Veranstaltungsprogramm der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2023

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 3.6
Zeit:
Donnerstag, 07.09.2023:
16:00 - 17:30

Moderation der Sitzung: Georg Tafner
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167

Kapazität: 40 Personen

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Präsentationen

Die Förderung der Modellierungsfähigkeit in der Domäne Rechnungswesen durch Schulbuchaufgaben – Empirische Befunde und Implikationen für die Gestaltung von Lernumgebungen

Stütz, Simone1; Pargmann, Julia2

1Johannes Kepler Universität Linz, Österreich; 2Universität Hamburg

Durch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung im Rechnungswesen werden insbesondere Routinetätigkeiten stark reduziert. Wichtiger hingegen werden Fähigkeiten zur Validierung und Interpretation von Daten, um auf Basis dessen betriebswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen (Jordanski, 2020; Pargmann, Berding, Riebenbauer & Flick-Holtsch, 2022). In den letzten Jahren wurde daher insbesondere die Fähigkeit zur Modellierung als zentrale Zielkategorie im Rechnungswesen(unterricht) herausgearbeitet. Modellierungsprozesse stellen eine „wichtige Komponente erfolgreichen Handelns im Rechnungswesen dar“ und ermöglichen es „das Rechnungswesen als Werkzeug für die Lösung kaufmännischer Problemstellungen zu nutzen“ (Berding, Beckmann & Kürten, 2019, S. 570).

Erste Studien zur Qualität von Schulbuchaufgaben zeigen jedoch, dass diese insgesamt wenig geeignet sind, die Modellierungsfähigkeit der Lernenden umfassend zu fördern (z. B. Stütz, Berding, Reincke & Scheper, 2022). Der Vortrag geht daher zunächst auf zentrale Befunde zweier Studien zur Förderung der Modellierungsfähigkeit in Schulbuchaufgaben ein und stellt anschließend mit dem Learning Cockpit (Pargmann et al., 2022) ein Tool vor, mit dem Modellierungsprozesse im Unterricht angeregt und gefördert werden können.



Kompetenzen und berufliches Handeln in der Plattformökonomie – Zugänge über die Modellierung von impliziten Wissensfacetten und Grundvorstellungen

Schlömer, Tobias; Schwien, Karen; Neu, Tim

Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

Plattformbasierte Arbeitsformen (Crowdwork) sind ein noch junges Phänomen, seit rund 15 Jahren entwickeln sie sich mit starken Zuwachsraten (vgl. EU 2021). Wenngleich Crowdwork in Deutschland überwiegend nebenberuflich betrieben wird, steigt auch hierzulande die plattformbasierte Erwerbstätigkeit (vgl. EU 2021; Schmidt 2017). Bisher erfolgten vor allem arbeitssoziologische und wirtschaftswissenschaftliche Studien (vgl. u.a. CEDEFOP 2020; Leimeister et al. 2016), während berufs- und wirtschaftspädagogische Untersuchungen kaum erfolgten. Insbesondere fehlen Erkenntnisse zur Lernförderlichkeit, zu Qualifikationsanforderungen und zur Relevanz von Crowdwork für die Entwicklung von beruflicher Handlungsfähigkeit (vgl. Eckelt & Thrun 2021; Margaryan 2019).

