frau.

Koppius, Sebastian

Universität Paderborn, Deutschland

Während ursprünglich die Lehrplankommission (Makroebene) durch „geschlossene“ Curricula geprägt war, sind bei „offenen“ Curricula, wie sie z.B. im Ausbildungsberuf Industriekaufmann/-frau vorliegen, die Bildungsgangteams auf der Schulentwicklungsebene (Mesoebene) stärker gefordert. Diese offenen Curricula implizieren Freiheiten für regionale Besonderheiten, andererseits aber auch die Verantwortung für die Anpassung und Modernisierung von Bildungsgängen durch bspw. der didaktischen Jahresplanung, wie dies bei digitalen beruflichen Anforderungen der Fall ist. Letztlich müssen Lehr-/Lernarrangements (LLAs) (Mikroebene) so gestaltet werden, dass sie die (digitalen) fachlichen Anforderungen der Auszubildenden, wie den verstärkten Umgang mit Daten, sowie deren kaufmännische Analyse. stärker berücksichtigen und in den Unterricht integrieren.

Dies impliziert die Frage, inwiefern der Umgang mit und die kaufm. Analyse von Daten in LLAs (Mikroebene) initiiert werden kann.

Die generalistisch angelegte Ausbildung zum /zur Industriekaufmann/-frau stellt eine der populärsten Ausbildungen Deutschlands dar. Allerdings haben sich im Zuge von Big Data im Umfeld des Kaufmanns, eine Zunahme der Datenmengen, die Heterogenität der Daten, sowie die Häufigkeit des Datenanfalls deutlich erhöht. Der „Umgang mit Daten“ (Jordanski et al. 2019, S. 9) bzw. die „Kaufmännische Datenanalyse und das Datenmanagement“ (Müller 2022, S. 141) sind als elementare Bestandteile der Ausbildung von Industriekaufleuten in der schulinternen Bildungsgangarbeit zu berücksichtigen

So bestätigen durchgeführte Experteninterviews mit Akteuren aus Berufsschulen und Betrieben und eine Befragung mit 125 Teilnehmern die neuen digitalen beruflichen Anforderungen an Industriekaufleute.

Mit Blick auf Big Data sind Datenauswertung, Prozessüberwachung und „Prozessoptimierung als zentrale Fachkompetenz festzuhalten. Konkrete Umsetzungsideen von LLAs bieten sich bei der Gestaltung von Automatisierungsprozessen im Hinblick auf Arbeitszeitstudien. Darüber hinaus tragen Predictive Maintenance Anwendungen im Kontext der Qualitätskontrollen durch aggregierte Sensordaten oder des Predicitve Costing durch Kostenstellenüberwachung zur Verarbeitung und Analyse von Daten im kaufmännischen Kontext bei.

Für eine nachhaltige Implementierung ist eine Vernetzung der Lernorte zwischen Schulen und Unternehmen notwendig, die sich in der Einbindung regionaler Unternehmen in die Gestaltung der schulischen Bildungsgangarbeit ausdrückt.

 
14:45 - 16:45Session YR 2.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 065
Moderation der Sitzung: Antje Barabasch
 

Image und Attraktivität der dualen Ausbildung und die Wirkung auf den Verbleib im Beruf in Österreich – Ein systematisches Literaturreview

Schinko, Michaela

PH OÖ, Österreich

Obwohl das duale Ausbildungssystem, das in Deutschland, der Schweiz und Österreich strukturell vergleichbar aufgebaut ist, als „globales Vorbild“ (PK, 2014) in Bezug auf Jugendbeschäftigung gilt und der Fachkräftebedarf hoch ist, sinkt das Interesse der Jugendlichen an diesem Berufsweg. Als Gründe werden der Trend zur Akademisierung, demographische Entwicklungen oder die Entscheidung für alternative Bildungswege angeführt (Bliem et al, 2014, 2016; Dornmayr 2022). Weiters beeinflusst das Image der dualen Ausbildung die Entscheidungen von Bildungs- und Berufswahl (Wiesner, 2017). Allerdings leidet die duale Ausbildung insbesondere in Österreich an einer geringen Reputation (Dornmayr & Winkler, 2016). In diesem systematischen Review sollen der Stand der empirischen Forschung zu Attraktivitätsfaktoren und dem Image der dualen Berufsbildung durch zentrale, relevante Literaturquellen, und Forschungsergebnisse erfasst und insbesondere empirische Befunde zur Lage in Österreich anhand von zugrundeliegender Literatur und Erhebungsdaten erhoben werden (Webster & Watson, 2002). Ziel ist es insbesondere, Attraktivitätsfaktoren und den Einfluss des Images der dualen Ausbildung auf den Verbleib im erlernten Beruf zu untersuchen. Eingangs wurde zur Identifizierung des Forschungsfelds ein sensibles Rechercheprinzip durchgeführt und 3598 Treffer erzielt. Zur Eingrenzung des Themengebietes wurden, nach einem spezifischen Rechercheprinzip, Suchstrategien konzipiert, relevante Datenbanken festgelegt und der Datensatz durch Auswahlkriterien auf 29 bedeutsame Beiträge eingegrenzt. Die Ergebnisse wurden kategorisiert und analysiert (Petticrew & Roberts, 2006). Mittels gewonnener Erkenntnisse wird versucht, eine Aussage zu Image und Attraktivität der dualen Ausbildung in Österreich auf den Verbleib im Beruf ableiten zu können. Erste Ergebnisse zeigen, dass das Image der dualen Ausbildung und Attraktivitätsfaktoren nicht zu verachtende, und dennoch wenig erforschte, Parameter in Österreich sind.



Generierung von Gestaltungsprinzipien zur Verankerung der Beruflichen Bildung für nachhaltige Entwicklung durch Lernortkooperation

Pranger, Jan

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland

Der Verankerungsprozess der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) ist im historischen Verlauf geprägt von unterschiedlichen Problematiken und Hürden (u.a. Kutt 2006; Fischer 2007; DUK 2014), sodass eine „stringente Implementierung in Forschung und Praxis der Berufs- und Wirtschaftspädagogik […] nach wie vor aussteht“ (Rebmann & Schlömer 2020, S. 327). Lernortkooperation (LOK) wird sowohl in empirischen Befunden als auch bildungspolitischen Dokumenten als ein wichtiger Indikator identifiziert, um eine Verankerung der BBNE zu ermöglichen (u.a. Singer-Brodowski & Grapentin-Rimek 2018; Weber et al. 2021; Hecker et al. 2022; Holst 2022).

Konkrete Erkenntnisse die aufzeigen wie BBNE durch LOK verankert werden kann, wurden bisher allerdings noch nicht (bzw. nur beiläufig) im Rahmen wissenschaftlicher Forschungsprozesse gewonnen. Das grundlegende Ziel des vorzustellenden Forschungsvorhabens besteht deshalb in der Generierung von (übergeordneten) Gestaltungsprinzipien zur Verankerung von BBNE durch LOK. Der Beitrag setzt sich zunächst mit der Frage nach einer zielgenauen Generierung dieser Gestaltungsprinzipien[1] auseinander. In diesem Kontext ist hervorzuheben, dass mit der LOK ein Feld der beruflichen Bildung avisiert wird, welches in sich geprägt ist von kontinuierlich bestehenden Forschungs- und Praxislücken (u.a. Euler 2004; Tenberg et al. 2019, S. 49; Dehnbostel 2021, S. 132).

Derzeit wird deshalb zunächst der aktuelle Forschungsstand zu Gelingens- und Misslingensfaktoren der LOK durch ein systematisches Review erfasst (u.a. Grant & Booth 2009; Zawacki-Richter et al. 2020). Aufbauend auf einem theoretisch-konzeptionellen Rahmen, der die beiden Felder der BBNE und LOK aus der Perspektive der Berufsbildungsforschung gegenüberstellt, sollen in dem Beitrag (Zwischen-)Ergebnisse des systematischen Reviews vorgestellt werden.


[1] Hier verstanden als konzeptionell-analytische Aufgabe in Anlehnung an Dilger & Euler 2018.



Vorüberlegungen zu einem Entwicklungsphasenmodell von Ausbildungsberufen

Krödel, Conrad

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Ein ständiger Wandel der (Arbeits) -welt, der durch das Entstehen, sich Verändern und das Vergehen von Berufen mitbestimmt wird, wird üblicherweise als selbstverständlich angenommen. Vorüberlegungen, ob diese Transitionen trotz der Unterschiedlichkeiten von Berufen einem regelmäßigen Muster folgen, waren in der Vergangenheit bereits Diskussionsthema (vgl. Herkner/Pahl 2014, Kell 2015). Eine allgemeine Theorie zum Lebenslauf von Berufen fehlt aber bis heute. Ursächlich könnten die fehlende Definition des Berufsbegriffs oder die mangelnde Vergleichbarkeit der Tätigkeiten sein.

Im Promotionsvorhaben auf dem Gebiet der Ausbildungsordnungsforschung wird das Blickfeld auf den (BBiG) -regulierten Bereich der Ausbildungsberufe des dualen Systems reduziert, um eine Trennschärfe zu erhalten. Gleichzeitig wird versucht, durch eine Reihe von Indikatoren, wie vorliegenden Arbeits- und Ausbildungsmarktkennzahlen, bestimmte Entwicklungsphasen zu identifizieren. Diese Entwicklungsphasen scheinen in vielen Ausbildungsberufen vergleichbar zu existieren. Sie lassen sich zum Beispiel mit Hilfe der Datenerhebung des BIBB durch die Auszubildende-Datenblätter (DAZUBI) quantitativ nachweisen.

Mit Hilfe eines standardisierten Prüfschemas kann dann die jeweilige Entwicklungsphase eines Berufs individuell ermittelt werden. So ergibt sich ein Prognosemodell, dass Empfehlungen für Neuordnungsverfahren geben kann. Auch für die Personal- und Standortplanungen im Bereich der beruflichen Schulen kann das Modell durch die getroffenen Vorhersagen eine Entscheidungshilfe bieten.

Herkner, Volkmar; Pahl, Jörg-Peter (2014): Vorüberlegungen zu einer Allgemeinen Theorie der Berufe. In: ZBW (Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik), 110 (1), S. 98–113

Kell, Adolf (2015): Zur (vergeblichen) Suche nach einer Allgemeinen Theorie der Berufe. In: ZBW (Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik), 111 (1), S. 116–124.

 
14:45 - 16:45Session YR 2.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 066
Moderation der Sitzung: Matthias Vonken
 

Kreatives Handeln in der beruflichen Bildung – Was braucht es an Intention, Freiheit oder Zufall?

König-Wendel, Jeanette

Universität Erfurt, Fachgebiet Berufspädagogik und Weiterbildung Deutschland

Kreativität begegnet uns in der alltäglichen Wortverwendung z.B. für Zuschreibungen für Subjekte, Organisationen oder Praktiken im Arbeitsalltag in Bedeutung von etwas Neuem, Einzigartigem (Beyes; Metelmann 2018, 9). Nach Joas (2016, 638) beinhaltet eine Erfassung des Verständnisses von Kreativität weitaus mehr. Seiner Grundidee nach, erwächst Kreativität aus „problematischen“ (beruflichen) Handlungssituationen. Hinsichtlich entscheidender Situationsbestandteile und eigener möglicher Handlungsimpulse stellt Rezeptivität dafür eine bedeutende Bedingung dar. Er spricht von einem dynamischen Modell kreativen Handelns im Interaktionismus. Vergleichbar argumentiert auch Luhmann, dass im Entstehen der Systemtheorie Kreativität bereits Berücksichtigung findet und aus etwas „Neuem“ besteht, was sich nicht auf „wiederholbare Ursachenketten“ zurückführen lässt (Luhmann 1995, 115). Doch welches Verständnis von kreativem Handeln liegt in der beruflichen Bildung vor? Welche Bedeutung wird dem beigemessen? In Anlehnung an die Fotobefragung nach Wuggenig (1990, 109) dienen Fotos von Akteuren aus ihrem beruflichen Alltag als Impuls, ihr kreatives Handeln in narrativen Interviews zu erläutern (Schütze, 1983). Die Auswertung erfolgt mit der Narrationsanalyse nach Schütze.
Bisherige Ergebnisse sind theoriebasierte Aussagen zum Verständnis kreativen Handelns in der beruflichen Bildung, sowie weitere Sichtweisen auf bspw. die Bedeutung von Freiheit oder die Rolle des Zufalls, bis zum Imperativ, kreativ zu sein.
Gewünschter Kreativität steht eine curriculare sowie didaktische Bescheidenheit diverser Ausbildungsordnungen für Berufe gegenüber, welcher durch mögliche Grundzüge einer Didaktik des kreativen Handelns in der beruflichen Bildung begegnet werden könnte.
Literaturverzeichnis
Beyes, T.; Metelmann, J. (Hg.) (2018): Der Kreativitätskomplex. Bielefeld: transcript Verlag.
Joas, H. (2016): Situierte Kreativität. Ein Ausweg aus der Sackgasse der Heidegger-Cassirer-Debatte. In: DZPhil (64(4)), S. 635–643.
Luhmann, N. (1995): Das Risiko der Gesellschaft. In: Zeitschrift für Wissenschaftsforschung 9 (10), S. 107–119.
Schütze, F. (1983): Biographieforschung und narratives Interview. Mannheim
Wuggenig, U. (1990): Die Photobefragung als produktives Verfahren. In: Angewandte Sozialforschung (16), S. 109 –111



Zur Genese der Teilzeitberufsausbildung

Hawel, Jacob

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Mit der Verankerung in das Berufsbildungsgesetz im Jahr 2005 bekam die Teilzeitberufsausbildung zum ersten Mal eine rechtliche Grundlage. Ein starres Zeitregime bestimmte bis in die 2000er Jahre hinein die bundesdeutsche Berufsausbildung, in dem die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit auf eine Ausbildung in Vollzeit ausgelegt war. Maßnahmen zur Flexibilisierung konnten zwar getroffen werden, dabei handelte es sich aber lediglich um individuelle Vereinbarungen zwischen Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden. Im Zuge der Arbeitsmarktreformen zu Beginn des Jahrtausends rückte das Konzept der Teilzeitarbeit mehr und mehr in den Fokus der Wirtschaft und der Politik und gewann gleichzeitig an gesellschaftlichem Ansehen. Untersuchungen zur hohen Jugendarbeitslosigkeit in den 1990er Jahren durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft sowie das Bundesinstitut für Berufsbildung zeigten auf, dass unter den 20- bis 25-jährigen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ein nicht unerheblicher Anteil junge Frauen mit Kindern darstellten. Frühe Mutterschaft galt noch als Tabu, weshalb den Frauen mit Vorurteilen und Skepsis begegnet wurde, wodurch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich verringert wurden.

Mit dem Forschungsvorhaben soll die Genese der Teilzeitberufsausbildung nachgezeichnet werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse politischer Diskurse zu der Ausbildung in Teilzeit. Die Grundlage der Daten bilden Dokumente des Bundestags, Bundesrats und der Landtage. Weitere Dokumente stützen die Untersuchungsergebnisse. Anhand der Datenanalyse sollen die Entwicklungen und Prozesse herausgearbeitet werden, die schließlich zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2005 mit dem Fokus auf die Aufnahme der Teilzeitberufsausbildung führten. Neben dem historischen Auftrag werden durch die Untersuchung Fragen zum Thema Gleichberechtigung und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern aufgeworfen und im Kontext des Vorhabens bearbeitet. So wird auch in Frage gestellt, warum ein berechtigtes Interesse[1] zwingend notwendig war und welche (tradierten) gesellschaftlichen Normen zur Geschlechterfrage Einfluss auf die Gestaltung des Ausbildungskonzepts hatten.


[1] Nur wer eigene Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen hatte, galt als berechtigt für eine Teilzeitberufsausbildung (Empfehlung 129, HA BIBB).

 
14:45 - 16:45Session YR 2.4
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 161
Moderation der Sitzung: Anja Walter
 

Veränderungen der Beziehungsgestaltungs-Kompetenz und Reflexions-Kompetenz durch ein Lehr-/Lern-Konzept achtsamer Reflexion

Larisch, Cathleen

Universität Rostock, Deutschland

Reflexion wird als Kernelement pädagogischer Professionalität verstanden und kann auch als wesentliches Element einer gelungenen Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden betrachtet werden. Allerdings gelten gezielte Interventionen zur Förderung der Reflexionskompetenz als ambitioniert, aufgrund der noch bestehenden Unklarheit, ob sich die Reflexivität angehender Lehrkräfte tatsächlich fördern lässt (vgl. Häcker 2019). Achtsamkeit als Konstrukt erfährt auch in der Lehrkräftebildung eine wissenschaftliche Weiterentwicklung Die signifikante Wirkung von Achtsamkeitstrainings für Studierende ist bislang noch nicht nachgewiesen und bildet derzeit ein Forschungsdesiderat in der Lehrkräftebildung (vgl. Vogel 2019).

Im Rahmen einer Dissertation sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden:

  1. Kann die Ausbildung der Beziehungsgestaltung-Kompetenz in der Dimension der motivationalen, volitionalen und sozialen Anwendungsbereitschaft bei Lehramtsstudierenden der Berufspädagogik durch ein Lehr-/Lern-Konzept achtsamer Reflexion unterstützt werden?
  2. Verändert sich die individuelle Reflexions-Kompetenz durch das Lehr-/Lern-Konzept achtsamer Reflexion?

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird mittels des Forschungsansatzes Design Based Research ein Lehr-/Lern-Konzept achtsamer Reflexion in Bezug auf die Kompetenz der Beziehungsgestaltung für Lehramts-Studierende der Berufspädagogik an der Uni Rostock entwickelt. Innerhalb dieses Konzeptes werden den Studierenden im Laufe ihres Studiums verschiede Instrumente und Aufgaben zur Wahrnehmung individueller Kompetenzüberzeugungen als auch externer Kompetenzzuschreibungen zur Reflexion der Beziehungsgestaltungs-Kompetenz sowie Übungen zur Förderung der Achtsamkeit zur Verfügung gestellt.

Der sich aus dem Lehr-/Lern-Konzept achtsamer Reflexion ergebene Lernprozess der Studierenden wird durch qualitative Forschung mittels problemzentrierter Interviews begleitet. Das Forschungsdesign sieht drei Gruppen vor: a) Achtsame Reflexion-Gruppe, b) Reflexions-Gruppe und c) Kontroll-Gruppe, welche entweder vollumfänglich, anteilig oder nicht das Lehr-/Lern-Konzept durchlaufen. Die Teilnehmenden aller drei Gruppen werden an drei Messzeitpunkten interviewt. Die Interviews werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.

Der Beitrag stellt den geplanten Forschungsansatz der Dissertation vor.



Produktives Lernen als berufsvorbereitendes Bildungsangebot für benachteiligte Schüler*innen

Schulze Niehoff, Adele

OVGU, Deutschland

Das alternative Bildungskonzept Produktives Lernen (PL) stellt für benachteiligte, abbruchgefährdete Jugendliche eine Chance dar, bereits in allgemeinbildenden Schulen berufliche Orientierungen zu erhalten und einen ersten Schulabschluss zu erlangen. Durch individualisiertes Lernen und eine enge Betreuung soll den besonderen Lernvoraussetzungen begegnet werden. Eine Besonderheit ist die Dualität der Lernorte. So erfolgt das Lernen an drei Tagen wöchentlich in Betrieben und an zwei Tagen in der Schule. Dies ermöglicht den Lernenden, interessengebunden und anhand konkreter Tätigkeiten zu Lernen und sich beruflich zu orientieren (Böhm/ Schneider 2009).

Das PL ist in Sekundarstufe I in der 8. und 9. Klasse verortet und schafft eine Schnittstelle zwischen beruflicher Bildung und Allgemeinbildung. Durch die Kombination der Lernorte Schule und Betrieb kommt dem PL auch eine besondere Rolle in der beruflichen Orientierung der Lernenden zu. Unter den Aspekten der Benachteiligtenförderung und der Berufsorientierung soll das geplante Forschungsvorhaben das PL sowohl auf Prozess- als auch auf Outputebene an den Standorten in Sachsen-Anhalt vertiefend untersuchen. Insbesondere zur Gestaltung des Lernprozesses am Praxislernort sowie zur Entwicklung der Lernenden sind bisher kaum empirische Daten vorhanden.

Vor diesem Hintergrund sollen folgende Fragestellungen untersucht werden:

1. Umsetzung des PL-Konzepts am Praxislernort (Prozessebene)

  • Was motiviert Betriebe, sich als Kooperationspartner im PL zu engagieren?
  • Wie werden Lernprozesse im Betrieb gestaltet? Wie gestaltet sich die Betreuung und Integration der Lernenden?

2. Wirkungen des PL-Konzepts (Outputebene)

  • Wie entwickeln sich die Lernenden hinsichtlich schulischer Leistungen und Einstellungen zum Lernen sowie ihrer beruflichen Orientierung?
  • Welche Voraussetzungen bringen die Lernenden mit (familiärer Hintergrund, Schulbiografie, Interesse am PL-Konzept)?

Das methodische Vorgehen sieht jeweils eine Fragebogenuntersuchung vor. Die erste Studie sieht eine Querschnittsbefragung der Kooperationsbetriebe vor, während für die zweite Studie eine Längsschnittuntersuchung der Lernenden über die Dauer von zwei Jahren angestrebt wird. Es sollen möglichst alle in Sachsen-Anhalt beteiligten Standorte inkludiert werden (ca. 400 Schüler*innen). Aufgrund der bisher dünnen Erkenntnislage ist das Vorgehen explorativ.

Literatur

Böhm, I., & Schneider, J. (1996). Produktives Lernen - eine Bildungschance für Jugendliche in Europa. Schibri-Verlag.



Lernseits Forschen - „Arbeitswelt 4.0 und ich“. Förderung der Berufswahlkompetenz durch die Reflexion subjektiver Lernprozesse

Heesch, Nicole

Christian-Albrechts-Universität, Deutschland

Diese Dissertationsstudie befasst sich mit der Fragestellung, welche pädagogischen Interventionen in situativen Lernaufgaben für die Sensibilisierung auf die Arbeitswelt 4.0 als Vorbereitung in der Einführungsphase der Oberstufe für die eigene Wahl der Aufgabenfelder in der Qualifikationsphase ab Jahrgangsstufe 12 von Gymnasien geeignet sind, damit subjektive Lernprozesse der Schüler*innen für die selbstständige Reflexion im Unterricht sichtbar werden können.

Die Bedeutung von Lernerfahrungen in der Berufswahlentscheidung wird in den Prozesstheorien der Berufsorientierung thematisiert. Je höher die Wertschätzung der wahrgenommenen Lernergebnisse ist, desto wahrscheinlicher ist es nach Lent et al., dass die Lernenden erste Schritte in Richtung ihrer Berufswahlziele anstreben. Kernelemente der sich stetig, dynamisch verändernden Arbeitswelt auf Grund der Digitalen Transformationen werden als Teilkomponente der äußeren Kontexteinflüsse für die berufliche Orientierung speziell in den Blick genommen. Lerngegenstand ist die Arbeitswelt 4.0.

Forschungsgegenstand sind die subjektiven Lernprozesse der Schüler*innen. Das ausgewählte qualitative Forschungsdesign orientiert sich an einer lernseits-orientierten Grundlagenforschung mit dem Ansatz der Triangulation als Validierungsstrategie. Der Begriff „lernseits“ bedeutet, dass sich ausschließlich auf die Lernerfahrungen der Schüler*innen im Unterricht konzentriert wird. Drei miteinander triangulierende Erhebungen (Selbsteinschätzungsbogen, Teil­nehmende Beobachtung, Narratives Interview) sind die Basis dafür, die Betrachtung des Forschungsgegenstandes von mindestens zwei Punkten vorzunehmen. Als Auswertungsmethode dient die qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz.

Ziel ist es, Momente der Lernerfahrung - der subjektiven Lernprozesse - genauer einzufangen, um ihre Individualität und Komplexität besser zu verstehen.

Im anknüpfenden Forschungsprozess ist die praktische Anwendbarkeit der Erhebungsinstrumente innerhalb des berufsorientierten Unterrichts an Gymnasien zu prüfen. Auf dieser Grundlage ist die Entwicklung eines Grundgerüsts mit geeigneten Gestaltungsempfehlungen und Indikatoren für ein Lernfortschritt-Konzept zur Sensibilisierung von Jugendlichen auf den Lerngegenstand „Arbeitswelt 4.0“ als Querschnittsaufgabe am Lernort Schule anzustreben.

 
14:45 - 16:45Session YR 2.5
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 165
Moderation der Sitzung: Tobias Jenert
 

Kommunikation und Interaktion in hybrid-organisierten Lehr-/ Lernformen

Trittin, Regina

Universität Rostock, Deutschland

Die Pandemie eröffnete neue Perspektiven auf Digitalisierung und alternative Lehr-/Lernformen, die u.a. einen digital fundierten Umgang mit Diversität und Inklusion fordern. Eine dies berücksichtigende Möglichkeit liegt in hybriden Lehr-/ Lernformaten, mit denen sich Forscher:innen der Universität Rostock verstärkt beschäftigen. Hierbei können Studierende synchron sowohl in physischer Präsenz als auch über ein Videokonferenzsystem teilnehmen. Die Rückmeldungen hierzu sind jedoch ambivalent. Studierende und Lehrende sehen zwar die o.a. Chancen aber auch die Probleme wie z.B. die Beeinträchtigung der Kommunikation (verbal/nonverbal) und der Interaktion, die didaktischen und technischen Erfordernisse. Bisher wurde jedoch kaum eruiert, wie diese Lehr-/ Lernform zu gestaltet ist, damit sie lernförderlich wirkt.

Forschungsleitende Fragen dieser Studie sind daher, welche Kommunikations- und Interaktionsmuster hybrid-organisierten Lehr-/ Lernformen zugrunde liegen und welche Kriterien die Lernmotivation und Akzeptanz fördern.

Forschungssetting: In der explorativen Studie wird zweischrittig vorgegangen:

  1. Im WS 2022/23 wurde eine Vorlesungsreihe eruiert und
  2. im SS 2023 werden die Daten in Seminaren erhoben

In den synchron, hybrid-organisierten Veranstaltungen nehmen jeweils eine Gruppe in Präsenz und in wechselnden Konstellationen eine Gruppe oder einzelne Student:innen über ein Videokonferenzsystem sowie ein/eine Student:in über einen Telepräsenzroboter teil.

Die Datenerhebung erfolgt jeweils mittels eines qualitativen Methoden-Mixes:

In beiden Stufen werden die passiv teilnehmende Beobachtung, die Videographie sowie leitfadengestützte Gruppen bzw. Einzelinterviews der Student:innen und Dozent:innen genutzt. Für die Auswertung ist die qualitative Inhaltsanalyse vorgesehen.

Erste Erkenntnisse:

  • Die Nutzung synchroner, hybrider Lehr-/Lernformen bedarf der Einführung und Unterstützung
  • Die Kommunikation und Interaktion wird in synchronen, hybriden Lehr-/ Lernsettings durch die Medien beeinflusst wird, so dass dies im didaktischen Design berücksichtigt und reflektiert werden muss.
  • Die wahrgenommene Präsenz, soziale Teilhabe und Autonomie haben Einfluss auf die Lernmotivation und diese kann durch den Einsatz eines Telepräsenzroboters gesteigert werden.


Kognitionen & (Mikro)Entscheidung während der Planung berufsbildender Lernumgebungen

Ritter, Martin; Stephan, Abele

TU Dresden, Deutschland

Lernwirksame berufsbildende Lernumgebungen sind ein relevanter Faktor für die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz, die es angehenden Berufsangehörigen ermöglicht anfallende berufliche Aufgaben zu bewältigen. Wie Lehrkräfte ihren Unterricht planen, ist weitestgehend unbekannt. Die wenigen vorliegenden Studien zum Prozess der Unterrichtsplanung – v.a. aus dem Bereich Wirtschaftspädagogik – legen nahe, dass dieser ein höchst individueller und primär erfahrungsgestützter Prozess ist, bei dem selten explizit auf wissenschaftliche Erkenntnisse rekurriert wird. Ob so geplanter Unterricht aus Sicht der Lehr-Lern-Forschung lernwirksam ist, ist fraglich. Die geplante Forschung im Kontext einer kumulativen Promotion hat das Ziel den Planungsprozess besser zu verstehen, zu modellieren und daraus Ansatzpunkte für Angebote in der dritten Phase der Lehrer:innenbildung und für die Reflexion der ersten und zweite Phase abzuleiten. Zentral stehen die Fragen: Welche Denkprozesse nehmen Lehrkräfte bei der Planung von berufsbildendem Unterricht vor & welche (Mikro)Entscheidungen treffen sie? Fokus des Beitrages auf der Tagung soll die Diskussion des geplanten Studiendesigns sein. Zur Datengewinnung sollen berufserfahrene Lehrkräfte bei der Planung von Unterricht in einer Computerumgebung videographiert werden, Lehrziel und berufliche Problemstellung werden vorgegeben. Ihre Aktivitäten werden per Screencast, ihre Ergebnisse in schriftlichen Unterrichtsentwürfen festgehalten. Während der Planung werden die Lehrpersonen dazu angeregt ihre Kognitionen zu verbalisieren (concurrent reporting). Anschließend wird ein cued retrospective reporting initiiert – die Lehrkräfte werden mit konkreten Ereignissen während der Planung konfrontiert und gefragt, ob und welche Entscheidungen sie getroffen haben und welche Kognitionen warum für die Entscheidungen handlungsleitend waren. Diese Kombination verspricht eine hohe Informationsdichte hinsichtlich der Handlung an sich, dem Warum und Wie sowie metakognitiver Prozesse. Zur Auswertung der Daten scheint eine qualitative Inhaltsanalyse vor dem Hintergrund deduktiv abgeleiteter Kategorien (z.B. Reihenfolge der Planungsschritte; Rückgriff auf didaktische Theorien; Einfluss von Kontextfaktoren) geeignet. Wahrscheinlich werden diese um induktiv gebildete Kategorien ergänzt. Denkbar ist bei Datensättigung eine Überführung der Erkenntnisse in eine quantitative Forschung.



Policy-Transfer im Bereich der Berufsausbildung in Kirgisistan

Stytsenko, Anna

TU Dresden, Deutschland, Fakultät Erziehungswissenschaften, Institut für Berufspädagogik und Berufliche Didaktiken, Professur für Erwachsenenbildung, Schwerpunkte berufliche Weiterbildung und komparative Bildungsforschung

Das Berufsbildungssystem in Kirgisistan wurde nach sowjetischer Tradition aufgebaut und hat in den letzten dreißig Jahren viele Veränderungen erlebt. Seit dem 31.August 1991 ist dieses zentralasiatische Land eine unabhängige demokratische Republik mit einer Bevölkerungsanzahl von etwa 6,7 Einwohner*innen im Jahr 2021 und einem Bruttoinlandsprodukt von 8,5 Milliarden US-Dollar im selben Jahr (World Bank, 2023).

In den Jahren der Unabhängigkeit wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Berufsbildungssystem zu optimieren und zu modernisieren. „Die Reform der Berufsbildung ist seit vielen Jahren ein zentrales Anliegen der zentralasiatischen Länder“ (Bohlinger & Zhunussova, 2019, S. 40). Basierend auf dem Gesetz der Kirgisischen Republik zur Bildung Nr.142, Kap. 2, Art. 11 umfasst derzeit das Berufsbildungssystem fünf Bereiche: grundlegende[1] und mittlere[2] Berufsausbildung, Hochschul[3]/-, Postgraduierten[4]/- und Weiterbildung[5]. In diesem Beitrag gehören zum Forschungsgegenstand zwei entsprechende Bereiche der Berufsausbildung.

Aktuell ist die Heterogenität von Berufsbildungselementen in Kirgisistan in der Berufsausbildung zu beobachten, die parallel zueinander funktionieren: bedarfsorientierte Ausbildungsangebote in Form von kurzfristigen Kursen, Anwendung eines competence-based Ansatzes (European Training Foundation , 2017), duale Ausbildungsansätze (GIZ, 2023).

Die Untersuchungsschwerpunkt dieser Arbeit umfasst folgende Fragen, wie Kirgisistan an Berufsbildungsinnovationen eingreift und wie das System der Berufsausbildung von der Implementierung der dualen Ausbildungsansätzen beeinflusst wird.

Als theoretischer Zugang dient der Ansatz von Phillips & Ochs (2003) zum „Policy Borrowing in education“. Als methodisches Vorgehen findet eine explorative Untersuchung mit dem qualitativen Forschungsansatz staat. Die unmittelbare Daternerhebung wird in Rahmen der Feldforschung im Februar-März (2024) in Kirgisistan durchgeführt. Die Datenerhebungsmethoden sind dabei die Dokumentenanalyse und Leitfadeninterviews mit den Expert*innen. Die erhobene Daten werden anhand der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckarzt (2018) ausgewertet.

[1] nachalnoye professionalnoye obrazovaniye

[2] sredneye professionalnoye obrazovaniye

[3] vyssheye professionalnoye obrazovaniye

[4] poslevuzovskoye professionalnoye obrazovaniye

[5] dopolnitelnoye professionalnoye obrazovaniye

 
14:45 - 16:45Session YR 2.6
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166
Moderation der Sitzung: Tamara Riehle
 

Immersive Medien in der technischen und ingenieur-wissenschaftlichen Hochschullehre – Herausforderungen von Lehrenden und Erwartungen von dualen Partnern

Klein-Wiele, Judit1; Mandel, Harald1; Frank, Carolin2

1Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart, Deutschland; 2Bergische Universität Wuppertal

Immersive Medien (AR, VR) gewinnen in der Arbeitswelt und in der Ausbildung von zukünftigen Berufstätigen eine größere Rolle. Dies zeigen die Entwicklungen von Berufen mit dem Schwerpunkt immersive Medien in der Berufsausbildung und im akademischen Bereich. Die Kluft zwischen den Anforderungen der Unternehmen in Bezug auf immersive Medien in der Lehre und den Erfahrungen sowie Kompetenzen der Lehrenden ist beträchtlich. Dies zeigt die hier vorzustellende Bedarfsanalyse als Grundlage für die Entwicklung eines Fortbildungskonzepts für Lehrende zum Einsatz von immersiven Medien in der Lehre in technischen und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen.

Für den Beitrag erfolgt eine Fokussierung auf die Fragestellung: „Wie können die Ergebnisse der Bedarfsanalyse in ein Design eines Fortbildungskonzepts für den Einsatz von immersiven Medien in der Lehre einbezogen werden?“.

Für die Bedarfsanalyse wurden zum einen eine quantitative Online-Umfrage für Lehrende der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Fakultät Technik und zum anderen 11 qualitative Interviews mit Dualen Partnern der Hochschule durchgeführt. Teilnehmende der Online-Befragung sind Lehrende aus der Professorenschaft, wissenschaftliche Mitarbeitende, Laboringenieur:innen sowie externe Dozierende von den DHBW Standorten. Deren Vorerfahrungen mit immersiven Medien sowie mit didaktischer Ausgestaltung von Lehre sind gering. Die Befragten lehren weitestgehend intrinsisch motiviert und nutzen digitale Medien in der Lehre. Bezogen auf den Einsatz von immersiven Medien in der Lehre haben die Lehrenden allerdings einerseits Bedenken, können sich aber andererseits Vorstellen das dieser „Spaß“ bereiten kann. Zur Thematik Fort- und Weiterbildungen sind sie positiv eingestellt und haben genaue Vorstellungen von der Umsetzung. In den Interviews wurden neben der persönlichen Erfahrung und der Anwendung mit den Unternehmen auch die Art des Einsatzes in der Lehre, die Herausforderungen und mögliche Maßnahmen thematisiert. Für die Auswertung wurde mit R-Studio (quantitative Statistik) und mit MAXQDA (qualitative Inhaltsanalyse) durchgeführt.



Entwicklung der Unterrichtsplanungskompetenz Vollzeit- und dual Studierender gewerblich-technischer beruflicher Fachrichtungen

Leske, Peer; Frank, Carolin

Bergische Universität Wuppertal, Didaktik der Technik

Der Lehrkräftemangel führt zu einem steigenden Anteil an Quereinsteigern ohne Lehramtsausbildung. In NRW ist der Anteil an nicht grundständig ausgebildeten Lehrkräften in den Fachrichtungen Maschinenbau- & Elektrotechnik besonders hoch. Um den Lehrkräftebedarf in diesem Bereich zukünftig besser zu decken, wurde der duale Master of Education am Berufskolleg eingerichtet, welcher eine zum Vollzeitstudium äquivalente berufsbegleitende Qualifizierung darstellt. Der Studiengang setzt die Anstellung an einem Berufskolleg (Unterrichtsverpflichtung 13 h/Woche) voraus. Zielgruppe hierfür sind FH-Absolventen mit Berufserfahrung als Ingenieur. Die Zielperspektive des ersten Studienabschlusses bei dual Studierenden ist daher in der Regel die Tätigkeit als Ingenieur. Die Forschungslage in Bezug auf diese Form des Einstiegs in das Lehramt ist aktuell gering, es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Quereinsteiger in Bezug auf die Unterrichtsplanung Schwierigkeiten haben [1]. Die durchgeführte Studie soll Aufschluss darüber geben, ob die Unterschiede in der Qualifikationsphase vor dem Masterstudium und in den Rahmenbedingungen während des Studiums (mit Fokus auf das 1. Mastersemester) Einfluss auf die Entwicklung der Unterrichtsplanungskompetenz nehmen. Zur Erfassung der Unterrichtsplanungskompetenz [2] wird ein Textvignettentest eingesetzt. Der Test wurde durch eine Experten-Befragung (N=5) und Lautes Denken-Interviews (N=6) evaluiert. Der Test wurde bei allen am Standort eingeschriebenen Studierende der Fachrichtungen Maschinenbau- und Elektrotechnik seit SoSe 2020 des Vollzeit- (N=31) und dualen Studiengangs (N=18) zu Beginn und Ende des 1. Semesters eingesetzt. Zur Auswertung wurden durch Literaturreviews Qualitätskriterien für die einzelnen Aspekte der Unterrichtsplanung herausgearbeitet, in einem Codierleitfaden operationalisiert und durch Interrater-Verfahren überprüft. Mittels Varianzanalyse konnte gezeigt werden, dass die Vollzeit-Studierenden im Vergleich zu den dual Studierenden in einzelnen Planungsaspekten signifikant höhere Kompetenzen am Ende des ersten Semesters aufweisen. Schwerpunkt des Vortrages bildet die Vorstellung des Messinstrumentes sowie die Ergebnisdarstellung.

[1] Porsch, R. (2021). Quer- und Seiteneinsteiger*innen im Lehrer*innenberuf. In Reintjes et al. (Hrsg.), Schulpraktische Studien und Professionalisierung,207–222.

[2] König, J. et al., M. (2022). Stichwort: Unterrichtsplanungskompetenz. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 25(4), 771–813.



Theoretische Ansätze und erste Erkenntnisse zur Untersuchung der Lernprozesse innerhalb der „Maker-Community“

Jäger, Sven R.

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Die Maker-Community beschreibt eine Gemeinschaft, deren Mitglieder – die sogenannten Maker – sich alternativ zu einer rein konsumierenden Technikgesellschaft verstehen und ihre Ideen und Vorstellungen in besonderer Art und Weise verwirklichen oder auch synthetisch kombinieren.

Maker gestalten mit modernen Technologien unterschiedlicher Komplexität interdisziplinär und mit eigenen kreativen Ansätzen. Das Tun und Handeln ist dabei projekt- bzw. praxisorientiert und bildet zusammen mit einer ausgeprägten Neugierde und Lernbereitschaft eine eigene Lernkultur. Die Mitglieder eignen sich das benötigte Knowhow einerseits für ihren speziellen Bedarf selbst an und spiegeln ihre Erkenntnisse andererseits open-source auf speziellen Tauschplattformen in die Gemeinschaft zurück.

Aus dieser Bewegung heraus hat sich die sog. Maker Education entwickelt, die sich durch eine offene Lehr-Lern-Organisation von den bisherigen institutionellen Lernsettings unterscheidet. Insbesondere soll dabei der Anspruch lebenslangen Lernens anhand realer Szenarien verfolgt und Möglichkeiten einer perspektivischen Teilhabe an Naturwissenschaft, Technik oder auch der Wissenschaft geschaffen werden. Nicht selten stehen dabei kreative, künstlerische aber auch ökologische Aspekte im Vordergrund.

Für das laufende Forschungsvorhaben ergibt sich daher die folgende zentrale Fragestellung: Wie verlaufen Lernprozesse innerhalb der Maker-Szene und inwiefern konvergieren diese mit bereits bekannten Lehr-Lern-Theorien?

Da derartige Rückschlüsse nur aus der Interaktion und Kommunikation der Community selbst gezogen werden können, wird das Feld und damit das Forschungsinteresse ethnografisch erschlossen. Theoretische Ansätze sowie erste erworbene Erkenntnisse bieten die Grundlage für eine weiterführende Diskussion.

Durch das Forschungsvorhaben könnte eine wissenschaftlich fundierte Transformation auf bisherige Lernsettings ermöglicht werden, die Lehrenden konkrete Bezüge erlauben und ihnen weitere Möglichkeiten didaktischer Reflektion eröffnen. Zwar werden zunehmend die Lerninhalte bzw. -„dinge“ der Maker auch in unterrichtlichen Kontexten eingesetzt, bislang fehlt allerdings deren empirische Grundlage. Über die bisherigen allgemeinbildenden Arrangements hinaus soll insb. das Verhältnis zur beruflichen Bildung kontextualisiert werden.

 
16:45 - 17:15Pause
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Foyer
17:15 - 18:15YR-Austausch: Rahmenbedingungen des Wissenschaftlichen Nachwuchses
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 160
18:15 - 18:30Gebäudewechsel
18:30 - 20:00Essen
Ort: Audimax Foyer
18:30 - 20:00Meet the Editor
Ort: Audimax Foyer
20:00Berufs- und Wirtschaftspädagogischer Science Slam
Ort: Audimax Foyer
Moderation der Sitzung: Conrad Krödel
 

Ein Handwerk studieren - zur Zukunftsfähigkeit der Berufsbildung (in der Schweiz)

Gonon, Philipp

Universität Zürich, Schweiz



Island - ein Beruf ist nicht genug

Kaiser, Franz

Universität Rostock, Deutschland



Sagt die Kreativität zum Zufall: "Mein Berufsgeheimnis ist Freiheit..."

König-Wendel, Jeanette

Universität Erfurt, Deutschland



Humor im Gesundheitswesen

Krause, Friederike

Leibniz Universität Hannover, Deutschland



Ist das Forschung oder kann das weg?

Kückmann, Marie-Ann

Universität Paderborn, Deutschland



Zur Gestaltung von Communities of Practice - ein Rezeptvorschlag

Tress, Dominik1,2

1Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU); 2Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH)



Methoden-Schule Gruppendelphi-Verfahren: "Mal angenommen die Filterblase würde platzen..."

Vollmer, Simon

Europa-Universität Flensburg, Deutschland



„Die Tomatensoße nicht zuerst aufdecken“ – was Berufsfeldanalysen in personenbezogenen Berufen zeigen

Walter, Anja; Fritzenwanker, Martin

TU Dresden, Deutschland

 
Datum: Donnerstag, 07.09.2023
8:00 - 9:00Anmeldung und Ankommen
Ort: Audimax Foyer
9:00 - 9:30Begrüßung und Grußworte
Ort: Audimax
9:30 - 10:30Keynote: Making VET attractive – dilemmas in Danish VET policy (Pia Seidler Cort, Aarhus University)
Ort: Audimax
10:30 - 10:45Pause
10:45 - 12:15Session 1.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 063
Moderation der Sitzung: Andreas Rausch
 

Professionalisierung von beruflichen Lehrkräften für digital angereicherten bzw. hybriden Unterricht

Pittich, Daniel1; Ludwig, Tobias1; Tenberg, Ralf2

1TU München, Deutschland; 2TU Darmstadt, Deutschland

Digitale Lehrkompetenzen werden in allen Bildungsbereichen immer wichtiger. Die fundierte Professionalisierung von Lehrkräften ist dabei eine Zukunftsaufgabe, da die Lehrkräfte die erforderlichen didaktischen, methodischen und informatorischen Kompetenzen überwiegend eigenständig im unterrichtlichen Handeln erwerben (Tenberg, 2020). Lehrkräfte müssen daher stärker als bisher befähigt werden, digitale Features kompetent und didaktisch reflektiert für Lehren und Lernen einzusetzen (van Ackeren et al 2019). In Adressierung dessen wurde im BMBF-Projekt „Hybrid-Learn“ der Nationalen Bildungsplattform eine Professionalisierungsansatz zur Entwicklung und Umsetzung hybrider Lehr- und Unterrichtskonzepte im beruflichen Unterricht entwickelt (Konzeptionsphase). Es befindet sich aktuell in Umsetzung (Umsetzungsphase) und folgt dabei der Grundidee Hybrider Lernlandschaften (Pittich, Tenberg, 2020). Der vorliegende Professionalisierungsansatz und dessen theoretisch-konzeptionelle Hintergründe integrieren dabei Digitale Lehrkompetenzen (u.a. Sloane, 2019; Seufert, et. al 2019; Schmid et. al 2016), Professionalisierung von Lehrpersonen (u.a. Gössling et. al 2019; Tenberg, 2020) sowie Hybride Lehre (u.a. Euler, Severing,2019; Kerres 200, Jahnke, 2016). Das Vorhaben lässt sich Design-Based-Research-Ansatz beschreiben, in dem nach erfolgreicher Konzeptionsphase zwei Implementierungs-, Evaluierungs-, Optimierungs-Zyklen erfolgen. Die Anzahl an Kursformaten sowie Teilnehmenden wird dabei erweitert. Der Ansatz wird zudem über eine vierteiligen Begleitstudie empirisch begleitet (Summative Evaluation, reflektierte Logfile-Analyse, Lernwirkungstest, Follow-up Befragung). Aktuelle Ergebnisse beziehen sich auf einen intuitiven Moodle-Kurs als „didaktisch-methodischen Doppeldecker“, in dem die Lehrkräfte in ihrer Professionalisierung genau jene Methoden handhaben, die Sie in schulischen Lernumgebungen einsetzen. Hinzu kommen erste (Teil-)Ergebnisse, wie Rückmeldungen bei der Erarbeitung hybrider Unterrichtskonzepte über Checklisten erfolgt sowie Aussagen des wissenschaftlichen Monitorings. Der Professionalisierungsansatz ermöglicht einen Perspektivwechsel bei den Lehrkräften, da diese selbst einen Einblick in selbstorganisiertes Lernen in hybriden Formaten, sie erfahren was es für Lernende heißt sich intuitiv in Selbstlernumgebungen bewegen zu können und digitale Lehr-Lern-Features zu nutzen. Die Grundidee werden aktuell in unterschiedlichen Schulkooperationen nutzbar gemacht.



Lebenssituation, berufliche Aspirationen und Orientierung von Auszubildenden. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter Berücksichtigung der Wohnortgröße

Eckelt, Marcus

Helmut-Schmidt-Universität, Deutschland

Im Zentrum der Berufsbildungsforschung stehen die (jungen) Menschen, denen durch eine Ausbildung die berufliche und gesellschaftliche Integration ermöglicht werden soll. Eine Berufsausbildung lässt sich in diesem Sinne als eine Voraussetzung zu positiver Freiheit innerhalb der heutigen Gesellschaft verstehen – also der Freiheit des einzelnen Subjekts, das eigene Leben selbstbestimmt zu gestalten.

