Veranstaltungsprogramm der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2023

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 2.7
Zeit:
Donnerstag, 07.09.2023:
14:00 - 15:30

Moderation der Sitzung: Wolfgang von Gahlen-Hoops
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167

Kapazität: 40 Personen

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Präsentationen

Freiheit und Verantwortung am Übergang Schule-Beruf: Herausforderungen für die schulische Berufliche Orientierung

Kalisch, Claudia; Pilz, Lisa-Marie; Zimmermann, Esther; Prill, Tobias

Universität Rostock, Deutschland

Freiheit und Verantwortung stehen in einem spannungsvollen Verhältnis. So ist Freiheit eine zentrale Voraussetzung für Verantwortung, zugleich jedoch auch auf diese angewiesen (Heidbrink/Lorch 2020, S.2). Für Heranwachsende besteht eine Aufgabe u.a. darin, sich ihrer Freiheit und Verantwortung bewusst zu werden. Dies gilt in besonderer Weise für den Übergang Schule-Beruf: Das Recht der freien Wahl eines (Ausbildungs-)Berufes (GG Art. 12; KMK 2017, S. 2) ermöglicht eine persönliche Entscheidung in Abwägung eigener Interessen, Stärken und Neigungen. Dem gegenüber stehen gesellschaftliche Erwartungen, die in Form bildungspolitischer, wirtschaftlicher und räumlich-struktureller Bedingungen diese individuelle Entscheidung beeinflussen (u.a. Hjelm-Madsen/Kalisch 2022). Vor diesem Hintergrund behandelt der Beitrag u.a. folgende Fragen:

(1) Inwiefern wird die individuelle Berufswahl Jugendlicher limitiert?

(2) Welche Kenntnisse und Kompetenzen benötigen Jugendliche zur Übernahme von Verantwortung in der Inanspruchnahme ihres Rechts auf freie Berufswahl?

(3) Welche Anforderungen ergeben sich für die schulische BO, um Jugendliche professionell begleiten zu können?

Die Erörterung dieser Fragen erfolgt auf der Basis von Erkenntnissen aus Jugendstudien und Berufswahlforschung sowie aus einer kritischen Betrachtung der gegenwärtigen bildungspolitischen Schwerpunktsetzungen am Übergang Schule-Beruf. Einen weiteren Bezugspunkt stellen die mehrjährigen Erfahrungen in der Entwicklung und Umsetzung eines schulischen BO-Ansatzes in Mecklenburg-Vorpommern dar, welche im Rahmen eines vom BMBF-geförderten Projektes an der Universität Rostock gesammelt wurden. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion von Handlungsbedarfen.

Literatur

Heidbrink, L., & Lorch, A. (2020). Freiheit und Verantwortung. Praktische Wirtschaftsphilosophie, 1-22.

Hjelm-Madsen, M./Kalisch, C. (2022): Regionale Disparitäten in der Berufsbildungsforschung: Deutungsmuster und Bewertungsansätze zwischen Vielfalt und Ungerechtigkeit. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 42, 1-20. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe42/hjelm-madsen_kalisch_bwpat42.pdf

KMK (2017): Empfehlung zur Beruflichen Orientierung an Schulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.12.2017).



Gelingensfaktoren für einen erfolgreichen Start in die duale Berufsausbildung aus der Perspektive von Berufsberaterinnen und Berufsberatern

Hochmuth, Melanie; Seyffer, Silke; Frey, Andreas

Hochschule der Bundesagentur für Arbeit Mannheim, Deutschland

Theoretische Verortung

In Bezug zu kognitiven Laufbahntheorien sind neben eigenen Interessen und der Selbstwirksamkeit auch Sozialisationsprozesse und Unterstützungsstrukturen von großer Bedeutung für die Berufswahl (Hirschi, 2008). Während die Berufsberatung in einem neutralen Verhältnis darauf abzielt, Informationen zu vermitteln und Unsicherheiten zu reduzieren (Häfeli & Schellenberg, 2009), wird die individuelle Berufswahl durch praktische Erfahrungen gefördert (Degenhardt, 2020). Gleichzeitig sind das Image des Berufes sowie die Vorstellungen der Eltern (Mischler & Ulrich, 2018) und deren sozialer Hintergrund (Häfeli & Schellenberg, 2009) essentiell. Soziale Medien wie Instagram (Jahncke et al., 2020) stehen dabei in einem engen Bezug zu Rollenbildern.

Fragestellung/Zielsetzung

Welche Faktoren sind aus der Perspektive von Berufsberater*innen besonders relevant, um einen erfolgreichen Übergang in die Berufsausbildung sicherzustellen und wie können diese Determinanten im Beratungsprozess der Bundesagentur für Arbeit stärker berücksichtigt werden?

