Veranstaltungsprogramm der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2023

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 1.8
Zeit:
Donnerstag, 07.09.2023:
10:45 - 12:15

Moderation der Sitzung: Torben Karges
Ort: Gebäude Tallinn (TAL) Raum 007

Kapazität: 40 Personen

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Präsentationen

Differenzielle Entwicklungen berufsfachlicher Kompetenzen in der Ausbildung von Kfz-Mechatroniker:innen: Welchen Einfluss hat der Schulabschluss?

Schauer, Jennifer1; Abele, Stephan1; Etzel, Julian M.2

1Technische Universität Dresden; 2Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Kiel

Arbeitskräfte benötigen berufsfachliche Kompetenzen, um ihre Tätigkeiten qualifiziert auszuüben. Der Erwerb dieser Kompetenzen ist das Ziel der Berufsausbildung. Wie sie sich im Ausbildungsverlauf entwickeln, welche interindividuellen Unterschiede bestehen und welche Bedeutung dem Schulabschluss – eine zentrale Ungleichheitsdimension am Übergang zur Ausbildung – zukommt, wurde bisher wenig erforscht.

Wir untersuchen die Entwicklung berufsfachlicher Kompetenzen angehender Kfz-Mechatroniker:innen auf Basis der ManKobE-Studie. In Latent Change Modellen untersuchen wir interindividuelle Unterschiede in der intraindividuellen Entwicklung des Fachwissens (n=433) und der Diagnosefähigkeit (n=179) im 2. und 3. Ausbildungsjahr (AJ). Dabei berücksichtigen wir das Schulabschlussniveau der Azubis.

Wir finden einen signifikanten Zuwachs im Fachwissen (FW; MW= .41, p≤ .001). Dieser zeigt sich umso ausgeprägter, je höher das Vorwissensniveau der Azubis am Ende des 2. AJ ist (βT2= .33, p≤ .001). Für die Diagnosefähigkeit (DF) können wir dagegen keine Entwicklung feststellen (MW= .03, p> .05), wobei ebenfalls Unterschiede nach Ausgangsniveau bestehen – in entgegengesetzter Tendenz: Je höher das Niveau am Ende des 2. AJ, desto geringerer die Zuwächse (βT2= -.67, p≤ .001). Unter Berücksichtigung des Schulabschlussniveaus finden wir, dass Azubis mit MSA und (Fach-)HZB in beiden Kompetenzdimensionen am Ende des 2. AJ ein höheres Niveau aufweisen als jene mit max. Hauptschulabschluss (FW: βMSA, T2= .65; βHZB, T2= 1.03; jeweils p≤ .001; DF: βMSA, T2= .74, p< .01; βHZB, T2= 1.25, p≤ .001). Unter Kontrolle dessen finden wir keinen eigenständigen Effekt des Schulabschlusses auf die individuelle Kompetenzentwicklung (FW: βMSA, ∆= -.19, βHZB, ∆= -.18; DF: βMSA, ∆= .74, βHZB, ∆= .27; jeweils p> .05)

Die Befunde weisen auf differenzielle Entwicklungstendenzen in der Ausbildung von Kfz-Mechatroniker:innen hin: Progression im Fachwissen, Stagnation in der Diagnosefähigkeit. Außerdem unterscheiden sich Azubis in ihrer Entwicklung: Das individuelle Kompetenzniveau am Ende des 2. AJ ist prädiktiv für die weitere Entwicklung. Schulabschlüsse bilden mittlere Kompetenzunterschiede ab, erklären die individuelle Kompetenzentwicklung aber nur bedingt: Bei gleichem Ausgangsniveau entwickeln sich Fachwissen und Diagnosefähigkeit ähnlich. Schulabschlussbezogene Rekrutierungsentscheidungen an der ersten Schwelle können damit individuelle Potenziale verdecken und Bildungsungleichheiten verstärken.



Vermittlung einer Diagnosestrategie für Kfz-Störungen mittels videobasierter Modellierungsbeispiele und vergleichender Aufforderungen zur Selbsterklärung