Erhebliche raumbezogene Ungleichheiten in der Berufsbildung innerhalb Deutschlands, die für den dualen Ausbildungsmarkt gut dokumentiert sind, werfen jedoch die Frage auf, wie es um die Voraussetzungen dieser positiven Freiheit bestellt ist. Auf einer theoretischen Ebene wird vermutet, dass es neben der regional unterschiedlichen Ausbildungssituation auch regional unterschiedlich ausgeprägte Einstellungen der jungen Menschen vor und in Ausbildung geben könnte. Historisch wurde von einem ausgeprägten Stadt-Land-Unterschied ausgegangen (Büchter 2021; Hjelm-Madsen und Kalisch 2022).

Ob dem heute noch so ist, wird im geplanten Vortrag dieser Frage auf Basis einer repräsentativen Befragung von Auszubildenden (n = 831, duales und Schulberufssystem) nachgegangen. Da eine exakte Zuordnung zu städtischen bzw. ländlichen Regionen (Schmidt und Uhly 2023) mit den vorliegenden Daten nicht möglich war, wird als Hilfskonstruktion die Wohnortgröße genutzt. Mittels einer explorativ-deskriptiven Auswertungsstrategie wurde überprüft, inwiefern es Unterschiede bezüglich der Ausbildungssuche, der Ausbildungssituation, beruflicher Aspirationen und zentraler Werte zwischen Auszubildenden nach Wohnortgröße (fünfstufig) gibt.

Im Ergebnis zeigen sich heutzutage kaum systematische Unterschiede. Auszubildende berichten mehrheitlich von einer ähnlichen Ausbildungssituation und teilen ausbildungsbezogene Einstellungen und Zukunftswünsche. Dies legt nahe, dass raumbezogene Einflüsse auf die subjektive Orientierung von Auszubildenden nicht einem einfachen Stadt-Land-Schema folgen.

Im Ausblick wird daher für Regionalstudien plädiert, die neben materiellen Raumbedingungen auch subjektive Perspektiven Auszubildender erheben, um den Zusammenhang von regionaler Ausbildungssituation und Einstellungen künftig besser zu verstehen.



Vertrauenskultur als Basis innovativer Lernkulturen

Barabasch, Antje; Widmer, Lona

EHB, Schweiz

Durch eine kooperative Vertrauenskultur im Ausbildungsbetrieb, können Jugendliche dabei unterstützt werden früh Verantwortung zu übernehmen. Die vorliegende Analyse geht von der Annahme aus, dass die Vertrauenskultur eines Unternehmens eine Rahmenbedingung für eine gelingende Berufsbildung darstellt. Mit welchen Massnahmen wird bewusst eine gelebte Vertrauenskultur in der Berufsbildung eines Unternehmens geschaffen und wie wirkt sich diese auf das Gelingen der Berufsbildung?

Vertrauenskultur basiert auf gegenseitigem Vertrauen innerhalb eines Unternehmens, das von allen Mitarbeitenden getragen wird. Es ist auch eine Voraussetzung für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen, deren Umgang mit Veränderungen und deren Anpassung an neue Gegebenheiten. Die Berufsbildung ist diesem Innovations- und Veränderungsdruck ebenso ausgesetzt und die Vertrauenskultur eines Unternehmens kann für deren erfolgreiche Bewältigung massgebend sein. Eine geeignete Unternehmenskultur zeichnet sich durch eine ausgeprägte Mitarbeiterorientierung, Partizipation, bedeutsame Arbeit, gute Arbeitsbedingungen, regelmässige Kompetenzentwicklung und eine klare Mitarbeiterbezogenheit aus. Die Vertrauenskultur zwischen den Lernenden und Mitarbeitern ist aber von einer Asymmetrie und Abhängigkeit geprägt. Besonders bedeutsam ist die Beziehungsgestaltung am Arbeitsplatz. Sie drückt sich unter anderem in einer konstruktiven Feedback- und Fehlerkultur, aber auch in den zahlreichen Möglichkeiten der Lernenden zur aktiven Mitgestaltung im Betrieb aus.

Im Rahmen einer explorativen Fallstudie im grössten Telekommunikationsunternehmen der Schweiz wurden 37 semi-strukturierte Interviews mit Lernenden, Ausbildungsbegleitern und Managern sowie Beobachtungen durchgeführt. Die strukturierende Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) führte über die Kodierung zur iterativen Interpretation im Team und Vertiefung der Thematik durch weitere Literatur- und Expertenkonsultation.

Konkret wird im Vortrag aufgezeigt, 1. inwiefern die Beziehungsgestaltung des Unternehmens eine hohe Vertrauenswürdigkeit zum Ausdruck bringt, 2., wie entscheidend dabei die Fehler- und die Feedbackkultur sind und 3. welchen Einfluss die Mitgestaltungsmöglichkeiten und die Eigeninitiative der Lernenden haben. Mit Hilfe von aussagekräftigen Interviewauszügen, werden die Annahmen untermauert. Die Datenanalyse stützt die Annahme, dass eine gelingende Berufsbildung eine konstruktive Vertrauenskultur als Rahmenbedingung benötigt.

 
10:45 - 12:15Session 1.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 065
Moderation der Sitzung: Karin Heinrichs
 

Prekäre Freiheit – Zur Reziprozität ganzheitlicher Kompetenzförderung und gesellschaftlicher Verantwortung in der beruflichen Rehabilitation

Ixmeier, Sebastian

Universität Duisburg-Essen, Deutschland

Die politisch-normative Grundlage der bundesdeutschen Arbeitsverwaltung stellt seit rund zwei Jahrzehnten das Aktivierungsparadigma mit seinen Leitprinzipien Fördern und Fordern dar (Freier 2016). Nicht zuletzt aufgrund einer Verstetigung von Langzeitarbeitslosigkeit steht dieses zentrale Organisationsprinzip zunehmend in der Kritik (Brussig 2019). Entsprechend gewinnt aktuell ein neues Leitbild an Relevanz, das einer allgemeinen Förderung von Teilhabe mehr Aufmerksamkeit schenkt. Die Akteur*innen der beruflichen Rehabilitation sind somit zwei konträren Handlungslogiken ausgesetzt, die zwischen gesellschaftlicher Verantwortung zur (schnellen) beruflichen (Re-)Integration und der freiheitlichen Entwicklung der Betroffenen schwankt. Im Beitrag sollen die Deutungsschemata der Akteur*innen innerhalb dieses Spannungsfeldes dargestellt, die Aushandlungsprozesse nachgezeichnet und die Handlungslogiken und Folgen kritisch erörtert werden.

Das rehapro-Modellprojekt Essen.Pro.Teilhabe erprobt neue Ansätze zur Teilhabeförderung langzeitarbeitsloser mit gesund. Einschränkungen. Die empirische Datengrundlage entstammt der wiss. Begleitforschung des Modellprojekts. Die Datenbasis bilden Online-Befragungen, ethnographische Feldprotokolle sowie leitfadengestützte Interviews mit Teilnehmenden, Projektmitarbeitenden sowie Stakeholder*innen. Die Datenauswertung erfolgt mit inhaltsanalytischen/rekonstruktiven sowie deskriptiven/inferenzstatistischen Verfahren.

Der Beitrag zeichnet mit der kompetenzorientierten Aktivierung die Entstehung und Umsetzung eines hybriden Leitbildes in der Arbeitsverwaltung kritisch nach. Im Zentrum des Verwaltungshandelns steht nicht mehr nur eine berufliche (Re-)Integration, sondern ein inkrementelles, ganzheitliches Vorgehen in welchem die „Persönlichkeit zum Orientierungspunkt beruflichen Handelns“ (Epping et al. 2001: 152) wird. Die Gewährung entwicklungsorientierter Freiheitsgrade wird jedoch begleitet von normativen Setzungsprozessen, die ihre Legitimation aus einem Kosten-Nutzen Kalkül ziehen. Entsprechend dieser Social Investment State - Logik (Ferrera 2009) gilt als Unterstützungswürdig, wer den sozialstaatlich expansiven Ansatz prinzipiell annimmt und eine gewisse Grundmotivation aufweist. Auch wenn vor allem arbeitsmarktnähere sowie jüngere Personengruppen das Projekt vor diesem Hintergrund überdurchschnittlich häufig frühzeitig beenden, liefert es für die verbliebene „In-Group“ neuartige Teilhabeperspektiven.



Inklusionsbezogene Professionalisierung von Lehrkräften an beruflichen Schulen. Ergebnisse einer fragebogenbasierten Befragung von Lehrkräften in ausgewählten Bundesländern Deutschlands

Burda-Zoyke, Andrea1; Jahn, Robert W.2; Driebe, Thomas3; Götzl, Mathias4

1Christian-Albrechts-Universität zu Kiel; 2Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg; 3Philips-Universität Marburg; 4Staatliches Studienseminar für Lehrerausbildung Erfurt

Vor dem Hintergrund veränderter und teils neuer Aufgaben zum Umgang mit Heterogenität und Inklusion wird seit Jahren eine adäquate Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte gefordert (VN-BRK, 2008; EADSNE, 2011; KMK, 2011; Werning & Baumert, 2013; DUK, 2014; KMK & HRK, 2015; Bylinski, 2015). Über den Erfahrungs- und Qualifizierungshintergrund ausgebildeter Lehrkräfte an allgemeinen und insb. an beruflichen Schulen ist aber nur wenig bekannt. Daher wird untersucht, welche diesbezüglichen Erfahrungen und Qualifizierungen Lehrkräfte an beruflichen Schulen aufweisen und welche Zusammenhänge zwischen dem Erfahrungs-/Qualifizierungshintergrund und Facetten pädagogischer Professionalität (Einstellungen, Selbstwirksamkeit) bestehen.

Zur Beantwortung werden Daten einer standardisierten Befragung von 662 Lehrkräften beruflicher Schulen in vier Bundesländern (Hamburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) herangezogen (Burda-Zoyke et al. 2023). In dem Fragebogen wurden insb. Erfahrungen mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen und in inklusiven Klassen sowie besuchte Qualifizierungsveranstaltungen differenziert nach Phase der Lehrkräftebildung, Häufigkeit, zeitlichem Umfang, Gegenstand und Relevanz für die berufliche Bildung erfragt, ebenso wie inklusionsbezogene Einstellungen (Seifried, 2015) und Selbstwirksamkeitserwartungen (Bosse & Spörer, 2014). Im Beitrag erfolgt eine deskriptive Darstellung der Befragungsergebnisse. Zudem werden Zusammenhänge u.a. zwischen der Häufigkeit besuchter Qualifizierungsveranstaltungen und Facetten pädagogischer Professionalität (s.o.) untersucht.

Nur 7% der Befragten berichten eine eigene Beeinträchtigung, 38 % Inklusionserfahrungen im beruflichen und privaten Kontext und 73% Erfahrung in inklusiven Klassen. Ein Viertel gibt inklusionsbezogene Qualifizierungen an. Diesbezüglich lassen sich unter Berücksichtigung von Phase, Dauer und Häufigkeit vier Gruppen identifizieren. Zudem zeigt sich ein Einfluss inklusionsbezogener Erfahrungen und inklusionsbezogene Qualifizierungsmaßnahmen u.a. auf die Einstellungen zu Inklusion, insb. auf die persönliche Bereitschaft.



Mentor*innen als Verantwortungsträger in schulpraktischen Studienphasen – Ein systematisches Literaturreview

Reppel, Norman; Bergmann, Dana; Jahn, Robert W.; Porsch, Raphaela

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland

Schulpraktische Studienphasen stellen in der Lehrkräfteausbildung ein zentrales Element dar, bei dem den begleitenden Lehrkräften an den Praktikumsschulen ein hohes Maß an Verantwortung zugeschrieben wird (z. B. Gröschner & Häusler, 2014; Ulrich & Gröschner, 2020). Aufgrund ihrer zentralen Stellung im Rahmen der Einführung von Langzeitpraktika (vgl. Weyland, 2012), wurde die Rolle von Mentor*innen in den letzten Jahren verstärkt empirisch untersucht. Bis dato liegt jedoch kein systematischer Gesamtüberblick zu empirischen Befunden vor. Der Beitrag greift dieses Desiderat auf. Es wurde untersucht, welche Befunde zu Mentor*innen in schulpraktischen Studienphasen in empirischen Studien im deutschsprachigen Raum vorliegen und welche Forschungsdesigns und Instrumente
genutzt werden. Dazu wurde ein systematisches Review durchgeführt (vgl. Boland et al., 2014), welches einen transparenten Überblick über den bestehenden deutschsprachigen Forschungsstand zur Thematik gibt.
Die in das Review einbezogenen Studien (N=61) wurden mithilfe einer qualitativen
Inhaltsanalyse ausgewertet. Im Ergebnis konnte mittels eines deduktiven und induktiv ergänzten Vorgehens eine Systematisierung der Studienlage zu Mentor*innen in schulpraktischen Studienphasen erarbeitet werden, die mithilfe des Input-Prozess-Output-Schemas nach Scheerens (2017) klassifiziert wurden. Im Rahmen der Ergebnisvorstellung wird die Bedeutung von Mentor*innen als Verantwortungsträger in schulpraktischen Studienphasen expliziert.

 
10:45 - 12:15Session 1.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 066
Moderation der Sitzung: Franz Kaiser
 

„Allpaka“ - Ein digitales Unterrichtsplanungstool als Lernunterstützung für Novizen-Lehrkräfte

Frank, Carolin; Leske, Peer; Scheller-Hornik, Annegret; Ranft, Sebastian; Theede, Maike

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Infolge des Lehrermangels gibt es in Schulen einen steigenden Anteil an Quereinsteigern ohne grundständige Lehramtsausbildung, insbesondere in den gewerblich-technischen Fachrichtungen Maschinenbau- und Elektrotechnik. Es gibt, trotz des geringen Forschungsstandes zu Quereinsteigern, Hinweise darauf, dass Quereinsteiger Schwierigkeiten bei der effizienten und effektiven Unterrichtsgestaltung haben [1]. Dies kann sich negativ auf den Lernerfolg der Schüler auswirken [1]. Aus der Forschung zu Fortbildungen kann als ein Ansatz abgeleitet werden, e dass Lehrkräfte mittels digitaler Applikationen effizient bei derder Planung von Unterricht ngeleitet und darüber nachqualifiziert werden können [2]. Die Vorteile der digitalen Begleitung liegt vor allem in einer ubiquitären Verfügbarkeit des Angebots sowie in einer langfristigen Einsetzbarkeit und handlungsspezifischen Unterstützung. Eine derartige Applikation wird im Forschungsprojekt KoLBi BK als Webanwendung unter der Bezeichnung „Allpaka“ entwickelt. Ziel ist eine praxisorientierte Unterstützung des Prozesses der Unterrichtsplanung für den gewerblich-technischen Unterricht auf Basis aktueller Forschungsergebnisse. Im Rahmen der Entwicklung des Tools wird der Planungsprozess in vier Teilmodule unterteilt (übergeordnete Planung, Einstiegsphase, Erarbeitungsphase, Sicherungsphase) und anhand konkreter Denk- und Handlungsaufforderungen operationalisiert, um den Transfer in einen effizienten Planungsprozess zu erleichtern. Novizen können während der Unterrichtsplanung gezielt unterstützt und didaktische Entscheidungen angeleitet getroffen werden. Dies schließt insbesondere Entscheidungen mit Bezug zu Anforderungen der gewerblich-technischen Fachdidaktiken ein. Das Tool wird mittels der Methode Lautes Denken evaluiert. Ergänzend werden die Nutzer mittels Short-UEQ zur User-Experience befragt. Der Vortrag stellt den digitalen Unterrichtsplanungsprozess vor und gibt eine Ergebnisdarstellung der empirischen Usability Studien. Es wird erläutert, wie die App in die Lehre zur hochschuldidaktischen Begleitung von Praxisphasen im Lehramtsstudium integriert werden kann.

[1] Porsch, R. (2021). Quer- und Seiteneinsteiger*innen im Lehrer*innenberuf. In C. Reintjes et al. (Hrsg.), Schulpraktische Studien und Professionalisierung. S. 207–222.

[2| Göb, N. (2017). Professionalisierung durch Lehrerfortbildung. Die deutsche Schule, 109(1), 9–27.



Gewichtete Kompetenzprofile von Lehrkräften der beruflichen Bildung

Besser, Lea1; Traum, Anne2

1Universität Halle, Deutschland; 2Universität Rostock, Deutschland

Fragestellung Wie gewichten berufliche Lehrkräfte unterschiedlicher Fachrichtungen ihr Kompetenzprofil?

Abstract

Berufliche Lehrkräfte benötigen ein breites Spektrum an Kompetenzen, welche je nach Arbeitsinhalt, Fachrichtung, Schule, Land und Klassengröße variieren können (Rauner, 2015; KMK, 2004). Zur Überprüfung dieser Kompetenzen wurden tätigkeitsspezifische Kompetenzprofile auf Basis von objektiv-bedingungsbezogenen Tätigkeitsanalysen abgeleitet (Rau et al., 2021). Die vorliegende Studie untersucht mittels strukturierter Rangreihenlegetechnik, wie Berufsschullehrkräfte aus 7 unterschiedlichen Fachrichtungen ihre Kompetenzen gewichten. Dazu wurden 58 Kartenlegungen an verschiedenen Schulen durchgeführt und 28 finale Legungen multimethodisch ausgewertet. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Gewichtung der Kompetenzen zwischen den Fachrichtungen und Schulen variiert. Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer gezielten Qualifizierung von Berufsschullehrkräften in Abhängigkeit von Arbeitsinhalt und Arbeitskontext und deuten Gestaltungsbedarf der Tätigkeit von Berufsschullehrkräften an.

Literatur

Kultusministerkonferenz, K. M. K. (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf

Rau, R., Schweden, F., Hoppe, J. & Hacker, W. (2021). Verfahren zur Tätigkeitsanalyse und -gestaltung bei mentalen Arbeitsanforderungen (TAG-MA). Kröning: Asanger.

Rauner, F. (2015). 5.1 Messen beruflicher Kompetenz von Berufsschullehrern. Kompetenzdiagnostik in der beruflichen Bildung: Methoden zum Erfassen und Entwickeln beruflicher Kompetenz. COMET auf dem Prüfstand, 30, 413.



Analyse individueller Vorerfahrungen und Studienmotive in Bezug auf die Kompetenzentwicklung von Studierenden der Berufspädagogik - Evidenz aus Mecklenburg-Vorpommern

Traum, Anne; Kaiser, Franz; Chen, Pujun; Ziegler, Uta

Universität Rostock, Deutschland

Forschungskontext und theoretische Verortung Der Lehrkräftemangel an beruflichen Schulen ist ein lange bekanntes (Ziegler, 2018) und anhaltendes Problem (KMK, 2022). Das betrifft die Gewinnung von Studierenden (Lehramtstyp 5) und die Qualität ihrer Ausbildung. Die Zahl empirischer Studien, die sich mit dem Problem befassen, hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Die Diskussionen in verschiedenen nationalen Kontexten fokussieren die Verbesserung der Qualität der bestehenden Lehrkräfteausbildung an Universitäten (z.B. Guthrie & Jones, 2018). Wenige Studien betrachten Zusammenhänge von Vorerfahrungen, Studienmotiven u. Kompetenzentwicklung während des Studiums.

Frage Die untersuchte Frage lautet: Welche Vorerfahrungen und Studienmotive begünstigen die Kompetenzentwicklung während des Studiums bei Studierenden (Lehramtstyp 5)?

Methode Studierende der Berufs- u. Wirtschaftspädagogik (N=111) wurden per Online-Umfrage befragt. Verwendet wurden Subskalen des FEMOLA (Stellmacher & Ohlemann, 2021), Fragen zu Vorerfahrungen und zur pädagogischen und fachlichen Kompetenzentwicklung.

Ergebnisse und Implikationen Korrelationsanalysen zeigen relevante Zusammenhänge von Eingangsbedingungen und Kompetenzentwicklung. Studierende, die an pädagogischer Arbeit und am spezifischen Beruf interessiert sind, erzielen bessere Lerneffekte im Studium. Das Interesse an einem Beruf hat allein keinen Einfluss auf die pädagogische u. fachliche Kompetenzentwicklung. Frühere Arbeitserfahrungen und eine duale Berufsausbildung tragen viel zur Kompetenzentwicklung während des Studiums bei. Ergänzende qualitative Analysen zeigen Bezüge zu Interessen u. Tätigkeiten in der Kindheit. Die Ergebnisse geben Hinweise für Studienberatung, Gewinnung u. Qualifizierung von Berufsschullehrkräften.

Guthrie, H., & Jones, A. (2018). How can VET teacher education and development be improved. LH Martin Institute, University of Melbourne.

KMK (Hrsg.) (2022). Lehrereinstellungsbedarf und -angebot in der Bundesrepublik Deutschland 2021-2035 – Zusammengefasste Modellrechnungen der Länder.

Stellmacher, A., & Ohlemann, S. (2021). Erfassung von Berufswahlmotiven im beruflichen Lehramt durch FEMOLA. Zeitschrift für Berufs-und Wirtschaftspädagogik, 117(2), 212-230.

Ziegler, B. (2018). Das Kreuz mit dem Lehrkräftemangel an beruflichen Schulen: Systematische Analysen zur Nachwuchsproblematik aus professions- und berufswahltheoretischer Perspektive. Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik 114(4), 578-608.

 
10:45 - 12:15Session 1.4
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 161
Moderation der Sitzung: Tobias Jenert
 

Zur Rekonstruktion familiärer Bildungsorientierungen von First Generation Studierenden

Petzold-Rudolph, Kathrin1; Hermes, Michael2; Lotze, Miriam3

1Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg; 2Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abt. Köln; 3Universität Osnabrück

Vor dem Hintergrund anhaltender Chancenungleichheiten in der Teilhabe an hochschulischer Bildung werden im Rahmen einer Forschungskooperation familiäre Bildungsorientierungen von Studierenden des Lehramtes für berufsbildende Schulen sowie im Studiengang Soziale Arbeit untersucht, die mit nicht-traditionellen Bildungsbiographien und -hintergründen in die akademische Bildung einmünden. Die Familie der jeweiligen First Generation Studierenden fokussierend, wird das Wechselspiel zwischen hochschulischem und familiären Erfahrungsraum im Sinne einer Entfremdung und dem Modus der ‚Bewährung‘ des Habitus (Thiersch 2020) in den Blick genommen. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene rücken entsprechende Mechanismen, diskutiert als ‚Aufstiegsmobilität‘, in den forschenden Blick. Gefragt wird nach der innerfamiliären Bearbeitung von „Relationen, Überlagerungen und Diskrepanzen zwischen unterschiedlichen Erfahrungsräumen“ (Bohnsack 2021, S. 95), woraus sich eine Verortung innerhalb qualitativ-rekonstruktiver Sozialforschung ergibt. Die narrativ fundierten, biografischen Einzelinterviews mit First Generation Studierenden und ihren Eltern werden auf Grundlage der Dokumentarischen Methode vertiefend analysiert und interpretiert (Bohnsack 2014).

Im Vortrag sollen zentrale Projektbefunde vorgestellt werden. Die Ergebnisse verweisen auf einen Zusammenhang zwischen familiärer Sozialisation sowie Prägung und dessen bildungsbiographische Integrationsprozesse. Auch wird deutlich, dass grundlegende Orientierungen zu Bildung, Lernen und Persönlichkeitsentwicklung Bildungsentscheidungen und entsprechende (berufs-)biografische Handlungen prägen und diese vor dem Hintergrund der sozial-familiären Einbindung begründungspflichtig werden. Zugleich wird im Beitrag die zentrale Bedeutung der biographischen Passage zwischen schulisch-beruflichem Abschluss und Übergang in das Feld akademischer Bildung herausgearbeitet.

Literatur

Bohnsack, R. (2014): Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. Verlag Barbara Budrich.

Bohnsack, R. (2021): Gesellschaftlicher Wandel und die Entwicklung qualitativer Forschung im Feld der Bildung. ZQF 22 (1-2021), 87–105.

Thiersch, S. (2020): Habitus, Bildung und Bewährung – Anfragen und Differenzierungen zum Konzept der kulturellen Passung von Familie und Schule aus subjekttheoretischer Perspektive. In M. Hermes & M. Lotze (Hg.), Bildungsorientierungen (S. 25–46). Springer.



Was lernen Schüler:innen aus Lehrererklärungen? – Eine Think-Aloud-Studie

Schopf, Christiane

Wirtschaftsuniversität Wien, Österreich

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, was Schüler:innen aus Lehrererklärungen lernen, insbesondere in welchem Ausmaß sie sich bei der Lösung von Aufgaben an der erläuterten allgemeinen Regel und/oder am Erläuterungsbeispiel orientieren.

Die theoretische Grundlage stellt die modellhafte Beschreibung der Wissensentwicklung und -anwendung nach Fortmüller (1997) dar. Im Zentrum steht die Annahme, dass auf Basis verstandener allgemeiner Prinzipien potenziell alle Aufgaben bewältigt werden können, auf die diese Prinzipien anwendbar sind. Fortmüller geht davon aus, dass die geeignetste Methode zur Unterstützung der Entwicklung entsprechender Schemata darin besteht, die allgemeine/n Regel/n explizit darzulegen und durch Beispiele zu illustrieren und zu elaborieren. Vor diesem Hintergrund wird in der Wiener Heuristik zur Gestaltung von Lehrererklärungen im Wirtschaftsunterricht (Schopf/Zwischenbrugger 2015) eine Beispiel-Regel-Struktur empfohlen.

In einer experimentellen Studie (Schopf 2021) konnte belegt werden, dass eine derart gestaltete Erklärung tatsächlich von Schüler:innen als verständlicher wahrgenommen wird und zu besseren Lernergebnissen führt als eine inhaltsgleiche Erklärung, die lediglich die allgemeine Regel beinhaltet. Gleiches gilt allerdings auch für eine Erklärung, die lediglich ein konkretes Beispiel beinhaltet. Zudem zeigte sich, dass die Schüler:innen, die die Beispiel-Regel- oder Beispiel-Erklärung gesehen hatten, zwar bei einer Anwendungsaufgabe signifikant besser abschnitten, nicht jedoch bei einer Transferaufgabe. Diese wies generell eine sehr niedrige Lösungsrate auf, woraus der Schluss gezogen werden könnte, dass die Schüler:innen zwar in der Lage waren, Aufgaben in Analogie zum Erläuterungsbeispiel zu lösen, das allgemeine Prinzip jedoch nicht verstanden haben.

Um dieser Annahme näher auf den Grund zu gehen, wird aktuell eine Think-Aloud-Studie mithilfe derselben Materialien und mit derselben Zielgruppe (II. Jg. HAK) durchgeführt. Die Schüler:innen werden – nachdem sie eine der drei (auf Video aufgezeichneten) Erklärungsvarianten gesehen haben – gebeten, ihr erworbenes Wissen zu reproduzieren sowie die Anwendungs- und die Transferaufgabe zu lösen und dabei ihren Denkprozess zu verbalisieren. Analysiert werden soll, was sich Schüler:innen aus der Erklärung merken und wie sie an die Lösung der Aufgaben herangehen.

Ziel ist es, aus den Ergebnissen Handlungsempfehlungen zur gezielteren Unterstützung des Schemaerwerbs abzuleiten.



Systemtheoretische Analyse des beruflichen Übergangssystems als funktionalistische Manifestation staatlicher Verantwortung

Ketschau, Thilo J.1; Christian, Steib2

1Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland; 2Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Versteht man das berufliche Übergangssystems (ÜS) als Einrichtung, die vorrangig der Aufnahme einer großen Zahl junger Schulabgänger*innen dient, die nicht (direkt) in ein Ausbildungsverhältnis übergehen können (s. bspw. Beicht 2009; Euler & Severing 2006), stellen sich Fragen nach dessen gesellschaftlicher Funktion und damit auch Legitimation (Steib 2020). Um diesen Komplex zu spezifizieren und zu analysieren, will dieser Beitrag entlang der Systemtheorie Niklas Luhmanns (2012; 1997) diskutieren, inwiefern das ÜS als Mittel staatlicher Verantwortungsübernahme verstanden werden kann (s. Steib & Ketschau 2022).

Dazu bedarf es zunächst der Bestimmung der dem ÜS inhärente Funktion und Logik (bspw. dessen Medium und dessen binärer Code), um darauf basierend dessen Relationen zu den Funktionssystemen Erziehung, Wirtschaft und Politik der modernen Gesellschaft offenlegen zu können. Dabei wird deutlich, dass das ÜS funktional vornehmlich als Form der Wohlfahrtsstaatlichkeit zu fassen ist. Rekurrierend auf diese Analyse kann diskutiert werden, welche Möglichkeiten bestehen, das ÜS aus seinem jetzigen Funktionszusammenhang zu lösen und vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Ansprüche zu „(re-)pädagogisieren“.

Literatur

Beicht, U. (2009). Verbesserung der Ausbildungschancen oder sinnlose Warteschleife? Zur Bedeutung und Wirksamkeit von Bildungsgängen am Übergang Schule – Berufsausbil­dung. URL: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a12_bibbreport_2009_11.pdf [02.10.2012].

Euler, D. & Severing, E. (2006). Flexible Ausbildungswege in der Berufsausbildung. URL: http://www.bmbf.de/pub/Studie_Flexible_Ausbildungswege_in_der_Berufsbildung.pdf [02.10.2012].

Luhmann, N. (1997). Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Luhmann, N. (2012). Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie (15. Aufl.). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Steib, C. (2020). Das der beruflichen Bildung ungeliebte Kind. Eine systemtheoretische Analyse der Herausbildung und Verfestigung des „(beruflichen) Übergangssystems“ in der Bundesrepublik Deutschland. Detmold: Eusl.

Steib, C. & Ketschau, T. J. (2022). Die Ausbildungsplatzabgabe als Instrument der staatlichen Verantwortung. In M. Eckelt, T. J. Ketschau, J. Klassen, J. Schauer, J. K. Schmees & C. Steib (Hrsg.), Berufsbildungspolitik. Strukturen – Krise – Perspektiven (S. 181–196). Bielefeld: wbv.

 
10:45 - 12:15Session 1.5
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 165
Moderation der Sitzung: H.-Hugo Kremer
 

TPACK, DPACK, XY-PACK? Eine kritische Auseinandersetzung mit der Modellierung digitaler Inhaltskompetenzen für die berufliche Bildung

Sänger, Niklas; Jenert, Tobias; Kremer, H.-Hugo

Universität Paderborn, Deutschland

Digitale Kompetenzen umfassen verschiedene Dimensionen: Die Nutzung von Medien für das Lehren und Lernen (Mediendidaktik), die Erziehung zu einer verantwortungsvollen Mediennutzung (Medienerziehung) sowie die Bedeutung von digitalen Technologien für den Lerngegenstand, z. B. berufliche Handlungen. Diese Systematisierung spiegelt das DPACK-Modell (Döbeli Honegger, 2021) wider. Modelle wie D- bzw. das zugrundeliegende T-PACK sind bedeutsam, da sie gerade in der Lehrerbildung häufig als Grundlage der curricularen und didaktischen Gestaltung von Förderkonzepten genutzt werden.

In diesem Beitrag fokussieren wir uns auf die Implikationen der digitalen Transformation für den Lerngegenstand – in unserem Fall berufliches Handeln. Diese Dimension wird im DPACK-Modell als digitale Inhaltskompetenz modelliert. Im Unterschied zu allgemeinbildenden Kontexten zeichnet sich die berufliche Bildung durch einen „doppelten Gegenstandsbezug“ (KMK, 2019, S. 6) aus, d. h. Inhalte orientieren sich sowohl an einer fachsystematischen Logik als auch an Arbeits- und Geschäftsprozessen (Kremer & Sloane, 2014). Vor diesem Hintergrund stellen wir die Frage, wie digitale Inhaltskompetenzen in der beruflichen Bildung zu modellieren sind und ob Modelle wie D- bzw. T-PACK dem Spezifikum des doppelten Systembezugs gerecht werden.

Den Ausgangspunkt unserer Diskussion bildet eine theoretisch fundierte Gegenüberstellung wissenschaftlichen und berufsförmigen Wissens. Diese nutzen wir, um die Modellierung inhaltlichen Wissens in den Texten Shulmans (1986; 1987) zu analysieren, die dem TPACK-Modell zugrunde liegen. Wir argumentieren, dass bisherige Modelle das Zusammenspiel der beiden Wissensarten in der beruflichen Lehrerbildung nicht hinreichend abbilden. Aufbauend auf diesem Argument stellen wir eine Konzeptualisierung digitaler Inhaltskompetenzen für berufliche Lehrpersonen vor, die digital transformierte Arbeits- und Geschäftsprozesse zum Ausgangspunkt macht und von dort aus auf wissenschaftliche Wissensbestände zugreift. Wir illustrieren diese Modellierung anhand von fachdidaktischen Entwicklungsarbeiten im Rahmen eines lehrbezogenen Forschungsprojekts, in dem wir Studierenden die Möglichkeit bieten, digital transformierte Arbeits- und Geschäftsprozesse zu analysieren und berufsförmiges und wissenschaftliches Wissen in Verbindung zu setzen. Wir verfolgen hiermit das Ziel, digitale Inhaltskompetenzen zu fördern, die die spezifischen Anforderungen der beruflichen Bildung berücksichtigen.



Einstellungen und Wahrnehmungen von Lernenden gegenüber KI in der Berufsvorbereitungsphase - Eine empirische Erhebung aus der Schweiz

Seufert, Sabine; Spirgi, Lukas; Emmenegger, Patrick; Bajka, Scherwin

Universität St.Gallen (HSG), Schweiz

Fragestellung

Die künstliche Intelligenz (KI) kann die Art und Weise wie Menschen leben, arbeiten und lernen radikal verändern (Miao et al., 2021). Aufgrund der Fortschritte in der KI ist es wahrscheinlich, dass technische Systeme (intelligente Algorithmen) Menschen in Zukunft bei immer mehr wissensintensiven Tätigkeiten unterstützen können (Kong, 2021). Diese Entwicklungen führen zu veränderten Anforderungen an die digitalen Kompetenzen (Seufert et al., 2022). Eine allgemeine KI-Literacy (z.B. im DigComp Framework) im Umgang mit KI-Anwendungen wird immer wichtiger. Diese empirische Studie geht der Frage nach, welche Einstellungen Schüler:innen gegenüber KI besitzen und wie sie ihre Fähigkeiten einschätzen, KI-Tools zu verstehen und mit ihnen zu interagieren (definiert als «AI Empowerment» nach Kong, 2021).

Theoretischer Hintergrund

Gemäss Mäkinen (2006) bezieht sich der Begriff "Empowerment" darauf, Menschen zu befähigen neue Herausforderungen zu bewältigen. KI-Empowerment bedeutet also, dass Personen befähigt werden KI-Tools zu verstehen und mit ihnen zu interagieren (Kong, 2021). Ein Framework zu KI-Empowerment setzt sich aus den folgenden vier Elementen zusammen: KI-self-efficacy, Meaningfulness, Impact, creative self-efficacy. KI-self-efficacy ist die Überzeugung, die eine Person über ihre KI-Fähigkeit besitzt. Meaningfulness beschreibt die Bedeutung, welche KI im Leben einer Person einnimmt. Impact bezeichnet das Ausmass, mit welcher die KI als wichtig empfunden wird. Creative self-efficacy umschreibt die Überzeugung einer Person bezüglich ihrer Kreativität im Generieren von Lösungen (Kong, 2021). Personen mit einer höheren Ausprägung der Empowerment-Komponenten besitzen generell eine positivere Einstellung gegenüber KI-Tools (Kong, 2018). Im DigComp Framwork wird die Einstellung gegenüber der KI als ein wichtiger Teil der geforderten KI-Literacy definiert.

Methode

Datenbasis ist eine Befragung mit N = 2’519 Schüler:innen der Sekundarstufe I (8. Klasse) der Schweiz, die im Zeitraum Oktober bis Dezember 022 durchgeführt wurde (kurz vor Veröffentlichung von ChatGPT).

Ergebnisse und Diskussion

Nur knapp 20% der Befragten sind von ihren Fähigkeiten überzeugt, zu lernen mit KI-Tools zusammenzuarbeiten (KI-Self-efficacy). Zwischen den Geschlechtern existiert ein signifikanter Unterschied in der Selbsteinschätzung. Generell ist der Anteil an Jugendlichen, die sich wenig zutrauen relativ hoch. Dies könnte den persönlichen Berufswahlentscheid stark beeinflussen.



Förderung mediendidaktischer Lehrkompetenzen durch multimediale Lehr-Lerntools – Einfluss des Studienfortschritts auf den Kompetenzerwerb

Frank, Katharina; Reichert-Schlax, Jasmin; Zlatkin-Troitschanskaia, Olga; Dormann, Christian; Brückner, Sebastian

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Im Kontext der Digitalisierung und der Forderung zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht, sind mediendidaktische Lehrkompetenzen in den Fokus gerückt [1–2]. Lehrkräfte, die digitale Medien effizient im Unterricht einsetzen, können Lernergebnisse steigern [3]. Ein systematisches Training mediendidaktischer Kompetenzen in der Lehrkräftebildung kann somit professionellen Unterricht unterstützen [4]. Um angehende Lehrkräfte dahingehend zu fördern, konzentriert sich das vom BMBF geförderte QLB-Projekt auf die Entwicklung und Evaluation multimedialer Lehr-Lerntools (u.a. mit Fokus auf die etablierten Modelle ICAP [Interactive-Constructive-Active-Passive] und SAMR [Substitution-Augmentation-Modification-Redefinition];s.Abb.1–2) [5–7].

Inwieweit die Tools den angestrebten Kompetenzerwerb in der Interventionsgruppe (IG) beeinflussen können, wird mittels Prä(t1)-Post(t2)-Messungen im Kontrollgruppendesign (KG) untersucht (Frage 1). Da insbesondere im Masterstudiengang das Ziel einer systematischen Verzahnung didaktischer und schulpraktischer Inhalte für den Übergang ins Referendariat von Relevanz ist [8], wird der Einfluss des Studienfortschritts auf den Kompetenzerwerb untersucht (Frage 2). Die Tools wurden von Lehramtsstudierenden (IG;n=82) bearbeitet, während eine parallele Lehrveranstaltung als KG (n=17;s.Tab.1) diente. Die Bewertung der mediendidaktischen Kompetenzen erfolgte anhand 9 neu entwickelter Items (Cronbach`s α=.799).

In Bezug auf die Frage 1 zeigt eine 2x2 ANOVA ein signifikantes Modell (F[3,99]=10.63,p<.000,=14.38%). Es wird ein signifikanter Interaktionseffekt von Gruppenzuordnung und Messzeitpunkt evident (F[1,99]=4,87,p=.029;s. Abb.3). Das partielle η² zeigt für den Interaktionseffekt eine kleine Effektstärke von η²=.025. Post-Schätzungen zeigen eine signifikante Veränderung in der IG (diff=1.85,t[1]=5,63,p<.000) und keine signifikante Veränderung in der KG (diff=.03,t[1]=.04,p=.965). Bezüglich der Frage 2 zeigt sich ein signifikanter Einfluss des Studienfortschritts (β=.197,SE=.528,p=.048;s.Abb. 4).

Die Entwicklung und der Einsatz multimedialer Tools in der Lehrkräftebildung sind angesichts der Herausforderungen des digitalen Lernens besonders relevant. Einschränkungen dieser Studie sind u.a. die begrenzte Aussagekraft aufgrund unterschiedlich großer Teilstichproben. Um das Ziel des freien digitalen Zugangs (OER) zu qualitativ-hochwertigen Tools zu gewährleisten, werden aktuell (weitere) Tools in der Praxis bundesweit evaluiert.

 
10:45 - 12:15Session 1.6
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 009
Moderation der Sitzung: Bernd Gössling
 

Relevance and Applicability of International Vocational Education and Training (VET) Research Projects and Implications for Further Research and Practice

Zlatkin-Troitschanskaia, Olga; Olivier, Carla; Toepper, Miriam; Liederbach, Nina

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Framework/Objectives. In the context of current global societal challenges such as climate change, and rapid technological developments, vocational education and training (VET) is becoming increasingly important internationally, with new and constantly changing qualification requirements in the labour market. Despite the globalisation trend, the structures and curricula of VET have barely been oriented towards an international market so far. The international VET landscape with its diverse systems is shaped by cultural self-understandings and national structures. However, international demand and competition for skilled workers is increasing, and international VET cooperation plays a central role in counteracting the socio-economic challenges in the long term (e.g., UNESCO, 2016; UN 2030 Agenda). To promote the effectiveness and efficiency of international VET cooperation, systematic international VET research that describes central structures and processes and evaluates their impact and results is required. This presentation focuses on the evaluation of eleven internationally active projects from the funding programme of the Federal Ministry of Education and Research to promote research on the internationalisation of VET (IBBF). The IBBF projects (see Table 1) are intended to build up and strengthen international and institutionalised VET research and were accompanied by evaluation.

Questions/Method. This presentation presents findings on two evaluation criteria of the OECD (2021), relevance and coherence, which were further differentiated into sub-categories and operationalised using various indicators. The criterion of relevance examines whether the IBBF projects "do the right thing?". The criterion of coherence explores "How well does the IBBF project fit?". The international applicability of the projects and their results have been evaluated as well.

Results/Conclusion. By evaluating international VET cooperation in the eleven IBBF research projects along the defined criteria/subcategories, evidence-based recommendations for action and success factors for sustainable international VET cooperation are being developed for further research and practice. This analysis shows how the findings from the evaluation of VET research projects can be implemented to address current problems, and demonstrates the particular potential of international VET research to respond to global challenges in the future.



Conflictual and consensual class relations in collective governance: Comparing the expansion of short apprenticeships in Germany and Switzerland

Graf, Lukas

Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung (EHB), Schweizerisches Observatorium für die Berufsbildung

Collective skill formation builds on a long tradition of cooperation between state actors, unions, and employer associations. As such, it can be considered strongly path dependent, which also refers to deeply institutionalized arrangements reconciling economic and social objectives and responsibilities across public and private actors. Yet, given structural changes in the economy and crises on the training market, dual apprenticeship training has been increasingly challenged to maintain its balance between economic and social objectives, which, in turn, affects the freedom and responsibilities of the involved stakeholders. In this context, I analyse the expansion of short-track dual apprenticeship training, which represents a lower-cost, lower-qualification variant of traditional dual apprenticeships in Germany and Switzerland. In these countries – both of which are core examples of collective skill formation systems – such short-tracks were expanded starting in the early 2000s. However, German unions have heavily opposed this expansion, while Swiss unions have actively supported it. I carry out a comparative historical-institutional analysis to address this puzzle and unpack the respective change processes. Focussing on the dominant governance modes, I find that in Switzerland, the expansion of short-tracks is linked to path reinforcement in terms of a liberal corporatist system characterized by polite employer domination. In contrast, in Germany I observe that the developments around short-tracks are associated with a path switch from a social to a more liberal collective skill formation arrangement but one that is linked to partly ‘hostile’ employer domination.
Keywords: Vocational education and training, collective governance, education, inequality, freedom and responsibility, institutions and institutional structures, institutional change



Finanzielle Bildung von ukrainischen Studierenden – Adaptation des US-amerikanischen Test of Financial Literacy und erste Validierungsergebnisse

Schilling-Friedemann, Stanley; Happ, Roland; Zander, Robert

Universität Leipzig, Deutschland

Verstärkt durch den russischen Krieg findet in der Ukraine eine stärkere wirtschaftliche, soziale und politische Orientierung an den Werten der Europäischen Union und damit auch an westlichen Wirtschaftsparadigmen statt. Insofern kann eine gute finanzielle Bildung verstanden als Wissen und Verständnis der persönlichen Finanzen dazu beitragen, nicht nur selbstbestimmt und kompetent nachhaltige individuelle Finanzentscheidungen zu treffen, sondern auch für den Wiederaufbau der Ukraine und das Wirtschaftswachstum des Landes eine maßgebliche Rolle spielen (Dudchyk et al., 2019). Zugleich ist gerade bei jungen Erwachsenen in der Ukraine die Überzeugung gewachsen, dass diese zunehmend mehr Verantwortung für finanzielle Entscheidungen übernehmen sollten, damit diese dem Staat finanzielle Unterstützung bieten. So hatte in den letzten Jahrzehnten nicht jeder Bürger die Bereitschaft, dem Staat durch das Zahlen von Steuern finanzielle Unterstützung zur Wahrung seiner Aufgaben zu geben (Lozhkin & Komarovska, 2014; Rating Group, 2017).

Vor diesem Hintergrund steht die finanzielle Bildung von Universitätsstudierenden im Fokus unseres Vortrags auf der BWP Jahrestagung. Gemeinsam mit ukrainischen Forscher*innen wurde auf Basis der vom US Council for Economic Education entwickelten Grundsätze zur Modellierung des finanziellen Wissens und Verstehens der 50 Fragen umfassende US-amerikanische Test of Financial Literacy (TFL-US) ins Ukrainische übersetzt und adaptiert (TFL-UA mit 48 Items). Zwischen beiden Versionen bestehen bedeutsame inhaltliche Unterschiede sowohl hinsichtlich der Fragen als auch der Antworten. Diese wurden mit ukrainischen Finanzexpert*innen diskutiert. Zu Beginn des Wintersemesters 2022 bearbeiteten 68 Studierende von drei ostukrainischen Universitäten den TFL-UA. Neben dem Übersetzungs- und Adaptionsprozess werden erste Ergebnisse der Validierung des Testinstruments im Vortrag vorgestellt. Auf Basis verschiedener Kriterien weisen 30 Items gute psychometrische Eigenschaften auf. Es deutet sich noch Überarbeitungsbedarf an.

Die Ergebnisse zeigen aus inhaltlicher Sicht, welche Hürden bei einigen Konzepten des finanziellen Wissens in Zukunft überwunden werden müssen. Mit den Teilnehmer*innen der Jahrestagung wird diskutiert, wie mit diesen skizzierten Herausforderungen in Zukunft umgegangen werden kann.

 
10:45 - 12:15Session 1.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Georg Tafner
 

Schulen der wirtschaftsberuflichen Bildung im Umgang mit dem Lernfeldparadoxon – eine qualitativ-empirische Exploration didaktischer Jahresplanungen

Hantke, Harald1; Pranger, Jan2

1Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland; 2Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland

Der Lernfeldansatz als ordnungspolitische Rahmensetzung für didaktische Jahresplanungen und Unterrichtsgestaltung an Schulen der dualen Berufsausbildung basiert mit Blick auf die dahinterliegenden Bildungsvorstellungen auf zwei Perspektiven. So verfolgt der Lernfeldansatz einerseits auf konzeptioneller Ebene den Anspruch, dass die Lernenden „zur nachhaltigen Mitgestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft in sozialer, ökonomischer, ökologischer und individueller Verantwortung“ (KMK 2021, 14) befähigt werden sollen. Hinter diesem Anspruch verbirgt sich eine Bildungsvorstellung, die auf eine selbstbestimmtere Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden im Kontext gesellschaftlicher Problemlagen abzielt. Andererseits zeigt sich auf curricularer Ebene, dass diese Bildungsvorstellung enggeführt wird in Richtung einer Bildungsvorstellung im Sinne einer Qualifizierung für ein Handeln in beruflichen Situationen (vgl. Fischer und Hantke 2019, 94). Kurz gesagt stehen sich auf Ebene der Curriculumproduktion ein gesellschaftlicher Bildungsanspruch einem berufssituativen Qualifikationsanspruch gegenüber. Schulen und Lehrkräfte der wirtschaftsberuflichen Bildung sind somit dazu herausgefordert, bei der Erarbeitung von didaktischen Jahresplanungen bzw. Unterricht – also auf Ebene der Curriculumrezeption – mit diesen beiden sich paradox gegenüberstehenden ordnungspolitischen Anforderungen umzugehen.

