Veranstaltungsprogramm der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2023

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 3.5
Zeit:
Donnerstag, 07.09.2023:
16:00 - 17:30

Moderation der Sitzung: Torben Karges
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 166

Kapazität: 40 Personen

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Präsentationen

Entwicklung von Interesse, Fähigkeitsselbstkonzept und Fachwissen in der schulischen MINT-Bildung – Längsschnittbefunde aus der Junior-Ingenieurs-Akademie

Pape, Kathrin; Weber, Michael; Kögler, Kristina

Universität Stuttgart, Deutschland

Mit Blick auf den wachsenden Fachkräftemangel und zurückgehende Studierendenzahlen im MINT-Bereich wird schulischen Bildungsmaßnahmen zur Förderung von fachlich einschlägigem Interesse, Selbstkonzept und Wissen eine hohe bildungspolitische Bedeutung zugesprochen (Mokhonko 2016), die durch vielfältige Befunde bezüglich nachteiliger Ausgangslagen und Entwicklungen etwa bei Mädchen noch verstärkt wird (z.B. Nickolaus et al. 2019). Im deutschsprachigen Raum wurden verschiedene Bildungsmaßnahmen entwickelt, die auf günstige Entwicklungen der relevanten Konstrukte zielen. Auch die Junior-Ingenieurs-Akademie (JIA), ein Programm der Telekom Stiftung, unterstützt weiterführende allgemeinbildende Schulen bei der Implementierung von fächerübergreifendem, projektbezogenem MINT-Unterricht zu Themen wie etwa Erneuerbaren Energien, Robotik, Medizintechnik oder Klimafragen in der Mittelstufe.

Der vorliegende Beitrag analysiert die Fragestellung, wie sich das fachspezifische Interesse, motivationsrelevante Bedingungen, Fähigkeitsselbstkonzept und Wissen von Schülerinnen und Schülern im MINT-Unterricht im Zeitverlauf verändern und inwiefern sich dabei in Abhängigkeit der Eingangsvoraussetzungen divergierende Entwicklungen ergeben. Im Rahmen eines quasi-experimentellen Untersuchungsdesigns wurden zu drei Messzeitpunkten über zwei Schuljahre hinweg Daten der Schülerinnen und Schüler der JIA sowie jener aus Kontrollgruppen (parallele Wahlpflichtkurse) zu ihrem MINT-spezifischen Interesse und Wissen erhoben. Der Längsschnitt musste aufgrund der Corona-Pandemie dreimal unterbrochen und neu angesetzt werden, so dass Daten aus drei Teilstudien (jeweils MZP 1 und 2, einmalig auch MZP 3) zur Verfügung stehen und miteinander verglichen werden können. Erste Ergebnisse des dritten Längsschnitts post Corona zeigen bei zufriedenstellender bis sehr guter Skalenkonsistenz für die Ausgangslage und Entwicklung des fachspezifischen Interesses als auch des Fachwissens in der Experimentalgruppe positive Effekte, die die Befunde aus dem ersten Längsschnitt erhärten. Darüber hinaus zeigen sich signifikante Unterschiede im Fähigkeitsselbstkonzept und Fachinteresse zugunsten der Jungen. Besonders für die MZP während der Pandemie ergeben sich Hinweise auf deutliche motivationale Einbußen bei Mädchen. Mittels der Erkenntnisse zu den Effekten von Fördermaßnahmen lassen sich zielgruppenspezifische Empfehlungen zur Optimierung der MINT-Förderung ableiten.



Der Stand der Berufswahlkompetenz von Jugendlichen zu Beginn der Ausbildungsvorbereitung – Erste Ergebnisse einer Längsschnittstudie an Polytechnischen Schulen in Österreich

Heinrichs, Karin1; Niederfriniger, Julia2; Zenz, Sabine2; Bauer, Jürgen3; Telsnig, Frank4; Prammer, Wilfried1

1PH Oberösterreich, Österreich; 2PH Niederösterreich, Österreich; 3PH Salzburg, Österreich; 4PH Kärnten, Österreich

Im österreichischen Bildungssystem ist die einjährige Polytechnischen Schule (PTS) mit Fokus auf Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung als der „Standardweg“ und letztes Pflichtschuljahr im Übergang in eine duale Ausbildung verankert. Wie in Maßnahmen der Ausbildungsvorbereitung in Deutschland intendiert die PTS zudem, Lernende in der erfolgreichen Gestaltung ihres weiteren Bildungs- und Berufsweges individuell zu unterstützen. Zur Wirksamkeit der an den PTSn etablierten Maßnahmen zur Berufsorientierung gibt es bisher aber nur wenige empirische Befunde (Bauer & Kainzmeyer, 2017; Telsnig, 2020).