Im Beitrag werden zu dieser Forschungslücke erste empirische Befunde aus dem Projekt „Crowdwork – Beruflichkeit und Plattformgestaltung“ vorgestellt. Schwerpunktmäßig wird für die kaufmännische Domäne aufgezeigt, welche Kompetenz- und Wissensfacetten im Crowdwork eingebracht, entwickelt und angefordert werden. Der Studienverlauf verweist auf zwei Zugänge zur Modellierung von Kompetenzen und Praktiken in der Plattformökonomie. Erstens lässt sich mit Hilfe von Methoden der digitalen Ethnographie (vgl. Hine 2003; Kozinets 2020) erschließen, dass implizite Wissensfacetten im Crowdwork in Form von Intuition, Könnerschaft und Elementen subjektivierenden Arbeitshandelns eine hohe Bedeutung haben (vgl. Böhle et al. 2011; Neuweg 2020). Zweitens erweist sich das aus der mathematikdidaktischen Forschung stammende Konzept der Grundvorstellungen (vgl. vom Hofe & Blum 2016) als erkenntnisleitend. Eine zentrale Annahme ist, dass Grundvorstellungen als mentale Scharnierfunktion zwischen konkreten realen Phänomen (Plattformaufträge) und abstrakten fachlichen Zusammenhängen (Digitalökonomie, Wertschöpfung, Ethik etc.) fungieren. Im Hinblick auf die Analyse der Lernförderlichkeit von Plattformarbeit können die Grundvorstellungen von Crowdworker:innen Aufschluss darüber geben, inwieweit sie fähig sind, Arbeitssituationen in Modellzusammenhängen fachlich zu verarbeiten und im Hinblick auf ihre praktischen Konsequenzen zu interpretieren, reflektieren und bewerten. Neben den theoretischen Erkenntnissen könnten sich über diese Zugänge auch praktische Ansatzpunkte für eine lernförderliche Gestaltung von Crowdwork und schulisch-unterrichtliche Reflexion der Plattformökonomie ergeben.



Wirkt die Kammer-Abschlussprüfung als „heimlicher Lehrplan“? Einflüsse auf die Unterrichtsplanung am Beispiel des Prüfungsbereichs Wirtschafts- und Sozialkunde (WiSo).

Kenner, Martin

Universität Stuttgart, Deutschland

Der Einfluss der WiSo-Abschlussprüfung auf den Unterricht der Berufsschule war bereits in der Vergangenheit Anlass für kritische Einschätzungen. So spricht Weinbrenner von einer „Fremdbestimmung des Unterrichts“ (Weinbrenner 1987) und ähnlich konstatiert Besand aus den Ergebnissen einer Interviewstudie mit Lehrenden, dass die Prüfung als „heimlicher Lehrplan“ fungiert (Besand 2014, S. 165). Der Einfluss wird nicht zuletzt deshalb kritisch gesehen, weil die Prüfungsaufgaben kaum den Bereich der Sozialkunde berücksichtigen. Zudem zeigt sich in einer inhaltsanalytisch angelegten Studie, dass Aufgaben in standardisierter Form überwiegen, die lediglich Reproduktionsleistungen abverlangen und kaum zum Anspruch beruflicher Handlungskompetenz vordringen (Kenner 2022).

Eine aktuell vom Lehrstuhl Berufspädagogik der Universität Stuttgart bundesweit durchgeführte Untersuchung mit Lehrenden des Fachbereichs WiSo greift die dargestellte Thematik auf. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt:

  • Inwiefern hat die Abschlussprüfung Auswirkung auf die Unterrichtsplanung?
  • Wie wird die Qualität der Prüfungsaufgaben eingeordnet (Anspruch und Relevanz)?
  • An welcher Stelle wird ein Bedarf für eine Weiterentwicklung der Prüfung gesehen?

Die Auswertung der bisherigen Daten (derzeitige Stichprobe N » 500, Abschluss der Erhebung Ende Mai) zeigt, dass sich die Lehrenden bei Ihrer Unterrichtsplanung eher an der Abschlussprüfung als am offiziellen Bildungsplan orientieren. Diese Präferenz ist bereits im 1. Lehrjahr sichtbar und wird vielfach mit „pädagogischer Verantwortung“ begründet. Auch inhaltliche Schwachstellen der Prüfungsaufgaben, bspw. das Fehlen gesellschaftspolitischer Aspekte, werden von den Lehrenden gesehen und kritisiert. Die Erhebung liefert demnach vielfach Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung der Abschlussprüfungen.

Besand, A. (2014): Monitor. Politische Bildung an beruflichen Schulen. Probleme und Perspektiven. Bad Schwalbach: Wochenschau Verlag

Kenner, M. (2022): Fokus Abschlussprüfungen. Inhaltliche und methodische Defizite aktueller Prüfungen. Vortrag des KMK/bpb Fachgesprächs „Politische Bildung an beruflichen Schulen“. Berlin, Landesvertretung Schleswig-Holstein, 21. März 2022

Weinbrenner, P. (1987): Berufsarbeit und politische Bildung. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Politische Bildung an Berufsschulen. Bonn Schriftenreihe BpB 242, S.11-38



 
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