Vor diesem Hintergrund setzt sich dieser Beitrag mit der Frage auseinander, wie Schulen der wirtschaftsberuflichen Bildung mit diesem so genannten Lernfeldparadoxon im Rahmen ihrer didaktischen Jahresplanungen umgehen.

Zur (vorläufigen) Beantwortung dieser Frage werden exemplarische didaktische Jahresplanungen von Wirtschaftsberufsschulen qualitativ-inhaltsanalytisch (vgl. Kuckartz 2012) im Hinblick auf die Kategorien „Bildungsgegenstand“, „Bildungsziele“, „Strukturprinzipien“, „Wissenschaftsbezüge/Disziplinarität“, „Weltbild“, „Akteur“, „Wirtschaftliches Handeln“ und „Wissensformen“ (vgl. Hedtke 2014, 112) analysiert. Mit diesem Vorgehen wird die Betrachtung des auf Ebene der Curriculumproduktion identifizierten Lernfeldparadoxons erweitert auf die makrodidaktische Ebene der Curriculumrezeption. Hierdurch soll übergeordnet verdeutlicht werden, inwiefern die Schulen, deren didaktische Jahresplanungen analysiert werden, auf makrodidaktischer Ebene eher einen gesellschaftlichen Bildungsanspruch oder einen berufssituativen Qualifikationsanspruch verfolgen.



Messung von Tax Literacy: Ein Scoping Review

Vonhof, Clara; Aprea, Carmela

Universität Mannheim, Deutschland

Das Konzept der Tax Literacy gewinnt in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung. Laut OECD1 kann höhere Tax Literacy sowohl zu einem besseren Verständnis des Steuersystems beitragen als auch das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung gegenüber dem Staat stärken. Zur Förderung von Tax Literacy ist jedoch die Schaffung von geeigneten Bildungsmöglichkeiten wichtig. Eine Voraussetzung hierfür ist die Erhebung des Lernstands, was wiederum ein inhaltlich und forschungsmethodisch adäquates Messkonzept erfordert. Hier setzt die präsentierte Studie an und adressiert folgende Fragen: 1) Wie und seit wann wird Tax Literacy im internationalen Kontext gemessen? 2) Welche Arten der Datenerhebung werden verwendet und welche Inhaltsbereiche/Wissensarten werden von den verschiedenen Testinstrumenten erfasst? 3) Wie ist die Qualität der vorhandenen Instrumente?

Die Studie folgt dabei den methodischen Richtlinien eines Scoping Reviews2. Im Rahmen einer breit angelegten, schlagwortbasierten Datenbanksuche kombiniert mit Snowballing wurden 31 Studien identifiziert. Aufnahmekriterien stellen unter anderem die Sprache (Englisch & Deutsch), der Fokus auf Tax Literacy und nicht Tax Knowledge sowie die Beschreibung eines (neuen) Messinstruments der Tax Literacy dar.

Die untersuchten Studien reichen von 2004 bis heute. Auffallend ist, dass die Zahl der Studien im Laufe der Jahre zugenommen hat und mittlerweile verschiedene Bevölkerungsgruppen weltweit betrachtet werden. In forschungsmethodischer Hinsicht dominieren quantitative Erhebungsinstrumente in Form von Fragebögen, die mithilfe von objektiven Testaufgaben das Tax Literacy Niveau überprüfen. Seltener kommen Mixed-Methods-Designs bzw. qualitative Erhebungsstrategien mit offenen oder semi-strukturierten Fragen zum Einsatz. Der inhaltliche Schwerpunkt der inkludierten Messinstrumente liegt auf generellem Steuerwissen zum Steuersystem, verschiedenen Steuerarten und der Erläuterung von Grundbegriffen. Neben einer oftmals fehlenden Beschreibung des Prozesses der Fragebogengestaltung erfolgt lediglich bei zwölf Messinstrumenten eine Überprüfung hinsichtlich der Gütekriterien des Messinstruments.

Durch diese erste Systematisierung können derzeitige Grenzen bzw. Forschungslücken identifiziert und wichtige Aspekte hervorgehoben werden. Damit leistet diese Studie auch einen Beitrag zur Entwicklung eines Messinstruments der Tax Literacy.



Visuelle Aufmerksamkeit beim Lösen von ökonomischen Single-Choice-Aufgaben mit dynamischen Grafiken - Eine Eye-Tracking-Studie

Mayer, Christian W.1; Findeisen, Stefanie2; Guggemos, Josef3; Seifried, Jürgen1

1Universität Mannheim, Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik – Berufliches Lehren und Lernen (Prof. Dr. Jürgen Seifried); 2Universität Konstanz, Tenure-Track-Professur für Wirtschaftspädagogik; 3Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Juniorprofessur Digitalisierung in der beruflichen Bildung

Grafiken veranschaulichen Konzepte und Beziehungen in der Regel anschaulicher als
beispielsweise Formeln. Sie unterstützen den Aufbau mentaler Modelle und spielen eine
wichtige Rolle beim multimedial gestützten Lernen (Mayer, 2010; Schnotz & Bannert, 2003).
In den Wirtschaftswissenschaften werden Diagramme häufig zur Veranschaulichung der
Beziehung von Angebot und Nachfrage herangezogen. Die Funktionen von Angebot und
Nachfrage werden jeweils als Linie (oder Kurve) in einem linearen Diagramm dargestellt,
das einen Markt für Waren oder Dienstleistungen mit Preisen und Mengen abbildet. Eine
grafische Darstellung hilft dabei, die Auswirkungen unterschiedlicher Marktbedingungen auf
Marktgleichgewichte, Preise und Mengen zu visualisieren (Cohn & Cohn, 1994).
Lernprozessen mit Grafiken wird besonders hohes Potenzial zugeschrieben, wenn Lernende
Grafiken interaktiv und dynamisch verändern können, beispielsweise durch Veränderung der
Elastizitäten oder Simulierung von Schocks mittels Drag-and-Drop.
Im MINT-Bereich ist der Aufbau von Verständnis mit Grafiken ein häufig untersuchter
Forschungsbereich, wobei die visuelle Aufmerksamkeit mittels Eye-Tracking analysiert wird
(z. B. Klein et al., 2019; Tsai et al., 2011). Ungeachtet der Relevanz von Grafiken für die
ökonomische Bildung liegen nur wenige Forschungsarbeiten vor. Unsere Studie setzt hier an
und untersucht die visuelle Aufmerksamkeit beim Lösen von Single-Choice-Aufgaben mit
dynamischen Grafiken (n = 32; Studierende der Wirtschaftspädagogik) mittels Eye-Tracking
(Holmqvist et al., 2011). Die Teilnehmenden bearbeiten eine digitale Lernumgebung, welche
sowohl dynamische als auch statische Grafiken enthält. In Anlehnung an die Cognitive
Theory of Multimedia Learning (Mayer, 2009; Sweller et al., 2019) und Studien aus dem
MINT-Bereich (z. B. Tai et al., 2006) gehen wir davon aus, dass Teilnehmer:innen mit
geringem domänenspezifischen Vorwissen mehr Transitionen zwischen Areas of Interest
(AOIs) und eine insgesamt niedrigere Leistung zeigen als Teilnehmer/innen mit hohem
Vorwissen. Wir erwarten signifikante Unterschiede in der visuellen Aufmerksamkeit in
Abhängigkeit der jeweils gewählten Stimuli (Darstellungsform: statisch vs. dynamisch) sowie
der individuellen Dispositionen (Vorwissen: hoch vs. niedrig) zeigen. Erste Auswertungen
verweisen beispielsweise auf eine statistisch signifikante Interaktion zwischen
Darstellungsform und Vorwissen auf die durchschnittliche Fixationsdauer (F(1, 31) = 150,97,
p < 0,05).

 
10:45 - 12:15Session 1.8
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 007
Moderation der Sitzung: Torben Karges
 

Differenzielle Entwicklungen berufsfachlicher Kompetenzen in der Ausbildung von Kfz-Mechatroniker:innen: Welchen Einfluss hat der Schulabschluss?

Schauer, Jennifer1; Abele, Stephan1; Etzel, Julian M.2

1Technische Universität Dresden; 2Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Kiel

Arbeitskräfte benötigen berufsfachliche Kompetenzen, um ihre Tätigkeiten qualifiziert auszuüben. Der Erwerb dieser Kompetenzen ist das Ziel der Berufsausbildung. Wie sie sich im Ausbildungsverlauf entwickeln, welche interindividuellen Unterschiede bestehen und welche Bedeutung dem Schulabschluss – eine zentrale Ungleichheitsdimension am Übergang zur Ausbildung – zukommt, wurde bisher wenig erforscht.

Wir untersuchen die Entwicklung berufsfachlicher Kompetenzen angehender Kfz-Mechatroniker:innen auf Basis der ManKobE-Studie. In Latent Change Modellen untersuchen wir interindividuelle Unterschiede in der intraindividuellen Entwicklung des Fachwissens (n=433) und der Diagnosefähigkeit (n=179) im 2. und 3. Ausbildungsjahr (AJ). Dabei berücksichtigen wir das Schulabschlussniveau der Azubis.

Wir finden einen signifikanten Zuwachs im Fachwissen (FW; MW= .41, p≤ .001). Dieser zeigt sich umso ausgeprägter, je höher das Vorwissensniveau der Azubis am Ende des 2. AJ ist (βT2= .33, p≤ .001). Für die Diagnosefähigkeit (DF) können wir dagegen keine Entwicklung feststellen (MW= .03, p> .05), wobei ebenfalls Unterschiede nach Ausgangsniveau bestehen – in entgegengesetzter Tendenz: Je höher das Niveau am Ende des 2. AJ, desto geringerer die Zuwächse (βT2= -.67, p≤ .001). Unter Berücksichtigung des Schulabschlussniveaus finden wir, dass Azubis mit MSA und (Fach-)HZB in beiden Kompetenzdimensionen am Ende des 2. AJ ein höheres Niveau aufweisen als jene mit max. Hauptschulabschluss (FW: βMSA, T2= .65; βHZB, T2= 1.03; jeweils p≤ .001; DF: βMSA, T2= .74, p< .01; βHZB, T2= 1.25, p≤ .001). Unter Kontrolle dessen finden wir keinen eigenständigen Effekt des Schulabschlusses auf die individuelle Kompetenzentwicklung (FW: βMSA, ∆= -.19, βHZB, ∆= -.18; DF: βMSA, ∆= .74, βHZB, ∆= .27; jeweils p> .05)

Die Befunde weisen auf differenzielle Entwicklungstendenzen in der Ausbildung von Kfz-Mechatroniker:innen hin: Progression im Fachwissen, Stagnation in der Diagnosefähigkeit. Außerdem unterscheiden sich Azubis in ihrer Entwicklung: Das individuelle Kompetenzniveau am Ende des 2. AJ ist prädiktiv für die weitere Entwicklung. Schulabschlüsse bilden mittlere Kompetenzunterschiede ab, erklären die individuelle Kompetenzentwicklung aber nur bedingt: Bei gleichem Ausgangsniveau entwickeln sich Fachwissen und Diagnosefähigkeit ähnlich. Schulabschlussbezogene Rekrutierungsentscheidungen an der ersten Schwelle können damit individuelle Potenziale verdecken und Bildungsungleichheiten verstärken.



Vermittlung einer Diagnosestrategie für Kfz-Störungen mittels videobasierter Modellierungsbeispiele und vergleichender Aufforderungen zur Selbsterklärung

Hesse, Peter1; Meier, Julius2; Frey, Inga2; Abele, Stephan1

1TU Dresden, Deutschland; 2Universität Erfurt, Deutschland

Obwohl die Störungsdiagnose ein wichtiger Aspekt der Arbeit von Kfz-Mechatronikern ist, beherrschen nur etwa 15 % der Auszubildenden am Ende ihrer Ausbildung entsprechende Strategien. Da es sich bei der Kfz-Störungsdiagnose um Problemlösen handelt, bietet sich zur Strategievermittlung beispielbasiertes Lernen an. Um die Lernwirksamkeit von Beispielen (textbasierte Lösungsbsp. oder videobasierte Modellierungsbsp., MB) zu erhöhen, werden diese üblicherweise mit Aufforderungen zur Selbsterklärung kombiniert (SE-Prompts). Eine besondere Form der SE-Prompts fordert Lernende auf, mehrere Beispiele (bspw. unterschiedliche Lösungsansätze für ein Problem) zu vergleichen (vergleichende SE-Prompts, vSE-Prompts). Solche Vergleiche lassen sich für videobasierte MB schwierig umsetzen, da Lernende nicht zwei Videos gleichzeitig sehen können. Daher schlagen wir vor, videobasierte MB mit einer statischen Darstellung (bspw. einer tabellarischen Dokumentation des MB, Prüfplan) zu kombinieren. VSE-Prompts zielen anschließend auf diesen Prüfplan ab. In der hier vorgestellten Interventionsstudie wurde daher 118 Auszubildenden der Kfz-Mechatronik mittels videobasierter MB die Strategie (1) Aufstellen begründeter Vermutungen, (2) Planen der zugehörigen Messungen und (3) Durchführung der Messungen & Bewertung der Messergebnisse zur Kfz-Störungsdiagnose vermittelt. Als MB wurden Videos genutzt, in denen ein Experte die Strategie in einer Kfz-Computersimulation anwandte und dabei einen Prüfplan ausfüllte. Das Wissen und die Fähigkeiten der Auszubildenden bezüglich ihrer diagnostischen Strategien wurden im Prä-Post-Design erfasst. Die einmalig durchgeführte Intervention (Dauer: 105 Minuten) fand zwischen der Prä- und Post-Testung statt. Zur Erprobung der Interventionsinhalte wurden die Auszubildenden einer von drei Bedingungen zugeordnet: Sie lernten mit MB und (1) vSE-Prompts (d.h. Prüfplan des Experten und alternativer Prüfplan nebeneinander), oder (2) sequenziellen SE-Prompts (d.h. Prüfpläne nacheinander), oder (3) weder mit MB noch mit SE-Prompts. Die Ergebnisse zeigen einen positiven Effekt der MB auf das Diagnosewissen, nicht aber auf die Diagnosefähigkeiten. Den fehlenden Effekt auf die Diagnosefähigkeiten führen wir auf die kurze Interventionszeit und fehlenden Übungsmöglichkeiten zurück. Eine Kombination von videobasierten MB mit statischen Darstellungen erscheint nützlich, wobei die vSE-Prompts für stärkere Lernende mit mehr Vorwissen vielversprechend zu sein scheinen.



Hochleistungspotentiale in Berufen des Handwerks erkennen und entwickeln – eine qualitative Analyse

Nanzig, Martin

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Die aktuelle „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“ (BMBF, 2022) zeigt es deutlich: die Frage, wer sehr gute oder sogar herausragende berufliche Leistungen zu erbringen verspricht und wie potentielle Hochleistungsträger*innen gefördert werden können, ist für die Zukunft der beruflichen Bildung von hoher Bedeutung. Anders als für allgemeinbildende akademische Leistungen, ist diese Problemstellung für die berufliche Bildung jedoch lange vergleichsweise „stiefmütterlich“ behandelt worden (Stein, 2004).

Aktuell werden multifaktorielle, beschreibende Modelle zur Entwicklung von Hochleistungspotentialen in Leistungsexzellenz wie das Münchner-Hochbegabungsprozessmodell (Ziegler & Perleth (1997) diskutiert. Allerdings leisten auch diese nur einen heuristischen Beitrag, denn empirische Prüfungen und Validierungen stehen bislang aus. Studien zeigen, dass kognitive Leistungstests allein nicht geeignet sind, um Auszubildende mit Hochleistungspotentialen zu identifizieren bzw. valide Leistungsprognosen zu ermöglichen (Niederhauser, 2017; Stamm, 2017). Hingegen erweisen sich beispielsweise Motivation und Volition als wesentliche Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Leistungsexzellenz und zwar in Abhängigkeit vom Berufsfeld in deutlich unterschiedlichem Maße (Pylväs et al., 2017). Bis dato existiert jedoch weder ein Konsens darüber, auf Basis welcher Modellvorstellung oder welcher Operationalisierung Menschen, die in einer bestimmten beruflichen Domäne das Potential zur Leistungsexzellenz mitbringen, identifiziert werden können noch ob es prognostisch valide Vorhersagemöglichkeiten gibt, die berufsübergreifend generalisierbar sind.

Angelehnt an die Systematik des Modells von Ziegler & Perleth (1997) wird in der vorgestellten Studie untersucht, welche Indikatoren für die Entwicklung von Hochleistungspotentialen für die unterschiedlichen Berufsfelder im Handwerk generisch vs. domänspezifisch sind. Dazu wurden leitfadengestützte Interviews mit Ausbilder*innen aus sieben Sektoren des Handwerks geführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) ausgewertet. Erste Analysen weisen sowohl auf generische als auch domänspezifische Indikatoren hin. Im Vortrag werden die vorliegenden Ergebnisse sowie Implikationen im Hinblick auf die angestrebte Modellbildung diskutiert und ein Ausblick auf die Ziele und Fragestellungen der geplanten Folgestudie geboten.

 
10:45 - 12:15Symposien/Foren 1.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 162
Moderation der Sitzung: Ulrike Weyland
 

Symposium (Teil I, Teil II): Forschung zur beruflichen Bildung im Gesundheits- und Pflegebereich und deren Bildungspersonal – Aktuelle Ansätze und empirische Befunde

Chair(s): Weyland, Ulrike (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland), Koschel, Wilhelm (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

DiskutantIn(nen): Grunau, Janika (Universität Osnabrück)

 

Beiträge des Symposiums

 

Zur Fachkräftesituation in nichtärztlichen Gesundheitsberufen

Seeber, Susan
Universität Göttingen

 

Entwicklung eines wissenschaftsbasierten Konzepts für ein Web-Based-Training zur Online-Rekrutierung von Auszubildenden in den Pflegeberufen

Nienkötter, Meike1, Weyland, Ulrike2, Koschel, Wilhelm2, Driesel-Lange, Katja2
1Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 2Universität Münster

 

Wie gut können angehende Pflegefachkräfte berufstypische Stressoren bewältigen? Eine längsschnittliche Betrachtung von Kompetenzniveaus und förderlichen Ausbildungsbedingungen

Warwas, Julia1, Krebs, Philine2, Seeber, Susan2, Vorpahl, Wiebke2, Weyland, Ulrike3, Wittmann, Eveline4, Wilczek, Larissa5, Aldin, Strikovic4, Svenja, Hill4
1Universität Hohenheim, 2Universität Göttingen, 3Westfälische Universität Münster, 4Technische Universität München, 5Universität Münster

 
10:45 - 12:15Symposien/Foren 1.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 163
Moderation der Sitzung: Klaus Beck
 

Berufs- und Wirtschaftspädagogik im selbstkritischen Diskurs (Teil 1): Themen und Fragestellungen berufs- und wirtschaftspädagogischer For-schung im Spannungsfeld von persönlichen Interessen, gesellschaftlichem Bedarf und verfassungsrechtlicher Forschungsfreiheit

Chair(s): Beck, Klaus (Universität Mainz), Seifried, Jürgen (Universität Mannheim, Deutschland)

DiskutantIn(nen): Seifried, Jürgen (Universität Mannheim)

 

Beiträge des Symposiums

 

Ökonomische Bildung im Kontext gesellschaftlicher Transformation und gesellschaft-licher Partizipation: ein Plädoyer für die Revitalisierung eines wirtschaftspädagogischen Konzepts

Ackermann, Nicole
PH Zürich

 

Herausforderungen und Entwicklungspotentiale aus wirtschaftspädagogischer Sicht zu einer zunehmend (kulturell) heterogenen Schülerschaft

Happ, Roland
Universität Leipzig

 

Schöne neue Welt reloaded? Die Disziplin Berufs- und Wirtschaftspädagogik im Spannungsfeld von Tradition, Technologie und Transformation

Kögler, Kristina
Universität Stuttgart

 

Ein Blick auf 15 Jahre universitäre Forschung in der Wirtschaftspädagogik

Förster, Manuel
TU München

 
10:45 - 12:15Symposien/Foren 1.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166
Moderation der Sitzung: Jens Klusmeyer
 

Simulationen im ökonomischen Unterricht

Klusmeyer, Jens1; Thiel de Gafenco, Marian1; Hagedorn, Udo2; Köhler, Ekkehard3; Wilbers, Karl4

1Universität Kassel, Deutschland; 2Universität Bielefeld, Deutschland; 3Universität Siegen, Deutschland; 4Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland

Die Digitalisierung in beruflichen wie privaten Lebenskontexten schlägt sich auch in transformativen Prozessen der Unterrichtsgestaltung in der Domäne der Wirtschaftswissenschaften nieder. Die ökonomischen und wirtschaftsberuflichen Lehr-Lernumgebungen, die hierbei einer digital geprägten Rekonzeptionalisierung unterliegen, sind – so der Anspruch – didaktisch geprägt durch subjektiv-bedeutsame, authentisch-situierte, komplexitätserhaltende Problemstellungen, die sich stimmig auf die Lebensrealität beziehen lassen (vgl. Klusmeyer 2021). Simulationen können einen Beitrag zur Einlösung dieser Ansprüche an digital-gestützte ökonomische Lehr-/Lernumgebungen leisten, wobei sich sehr unterschiedliche Herangehensweisen an eine authentische Modellierung der Arbeits- und Lebenswelt, z. B. durch komplexitätsreduzierende ökonomische Modelle, Planspiele, Serious Games oder Methoden der Narration herausgebildet haben.

Ziel des Forums ist es, einleitend über das BMBF-geförderte Forschungsvorhaben ‚WÖRLD – Wirtschaftspädagogik und Ökonomische Bildung: Lehrkräftebildung und Unterricht digital‘ zu informieren und die Ziele des Vorhabens zur Diskussion zu stellen (Jens Klusmeyer & Marian Thiel de Gafenco). Anschließend leiten drei Impulsbeiträge aus der Wirtschaftspädagogik (Karl Wilbers), der Ökonomischen Bildung (Ekkehard Köhler) und den Sozialwissenschaften (Udo Hagedorn) eine Diskussion über differente Forschungs- und Transferansätze, simulative Methoden und Tools zur Entwicklung und Wirkungsentfaltung digital-gestützter ökonomischer Lehr-Lernumgebungen an. Mittelfristig soll die Forschungsvernetzung und ‑kooperation im Themenfeld der Lehrkräfteaus- und ‑fortbildung sowie zu den Kompetenzen der Lehrkräfte zur Planung und Gestaltung von digitalem und digital gestütztem Unterricht in der Domäne Wirtschaftswissenschaften gefördert werden.

 
10:45 - 12:15Verweilcafé
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 067
12:15 - 14:00Postersession & Mittagspause
Ort: Audimax Foyer
 

(Schlüssel-)Kompetenzen für die Interaktionsarbeit in der Pflege

Kaiser, Sophie

PH Freiburg, Deutschland



Digitale Lehr-Lerntools zur Förderung handlungsnaher Kompetenzen angehender Lehrkräfte – Konzeption und Entwicklung

Schell, Mona; Zlatkin-Troitschanskaia, Olga; Frank, Katharina; Reichert-Schlax, Jasmin; Liederbach, Nina; Dormann, Christian; Brückner, Sebastian

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland



Entwicklung von videovignettenbasierten Materialien zur förderbezogenen Diagnostik an inklusiven beruflichen Schulen – Erste Ergebnisse aus dem Projekt DIA-LIBS

Eichentopf, Philipp1; Burda-Zoyke, Andrea1; Giek, Teresa2; Seifried, Jürgen2

1Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland; 2Universität Mannheim, Deutschland



"Nicht zu Anfang, aber auch nicht zum Schluss" - Das Verhältnis von Sicht- und Tiefenstrukturen am Beispiel der Methodenwahl

Scheller-Hornik, Annegret; Frank, Carolin

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland



Hey Computer, warum habe ich bei dieser Aufgabe keine Punkte? – Analyse von Bewertungsunterschieden zwischen Menschen und Computer

Off, Mona; Matuschek, Lisa; Birk, Chiara

Ludwig-Maximilians-Universität München, Deutschland



Die Gestaltung von inklusiven didaktischen Situationen mittels digitaler Medien

Burda-Zoyke, Andrea1; Tress, Dominik1,2

1Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU); 2Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH)



Entwicklung von Zukunftsmodellen für digitale Lernortkooperation (LOK) in der Berufsbildung

Gössling, Bernd1; Ifenthaler, Dirk2; Ostendorf, Annette1; Seufert, Sabine3

1Universität Innsbruck; 2Universität Mannheim; 3Universität St. Gallen



WÖRLD-House: Digitalisierung des Unterrichts und der Lehrkräftebildung in der Domäne Wirtschaftswissenschaften

Thiel de Gafenco, Marian; Klusmeyer, Jens

Universität Kassel, Deutschland



Entwicklung eines didaktischen Modells zur Förderung der Kreativität in der Berufsbildung

Widmer, Lona; Barabasch, Antje

EHB, Schweiz



Zukunftswerkstatt: Die Energiewende mitgestalten

Adam, Johanna; Schlicht, Juliana; Schwehm, Franziska; Maier, Mechthild; Jandl, Michelle; Karbach, Vera

Pädagogische Hochschule Freiburg, Deutschland



Digitaler Pflegeunterricht – Erkenntnisse einer Lehrkräftebefragung

Marchwacka, Maria Anna1; Schaal, Tom2; Kratz, Thomas3; Seifert, Andreas4

1Ostfalia Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Deutschland; 2Westsächsische Hochschule Zwickau; 3Vinzenz Pallotti University; 4Universität Paderborn



Differenzen in der Gemeinsamkeit. Eine fachrichtungsübergreifende und -spezifische Betrachtung des Berufspädagogischen in der beruflichen Lehrkräftebildung

Burda-Zoyke, Andrea; Gutknecht, Konstanze; Prigge, Jessica

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland



Schüler:innen in M-V auf „Mission ICH“: Career Guidance im Spannungsfeld von Freiheit und Verantwortung

Kalisch, Claudia1; Pilz, Lisa-Marie1; Prill, Tobias1; Zimmermann, Esther2; Friese, Jörg1

1Universität Rostock - Institut für Berufspädagogik, Deutschland; 2Universität Rostock - Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung, Deutschland



Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei der Ausbildungsplatzsuche

Hufnagl, Julia

Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland



Multiplikatoreffekte innovativer Hochschullehre auf die berufliche Bildung

Martin de los Santos, Lisa; Saas, Hannes

RPTU, Deutschland



Simulationen in virtuellen Lernumgebungen zur Professionalisierung von angehenden Lehrkräften

Fecke, Julia

Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland



„Otto macht MINT“ – Der MagdeMINT-PopUp-Kiosk als außerschulischer Lernort für das nachhaltige technische Denken und Handeln

Brämer, Stefan

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland

 
14:00 - 15:30Session 2.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 063
Moderation der Sitzung: Matthias Vonken
 

Personal in der geförderten beruflichen Weiterbildung im Zielkonflikt zwischen pädagogischem Anspruch, Berufsalltag und Beschäftigungsrealität

Harm, Stefan1; Fausten, Mara2

1Ecovis Europe AG, Deutschland; 2Universität Rostock

Das Weiterbildungspersonal in der geförderten beruflichen Weiterbildung unterliegt in der Bildungsarbeit festgelegten Rahmenbedingungen seitens des Fördergebers sowie im Arbeitsumfeld des Bildungsträgers. Insbesondere der öffentlich-finanzierte Bereich induziert die Problematik, unter den vorgegebenen prekären Beschäftigungssituationen die geforderte pädagogische Arbeit mit einem adäquaten Professionalitätsanspruch durchzuführen (vgl. Dobischat/Elias/Rosendahl 2018). Zudem ist der aktuelle Bundesdurchschnittskostensatz (Deutscher Bundestag 2021) als nicht auskömmlich einzuschätzen und dementsprechend auch nicht inflationsabsichernd für die Bildungsträger.

In diesem Beitrag werden Ergebnisse des Projektes ErWeiterBAR präsentiert und mit bisherigen Erkenntnissen zum Personal in der beruflichen Weiterbildung abgeglichen und diskutiert. Insbesondere die Forschungsfrage nach der Wahrnehmung des Spannungsfeldes der Zielerfüllung zwischen pädagogischem Anspruch und den ökonomischen Vorgaben seitens des Fördergebers und Bildungsträgers steht hierbei im Fokus. Die vorgestellten Ergebnisse beziehen sich auf Interviewstudien mit drei Akteursgruppen der geförderten beruflichen Weiterbildung (Förderer, Maßnahmeverantwortliche, Pädagogisches Personal), die im Bereich der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt wurden (SH, HH, MV). Aus den Ergebnissen des Projekts konnte die Frage Dehnbostels (2022, 36) „Worin besteht das Spannungsfeld von Bildung und Ökonomie im Kontext der betrieblichen Bildungsarbeit und des betrieblichen Bildungsmanagements?“ eruiert werden und die zentralen Schwerpunkte des Erfolgs der Bildungsarbeit in der geförderten beruflichen Weiterbildung mit dem Fokus auf den wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen dem eigenen pädagogischen Handeln und dem Berufsalltag analysiert werden.

Literatur

Dehnbostel, P. (2022): Betriebliche Bildungsarbeit. Kompetenzbasierte Berufs- und Weiterbildung in digitalen Zeiten. 3. Aufl. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Deutscher Bundestag (2021): Bericht der Bundesregierung über die Förderung der beruflichen Weiterbildung im Rahmen der aktiven Arbeitsförderung und die entsprechenden Ausgaben. Drucksache 19/25785. https://dserver.bundestag.de/btd/19/257/1925785.pdf.

Dobischat, R./Elias, A./ Rosendahl, A. (Hrsg.) (2018): Das Personal in der Weiterbildung. Im Spannungsfeld von Professionsanspruch und Beschäftigungsrealität. Wiesbaden: Springer VS.



Berufliche Weiterbildung in schulischen Lernfabriken – Hindernisse und Gelingensfaktoren für erfolgreiche Angebote

Bergmann, Viktoria; Reifschneider, Olga; Reimann, Daniela; Windelband, Lars

Karlsruher Institut für Technologie, Deutschland

Der Beitrag basiert auf dem vom Land Baden-Württemberg geförderten Forschungsprojekt „Handlungsempfehlungen zur inhaltlichen Umsetzung von Lernfabriken für die berufliche Weiterbildung (WB@Lernfabriken)”. Es wird der Einsatz von Lernfabriken für die berufliche Weiterbildung untersucht.

Um den Anforderungen der Digitalisierung und industriellen Entwicklungen gerecht zu werden, haben das Land Baden-Württemberg, dessen Schulträger sowie regionale wirtschaftliche Akteure an einer Vielzahl von berufsbildenden Schulen im Land finanziell gemeinsam gefördert Lernfabriken aufgebaut. Lernfabriken sind hierbei als realitätsnahe, ganzheitliche und vernetzte Lernumgebungen zu sehen, die der Abbildung und Umsetzung realer beruflicher Handlungssituationen dienen (vgl. Windelband et al. 2022: 80). Die an die Lernfabriken angeschlossenen Schulen haben sich im Rahmen des Förderprogramms dazu verpflichtet, auch Weiterbildungsangebote für die jeweilige Region anzubieten. Problemstellung des Beitrages sind die bisher weitgehend fehlenden beruflichen Weiterbildungsangebote durch die schulischen Lernfabriken: Es lässt sich feststellen, dass diese zum einen sehr rar und zum anderen wenig bis gar nicht nachgefragt sind. Um diese Diskrepanz zu untersuchen, werden berufswissenschaftliche Fallstudien, Expertengespräche und Workshops mit den Akteuren aus beruflichen Schulen, Unternehmen, Kammern und Verbänden methodisch miteinander kombiniert. Es wurden Best-Practice-Beispiele identifiziert, anhand derer sich die Gelingens- und Hinderungsfaktoren für erfolgreiche Weiterbildungsangebote an schulischen Lernfabriken ableiten lassen. Erste Zwischenergebnisse zeigen deutlich, dass die Rahmenbedingungen der beruflichen Schulen nur schwer Weiterbildungen zulassen, eine Konkretisierung von Weiterbildungsangeboten für die Unternehmen notwendig ist sowie es an Ressourcen für erfolgreiche Werbung und Akquise an den beruflichen Schulen mangelt. Weiterhin lässt sich eine organisatorische Lücke an der Schnittstelle zwischen Schule und den Unternehmen identifizieren. Die Studie wird im Sommer 2023 abgeschlossen. Im Beitrag werden die genauen Ergebnisse der Studie und die konkreten Handlungsempfehlungen beschrieben.

Literatur:

  • Windelband, L., Fasshauer, U. & Anselmann, S. (2022): Potenziale von Lernfabriken für die berufliche Lehrkräftebildung, in: K.H. Gerholz, P. Schlottmann, P. Slepcevic-Zach & M. Stock (Hrsg.), Digital Literacy in der beruflichen Lehrer:innenbildung, Bielefeld: wbv Media, S. 77-90.


Freiheit – Verantwortung –betriebliche Weiterbildung. Zur Rolle betrieblicher Weiterbildender für die Etablierung einer Praxis der selbstbestimmten Weiterbildung und des lebenslangen Lernens am Lernort Betrieb

Krause, Ina; Praun, Alina; Bohlinger, Sandra

TU Dresden, Deutschland

Herausforderungen wie z.B. Energiekrise, digitale Transformation, demographische Entwicklung oder Fachkräftemangel sowie die Umstellung von Lieferketten zwingen Wirtschaftsunternehmen und insb. KMUs zu einer hohen Veränderungsfähigkeit. Es gilt, die eigene Überlebensfähigkeit zu sichern und hierfür betriebliche Abläufe zu verändern, die Anschaffung neuer Technologien voranzutreiben sowie neue Wege der Sicherung des eigenen Fachkräftebedarfes zu finden.

All diese Veränderungen müssen in betrieblichen Kontexten begleitet werden. Notwendig dafür ist Personal, welches mit Verantwortungsbewusstsein für Kolleginnen und Kollegen Handlungsspielräume und Freiheitsgrade schafft, die es diesen erlauben, sich mit den Veränderungen im eigenen Betrieb adäquat auseinanderzusetzen bzw. sich für deren Bewältigung zu qualifizieren. Der Beitrag arbeitet vor diesem Hintergrund heraus, welche Rolle betriebliche Weiterbildende, die in Vollzeit oder Teilzeit Weiterbildungsaufgaben in KMUs übernehmen, für die Umsetzung von betrieblichen Transformationsprozessen spielen. Leitende Aspekte sind dabei die Professionalisierung (vgl. Dobischat et. al. 2017) von nicht akademisch ausgebildeten betrieblichen Weiterbildenden durch geeignete Qualifikationsformate sowie die zielgruppenspezifische methodisch-didaktische Aufbereitung entsprechender Qualifikationsangebote.

Die Nationale Weiterbildungsstrategie als eine Antwort auf die oben genannten Herausforderungen bildet den Rahmen des Beitrags. Am Beispiel von Ergebnissen eines Projekts aus dem Bundeswettbewerb InnoVET (Projekt CLOU) zeigt der Beitrag auf der Basis einer regionalen Sektoranalyse und qualitativer Experteninterviews, mit welchen konkreten Herausforderungen sich das definitorisch schwer fassbare „Weiterbildungspersonal in KMUs“ konfrontiert sieht und wie es durch entsprechende Weiterbildungsangebote und Qualifikationen adressiert werden kann. In einem weiteren Schritt werden existierende Qualifikationsformate für Weiterbildungspersonal (Weiterbildungspersonal (Ulmer 2019; Seyd 2017; Walter 2011) kontrastiert sowie ein neues Qualifikationsformat präsentiert, welches die Bedarfe vor allem nebenberuflich tätiger betrieblich Weiterbildender in den Fokus nimmt.

 
14:00 - 15:30Session 2.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 065
Moderation der Sitzung: Kristina Kögler
 

Kohärenz im Spannungsfeld zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik im beruflichen Lehramtsstudium

Düwel, Frauke; Kühne, Tino; Niethammer, Manuela

TU Dresden, Deutschland

Das Lehramtsstudium nimmt an den Universitäten eine Sonderstellung ein, da es fakultätsübergreifend angelegt ist. Die Verantwortung die damit verbundene fehlende strukturelle und inhaltliche Kohärenz der Hochschullehre herzustellen, obliegt größtenteils den Studierenden. Der Bedarf an Lehrkräften und die Abbruchquoten in den MINT-Studiengängen unter den Lehramtsstudierenden, die u. a. auf die mangelnde Kohärenz zurückgeführt werden können (vgl. Rach 2019, 69), waren Anlass sich hochschulseitig diesem Problem zu stellen und Lösungsansätze zu entwickeln.

Im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (QLB) werden im Teilprojekt 3 des Gesamtvorhabens Synergetische Lehrerbildung für das berufsbildende Lehramt der TU Dresden Ansätze zur Analyse und der Verbesserung der inhaltlichen Kohärenz zwischen Fachwissenschaften (Bauphysik, Physikalische Chemie) und Berufsdidaktiken (Bautechnik, Farbtechnik, Labor- und Prozesstechnik) entwickelt und evaluiert.

In Vorarbeiten konnte gezeigt werden, welche Probleme Lehramtsstudierende haben, lernhaltige Inhaltsrelationen eines Themas zu erkennen und zu strukturieren (Düwel 2020; Düwel et al. 2022).

Ziel ist es Ansätze zur Analyse und der Verbesserung der inhaltlichen Kohärenz zwischen Fachwissenschaften und Berufsdidaktiken zu entwickeln. Damit verbunden stellt sich folgende Forschungsfrage: Welche Kriterien kennzeichnen die inhaltliche Kohärenz zwischen Fachwissenschaften und Berufsdidaktiken?

Forschungsmethodisch werden mögliche Kriterien deduktiv abgeleitet. Im Fokus stehen die Inhaltsstruktur und die Integration von Bezügen zur Lebens- und Arbeitswelt, die Anknüpfungspunkte für problemorientierte Unterrichtskonzeptionen bieten. Kriteriengeleitet werden dann Lehrmaterialien (Folien und Skripte) aus den hospitierten fachwissenschaftlichen Vorlesungen danach analysiert, inwiefern lernhaltige Inhaltsrelationen explizit, implizit oder gar nicht thematisiert werden.

Anhand der Analysenergebnisse wird abgeleitet, welches Maß an inhaltlicher Kohärenz gegeben ist und welche Lerngelegenheiten aus berufsdidaktischer Sicht noch zu schaffen sind, sodass Studierende die in den Fachwissenschaften gelieferten Inhalte für deren berufsdidaktische Verwertung nutzen.



Produktivität, Verantwortung und Sinn. Zieldimensionen einer sozioökonomischen Hochschuldidaktik

Tafner, Georg

Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland

Fragestellung

Der Beitrag geht der Frage nach, wie Studierende der Wirtschaftspädagogik sowie der Geographie und Wirtschaftskunde mit dem Thema Verantwortung und Sinn konfrontiert werden können und welche Vorstellungen sie davon im wirtschaftlichen Kontext haben.

Theoretische Verortung und methodischer Zugang

Der Beitrag skizziert im ersten Teil eine reflexive Wirtschaftspädagogik im Sinne einer subjektorientierten sozioökonomische Didaktik für die berufliche und allgemein ökonomische Bildung, welche der Autor seit Jahren verfolgt (z.B. Tafner 2015, 2018a, Tafner/Casper 2023). Ausgangspunkte sind dabei die drei Zielebenen, welche das Subjekt ausbalancieren muss: Produktivität, Verantwortung und Sinn (Klafki 1996, Nell-Breuning 1985, Ulrich 2005, 2008). Der humanistischen Psychologie folgend (Quitmann 1996), möchte der Mensch produktiv sein und sich in diese Welt einbringen, er muss produzierend tätig sein (Fromm 2020a, 2020b), um sich und andere versorgen zu können, aber auch um sich selbst zu verwirklichen. Das Subjekt als untrennbar individuelles und soziales Wesen trägt dabei Verantwortung für sich selbst, für andere und die Umwelt. Es will sich verwirklichen und strebt nach Sinn in Arbeit und Freizeit. In der Didaktik steht meist die Produktivität – im Sinne von Effizienz, Tüchtigkeit und Kompetenz – als deskriptives Lernziel im Fokus, das Subjekt selbst, Verantwortung und insbesondere Sinn als eigene Zieldimensionen kommen weniger in den Blick (Tafner et al 2022; 2023). Auf Basis theoretischer und empirischer Befunde wird gezeigt, wie dieses Konzept grundsätzlich aufgebaut ist und wie dabei insbesondere Verantwortung als didaktisch-pädagogisches Thema aufgearbeitet wird.

Im zweiten, empirischen Teil werden sowohl bereits veröffentlichte (vgl. Tafner 2018b, Tafner/Casper 2023) als auch gerade erhobene Ergebnisse von Lehrveranstaltungen vorgestellt, welche diesem Konzept der reflexiven Wirtschaftspädagogik folgen und wirtschaftsethische und sozioökonomische Themen in Seminaren der beruflichen und der allgemeinen ökonomischen Bildung untersuchen.

Ergebnisse und relevante/mögliche Implikationen

Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass die Studierenden kaum mit sozioökonomischen oder heterodoxen Zugängen in Berührung kommen, ebenso wenig mit ethischen Themen, obwohl sie sich solche Zugänge stärker wünschen würden (vgl. Tafner/Casper 2022).



Verzahnte Orientierungsangebote zur beruflichen und akademischen Ausbildung aus Teilnehmendensicht

Neu, Ariane

FernUniversität in Hagen, Deutschland

Das Modellvorhaben „VerOnika“ zielt auf die Entwicklung und Erprobung verzahnter Orientierungsangebote zur beruflichen und akademischen Ausbildung. Diese Orientierungsangebote wenden sich an hochschulzugangsberechtigte Personen und sollen den Teilnehmenden (TN) gleichwertig Einblicke in ein Hochschulstudium sowie in eine berufliche Ausbildung bieten, um so eine erfahrungsbasierte Bildungsentscheidung zu ermöglichen. Denn vor dem Hintergrund der traditionell stark ausgeprägten institutionellen Trennung von akademischer und beruflicher Bildung („deutsches Bildungs-Schisma“ (Baethge 2006)), stehen gerade hochschulzugangsberechtigte Schulabsolvent*innen trotz erhöhter Durchlässigkeit im deutschen Bildungssystem vor der Aufgabe, sich beim Übergang in das nachschulische Bildungssystem zunächst zwischen einem eher akademisch geprägten Bildungsweg auf der einen Seite und einem eher beruflich geprägten Bildungsweg auf der anderen Seite zu entscheiden.

Entwickelt und erprobt werden diese verzahnten Orientierungsangebote an den drei Standorten Berlin, Darmstadt und Karlsruhe jeweils in Zusammenarbeit von Hochschulen und Partnern der beruflichen Bildung. Die FernUniversität in Hagen hat im Rahmen dieses BMBF-geförderten Verbundvorhabens die wissenschaftliche Begleitung übernommen (Projektlaufzeit: 12/2019 bis 09/2023).

Der Beitrag stellt Befunde dieser wiss. Begleitung vor, die sich insbesondere auf die Teilnehmendenperspektive beziehen. So werden Ergebnisse aus 26 problemzentrierten Gruppeninterviews präsentiert, die jeweils zu Beginn der Orientierungsprogramme mit insgesamt 94 TN geführt wurden. Thematisiert wurden in diesen Gruppeninterviews u.a. die Ziele, die die TN mit ihrer Teilnahme am jeweils besuchten Orientierungsprogramm verfolgen, die Bedürfnisse und Erwartungen, die die Teilnehmenden an die Orientierungsprogramme haben, sowie die Frage, wo sie besondere Herausforderungen in der Gestaltung ihres nachschulischen Bildungsweges sehen. Darüber hinaus präsentiert der Beitrag Befunde aus den quantitativen Online-Befragungen der TN, die jeweils zum Abschluss der Orientierungsprogramme durchgeführt wurden und an denen 55 Personen teilgenommen haben. Diese Abschlussbefragungen thematisieren u.a. die Erfahrungen, die die TN mit dem jeweils besuchten Orientierungsprogramm gesammelt haben sowie die Frage, welche Elemente des Orientierungsprogrammes sie für besonders hilfreich für ihren individuellen Orientierungsprozess empfunden haben.

 
14:00 - 15:30Session 2.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 066
Moderation der Sitzung: Robert W. Jahn
 

Gründe für verschiedene Formen der vorzeitigen Vertragslösung von Auszubildenden: Eine empirische Analyse von Ausbildungsverläufen

Michaelis, Christian1; Findeisen, Stefanie2

1Georg-August-Universität Göttingen; 2Universität Konstanz

Mehrere Studien sensibilisieren für die Betrachtung einer vorzeitigen Vertragslösung (VV) aus der Lebensverlaufsperspektive (Krötz & Deutscher, 2022; Michaelis & Richter, 2022; Wydra-Somaggio, 2021), um dieses Ereignis im Zusammenhang mit anschließenden Verläufen zu interpretieren. Auch wenn ein nicht unerheblicher Anteil an Jugendlichen nach einer VV das Bildungssystem frühzeitig ungelernt verlässt (Abbruch nach unten), mündet der größte Anteil erneut in institutionalisierte Bildung ein (Michaelis & Richter, 2022) und erlebt somit einen horizontalen Wechsel bzw. einige streben nach einer VV auch eine Höherqualifikation an (Abbruch nach oben) (Krötz & Deutscher, 2022; Schmid & Stalder, 2012). Wenig Kenntnis besteht bisher zum Zusammenhang von Gründen einer VV und anschließenden Verläufen, was im vorliegenden Beitrag unter Rückgriff auf Daten des NEPS (SC 4, n = 596 Auszubildende mit einer VV; NEPS-Netzwerk, 2021) differenzierter analysiert wird. Mittels einer Sequenz- und Clusteranalyse von Auszubildenden mit einer VV wurden folgende sieben Cluster zu Verläufen nach einer VV (Beobachtungszeitraum: 24 Monate) identifiziert: (C1) Horizontale VV in denselben Beruf; (C2) Direkte horizontale VV in einen anderen Beruf; (C3) Verzögerte horizontale VV in einen anderen Beruf; (C4) VV nach oben in weiterführende Bildung oder Hochschule; (C5) VV nach unten in den Übergangssektor; (C6) VV nach unten in unqualifizierte Beschäftigung; (C7) VV nach unten in Arbeitslosigkeit. Folgenden Gründe für eine VV werden in NEPS unterschieden: (a) andere Ausbildungsstelle erhalten, (b) Konflikte, (c) Überforderung, (d) nicht gewünschter Ausbildungsberuf, (e) Qualität, (f) finanzielle Gründe, (g) persönliche Gründe (z. B. Krankheit, Schwangerschaft). In einer multinomialen logistischen Regression zeigt sich, dass im Falle von Konflikten im vorzeitig gelösten Ausbildungsverhältnis eine horizontale VV wahrscheinlicher und eine VV nach oben unwahrscheinlicher werden. Daneben wird eine VV nach oben wahrscheinlicher, wenn das erste Ausbildungsverhältnis nicht dem Wunschberuf entsprach. Persönliche Gründe führen hingegen häufiger zu Verläufen in die Arbeitslosigkeit. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer differenzierteren Analyse von vorzeitigen Vertragslösungsrichtungen sowohl für zukünftige Forschung als auch für die Bildungspolitik, die im Beitrag abschließend diskutiert werden.