Methodischer Zugang

Mittels eines im Rahmen eines Gruppen-Delphi-Verfahrens entwickelten quantitativen Fragebogens wurde die Einschätzung relevanter Einflussfaktoren für einen erfolgreichen Übergang in die Ausbildung aus der Perspektive von 256 Berufsberater*innen erhoben (CASI 09/22-11/22). Die Themenbereiche umfassen die Berufsorientierung/-beratung, Eltern, Medien, individuelle Voraussetzungen, Ausbildungsberuf und -betrieb (insgesamt 42 Items).

Ergebnisse

Dabei schätzen die befragten Berater*innen zusammengefasst die Relevanz von Praktika sowie die Förderung der Berufswahlreife und Informationskompetenz als besonders relevant ein. Diesbezüglich wird auch der Einfluss der Medien auf die Wahrnehmung von Berufen und Rollenbildern als sehr wichtig bewertet. Aussagekräftige Stellenausschreibungen werden als Erfolgsfaktor auf der Seite der Ausbildungsbetriebe wahrgenommen. Neben Gruppenunterschieden in der Einschätzung durch die Berufsberater*innen nach deren Alter und Geschlecht lassen sich zudem regionale Differenzen identifizieren (Mittelwertsvergleiche).

Auf Grundlage der Ergebnisse werden unter Einbezug weiterer relevanter Gruppen (Eltern, Ausbildungsbetriebe, Auszubildende) Gelingensfaktoren abgeleitet, die für die Weiterentwicklung der Beratungsangeboten relevant sind.



Abschlüsse von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Vergleich - Experimentelle Evidenz zur Rekrutierung von Auszubildenden

Schimke, Benjamin; Schuchart, Claudia

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Rund 35% aller Hochschulzugangsberechtigungen (Fachhochschul- und allgemeine Hochschulreife), die im Schuljahr 2021/22 an deutschen Schulen erworben wurden, stammen nicht von allgemeinbildenden, sondern von beruflichen Schulen (Statistisches Bundesamt, 2022a; 2022b). Diese Schulen vermitteln neben dem allgemeinbildenden Curriculum berufliche Grundkenntnisse in einem bestimmten Fachbereich (z. B. Wirtschaft und Verwaltung), vergeben aber meist keine zusätzlichen beruflichen Abschlüsse. Schüler*innen beruflicher Schulen erbringen jedoch schlechtere Leistungen als vergleichbare Schüler*innen an allgemeinbildenden Schulen (Trautwein, 2007). Ziel des Beitrags ist es zu untersuchen, ob diese geringere akademische Leistungsfähigkeit bei gleichzeitigen Vorteilen bezüglich des beruflichen Wissens zu Arbeitsmarktchancen führen, die mit jenen von Absolvent*innen des allgemeinbildenden Schulsystems vergleichbar sind. Humankapital-, sowie signal- und filtertheoretische Überlegungen dienen als heuristischer Zugang.

Um die offene empirische Forschungsfrage zu beantworten, untersuchen wir den Einstellungsprozess für Lehrstellen im Berufsbildungssystem mittels eines diskreten Choice-Experiments. Befragte sind 1.329 Personaler*innen, die Auszubildende in min. einem von 10 Berufen einstellen. Die Ergebnisse verweisen auf die zentrale Bedeutung spezifischer beruflicher Grundkenntnisse, die in beruflichen Schulen vermittelt werden. Absolvent*innen beruflicher Schulen werden bei Einstellungsentscheidungen bevorzugt, wenn ihre Hochschulzugangsberechtigung in einem dem Ausbildungsberuf nahen Fachbereich erworben wurde. Abschlüsse, die in einem fachfremden Bereich erreicht wurden, werden dagegen im Vergleich zu vergleichbaren Abschlüssen aus allgemeinbildenden Schulen von Personaler*innen abgewertet.

Der Schulform des allgemeinbildenden Abschlusses scheint eine zentrale Rolle als Arbeitsmarktsignal zuzukommen. Insbesondere für die Bildungsberatung von Schüler*innen sowie deren Eltern besitzen die Erkenntnisse eine erhebliche Relevanz.

Literatur

Statistisches Bundesamt (2022a). Statistischer Bericht. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2021/2022. Wiesbaden: Bundesamt.

Statistisches Bundesamt (2022b). Statistischer Bericht. Berufliche Schulen und Schulen des Gesundheitswesens – Grunddaten. Schuljahr 2021/22. Wiesbaden: Bundesamt.

Trautwein, U. (Hrsg.) (2007). Schulleistungen von Abiturienten. Regionale, schulformbezogene und soziale Disparitäten. Münster: Waxmann.



 
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