Mit einer bundeslandübergreifenden Längsschnittstudie zur Berufswahl an Polytechnischen Schulen in Österreich soll den Narrativen der negativen Reputation des Schultyps der PTS (Berger, 2021) empirische Befunde zur Entwicklung der Berufswahlkompetenz entgegengehalten und so die Potenziale des gegebenenfalls unterschätzen Schultyps geprüft werden. Der vorliegende Beitrag fokussiert den Stand der Berufswahl und Berufswahlkompetenz von 2433 Schüler*innen an insgesamt 48 PTSn in Kärnten, Nieder- und Oberösterreich und Salzburg zu Schuljahresbeginn. Neben Fragen zu biographischen Daten und zum Stand der Berufswahl (Berufswahlklarheit, berufliche Zuversicht) wurde eine erweiterte Version des Kurzfragebogens zur Berufswahlkompetenz (BWK) (Lipowski et al., 2021) eingesetzt („Kernwert“ der BWK: Cronbach´s Alpha = 0.927 (Ohlemann & Ittel 2018); Subskalen der BWK: Cronbach´s Alpha 0.677-0.822).

Deskriptive Analyse der Eingangserhebung zeigen, dass 50,8 % der Schüler*innen bereits zu Schuljahresbeginn wissen, welchen Lehrberuf sie erlernen möchten, ein Drittel (32,2 %) schwanken zwischen zwei und drei Lehrberufen, mehr als ein Achtel (15,5 %) sind noch unentschlossen. Erwartungskonform zeigen Schüler*innen mit höherer Berufswahlklarheit höhere BWK (Kendall tau-b: r=.260**), auch korreliert die BWK hoch signifikant mit beruflicher Zuversicht (r=.304**). Darüber hinaus weisen die Ergebnisse auf Subgruppen hin, die ihrerseits unterschiedlichen Bedarf an schulischer Berufsorientierung und Unterstützung in der Berufswahl indizieren: (1) Schüler:innen mit niedriger BWK, aber klaren Wunschberufen (N=93), (2) Schüler:innen hoher BWK, aber noch keine Wunschberufe nennen können (N=228) und (3) Schüler:innen, die weder zielklar noch berufswahlkompetent sind (ca. N=134). Abschließend werden Perspektiven für weitere Analysen der Eingangserhebung sowie der Längsschnittdaten diskutiert.



Inkludierende und Exkludierende Mechanismen für neu zugewanderte Schüler*innen im (Berufs-)Bildungssystem

Jording, Judith; Massumi, Mona

FH Münster, Deutschland

Auch wenn Migration kein neues, sondern ein kontinuierliches Phänomen bildet, stellen insbesondere erhöhte Migrationsbewegungen nach Deutschland die Gesellschaft, die (Bildungs)Politik sowie das (Berufs)Bildungssystem vor große Herausforderungen. So zeigen statistische Befunde, dass junge Menschen, die im Verlauf ihrer Schulbiographie nach Deutschland migrieren, häufiger die Schule ohne einen Schulabschluss verlassen und häufiger eine Berufsausbildung abbrechen als Personen, die in Deutschland sozialisiert sind (vgl. BMBF 2022). Ebenso beklagen Lehrkräfte zum einen fehlende Ressourcen, um neu zugewanderte Schüler*innen adäquat in den Unterricht einzubinden, zum anderen fühlen sie sich häufig nicht auf diese Zielgruppe vorbereitet und in der Arbeit überfordert sowie überlastet (vgl. Otto et al. 2016). Neben diesen Erkenntnissen zeigt sich darüber hinaus, dass die Bildungssituation neu migrierter Schüler*innen spezifisch im Berufsbildungskontext ein Forschungsdesiderat darstellt, welches angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen einer Aufarbeitung bedarf.

Vor diesem Hintergrund stellen wir in unserem Vortrag die zentrale Frage, wie Neuzugewanderte in das deutsche (Berufs)Bildungssystem eingebunden werden und welche Herausforderungen von ihnen im Zugang wie auch Verbleib bewältigt werden müssen. Aus einer systemtheoretischen sowie handlungstheoretischen Perspektive werden empirische Daten aus zwei qualitativen Untersuchungen mit neu zugewanderten Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen im Berufsbildungssystem zusammengeführt, um aufzuzeigen, welche inkludierenden und exkludierenden Mechanismen im Bildungssystem auf Neuzugewanderte wirken und inwieweit sie trotz widriger Bedingungen ihre Bildungsbiografie gestalten. Schließlich werden mit Blick auf die soziale Verantwortung, die das (Berufs-)Bildungssystem trägt, Implikationen diskutiert, um zukünftig für neu zugewanderte Menschen innerhalb des Berufsbildungssystems einen Ermöglichungsraum zu schaffen, in dem sie an ihre bisherige Bildungsbiographie anschließen, sich im deutschen Bildungssystem entfalten, Schulabschlüsse erwerben sowie in eine berufliche oder akademische Ausbildung übergehen und diese erfolgreich beenden können.

Quellen

BMBF (Hrsg.). 2022. Berufsbildungsbericht 2022. Berlin 2022.

Otto, Johanna et al. 2016. Integration neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher ohne Deutschkenntnisse. Möglichkeiten, Herausforderungen und Perspektiven. Münster u.a.: Waxmann.



 
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