Wege in Ausbildung: Eine Analyse zum Einfluss von Lesekompetenzen und Nutzung von Angeboten der beruflichen Orientierung

Michaelis, Christian1; Hangen, Jule2; Gorges, Julia3; Hollricher, Luca3; Wuttke, Eveline2

1Georg-August-Universität Göttingen; 2Goethe-Universität Frankfurt; 3Philipps-Universität Marburg

Geringqualifizierte Schulabgänger:innen weisen die geringste Wahrscheinlichkeit auf, einen Ausbildungsplatz zu erhalten (Holtmann et al., 2017) und erleben häufiger verzögerte Einmündungen in Ausbildung sowie instabile Verläufe in der nachschulischen Bildung (Michaelis et al., 2022). Hintergründe hierfür sind vielfältig (ebd.). Aus Perspektive der Social Cognitive Career Theory (SCCT; Lent et al., 2002) kann eine geringe Lesekompetenz, die bei geringqualifizierten Jugendlichen häufig beobachtet wird (Sälzer, 2021), sowohl das Informieren über geeignete Ausbildungsberufe i.S. einer Erschließung der Gelegenheitsstrukturen als auch das erfolgreiche Durchlaufen eines Bewerbungsverfahren i.S. der Selbstwirksamkeit – entwickelt auf Basis bisheriger (schulischer) Erfolge – beeinträchtigen. Durch die Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Orientierung, einem Kontextfaktor i.S. der SCCT, sollen Jugendliche in der Auswahl realistischer beruflicher Laufbahnen unterstützt werden.

Vor diesem Hintergrund soll untersucht werden, inwiefern die Lesekompetenz, die Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Orientierung sowie sozio-demografische Merkmale zu einem Übergang in stabile versus instabile Ausbildungsverläufe beitragen. Dazu werden Daten der Kohorte SC 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS-Netzwerk, 2021) genutzt und auf Schulabgänger:innen mit maximal Hauptschulabschluss begrenzt (n = 1.678). In einem ersten Schritt wurden mittels Sequence- und Clusteranalysen fünf Verlaufstypen nachschulischer Bildungsverläufe identifiziert: (1.) Direkte und (2.) verzögerte Einmündungen in Ausbildung, (3.) Übergänge mit Abbrüchen, (4.) Rückkehr in allgemeinbildende Angebote sowie (5.) instabile Verläufe. In einem zweiten Schritt erfolgen Regressionsanalysen, um den Einfluss von Lesekompetenzen, der Nutzung von Angeboten der beruflichen Orientierung sowie Interaktionseffekte zwischen diesen zu analysieren.

Die Ergebnisse können die SSCT bedingt bestätigen. Erwartungsgemäß steigert die Nutzung von Maßnahmen der beruflichen Orientierung die Wahrscheinlichkeit direkt in Ausbildung einzumünden, die Effekte der Lesekompetenzen sind allerdings erwartungswidrig. Höhere Kompetenzwerte stehen stärker im Zusammenhang mit der Rückkehr in allgemeinbildende Angebote nach diversen Aktivitäten sowie verzögerten Einmündungen in Ausbildung. Die Relevanz von Lesekompetenzen geringqualifizierter Jugendlicher für nachschulische Bildungsverläufe wird im Beitrag abschließend kritisch diskutiert.



Längsschnittstudie zum Einfluss von Teamidentifikation und sozialer Unterstützung auf die Absicht den Vorbereitungsdienst abzubrechen

Hangen, Jule1; Warwas, Julia2

1Goethe Universität Frankfurt; 2Universität Hohenheim

Die Ausbildung beruflicher Lehrkräfte wird u.a. in der zweiten Phase der Lehrkräftebildung, dem sogenannten Vorbereitungsdienst (VD) gewährleitet. Diese erste Phase beruflicher Praxis gilt zum einen als belastend und stressbehaftet aber gleichzeitig als essentiell für die Entwicklung einer beruflichen Identität (Hong, 2010).

Während die Beziehungen zwischen Lehrkräften im VD (LiV) und Ausbildern am Studienseminar (z.B. Kärner et al., 2022) sowie Mentor*innen (z.B. Warwas et al., 2016) häufig betrachtet wurden, soll in diesem Beitrag die Wichtigkeit der Gemeinschaft und Zusammenarbeit von LiV im Vordergrund stehen (siehe auch Kärner et al. 2021 zur Unterstützung durch Kolleg*innen und andere LiV in Problemsituationen). Dem Social Identity Approach folgend, ist die Zugehörigkeit zu Gruppen gut für die Gesundheit und das Wohlbefinden, da Menschen einen Teil ihres Selbstkonzepts aus der Zugehörigkeit zu Gruppen ableiten (Haslam, 2004). Diese kollektive Sichtweise, die durch die Identifikation mit dem Team entsteht, kann ihnen helfen, mit belastenden Situationen besser umzugehen (Haslam et al., 2009). Neben der Identifikation mit einem Team wird auch die wahrgenommene soziale Unterstützung im Rahmen des sogenannten „social cure“ Phänomen in den Blick genommen: Erste Studien deuten darauf hin, dass der Einfluss von Identifikation mit einem Team auf physiologische und psychologische Gesundheit mediiert wird durch soziale Unterstützung und kollektive Selbstwirksamkeitserwartungen (Frenzel et al., 2022).

Vor dem Hintergrund eines verstärkten Lehrkräftemangels, soll überprüft werden, ob ein solcher Einfluss auch während des VD zu finden ist. Als abhängige Variable wird die Absicht, den VD abzubrechen gewählt und es soll überprüft werden, welchen Einfluss die Identifikation mit den Teams an Schule und Studienseminar hat und, ob dieser Einfluss mediiert wird durch die wahrgenommene Unterstützung.

Zur Beantwortung wurde eine längsschnittliche Online-Fragebogenerhebung durchgeführt. LiV für berufliche Schulen in Hessen (N=34) wurden zu 5 Zeitpunkten sowohl nach ihrer Identifikation mit verschiedenen Teams als auch der sozialen Unterstützung an Schule & Studienseminar und ihrer Absicht, den VD abzubrechen befragt. Erste Mediationsanalysen zeigen, dass der Einfluss von Identifikation mit dem Team auf Abbruchgedanken zu Beginn des 1. Hauptsemesters vollständig mediiert wird durch die Unterstützung am Studienseminar.

 
14:00 - 15:30Session 2.4
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 161
Moderation der Sitzung: Axel Grimm
 

Digitale Kompetenzen und Einstellungen angehender Lehrkräfte zur Nutzung digitaler Lernmedien als Ausgangslage für digitale Lehre

Liederbach, Nina; Reichert-Schlax, Jasmin; Zlatkin-Troitschanskaia, Olga; Frank, Katharina; Schell, Mona; Brückner, Sebastian; Dormann, Christian

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Die Digitalisierung wird als zentrale Aufgabe in der Hochschulbildung angesehen [1–3]. Insb. in der Lehrkräftebildung können digitale Lehr-Lern-Tools zu einer Förderung handlungsbezogener Kompetenzen beitragen [4–5]. Für die effektive Nutzung dieser Tools ist jedoch die Information and Communication Technology (ICT)-Kompetenz relevant [6–8]. Sie hat einen zentralen Einfluss auf den Lernerfolg und den Umgang mit digitalen Tools [9–11]. Zu den Facetten der ICT-Kompetenz zählt auch die Einstellung zu digitalen Lernmedien [12]. Entsprechende Faktoren werden bereits in Aktualisierungen des Angebots-Nutzungs-Modell nach Helmke [13] einbezogen [14]. Erste Ergebnisse deuten jedoch an, dass insb. Lehramtsstudierende entsprechende Defizite aufweisen [6,15–16]. Dabei beziehen Studierende Informationen bereits vorwiegend aus Internetquellen, die sie zunehmend den traditionellen Lernmedien vorziehen (z.B. Büchern; [17–18]). Anhand von Daten des XXX-geförderten Projekts XXX [19] werden folgende Forschungsfragen untersucht: Welche Ausprägungen der ICT-Kompetenz (FF1) und welche Einstellungen zu digitalen Lernmedien (FF2) weisen Lehramtsstudierende auf? Welche Lernmedien nutzen sie (FF3)?

An zwei Universitäten wurden in 6 Kursen 104 Lehramtsstudierende der Wirtschaftspädagogik zu ihrer ICT-Kompetenz (9 Items einer validierten Skala [6], α=.799) und Einstellung zu digitalen Lernmedien (7 Items einer validierten Skala [20], α=.761) befragt. Zusätzlich wurde das allgemeine Nutzungsverhalten verschiedener Lernmedien (14 Items [21]) erhoben.

Lehramtsstudierende schätzen dabei ihre ICT-Kompetenz (1–4) mit einem Mittelwert von x=3,60±0,348 als ausreichend ein, wobei sich innerhalb der Gruppe eine hohe Heterogenität zeigt (Abb.1,FF1). Sie berichten eine durchschnittlich positive Einstellung zum Lernen mit digitalen Lernmedien bei erneut hoher Heterogenität (1–5, x=3,76±0,614; Abb.2,FF2). Dabei scheinen die Studierenden Unterlagen aus Lehrveranstaltungen als Lernmedium zu präferieren (Tab.1). Traditionelle Lehrbücher werden im Durchschnitt weniger häufig genutzt als digitale Medien (FF3).

Auch wenn digitale Medien bereits häufige Nutzung in Lernprozessen erfahren, weist die Heterogenität der Kompetenzen und Einstellungen auf die Relevanz möglicher Unterstützungsmaßnahmen hin, um Studierende zu befähigen digitale Medien effektiv nutzen zu können [22]. Implikationen für den Einsatz digitaler Lehr-Lern-Tools werden ebenso wie Limitationen und offene Desiderate kritisch diskutiert.



Einsatz digitaler Technik zur Unterstützung lernortübergreifender Kompetenzentwicklung in der dualen Ausbildung aus Sicht der Lehrenden

Gössling, Bernd1; Ostendorf, Annette1; Lang, Ute1; Steiner, Anja2; Vötsch, Mario2

1Universität Innsbruck; 2Pädagogische Hochschule Tirol

Problem- und Fragestellung: Für duale Ausbildungsmodelle ist die Lernortkooperation. Ziel ist eine lernortübergreifende Kompetenzentwicklung, die eine integrierte Förderung von schulischem Wissen und betrieblichem Praxiswissen umfasst. Studien zeigen jedoch, dass die dafür nötige Zusammenarbeit zwischen den Akteuren anspruchsvoll ist und häufig nicht in ausreichendem Maß stattfindet (u. a. Gessler 2017, Euler 2015, 2004, Pätzold/Walden 1995). Heute gilt es zu beachten, dass die digitale Transformation nicht nur die Lernorte selbst ändert, sondern auch die Bedingungen für Lernortkooperation. Im Zentrum des Beitrags steht daher die Frage, wie Lehrende digitale Technologien zur Lernortkooperation einsetzen.

Theoretische Verortung: Es gibt drei theoretische Zugänge. Erstens, wird auf die ältere berufs- und wirtschaftspädagogische Forschung zu Lernortkooperation zurückgegriffen (vgl. Euler 2004). Zweitens, auf die Konnektivitätstheorie, die die Integration des Lernens an verschiedenen Lernorten beschreibt und u. a. die Bedeutung von Grenzgängen (boundary crossings) sowie von Grenzobjekten (boundary objects) hervorhebt (vgl. Hautz/Ostendorf 2020, Billett 2014, Tynjälä 2008). Drittens, wird im Anschluss an das Konzept der Lebenswelt von der Inkommensurabilität der Lebenswelten Schule und Betrieb ausgegangen, die die Herstellung einer Verbindung der Bildungsmaßnahmen an beiden Lernorten zu einer didaktischen Gestaltungsaufgabe macht (vgl. Sloane 2014).

Methodischer Zugang: Die Studie nimmt die beruflich Lehrenden in den Blick. Grundlage dafür ist eine laufende Interviewstudie mit inzwischen über 15 betrieblichen Ausbildenden und schulischen Lehrkräften aus Österreich. In den problembasierten Interviews werden die Kooperationserfahrungen erhoben (Witzel/Reiter 2012). Die Ergebnisse werden inhaltsanalytisch ausgewertet.

Erwartete Ergebnisse: Die Analyse der Interviewtranskripte ist darauf gerichtet, einerseits bestehende Beispiele guter Praxis zu identifizieren und außerdem Faktoren zu analysieren, die eine umfassende Lernortkooperation fördern oder einschränken können. Digitale Technologien werden als mögliche Grenzobjekte betrachtet, die zur didaktischen Begleitung der Lernenden dienen können.

Relevante/mögliche Implikationen: Diese Ergebnisse leisten einen Beitrag zur Theorie der Lernortkooperation.



Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien - Entwicklungsstand und Wahrnehmungen in der beruflichen Bildung

Pittich, Daniel; Ludwig, Tobias; Robben, Paul

TU München, Deutschland

Durch die Digitalisierung deren lernbezogenen Potentiale ist das Thema ‚Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien‘ (PLDM) verstärkt in den Fokus gerückt. Eine Implementierung erscheint nur dann zu gelingen, wenn a) die Lehrenden ihre didaktischen und methodischen Ideen bzw. Überzeugungen und Akzeptanz weiterentwickeln und b) die infrastrukturellen sowie unterstützende Rahmenbedingungen stimmen (u.a. Lund, 2018, Kunter und Pohlmann, 2009), welche sich letztlich in den die sich in konkreten Konzepten und unterrichtlichen Umsetzungen niederschlagen. Ausgehend davon ergeben sich für die vorliegende Studie die Forschungsfragen, 1) welche Bereiche des Lehrkräftehandelns mit personalisiertem Lernen assoziiert werden; 2) welche Teilfacetten von PLDM an beruflichen Schulen als relevant erachtet werden und 3) welche dieser schwerpunktmäßig umgesetzt werden und, 4) wie Lehrkräfte PLDM insgesamt im beruflichen Lernen wahrnehmen. Die vorliegende Studie geht entsprechend der skizzierten Fragestellungen auf Bezüge zu Personalisiertes Lernen in beruflicher Bildung (Wilbers, 2021), einschlägige Konzepte zu PLDM (u.a. Holmes et. al 2018; Schaumburg, 2021; Petko et. al, 2017) sowie akzeptanzbezogene Konstrukte (Jong, 2016) zurück. Die quantitativ ausgerichtete Studie wurde an 13 beruflichen Schulen mit 209 teilnehmenden Lehrkräften durchgeführt. Dabei wurden in Teil A) über 25 Items die Ausgangslage, Wahrnehmungen, Überzeugungen sowie in Teil B) mit den Stages of Concern (Jong, 2016) die Anliegen bezüglich des Konzepts PLDM in den beruflichen Schulen erschlossen. Die PLDM-Teilfacetten werden von den Lehrenden, bis auf wenige Ausnahmen, als weitestgehend relevant erachtet und werden mitunter umgesetzt. (Teil-)Ergebnisse zeigen u.a., dass die Anliegen in der Kategorie Konsequenz am intensivsten sind, was darauf hindeutet, dass die Lehrenden sich insbesondere Gedanken über den Mehrwert für die Lernenden machen und sich gerne mit anderen Schulen und Lehrenden austauschen möchten. Mit der Studie konnten nicht nur aktuelle Entwicklungsstände ausgewählter Schulen sowie die dbzgl. Wahrnehmungen, Überzeugungen und Anliegen der Lehrkräfte in Bezug auf das Konzept PLDM erhoben werden, sondern auch erste Implikationen für eine schlüssige und zielführende schulische Verbreitung.

 
14:00 - 15:30Session 2.5
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 165
Moderation der Sitzung: Jürgen Seifried
 

Macht(a)symmetrien in der pädagogischen Interaktion aus der Perspektive von Lehrpersonen: Effekte individueller, beziehungsbezogener und institutioneller Determinanten

Kärner, Tobias; Warwas, Julia; Ackermann, Franziska

Universität Hohenheim, Deutschland

Macht ist ein unterbelichtetes Element für die Analyse pädagogischer Interaktionen (Misamer & Thies 2014). Generell beschreibt sie die relative Fähigkeit eines Individuums, den Zustand anderer Personen zu verändern, indem es Ressourcen zur Verfügung stellt oder zurückhält oder aber Strafen verhängt. Die Machtverteilung zwischen Lehrenden und Lernenden kann daher als Verhältnis der durch diese Akteure wahrgenommenen Potenziale zur Vergabe/Verweigerung von Ressourcen sowie Ausübung von sanktionierenden Handlungen begriffen werden, wobei sich drei Kategorien von Bestimmungsgrößen der relativen Macht eines Akteurs unterscheiden lassen: individuelle, beziehungsprägende sowie institutionelle (Keltner et al. 2003). Vor diesem Hintergrund gehen wir der Frage nach, ob sich ausgewählte Indikatoren solcher Bestimmungsgrößen als prädiktiv für die durch Lehrpersonen wahrgenommene Machtverteilung im Klassenzimmer erweisen.

Die Frage wird auf Basis von Daten beantwortet, die mittels Befragung gewonnen wurden. Die Stichprobe umfasst 139 Lehrpersonen (97 w., 42 m.) mit einem durchschn. Alter von 39.7 Jahren und einer mittleren Berufserfahrung von 11.3 Jahren. 60 Teilnehmende berichten, an einer beruflichen Schule tätig zu sein, 79 sind an einer allgemeinbildenden Schule tätig.

Als abhängige Variablen interessieren die seitens der Lehrpersonen wahrgenommenen relativen Machtpotenziale (MP) (MP aufseiten der Lehrperson, bspw. „Ich kann meine Schüler:innen dazu bringen, das zu tun, was ich will“; MP aufseiten der Schüler:innen, bspw. „Meine Schüler:innen können mich dazu bringen, das zu tun, was sie möchten“), welche als ipsative Werte in die Analyse eingehen. Zudem wurden Charakteristika der Lehrer-Schüler-Beziehung erfasst. In Regressionsanalysen zeigt sich, dass beziehungsbezogene Fairness und Dominanz das lehrpersonenseitige relative MP signifikant positiv vorhersagen, wohingegen Ambivalenz hiermit signifikant negativ assoziiert ist. Lehrpersonen an allgemeinbildenden Schulen schätzen ihr relatives MP verglichen mit Lehrkräften an beruflichen Schulen tendenziell größer ein.

Das Thema Macht erweist sich in pädagogischen Interaktionen als relevanter Untersuchungsgegenstand, den es sich lohnt, in Forschung und Lehrpersonenbildung zu thematisieren. Hierbei sind bspw. Elemente einer professionellen Beziehungsgestaltung und Macht(a)symmetrien zugunsten/zulasten der Lehrenden wie auch der Lernenden auf Basis theoretisch fundierter und empirisch überprüfter Kriterien denkbar.



Berufsbildung im Spannungsfeld von ökonomischer Nützlichkeit, Fachanforderung und Autonomieanspruch am Beispiel hybrider Ausbildungsmodelle

Ragutt, Frank; Fink, Miriam; Herzog, Sonja

Technische Universität Dortmund, Deutschland

Der gewachsene Autonomieanspruch der heutigen Jugend sowie das verbriefte Recht des

Individuums auf Autonomie der Berufswahl stehen dem ökonomischen und fachlichen Anforderungen der Unternehmen mitunter spannungsreich gegenüber. Der vorgeschlagene Beitrag thematisiert thesenhaft Aspekte zu diesem Spannungsfeld im Rahmen eines Modells, das im laufenden InnoVET-Projekts „Bedarfsorientierte Bildungswege in der Chemie “

(BBChemie) entwickelt und aktuell erprobt wird. Auf Basis der qualitative n Handlungsforschung hat die wissenschaftliche Begleitung Interviews mit verschiedenen Status-

und Beteiligungsgruppen durchgeführt, die an dem Modellversuch teilnehmen. Das Modell erprobt für die IT-Ausbildung einen dreifach qualifizierenden Bildungsgang. Dieser Bildungsgang bietet IT-affinen Aspirant*innen mit Hochschulreife vor dem üblichen Weg in ein hochschulisches Studium einen vorhochschulischen Lern- und Erkundungsrahmen an.

Anlass des Modellversuchs ist der hohe Studienabbruch in der IT, den man mit hybriden Bildungsgängen zu reduzieren erhofft. Die sogenannten Azubi:Studis durchlaufen in diesem Modell im Status des Auszubildenden eine einjährige Lernphase, an dessen Ende sie die Entscheidung für oder gegen ein Studium, für oder gegen ein Duales Studium oder für oder

gegen eine Duale Ausbildung treffen müssen. Der Entscheidungs- und Reifeprozess wird begleitet durch ein personenzentriertes Laufbahncoaching. DasModell wird von einem privaten Bildungsdienstleister entwickelt und dient, neben den Lerninteressen und den Entscheidungen des Individuums, auch einem unternehmerischen Interesse. Unter dem Aspekt der Frage des

Zugriffs auf den Autonomieanspruch des Lernenden werden ausgewählte Aspekte zur Diskussion gestellt, die die Freiheit des lernenden Individuums im Rahmen des Modells gegebenenfalls gefährden könnten. Folgende Fragen sind für die wissenschaftliche Begleitung dabei von Interesse: Inwiefern erweitern oder begrenzen die Strukturen des Modells das

Individuum in der freiheitlichen Konstruktion des eigenen Lernweges? Welche Rolle spielen dabei die unterschiedlichen Interessen der Agierenden (Bildungsdienstle ister, Staat, Kundenunternehmen, Berufsschule usw.)? Und welche ethischen und pädagogischen Auftrag unterliegt dabei das Laufbahncoaching und was heißt das für dessen Struktur und Organisation?

Zu erwarten sind Ergebnisse als Beitrag zu einer kritischen, bildungstheoretisch-fundierten Berufsbildungsforschung.



Zusammenhänge zwischen der Macro-Scaffolding Qualität und selbstreferentiellen Schüler:innen-Outcomes

Herbert, Benjamin; Hermkes, Rico; Heuer-Kinscher, Manon; Minnameier, Gerhard

Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland

Schüler:innen Freiheiten und Verantwortung im Lernprozess zu übertragen erfordert Fingerspitzengefühl. Scaffolding adressiert diese Herausforderung und bezeichnet eine Form adaptiver Lernunterstützung, die einerseits die Freiheiten im Lernprozess einschränkt, anderer­seits den Lernenden so viel Autonomie und Selbstständigkeit wie möglich belässt. Als Macro-Scaffolding wird dabei das angemessene Aufeinanderfolgen der Lerninhalte und -schritte im Gesamtlernprozess bezeichnet (Hermkes, Minnameier & Heuer-Kinscher, 2022). Eine quali­tative Einschätzung von Macro-Scaffoldings kann im Sinne eines konstruktivistischen Lehr-Lern-Verständnis geschehen, wonach Lernprozesse der Schüler:innen dann unterstützt werden, wenn das Macro-Scaffolding einer Unterrichtsstunde kohärent und adaptiv ist (Herbert et al. eingereicht).

Empirische Befunde zur Wahrnehmung der Macro-Scaffolding Qualität durch Schüler:innen sowie potentielle Wirkungen von Macro-Scaffolding auf Zielkriterien von Unterricht, liegen bislang nur eingeschränkt vor. Jedoch lassen sich Hypothesen aus konstruktivistischen und kognitiven Lerntheorien sowie aus empirischen Befunden zu Wirkungen verschiedener Unterrichtsqualitätsmerkmale ableiten. Daran anknüpfend untersucht der vorliegende Beitrag drei Hypothesen: Schüler:innen berichten für Unterrichtsstunden mit adaptivem und kohären­tem Macro-Scaffolding (H1) eine geringere kognitive Belastung, (H2) ein ausgeprägteres Autonomieerleben und (H3) ein ausgeprägteres Kompetenzerleben.

Als Datengrundlage dienen 21 Unterrichtsstunden aus dem Berufsschulunterricht zum Thema quantitativer und qualitativer Angebotsvergleich, deren Macro-Scaffolding hinsichtlich der Qualitätskriterien Adaptivität und Kohärenz ausgewertet und über manifeste Mehrebenen-Regressionsmodelle mit Skalen aus Schüler:innen­befragungen (n=330) in Beziehung gesetzt wurde.

Die geplanten Analysen liefern erste empirische Erkenntnisse zu Zusammenhängen der Macro-Scaffolding Qualität mit kognitiven, motivationalen und emotionalen Lern-Outcomes. Sie tragen damit zur Identifikation lernförderlicher Vorgehensweisen bei der Gestaltung von Unter­richt bei und sind folglich auch für Lehrpersonen bedeutsam.

 
14:00 - 15:30Session 2.6
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166
Moderation der Sitzung: Volker Bank
 

Blind mit nur einer Theorie - Verantwortliches Forschen braucht verschiedene Blickwinkel

Kaiser, Franz

Universität Rostock, Deutschland

Die Berufsbildung ist unabhängig von ihrer historischen und regionalen Verortung ein so komplexes gesellschaftliches Gestaltungsfeld der sozialen und institutionellen Interaktion mit hoher Bedeutung für die individuelle Entwicklung, dass ihr nur unzulänglich mit einer Theorie begegnet werden kann. Erfolgt demnach ein eindimensionaler Zugang, ggf. auch noch auf der Grundlage unzulänglicher oder gar nicht geklärter Prämissen, dann setzt Teilblindheit gegenüber nicht erkannten Phänomenen ein oder neudeutsch ausgedrückt – Limitationen geraten aus dem Blick. Der Beitrag widmet sich zunächst dem Phänomen der Teilwahrnehmung, systematisiert die unterschiedlichen Ebenen der zu untersuchenden Phänomene der beruflichen Bildung im Rückgriff auf Bronfenbrenner und darauf bezogene Forschungsansätze und zeigt schließlich anhand eigener Forschungserfahrungen die Möglichkeiten des Einsatzes mehrerer Theorien auf, die unterschiedliche Reichweite und Berechtigung bzw. Erklärung je nach Kontext anbieten. Dabei kommen Theorien zur Analyse von Systemstrukturen, Tätigkeiten, biografischen Verläufen und zur didaktischen Struktiurierung ebenso zur Sprache wie Theorien zur kritischen Reflexion, wie sie uns in der kritischen Bildungstheorie begegnen

Dass wir unsere hegemoniale westliche und männliche Kultur unsere Theorien ebenso prägt wie der gesamte gesellschaftliche Kontext sei zusätzlich bemerkt. Ein Plädoyer für die Berücksichtigung der Gesamtsitation schließt den Beitrag ab.

Lit:

Bronfenbrenner, U. (1981): Die Ökologie der menschlichen Entwicklung. (2. Aufl.). Stuttgart.

Euler, P. (2020): Dennoch: Pädagogik. Gesellschafts- und Sebstkritik als Bedingung einer in Bildung begründeten Pädagogik. In: Leseräume. Zeitschrift für Literalität n Schule und Forschung. 7 Jhg. H.6, S. 27-43.

Harney, K. (2020): Theorieansätze der Berufsbildung. In: Arnold, R./Lipsmeier, A./Rohs, M. (Hrsg.) Handbuch Berufsbildung. Wiesbaden. S. 639–650

Kaiser, F. (2020): Reflections on typologies of comparison studies and the necessity of cultural-historical views illustrated by the analysis of the Swedish vocational education system from abroad. In: Pilz, M/Li, J (eds.), Comparative Vocational Education Research, Internationale Berufsbildungsforschung. Wiesbaden, p. 259-274.

Nickolaus, R. (2017): Kompetenzmodellierungen in der beruflichen Bildung – eine Zwischenbilanz. In: Schlicht, J./Moschner, U. (eds) Berufliche Bildung an der Grenze zwischen Wirtschaft und Pädagogik. Wiesbaden. S. 255-281



John Deweys Ideenbezug und dessen theoretische Kontextualisierung als Ausgangspunkte einer nichtdualistischen pädagogischen Besinnung berufspädagogisch-didaktischer Theorie – Überlegungen unter Bezug auf das Verhältnis von Freiheit, Berufsbildung und Verantwortung

Tecklenburg-Rapske, Ruben

Universität Bonn, Deutschland

Tecklenburg-Rapske, Ruben; Universität Bonn

Titel:

John Deweys Ideenbezug und dessen theoretische Kontextualisierung als Ausgangspunkte einer nichtdualistischen pädagogischen Besinnung berufspädagogisch-didaktischer Theorie – Überlegungen unter Bezug auf das Verhältnis von Freiheit, Berufsbildung und Verantwortung

Fragestellung:

Welche auch begrifflichen Formbezüge sind John Deweys Ansprache von Ideen (überhaupt) anzufügen um eine nichtdualistische pädagogische Besinnung im Rahmen berufspädagogisch-didaktischer Theorie zu unterstützten?

Theoretische Verortung:

Es erfolgt ein Bezug auf den Rahmen des Pragmatismus` als Form praxisorientierter Philosophie aus einer Perspektive berufspädagogischer Didaktik. Der Anschluss an Dewey selbst ist kritisch-konstruktiv in dem Sinne, dass zentrale Fassungen Deweys wie auch Optionen des Anschlusses an diese erörtert werden.

Zugang:

Als Basis dienen neben eigenen Lektüren Deweys (im Rahmen und Nachgang meiner Dissertation)1 v. a. Anschlüsse an den US-amerikanischen Dewey-Diskurs. Maßgeblich Richard Prawats Feststellung einer Wandlung Deweys Ausrichtung der Pädagogik und Didaktik über das Thema der Ideen2 wird aufgegriffen und unter Bezug auf die Themenstellung der Sektionstagung weitergeführt.

Ergebnisse:

Die von Prawat identifizierte philosophische Kontextualisierung der Ideen im Rahmen der Lernthematik lässt sich nicht nur als Ausdruck einer Schärfung des pädagogischen Denkens Deweys in seiner späteren Phase fassen. Sie lässt sich auch als Ausdruck einer stringenteren Bewegung Deweys zwischen verschiedenen Theoriebereichen explizieren. In diesem Rahmen lassen sich Fassungen Deweys herausstellen, die eine Überwindung zentraler Dualisierungen auch im Kontext beruflicher Bildung befördern können: so gerade auch jener von Freiheit und Verantwortung. Diesen Fassungen lassen sich wiederum Möglichkeitserörterungen bezüglich weiterer pädagogischer bzw. berufspädagogischer Begriffe anschließen.

Implikationen:

Die Arbeit an einzelnen Begriffen in einem pädagogischen Sinne (u.a. Lernen, Situation) lässt sich in einem berufspädagogischen Kontext über Dewey und seinen philosophischen Horizont hinausführen. Damit zeichnet sich die Option einer alternativen Begründung berufspädagogischer Theorie ab.



Vom Austausch zur Integration – Ostdeutsche Berufs- und Wirtschaftspädagogik im Umbruch der späten 1980er und frühen 1990er Jahre

Herkner, Volkmar

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Die politischen Geschehnisse in der DDR überrollten 1989/90 sowohl die DDR-Berufsbildung als auch die „sozialistische Berufspädagogik“ und deren Berufsbildungsforschung. Binnen kurzer Zeit mussten in den ostdeutschen Hochschulen und Universitäten Anpassungen an die bundesdeutschen Begebenheiten vorgenommen werden. Dabei zeichneten sich bereits vor dem Ende der DDR erste Annäherungen zwischen Disziplinenvertretern aus Ost und West ab. So erwähnt Franz Bernard (2014), bereits zu DDR-Zeiten Professor in Magdeburg, den informellen Austausch mit Bernard Bonz, damals Berufspädagogik-Professor in Hohenheim. Und in jenem Herbstsemester 1989/90 war mit Peter Storz ein Vertreter der DDR-Berufspädagogik als Gastwissenschaftler am Institut Technik und Bildung der Universität Bremen tätig. Auch die beiden zentralen Institute, das BIBB (West) und das ZIB (Ost), tauschten sich zuvor bereits aus und vereinbarten zum Jahreswechsel 1989/90 eine Intensivierung der gemeinsamen Zusammenarbeit. Das aus der gegenseitigen Beobachtung und dem folgenden informativen Austausch aufgrund der rasant ablaufenden politischen Entwicklungen rasch eine beinahe komplette Übernahme des bundesdeutschen Systems wurde, war zum frühen Stadium der politischen Wende in der DDR nicht absehbar. Die Kommission Berufs- und Wirtschaftspädagogik der DGfE war spätestens gefordert, als ab Mitte 1990 die Angleichung der DDR-Berufsschullehrkräfteausbildung an die Standards der bundesdeutschen Lehramtsausbildung auf der Agenda stand. Hier war der damalige Vorstand um Reinhard Czycholl, Martin Kipp und Bernard Bonz in besonderer Weise gefordert.

In dem Beitrag kommen insbesondere Zeitzeugen zu Wort, um diese Phase des Übergangs, die durch ihre grundsätzliche Offenheit ihre besondere Faszination bezieht, näher zu beleuchten. Dabei geht es nicht so sehr (aber auch) um einen Beitrag zur Geschichte der Sektion als vielmehr darum, Hintergründe zur Disziplinengeschichte eines kleinen, aber sehr bedeutsamen Zeitabschnittes zu beleuchten. En passant kann deutlich werden, wieso sich in jener Zeit die nord- und ostdeutsch geprägte Arbeitsgemeinschaft der Hochschulinstitute gewerblich-technische Wissenschaften (HGTB) – gewissermaßen Vorgänger der heutigen gtw – herausbildete, die offenbar eine Nähe zur Kommission Berufs- und Wirtschaftspädagogik vermied.

 
14:00 - 15:30Session 2.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Wolfgang von Gahlen-Hoops
 

Freiheit und Verantwortung am Übergang Schule-Beruf: Herausforderungen für die schulische Berufliche Orientierung

Kalisch, Claudia; Pilz, Lisa-Marie; Zimmermann, Esther; Prill, Tobias

Universität Rostock, Deutschland

Freiheit und Verantwortung stehen in einem spannungsvollen Verhältnis. So ist Freiheit eine zentrale Voraussetzung für Verantwortung, zugleich jedoch auch auf diese angewiesen (Heidbrink/Lorch 2020, S.2). Für Heranwachsende besteht eine Aufgabe u.a. darin, sich ihrer Freiheit und Verantwortung bewusst zu werden. Dies gilt in besonderer Weise für den Übergang Schule-Beruf: Das Recht der freien Wahl eines (Ausbildungs-)Berufes (GG Art. 12; KMK 2017, S. 2) ermöglicht eine persönliche Entscheidung in Abwägung eigener Interessen, Stärken und Neigungen. Dem gegenüber stehen gesellschaftliche Erwartungen, die in Form bildungspolitischer, wirtschaftlicher und räumlich-struktureller Bedingungen diese individuelle Entscheidung beeinflussen (u.a. Hjelm-Madsen/Kalisch 2022). Vor diesem Hintergrund behandelt der Beitrag u.a. folgende Fragen:

(1) Inwiefern wird die individuelle Berufswahl Jugendlicher limitiert?

(2) Welche Kenntnisse und Kompetenzen benötigen Jugendliche zur Übernahme von Verantwortung in der Inanspruchnahme ihres Rechts auf freie Berufswahl?

(3) Welche Anforderungen ergeben sich für die schulische BO, um Jugendliche professionell begleiten zu können?

Die Erörterung dieser Fragen erfolgt auf der Basis von Erkenntnissen aus Jugendstudien und Berufswahlforschung sowie aus einer kritischen Betrachtung der gegenwärtigen bildungspolitischen Schwerpunktsetzungen am Übergang Schule-Beruf. Einen weiteren Bezugspunkt stellen die mehrjährigen Erfahrungen in der Entwicklung und Umsetzung eines schulischen BO-Ansatzes in Mecklenburg-Vorpommern dar, welche im Rahmen eines vom BMBF-geförderten Projektes an der Universität Rostock gesammelt wurden. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion von Handlungsbedarfen.

Literatur

Heidbrink, L., & Lorch, A. (2020). Freiheit und Verantwortung. Praktische Wirtschaftsphilosophie, 1-22.

Hjelm-Madsen, M./Kalisch, C. (2022): Regionale Disparitäten in der Berufsbildungsforschung: Deutungsmuster und Bewertungsansätze zwischen Vielfalt und Ungerechtigkeit. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 42, 1-20. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe42/hjelm-madsen_kalisch_bwpat42.pdf

KMK (2017): Empfehlung zur Beruflichen Orientierung an Schulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.12.2017).



Gelingensfaktoren für einen erfolgreichen Start in die duale Berufsausbildung aus der Perspektive von Berufsberaterinnen und Berufsberatern

Hochmuth, Melanie; Seyffer, Silke; Frey, Andreas

Hochschule der Bundesagentur für Arbeit Mannheim, Deutschland

Theoretische Verortung

In Bezug zu kognitiven Laufbahntheorien sind neben eigenen Interessen und der Selbstwirksamkeit auch Sozialisationsprozesse und Unterstützungsstrukturen von großer Bedeutung für die Berufswahl (Hirschi, 2008). Während die Berufsberatung in einem neutralen Verhältnis darauf abzielt, Informationen zu vermitteln und Unsicherheiten zu reduzieren (Häfeli & Schellenberg, 2009), wird die individuelle Berufswahl durch praktische Erfahrungen gefördert (Degenhardt, 2020). Gleichzeitig sind das Image des Berufes sowie die Vorstellungen der Eltern (Mischler & Ulrich, 2018) und deren sozialer Hintergrund (Häfeli & Schellenberg, 2009) essentiell. Soziale Medien wie Instagram (Jahncke et al., 2020) stehen dabei in einem engen Bezug zu Rollenbildern.

Fragestellung/Zielsetzung

Welche Faktoren sind aus der Perspektive von Berufsberater*innen besonders relevant, um einen erfolgreichen Übergang in die Berufsausbildung sicherzustellen und wie können diese Determinanten im Beratungsprozess der Bundesagentur für Arbeit stärker berücksichtigt werden?

Methodischer Zugang

Mittels eines im Rahmen eines Gruppen-Delphi-Verfahrens entwickelten quantitativen Fragebogens wurde die Einschätzung relevanter Einflussfaktoren für einen erfolgreichen Übergang in die Ausbildung aus der Perspektive von 256 Berufsberater*innen erhoben (CASI 09/22-11/22). Die Themenbereiche umfassen die Berufsorientierung/-beratung, Eltern, Medien, individuelle Voraussetzungen, Ausbildungsberuf und -betrieb (insgesamt 42 Items).

Ergebnisse

Dabei schätzen die befragten Berater*innen zusammengefasst die Relevanz von Praktika sowie die Förderung der Berufswahlreife und Informationskompetenz als besonders relevant ein. Diesbezüglich wird auch der Einfluss der Medien auf die Wahrnehmung von Berufen und Rollenbildern als sehr wichtig bewertet. Aussagekräftige Stellenausschreibungen werden als Erfolgsfaktor auf der Seite der Ausbildungsbetriebe wahrgenommen. Neben Gruppenunterschieden in der Einschätzung durch die Berufsberater*innen nach deren Alter und Geschlecht lassen sich zudem regionale Differenzen identifizieren (Mittelwertsvergleiche).

Auf Grundlage der Ergebnisse werden unter Einbezug weiterer relevanter Gruppen (Eltern, Ausbildungsbetriebe, Auszubildende) Gelingensfaktoren abgeleitet, die für die Weiterentwicklung der Beratungsangeboten relevant sind.



Abschlüsse von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Vergleich - Experimentelle Evidenz zur Rekrutierung von Auszubildenden

Schimke, Benjamin; Schuchart, Claudia

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Rund 35% aller Hochschulzugangsberechtigungen (Fachhochschul- und allgemeine Hochschulreife), die im Schuljahr 2021/22 an deutschen Schulen erworben wurden, stammen nicht von allgemeinbildenden, sondern von beruflichen Schulen (Statistisches Bundesamt, 2022a; 2022b). Diese Schulen vermitteln neben dem allgemeinbildenden Curriculum berufliche Grundkenntnisse in einem bestimmten Fachbereich (z. B. Wirtschaft und Verwaltung), vergeben aber meist keine zusätzlichen beruflichen Abschlüsse. Schüler*innen beruflicher Schulen erbringen jedoch schlechtere Leistungen als vergleichbare Schüler*innen an allgemeinbildenden Schulen (Trautwein, 2007). Ziel des Beitrags ist es zu untersuchen, ob diese geringere akademische Leistungsfähigkeit bei gleichzeitigen Vorteilen bezüglich des beruflichen Wissens zu Arbeitsmarktchancen führen, die mit jenen von Absolvent*innen des allgemeinbildenden Schulsystems vergleichbar sind. Humankapital-, sowie signal- und filtertheoretische Überlegungen dienen als heuristischer Zugang.

Um die offene empirische Forschungsfrage zu beantworten, untersuchen wir den Einstellungsprozess für Lehrstellen im Berufsbildungssystem mittels eines diskreten Choice-Experiments. Befragte sind 1.329 Personaler*innen, die Auszubildende in min. einem von 10 Berufen einstellen. Die Ergebnisse verweisen auf die zentrale Bedeutung spezifischer beruflicher Grundkenntnisse, die in beruflichen Schulen vermittelt werden. Absolvent*innen beruflicher Schulen werden bei Einstellungsentscheidungen bevorzugt, wenn ihre Hochschulzugangsberechtigung in einem dem Ausbildungsberuf nahen Fachbereich erworben wurde. Abschlüsse, die in einem fachfremden Bereich erreicht wurden, werden dagegen im Vergleich zu vergleichbaren Abschlüssen aus allgemeinbildenden Schulen von Personaler*innen abgewertet.

Der Schulform des allgemeinbildenden Abschlusses scheint eine zentrale Rolle als Arbeitsmarktsignal zuzukommen. Insbesondere für die Bildungsberatung von Schüler*innen sowie deren Eltern besitzen die Erkenntnisse eine erhebliche Relevanz.

Literatur

Statistisches Bundesamt (2022a). Statistischer Bericht. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2021/2022. Wiesbaden: Bundesamt.

Statistisches Bundesamt (2022b). Statistischer Bericht. Berufliche Schulen und Schulen des Gesundheitswesens – Grunddaten. Schuljahr 2021/22. Wiesbaden: Bundesamt.

Trautwein, U. (Hrsg.) (2007). Schulleistungen von Abiturienten. Regionale, schulformbezogene und soziale Disparitäten. Münster: Waxmann.

 
14:00 - 15:30Session 2.8
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 009
Moderation der Sitzung: Torben Karges
 

Welche Rolle spielen demokratische Lerngelegenheiten an den Lernorten Berufsschule und Betrieb für politische Einstellungen von Auszubildenden?

Krebs, Philine1; Busse, Robin2; Seeber, Susan1

1Georg-August-Universität Göttingen; 2Technische Universität Darmstadt

Demokratisch-politische Einstellungen leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag für den Erhalt unserer Demokratie, sie sind auch ein notwendiges Fundament für eine demokratische Lösung von Konflikten (Oberle, 2022) und für den Ausgleich unterschiedlicher Interessen am Arbeitsplatz (Zurstrassen, 2020). Aktuelle Entwicklungen in der Gesellschaft, die auch eine Zunahme antidemokratischer Einstellungen umschließen (Hövermann, Kohlrausch & Voss, 2022), verweisen eindrücklich darauf, dass eine zukunftsfähige berufliche Ausbildung – normativ betrachtet – viel stärker als bisher zur Förderung demokratisch-politischer Einstellungen beitragen sollte. Das Verhältnis von politischer und beruflicher Bildung wird bereits seit Jahrzehnten diskutiert – so gilt es als bestätigt, dass „Berufsarbeit, Persönlichkeitsentwicklung und politische Einstellungen von Individuen in einem engen Zusammenhang stehen“ (Greinert, 1990). In diesem Zusammenhang eröffnet die berufliche Bildung vielfältige Lern- und Sozialisationsgelegenheiten für Demokratie und Zivilgesellschaft an verschiedenen Lernorten (Krebs, 2022). Ungeachtet der individuellen und gesellschaftlichen Bedeutung der Thematik mangelt es jedoch an empirischen Befunden zum Beitrag der beruflichen Bildung zur Entwicklung demokratisch-politischer Einstellungen (Busse et al., 2022). Im vorliegenden Beitrag wird der Einfluss demokratischer und zivilgesellschaftlicher Lern- und Sozialisationsgelegenheiten an den Lernorten Berufsschule und Betrieb auf demokratisch-politische Einstellungen von kaufmännischen Auszubildenden beleuchtet.

Für die statistischen Analysen stehen Daten von N≈400 kaufmännischen Auszubildenden der Ausbildungsberufe Industriekaufmann*frau und Kaufmann*frau im Einzelhandel zur Verfügung, die zweimal im Abstand eines Jahres mittels vollstandardisierter Fragebögen am Lernort Berufsschule befragt wurden. Zur Untersuchung des Erklärungsbeitrags demokratischer Lern- und Sozialisationsgelegenheiten für demokratisch-politische Einstellungen werden Strukturgleichungsmodelle (insb. Cross-Lagged-Panel Modelle) eingesetzt. Die Befunde werden vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen für berufsbildende Schulen bei der Vermittlung demokratisch-politischer Einstellungen diskutiert.



Vorbereitung auf die berufsfachschulische Förderung Lernender in sozial- und nachhaltigkeitsunternehmerischen überfachlichen Kompetenzen (snüK)

Freidorfer, Lena

Universität Zürich, Schweiz

Ausgangslage:

Jugendliche fühlen sich von aktuellen und bevorstehenden Entwicklungen und Herausforderungen in den Bereichen soziales Wohlergehen und Umwelt stark betroffen (Hill et al. 2022). Im Zuge der betrieblichen Ausbildung kommen insbesondere Lernende mit Fragestellungen der ökologischen und nachhaltigkeitsorientierten Gestaltung von Arbeitsprozessen, v.a. auch im Hinblick auf den Einsatz unterschiedlicher Materialien und Ressourcen in Berührung (Backes-Gellner & Pfister 2019). Machen sich Lernende Gedanken über eigene Unternehmensideen und -konzepte so nehmen nachhaltigkeits- und sozialorientierte Themenstellungen eine besondere Rolle ein (Silberschmidt & Heimann 2022).

Forschungsfragen:

Welche snüK sind für die berufliche Alltagsbewältigung von nachhaltigkeits- und sozialorientierten Unternehmer/innen im Vergleich zu traditionellen Unternehmer/innen von Relevanz?

Inwiefern können Grundlagen geschaffen werden, um Lernenden snüK im berufsfachschulischen Unterricht zu vermitteln?

