Veranstaltungsprogramm der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2023

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session YR 2.3
Zeit:
Mittwoch, 06.09.2023:
14:45 - 16:45

Moderation der Sitzung: Matthias Vonken
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 066

Kapazität: 60 Personen

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Präsentationen

Kreatives Handeln in der beruflichen Bildung – Was braucht es an Intention, Freiheit oder Zufall?

König-Wendel, Jeanette

Universität Erfurt, Fachgebiet Berufspädagogik und Weiterbildung Deutschland

Kreativität begegnet uns in der alltäglichen Wortverwendung z.B. für Zuschreibungen für Subjekte, Organisationen oder Praktiken im Arbeitsalltag in Bedeutung von etwas Neuem, Einzigartigem (Beyes; Metelmann 2018, 9). Nach Joas (2016, 638) beinhaltet eine Erfassung des Verständnisses von Kreativität weitaus mehr. Seiner Grundidee nach, erwächst Kreativität aus „problematischen“ (beruflichen) Handlungssituationen. Hinsichtlich entscheidender Situationsbestandteile und eigener möglicher Handlungsimpulse stellt Rezeptivität dafür eine bedeutende Bedingung dar. Er spricht von einem dynamischen Modell kreativen Handelns im Interaktionismus. Vergleichbar argumentiert auch Luhmann, dass im Entstehen der Systemtheorie Kreativität bereits Berücksichtigung findet und aus etwas „Neuem“ besteht, was sich nicht auf „wiederholbare Ursachenketten“ zurückführen lässt (Luhmann 1995, 115). Doch welches Verständnis von kreativem Handeln liegt in der beruflichen Bildung vor? Welche Bedeutung wird dem beigemessen? In Anlehnung an die Fotobefragung nach Wuggenig (1990, 109) dienen Fotos von Akteuren aus ihrem beruflichen Alltag als Impuls, ihr kreatives Handeln in narrativen Interviews zu erläutern (Schütze, 1983). Die Auswertung erfolgt mit der Narrationsanalyse nach Schütze.
Bisherige Ergebnisse sind theoriebasierte Aussagen zum Verständnis kreativen Handelns in der beruflichen Bildung, sowie weitere Sichtweisen auf bspw. die Bedeutung von Freiheit oder die Rolle des Zufalls, bis zum Imperativ, kreativ zu sein.
Gewünschter Kreativität steht eine curriculare sowie didaktische Bescheidenheit diverser Ausbildungsordnungen für Berufe gegenüber, welcher durch mögliche Grundzüge einer Didaktik des kreativen Handelns in der beruflichen Bildung begegnet werden könnte.
Literaturverzeichnis
Beyes, T.; Metelmann, J. (Hg.) (2018): Der Kreativitätskomplex. Bielefeld: transcript Verlag.
Joas, H. (2016): Situierte Kreativität. Ein Ausweg aus der Sackgasse der Heidegger-Cassirer-Debatte. In: DZPhil (64(4)), S. 635–643.
Luhmann, N. (1995): Das Risiko der Gesellschaft. In: Zeitschrift für Wissenschaftsforschung 9 (10), S. 107–119.
Schütze, F. (1983): Biographieforschung und narratives Interview. Mannheim
Wuggenig, U. (1990): Die Photobefragung als produktives Verfahren. In: Angewandte Sozialforschung (16), S. 109 –111



Zur Genese der Teilzeitberufsausbildung

Hawel, Jacob

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Mit der Verankerung in das Berufsbildungsgesetz im Jahr 2005 bekam die Teilzeitberufsausbildung zum ersten Mal eine rechtliche Grundlage. Ein starres Zeitregime bestimmte bis in die 2000er Jahre hinein die bundesdeutsche Berufsausbildung, in dem die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit auf eine Ausbildung in Vollzeit ausgelegt war. Maßnahmen zur Flexibilisierung konnten zwar getroffen werden, dabei handelte es sich aber lediglich um individuelle Vereinbarungen zwischen Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden. Im Zuge der Arbeitsmarktreformen zu Beginn des Jahrtausends rückte das Konzept der Teilzeitarbeit mehr und mehr in den Fokus der Wirtschaft und der Politik und gewann gleichzeitig an gesellschaftlichem Ansehen. Untersuchungen zur hohen Jugendarbeitslosigkeit in den 1990er Jahren durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft sowie das Bundesinstitut für Berufsbildung zeigten auf, dass unter den 20- bis 25-jährigen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ein nicht unerheblicher Anteil junge Frauen mit Kindern darstellten. Frühe Mutterschaft galt noch als Tabu, weshalb den Frauen mit Vorurteilen und Skepsis begegnet wurde, wodurch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich verringert wurden.

Mit dem Forschungsvorhaben soll die Genese der Teilzeitberufsausbildung nachgezeichnet werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse politischer Diskurse zu der Ausbildung in Teilzeit. Die Grundlage der Daten bilden Dokumente des Bundestags, Bundesrats und der Landtage. Weitere Dokumente stützen die Untersuchungsergebnisse. Anhand der Datenanalyse sollen die Entwicklungen und Prozesse herausgearbeitet werden, die schließlich zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2005 mit dem Fokus auf die Aufnahme der Teilzeitberufsausbildung führten. Neben dem historischen Auftrag werden durch die Untersuchung Fragen zum Thema Gleichberechtigung und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern aufgeworfen und im Kontext des Vorhabens bearbeitet. So wird auch in Frage gestellt, warum ein berechtigtes Interesse[1] zwingend notwendig war und welche (tradierten) gesellschaftlichen Normen zur Geschlechterfrage Einfluss auf die Gestaltung des Ausbildungskonzepts hatten.


[1] Nur wer eigene Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen hatte, galt als berechtigt für eine Teilzeitberufsausbildung (Empfehlung 129, HA BIBB).



 
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