Theoretische Verortung:

Ansatz der Entrepreneurship Education (Lindner 2016) als auch jüngere Ansätze wie Social- und Ecopreneurship Education (Mir Shahid & Alarifi 2021)

Methodischer Zugang:

  • Literaturrecherche und Durchführung einer Dokumentenanalyse wissenschaftlicher Publikationen in den Forschungsfeldern Social Entrepreneurship und Ecopreneurship (Education), Analyse auf die Anführung von snüK
  • Durchführung und Auswertung leitfadengestützter Interviews mit nachhaltigkeits- als auch sozialorientierten und kommerziellen Unternehmer/innen

Erwartete Ergebnisse:

Generierung einer Übersicht an snüK als eine Grundlage für die Vermittlung und Förderung derselben im berufsfachschulischen Unterricht

Mögliche Implikationen:

  • Stärkung der bislang marginal ausgeprägten Forschung im Bereich überfachlicher Entrepreneurship Kompetenzen
  • Stiftung eines nicht nur forschungs- sondern auch entwicklungsorientierten Beitrags (u.a. Grundlagen zu schaffen für die Förderung von snüK im berufsfachschulischen Unterricht)

Literatur (eine Auswahl):

Lindner, J. (2016). Entrepreneurship Education. In G. Faltin (Hrsg.), Handbuch Entrepreneurship (S. 1–18). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05263-8_35-1

Mir Shahid, S., & Alarifi, G. (2021). Social entrepreneurship education: A conceptual framework and review. The International Journal of Management Education, 19(3), 100533. https://doi.org/10.1016/j.ijme.2021.100533



Technische Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (TBNE) - Ein didaktischer Ansatz zur verknüpfenden Vermittlung von „Nachhaltigkeit“ und „Technik“

Brämer, Stefan

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland

Für die Bewältigung gesellschaftlicher Veränderungen und globalen Herausforderungen sowie der Gestaltung des technologischen Wandels und der digitalen Transformation kommt der technischen Bildung eine zentrale Rolle zu (acatech et al. 2022). Diese Entwicklungen betreffen gerade die nachfolgenden Generationen, so dass genau diese, ein vertieftes Verständnis für technische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge und Abhängigkeiten sowie deren Auswirkungen auf die Zukunft entwickeln müssen. Hier gilt es, die gegenseitige Abhängigkeit von Technik, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu erkennen und zu verstehen, Herausforderungen im Umfeld vorauszusehen und diese zu lösen. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) gilt dabei als ein möglicher Schlüssel für eine langfristige Verankerung der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung (Melzig et al. 2018). Alle Jugendlichen müssen, sowohl technische, ökonomische, ökologische und soziale Folgen von Entscheidungs- und Handlungsalternativen erkennen und prüfen als auch sensibilisiert, motiviert und befähigt werden, Handlungen im Sinne der Nachhaltigkeit auszuführen (Brämer et al. 2022). Die Dimensionen und Erkenntnisperspektiven der Technik (Ropohl 2009) enthalten bereits die Dimensionen des Nachhaltigkeitsbegriffs (Hauff/Kleine 2005) sowie Aspekte der BNE (Kastrup/Kuhlmeier 2020). Durch das Konzept der Technischen Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (TBNE) können die Ansätze, Konzepte und Modelle der technischen Bildung mit den Ansätzen, Konzepten und Modellen der (Beruflichen) Bildung für eine nachhaltige Entwicklung verbunden werden (Vieback et al. 2022). TBNE bedeutet, dass der Gegenstandsbereich „Technik“ immer bzgl. ökonomischer, ökologischer und sozialer Folgen von Entscheidungs- und Handlungsalternativen betrachtet werden müssen, um die Entwicklung von Bewertungs-, Gestaltungs- und Systemkompetenz bei den Jugendlichen zu unterstützen. Der vorgeschlagene Beitrag stellt, nach der theoretischen Herleitung, erste TBNE-Konzepte aus den Bereichen allgemeinbildende Schule, Berufsausbildung und außerschulischer Lernort vor.

Stichwörter

Nachhaltigkeit, TBNE, BNE, BBNE, Technische Bildung, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung

 
14:00 - 15:30Symposien/Foren 2.1
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 007
Moderation der Sitzung: H.-Hugo Kremer
 

Innovation in Praxis und Forschung: Begleitforschung in der Berufsbildung im Rahmen des Förderprogramms InnoVET

Chair(s): Ertl, Hubert (Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland), Kremer, H.-Hugo (Universität Paderborn), Kuhlee, Dina (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg)

DiskutantIn(nen): Klusmeyer, Jens (Universität Kassel)

 

Beiträge des Symposiums

 

Begleitforschung in großen bildungspolitischen Programmen – Zusammenwirken von Forschung und Praxis aus der Betrachtung von Translationsprozessen im Innovationsprogramm InnoVET

Ertl, Hubert, Peitz, Nina-Madeleine
Bundesinstitut für Berufsbildung, Deutschland

 

Deutungsmuster von institutionellen Akteuren der beruflichen Bildung zu Innovationen im Schnittbereich von beruflicher und akademischer Bildung – Einblicke in den Ideenwettbewerb InnoVET

Kunze, Madita, Pohl, Marion, Stobbe, Lisa
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

 

„Go with the flow?!“ – Einblicke in Forschungsansatz und erste Ergebnisse des Begleitforschungsprojekts ITiB

Daniel-Söltenfuß, Desiree, Kremer, H.-Hugo, Kückmann, Marie-Ann
Universität Paderborn

 
14:00 - 15:30Symposien/Foren 2.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 162
Moderation der Sitzung: Ulrike Weyland
Moderation der Sitzung: Wilhelm Koschel
 

Symposium (Teil I, Teil II): Forschung zur beruflichen Bildung im Gesundheits- und Pflegebereich und deren Bildungspersonal – Aktuelle Ansätze und empirische Befunde

Chair(s): Weyland, Ulrike (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland), Koschel, Wilhelm (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

DiskutantIn(nen): Wittmann, Eveline (Technische Universität München)

 

Beiträge des Symposiums

 

Schulisches Bildungspersonal im Gesundheitsbereich – Differente Ausbildungswege in Hinblick auf Professionalisierungsbestrebungen

Kaufhold, Marisa1, Weyland, Ulrike2, Kruse, Annika2
1Fachhochschule Bielefeld, 2Westfälische Wilhelms-Universität Münster

 

Pflegeberuflicher Unterricht unter dem Fokus kognitiver Aktivierung – eine qualitative Befragung von schulischem Bildungspersonal und Analysen von Lernaufgaben

Wesselborg, Bärbel1, Weyland, Ulrike2, Kleinknecht, Marc3, Schäfer, Miriam1, Klar, Kristin2
1Fliedner-Fachhochschule Düsseldorf, 2Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 3Leuphana Universität Lüneburg

 

Coronabedingte Limitationen in der praktischen Ausbildung von Auszubildenden im Pflegeberuf – Qualifizierungsmaßnahmen für betriebliches Bildungspersonal

Wilhelm, Koschel1, Ulrike, Weyland1, Wesselborg, Bärbel2
1Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 2Fliedner-Fachhochschule Düsseldorf

 
14:00 - 15:30Symposien/Foren 2.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 163
Moderation der Sitzung: Carmela Aprea
Moderation der Sitzung: Andreas Rausch
 

Arbeitszeit, Arbeitsbelastung und Resilienz von Lehrkräften an beruflichen Schulen

Chair(s): Aprea, Carmela (Universität Mannheim), Rausch, Andreas (Universität Mannheim), Speck, Thomas (BLV)

DiskutantIn(nen): Warwas, Julia (Universität Hohenheim)

 

Beiträge des Symposiums

 

Der Einfluss der Arbeitszeit im Lehrberuf: Eine systematische Literaturübersicht

Aprea, Carmela, Sarochan, Nina
Universität Mannheim

 

Herausforderungen von Lehrkräften an beruflichen Schulen: Ausprägungen sowie Auswirkungen auf Burnoutgefährdung, Wohlbefinden und Berufszufriedenheit

Sarochan, Nina, Lohner, Max, Aprea, Carmela
Universität Mannheim

 

Arbeitszeiten, Arbeitstätigkeiten und wahrgenommene Lerngelegenheiten von Lehrkräften an beruflichen Schulen

Böhm, Manuel, Rausch, Andreas
Universität Mannheim

 
14:00 - 15:30Verweilcafé
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 067
15:30 - 16:00Pause
16:00 - 17:30Session 3.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 063
Moderation der Sitzung: Andreas Rausch
 

Autonomie im Entscheidungskorridor – Betriebliche Weiterbildungsentscheidungen in Klein- und Kleinstunternehmen

Müller, Christian

TU Dresden, Deutschland

Trotz Milliardeninvestition in betriebliche Weiterbildung (Seyda und Placke 2020, S. 105) und der quantitativen Dominanz der Klein- und Kleinstunternehmen (KKU) unter allen Unternehmen in Deutschland (Statistisches Bundesamt 2022, o. S.) sind Entscheidungsprozesse für und gegen Weiterbildung dieser Beschäftigtengrößenklasse besonders selten Gegenstand empirischer Untersuchungen (Dobischat und Düsseldorf 2013, S. 253). Vor diesem Hintergrund präsentiert der Beitrag Ergebnisse einer empirischen Studie unter der Fragestellung:
Wie entscheiden Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer von KKU über die (Nicht-) Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung und damit verbundene Einzelentscheidungen zwischen autonomer Entscheidungshandlung und den Limitationen des betrieblichen Entscheidungskorridors?
Die empirische Grundlage bilden qualitative Interviews mit Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern aus 16 verschiedenen Wirtschaftszweigen, die unter der forschungsmethodologischen Perspektive der Grounded Theory Methodology ausgewertet und zur einer fünf Typen umfassenden Typologie betrieblicher Weiterbildungsentscheidungen abduktiv zusammengefasst wurden. Unter der organisationstheoretischen Annahme, dass Entscheidungen gerade nicht rationalistischen und linearen Pfadlogiken folgen, sondern von Simultanität, fluiden Präferenzen, Intuition, Werthaltungen der Akteure oder lediglich der Existenz geeigneter Entscheidungsgelegenheiten abhängen (March 1990: Das Garbage Can Model) wird gezeigt, wie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer die an sie gestellten Anforderungen pädagogischer Entscheidungen im betrieblichen Alltag bewältigen und damit Verantwortung für die Weiterbildung ihrer Beschäftigten übernehmen.
Literatur:
Dobischat, Rolf / Düsseldorff, Karl (2013): Betriebliche Weiterbildung in Klein-
und Mittelbetrieben (KMU). Forschungsstand, Problemlagen und Handlungserfordernisse. Eine Bilanz. In: WSI Mitteilungen 4, S. 247–254.
March, James G. (Hrsg.) (1990): Entscheidung und Organisation. Kritische und
konstruktive Beiträge, Entwicklungen und Perspektiven. Wiesbaden: Gabler.
Seyda, Susanne; Placke, Beate (2020): IW-Weiterbildungserhebung 2020: Weiterbildung im Wachstumskurs. In: Vierteljahreszeitschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung 47 (4), S. 103–123.
Statistisches Bundesamt (2022): Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland. Hg. v. Statistisches Bundesamt.



Weiterbildungsstudiengänge im Blended-Learning Format unter Berücksichtigung der zunehmenden Heterogenität der Studierenden

Bauer, Theresa; Förster, Manuel

Technische Universität München, Deutschland

Die zunehmende Bedeutung digitaler Lernangebote und die wachsende Heterogenität erfordern ein an die Studierenden angepasstes Lehrformat. Demnach sollten insbesondere Weiterbildungsstudiengänge durch E-Learning angereichert werden, um die individuellen Lernbedingungen der nicht-traditionellen, berufstätigen Studierenden zu berücksichtigen (Arnold et al., 2018; Zimmer, Lörz, Marzuk, 2021). Abgeleitet aus dem Angebots-Nutzungs-Modell (Schrader & Helmke, 2008) wurde ein Lernerfolgs-Modell unter Berücksichtigung der demografischen, motivationalen und kognitiven Heterogenitätsmerkmale entwickelt.

Ziel ist es, die Auswirkungen der demografischen, kognitiven und motivationalen Heterogenität auf das Lernverhalten von Studierenden zu analysieren und abzuleiten, wie Studiengänge im Blended-Learning-Format gestaltet sein müssen, um den heterogenen Bedürfnissen von berufstätigen, internationalen Studierenden im Bereich der beruflichen Bildung gerecht zu werden. Aufgrund dieser internationalen Zielgruppe wird der Studiengang in einem Blended-Learning Format angeboten, in dem sich Online- und Präsenzphasen abwechseln. Im Rahmen dieser Studie wird ein Mixed-Methods-Design angewendet, bei dem erste quantitative Daten (N=21) mittels qualitativer Interviews vertieft werden. Zum Start und am Ende des ersten Semesters wurde eine Fragebogenerhebung durchgeführt und ergänzend dazu wurden zu zwei verschiedenen Zeitpunkten während des Semesters leitfadengestützte Interviews mit jeweils 13 Studierenden geführt, welche anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2022) analysiert wurden.

Erste Auswertungen der Interviews zeigen, dass die soziale Interaktion ein essenzielles Bedürfnis von heterogenen Studierenden darstellt, weshalb Präsenzphasen und die Zusammenarbeit in Peer-Groups einen positiven Effekt haben. Ebenso wirken sich Meilensteine, Multimedialität, eine klare Kommunikation sowie eine stringente Struktur der Module positiv auf den Lernerfolg aus. Die heterogenen Studierenden haben zudem das Bedürfnis nach hoher Flexibilität im Studium, was durch eine selbstständige Einteilung der Lernzeit, ortsunabhängiges Lernen und einem dauerhaften Zugang zu den digitalen Lernmaterialien sichergestellt werden kann. So kann ein an die Studierenden angepasstes Blended-Learning Format die Vereinbarkeit von Beruf, Studium und Familie unterstützen. In einem nächsten Schritt werden Logfile-Daten der Lernmanagementplattform herangezogen, um das Lernverhalten weiter zu analysieren.



Arbeitsschutzkompetenz messbar machen: Ein valider, Rasch-skalierter Test zu rechtlichen und methodischen Grundlagen der Arbeitssicherheit

Maletz, Lucia1; Naumann, Nils Johannes2; Frank, Carolin1

1Bergische Universität Wuppertal, Lehrstuhl Didaktik der Technik; 2Bergische Universität Wuppertal, Methoden der Bildungsforschung

Obwohl Inhalte der Arbeitsicherheit bzw. des Arbeitsschutzes in berufsbildenden Schulen, Hochschulen und Unternehmen gelernt werden sollen, gibt es in diesem Bereich wenig Erkenntnisse zur Kompetenzmodellierung und -messung. Häufig wird die Arbeitsschutz-Kompetenz lediglich mittels Selbsteinschätzung erhoben [1, 2].

Die Bewältigung sicherheitsbezogener Problemsituationen erfordert tätigkeitsübergreifende und -spezifische Kompetenzen [3]. Tätigkeitsübergreifende Kompetenzen, zu denen rechtliche und methodische Grundlagen zählen, werden bei der Wissensvermittlung oft unzureichend berücksichtigt [3, 4]. Genau für diese Aspekte wurde ein Test für Studierende mit insgesamt 51 Items, deren Schwierigkeit über anforderungsbestimmende Aufgabenmerkmale [5] variiert wurde, entwickelt. Die Items wurden mittels Lautem Denken [6] getestet (N=3), mit Arbeitssicherheitsexperten optimiert (N=5) und an einer Stichprobe von 98 Studierenden pilotiert.

Die Skalierungsergebnisse zeigen, dass sich die methodischen und rechtlichen Kompetenzen auf einer Skala abbilden lassen (EAP-Rel.=.88, 0.95 < Infit < 1.05 für alle Items) und sich die empirischen Itemschwierigkeiten durch die a priori bestimmten Aufgabenmerkmale erklären lassen: Erwartungsgemäß erwiesen sich Items zu Zusammenhangs- und Konzeptwissen jeweils als signifikant schwerer als Items zu reinem Faktenwissen.

Schwerpunkte des Vortrags bilden die Vorstellung der Methodik der Testerstellung sowie der Skalierungsergebnisse.

[1] M. A. Griffin und A. Neal, „Perceptions of Safety at Work: A Framework for Linking Safety Climate to Safety Performance, Knowledge, and Motivation,“ Journal of Occupational Health Psychology, Vol. 5 No. 3, S. 347–358, 2000.

[2] L. Jianga, G. Yu und F. Li, „Perceived colleagues’ safety knowledge/behavior and safety performance: Safety climate as a moderator in a multilevel study,“ Accident Analysis and Prevention, Nr. 42, S. 1468–1476, 2010.

[3] A. Kahl, C. Frank und R. Erlebach, „Eine kritische Untersuchung arbeitsschutzbezogener Lehrinhalte in Lehrbüchern metalltechnischer Berufe,“ Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, 2021.

[4] A. Kahl, Arbeitssicherheit: Fachliche Grundlagen. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2019.

[5] A. Kauertz, Schwierigkeitserzeugende Merkmale physikalischer Leistungstestaufgaben (Studien zum Physik- und Chemielernen 79). Berlin: Logos Verlag, 2008.

[6] K. A. Ericsson und H. A Simon, Protocal Analysis: Verbal Reports as Data. Cambridge, MA: MIT Press, 1993.

 
16:00 - 17:30Session 3.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 065
Moderation der Sitzung: Ulrike Weyland
 

Berufliche Identifikation und Autonomieerleben im Referendariat für das Lehramt an beruflichen Schulen

Weiß, Julia Katharina; Bottling, Matthias; Kärner, Tobias

Universität Hohenheim, Deutschland

Der Übergang in das Berufsleben induziert eine Weiterentwicklung der persönlichen Identität durch den beruflichen sozialen Kontext (Heinrichs et al., 2022). Eine ausgeprägte berufliche Identifikation, d.h. ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit und des Engagements für den Beruf, kann dazu beitragen, die Absicht zu erhöhen im Beruf zu verbleiben (z.B. van Dick und Wagner, 2002). Nach der Selbstbestimmungstheorie ist die Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse als Ergebnis eines bedürfnisunterstützenden Umfelds besonders wichtig für die Verinnerlichung oder persönliche Akzeptanz der gewählten Identität (Skhirtladze et al., 2019). Das subjektive Erleben der beruflichen Identität der Referendar:innen steht hierbei in Wechselwirkung mit verschiedenen Bedingungen des Ausbildungsumfelds, wobei wir uns auf die wahrgenommene Autonomieunterstützung und das autonomiehemmende Verhalten der Fachleiter:innen konzentrieren. Ziel der Studie ist es zu untersuchen, inwieweit die Identifikation mit dem Beruf angehender Berufsschullehrkräfte mit dem Bedürfnis nach Autonomie zusammenhängt und ob sich dies in ihrer Absicht widerspiegelt, im Berufsfeld zu verbleiben.

Auf Basis eines Längsschnittdesigns mit insg. 79 Referendar:innen in BW und vier Erhebungszeitpunkten während des Referendariats wurden entsprechende Entwicklungsprozesse über einen Gesamtzeitraum von einem Jahr erfasst. Cross-lagged Panelanalysen erlauben Rückschlüsse darauf, inwieweit die berufliche Identifikation der Referendar:innen mit autonomiefördernden bzw. autonomiehemmenden Bedingungen, die von Fachleiter:innen ausgehen, interagiert und inwiefern das Zusammenspiel der genannten Faktoren wiederum die Bleibeabsicht beeinflusst.

Die Analysen zeigen, dass die berufliche Identifikation nach sechs Monaten im Referendariat die Absicht, ein halbes Jahr später im Lehrberuf zu verbleiben, signifikant vorhersagt (β = .652, p < .001). Signifikante Kreuzpfade beschreiben jeweils positive Effekte zwischen beruflicher Identifikation und Autonomieunterstützung und negative Effekte zwischen beruflicher Identifikation und Autonomievereitelung.

Gerade vor dem Hintergrund des Lehrkräftemangels in Deutschland kann die Förderung professioneller Identifikationsprozesse im Sinne einer Lehrer:innenidentität als entscheidend bewertet werden. Insofern kann ein autonomieförderndes Umfeld, wie es z.B. von Fachleiter:innen geschaffen werden kann, bereits während der Lehrer:innenbildung dazu beitragen.



Theorie und Praxis in der beruflichen Bildung Sozialpädagogik – (Didaktische) Strukturierungen von Theorie-Praxis-Verknüpfungen aus Lehrer*innenperspektive

Bobe, Anna

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Die Verknüpfung von Theorie und Praxis kann als Grundanliegen pädagogischer Ausbildungen verstanden werden. So wird diese auch innerhalb sozialpädagogischer und somit vollzeitschulischer Berufsbildungsgänge diskutiert. Verbunden damit ist stets die Frage nach dem Erlernen von pädagogisch-professionellem Handeln. Innerhalb der beruflichen Bildung dominieren mit Blick auf Theorie-Praxis-Verknüpfungen die Konzepte der Lernfeldorientierung, der Handlungsorientierung sowie der Lernortkooperation. Auch im genuinen Bereich der sozialpädagogischen Bildung und Sozialdidaktik existieren Formate, wie u. a. die doppelte Vermittlungspraxis, das Forschende- und reflektierende Lernen sowie das Biografische Lernen. Darüber hinaus liegen ebenso erste dahingehende Forschungen vor. Ihnen fehlt es jedoch an Einsichten in das Erlernen von Theorie-Praxis-Verknüpfungen innerhalb von damit verbundenen (beruflich orientierten) Lernprozessen. Dem zuvor dargestellten Desiderat widmet sich die Pilotstudie Aneignungsprozesse der Relation von Theorie und Praxis zukünftiger pädagogischer Fachkräfte. Das Pilotprojekt folgt einem qualitativen sowie sinnverstehenden Forschungszugang und kann der Berufsbildungsforschung bzw. der dortigen Unterrichtsforschung zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang wurden leitfadengestützte Interviews mit Lehrer*innen der beruflichen Bildung Sozialpädagogik in Niedersachsen geführt. Der vorliegende Einzelbeitrag fokussiert die Darlegung der generierten Forschungsergebnisse. Diese geben Einblicke in (didaktische) Strukturierungen der Theorie-Praxis-Verknüpfung innerhalb der beruflichen Bildung Sozialpädagogik aus Lehrer*innenperspektive. Ebenso werden in diesem Kontext Gestaltungsansätze für berufsorientierte Auseinandersetzungen mit ‚Theorie‘ und ‚Praxis‘ innerhalb von Lehr-Lern-Arrangements sichtbar sowie damit verbunden das Verständnis von ‚Theorie‘ und ‚Praxis‘.

 
16:00 - 17:30Session 3.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 066
Moderation der Sitzung: Volker Bank
 

Die Fähigkeit zum kritischen Umgang mit Online-Informationen bei LehramtsreferendarInnen im Fach Wirtschaft und ihre Förderung durch ein digitales Training

Nagel, Marie-Theres; Zlatkin-Troitschanskaia, Olga; Fischer, Jennifer; Martin de los Santos Kleinz, Lisa; Maur, Andreas

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Das Internet ist aus dem Arbeitsalltag von Lehrkräften nicht mehr wegzudenken, sowohl bei der Nutzung digitaler Medien sowie zur Vermittlung digitaler Kompetenzen im Unterricht [1-5]. Eine stärkere Internetnutzung geht jedoch nicht automatisch mit einer höheren Kompetenz im Umgang mit Online-Medien einher [6]. Eine Förderung des Umgangs mit digitalen Medien ist jedoch bislang oft wenig curricular verankert und nur vereinzelt expliziter Bestandteil des Lehramtsstudiums [7-8]. Zugleich zeigen Lehramtsstudierende substantielle Kompetenzdefizite, z.B. Online-Informationen kritisch zu bewerten [9,10]. Zur Entwicklung und Förderung dieser Kompetenzen in der Lehramtsausbildung liegen bislang kaum Studien vor [11].
Im Vortrag werden Befunde aus dem BMBF-Projekt [Anonym] vorgestellt, wie das Niveau der kritischen Nutzung von Online-Informationen bei LehramtsreferendarInnen im Fach Wirtschaft vor und nach der Durchführung eines digitalen Trainings zur Förderung dieser Kompetenzen ausgeprägt ist. Das Projekt basiert auf einem validierten Assessment Framework zum „Critical Online Reasoning“ (COR) [12]. COR umfasst drei Facetten: die Suche nach, Evaluation/Auswahl und Verarbeitung/Synthese von Online-Informationen. Zur COR-Erfassung wurde vor und nach dem Training ein validiertes performanzbasiertes Online-Assessment eingesetzt, in dem 32 ReferendarInnen basierend auf realen Internet-Recherchen offene Aufgaben lösten, wobei alle Logdaten aufgezeichnet wurden [12]. Die Aufgabenlösungen (Kurztexte) wurden von zwei unabhängigen geschulten Ratern mittels eines validierten Schemas bzgl. insg. 6 Kategorien bewertet (Interrater-Reliabilität>0,8), wobei auch die Qualität der genutzten Online-Quellen und -Inhalte anhand der Logdaten nach einem Kategorienschema analysiert wurde [9]. Im Training wurden das generische und domänenspezifische COR der TeilnehmerInnen mittels digitaler Lehr-Lern-Pakete in Orientierung an einen vollständigen Informationsproblemlösungsprozess [13] gezielt geschult.
Die ReferendarInnen zeigten nach dem Training insgesamt eine etwas (nicht sig.) bessere Leistung (m=3,21 von 4 Pkt.) als zuvor (m=3,15 Pkt.). Dabei variieren jedoch die Befunde je nach betrachteter Bewertungsfacette deutlich; so z.B. in der Facette Verfassen eines argumentativen Antworttexts (Prä m=3,19, Post m=3,42). Aus den vorgestellten Befunden werden Implikationen für die effektive Förderung von COR im Lehramtstudium- und -Referendariat diskutiert.



Emotionsinduktion in digitalen kompetenzorientierten Aufgaben - Ergebnisse einer Think-Aloud-Studie mit kaufmännischen Auszubildenden

Meiners, Hanna

Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland

Zur Sicherung der aktuellen und künftigen Anforderungen der Arbeitswelt ist die Berufsausbildung auf die Förderung von beruflicher und berufsübergreifender Handlungs- und Problemlösekompetenz ausgerichtet. Diese gilt es auch in schriftlichen Abschlussprüfungen zu diagnostizieren und zu messen, um der Verantwortung der zugrundeliegenden diagnostischen Entscheidungen, die mit dem Prüfungsergebnis einhergehen (z. B. Berufswegentscheidungen), gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang bieten digitale Medien Chancen und Potentiale zur authentischen Kompetenzdiagnostik.

Digitale kaufmännische Prüfungsaufgaben können einerseits korrespondierende Software integrieren und dadurch, sowie durch die Einbindung realitätsgetreuer Audio- und Videosequenzen, berufliche Problemsituationen authentisch abbilden. Dadurch kann die kognitive Informationsverarbeitung im Bearbeitungsprozess unterstützt werden. Andererseits können ausgewählte Gestaltungselemente (z. B. Farben) eingesetzt werden, um gezielt Emotionen zu induzieren. Sowohl positive als auch negative Emotionen können eine leistungssteigernde Wirkung im Problemlöseprozess erreichen. Fraglich ist bisher jedoch, welche Emotionen in ansprechend gestalteten digitalen kaufmännischen Prüfungsaufgaben ausgelöst werden.

Basierend auf grundlegenden Gestaltungselementen sind potentielle digitale und emotional ansprechende kaufmännische Prüfungsaufgaben entwickelt worden. Diese werden in einer Think-Aloud-Studie bezüglich der Induktion emotionsbezogener Reaktionen eingesetzt. Die ersten Ergebnisse dieses Aufgabeneinsatzes mit kaufmännischen Auszubildenden zeigen, dass sich verschiedenartige Emotionen durch die Aufgabengestaltung erzeugen lassen (z. B. Überraschung durch digitale Elemente, Freude durch Realitätsbezug, Verwirrung durch abgebildete berufsbezogene Problemsituation). Neben verschiedenen Ausprägungen von Lern- und Leistungsemotionen scheinen in diesem Kontext auch technologiebezogene und ästhetische Emotionen als spezifischer Objektfokus relevant zu sein (vgl. Loderer, Pekrun & Frenzel, 2020, S. 419 f.).

Literatur:

Loderer, K., Pekrun, R., & Frenzel, S. C. (2020). Emotionen beim technologiebasierten Lernen. In Niegemann, H. & Weinberger, A. (Hrsg.), Handbuch Bildungstechnologie – Konzeption und Einsatz digitaler Lernumgebungen. Springer.



Lernfirmen als Simulation der kaufmännischen Praxis angesichts der Geschäftsprozessorientierung und Digitalisierung

Yilmaz, Cennet; Retzmann, Thomas

Universität Duisburg-Essen, Deutschland

Hintergrund: Als Bürosimulation muss sich die Lernfirma stetig an den sich wandelnden Anforderungen der kaufmännischen Praxis messen. Die Geschäftsprozessorientierung, die sich in einem breiten Einsatz von ERP-Systemen zeigt (Frötschl 2015, 39, grundlegend: Pongratz et al. 2009, 5), aber auch die Digitalisierung führen zu veränderten Tätigkeitsanforderungen (Sonnenschein 2022, 51, Riebenbauer et al. 2018, 9), die in der Lernfirma realitätsgerecht modelliert werden müssen.

Desiderat: Im Kontrast zur außerschulischen Übungsfirma soll beim schulischen Einsatz – in der Lernfirma – die Verknüpfung von praktisch-situationsbezogenem und theoretisch-systematischen Lernen erfolgen (Tramm 1996, 93 ff.). Theoretische Überlegungen und empirische Befunde dazu sind älteren Datums, besitzen aber auch heute Relevanz. Lernfirmen sind in zwei Bundesländern mittlerweile curricular verankert. Insbesondere ihr Anspruch als realitätsgerechte Simulation wurde kaum erforscht. Beide Curricula der Lernfirma (StMUK 2014, KM 2018) sind explizit prozessorientiert, dies wurde jedoch – ebenso die Digitalisierung – noch nicht erforscht.

Forschungsfrage & Methodik: Den immer noch aktuellen Überlegungen von Reetz (1986) folgend, werden in Lernfirmen in zwei Transformationsschritten die betriebliche Realität modelliert und können unterschiedliche didaktische Funktionen aufweisen. Unter anderem mithilfe dieser theoretischen Grundlage wurde ein Fragebogen entwickelt, dem die Forschungsfrage: „Wie bewerten Lernende den Einsatz von Lernfirmen für die Realisierung von Geschäftsprozessorientierung und Digitalisierung?“ zugrunde liegt.

Ergebnisse: Im Vortrag werden theoriegeleitet Konzeptionsmerkmale für Lernfirmen identifiziert, die die Geschäftsprozessorientierung und Digitalisierung betonen. Sodann werden die Itementwicklung und die methodische Fragebogenkonstruktion diskutiert. Der Vortragsschwerpunkt liegt auf den Ergebnissen des kognitiven Pre-Tests mit der Methode des lauten Denkens, die auch in der fachdidaktischen Lehr-Lernforschung eingesetzt wird (Sandmann 2014, 182) und hier die Item-Optimierung verfolgt.

Implikationen: Durch die Fragebogenstudie kann die didaktische Funktion curricularer Lernfirmen empirisch bestimmt und die Realisierung der Geschäftsprozessorientierung und Digitalisierung summativ evaluiert werden.

 
16:00 - 17:30Session 3.4
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 165
Moderation der Sitzung: Antje Barabasch
 

Unsicherheitswahrnehmungen von Lehrkräften im Rahmen digitaler Unterrichtsentwicklung – Eine experimentelle Studie

Hackenberg, Tobias

Munich School of Management (LMU), Deutschland

Unter den zahlreichen Herausforderungen unserer Zeit nimmt die digitale Transformation nicht nur gesellschaftlich, sondern auch im Bildungsbereich eine zentrale Rolle ein. Um diese Herausforderung zu bewältigen, sind Lehrkräfte dazu angehalten, ihren individuellen Unterricht weiterzuentwickeln. In der bisherigen Forschung wurden schwerpunktmäßig individuelle (aus Sicht der Lehrperson) und externe Bedingungsfaktoren identifiziert (Helmke, 2021, S. 307–313). Darauf aufbauend sollen mögliche Unsicherheitswahrnehmungen von Lehrkräften gegenüber einer digitalen Unterrichtsentwicklung als weiterer individueller Bedingungsfaktor untersucht werden. Unsicherheit differenziert zwischen Entscheidungen für unbekannte Wahrscheinlichkeiten im Vergleich zu denen für bekannte Wahrscheinlichkeiten (Abdellaoi et al., 2011, S. 702). Daraus ergibt sich die forschungsleitende Frage, inwiefern die Unsicherheitswahrnehmung von Lehrkräften, hinsichtlich einer erfolgreichen Implementierung digitaler Innovationen in den Unterricht, ihr Zeitinvestment in die Unterrichtsentwicklung beeinflusst. Hierzu wird ein Zwei-Gruppen-Laborexperiment online durchgeführt. Für die erste Probeerhebung werden N = 60 Lehramtsstudierende am Experiment teilnehmen. Es wird erwartet, dass Lehrkräfte mit einer hohen Unsicherheitswahrnehmung weniger Zeit in die Unterrichtsentwicklung investieren, im Vergleich zu dem Fall, in dem sie das Risiko eines Scheiterns abschätzen können. Zudem wird davon ausgegangen, dass Lehrkräfte, die ihren Unterricht als qualitativ hochwertig ansehen (Experimentalgruppe), eine höhere Unsicherheitswahrnehmung aufweisen als Lehrkräfte, die ihren Unterricht als qualitativ niedriger (Kontrollgruppe) ansehen. Die gefundenen Ergebnisse können dabei helfen (Un-)sicherheitswahrnehmungen als weiteren Bedingungsfaktor für eine gelingende Unterrichtsentwicklung zu identifizieren und Maßnahmen zu entwickeln, um Unsicherheiten hinsichtlich der Unterrichtsentwicklung bei Lehrkräften abzubauen.

Abdellaoui, M., Baillon, A., Placido, L., & Wakker, P. P. (2011). The Rich Domain of Uncertainty. American Economic Review, 101 (2), 695–723. doi.org/10.1257/aer.101.2.695

Helmke, A. (2021). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität: Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (8. Aufl.). Kallmeyer.



KI-basierte Anwendungsfälle für die Lernortkooperation - Eine empirische Studie in der Schweizer Berufsbildung

Seufert, Sabine; Spirgi, Lukas

Universität St.Gallen (HSG), Institut für Bildungsmanagement und Bildungstechnologien

Fragestellung

Mit ChatGPT ist die Künstliche Intelligenz (KI) in einer breiten Öffentlichkeit angekommen. Durch KI-Technologien, wie Deep Learning werden unstrukturierte digitale Daten strukturiert und verwertbar gemacht. Diese maschinelle Datenanalyse und -auswertung kann Entscheidungs‑, Optimierungs- oder eben auch Lernprozesse unterstützen (Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation in der Schweiz (SBFI), 2019). Daher erscheint die Fragestellung des vom SBFI-geförderten Projektes hochaktuell: Welche (neuen) Möglichkeiten entstehen im Kontext der digitalen Transformation, die Lernortkooperation (LOK) zu stärken und insbesondere die Potenziale der fortgeschrittenen Digitalisierung (Data Science und Künstlichen Intelligenz) zu nutzen?

Theoretischer Hintergrund

Als theoretischer Hintergrund dient ein validiertes Rahmenkonzept zu Gestaltung von LOK-Zukunftsmodellen auf der Makro-, Meso- und Mikro-Ebene (Seufert & Guggemos, 2021). Die Entwicklung von LOK-Zukunftsmodellen stützt sich dabei auf die gemeinsame Organisation von Bildungsprozessen in einem digitalen Ökosystem auf der Basis von Data Science und KI. Um möglichst konkret die Potenziale von KI auszuloten, wurden insgesamt 22 Anwendungsfälle bezogen auf spezifische Problemstellungen entwickelt (Seufert et al., 2022). Davon wurden 11 Anwendungsfälle ausgewählt, um diese im Rahmen einer Experten­befragung genauer untersuchen zu können.

Methode

Datenbasis ist eine Befragung (Online Umfrage) mit N = 111 Berufsbildungsakteuren, die von Januar bis März 2023 befragt wurden. Die Befragten setzen sich zusammen aus Schulleitungen (49 %), Lehrbetriebe, überbetriebliche Kurse (18 %, 4 %), Berufsverbände (19 %) und kantonale Behörden, etc. (17 %). Nützlichkeit, Nutzungsabsicht und Einschätzung des Nutzens, um die Lernortkooperation zu stärken, stand im Vordergrund der Umfrage.

Ergebnisse und Diskussion

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass grundsätzlich alle 11 Anwendungsfälle positive Zustimmung erhalten. Die höchsten Mittelwerte hat der Anwendungsfall «bildungsstufenübergreifende Förderinstrumente (Sprachen, Mathe)». Aber auch ein lernortübergreifendes Portfolio sowie eine Learning Experience Plattform für eine stärkere personalisierte Kompetenzentwicklung erhalten sehr hohe Zustimmung. Die Ergebnisse bilden eine fundierte Grundlage zur Diskussion, um die Ausgestaltung des Ökosystems für die Berufsbildung in föderalistischen Strukturen zu ermöglichen.



Legitimationsmuster bezüglich Digitalisierungsstrategien an Schweizer Berufsfachschulen

Gonon, Philipp; Schmitz, Maria-Luisa

Institut für Erziehungswissenschaft Universität Zürich, Schweiz

Legitimationsmuster bezüglich Digitalisierungsstrategien an Schweizer Berufsfachschulen

Maria-Luisa Schmitz & Philipp Gonon (Institut für Erziehungswissenschaft Universität Zürich)

Fragestellung

Wie wird die digitale Transformation an Schweizer Berufsfachschulen gerechtfertigt?

Theoretische Verortung

Im Rahmen eines vom SNF geförderten Projektes zum Stand der Digitalisierung in Schweizer Sekundarstufe II Schulen wurden neben einer quantitativen Studie auch qualitative Daten erhoben. Die schulspezifisch unterschiedlichen Digitalisierungsstrategien wurden aus rechtfertigungssoziologischer Perspektive analysiert.

Die Rechtfertigungssoziologie unterscheidet 4-6 Legitimationsmuster: Das bürgerliche Muster bezieht sich auf Solidarität und soziale Integration, das industrielle auf Effizienz und Standardisierung. Die marktwirtschaftliche Legitimation fokussiert auf Wettbewerb, Beschäftigung und Kosten. Pädagogische Werte und Vertrauen gehören zur häuslichen/handwerklichen Konvention (Leemann & Imdorf, 2019).

Methodischer Zugang

Sechs besonders innovative, digitale Schulen wurden für standardisierte Interviews mit Schulleitungen identifiziert, aufgrund von Häufigkeitsangaben des Technologieeinsatzes von 2247 Lehrpersonen zur Förderung kognitiv aktivierender Lernaktivitäten (Antonietti et al., 2023) und Einschätzungen von 225 Schulleitenden zum pädagogischen Innovationspotenzial ihrer und anderer Schulen.

Ergebnisse

Erste Ergebnisse zeigen: Schule A begründete die Digitalisierungsstrategie mit der Auftragserfüllung für den Kanton (staatsbürgerliche und industrielle Legitimation). Schule B betonte die zentrale Rolle pädagogischer Konzepte (häusliches Muster) und die Vorbereitung auf eine moderne Arbeitswelt (marktwirtschaftliche Rechtfertigung).

Mögliche Implikationen

Digitalisierungsstrategien werden unklar begründet. Durch quantitative und qualitative Forschung werden mehr Möglichkeitsspielräume ausgelotet.

Literaturverzeichnis

Antonietti, C., Schmitz, M. L., Consoli, T., Cattaneo, A., Gonon, P., & Petko, D. (2023). Development and validation of the ICAP Technology Scale to measure how teachers integrate technology into learning activities. Computers & Education, 192, 104648.

Leemann, R.J., & Imdorf, C. (2019). Das Potential der Soziologie der Konventionen für die Bildungsforschung. In Bildung und Konventionen. Die “Économie des Conventions” in der Bildungsforschung; Imdorf, C., Leemann, R.J., Gonon, P., Eds.; Springer; pp. 3–45. ISBN 978-3-658-23300-6.

 
16:00 - 17:30Session 3.5
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166
Moderation der Sitzung: Torben Karges
 

Entwicklung von Interesse, Fähigkeitsselbstkonzept und Fachwissen in der schulischen MINT-Bildung – Längsschnittbefunde aus der Junior-Ingenieurs-Akademie

Pape, Kathrin; Weber, Michael; Kögler, Kristina

Universität Stuttgart, Deutschland

Mit Blick auf den wachsenden Fachkräftemangel und zurückgehende Studierendenzahlen im MINT-Bereich wird schulischen Bildungsmaßnahmen zur Förderung von fachlich einschlägigem Interesse, Selbstkonzept und Wissen eine hohe bildungspolitische Bedeutung zugesprochen (Mokhonko 2016), die durch vielfältige Befunde bezüglich nachteiliger Ausgangslagen und Entwicklungen etwa bei Mädchen noch verstärkt wird (z.B. Nickolaus et al. 2019). Im deutschsprachigen Raum wurden verschiedene Bildungsmaßnahmen entwickelt, die auf günstige Entwicklungen der relevanten Konstrukte zielen. Auch die Junior-Ingenieurs-Akademie (JIA), ein Programm der Telekom Stiftung, unterstützt weiterführende allgemeinbildende Schulen bei der Implementierung von fächerübergreifendem, projektbezogenem MINT-Unterricht zu Themen wie etwa Erneuerbaren Energien, Robotik, Medizintechnik oder Klimafragen in der Mittelstufe.

Der vorliegende Beitrag analysiert die Fragestellung, wie sich das fachspezifische Interesse, motivationsrelevante Bedingungen, Fähigkeitsselbstkonzept und Wissen von Schülerinnen und Schülern im MINT-Unterricht im Zeitverlauf verändern und inwiefern sich dabei in Abhängigkeit der Eingangsvoraussetzungen divergierende Entwicklungen ergeben. Im Rahmen eines quasi-experimentellen Untersuchungsdesigns wurden zu drei Messzeitpunkten über zwei Schuljahre hinweg Daten der Schülerinnen und Schüler der JIA sowie jener aus Kontrollgruppen (parallele Wahlpflichtkurse) zu ihrem MINT-spezifischen Interesse und Wissen erhoben. Der Längsschnitt musste aufgrund der Corona-Pandemie dreimal unterbrochen und neu angesetzt werden, so dass Daten aus drei Teilstudien (jeweils MZP 1 und 2, einmalig auch MZP 3) zur Verfügung stehen und miteinander verglichen werden können. Erste Ergebnisse des dritten Längsschnitts post Corona zeigen bei zufriedenstellender bis sehr guter Skalenkonsistenz für die Ausgangslage und Entwicklung des fachspezifischen Interesses als auch des Fachwissens in der Experimentalgruppe positive Effekte, die die Befunde aus dem ersten Längsschnitt erhärten. Darüber hinaus zeigen sich signifikante Unterschiede im Fähigkeitsselbstkonzept und Fachinteresse zugunsten der Jungen. Besonders für die MZP während der Pandemie ergeben sich Hinweise auf deutliche motivationale Einbußen bei Mädchen. Mittels der Erkenntnisse zu den Effekten von Fördermaßnahmen lassen sich zielgruppenspezifische Empfehlungen zur Optimierung der MINT-Förderung ableiten.



Der Stand der Berufswahlkompetenz von Jugendlichen zu Beginn der Ausbildungsvorbereitung – Erste Ergebnisse einer Längsschnittstudie an Polytechnischen Schulen in Österreich

Heinrichs, Karin1; Niederfriniger, Julia2; Zenz, Sabine2; Bauer, Jürgen3; Telsnig, Frank4; Prammer, Wilfried1

1PH Oberösterreich, Österreich; 2PH Niederösterreich, Österreich; 3PH Salzburg, Österreich; 4PH Kärnten, Österreich

Im österreichischen Bildungssystem ist die einjährige Polytechnischen Schule (PTS) mit Fokus auf Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung als der „Standardweg“ und letztes Pflichtschuljahr im Übergang in eine duale Ausbildung verankert. Wie in Maßnahmen der Ausbildungsvorbereitung in Deutschland intendiert die PTS zudem, Lernende in der erfolgreichen Gestaltung ihres weiteren Bildungs- und Berufsweges individuell zu unterstützen. Zur Wirksamkeit der an den PTSn etablierten Maßnahmen zur Berufsorientierung gibt es bisher aber nur wenige empirische Befunde (Bauer & Kainzmeyer, 2017; Telsnig, 2020).

Mit einer bundeslandübergreifenden Längsschnittstudie zur Berufswahl an Polytechnischen Schulen in Österreich soll den Narrativen der negativen Reputation des Schultyps der PTS (Berger, 2021) empirische Befunde zur Entwicklung der Berufswahlkompetenz entgegengehalten und so die Potenziale des gegebenenfalls unterschätzen Schultyps geprüft werden. Der vorliegende Beitrag fokussiert den Stand der Berufswahl und Berufswahlkompetenz von 2433 Schüler*innen an insgesamt 48 PTSn in Kärnten, Nieder- und Oberösterreich und Salzburg zu Schuljahresbeginn. Neben Fragen zu biographischen Daten und zum Stand der Berufswahl (Berufswahlklarheit, berufliche Zuversicht) wurde eine erweiterte Version des Kurzfragebogens zur Berufswahlkompetenz (BWK) (Lipowski et al., 2021) eingesetzt („Kernwert“ der BWK: Cronbach´s Alpha = 0.927 (Ohlemann & Ittel 2018); Subskalen der BWK: Cronbach´s Alpha 0.677-0.822).

Deskriptive Analyse der Eingangserhebung zeigen, dass 50,8 % der Schüler*innen bereits zu Schuljahresbeginn wissen, welchen Lehrberuf sie erlernen möchten, ein Drittel (32,2 %) schwanken zwischen zwei und drei Lehrberufen, mehr als ein Achtel (15,5 %) sind noch unentschlossen. Erwartungskonform zeigen Schüler*innen mit höherer Berufswahlklarheit höhere BWK (Kendall tau-b: r=.260**), auch korreliert die BWK hoch signifikant mit beruflicher Zuversicht (r=.304**). Darüber hinaus weisen die Ergebnisse auf Subgruppen hin, die ihrerseits unterschiedlichen Bedarf an schulischer Berufsorientierung und Unterstützung in der Berufswahl indizieren: (1) Schüler:innen mit niedriger BWK, aber klaren Wunschberufen (N=93), (2) Schüler:innen hoher BWK, aber noch keine Wunschberufe nennen können (N=228) und (3) Schüler:innen, die weder zielklar noch berufswahlkompetent sind (ca. N=134). Abschließend werden Perspektiven für weitere Analysen der Eingangserhebung sowie der Längsschnittdaten diskutiert.



Inkludierende und Exkludierende Mechanismen für neu zugewanderte Schüler*innen im (Berufs-)Bildungssystem

Jording, Judith; Massumi, Mona

FH Münster, Deutschland

Auch wenn Migration kein neues, sondern ein kontinuierliches Phänomen bildet, stellen insbesondere erhöhte Migrationsbewegungen nach Deutschland die Gesellschaft, die (Bildungs)Politik sowie das (Berufs)Bildungssystem vor große Herausforderungen. So zeigen statistische Befunde, dass junge Menschen, die im Verlauf ihrer Schulbiographie nach Deutschland migrieren, häufiger die Schule ohne einen Schulabschluss verlassen und häufiger eine Berufsausbildung abbrechen als Personen, die in Deutschland sozialisiert sind (vgl. BMBF 2022). Ebenso beklagen Lehrkräfte zum einen fehlende Ressourcen, um neu zugewanderte Schüler*innen adäquat in den Unterricht einzubinden, zum anderen fühlen sie sich häufig nicht auf diese Zielgruppe vorbereitet und in der Arbeit überfordert sowie überlastet (vgl. Otto et al. 2016). Neben diesen Erkenntnissen zeigt sich darüber hinaus, dass die Bildungssituation neu migrierter Schüler*innen spezifisch im Berufsbildungskontext ein Forschungsdesiderat darstellt, welches angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen einer Aufarbeitung bedarf.

Vor diesem Hintergrund stellen wir in unserem Vortrag die zentrale Frage, wie Neuzugewanderte in das deutsche (Berufs)Bildungssystem eingebunden werden und welche Herausforderungen von ihnen im Zugang wie auch Verbleib bewältigt werden müssen. Aus einer systemtheoretischen sowie handlungstheoretischen Perspektive werden empirische Daten aus zwei qualitativen Untersuchungen mit neu zugewanderten Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen im Berufsbildungssystem zusammengeführt, um aufzuzeigen, welche inkludierenden und exkludierenden Mechanismen im Bildungssystem auf Neuzugewanderte wirken und inwieweit sie trotz widriger Bedingungen ihre Bildungsbiografie gestalten. Schließlich werden mit Blick auf die soziale Verantwortung, die das (Berufs-)Bildungssystem trägt, Implikationen diskutiert, um zukünftig für neu zugewanderte Menschen innerhalb des Berufsbildungssystems einen Ermöglichungsraum zu schaffen, in dem sie an ihre bisherige Bildungsbiographie anschließen, sich im deutschen Bildungssystem entfalten, Schulabschlüsse erwerben sowie in eine berufliche oder akademische Ausbildung übergehen und diese erfolgreich beenden können.

Quellen

BMBF (Hrsg.). 2022. Berufsbildungsbericht 2022. Berlin 2022.

Otto, Johanna et al. 2016. Integration neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher ohne Deutschkenntnisse. Möglichkeiten, Herausforderungen und Perspektiven. Münster u.a.: Waxmann.

 
16:00 - 17:30Session 3.6
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Georg Tafner
 

Die Förderung der Modellierungsfähigkeit in der Domäne Rechnungswesen durch Schulbuchaufgaben – Empirische Befunde und Implikationen für die Gestaltung von Lernumgebungen

Stütz, Simone1; Pargmann, Julia2

1Johannes Kepler Universität Linz, Österreich; 2Universität Hamburg

Durch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung im Rechnungswesen werden insbesondere Routinetätigkeiten stark reduziert. Wichtiger hingegen werden Fähigkeiten zur Validierung und Interpretation von Daten, um auf Basis dessen betriebswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen (Jordanski, 2020; Pargmann, Berding, Riebenbauer & Flick-Holtsch, 2022). In den letzten Jahren wurde daher insbesondere die Fähigkeit zur Modellierung als zentrale Zielkategorie im Rechnungswesen(unterricht) herausgearbeitet. Modellierungsprozesse stellen eine „wichtige Komponente erfolgreichen Handelns im Rechnungswesen dar“ und ermöglichen es „das Rechnungswesen als Werkzeug für die Lösung kaufmännischer Problemstellungen zu nutzen“ (Berding, Beckmann & Kürten, 2019, S. 570).

Erste Studien zur Qualität von Schulbuchaufgaben zeigen jedoch, dass diese insgesamt wenig geeignet sind, die Modellierungsfähigkeit der Lernenden umfassend zu fördern (z. B. Stütz, Berding, Reincke & Scheper, 2022). Der Vortrag geht daher zunächst auf zentrale Befunde zweier Studien zur Förderung der Modellierungsfähigkeit in Schulbuchaufgaben ein und stellt anschließend mit dem Learning Cockpit (Pargmann et al., 2022) ein Tool vor, mit dem Modellierungsprozesse im Unterricht angeregt und gefördert werden können.



Kompetenzen und berufliches Handeln in der Plattformökonomie – Zugänge über die Modellierung von impliziten Wissensfacetten und Grundvorstellungen

Schlömer, Tobias; Schwien, Karen; Neu, Tim

Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

Plattformbasierte Arbeitsformen (Crowdwork) sind ein noch junges Phänomen, seit rund 15 Jahren entwickeln sie sich mit starken Zuwachsraten (vgl. EU 2021). Wenngleich Crowdwork in Deutschland überwiegend nebenberuflich betrieben wird, steigt auch hierzulande die plattformbasierte Erwerbstätigkeit (vgl. EU 2021; Schmidt 2017). Bisher erfolgten vor allem arbeitssoziologische und wirtschaftswissenschaftliche Studien (vgl. u.a. CEDEFOP 2020; Leimeister et al. 2016), während berufs- und wirtschaftspädagogische Untersuchungen kaum erfolgten. Insbesondere fehlen Erkenntnisse zur Lernförderlichkeit, zu Qualifikationsanforderungen und zur Relevanz von Crowdwork für die Entwicklung von beruflicher Handlungsfähigkeit (vgl. Eckelt & Thrun 2021; Margaryan 2019).

Im Beitrag werden zu dieser Forschungslücke erste empirische Befunde aus dem Projekt „Crowdwork – Beruflichkeit und Plattformgestaltung“ vorgestellt. Schwerpunktmäßig wird für die kaufmännische Domäne aufgezeigt, welche Kompetenz- und Wissensfacetten im Crowdwork eingebracht, entwickelt und angefordert werden. Der Studienverlauf verweist auf zwei Zugänge zur Modellierung von Kompetenzen und Praktiken in der Plattformökonomie. Erstens lässt sich mit Hilfe von Methoden der digitalen Ethnographie (vgl. Hine 2003; Kozinets 2020) erschließen, dass implizite Wissensfacetten im Crowdwork in Form von Intuition, Könnerschaft und Elementen subjektivierenden Arbeitshandelns eine hohe Bedeutung haben (vgl. Böhle et al. 2011; Neuweg 2020). Zweitens erweist sich das aus der mathematikdidaktischen Forschung stammende Konzept der Grundvorstellungen (vgl. vom Hofe & Blum 2016) als erkenntnisleitend. Eine zentrale Annahme ist, dass Grundvorstellungen als mentale Scharnierfunktion zwischen konkreten realen Phänomen (Plattformaufträge) und abstrakten fachlichen Zusammenhängen (Digitalökonomie, Wertschöpfung, Ethik etc.) fungieren. Im Hinblick auf die Analyse der Lernförderlichkeit von Plattformarbeit können die Grundvorstellungen von Crowdworker:innen Aufschluss darüber geben, inwieweit sie fähig sind, Arbeitssituationen in Modellzusammenhängen fachlich zu verarbeiten und im Hinblick auf ihre praktischen Konsequenzen zu interpretieren, reflektieren und bewerten. Neben den theoretischen Erkenntnissen könnten sich über diese Zugänge auch praktische Ansatzpunkte für eine lernförderliche Gestaltung von Crowdwork und schulisch-unterrichtliche Reflexion der Plattformökonomie ergeben.



Wirkt die Kammer-Abschlussprüfung als „heimlicher Lehrplan“? Einflüsse auf die Unterrichtsplanung am Beispiel des Prüfungsbereichs Wirtschafts- und Sozialkunde (WiSo).

Kenner, Martin

Universität Stuttgart, Deutschland

Der Einfluss der WiSo-Abschlussprüfung auf den Unterricht der Berufsschule war bereits in der Vergangenheit Anlass für kritische Einschätzungen. So spricht Weinbrenner von einer „Fremdbestimmung des Unterrichts“ (Weinbrenner 1987) und ähnlich konstatiert Besand aus den Ergebnissen einer Interviewstudie mit Lehrenden, dass die Prüfung als „heimlicher Lehrplan“ fungiert (Besand 2014, S. 165). Der Einfluss wird nicht zuletzt deshalb kritisch gesehen, weil die Prüfungsaufgaben kaum den Bereich der Sozialkunde berücksichtigen. Zudem zeigt sich in einer inhaltsanalytisch angelegten Studie, dass Aufgaben in standardisierter Form überwiegen, die lediglich Reproduktionsleistungen abverlangen und kaum zum Anspruch beruflicher Handlungskompetenz vordringen (Kenner 2022).

Eine aktuell vom Lehrstuhl Berufspädagogik der Universität Stuttgart bundesweit durchgeführte Untersuchung mit Lehrenden des Fachbereichs WiSo greift die dargestellte Thematik auf. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt:

  • Inwiefern hat die Abschlussprüfung Auswirkung auf die Unterrichtsplanung?
  • Wie wird die Qualität der Prüfungsaufgaben eingeordnet (Anspruch und Relevanz)?
  • An welcher Stelle wird ein Bedarf für eine Weiterentwicklung der Prüfung gesehen?

Die Auswertung der bisherigen Daten (derzeitige Stichprobe N » 500, Abschluss der Erhebung Ende Mai) zeigt, dass sich die Lehrenden bei Ihrer Unterrichtsplanung eher an der Abschlussprüfung als am offiziellen Bildungsplan orientieren. Diese Präferenz ist bereits im 1. Lehrjahr sichtbar und wird vielfach mit „pädagogischer Verantwortung“ begründet. Auch inhaltliche Schwachstellen der Prüfungsaufgaben, bspw. das Fehlen gesellschaftspolitischer Aspekte, werden von den Lehrenden gesehen und kritisiert. Die Erhebung liefert demnach vielfach Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung der Abschlussprüfungen.

Besand, A. (2014): Monitor. Politische Bildung an beruflichen Schulen. Probleme und Perspektiven. Bad Schwalbach: Wochenschau Verlag

Kenner, M. (2022): Fokus Abschlussprüfungen. Inhaltliche und methodische Defizite aktueller Prüfungen. Vortrag des KMK/bpb Fachgesprächs „Politische Bildung an beruflichen Schulen“. Berlin, Landesvertretung Schleswig-Holstein, 21. März 2022

Weinbrenner, P. (1987): Berufsarbeit und politische Bildung. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Politische Bildung an Berufsschulen. Bonn Schriftenreihe BpB 242, S.11-38

 
16:00 - 17:30Symposien/Foren 3.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 163
Moderation der Sitzung: Elisabeth Riebenbauer
Moderation der Sitzung: Florian Berding
 

Unterrichtsplanung und Digitalisierung – Stand und Perspektiven für die Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Chair(s): Riebenbauer, Elisabeth (Universität Graz, Österreich), Berding, Florian (Universität Hamburg)

DiskutantIn(nen): Stock, Michaela (Universität Graz, Österreich)

 

Beiträge des Symposiums

 

Unterrichtsplanung und Design digital gestützter Lehr-Lern-Arrangements in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik: Eine integrative Literaturübersicht

Aprea, Carmela1, Klusmeyer, Jens2, Söll, Matthias3
1Universität Mannheim, 2Universität Kassel, 3Universität Rostock

 

Unterrichtsplanung mit der virtuellen Bürosimulation LUCA – Ein möglicher Ansatz zur Förderung des Einsatzes automatisierter Lernprompts im berufsschulischen Unterricht?

Ahmed, Ascha, Gentner, Sophia, Aprea, Carmela, Deutscher, Viola, Rausch, Andreas, Seifried, Jürgen, Vogler, Manuel
Universität Mannheim

 

Künstliche Intelligenz als Assistenz bei der Unterrichtsplanung – Vorstellung der Lernplattform EDDA

Berding, Florian1, Riebenbauer, Elisabeth2, Rebmann, Karin3, Pargmann, Julia1, Gillert, Michael1, Leube, Anna1, Slopinski, Andreas3
1Universität Hamburg, 2Universität Graz, 3Universität Oldenburg

 
16:00 - 17:30Symposien/Foren 3.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 162
Moderation der Sitzung: Simon Vollmer
 

Trends? - Was bedeutet Digitalität im Kontext der Berufsbildung - Impulse aus dem Fachcluster der Berufsbildung des Landesprogramms 'Zukunft Schule im digitalen Zeitalter'

Vollmer, Simon1; Gitter, Markus1; Steffen, Nikolaus1; Oltmann, Marijon2; Gebhardt, Jonas2; Tress, Dominik2

1Europa-Universität Flensburg, Deutschland; 2Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland

Im Herbst 2022 startete das Landesprogramm „Zukunft Schule im digitalen Zeitalter“ in Schleswig-Holstein. Ziel des Programms und der Educational Engineers - einem neu geschaffenen Stellenprofil - ist die nachhaltige Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern sowie von Lehrkräften aller drei Phasen durch eine auf die Zukunft ausgerichtete Auseinandersetzung mit den Potenzialen und Herausforderungen einer zunehmend digitalisierten Lebens- und Arbeitswelt. Im Fachforum "Trends der Digitalität in der Berufsbildung" wird die aktuelle Arbeit im Landesprogramm vorgestellt.

Im Forum laden verschiedene Impulsvorträge aus den Fachbereichen des Fachclusters Berufliche Bildung, d. h.

  • Berufliche Orientierung,

  • Gesundheit und Pflege,

  • Ernährung und Hauswirtschaft,

  • Wirtschaft und Verwaltung und

  • gewerblich-technische Berufe

zur Diskussion über folgende Aspekte ein:

  • Welche Ansätze zur Professionalisierung funktionieren?

  • Mit welchen Herausforderungen ist bei der Professionalisierung und dem Ausbau digitalgestütztem Unterricht zu rechnen?

  • Welche fachspezifischen Unterschiede wirken - was sind die Flieh-/Anziehungskräfte?

Denn die digitale Transformation im beruflichen Bereich sowie die Auswahl und der Einsatz von digitalen Medien in didaktischen Situationen implizieren (neue) Anforderungen in der Berufsbildung und entsprechend an die „digitalen Kompetenzen“ von pädagogischen Professionals. Das Handlungsfeld umfasst die Analyse von notwendigen Soll-Kompetenzen, die Betrachtung von bestehenden und die Gestaltung von zukünftigen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie die Weiterentwicklung von digitalen Lehr-Lern-Szenarien in der Berufsbildung. In dem themenspezifischen Forum werden ausgewählte Ansätze aus dem Landesprogramm 'Zukunft Schule im digitalen Zeitalter' in Hinblick der beruflichen Bildung und zur Professionalisierung der (angehenden) Lehrkräfte dargestellt und diskutiert.

 
16:00 - 17:30Symposien/Foren 3.3
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 007
Moderation der Sitzung: Roland Happ
Moderation der Sitzung: Stephan Abele
 

Digitalisierungsbezogene Kompetenzen von (angehenden) Lehrkräften im berufsbildenden Bereich

Chair(s): Happ, Roland (Universität Leipzig, Deutschland)

DiskutantIn(nen): Abele, Stephan (Technische Universität Dresden, Deutschland)

 

Beiträge des Symposiums

 

Das Grundlagenwissen angehender Lehrkräfte zu Künstlicher Intelligenz - Inhaltliche Modellierung und empirische Befunde

Schmidt, Jacqueline
Universität Leipzig, Deutschland

 

Einstellungen angehender Lehrpersonen zu ethischen Aspekten des Einsatzes künstlicher Intelligenz im Unterricht

Guggemos, Josef1, Schmidt, Jacqueline2, Happ, Roland2
1PH Schwäbisch Gmünd, Deutschland, 2Universität Leipzig, Deutschland

 

Technologiebezogenes-pädagogisches Wissen angehender Berufsschullehrer:innen: eine quasi-experimentelle Feldstudie

Siegfried, Christin1, Ackermann, Nicole2
1Universität Göttingen, Deutschland, 2PH Zürich, Schweiz

 
16:00 - 17:30Symposien/Foren 3.4
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 009
 

Wer hat Angst vor Anna Siemsen? Über die Praktiken der Geschichtsschreibung in der BWP und die Anschlussfähigkeit „vergessener“ Berufsbildungstheorien

Chair(s): Trampe, Wilhelm (Universität Osnabrück, Deutschland)

DiskutantIn(nen): Steib, Christian (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)

 

Beiträge des Symposiums

 

Dichtung und Wahrheit: Probleme der Geschichtsschreibung der Berufsbildungstheorie

Porcher, Christoph1, Schmidt, Falko2
1Universität Osnabrück, Deutschland, 2Universität Jena

 

Beruf und Erziehung: Zum Leben und (berufspädagogischen) Werk Anna Siemsens

Trampe, Kristina, Lange, Silke
Universität Osnabrück, Deutschland

 

Zerstörtes Land – Zerstörtes Leben: Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung und der Beitrag Anna Siemsens für eine kritische Berufsbildungstheorie

Trampe, Wilhelm
Universität Osnabrück, Deutschland

 
16:00 - 17:30Verweilcafé
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 067
17:30 - 18:00Pause
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Foyer
18:00 - 18:15Preisverleihung der Käthe und Ulrich Pleiß-Stiftung
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 160
18:15 - 19:30Mitgliederversammlung der Sektion BWP
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 160
19:30 - 20:00Wegezeit
20:00Gesellschaftsabend
Ort: Restaurant Borgerforeningen
Datum: Freitag, 08.09.2023
8:30 - 10:00Session 4.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 065
Moderation der Sitzung: Axel Grimm
 

Die Rolle von Gefühlen bei Entscheidungsprozessen in beruflichen Kontexten

Hermkes, Rico

Goethe Universität Frankfurt am Main, Deutschland

Theoretische Verortung

Entscheidungsprozesse spielen in zahlreichen berufs- und wirtschaftspädagogischen Kontexten eine Rolle. Sie sind Teil von Kompetenzentwicklungsmodellen (Winther & Achtenhagen, 2010), betreffen professionelles berufliches Handeln (Mavin & Murray, 2010) und spielen beim Kompetenzerwerb als Facetten von u.a. financial literacy, purchasing literacy und critical thinking (u.a. Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2022) eine Rolle. Solche Prozesse umfassen, gerade wenn es um Situationen mit hoher Komplexität und Unsicherheit geht, nicht nur deliberative, sondern ebenso intuitive Entscheidungen.

Fragestellung

Will man Intuitionen systematisch in Handlungskompetenzmodelle integrieren, rücken auch epistemische Gefühle in den Fokus (vgl. z.B. Rausch & Wuttke, 2016). Offen ist bislang aber, worin die Wirkprinzipien bestehen, wenn Gefühle an Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Das beinhaltet die Frage, inwieweit epistemische Gefühle verlässliche Informationsträger sind und betrifft letztlich auch ihre Dignität als Bestandteil von Kompetenzmodellen.

Methodischer Zugang

Der konzeptionelle Beitrag bringt die Inferentielle Theorie (Minnameier, 2005) und den modallogischen Ansatz zu epistemischen Gefühlen (nach Adam et al., 2009), der auf der Emotionstheorie von Ortony et al. (2022) basiert, zusammen, mit dem Ziel, Gefühle in eine Konzeption intuitiver Handlungsentscheidungen zu integrieren. Das ist insofern bedeutsam, als es nicht genügt, intuitive Prozesse auf die bloße Beteiligung von (Bauch-)Gefühlen zu reduzieren, ohne dabei die Wirkweise zu explizieren und aufzuklären, auf welche Weise sie die ihre zugedachte Funktion erfüllen.

Ergebnisse

Im Ergebnis resultiert eine Konzeption, mittels derer situationsspezifische Skills wie decision making, problem solving und critical thinking modelliert werden können (vgl. Blömeke et al., 2015). Dabei werden mit prospektionsbezogenen Gefühlen (wie Vertrauen) und konfirmatorischen Gefühlen (wie Bedauern oder Erleichterung) zwei Formen epistemischer Gefühle differenziert, die an spezifischen Prozessabschnitten verortet und deren Funktionen dort expliziert werden können.

Implikationen

Die Konzeption kann einen Ansatzpunkt bieten, Rationalität intuitiver Prozesse unter Einbezug epistemischer Gefühle zu konzipieren. Zudem können intuitive Prozesse, die in beruflichen Kontexten stattfinden, unter einem solchen Rationale empirisch untersucht und Implikationen zur Förderung von Entscheidungskompetenzen abgeleitet werden.



Transformers: Betriebsräte als Gestalter*innen betrieblicher Bildungsarbeit

Krause, Friederike; Meyer, Rita; Rühling, Shana

Leibniz Universität Hannover, Deutschland

In dem Beitrag werden auf der Basis einer Literaturstudie (Krause et al. 2023) die Herausforderungen betrieblicher Interessenvertreter*innen angesichts des beschleunigten Wandels von Arbeit fokussiert. Konkrete Kompetenzanforderungen, die mit Tätigkeiten in Mitbestimmungsgremien einhergehen sowie die Kompetenzentwicklung und Professionalisierung von und in Betriebsratsgremien werden diskutiert.

Betriebsratsgremien haben eine zentrale Funktion in der Gestaltung von Innovationsprozessen. Qualifizierung trägt als ein mitbestimmungspflichtiges Thema zur nachhaltigen Sicherung von individueller Kompetenz- und betrieblicher Organisationsentwicklung bei (vgl. Haunschild et al. 2021). Qua Amt kommt Mandatsträger*innen mit Blick auf die berufliche Bildung eine große Verantwortung zu, wobei ein Spannungsfeld zu konstatieren ist: Einerseits befinden sich Betriebsratsgremien in einem beständigen Aushandlungsprozess zwischen gesellschaftlicher Transformation, Interessenvertretung der Beschäftigten, betrieblichem Fortbestand sowie Kompetenzentwicklung der Gremien selbst. Andererseits wird durch die Verhandlung multipler Interessenlagen die subjektive Freiheit der Mandatsträger*innen in Betriebsratsgremien sowohl fachlich als auch überfachlich konterkariert. Vor diesem Hintergrund werden die folgenden Fragestellungen diskutiert:

  1. Welche Qualifikationen und Kompetenzen benötigen Betriebsrät*innen zur Gestaltung von Transformationsprozessen?
  2. Inwiefern kann eine lern- und kompetenzförderliche Arbeitsgestaltung in Betriebsratsgremien gelingen?

Abschließend werden methodische Ansätze formuliert, inwieweit Betriebsrät*innen in ihrem Lernen unterstützt werden können, um die eigenen Arbeits- und auch die Rahmenbedingungen betrieblicher Bildungsarbeit mitzugestalten.

Literatur

Haunschild, A./ Meyer, R./ Ridder, H.-G./ Clasen, E./ Krause, F./ Rempel, K. (2021): Nachhaltigkeit durch Mitbestimmung, Study 452, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung

Krause, F./ Jacbos, A./ Meyer, R./ Rühling, S./ Hauschild, J. (2023): Kompetenzentwicklung von Mitgliedern in Betriebsratsgremien als Träger*innnen betrieblicher Transformationsprozesse. WSI Study Nr. 33. Düsseldorf.



Verantwortung und Vertrauen in wirtschaftlichen Beziehungen

Tafner, Georg

Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland

Fragestellung:

Der Beitrag versucht, folgende Thesen theoretisch zu begründen: 1) Wer Vertrauen schenkt und wer es annimmt, übernimmt Verantwortung und wird verletzlich. 2) Vertrauen erhöht die Komplexität des Handelns – anders als Luhmann (2000) es vertritt – und verdoppelt die Verantwortlichkeiten. 3) Wirtschaftliche Beziehungen sind ohne Vertrauen und Verantwortung nicht möglich. 4) Wirtschaftliches Handeln geht weit über das instrumentell Ökonomische hinaus.

Theoretische Verortung und methodischer Zugang:

Es gibt eine Fülle an Ratgeberliteratur zum Thema Vertrauen. Meist wird es als komplexitätsreduzierend und effizienzsteigernd dargestellt. Vertrauen als Grundlage wirtschaftlicher Beziehungen ist jedoch hochkomplex und kann nicht kausal, quantitativ kalkuliert auf Basis zweckrationaler Eigennutzmaximierung herbeigeführt werden. Vielmehr wirken Zweckrationales, Wertrationales, Emotionales, Gewohntes und Unbewusstes für das Entstehen einer Praxis des Vertrauens zusammen. In einer solchen Praxis führt Vertrauen zu einer doppelten Zurechenbarkeit von Verantwortung: Wer Vertrauen schenkt und wer es annimmt, übernimmt Verantwortung und wird verletzlich.

Der hermeneutisch und phänomenologisch angelegte Beitrag (Danner 2006, Husserl 2012, Schütz/Luckmann 2017, Zahavia 2018) setzt bei Luhmanns (2000) Klassiker „Vertrauen“ an und stellt diesem „Die Praxis des Vertrauens“ von Hartmann (2011) gegenüber. Die daraus abgeleiteten Implikationen werden in einem ersten Schritt auf Wirtschaft übertragen (Etzioni 1988, Scott 2001), wobei zwischen der lebensweltlichen Ökonomie und der wissenschaftlichen Ökonomik unterschieden wird (Tafner 2018) und es zu unterschiedlichen Bewertungen von Vertrauens und Verantwortung abhängig von Anschauungen und Paradigmen kommt. In einem zweiten Schritt werden die wirtschaftspädagogischen Implikationen skizziert (Biesta 2017, Tafner 2021, Tafner/Casper 2023).

Ergebnisse und relevante/mögliche Implikationen

Vertrauen und Verantwortungen hängen mit Moral zusammen, welche die Aufgabe hat, den Einzelnen vor der Gesellschaft und die Gesellschaft vor den Einzelnen zu schützen und Kooperation zu ermöglichen. Beides verweist darauf, dass der Mensch individuelles und soziales Wesen ist. Ein subjektorientierter und sozioökonomischer Zugang, der neben dem Ökonomischen auch das Soziale, Ethische und Politische berücksichtigt, kann diesen Aspekten didaktisch-pädagogisch Raum geben (vgl. Biesta, 2017, Etzioni 1988, Tafner 2018, Tafner/Casper 2022).


 
8:30 - 10:00Session 4.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 160
Moderation der Sitzung: Matthias Vonken
 

Belastungserleben von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen

Seltrecht, Astrid; Arndt, Laura

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland

Lehrkräften wird bedingt durch die Corona-Pandemie seit dem Frühjahr 2020 ein Mehr an Organisationsaufgaben und eine flexible Umstellung auf hybride Lehr-Lernkonzepte abverlangt. Da ein hohes Stresserleben zum Burnout und im Worst-Case-Szenario zum Ausscheiden aus dem Beruf führen kann, ist insofern nach dem aktuellen Belastungsempfinden von Lehrkräften, insbesondere unter Berücksichtigung der durch die Corona-Pandemie ausgelösten neuen Rahmenbedingungen zu fragen.

Im Rahmen des Projekts SchuLeGesund wurde untersucht, wie sich die beschriebenen Umstände auf das subjektiv empfundene Belastungserleben der Lehrkräfte am Ende der Corona-Pandemie auswirken. Im Vortrag auf der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik steht vor allem die Beantwortung der folgenden Frage im Mittelpunkt: Wie hoch ist das Belastungserleben von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen in Abgrenzung zum Belastungserleben von Lehrkräften anderer Schulformen am Ende der Corona-Pandemie und wodurch ist es gekennzeichnet?

Die empirische Untersuchung basiert auf folgenden Konstrukten „erlebte Belastung“, „berufliche Belastung“, „individuelle Selbstwirksamkeit“, „Lehrer*innenkooperation“, „Berufszufriedenheit“.

Die quantitative Erhebung mittels Online-Fragebogen fand im Bundesland Sachsen-Anhalt vom 8.7.2022 bis 30.9.2022 statt, zu einem Zeitpunkt, da die Corona-Pandemie vielfach als überwunden erlebt wurde. An der Befragung haben abschließend 680 Lehrkräfte teilgenommen.

Die Auswertung erfolgt deskriptiv. Um zu untersuchen, ob Gruppenunterschiede im Belastungserleben nachgewiesen werden können, wurden je nach Voraussetzung der Daten Regressionsanalysen bzw. t-Tests mit Bonferroni-Korrektur berechnet.

Die Ergebnisse treffen Aussagen zum Belastungserleben von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen in Abgrenzung zum Belastungserleben von Lehrkräften an anderen Schulformen. Außerdem können Aussagen zum Belastungserleben von Lehrkräften aufgrund unterschiedlicher Qualifikationswege getroffen werden. Bei der Analyse wurden zudem Geschlechtsspezifika herausgearbeitet. Von besonderer Bedeutung sind die Ergebnisse, die Aufschluss darüber geben, in welchen Arbeitsfeldern sich Lehrkräfte besonders belastet fühlen.

Die Ergebnisse sind für die Lehrkräfteausbildung von Bedeutung, die im besten Fall auf einen Beruf vorbereitet, in dem Lehrkräfte für einen langen Zeitraum tätig sind. Hier wird die Frage diskutiert, inwieweit Belastungen bereits im Lehramtsstudium vorgebeugt werden können.



Nutzung analoger Unterrichtsmaterialien durch LehramtsreferendarInnen - Analyse der Auswahlkriterien und tatsächlichen Mediennutzung

Fischer, Jennifer; Zlatkin-Troitschanskaia, Olga; Nagel, Marie-Theres; Martin de los Santos Kleinz, Lisa; Shenavai, Kevin; Maur, Andreas

Jothannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Die Nutzung von adäquaten Unterrichtsmaterialien ist für die Erstellung von Unterrichtsentwürfen im Referendariat von enormer Bedeutung und eine entscheidende Facette der beruflichen Kompetenz. Während Studien Defizite in einer kritisch-reflektierenden Nutzung von (Online-)Medien bei Lehramtsstudierenden aufzeigen [1], ist wenig bekannt über die Kriterien, die ReferendarInnen für die Auswahl im Unterricht genutzter Medien heranziehen. Das Projekt fokussiert die Erfassung und Förderung des effektiven Umgangs mit Online Medien durch ReferendarInnen im Fach Wirtschaft. Neben der Erfassung der tatsächlichen Mediennutzung zur Unterrichtsvorbereitung über ein digitales Assessmentplattform mit virtuellen PC, wurde ein Online-Training mit begleitendem Assessment entwickelt, welches ReferendarInnen z.B. bzgl. ihrer Kriterien bei der Auswahl geeigneter Lehrbücher befragt (s. Abb. 1). Für diesen Beitrag wurden die Antworten der Teilnehmenden analysiert und der tatsächlichen Nutzung von Lehrbüchern zur Unterrichtsvorbereitung gegenübergestellt, um der Fragestellung nachzugehen, welche Kriterien ReferendarInnen bei der Auswahl von Unterrichtsmaterialien als relevant erachten und ob sich diese Kriterien in der tatsächlichen Mediennutzung widerspiegeln.

Insgesamt nahmen 22 ReferendarInnen teil und nannten eine große Bandbreite verschiedener Auswahlkriterien. Für weiterführende Analysen wurden die Antworten mittels induktiver Kategorienbildung nach Mayring [2] kategorisiert und mit der aktuellen Nutzung analoger Quellen zur Erstellung eines Unterrichtsentwurfs verglichen. Insg. wurden 12 Kategorien identifiziert (s. Tab. 1). Die genannten Kriterien beziehen sich u.a. auf den Umfang und die Darstellung der Lerninhalte und Quellenmerkmale. Die Ergebnisse geben erste Einblicke in die Auswahl und Nutzung von digitalen und analogen Unterrichtsmaterialien durch ReferendarInnen und liefern Hinweise auf potentielle Förderbedarfe und somit eine Weiterentwicklung der etablierten Trainings.

[1] Bäsler, S.-A. (2019). Lernen und Lehren mit Medien und über Medien: Der mediale Habitus und die Ausbildung medienpädagogischer Kompetenz bei angehenden Lehrkräften [Dissertation]. Technische Universität Berlin.

[2] Mayring, P. (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Beltz Verlagsgruppe.

 
8:30 - 10:00Session 4.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 161
Moderation der Sitzung: Tobias Jenert
 

Die siA Hamburg: Ein erstes Stimmungsbild der Praxisseite

Bialeck, Thordis; Herzog, Marius; Kleb, Dietmar; Krüger, Birte; Rohloff, Sebastian

tQm-Projekt Hamburg, Deutschland

Als eine Antwort auf den bundesweiten Fachkräftemangel erprobt und etabliert Hamburg seit 2021 das Model der studienintegrierenden Ausbildung (siA) mit einer neu gegründeten Beruflichen Hochschule, der BHH. Ziel ist es, jungen Auszubildenden ein koordiniertes Ausbildungsangebot zu machen, welches es ihnen ermöglicht, in vier Jahren integriert in die Berufsausbildung einen Hochschulabschluss zu erwerben. Dabei haben die Lernenden die Freiheit, sich nach 18 Monaten begleitet durch ein Coaching für nur einen der beiden Bildungswege zu entscheiden.
Damit dieser innovative hybride Weg für die Lernenden gelingt, bedarf es einer qualitätsgesicherten Lernortkooperation, die, organisatorisch gut abgestimmt, inhaltliche Redundanzen ausräumt und insbesondere auch den Lernort Unternehmen mit einbezieht.

Zur Qualitätssicherung und gemeinsamen Weiterentwicklung der siA sollen Kooperationsunternehmen u.a. regelmäßig befragt werden. 2022 wurde daher eine Unternehmensbefragung durchgeführt, um ein erstes Stimmungsbild aus der Praxis einfangen zu können. Hierfür wurden 33 Unternehmen in Online-Interviews mit offenen Fragen zu ihrer ersten Einschätzung hinsichtlich der siA, sowohl in Bezug auf das Konzept als solches, als auch im Hinblick auf die Zufriedenheit mit den siA-Auszubildenden und die grundsätzliche Kooperation mit Hoch- und Berufsschule(n) befragt. Die Auswertung erfolgte dabei mittels MAXQDA, sowohl deduktiv als auch induktiv (Schneijderberg et al, 2022; Kuckartz, 2018).

Dieser Beitrag wertet die Befragung aus und gibt Empfehlungen zur Weiterverwendung der erhobenen Antworten. Insgesamt zeichnet sich auf Unternehmensseite ein durchaus positives Bild zum Konzept der siA ab und es werden interessante Vorschläge zur weiteren Optimierung der Verzahnung von Theorie und Praxis eingebracht.

Quellenverzeichnis

Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Verlagsgruppe Beltz, Weinheim, Basel.

Schneijderberg, C., Wieczorek, O. & Steinhardt, I. (2022). Qualitative und quantitative Inhaltsanalyse: Digital und automatisiert. Eine anwendungsorientierte Einführung mit empirischen Beispielen und Softwareanwendungen. Verlagsgruppe Beltz, Weinheim, Basel.



Regionalentwicklung durch die strukturelle Verbindung von allgemeiner und beruflicher Bildung – ein Einblick in das Modellprojekt AbiturPLUS

Sotiriadou, Christina; Zinn, Bernd

Universität Stuttgart, Institut für Erziehungswissenschaft, Deutschland

Vom Fachkräftemangel sind insbesondere ländliche Räume sowie gewerblich-technische Berufsgruppen betroffen (Kräußlich/Schwanz 2017). Bildungspolitik, Wirtschaft und Wissenschaft stehen in der Verantwortung, regionale Ressourcen und Potenziale proaktiv zu nutzen und regionale Angebote für eine kontinuierliche Berufs- und Studienorientierung zu gestalten. Außerschulische kooperative Bildungsangebote, welche arbeitsweltbezogene Erfahrungen ermöglichen, haben sich dabei als besonders effektiv erwiesen (z. B. Driesel-Lange et al. 2011). Das Modellprojekt AbiturPLUS stellt ein regionales berufsbildendes Angebot an einem allgemeinen Gymnasium dar, welches den parallelen Erwerb eines beruflichen Abschlusses als Zerspanungsmechaniker*in ermöglicht. In diesem Bezugsfeld geht die Untersuchung der Frage nach, inwiefern derartige regionale Bildungsangebote wirksame Fördermaßnahmen zur beruflichen Orientierung für gymnasiale Schüler*innen darstellen können. Den theoretischen Hintergrund bilden ausgewählte Determinanten der Berufsorientierung (Brüggemann et al. 2017), einschließlich dem Interessenskonstrukt (Krapp 1992), den beruflichen Interessensorientierungen gemäß RIASEC-Modell (Holland 1997) und dem akademisches Selbstkonzept unter Bezugnahme des Erwartung x Wert-Modells (Eccles 2005). Das Untersuchungsdesign umfasst zwei Studien. Für die Fragebogenstudie wurden teilnehmende sowie nicht teilnehmende Schüler*innen zu ihren bereichsspezifischen als auch beruflichen Interessen, ihrem akademischen Selbstkonzept sowie den beruflichen Plänen befragt. Die zweite Studie ist eine leitfadengestützte halbstrukturierte Interviewstudie mit teilnehmenden Schüler*innen sowie Absolvent*innen, in welcher die Bewertung des Projekts sowie projektbedingte Veränderungen, insbesondere im Kontext schulischer Interessen, der Freizeit und beruflicher Aspirationen, thematisiert wurden. Die Untersuchungsergebnisse liefern Hinweise, dass sich das vorgestellte regionale Bildungsprojekt als berufsorientierende Maßnahme mit regionaler Bindungswirkung eignet. Im Vergleich zu nicht-teilnehmenden Schüler*innen erwerben die Projektteilnehmer*innen berufliche Kompetenzen, das akademische Selbstkonzept sowie Interessen im MINT-Bereich werden gestärkt und die Berufswahlentscheidung positiv beeinflusst. Die Befunde bestärken die Notwendigkeit einer demografiesensiblen regionalen Bildungspolitik und legen nahe, dass effektive berufsorientierende Maßnahmen geschlechtersensibel konzipiert werden sollten.



Betriebliche Ausbildungspartnerschaften von KMU: Motive und Modelle

Bahl, Anke

BIBB, Deutschland

Die Ausbildungsbetriebsquote von KKU und KMU ist seit mehreren Jahren rückläufig. Die Ausbildung im Verbund wird bildungspolitisch nun als eine Möglichkeit propagiert, die Ausbildungsbeteiligung der Betriebe zu stabilisieren. Über die Gegebenheiten und Herausforderungen solcher Zusammenschlüsse in der Praxis selbst ist jedoch wenig bekannt. Auch favorisieren viele Betriebe die Zusammenarbeit mit Bildungsdienstleistern anstelle von anderen Betrieben. Im Rahmen eines BIBB-Forschungsprojekts (vgl. Bahl et al. 2022) konnten zumindest vier unterschiedliche Beispiele für betriebliche Ausbildungspartnerschaften, bei denen sich allein ausbildungsberechtigte KMU mit einem oder mehreren anderen Betrieben zusammenschlossen, ausführlich untersucht werden. Das reichhaltige Interviewmaterial aus den Fallstudien wurde deskriptiv aufbereitet (vgl. Bahl et al. 2023) und wird derzeit für verschiedene Fragestellungen weiter ausgewertet.

Der Beitrag präsentiert die Fälle zunächst anhand ihrer organisatorischen Struktur und spezifischen Rahmenbedingungen für die Entstehung. Wie sich zeigt, kommt unterschiedlichen dritten Organisationen für die Anbahnung und Aufrechterhaltung der Partnerschaften eine bislang zu wenig beachtete Rolle zu. Dennoch mussten zwei der vier Fälle während der Laufzeit des Forschungsprojekts ihre Partnerschaft einstellen. Im Vergleich werden die Treiber der Ausbildungspartnerschaften und die Zielsetzungen für den Betriebswechsel der Auszubildenden näher fokussiert. Mit Rückgriff auf netzwerktheoretische Bezüge werden die zugrundeliegenden Handlungslogiken prinzipiell einzuordnen gesucht und allgemeine Schlüsse für die Nachhaltigkeit solcher Organisationsformen gezogen.

Bahl, Anke; Ebbinghaus, Margit; Dionisius, Regina; Schwerin, Christine; Settelmeyer, Anke; Wetten, Leonie: Betriebliche Ausbildungspartnerschaften – Strukturen, Potentiale und Risiken für KMU. Forschungsprojekt 2.2.308. Laufzeit II-2017 bis II-2022. Abschlussbericht. Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung, 2022. – 59 S. – URL: https://res.bibb.de/vet-repository_780492

Bahl, Anke; Settelmeyer, Anke; Dionisius, Regina; Ebbinghaus, Margit; Schwerin, Christine; Wetten, Leonie: Betriebliche Ausbildungspartnerschaften von KMU – Vier Fallanalysen zu Struktur und Praxis. Bonn: BIBB, 2023 (i. Ersch.)

 
8:30 - 10:00Session 4.5
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 165
Moderation der Sitzung: Volker Bank
 

Authentische technologiebasierte Messung ökonomischer Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I – Das Beispiel ECON 2022 in Nordrhein-Westfalen

Fortunati, Fabio; Winther, Esther

Universität Duisburg-Essen, Deutschland

In der beruflichen Bildungsforschung zeigt sich insbesondere bei den kaufmännisch-verwaltenden Berufen ein prädiktiver Einfluss domänenverbundener wirtschaftliche Kompetenzen auf die Entwicklung berufsspezifischer Kompetenzen (Winther 2010).

Vereinzelt existieren Testinstrumente für den Bereich der Sekundarstufe I, die jedoch zumeist nicht in Form eines authentischen TBAs (Seeber et al. 2022) oder nur einzelne Facetten von ökonomischer Bildung adressieren (OECD 2020).

Das Projekt ECON 2022 greift dieses Desiderat auf und thematisiert insbesondere die Entwicklung eines authentischen TBAs der Jahrgangsstufe 8 in Nordrhein-Westfalen. Ziel dieses Beitrages ist es, anhand der repräsentativen Stichprobe der Hauptstudie

(1) die wirtschaftliche Kompetenz der SuS für Jahrgangsstufe 8 darzustellen

(2) und den Einfluss personenbezogener und institutioneller Merkmale auf die Testleistung aufzuzeigen

(3) sowie die Testfairness anhand personenbezogener Merkmale zu untersuchen.

Die Entwicklung des Assessments erfolgt auf Grundlage des Logic Assessment Models (Klotz 2015). Dabei sind die Items in eine narrative Struktur eingebettet, die wirtschaftliche Lebenssituationen in einem möglichst authentischen Setting nachbilden. Die Datenerhebung für die Hauptstudie von wurde 2022 computergestützt durchgeführt (N=2940). Die Datenanalyse erfolgt über die IRT mit einem MCML-Modell über ACER ConQuest (Adams et al. 2018).

Zum jetzigen Zeitpunkt liegen die Ergebnisse der Datenanalyse der Hauptstudie noch nicht in Gänze vor. Die Feldteststudie mit N=816 Teilnehmer*innen zeigte jedoch bereits vielversprechende Ergebnisse bzgl. der psychometrischen Eigenschaften des Testinstruments (siehe Fortunati & Winther, 2023, submitted). Darüber hinaus zeigten sich keine signifikanten DIF-Effekte zum Merkmal Geschlecht und nur geringe Effekte zu weiteren personenbezogenen und institutionllen Merkmalen. Bei allen Merkmalen zeigt sich zudem ein Einfluss auf die Testleistung, wobei die Effektstärken gering ausfielen.

Für die Befunde der Hauptstudie erwarten wir ähnliche Ergebnisse, da eine Revision des Testinstruments aufgrund der zufriedenstellenden Feldtestdaten nur im geringen Maße erforderlich war. Insbesondere ein fehlender Gender-DIF bei einer repräsentativen Stichprobe, der sich in der ökonomischen Bildung persistent in vielen Testinstrumente zeigt (Ackermann und Siegfried 2019), wäre Anlass aufzuzeigen, wie Assessmentdesigns Einfluss auf die Verringerung von gruppenbezogenen Effekten haben können.



Validierung kaufmännischer digitaler Aufgaben zu Messung von Problemlösekompetenz – Ergebnisse einer Laut-Denken-Studie

Meiners, Hanna1; Seeber, Susan1; Wuttke, Eveline2

1Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland; 2Geothe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland

Kaufmännische Kompetenzanforderungen unterliegen u. a. digitalisierungsbezogenen Veränderungen. Eine Substitution von Routinetätigkeiten durch digitale Technologien geht einher mit der Zunahme von komplexen Anforderungen, für deren Bewältigung Problemlösekompetenz erforderlich ist (Bach et al., 2020). Die Förderung von Problemlösekompetenz ist schon länger ein zentrales Ausbildungsziel kaufmännischer Berufe, das jedoch durch die Digitalisierung verstärkt wird (s. überarbeitete Ausbildungsordnungen).

Dieses Ziel kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn Lernangebote beider Lernorte auf die Förderung von Problemlösekompetenz ausgerichtet sind und zentrale Prüfungen diese auch messen (zur Curriculum-Instruktion-Triade vgl. Pellegrino, 2010). An die Diagnostik und Messung beruflicher Problemlösekompetenz durch den Einsatz digitaler Medien knüpft das Forschungsprojekt TeKoP[1] an. Dazu wurde in einem ersten Schritt ein Training für kaufmännisches Prüfungs-, Lehr- und Ausbildungspersonal durchgeführt, das die Förderung von Kompetenzen zur Erstellung von Problemlöseaufgaben zum Ziel hatte. Die im Rahmen dieses Trainings konzipierten technologiebasierten und problemhaltigen Prüfungsaufgaben wurden in einer Laut-Denken-Studie zur kognitiven Validierung eingesetzt. Anhand festgelegter Kriterien wurde die Problemhaltigkeit der Aufgaben von Auszubildenden der Berufe Industriekaufmann-/frau (18) und Kaufmann-/frau für Büromanagement (8) eingeschätzt.

Die Ergebnisse zeigen, dass Auszubildende bei der Aufgabenbearbeitung zumeist die geforderten Problemlöseschritte durchlaufen. Dies kann als Indiz interpretiert werden, dass die Aufgaben bezogen auf dieses Kriterium zur Messung von Problemlösekompetenz geeignet sind. Die Studie erlaubt zudem, Faktoren zu ermitteln, die den Problemlöseprozess negativ beeinflussen bzw. stören.

Literatur:
Bach, von dem N., Baum, M., Blank, M., Ehmann, K., Güntürk-Kuhl, B., Pfeiffer, S., Samary, D., Seegers, M., Sevendik, U., Tiemann, M. & Wagner, P. (2020). Umgang mit technischem Wandel in Büroberufen. Bonn: BIBB.

Pellegrino, J. W. (2010). The Design of an Assessment System for the Race to the Top: A Learning Sciences Perspective on Issues of Growth and Measurement. Educational Testing Service. Zugriff am 23.02.2023. Verfügbar unter https://pdfs.semanticscholar.org/53b7/6668fec653df7db1261304bd43a4ce64e42d.pdf

[1] Technologiebasiertes Kompetenzorientiertes Prüfen: Drittmittelgefördertes Forschungsprojekt der ASCOT+-Initiative (FK: 21AP001A & 21AP001B)



Quantitative Evaluation eines kompetenzorientierten Leistungstests auf unternehmerisches Wissen und Denken

Spitzner, Steffen; Retzmann, Thomas

Universität Duisburg-Essen, Deutschland

Hintergrund: Entrepreneurship hat neben dem ökonomischen Nutzen das Potenzial, zur Entwicklung der Gesellschaft beizutragen (Fritsch 2019). Die Herausforderungen infolge von Digitalisierung, Klimawandel und wirtschaftlichen Krisen erfordern neuartige Problemlösungen durch innovative Akteure jedweder Couleur (Faltin 2018), wozu auch Intrapreneure als Entrepreneure „within a firm“ (Weber et al. 2014) zählen. Jedoch gilt die Entrepreneurship Education (EE) seit Jahren als schlechteste entrepreneuriale Rahmenbedingung (Sternberg et al. 2022).

Desiderat: Um Maßnahmen der EE effektiv zu gestalten, bedarf es empirisch belastbarer Rahmenmodelle und validierter Messinstrumente, die den Learning Outcome erheben können, der zu dem o. g. Impact führen soll. Für die non-kognitive Kompetenzfacette finden sich erste Ansätze; für die kognitive Dimension kann bisher nicht auf solche Instrumente zurückgegriffen werden. Allerdings spielen fachbezogene Fähigkeiten eine zentrale Rolle, wenn die Entwicklung übergreifender Kompetenzen das Vorhandensein gut ausgeprägter Fachkompetenzen voraussetzt (Klieme et al. 2007).

Forschungsfrage & Methodik: Auf Basis des eigens konzipierten Rahmenmodells und qualitativer Überprüfungsschritte mit Expert*innengruppen wurde der Frage nachgegangen, ob sich unternehmerisches Wissen und Denken als eigenständiger Gegenstandsbereich konstruieren und inhaltsvalide als eindimensionales Konstrukt objektiv, differenziert, trennscharf, zuverlässig und fair messen lässt. Dazu wurde die klassische mit der probabilistischen Testtheorie kombiniert und die 1-PL-Rasch-Skalierung inkludiert.

Ergebnisse: Im Mittelpunkt des Vortrags stehen die Befunde der quantitativen Evaluation des neu entwickelten Leistungstests auf unternehmerisches Wissen und Denken. Diese erfolgte mit 739 Schüler*innen berufsbildender Schulen in NRW. Die Itemselektion rekurriert auf die Parameter (Person-Wright-Map), Trennschärfe und die Zuverlässigkeit des Tests (EAP/PV-Reliabilität). Die Eindimensionalität wurde anhand relevanter Fit-Werte (Infit & Outfit) überprüft, ehe DIF-Analysen (Geschlecht & Migrationshintergrund) erfolgten, um die Testfairness zu gewährleisten.

Implikationen: Nach Testnormierung kann durch Interventionsstudien empirische Evidenz für die effektive Gestaltung von Maßnahmen der EE in der beruflichen Bildung generiert werden. Die für eine substanzielle pädagogische Diagnose entwickelten Kompetenzstufen können der kriteriumsorientierten Interpretation der Testwerte dienen.

 
8:30 - 10:00Session 4.6
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166
Moderation der Sitzung: Reiner Schlausch
 

Gewerblich-technische Lehrkräftebildung in Deutschland – Analyse der Einflüsse auf das akademische Selbstkonzept von Lehramtsstudierenden technischer (beruflicher) Fachrichtungen

Vernholz, Mats; Temmen, Katrin

Universität Paderborn, Deutschland

Fragestellung:

Welchen Einfluss haben soziodemographische Merkmale (wie beispielsweise praktische Berufserfahrung) und Studienleistungen auf das akademische Selbstkonzept von Lehramtsstudierenden technischer (beruflicher) Fachrichtungen in den sieben Dimensionen des TPACK-Modells nach Mishra & Köhler (2006; 2008) und welche Interdependenzen finden sich zwischen den einzelnen Dimensionen?

Theoretische Verortung:

Im Rahmen des Vortrages werden Teilergebnisse einer laufenden Promotionsarbeit vorgestellt, die sich erstmalig mit den akademischen Selbstkonzepten (Marsh, 1986) von Lehramtsstudierenden technischer (beruflicher) Fachrichtungen auf Basis des TPACK-Modells nach Mishra & Köhler (2006; 2008) beschäftigt. Diese mentalen Repräsentationen der eigenen Fähigkeiten zeigen sich als wichtige Prädiktoren verschiedener Aspekte des späteren Berufslebens angehender Lehrkräfte (vgl. Abele, 2011; Aspy & Buhler, 1975; Guskey, 1988; Marsh, 1990; Marsh et al., 2016). Von besonderem Interesse sind dabei unter anderem der Einfluss soziodemographischer Merkmale auf die verschiedenen Dimensionen der akademischen Selbstkonzepte sowie der Einfluss der Studienleistungen gemäß des Generalized Internal/External Frame of Reference Modells (Möller et al., 2016).

Methodischer Zugang:

Das gesamte Forschungsvorhaben verfolgt einen sequentiellen Mixed-Methods-Ansatz, bestehend aus einer quantitativen Fragebogenerhebung zur Erfassung der akademischen Selbstkonzepte und einer darauf aufbauenden qualitativen Interviewstudie zu den zugrundeliegenden sozialen und dimensionalen Vergleichsprozessen. Im Rahmen der Präsentation werden Ergebnisse aus der deutschlandweit durchgeführten quantitativen Erhebung vorgestellt.

Ergebnisse:

Die präsentierten Ergebnisse befassen sich zum einen mit dem Einfluss soziodemographischer Merkmale, wie beispielsweise des Geschlechts oder pädagogischen und Ingenieurs-Vorerfahrungen auf die Selbstkonzepte der Studierenden. Außerdem werden die Korrelationen der akademischen Selbstkonzepte in den sieben Dimensionen des TPACK-Modells mit Berücksichtigung der Studienleistungen diskutiert.

Relevante Implikationen:

Die Studie ermöglicht einen detaillierten Blick auf die Fähigkeitszuschreibungen der Lehramtsstudierenden technischer (beruflicher) Fachrichtungen und erlaubt so mögliche Diskrepanzen in deren Selbstkonzepten bezüglich des Spannungsfeldes, in dem sich Lehrkräfte technischer (beruflicher) Fachrichtungen bewegen, aufzulösen.



Zwischen strukturellen Zwängen und didaktischen Freiheitsräumen – Einblick in eine ethnografische Vergleichsstudie zu englischen und deutschen Berufsschullehrkräften für Kfz-Mechatronik.

Gericke, Erika

Universität Siegen, Deutschland

Fragestellung

In der ethnografischen Vergleichsstudie „Berufsbildungskulturen im Europäischen Vergleich: soziale Praktiken in Berufsschulklassen für Kfz-MechatronikerInnen und Kaufleute für Büromanagement in England und Deutschland“ wird rekonstruiert, wie Werte und Bildungstraditionen (Georg 1997, McLean 1990, Osborn 2003) die Lernumgebung und sozialen Praktiken (Reckwitz 2003) des Lehrens und Lernens beeinflussen.

Im Rahmen dieses Beitrags wird explizit gezeigt, welche strukturellen Zwänge, aber auch didaktischen Freiheitsräume in den zwei untersuchten Berufsbildungskulturen aus Sicht der englischen und deutschen Lehrkräfte wahrgenommen und thematisiert werden.

Theoretische Verortung

Der Begriff Berufsbildungskultur soll die Multimodalität und Multidimensionalität beruflichen Lehrens und Lernens widerspiegeln (Wulf 2007) und setzt sich aus drei interdependent verbundenen Elementen zusammen: Kultur (Hörning/Reuter 2004), Lernumgebung (Schmidt 2012) und soziale Praktiken (Reckwitz 2003). (vgl. Gericke 2020)

Methodischer Zugang

Es wurden ethnografische Unterrichtsbeobachtungen (n=36h) sowie Leitfadeninterviews (n=5) mit englischen und deutschen Berufsschullehrkräfte für Kfz-Mechatronik durchgeführt und mittels der Grounded Theory (Strauss/Corbin 1995) ausgewertet.

Ergebnisse

In beiden Fällen spiegeln sich die Bildungstraditionen (engl. Individualisierung, dt. Ganzheitlichkeit) in den Berufsbildungskulturen und den sozialen Praktiken der Akteure wider. Zudem wird deutlich, dass die Bildungstraditionen unter marktwirtschaftlichem Druck stehen, in England deutlich stärker als in Deutschland – mit entsprechenden Konsequenzen für den jeweiligen didaktischen Gestaltungsspielraum.

relevante Implikationen

Strukturelle Zwängen und didaktische Spielräume sind durch Bildungstraditionen – die quer über alle Schichten der Berufsbildungskultur liegen – geprägt. Erkenntnisse hierzu erweitern das Verständnis des kulturellen Spielraums eines Berufsbildungssystem, was bspw. im Kontext der europäischen Berufsbildungspolitik gewinnbringend sein kann.



Zwischen Curriculum und Praxis – eine Untersuchung des Stellenwerts von Arbeitsschutz in der metall- und elektrotechnischen Berufsausbildung

Waldorf, Julia; Kahl, Anke; Frank, Carolin

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Auszubildende und junge Beschäftigte sind einem erhöhten Risiko für Arbeitsunfälle ausgesetzt (DGUV, 2022). Um den Herausforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden, ist ein fundiertes Arbeitsschutzwissen zur Reduzierung von Unfällen elementar (Kahl, 2019). Dass arbeitsschutzbezogenes Wissen in der Berufsausbildung zu vermitteln ist, geben die Rahmenlehrpläne vor, die praktische Umsetzung stellt sich jedoch als heterogen dar (Koch & Nienhaus, 2022). Zudem konnten deutliche Defizite in Lehrbüchern zur Vermittlung von Arbeitsschutz festgestellt werden (Kahl et al., 2021).

Wie die tatsächliche Umsetzung arbeitsschutzbezogener Themen in der Ausbildung ausfällt, wird in diesem Beitrag untersucht. Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine Online-Befragung von Berufsschullehrer*innen und Ausbilder*innen in der metall- und elektrotechnischen Berufsausbildung NRW 2020 (N=215) durchgeführt. Unter anderem wurde der Anteil des Themas Arbeitssicherheit pro Lernfeld, die thematische Verortung sowie Hinderungsgründe bei der Vermittlung erhoben.

Die Ergebnisse zeigen unterschiedliche Schwerpunkte auf. Einen wesentlichen Anteil nimmt die Auswahl von Schutzmaßnahmen ein, Rechtsgrundlagen werden nur in Einzelaspekten vermittelt. Die Befragten fühlten sich fachlich sicher, wobei die vorhandenen Lernmaterialien teilweise als wenig strukturiert bewertet werden. Ein Großteil der Lehrenden greift auf Wissen aus ihrer beruflichen Praxis zurück. Als Hinderungsgrund wird insbesondere der zeitliche Umfang gesehen.

Aus den Ergebnissen und der Literatur kann abgeleitet werden, dass eine zielgruppenspezifische Verknüpfung der Inhalte mit der Praxis und das Bereitstellen strukturierter Materialien notwendig ist. Im Vortrag werden die Ergebnisse präsentiert und mit Erkenntnissen aus einer Befragung von Auszubildenden über ihr subjektiv wahrgenommenes Arbeitsschutz-Vorwissen in Verbindung gesetzt.

Literatur:

DGUV (Hrsg.). (2022). Arbeitsunfallgeschehen 2021. https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4590

Kahl, A. (Hrsg.). (2019). Arbeitssicherheit: Fachliche Grundlagen. Erich Schmidt Verlag.

Kahl, A., Frank, C. & Erlebach, R. (2021). Eine kritische Untersuchung arbeitsschutzbezogener Lehrinhalte in Lehrbüchern metalltechnischer Ausbildungsberufe. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, 71(2), 86–96.

Koch, P. & Nienhaus, A. (2022). Arbeitsschutzwissen und Gesundheitskompetenz. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, 72(4), 165–174.

 
8:30 - 10:00Session 4.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Andrea Burda-Zoyke
 

Demokratiebildung an Berufsschulen aus Sicht des Schulpersonals: Konzepte und Herausforderungen

Busse, Robin

Technische Universität Darmstadt

Das Lernen für die Demokratie ist eine zentrale Aufgabe von Schulen (Kenner/Lange 2019). Die Entwicklung demokratischer Kompetenzen betrifft allerdings nicht nur allgemeinbildende Schulen, sondern zählt ebenso in das Aufgabenfeld beruflicher Schulen (Busse et al. 2022); wenngleich vergangene Bestandsaufnahmen auf schwierige Rahmenbedingungen der politischen Bildung an beruflichen Schulen verweisen (z. B. Besand 2014). Seit der vergangenen Bestandsaufnahmen sind allerdings einige Bestrebungen zur Stärkung der Demokratieförderung in der beruflichen Bildung zu beobachten. So betont unter anderem die KMK (2018) die Notwendigkeit einer stärkeren Demokratieförderung an allgemeinen und insbesondere beruflichen Schulen. In Niedersachsen mündeten diese Bestrebungen z. B. in einen Erlass zur Stärkung der Demokratiebildung an beruflichen Schulen (Niedersächsisches Kultusministerium 2021). Bisher ist wenig darüber bekannt, wie (1) Demokratiebildung von den Lehrkräften an beruflichen Schulen konzeptualisiert wird und (2) welche Herausforderungen mit der Demokratiebildung an beruflichen Schulen verbunden sind. Beides ist von besonderer Bedeutung. (1) Unterschiede in den bildungsbezogenen Auffassungen von Lehrpersonen können mit unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen und Lernergebnissen verbunden sein (Reichert et al. 2021). (2) Wahrgenommene Herausforderungen erlauben des Weiteren die Identifizierung aktueller und besonders relevanter Hemmnisse der Demokratiebildung und dienen darüber auch der Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Vor diesem Hintergrund wurde 2022 in Niedersachsen eine Mixed-Methods-Studie an zehn kaufmännischen Berufsschulen durchgeführt, um subjektive Konzepte und wahrgenommene Herausforderungen des Schulpersonals (Schulleiter:innen, Abteilungsleiter:innen, Teamleiter:innen und Politiklehrkräfte) (n = 56 Befragte) zu untersuchen. Zu Beginn der Mixed-Methods-Studie nahmen die Teilnehmenden an einem leitfadengestützten Interview teil und füllten anschließend einen digitalen Online-Fragebogen aus. Für die Untersuchungen wurde das Interviewmaterial transkribiert und mithilfe eines deduktiv hergeleiteten Kategorienrasters kodiert. Die Studienbefunde verweisen auf ein gemischtes Verständnis der Demokratiebildung und machen Herausforderungen der Demokratiebildung auf verschiedenen Ebenen sichtbar. Die Befunde werden vor dem Hintergrund der Relevanz der Befähigung von Auszubildenden zur Mitgestaltung der Gesellschaft und Arbeitswelt diskutiert.



Zum Beitrag der beruflichen Bildung für das politische und wirtschaftsbürgerliche Wissen von kaufmännischen Auszubildenden

Krebs, Philine

Georg-August-Universität Göttingen

Der beruflichen Bildung wird ein wichtiger Beitrag für gesellschaftliche Demokratisierung zugeschrieben (vgl. Greinert, 1990). So bezieht sich die verfolgte Zielsetzung der Gewährleistung gesellschaftlicher Teilhabe unmittelbar auf die Befähigung von Jugendlichen zur Teilhabe am ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Leben (Baethge, Buss & Lanfer, 2003). Zudem stehen Auszubildende in der beruflichen Bildung an der Schwelle zum Erwachsenenleben, sodass die Ausübung ihrer Rechte und Pflichten als mündige Bürger*innen in unmittelbarer Reichweite liegt (Jung, 2016). Um Heranwachsende zu handlungsfähigen, mündigen Bürger*innen zu erziehen, ist aufgrund der Komplexität moderner demokratischer Gesellschaften neben konzeptuellem demokratisch-politischem Wissen auch ein grundlegendes Wirtschafts- und Gesellschaftsverständnis erforderlich (Engartner, 2010). Die berufliche Bildung eröffnet diesbezüglich vielfältige Lern- und Sozialisationsgelegenheiten für Demokratie und Zivilgesellschaft an verschiedenen Lernorten (Krebs, 2022). Jedoch ist der Beitrag der beruflichen Bildung zur Entwicklung von demokratisch-politischem sowie wirtschaftbürgerlichem Wissen und Fähigkeiten bislang weitgehend unerforscht (Busse et al., 2022). Die wenigen bestehenden Studien verweisen auf eine Marginalisierung demokratisch-politischer Bildung an Berufsschulen aufgrund organisatorischer, curricularer und personeller Defizite (z. B. Zurstrassen, 2020). In einer Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten im Abstand eines Jahres werden folgende Forschungsfragen untersucht:

(1) Wie entwickelt sich das demokratisch-politische und wirtschaftsbürgerliche Wissen von kaufmännischen Auszubildenden im Ausbildungsverlauf?

(2) Welchen Einfluss haben demokratische Lern- und Sozialisationsgelegenheiten an den Lernorten Berufsschule und Betrieb auf den Wissenserwerb?

Zur Messung des politischen und wirtschaftsbürgerlichen Wissens wurden vollstandardisierte Wissenstests eingesetzt, die mit Hilfe eindimensionaler Partial-Credit-Modelle skaliert wurden. Die Stichprobe umfasst N≈400 kaufmännische Auszubildende der Ausbildungsberufe Industriekaufmann*frau und Kaufmann*frau im Einzelhandel. Die Datenerhebung wurde zwischen 2021 und 2022 in Niedersachsen durchgeführt. Mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen (insb. Cross-Lagged-Panel Modelle) wird die Stabilität des demokratisch-politischen und wirtschaftsbürgerlichen Wissens sowie der Einfluss von demokratischen Lerngelegenheiten auf dieses untersucht.



Lernende im Umgang mit Ambivalenzen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung – eine empirische Exploration des Einsatzes der Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“

Hantke, Harald

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Obwohl es Ansätze gibt, nachhaltig(er) zu wirtschaften, beurteilt „fast die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer das derzeitige Engagement deutscher Unternehmen für Nachhaltigkeit als unzureichend“ (Randstad 2020). Daraus kann geschlossen werden, dass betriebliche Lebenssituationen weiterhin zu einem großen Teil von Arbeits- und Geschäftsprozessen geprägt sind, die negative Folgen für Mensch und Umwelt mit sich bringen (vgl. exemplarisch WBGU 2011). Dieses Spannungsverhältnis spiegelt sich auch in den Rahmenlehrplänen für betriebswirtschaftlich-kaufmännische Ausbildungsberufe wider (vgl. Hantke 2020, 19 f.).

Wird dieses Spannungsverhältnis – wie curricular intendiert – bei der Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements aufgegriffen, ergeben sich für wirtschaftsberuflich Lernende im Unterricht unter anderem potenzielle Ambivalenzen zwischen ökonomischen und ökologischen Perspektiven. Diese Ambivalenzen erfordern von den wirtschaftsberuflich Lernenden die Fähigkeit, Mehrdeutigkeit angesichts komplexer, ungewisser oder widersprüchliche Situationen wahrzunehmen, zu verarbeiten und ggf. auszuhalten, um handlungsfähig zu bleiben (vgl. Müller-Christ & Weßling 2007, 187). Potenziell fördern lasst sich diese Fähigkeit mit der Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“ (vgl. exemplarisch Fischer et al. 2021, 99 ff.).

Vor diesem Hintergrund setzt sich der vorliegende Beitrag mit der Untersuchung einer am Beispiel von Ambivalenzen zwischen Ökonomie und Ökologie konzipierten und in einer Klasse des Ausbildungsberufs „Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement“ durchgeführten „Systemischen Visualisierung“ auseinander. Das methodische Vorgehen der Untersuchung basiert auf einer quantitativen Erhebung mittels eines Inventars von Reis (1996), das für den Einsatz im Kontext der Nachhaltigkeitsbildung durch Forstner-Ebhart et al. (2022) aktualisiert wurde. Erkenntnisleitend ist dabei die Frage, inwieweit der Einsatz der Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“ Lernende dazu befähigt, mit Ambivalenzen zwischen Ökonomie und Ökologie umzugehen.

Mit der Beantwortung dieser Frage verfolgt dieser Beitrag das Ziel, die als innovativ zu bezeichnende Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“ zur Befähigung des Umgangs mit Ambivalenzen für den Einsatz an berufsbildenden Schulen didaktisch-methodisch zu elaborieren. Aus den Erkenntnissen dieses Beitrags können darüber hinaus didaktisch-methodische Schlüsse für die Gestaltung weiterer Lehr-Lern-Arrangements zum Umgang mit Ambivalenzen gezogen werden.

 
8:30 - 10:00Session 4.8
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 007
Moderation der Sitzung: Wolfgang von Gahlen-Hoops
 

Interprofessional Collaborative Competency Attainment Scale (ICCAS) – Adaption für den berufsübergreifenden Einsatz

Pohley, Monja; Schmitt, Simon; Striković, Aldin; Wittmann, Eveline

TU München, Deutschland

Gesundheits- und Pflegeberufe, nicht nur im klinischen Setting, sondern auch in Pflegeheimen oder in der häuslichen Umgebung, werden zunehmend von digitaler Technologie beeinflusst (vgl. Brynjolfsson & McAfee 2014) – insbesondere im Smart Home. Auch Elektroniker*innen sind davon betroffen: Die Kund*innen sowie in ihrem Auftrag handelnde Fachkräfte wie z.B. Pflegekräfte und Hauswirtschafter*innen sind auf technologische Unterstützung und Beratung angewiesen, um verantwortungsvolle Entscheidungen zu Themen wie Datensicherheit und Datenschutz treffen zu können. Demnach ist es notwendig, berufsübergreifend zusammenzuarbeiten (vgl. Striković & Wittmann 2022; Jarosch, Becker & Hofmann o.A.), womit auch das Erfordernis einer entsprechenden Befähigung an Relevanz gewinnt. Denkbar wäre hier-für bpsw. eine im Projekt „Teach@TUM4.0“ entwickelte Rollenspiel-basierte Lehr-Lerneinheit in einem Smart Home-Simulationslabor. Um jedoch erfassen zu können, inwieweit durch solche Maßnahmen Auszubildende der unterschiedlichen Berufsgruppen dazu befähigt werden, berufsübergreifend zu kooperieren, bedarf es der Entwicklung entsprechender Messinstrumente. Hierfür wurde ein aus der berufsübergreifenden Kooperation im Gesundheitswesen stammendes Messinstrument, das ICCAS, modifiziert und mittels TRAPD-Methode (European Social Survey 2020) ins Deutsche übersetzt. Im Beitrag wird der Frage nach dessen Verständlichkeit nachgegangen; es werden Ergebnisse und Implikationen eines Pretests berichtet.

Literaturverzeichnis

Brynjolfsson, E. & McAfee, A. (2014). The second machine age: Work, progress and prosperity in a time of brilliant technologies. New York, NY: W. W. Norton &

Company.European Social Survey (2020). ESS Round 10 Translation Guidelines. London: ESS ERIC Headquarters.

Jarosch, J., Becker, D. & Hofmann, J. (o.A.). Schlussbericht. Smart Home & Living – Mehrwert 4.0. https://ez-gaw.de/wp-content/uploads/2018/06/Mehrwert40_ab-schlussbericht.pdf [30.03.2023].

Striković, A. & Wittmann, E. (2022). Collaborating Across Occupational Boundaries: Towards a Theoretical Model. Vocations and Learning, 15(2), 183–208. https://doi.org/10.1007/s12186-022-09284-w



Ausbildungsabbrüchen in den Gesundheitsberufen präventiv begegnen im „Peer-to-Peer-Transfer“-Projekt: Entwicklung, Implementierung und Evaluierung von Peersupport Systemen zur Förderung der sozialen Integration und Resilienz der Auszubildenden

Struck, Philipp1; Coppers, Anna1; Berkemer, Esther2

1Katholische Hochschule Mainz, Deutschland; 2Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, Deutschland

Fragestellung

Stress, Konflikte am Arbeitsplatz und fehlende soziale Unterstützung stellen häufige Gründe für Ausbildungsabbrüche in der Pflege dar (Garcia-González & Peters, 2021). Hinzu kommt das Fehlen positiver Rollenvorbilder und die Umstellung auf die generalistische Pflegeausbildung. Diesen herausfordernden Rahmenbedingungen möchte das vom BMBF geförderte EMPOWER Teilprojekt „Peer-to-Peer-Transfer“ durch die Stärkung positiver Peerkontakte und der Resilienz der Auszubildenden begegnen.

Theoretische Verortung

Peersupport Systeme können die Zusammenarbeit, Solidarität und Integration von Auszubildenden in der beruflichen Bildung fördern (Colvin, 2015; Struck, 2022). Für die Pflegeausbildung wird die Implementierung solcher Systeme als Maßnahme der Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen identifiziert und empfohlen (Garcia-González & Peters, 2021). Diese positiven Effekte von Peerkontakten wurden international auch für Physiotherapie Studierende berichtet sowie der Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Resilienz aufgezeigt (Bíró et al., 2016; Cassidy et al., 2020; Thomas, 2012). Überdies wird die Förderung der Resilienz positiv mit der Bewältigung von Arbeitsbelastungen, dem Erhalt der Gesundheit und der Sicherung des Verbleibes von beruflich qualifizierten Fachkräften assoziiert (Aryuwat et al., 2022; Collard et al., 2020; Garcia-González & Peters, 2021).

Methodischer Zugang

Mit Pflege- und Physiotherapieschulen werden Peersupport Systeme entwickelt und über zwei Ausbildungsjahre realisiert und analysiert. Für die Theorie(weiter)entwicklung und das Lösen relevanter Praxisprobleme, wird das Design Based Research methodisch ergänzt (Aprea, 2013; Schmiedebach & Wegner, 2021).

Evaluiert werden die Akzeptanz der Maßnahmen sowie die Auswirkungen für die Auszubildenden entlang standardisierter Fragebögen und qualitativer, teilstrukturierter Interviews. Primäre Outcomes stellen die soziale Integration sowie die Stärkung von Resilienz (Kaiser et al., 2019) und beruflicher Identität (Rauner, 2017) dar. Zudem werden die Ausbildungsqualität und die Abbruchsneigung (Krötz & Deutscher, 2021) erhoben.

Ergebnisse

Erste Ergebnisse werden im Sommer 2024 erwartet, aktuell sollen die inhaltliche Konzeption und das forschungsmethodische Design präsentiert werden.

Relevante/mögliche Implikationen

Die evaluierten Maßnahmen sollen für die Ausbildung in den Gesundheitsberufen nutzbar gemacht werden und einen Beitrag zu einer nachhaltigen Fachkräftesicherung leisten.



Wahlrecht gesonderter Berufsabschlüsse in der generalistischen Pflegeausbildung: Wieviel Wahlfreiheit haben Auszubildende?

Wochnik, Markus1; Krause-Zenß, Antje1; Tsarouha, Elena2; Schatt, Viktoria1; Greißl, Kristina2; Reiber, Karin2

1Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH; 2Hochschule Esslingen

Mit dem Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes startete 2020 die generalistische Pflegeausbildung. Sie bündelt die drei ehemaligen Ausbildungen zur beruflichen Qualifizierung für die Altenpflege, die Gesundheits- und Krankenpflege und die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu einer Ausbildung und mündet im Abschluss „Pflegefachfrau/Pflegefachmann“.

Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, nach den beiden ersten generalistisch ausgerichteten Ausbildungsjahren eine Spezialisierung zu wählen und durch eine entsprechend gewählte Vertiefung im letzten Ausbildungsdrittel einen gesonderten Abschluss zum/zur „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in“ oder „Altenpfleger/in“ zu erwerben.

Im Vortrag werden Ergebnisse aus der Begleitforschung zur Einführung der generalistischen Pflegeausbildung vorgestellt. Es liegen 80 leitfadengestützte Interviews mit Akteuren aus Pflegeschulen und Betrieben vor, die inhaltsanalytisch (Mayring) analysiert wurden.

Theoretisch können alle Auszubildenden das Wahlrecht in Anspruch nehmen. Praktisch ist die Ausübung des Wahlrechts durch die Auszubildenden jedoch mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Viele Pflegeschulen und Praxiseinrichtungen bieten die gesonderten Abschlüsse jedoch nicht an. Die Gründe dafür liegen z. B. in einem Mangel an Lehrpersonal, welches über die Expertise für die jeweilige Spezialisierung verfügt, und organisatorischen Hürden bei der Umsetzung des gesonderten Unterrichts. Dies betrifft insbesondere die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Dort kommt der Mangel an pädiatrischen Einsatzplätzen in der Praxis erschwerend hinzu.

Interessierte Auszubildende müssen die Einrichtungen, die gesonderte Abschlüsse anbieten, gezielt suchen. Die Entscheidung der Auszubildenden für oder gegen einen gesonderten Abschluss hängt z.B. auch mit der Entfernung zwischen Wohnort und Lernorten für den theoretischen und praktischen Teil der Ausbildung zusammen. Dazu kommen Unsicherheiten hinsichtlich zukünftiger Konsequenzen der Entscheidung. Welche Einschränkungen, z.B. bei vorbehaltenen Aufgaben, sind mit den gesonderten Abschlüssen verbunden? Werden die gesonderten Abschlüsse zukünftig beibehalten oder sind es „Auslaufmodelle“? Ist der generalistische Abschluss die sicherste Variante?

Diese Hürden führen zu der Frage, wie frei Auszubildende bei der Wahl eines gesonderten Abschlusses tatsächlich sind. Die Diskrepanz zwischen der rechtlich vorgesehenen und tatsächlichen Freiheit bei der Ausübung des Wahlrechts wird diskutiert.

 
8:30 - 10:00Symposien/Foren 4.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 162
Moderation der Sitzung: Katja Driesel-Lange
 

Zwischen Freiheit und Verantwortung: Schulische Interventionen der Beruflichen Orientierung aus individueller, konzeptioneller, institutioneller und personeller Perspektive

Chair(s): Driesel-Lange, Katja (Universität Münster, Deutschland)

DiskutantIn(nen): Driesel-Lange, Katja (Universität Münster)

 

Beiträge des Symposiums

 

Jugendliche an Schulen in schwieriger Lage – Verlierer oder Gewinner Beruflicher Orientierung?

Klein, Jerusha, Driesel-Lange, Katja
Universität Münster

 

Zum Stellenwert der beruflichen Orientierung im Unterricht aus der Sicht von Lehrpersonen

Schröder, Rudolf, Fletemeyer, Tina, Müller, Anna-Lena
Universität Oldenburg

 

Logiken der Berufswahl? Konzept und Ergebnisse eines Workshops anerkennungssensibler Berufsorientierung

Mutlu, Sevil, Ziegler, Birgit
Technische Universität Darmstadt

 
8:30 - 10:00Symposien/Foren 4.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 063
Moderation der Sitzung: Klaus Beck
Moderation der Sitzung: Jürgen Seifried
 

Berufs- und Wirtschaftspädagogik im selbstkritischen Diskurs (Teil 2): Methodologische, paradigmatische und strategische Probleme der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als forschender Disziplin

Chair(s): Beck, Klaus (Universität Mainz), Seifried, Jürgen (Universität Mannheim, Deutschland)

DiskutantIn(nen): Beck, Klaus (Universität Mainz)

 

Beiträge des Symposiums

 

Ausgewählte Perspektiven auf den Umgang mit Wissen in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Berding, Florian
Universität Hamburg

 

Beispiele der Binnen- und der Außenlegitimität der Berufs- und Wirtschaftspädagogik – Perspektiven einer Nachwuchswissenschaftlerin auf alte, aber bis heute aktuelle Diskurse

Lange, Silke
Universität Osnabrück

 

Berufs- und Wirtschaftspädagogik: Unsere Aufgaben, wo wir stehen und warum wir ohne Forschung nicht vorankommen

Stephan, Abele
TU Dresden

 

Autonomie bewahren, Offenheit pflegen, Prämissen transparent machen: Versuch einer knappen Zeitdiagnose zur Lage der Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Kärner, Tobias
Universität Hohenheim

 
8:30 - 10:00Verweilcafé
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 067
10:00 - 10:30Pause / Wegezeit
10:30 - 11:30Keynote: Freiheit zur Selbstverpflichtung – Arbeitskraftunternehmer*innen im digitalisierten Kapitalismus (Hans J. Pongratz, Ludwig-Maximilians-Universität München)
Ort: Audimax
11:30 - 11:45Grußwort
Ort: Audimax
11:45 - 13:00Mittagspause
Ort: Audimax Foyer
11:45 - 13:00Postersession
Ort: Audimax Foyer
13:00 - 14:30Session 5.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 063
Moderation der Sitzung: Andrea Burda-Zoyke
 

Mehr als nur Hammer und Meißel - Arbeitsorientierte Förderung der Lese- und Schreibkompetenz von gering literalisierten Auszubildenden in der Bauwirtschaft mit der BauliG-App

Fast, Daniela1; Efing, Christian2; Gamal, Christine1; Küchler, Cecilia2; Lange, Christina1; Rexing, Volker1

1Lehr- und Forschungsgebiet Fachdidaktik Bautechnik RWTH Aachen, Deutschland; 2Lehrstuhl für Deutsche Sprache der Gegenwart RWTH Aachen, Deutschland

Fragestellung

Im Fokus von (Ausbildungs-)Berufen der Bauwirtschaft steht die Entwicklung von berufsfachlicher Kompetenz, wobei auch Anforderungen an literale Grundkompetenzen empirisch belegt sind (z. B. Keimes 2014). Das BMBF-geförderte Verbundprojekt BauliG – (Digitaler) Baukasten für die arbeitsorientierte Förderung literaler Grundkompetenzen in (Ausbildungs-)Berufen der Bauwirtschaft setzt hier an und entwickelt ein arbeitsorientiertes Lernangebot in Form einer Mobile App zur Förderung literaler Grundkompetenzen. Die Mobile App richtet sich an literal schwache Auszubildende in Berufen der Bauwirtschaft im 1. Lehrjahr am Lernort Überbetriebliche Berufsbildungsstätte (ÜBS). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie die Mobile App und die entsprechende Lernumgebung zu gestalten ist, damit Lese- und Schreibkompetenzen im spezifischen Kontext zielgruppengerecht sowie arbeitsorientiert gefördert werden können.

Theoretische Verortung

Begründet wird das Projektvorhaben BauliG durch die hohe Quote gering literalisierter Erwachsener, insbesondere im Berufsfeld der Bauwirtschaft, deren Lese- und Schreibkompetenzen das Alpha-Level 3 nicht übersteigen (vgl. Grotlüschen et al. 2019; Grotlüschen 2012). Die geringe Literalisierung zeigt sich bereits bei Auszubildenden der Bauwirtschaft und droht, die Chancen für ihre weiterführende berufliche Qualifizierung zu gefährden (vgl. Hörnschemeyer 2021).

Methodischer Zugang

Die leitende Forschungs- und Entwicklungsmethode folgt dem Design Based-Research-Ansatz (DBR) (vgl. Cobb et al. 2003). Charakteristisch ist hier die zyklische Arbeitsweise, die für die Abfolge von Entwicklung, Erprobung, Evaluation und Re-Design der Modul- und Aufgabenkonzeption der App leitend ist.

(Erwartete) Ergebnisse

Die ersten Verprobungen des Lehr-/Lernmaterials sowie Gespräche mit dem Ausbildungspersonal der ÜBS im Rahmen durchgeführter Workshops zeigen Herausforderungen im Hinblick auf eine passgenaue inhaltliche Gestaltung des Lehr-/Lernmaterials, die Verbindung von domänenspezifischen Inhalten mit sprachlicher Förderung sowie der organischen Einbindung der App am Lernort ÜBS. Gleichzeitig deutet sich ein hohes Einsatz- und Nutzungspotenzial von Auszubildenden sowie Ausbildenden an.

Relevante/mögliche Implikationen

Der digitale Baukasten soll einen Beitrag zur Förderung literaler Grundkompetenzen bei Auszubildenden in der Bauwirtschaft am Lernort ÜBS leisten. Perspektivisch denkbar ist eine Adaption für andere Lernorte und Branchen.



Integration von Geflüchteten in Ausbildung – Möglichkeiten und Grenzen der AsA (flex)

Conrads, Ralph; Freiling, Thomas; Walter, Valeska

Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Deutschland

Für geflüchtete Menschen ist die Ergreifung eines Berufs eine schwer zu erreichende Form der Freiheit. Auch wenn Geflüchtete diesbezüglich prinzipiell Handlungsfreiheit genießen, ist der Zugang zum Arbeitsmarkt durch rechtliche und faktische Zugangsbarrieren erschwert (Granato et al., 2022). Im Übergangssystem zeigt sich zudem, dass junge Geflüchtete häufig Unterstützung und Begleitung für eine erfolgreiche Ausbildung benötigen.

Die Assistierte Ausbildung flexibel (AsA flex) bietet als Regelinstrument der Ausbildungsförderung der BA (§§74, 75 SGB III) u.a. Geflüchteten individuelle Unterstützungsmöglichkeiten (Bonin et al., 2021). Die Jugendlichen werden jenseits des fachlichen Förderbedarfs durch eine Kombination von Stütz- und Förderunterricht, sozialpädagogischer und Ausbildungsbegleitung unterstützt (BA, 2022).

Seit 2017 wird die AsA von der Hochschule der BA evaluiert (u.a. Freiling, Conrads, 2022). Forschungsmethodisch wird seit 2022 ein primär qualitativer Forschungsansatz (v.a. regelmäßige berufsbiografische Interviews mit 50 Jugendlichen) verfolgt. Dies wird flankiert durch Gespräche mit weiteren Akteuren und quantitative Befragungen zur Entwicklung überfachlicher Kompetenzen.

Die Assistierte Ausbildung erweist sich bisher als wirkungsvoll, um soziale wie strukturelle Hindernisse zu überwinden und Geflüchteten einen besseren Zugang zur Berufsausbildung und zur Bewältigung dieser zu ermöglichen.

Der Beitrag soll aufzeigen, inwiefern die AsA durch individuell-ganzheitlichen Fördercharakter für Geflüchtete zur erfolgreichen Ausbildung führen kann. Limitationen und Anpassungsbedarf der AsA werden zur Diskussion gestellt.

Literatur

Bundesagentur für Arbeit [BA] (Hrsg.) (2022). Fachliche Weisungen. Assistierte Ausbildung flexibel (AsA flex). Drittes Sozialgesetzbuch - SGB III - §§ 74-75a SGB III. Nürnberg.

Bonin, H. et al. (2021). Begleitevaluation der arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete: Schlussbericht. (Forschungsbericht FB587). Berlin.

Freiling, T. & Conrads, R. (2022). Die Assistierte Ausbildung als Dienstleistungsangebot für Ausbildungsbetriebe zur Verbesserung der Fachkräftesituation. In: Sozialer Fortschritt – Unabhängige Zeitschrift für Sozialpolitik, Heft 11/2022, S. 815-839.

Granato, M. & Christ, A. (2022). Integration junger Geflüchteter in berufliche Ausbildung: Zugang zu und Gestaltung von beruflicher Ausbildung. In: Ertl, H. al. (2022). Integration Geflüchteter in Ausbildung und Arbeit. BIBB Discussion Paper, S. 26 ff.



Förderung professioneller Kompetenzen von Lehrkräften zum Umgang mit Heterogenität und Inklusion mittels Fallarbeit im Praxissemester. Ergebnisse aus der gestaltungsorientierten Forschung zu einer universitären Lehrveranstaltung

Joost, Janine; Burda-Zoyke, Andrea

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland

Die deutsche UNESCO-Kommission verweist in ihren Leitlinien für die Bildungspolitik darauf, dass allen Menschen die gleichen Möglichkeiten offenstehen sollten, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzuhaben und ihre Potentiale entwickeln zu können, unabhängig von besonderen Lernbedürfnissen, Geschlecht, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen (DUK, 2014). Um den genannten Forderungen nachzukommen, sollen Lehrkräfte über professionelle Kompetenzen zum Umgang mit Heterogenität und Inklusion verfügen (KMK, 2011; Bylinski, 2015). Diese betreffen insbesondere die Handlungsfelder Diagnose und individuelle Förderung flankiert von multiprofessioneller Zusammenarbeit (Burda-Zoyke & Joost, 2018).

Vor diesem Hintergrund wurde in Anlehnung an den Forschungsansatz Design-Based Research (McKenney & Reeves, 2019) im Projekt „Lehramt mit Perspektive“ (LeaP@CAU) an der Universität zu Kiel ein Master-Seminar zur Förderung der professionellen Kompetenzen zum Umgang mit Heterogenität und Inklusion in der beruflichen Bildung für Studierende der Wirtschaftspädagogik entwickelt und evaluiert. Zentrale Gestaltungsmerkmale dieses Seminars sind die Methode der Fallarbeit sowie die Integration in das Praxissemester. In dem Vortrag wird die Lehrveranstaltung fundiert und konturiert sowie ein Einblick in die Ergebnisse insbesondere aus Interviews mit teilnehmenden Studierenden (N=13) gegeben. Davon ausgehend werden zentrale Gestaltungsprinzipien für die Entwicklung und Implementation ähnlicher Lehrveranstaltungen in ähnlichen Kontexten vorgestellt.

Literatur

Deutsche UNESCO-Kommission (DUK) (2014). Inklusion: Leitlinien für die Bildungspolitik. Bonn.

Burda-Zoyke, A. & Joost, J. (2018). Umgang mit Heterogenität und Inklusion als Querschnittsthema im Studium des Lehramts für berufliche Schulen. In B. Brouër, A. Burda-Zoyke, J. Kilian & I. Petersen (Hrsg.), Vernetzung in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Ansätze, Methoden und erste Befunde aus dem LeaP-Projekt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (S. 259-275). Münster: Waxmann.

Bylinski, U. (2015). Eine inklusive Berufsbildung fordert die Professionalität der pädagogischen Fachkräfte. In T. Häcker & M. Walm (Hrsg.), Inklusion als Entwicklung. Konsequenzen für Schule und Lehrerbildung (S. 213-228). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

KMK (2011). Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in der Schule.

McKenney, S. & Reeves, T. C. (2019). Conducting educational design research. 2. Aufl. New York: Routledge.

 
13:00 - 14:30Session 5.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 065
Moderation der Sitzung: Kristina Kögler
 

Subjektbezogene Integration im dualen Studium? Eine theorie- und fallstudienbasierte Analyse

Mordhorst, Lisa; Jenert, Tobias

Universität Paderborn, Deutschland

Subjektbezogene Integration im dualen Studium? Eine theorie- und fallstudienbasierte Analyse

Ausbildungsintegrierende Studienprogramme zielen auf die Integration beruflicher und akademischer Lernerfahrungen (Wissenschaftsrat, 2013; Mordhorst & Jenert, 2022). Jedoch ist bisher weder das subjektive Integrationserleben der Lernenden noch die curriculare Begleitung theoretisch und empirisch umfassend erforscht (Mordhorst & Jenert, 2022; Mordhorst, unveröffentlicht). Wirtschaftspädagogische empirische Beiträge zu diesen Hybriden sind rar (z. B. Brodsky, Seifried & Sailmann, 2021).

Der Beitrag setzt an dieser Forschungslücke an und geht theoriebasiert der Frage nach, wie sich das subjektive Integrationserleben der Lernenden vor dem Hintergrund der offiziellen Ziele, Strukturen und Praxen der Studienprogramme nachvollziehen lässt. Ausgehend von einer Vorstudie (Mordhorst & Jenert, 2022) wurden vier vergleichenden Fallstudien durchgeführt, die hier vorgestellt werden. Dabei wird sowohl die subjektive Integrationserfahrung Studierender als auch die curriculare Begleitung betrachtet. Die Analyse basiert auf einer Datentriangulation, die methodisch auf Dokumentenanalysen, Expert*inneninterviews mit Studienprogrammverantwortlichen sowie Gruppendiskussionen und Interviews mit Studierenden abstellt (Mordhorst, unveröffentlicht).

Die Ergebnisse zeigen, dass das Integrationserleben der Lernenden in den betrachteten Fällen mit der curricularen Verzahnung zusammenhängt. Neben den zeitlichen Sequenzierungsmodellen (Hofmann, König & Brenke, 2023) lassen sich verschiedene Stellhebel ausmachen, die im Zusammenspiel beeinflussen wie die Integrationsbegleitung der Lernenden funktioniert: (1) methodisch-didaktische Verbindungsansätze, (2) fachlich-homogene oder -komplementäre Verzahnung, (3) betriebliche Perspektivbreite etwa über Lernphasen in unterschiedlichen Betrieben, (4) guidance, z. B. in puncto Wahlmodule, sowie (5) zeitliche Entlastungselemente wie reziproke Leistungsanrechnung. In einigen Fällen machen die Lernenden integrationsförderliche oder -hinderliche Abweichungen der Lernbegleiter*innen von den Programmanlagen aus. Das Integrationserleben ist insgesamt moderat ausgeprägt. Dies liegt auch konzeptionell in verkürzten Integrationszielen begründet (Mordhorst, unveröffentlicht). Hier wird die Notwendigkeit der vorgelegten theoretischen Differenzierung des Integrationsbegriffs und der Bedarf an gestaltungsbasierter Forschung zu diesen Hybriden deutlich.



Emotional-motivationale Studienvoraussetzungen und Studienerfolg während der Corona-Pandemie – Befunde einer Latenten Klassenanalyse

Laura, Schmidberger; Kögler, Kristina

Universität Stuttgart, Deutschland

Die Covid-19-Pandemie erforderte im Frühjahr 2020 eine Umstellung des hochschulischen Lehrbetriebs auf rein digitale Lehre. Für die Studierenden ging dies teils mit erheblichen emotional-motivationalen und selbstregulatorischen Herausforderungen einher (Schmidberger, Unger & Wacker 2022), die in gestiegene Förder- und Unterstützungsbedarfe mündeten. Da die Digitalisierung der Hochschulbildung bereits vor der Pandemie intensiv diskutiert wurde (Adedoyin & Soykan 2020), birgt der durch die Pandemie angestoßene Transformationsprozess die Chance der systematischen Überprüfung und Entwicklung der digitalen Lehre (Lehner & Volk 2018). Dabei spielen besonders Erkenntnisse bezüglich spezifischer Herausforderungen (Leimeister und David 2019) für Studierende mit heterogenen Studienvoraussetzungen eine Rolle. Denn es ist davon auszugehen, dass sich in Abhängigkeit der Interessen und Einstellungen divergierende Problemlagen mit Blick auf die Studierfähigkeit ergeben, die differenzierte Förderkonzepte erfordern.

Dieser Beitrag stellt die Frage, inwiefern sich Studierende ausgehend von ihren emotional-motivationalen Studienvoraussetzungen und Einstellungen systematisch unterscheiden und gruppieren lassen. Es wurde mit Daten von N = 2627 Studierenden aus einer studienbegleitenden Online-Befragung während des ersten Lockdowns eine latente Klassenanalyse durchgeführt. Ausgangspunkt für die Analyse sind die eingesetzten Standardskalen Studieninteresse, Selbststeuerungsfähigkeit sowie Einstellungen zur Arbeit mit IT und digitalen Medien. Nach dem Vergleich verschiedener Klassenlösungen erwies sich eine 3-Klassenlösung als am passendsten. Die Klassen unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich ihres Studieninteresses und ihrer Selbstregulationsfähigkeit, weniger hinsichtlich ihrer Einstellung zur Arbeit mit digitalen Medien.

In weiterführenden regressionsanalytischen Auswertungen werden sozio-demographische Eigenschaften der Studierenden miteinbezogen, um zu eruieren, ob etwa das Geschlecht oder das Studiensemester Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit der Zuteilung zur jeweiligen Klasse haben. Zudem wird untersucht, inwiefern die Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit dem Studienerfolg während des Lockdowns in Zusammenhang steht. Es wird erwartet, dass Studierende mit den günstigsten Studienvoraussetzungen den höchsten Studienerfolg erzielen. Die Ergebnisse geben Hinweise für die Entwicklung differenzierter Förder- und Unterstützungskonzepte.



Durchlässigkeit gestalten: Übergänge von Studienwechsler*innen in die FS-Technik

Zopff, Andreas

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland

Die Zahlen der Studienabbrecher*innen sind insbesondere in den ingenieurswissenschaftli- chen Fächern hoch. Im Wintersemester 2020/21 haben in Deutschland 45% der Studierenden im Bauingenieurswesen ihr Studium abgebrochen (vgl. destatis 2021). Der Verbleib dieser Per- sonen wird nur selten systematisch erhoben. Können diese Studienabbrecher*innen dafür mo- tiviert werden in technischen Berufen zu bleiben aber den Wechsel von der akademischen in die Berufliche Bildung zu vollziehen?

In einem Modellprojekt zur Durchlässigkeit zwischen der akademischen und beruflichen Bil- dung wird zur Zeit in Sachsen-Anhalt erprobt, wie Studienabbrecher*innen aus ingenieurswis- senschaftlichen Studiengängen für eine Ausbildung an den Fachschulen für Technik motiviert werden können und wie der Übergang für die Studierenden erfolgreich gestaltet werden kann. Ziele hierbei sind:

  • Studienabbrecher*innen mit Berufsausbildung und entsprechenden Studienleistungen aus den ingenieurswissenschaftlichen Studiengängen einen verkürzten Weg durch den Bil- dungsgang zu ermöglichen.

  • Konzeptentwicklung für eine kombinierte fachschulische und berufliche Ausbildung für Stu- dienabbrecher*innen ohne Berufsausbildung und entsprechenden Studienleistungen aus den ingenieurswissenschaftlichen Studiengängen einen verkürzten Weg durch beide Bil- dungsgänge zu ermöglichen.

    Zur Analyse der in der Praxis entwickelten Maßnahmen zur Aufnahme der Studienwechsler*in- nen in die Fachschule für Technik werden die vier Dimensionen der Durchlässigkeit nach Ban- scherus et al. (vgl. 2016) genutzt. Auf dieser Grundlage werden Leitfäden für narrative Inter- views entwickelt, die seit November 2022 mit bislang vier Studienwechsler*innen geführt wer- den. Sie schildern individuelle Beweggründe für einen Wechsel aus dem akademischen in das berufliche Bildungssystem.

    Auf der Sektionstagung werden die Ergebnisse aus der Analyse der Maßnahmen und aus der inhaltsanalytischen Bearbeitung der Interviews vorgestellt und erste Desiderate für weitere Forschungen mit Blick auf die Durchlässigkeit zwischen der beruflichen und akademischen Bildung formuliert.

    Banscherus, U.; Bernhard, N.; Graf, L. (2016): Durchlässigkeit als mehrdimensionale Aufgabe. Bedingungen für flexible Bildungsübergänge. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung.

    Destatis, Statistisches Bundesamt (2021): Studierende an Hochschulen - Fachserie 11 Reihe 4.1 - Wintersemester 2020/2021 nebst Anhang

 
13:00 - 14:30Session 5.3
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 160
Moderation der Sitzung: Axel Grimm
 

Augmented Reality am betrieblichen Lernort und Arbeitsplatz

Menzel, Mareike1; Wepner, Kim1; Schuster, Peter2; Jaschke, Steffen2; Riehle, Tamara3

1TU Dortmund, Deutschland; 2Universität Siegen; 3Universität Rostock

Augmented Reality (AR) wird aus vielfältigen Gründen zur Unterstützung in Lehr-Lern- und Arbeitsprozessen eingesetzt. Auf betrieblicher Seite wird ein erhebliches Potenzial gesehen z.B. die Möglichkeit, ungelernte und fachfremde Mitarbeitende mit verschiedene Kompetenzniveaus handlungsorientiert im Arbeitsprozess einzulernen. Der Erfolg von AR-Technologie in Lehr-Lernszenarien hängt dabei wesentlich von durchdachten, didaktischen Designs ab, deren Entwicklung noch wenig erforscht ist. An dieser Stelle setzt das Forschungsprojekt LAARA an, welches die Gestaltungskriterien des Lernens, Informierens und Agierens mit Augmented Reality im Arbeitsprozess untersucht. In dem Projekt werden einerseits die technologischen und ergonomischen Perspektiven und andererseits die mediendidaktischen und lernpsychologischen Perspektiven beleuchtet. Im Fokus des Projektes steht ein betriebsrelevanter Arbeitsprozess der Metallindustrie, das Rüsten einer Biegemaschine. Der Arbeitsplatz wird durch eine AR-Umgebung erweitert und kann so als Lernszenarios genutzt werden. Für das Projekt wurde von der komplexen Biegemaschine ein transportables Modell (Demonstrator) erstellt. Dieser Demonstrator ermöglicht die Durchführung aller relevanten Rüstschritte und kann flexibel in verschiedenen Bildungseinrichtungen eingesetzt werden. In der Studie erhalten, im Sinne des arbeitsprozessorientieren Lernens, die Proband*innen Lern- und Arbeitsaufgabe, die sie mit Hilfe der AR-Umgebung am Demonstrator ausführen. Mit qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden werden dem DBR-Ansatz folgend, förderliche und hemmende Kriterien – mit Blick auf den Tagungstitel – beim Einsatz von AR erhoben. Die Forschungsziele sind, die zentralen Parameter zu identifiziere, die einen Einfluss auf das Lernen, Informieren und Agieren am Arbeitsplatz im Kontext eines semi-virtuellen Raums haben und Kriterien für den lernförderlichen Einsatz in Betriebe, Berufskollegs und bei überbetriebliche Träger zu eruieren.



Arbeitsmarkt- und Berufsinformationen als Datenbasis für eine verbesserte Abstimmung zwischen Bildung und Beschäftigung. Ein Verfahren zur Entwicklung beruflicher Curricula.

Jepsen, Maik

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Wie kann die Curriculumentwicklung beruflicher Bildungsgänge mit Hilfe von Arbeitsmarkt- und Berufsinformationen der Bundesagentur für Arbeit unterstützt werden?

Mit der Untersuchung wird das Ziel verfolgt, das mögliche Potential der Daten im Rahmen der Curriculumentwicklung beruflicher Bildungsgänge aufzuzeigen. Ein Schwerpunkt liegt darin, geeignete Methoden zu erproben und in einem Verfahren zu arrangieren, um ausgewählte, grundlegende curriculare Fragestellungen im Rahmen der Entwicklung beruflicher Bildungsgänge zu erschließen.

Das in der Arbeit entwickelte Verfahren gliedert sich in verschiedene Einzelanalysen, die ausgewählte Fragestellungen im Rahmen einer Curriculumentwicklung bearbeiten. Kennzeichnend für das Verfahren ist der Datenzugang in Form einer Sekundäranalyse von Daten der Bundesagentur für Arbeit.

Das Methodenspektrum zur Analyse der Daten beinhaltet sowohl quantitative als auch qualitative Elemente, deren Anwendung einerseits von der Fragestellung sowie andererseits von der Art und Weise sowie der festgestellten Güte der zur Verfügung stehenden Daten abhängt. So werden beispielsweise Fragen nach dem möglichen Qualifikationsbedarf durch deskriptive Analysen diverser Arbeitsmarktstatistiken beantwortet.

Das Verfahren gliedert sich in drei Kernelemente. Es beginnt mit einer beruflichen Strukturanalyse für den zu untersuchenden Berufsbereich. Dieses Kernelement verdeutlicht den Zusammenhang der erwerbsberuflichen Struktur im Beschäftigungssystem und den sich darauf beziehenden beruflichen Qualifikationen des Bildungssystems.

Das zweite Kernelement widmet sich der Aufgabe, den zukünftigen Qualifikationsbedarf eines beruflichen Bereichs abzuschätzen. Die Zusammenführung verschiedener Untersuchungsindikatoren kann einen zukünftigen Arbeitskräftebedarf aufzeigen und die Notwendigkeit für entsprechende Bildungsgänge begründen.

Das dritte Kernelement zielt darauf ab, relevante berufliche Aufgabenfelder und die darin enthaltenen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt zu identifizieren. Für die exemplarisch untersuchte Gruppe von IKT-Berufen wird zudem eine übergeordnete Handlungslogik ersichtlich, in der sich die Aufgabenfelder verorten lassen.

Die Kernelemente des Verfahrens bieten auf verschiedenen Ebenen Anknüpfungspunkte zur Verbesserung der Curriculumentwicklung beruflicher Bildungsgänge. Die Erkenntnisse können Akteure in der Berufsbildungspraxis bei ihrer Arbeit unterstützen.

 
13:00 - 14:30Session 5.4
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 161
Moderation der Sitzung: Birgit Ziegler
 

Berufswahl zwischen Freiheit und Verantwortung – Berufswahlkompetenz als Schlüssel berufsbiografischer Gestaltung?

Freiling, Thomas; Kohl, Matthias; Steinmüller, Bastian; Krause, Christoph

Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Deutschland

Der Übergang Schule - Beruf ist für Jugendliche ein einschneidendes Erlebnis in doppelter Hinsicht: Sie selbst haben die Aufgabe, diesen Prozess zu planen und zu gestalten. Gleichzeitig bringen aktuelle Transformationsprozesse z. B. durch qualifizierten Fachkräftebedarf und Krisen persönliche und biografisch relevante Unsicherheiten mit sich. In dem Spannungsfeld wird dem Berufsorientierungsprozess eine besondere Verantwortung zuteil; bietet er Jugendlichen die Möglichkeit einer selbstgesteuerten Entwicklung für individuell fundierte Berufswahlentscheidungen. Gesellschaftlich wird die Verantwortung mit Blick auf dauerhafte Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt deutlich.

These des Vortrags ist, dass die Entwicklung der Berufswahlkompetenzen (Driesel-Lange et al. 2010) im Spannungsfeld individueller Gestaltung von Berufsbiografien und der Verantwortung im Umgang mit den benannten Herausforderungen für Jugendliche die Voraussetzung für einen erfolgreichen Übergang darstellt. Die Forschungsfragen zum Beitrag lauten: Durch welche BO-Maßnahmen werden zentrale Berufswahlkompetenzen inwieweit nachhaltig adressiert und welche Relevanz nehmen langfristig angelegte Berufsorientierungsangebote am Bsp. der „Frühausbildung“ ein?

Empirische Basis ist das durch das BMBF (InnoVET) geförderte Projekt „Allianz für berufliche Bildung in Ostbayern“ (ABBO), in dem u.a. das BO-Angebot der „Frühausbildung“ mit Fokus auf „Handlung“ und „Motivation“ als zentrale Berufswahlkompetenzen (Driesel-Lange et al. 2010) entwickelt und erprobt wird. Datenbasis sind Längsschnittdaten von Jugendlichen (n=30) diverser Schulformen, Erhebungsinstrument ist der „FBK-k“ (Dehne et al. 2020). Die empirischen Ergebnisse werden erstmalig vorgestellt. Der Beitrag verdeutlicht, dass die Vielzahl an BO-Angeboten der erkennbaren Profilierung mit Priorisierung der Berufswahldimensionen „Handlung“ und „Motivation“ bedarf. Insofern ergeben sich Implikationen auf die BO-Landschaft insgesamt.

Dehne, M., Kaak, S., Lipowski, K. & Kracke, B. (2020). Berufswahlkompetenz ökonomisch erfassen. In K. Driesel-Lange, U. Weyland & B. Ziegler (Hrsg.), Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik Beiheft: Bd. 30. Berufsorientierung in Bewegung: Themen, Erkenntnisse und Perspektiven (S. 81–106). Franz Steiner Verlag.

Driesel-Lange, K., Kracke, B., Holstein, J. & Hany, E. (2010). Berufs- und Studienorientierung: Erfolgreich zur Berufswahl ; ein Orientierungs- und Handlungsmodell für Thüringer Schulen. Nr. 165. Thillm.



Das Übergangssystem zwischen Verschlankung und neuer Ausdifferenzierung - Übergänge jenseits der Beruflichkeit

Schmidt, Christian

Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland

Berufsvorbereitende Maßnahmen des Übergangssystems stellen einen dauerhaft institutionalisierten Teilbereich des Berufsbildungssystems dar, der sich indirekt am Begriff der Beruflichkeit orientiert. Ziel der Maßnahmen ist in der Regel der Übergang in eine anerkannte Berufsausbildung. In den letzten ca. 15 Jahren ist die Entwicklung des Übergangssystems geprägt durch eine geringere Nachfrage nach Berufsvorbereitung und in vielen Bundesländern durch eine geplante sowie häufig auch realisierte Reduzierung des Angebots unterschiedlicher Maßnahmen und Schulformen (vgl. Christe 2013; Hessisches Kultusministerium 2013). Gleichzeitig sind durch Migrationsschübe neue Maßnahmeformen im Übergangssystem entstanden, welche programmatisch andere Akzente setzten als frühere Formen der Berufsvorbereitung (vgl. Hessisches Kultusministerium 2016).

Der Beitrag analysiert diese Entwicklung anhand verfügbarer Statistiken für das Bundesland Hessen und arbeitet die politischen Überlegungen hinter der Reduktion des „Maßnahmedschungels“ und der Einführung neuer Schulformen im Übergangssystem anhand einer Dokumentenanalyse heraus. Er geht in diesem Kontext auch auf Gruppen von Jugendlichen ein, die im Nachgang der Entwicklung des Berufsbildungssystems in der Corona-Krise nicht (mehr) im Übergangssystem verbleiben.

Der Beitrag interpretiert die Entwicklung als eine Ausweitung von Angebotsformen im Übergang ohne engen Bezug zur Beruflichkeit. Daher werden die Implikationen von Übergangswegen jenseits der Beruflichkeit für die Berufliche Bildung insgesamt diskutiert und eine veränderte Bedeutung des Übergangssystems im Nachgang der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Krise des dualen Systems herausgearbeitet (vgl. Maier 2021, S. 20ff.).

Literatur

Christe, G. (2013): Länderstrategien zur Reform des Übergangssystems. In: Die Deutsche Schule, 105, Heft 1, S. 66-85.

Hessisches Kultusministerium (2013): HKM-Programm zur Reform des Übergangssystems. Wiesbaden.

Hessisches Kultusministerium (2016): Hinweise für die Einrichtung von Intensivklassen an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen (InteA) in Hessen. Online: https://sts-ghrf-fritzlar.bildung.hessen.de/aktuell/hinweise_hkm_einrichtung_von_intensivklassen.pdf (14.04.2023)

Maier, T. (2021): Markiert die COVID-19-Krise einen Wendepunkt auf dem Ausbildungsstellenmarkt? In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 2, S: 20-24.



Freiheitsbeschränkende Stigmatisierungsprozesse beim Übergang Schule – Ausbildung: Wie selektive und allokative Mechanismen des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes soziale, arbeits- und bildungsbezogene Ungleichheit und -freiheit durch Stigmatisierung von Bildungssektoren und -abschlüssen reproduzieren

Buck, Pia

Universität Duisburg-Essen, Deutschland

In Folge der selektiven Bildungsexpansion sind die Ansprüche an Schulabschlüsse bei der Ausbildungsintegration gestiegen, sodass zunehmend mindestens mittlere Abschlüsse eine Voraussetzung für stabile und direkte Übergangsprozesse sind. Ein niedriger oder fehlender Abschluss führt deutlich häufiger zu fehlenden oder instabilen Bildungsanschlüssen, einem Verbleib als NEET oder dem Übertritt in den Übergangssektor. In Letzterem, einem aus diversen und häufig dysfunktionalen Maßnahmen bestehenden Konglomerat, werden Teilnehmende oft in einen verunsichernden Schwebezustand versetzt, bedingt durch einen ‚cooling out‘-Prozess, Selbst- und Fremdstigmatisierungen (Solga 2005). Teils können zwar Schulabschlüsse erworben werden, die als Faktor der Chancenverbesserung gelten, doch ist dies nicht die Regel: so bieten Einstiegsqualifizierungen erst gar keine Möglichkeit dazu und nur 11% der Teilnehmenden von berufsvorbereitenden Maßnahmen erwerben den ersten Abschluss; mittlere/höhere Abschlüsse sind nicht möglich (Beicht&Eberhard 2013). 40% der Jugendlichen gelingt kein Übergang in Ausbildung und sie verbleiben ohne diese (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018, 144), was häufig prekären Verläufe nach sich zieht. Doch auch niedrigqualifizierte Berufsabschlüsse garantieren immer weniger eine dauerhafte Existenzsicherung; gleichsam lässt ihre Attraktivität nach.

In diesem Beitrag sollen Strukturen von institutionalisierten Exklusionsmechanismen im Berufsbildungssystem aufgezeigt werden, indem Schlaglichter auf systemstrukturelle Barrieren und die Betroffenenperspektive geworfen werden. Basierend auf Schlussfolgerungen aus dem theoretischen und empirischen Stand sowie der eigenen rekonstruktiven Forschung werden angesichts des dringlichen Handlungsbedarfes, um Inklusivität und das (Fachkräfte)Potenzial (im Übergangssektor) zu heben sowie die NEET-Quote zu senken, Perspektiven aufgezeigt. Forschungsziel ist u. a. die Rekonstruktion von Deutungsmustern Teilnehmender berufsvorbereitender Maßnahmen zu Arbeit/Beruf und Ausbildung. Dazu wurden 10 problemzentrierte Interviews (Witzel&Reiter 2012) geführt, die angelehnt an die Grounded Theory (Clarke 2012; Strauss&Corbin 1996) ausgewertet wurden, wodurch subjektive Muster, Übergangsbarrieren, Stigmatisierungserfahrungen und Bewältigungsstrategien offengelegt wurden.

Neben Defiziten sollen Chancen und Ressourcen sowie die gefolgerten Handlungsperspektiven diskutiert werden, die ein institutionalisierter Übergang bieten kann.

 
13:00 - 14:30Session 5.5
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 165
Moderation der Sitzung: H.-Hugo Kremer
 

Der Stand der Nachhaltigkeit in Betrieben und betriebliche Kompetenzanforderungen im Rechnungswesen und Controlling. Ergebnisse eines systematischen Reviews.

Pargmann, Julia

Universität Hamburg, Deutschland

Nachhaltigkeit im Rechnungswesen und Controlling wurde bisher vor allem im Sinne der langfristigen Sicherung der Unternehmensexistenz verstanden. Unter anderem durch die Einführung der integrierten nicht-finanziellen Berichterstattung wird Nachhaltigkeit im Sinne des Drei-Säulen-Modells aber zunehmend auch als Bestandteil des Rechnungswesens und Controllings diskutiert (Meeh-Bunse & Luer, 2016; Osburg, 2013). Dies geschieht jedoch primär in separaten Nachhaltigkeitsmanagement- und Controllingabteilungen, statt integrativ verankert zu werden (Ghosh et al., 2019; Schaltegger, 2016). Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsbemühungen erfordert zudem entsprechend qualifizierte Mitarbeitende, sogenannte Change Agents, die den Wandel vorantreiben (bspw. Berding et al., 2020; Bliesner-Steckmann, 2018; Gallagher et al., 2020).

Der Diskurs über Nachhaltigkeit in Betrieben im Allgemeinen und im Rechnungswesen und Controlling im Speziellen ist unübersichtlich. Unklar ist auch, inwiefern Mitarbeitende als Change Agents für mehr Nachhaltigkeit im Rechnungswesen und Controlling gelten können und welche Kompetenzen sie dafür aus Sicht der Betriebe benötigen. Daher beschäftigt sich dieses Review mit der Frage: Wie ist der Stand der Nachhaltigkeit in Betrieben und welche Anforderungen stellen diese an die Kompetenzen der Mitarbeitenden im Rechnungswesen und Controlling? Zur Beantwortung wird ein systematisches Review mit ca. n=120 Publikationen durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet.

Im Ergebnis wird es Hinweise darauf geben, a) wie Unternehmen Nachhaltigkeit einordnen, b) ob und wie sie sie in ihre Wertschöpfungsprozesse integrieren und c) wie relevant das Rechnungswesen und Controlling für diese Entwicklungen sind. Um die Rolle der Mitarbeitenden einordnen zu können, werden die betrieblichen Kompetenzanforderungen analysiert, die benötigt werden, um Mitarbeitende im Rechnungswesen und Controlling handlungsfähig in nachhaltigkeitsorientierten Tätigkeiten und damit zu Change Agents zu machen.

Konkret können Implikationen für Veränderungen in Curricula mit Rechnungswesen- und Controllingbezug abgeleitet werden, sowie Information darüber, inwiefern Mitarbeitende im Rechnungswesen und Controlling die Rolle der Change Agents einnehmen (müssen) und welchen Kompetenzansprüchen Mitarbeitende zukünftig gerecht werden müssen.



Professionelles mathematische Fachwissen von angehenden Wirtschaftspädagog*innen im Bereich der Prozentrechnung

Bradtke, Niclas; Borromeo Ferri, Rita

Universität Kassel, Deutschland

Angehende Wirtschaftspädagog*innen erhalten während ihres Studiums keine berufsspezifische Ausbildung in der Mathematik. Demnach ist es fraglich, ob Wirtschaftspädagog*innen im Unterricht auf die bekannten Defizite ihrer Berufsschüler*innen (Seeber 2013, Stork 2021) eingehen können. In Anlehnung an COACTIV wird erwartet, dass es zum professionellen mathematischen Fachwissen angehender Wirtschaftspädagog*innen gehört, die Aufgaben der Berufsschule selbst lösen zu können (Baumert & Kunter 2011). Bislang mangelt es an empirischer Evidenz zum mathematischen Fachwissen von Studierenden der Wirtschaftspädagogik. Als Forschungsfrage ergibt sich: Welches professionelle mathematische Fachwissen zeigen Wirtschaftspädagog*innen bei der Bearbeitung von Textaufgaben im Bereich der Prozentrechnung. In einem quantitativen Studiendesign wurde ein online Leistungstest entwickelt und in Unipark eingestellt. Vom Wintersemester 2022/2023 bis Sommersemester 2023 fanden an verschiedenen deutschen Universitäten Erhebungen statt. An der Studie nahmen 81 angehende Wirtschaftspädagog*innen bis zum Stand April 2023 teil. Sie bearbeiteten in Vorlesungen und teilweise von zuhause aus 11 Textaufgaben zur Prozentrechnung. Erste Ergebnisse zeigen, dass im Schnitt 65% der angehenden Wirtschaftspädagog*innen eine Prozentrechenaufgabe zum Zinseszinseffekt lösen konnten. Diese Ergebnisse deuten auf Defizite in grundlegenden mathematischen Kenntnissen hin. Sie bestärken die Forderung, das kaufmännische Rechnen in der Lehrer*innenbildung von Wirtschaftspädagog*innen mehr zu fördern.

Literaturverzeichnis

Baumert, J. & Kunter, M. (2011). Das mathematikspezifische Wissen von Lehrkräften, kognitive Aktivierung im Unterricht und Lernfortschritte von Schülerinnen und Schülern. In M. Kunter, J. Baumert & W. Blum (Hrsg.), Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV (S. 163–192). Waxmann.

Seeber, S. (2013). Berufsspezifische Fachleistungen in ausgewählten Berufen des Be-reichs Wirtschaft und Verwaltung am Ende der Berufsausbildung. In R. Lehmann & S. Seeber (Hrsg.), ULME III (S.151–227). Waxmann.

Stork, J. H. (2021). Die Förderung von mathematischen und kaufmännischen Kompetenzen im beruflichen Unterricht am Beispiel des Ausbildungsberufs Kaufmann/- frau im Einzelhandel und Verkäufer/in. Universität Paderborn



Adaption und Validierung eines Messinstruments zur Erfassung von finanziellem Grundwissen von Schüler/innen und Jugendlichen

Kraitzek, Andreas; Förster, Manuel

Technische Universität München, Deutschland

Wissen über wesentliche Inhaltsbereiche der persönlichen Finanzthematik (z.B. Einkommen, Versicherungen, Sparen, Investitionen, Kreditnutzung) ist die notwendige Voraussetzung zum Erwerb von Finanzkompetenz. Viele existierende Instrumente zur Messung von Finanzwissen richten sich dabei an die Zielgruppe von Erwachsenen oder an Lernende höherer Niveaustufen. Instrumente für jüngere Schüler/innen oder Lernende mit mittlerem Bildungsniveau sind rar und bedürfen gezielter Entwicklung. Unser Beitrag geht daher der Frage nach, wie ein zielgruppenspezifisches Messinstrument für finanzielles Grundwissen zu konzipieren ist. Als Orientierung dient dabei der amerikanische Test of Financial Knowledge (Walstad & Rebeck, 2018), der nach Prinzipien der Testübersetzung (TRAPD) (Harkness, 2003) und den Test Adaptation Guidelines (TAGs) (Hambleton, 2001) ins Deutsche adaptiert und inhaltlich an kulturelle Rahmenbedingungen angepasst wurde. In einem mehrschrittigen Entwicklungsprozess mussten einzelne Fragen eliminiert und andere angepasst oder neuentwickelt werden, so dass die finale deutsche Version des TFK 34 Items umfasst. Zur Überprüfung der Eignung des geänderten Fragebogens wurde dieser TFK-G in Schulstudien mit insgesamt N=160 Schüler/innen in verschiedenen Schulformen an berufsbildenden Schulen in Bayern validiert und ausgewertet. Analysen mittels klassischer Testtheorie (Schwierigkeitsindizes, Trennschärfe-Analysen, Dimensionalität) und Item-Response-Theorie (Rasch-Modellierung) zeigen gute psychometrische Eigenschaften des Instruments auf. Untersuchungsergebnisse, welche die erreichte Punktzahl ins Verhältnis zu soziodemografischen Variablen setzen, sind erwartungskonform. Dies lässt vermuten, dass es sich beim TFK-G um ein valides Instrument zur Erfassung von finanziellem Grundwissen bei Jugendlichen mit mittlerem Bildungsniveau handelt. Der Test scheint gut geeignet zu sein, um Wissenslücken und Fehlkonzepte bzgl. spezifischen Finanzinhalten bei den Schüler/innen zu identifizieren, die in Zukunft mit gezielten Bildungsinterventionen adressiert werden sollten. In der Präsentation werden der Adaptionsprozess und die Ergebnisse der empirischen Validierung berichtet. Limitationen und daraus resultierende notwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Erfassung und Förderung der persönlichen Finanzkompetenz von Jugendlichen werden aufgezeigt.

 
13:00 - 14:30Session 5.6
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166
Moderation der Sitzung: Wolfgang von Gahlen-Hoops
 

Herausforderungen der beruflichen Praxis aus der Perspektive von Auszubildenden der Physiotherapie – ein Beitrag zu der Entwicklung situations- und handlungsorientierter Curricula

Coppers, Anna; Struck, Philipp

Katholische Hochschule Mainz, Deutschland

Fragestellung
Für die Anbahnung berufsrelevanter Kompetenzen wird in der berufswissenschaftlichen Qualifikationsforschung, die Untersuchungen der beruflichen Realität als notwendige Grundlage der Entwicklung von Curricula gesehen (Becker & Spöttl, 2006). Vor diesem Hintergrund erfasst diese Erhebung erstmals Herausforderungen der physiotherapeutischen Tätigkeit aus der Perspektive von Auszubildenden.

Theoretische Verortung
Die empirische Erhebung kritischer Ereignisse (Critical Incidents) nach Flanagan (1954) wird für die Curriculumentwicklung in der Pflege bereits genutzt, um Handlungssituationen zu ermitteln, die berufstypische Problemsituationen abbilden (Spürk, 2021; Muths & Darmann-Finck, 2019). Da auch in der internationalen, physiotherapeutischen Berufsbildungsforschung, die Erhebung von Critical Incidents schon lange eingesetzt (Beenhakker, 1980; Robson & Kitchen, 2007) wird, soll dieser Ansatz nun für die Ausbildung in der Physiotherapie in Deutschland erstmalig adaptiert werden.

Methodischer Zugang
An sechs Physiotherapieschulen wurden 49 Auszubildende (Durchschnittsalter: 23 Jahre, 65% weiblich) im letzten Jahr, mit Hilfe eines digitalen, offenen Fragebogens sowie mit teilstrukturierten Interviews zu ihrem letzten Praktikumseinsatz befragt.
Erfasst wurden nachhaltig positiv oder negativ in Erinnerung gebliebene, kritische bzw. herausfordernde Ereignisse in der physiotherapeutischen Tätigkeit (Norman et al., 1992), die mit der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz und Rädiker (2022) ausgewertet wurden.

Ergebnisse
Von den 58 ausgewerteten Ereignissen, fanden die meisten im stationären Setting (85%) im Patientenkontakt (81%) statt. Es ließen sich induktiv drei Handlungsfelder mit spezifischen Herausforderungen ableiten: Interaktion (n=35), therapeutisches Handeln (n=22) sowie emotionale Belastungen (n=15).
Das bedeutet, dass Lernsituationen in der Lehre, neben dem therapeutischen Handeln auch die Interaktion als zentrales Element der therapeutischen Tätigkeit sowie den Umgang mit emotionalen Belastungen aufgreifen sollten, um Auszubildende auf die komplexen Anforderungen in der Praxis vorzubereiten.

Relevante/mögliche Implikationen
Diese Erhebung erfasst erstmals berufstypische Handlungsprobleme aus der Perspektive von Auszubildenden der Physiotherapie. Die generierten Erkenntnisse bieten Anregungen für die Entwicklung situations- und handlungsorientierter Curricula als auch eine Grundlage für weiterführende Forschungsarbeiten.



Die Qualität von Gruppendiskussionen zu ethischen Konflikten im Beruf – Ergebnisse einer Interventionsstudie zu VaKE im digitalen Setting

Siegfried, Christin1; Heinrichs, Karin2; Weinberger, Alfred3

1Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Oberösterreich Linz, Österreich; 3Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz, Österreich

In der beruflichen Domäne der Pflege und Sozialbetreuung werden ethische Kompetenzen im Umgang mit berufsspezifischen Belastungssituationen als notwendige Facette beruflicher Handlungskompetenz gefordert (Heffels & Storm 2021, S. 12; Wittmann, Weyland & Warwas 2020). Es stellt sich die Frage, ob und inwiefern die schulische Ausbildung einen Beitrag dazu leisten kann, diese ethischen Kompetenzen zu fördern. Die Unterrichtskonzeption VaKE (Values and Knowledge Education) hat sich als konstruktivistisches Lehr-Lern-Setting im Kontext beruflicher Bildung bewährt, um Fachwissen und die moralische Urteilsfähigkeit zu fördern (Weinberger, 2006; Weinberger & Freiwein, 2019). Unklar ist allerdings ist der Beitrag der in VaKE integrierten Gruppendiskussion zur Kompetenzförderung.

In diesem Beitrag wird eine Interventionsstudie vorgestellt, in der VaKE an einer beruflichen Schule für Pflege und Sozialbetreuung in Österreich durchgeführt wurde. 41 Ausbildungsteilnehmer:innen wurden im Rahmen einer Projekttages über Fernlehre in zwei Gruppen von ca. 20 Personen via Zoom mit selbst entwickelten berufsspezifischen Dilemmata konfrontiert, deren potentiellen Lösungen sie in Kleingruppen von je 4-5 Lernenden diskutierten. Diese Gruppendiskussionen (N=9) wurden videographiert, die Gespräche transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse bzgl. der Qualität der individuellen Beiträge und der Gesamtdiskussionen (Siegfried & Heinrichs, 2020) untersucht. Zudem wurde mithilfe induktiv entwickelter Kategorien analysiert, inwiefern es den Gruppen gelang, verschiedene Handlungsoptionen zu entwickeln und mit Rekurs auf fachliche und moralische Argumente zu begründen.

Die Ergebnisse zeigen, dass es den meisten Lernenden gelingt, ihr Fachwissen über den Interventionszeitraum anzureichern (T(30)=2,218, p=.034). In den Gruppendiskussionen war ein Großteil der Gespräche der Suche nach der adäquaten Handlung gewidmet (ca. 70%). Den Lernenden aber fiel es schwer, ihre Überlegungen begründet darzulegen (57% der Äußerungen sind nicht elaboriert). Die elaborierten Beiträge werden aber genutzt, um unter Berücksichtigung des im Rahmen von VaKE erworbenen Wissens gemeinsam Handlungspläne zum adäquaten Umgang mit dem Dilemma zu entwickeln und individuelle Handlungspräferenzen auch moralisch zu reflektieren. Gruppenmitglieder, die Handlungsoptionen ethisch begründen und elaborieren, profitieren in ihrem Fachwissenserwerb und der Attribution positiver Emotionen mit der moralischen Entscheidung.



Rezeption der Rahmenpläne für die Pflegeausbildung an Pflegeschulen und Praxiseinrichtungen

Wesselborg, Bärbel; Wiedemann, Regina; Kuske, Silke; Bartoszek, Gabriele; Stephan, Astrid

Fliedner Fachhochschule, Deutschland

Hintergrund: Zur Umsetzung des generalistisch ausgerichteten Pflegeberufegesetz (PflBG, 2017) und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV, 2018) entwickelte eine Fachkommission erstmals empfehlende Rahmenpläne (§ 53 PflBG). Diese dienen Pflegeschulen und Praxiseinrichtungen zur Erstellung aufeinander abgestimmter Curricula und Ausbildungspläne (§ 6 Abs. 2 und 3 PflBG).

Fragestellung: Zur Erforschung des Transfers der Rahmenpläne in die ausbildungsrelevanten Unterlagen wurde auf Initiative der Fachkommission vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) eine Studie (01/2022 - 02/2023) in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sollen der Aktualisierung der Rahmenpläne dienen, die alle fünf Jahre vorgesehen ist (§ 53 Abs. 2 PflBG).

Theoretische Verortung: Die Studie berücksichtigt Modelle der Implementierungsforschung: erfolgreiche Transferprozesse im Bildungsbereich sind von multidimensionalen Faktoren abhängig wie z.B. der Kooperationen im Kollegium oder der Unterstützung durch die Schulleitung (u.a. Gräsel, 2006).

Methodischer Zugang: Die Studie wurde an Pflegeschulen (n = 16) und kooperierenden Praxiseinrichtungen in fünf Bundesländern durchgeführt. In leitfadengestützten Interviews (n = 36) wurden die Perspektiven des schulischen und betrieblichen Bildungspersonals erhoben und qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet. Weiterhin erfolgten Dokumentenanalysen der schulinternen Curricula (n = 15) und Unterlagen der praktischen Ausbildung (n = 16).

Ergebnisse: Das schulische Bildungspersonal orientierte sich bei der Curriculumentwicklung überwiegend an dem Rahmenlehrplan. Als herausfordernd werden der als hoch empfundene Abstraktionsgrad der Kompetenzen und der Umfang der Rahmenpläne beschrieben. Die Einführung von betrieblichen Ausbildungsplänen verläuft noch stockend. In Teilen haben die Praxiseinrichtungen noch keine betrieblichen Ausbildungspläne erstellt; häufig wird berichtet, dass die Erstellung von Pflegeschulen übernommen wird. Als hilfreich für den Transfer der Rahmenpläne bei der Entwicklung der neuen Ausbildungsunterlagen erwiesen sich zeitliche Ressourcen und Möglichkeiten der Fortbildung.

Implikationen: Weitere Unterstützungsleistungen, wie Fortbildungen, sind notwendig, um den Transfer der Rahmenpläne in die pflegeberuflichen Ausbildungsunterlagen zu ermöglichen.

Gräsel, C. (2010). Stichwort: Transfer und Transferforschung im Bildungsbereich. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 13 (1), 7-20.

 
13:00 - 14:30Session 5.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Georg Tafner
 

Vorstellung eines Trainings zur Förderung des selbstregulierten unternehmerischen Lernens in der Entrepreneurship-Education

Büker, Ronja1; Fahrbach, Manuel2; Jenert, Tobias1

1Universität Paderborn, Deutschland; 2Universität St. Gallen, Schweiz

Theoretische Verortung

Entrepreneurship Education (EE) erfährt im deutschsprachigen Raum seit einigen Jahren große Aufmerksamkeit (z.B.Fueglistaller et al. 2019; Halbfas/Liszt-Rohlf 2019; Feuchter 2021). Dabei wird EE häufig als Lösung zur Bewältigung unternehmerischer Herausforderungen angesehen (Riebenbauer et al. 2018). Es bleibt jedoch offen, wie EE gestaltet sein sollte, um angehende Unternehmer*innen auf dynamische Veränderungen durch z.B. Globalisierung und Digitalisierung vorzubereiten (Winkler 2013). Bisher konzentriert sich EE vermehrt auf die Gründungslehre (Bijedic 2019) und weniger auf psychologische Aspekte wie z.B. effektives Lernen oder die Regulierung der eigenen Motivation (Gielnik et al., 2015). Angelehnt an das Konzept der Selbstregulation (SR) wurde in einem internationalen Forschungsprojekt ein Workshop entwickelt, der angehende Unternehmer*innen unterstützt aktuelle Herausforderungen gezielt anzugehen und erfolgreich zu bewältigen. Die Entwicklung von unternehmerischem Denken und Handeln sollte nicht allein auf die Gründung eines Unternehmens begrenzt werden, sondern neben Fachwissen auch Selbstkompetenzen adressieren (Schlömer 2017).

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es didaktische Gestaltungselemente zu identifizieren, die zur Steigerung der SR führen. Als theoretisches Rahmenmodell wird dazu das etablierte Konzept der SR von Zimmerman (2002) genutzt, welches SR in den Dimensionen Kognition, Motivation und Metakognition unterscheidet.

Methode

Um potenzielle Effekte in Bezug auf die Steigerung der SR-Fähigkeiten zu untersuchen, wurden Workshops mit quasi-experimentellem Pre-/Post-Design durchgeführt. Die Fragebögen enthielten dabei neben Skalen zur SR (Bellwald et al. 2023) auch Fragen zur Sicherstellung der Sample-Vergleichbarkeit. Zusätzlich wurden die Effekte mithilfe von zwei Vergleichsgruppen kontrolliert (VG1: N=11; VG2 N=16).

Erste Ergebnisse

Mit T-Tests wird gezeigt, dass nur in der Treatmentgruppe (N=32) signifikante mittlere bis große Effektstärken in allen SR-Dimensionen vorhanden sind. Beide Vergleichsgruppen bleiben trotz einer methodisch ähnlich gestalteten Dummy-Intervention auf demselben SR-Niveau. Es zeigt sich, dass die Wirksamkeit der Intervention insbesondere von der Art der Problemstellung abhängt, welche die Unternehmer*innen im Workshop bearbeiten. Je nach Zielgruppe erwiesen sich Start-up bezogene oder auf die Person der/des Unternehmers*in bezogene Probleme als effektförderlich.



Open Educational Resources zur Förderung nachhaltiger Bildung und Wirtschaft

Schneider, Jennifer

Universität Paderborn, Deutschland

Fragestellung:

  • Worin besteht das OER- Problem?
  • Wieso muss es überwunden werden um nachhaltige Bildung zu gewährleisten?
  • Wie können durch OER Geschäftsmodelle auf nachhaltige Weise innoviert werden?

Herausforderungen und Lösungsansätze:

Open Educational Resources (OER), werden in der Berufsbildung heute noch kaum genutzt, obwohl die frei lizenzierten Bildungsressourcen (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission 2022) die Chancengleichheit erhöhen, individuelle Anpassungen der Materialien ermöglichen, die Aktualität und Qualität der Materialien, z. B. durch kollaborative Arbeitsprozesse, verbessern und Synergieeffekte zwischen Schulen und Unternehmen fördern (vgl. Creative Commons 2023; vgl. Schneider 2023, 104ff.; vgl. Vereinte Nationen 2023). Zugleich kann lebenslanges Lernen ohne, oder mit nur geringen Einschränkungen, je nach gewählter freier Lizenz, ermöglicht werden (vgl. Ebd.). Trotz der positiv zu bewertenden Ausgangslage von OER besteht eine Diskrepanz zwischen den Chancen und der tatsächlichen Nutzung.

Hier liegt das Problem!

Die Herausforderung besteht nun darin, Anreize für die Erstellung und Teilung von OER in der Berufsbildungslandschaft zu schaffen!

Erst im Juli 2022 machte das veröffentlichte OER-Strategiepapier auf genau diese Problematik aufmerksam und forderte die Entwicklung eines „Anreizsystems zur Erstellung und Nutzung von OER“ (BMBF 2022, S. 6). Die Notwendigkeit eines solchen OER- Anreizsystems wurde bereits vor Veröffentlichung erkannt und entwickelt (vgl. Schneider 2023, S. 314ff.).

Darüber hinaus müssen OER-Konzepte in Geschäftsmodelle integriert werden. Kleine wie große Unternehmen müssen die Potenziale des Wissensaustauschs durch OER erkennen und sich ihrer Verantwortung für die Förderung freier, chancengleicher Bildung bewusst werden.

Theoretische Verortung:

  • Rubikon- Modell der Handlungsphasen (vgl. Heckhausen, H. / Gollwitzer, P. M. 1987)
  • Anreizmodell zur Förderung der Erstellung und Teilung von OER (vgl. Schneider 2023)
  • St. Galler Business Modell Navigator (vgl. Gassmann et al. 2013)

Mixed-Methods- Design:

  • QUAL Leitfadeninterviews
  • QUAN Delphi- Studie

Ergebnis:

  • OER- Anreizmodell (vgl. Schneider 2023, S. 104ff.)
  • Relevanz von OER für lebenslanges Lernen, Gleichberechtigung & Nachhaltigkeit
  • Anknüpfpunkte von OER in bestehende & neue Geschäftsmodelle

Relevante Implikation:

  • Förderung von OER- Anreizsystemen
  • OER in Lehrkräfteausbildung
  • Stärkung: OER- Community
  • Ausbau: Synergien Schule – Betrieb
  • Sensibilisierung: OER- Geschäftsmodelle
 
13:00 - 14:30Symposien/Foren 5.1
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 162
Moderation der Sitzung: Hannes Saas
Moderation der Sitzung: Juliana Schlicht
 

Berufsübergreifende Förderung nachhaltigkeitsbezogener Kompetenzen mittels Zukunftswerkstätten zur Mitgestaltung der Energiewende

Chair(s): Saas, Hannes (Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, Deutschland), Schlicht, Juliana (Pädagogische Hochschule Freiburg)

DiskutantIn(nen): Happ, Roland (Universität Leipzig)

 

Beiträge des Symposiums

 

Curricular-inhaltliche, didaktisch-methodische und mediale Ausgestaltung einer Zukunftswerkstatt – ein Ein- und Überblick

Schlicht, Juliana, Adam, Johanna, Karbach, Vera, Maier, Mechthild, Jandl, Michelle, Schwehm, Franziska, Polsfuß, Sonja
Pädagogische Hochschule Freiburg

 

Evaluativ-konstruktive Entwicklung einer Zukunftswerkstatt für Fachkräfte der Energiewirtschaft (ZFE) – zum methodologischen Vorgehen

Schlicht, Juliana, Adam, Johanna, Karbach, Vera, Maier, Mechthild, Jandl, Michelle, Schwehm, Franziska, Polsfuß, Sonja
Pädagogische Hochschule Freiburg

 

Ein digital gestütztes Trainingstool zur Förderung nachhaltigkeitsbezogener Kompetenzen des Berufsbildungspersonals in den Handlungsfeldern der Energiewende

Saas, Hannes, Martin de los Santos Kleinz, Lisa
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, Deutschland

 
13:00 - 14:30Symposien/Foren 5.2
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 163
Moderation der Sitzung: Silke Lange
Moderation der Sitzung: Carolin Lohse
 

Quereinstiege in das Lehramtsstudium für berufliche Schulen – Modelle und Perspektiven

Lohse, Carolin1; Schulze, Peter2; Koerber, Rolf2; Lange, Silke3; Porcher, Christoph3; Trampe, Kristina3; Geisler, Tobias4

1TU Berlin, Deutschland; 2TU Dresden, Deutschland; 3Universität Osnabrück, Deutschland; 4Uni Jena

Das berufliche Lehramt ist seit jeher vom Mangel an ausgebildeten Nachwuchskräften geprägt, das gilt vor allem für die gewerblich-technischen beruflichen Fachrichtungen. In der Gesellschaft wird das Thema Lehrkräftemangel aktuell prominent diskutiert, die Lage an den berufsbildenden Schulen ist zunehmend prekär. Die ausbildenden Hochschulen stehen vor den Herausforderungen, einerseits eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu gewährleisten, andererseits die Zahl der Studienabsolvent*innen im beruflichen Lehramt zu erhöhen. Ein Weg, um (mehr) Studierende für das berufliche Lehramtsstudium zu gewinnen, sind die sogenannten Studien-Quereinstiegsmodelle, die es ermöglichen, nach einem bereits abgeschlossenen Monostudiengang in das berufliche Lehramtsstudium einzusteigen. Hierfür haben sich – neben unterschiedlichen Bezeichnungen – bundesweit verschiedene Modelle etabliert. Im Forum sollen diese Quereinstiegsmodelle in den Blick genommen werden.

Das Forum zielt darauf ab, den Austausch über den Quereinstieg in das berufliche Lehramtsstudium anzuregen und insbesondere die Chancen und Herausforderungen dieser Studienmodelle zu diskutieren. Dabei sollen sowohl die Studienmodelle selbst als auch die Studierendenschaft, die sich für diese Studienmodelle entscheidet, in den Blick genommen werden.

Programm des Forums:

Einführung
(Silke Lange, Uni Osnabrück)

Typologie der beruflichen Lehramtsstudiengänge
(Christoph Porcher & Kristina Trampe, Uni Osnabrück)

Quereinstiegsmodelle in das berufliche Lehramtsstudium
(Carolin Lohse, TU Berlin; Martin Hartmann, TU Dresden; Silke Lange, Uni Osnabrück)

Austausch & Diskussion
(Tobias Geisler, Uni Jena)

Ausblick
(Carolin Lohse, TU Berlin)

 
13:00 - 14:30Symposien/Foren 5.3
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 009
Moderation der Sitzung: Birgit Peuker
Moderation der Sitzung: Alexandra Brutzer
 

Robotik und KI im Gastgewerbe – Sensibilisierung für Potentiale der Nachhaltigkeit und der Fachkräftesicherung im Kontext von Rationalisierungsängsten Betroffener

Brutzer, Alexandra2; Gitter, Markus1; Peuker, Birgit1; Vollmer, Simon1

1Europa-Universität Flensburg, Deutschland; 2Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Das Forum „Robotik und KI im service-orientierten Gastgewerbe“ beleuchtet einerseits verschieden Anwendungsbereiche der Service-/Hygiene-/Zubereitungs-Robotik und zeigt detaillierte Praxiseinblicke in Betriebe, die Robotik und KI einsetzen, um so Einsatzszenarien darzustellen und Konsequenzen für die Bildungsprozesse darzulegen. Darüber hinaus werden die Potentiale von Robotik und KI im Gastgewerbe für die Fachkräfteentlastung und Effizienzsteigerung betrieblicher Abläufe beleuchtet. Andererseits werden auch Grenzen der Robotik in der Interaktion mit Menschen aufgezeigt, die einen reflektierten Umgang von Fachkräften und Betriebsleitungen mit Robotik erfordern.

In der moderierten Diskussionsrunde (unter Beteiligung von Akteur:innen aus der Forschung, des Gastgewerbes, des Robotikvertriebs sowie der Lehrerausbildung und der Fachkräfteweiterbildung) werden die Befürchtungen von Fachkräften sowie die Technologiebegeisterung von Betriebsleitungen als mögliche Reaktionen auf die Einführung von Robotern im Gastgewerbe diskutiert und unter Nachhaltigkeitsaspekten analysiert.

 
13:00 - 14:30Verweilcafé
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 067
14:30Verabschiedung/Abreise
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Foyer

 
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