Hesse, Peter1; Meier, Julius2; Frey, Inga2; Abele, Stephan1

1TU Dresden, Deutschland; 2Universität Erfurt, Deutschland

Obwohl die Störungsdiagnose ein wichtiger Aspekt der Arbeit von Kfz-Mechatronikern ist, beherrschen nur etwa 15 % der Auszubildenden am Ende ihrer Ausbildung entsprechende Strategien. Da es sich bei der Kfz-Störungsdiagnose um Problemlösen handelt, bietet sich zur Strategievermittlung beispielbasiertes Lernen an. Um die Lernwirksamkeit von Beispielen (textbasierte Lösungsbsp. oder videobasierte Modellierungsbsp., MB) zu erhöhen, werden diese üblicherweise mit Aufforderungen zur Selbsterklärung kombiniert (SE-Prompts). Eine besondere Form der SE-Prompts fordert Lernende auf, mehrere Beispiele (bspw. unterschiedliche Lösungsansätze für ein Problem) zu vergleichen (vergleichende SE-Prompts, vSE-Prompts). Solche Vergleiche lassen sich für videobasierte MB schwierig umsetzen, da Lernende nicht zwei Videos gleichzeitig sehen können. Daher schlagen wir vor, videobasierte MB mit einer statischen Darstellung (bspw. einer tabellarischen Dokumentation des MB, Prüfplan) zu kombinieren. VSE-Prompts zielen anschließend auf diesen Prüfplan ab. In der hier vorgestellten Interventionsstudie wurde daher 118 Auszubildenden der Kfz-Mechatronik mittels videobasierter MB die Strategie (1) Aufstellen begründeter Vermutungen, (2) Planen der zugehörigen Messungen und (3) Durchführung der Messungen & Bewertung der Messergebnisse zur Kfz-Störungsdiagnose vermittelt. Als MB wurden Videos genutzt, in denen ein Experte die Strategie in einer Kfz-Computersimulation anwandte und dabei einen Prüfplan ausfüllte. Das Wissen und die Fähigkeiten der Auszubildenden bezüglich ihrer diagnostischen Strategien wurden im Prä-Post-Design erfasst. Die einmalig durchgeführte Intervention (Dauer: 105 Minuten) fand zwischen der Prä- und Post-Testung statt. Zur Erprobung der Interventionsinhalte wurden die Auszubildenden einer von drei Bedingungen zugeordnet: Sie lernten mit MB und (1) vSE-Prompts (d.h. Prüfplan des Experten und alternativer Prüfplan nebeneinander), oder (2) sequenziellen SE-Prompts (d.h. Prüfpläne nacheinander), oder (3) weder mit MB noch mit SE-Prompts. Die Ergebnisse zeigen einen positiven Effekt der MB auf das Diagnosewissen, nicht aber auf die Diagnosefähigkeiten. Den fehlenden Effekt auf die Diagnosefähigkeiten führen wir auf die kurze Interventionszeit und fehlenden Übungsmöglichkeiten zurück. Eine Kombination von videobasierten MB mit statischen Darstellungen erscheint nützlich, wobei die vSE-Prompts für stärkere Lernende mit mehr Vorwissen vielversprechend zu sein scheinen.



Hochleistungspotentiale in Berufen des Handwerks erkennen und entwickeln – eine qualitative Analyse

Nanzig, Martin

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Die aktuelle „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“ (BMBF, 2022) zeigt es deutlich: die Frage, wer sehr gute oder sogar herausragende berufliche Leistungen zu erbringen verspricht und wie potentielle Hochleistungsträger*innen gefördert werden können, ist für die Zukunft der beruflichen Bildung von hoher Bedeutung. Anders als für allgemeinbildende akademische Leistungen, ist diese Problemstellung für die berufliche Bildung jedoch lange vergleichsweise „stiefmütterlich“ behandelt worden (Stein, 2004).

Aktuell werden multifaktorielle, beschreibende Modelle zur Entwicklung von Hochleistungspotentialen in Leistungsexzellenz wie das Münchner-Hochbegabungsprozessmodell (Ziegler & Perleth (1997) diskutiert. Allerdings leisten auch diese nur einen heuristischen Beitrag, denn empirische Prüfungen und Validierungen stehen bislang aus. Studien zeigen, dass kognitive Leistungstests allein nicht geeignet sind, um Auszubildende mit Hochleistungspotentialen zu identifizieren bzw. valide Leistungsprognosen zu ermöglichen (Niederhauser, 2017; Stamm, 2017). Hingegen erweisen sich beispielsweise Motivation und Volition als wesentliche Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Leistungsexzellenz und zwar in Abhängigkeit vom Berufsfeld in deutlich unterschiedlichem Maße (Pylväs et al., 2017). Bis dato existiert jedoch weder ein Konsens darüber, auf Basis welcher Modellvorstellung oder welcher Operationalisierung Menschen, die in einer bestimmten beruflichen Domäne das Potential zur Leistungsexzellenz mitbringen, identifiziert werden können noch ob es prognostisch valide Vorhersagemöglichkeiten gibt, die berufsübergreifend generalisierbar sind.

Angelehnt an die Systematik des Modells von Ziegler & Perleth (1997) wird in der vorgestellten Studie untersucht, welche Indikatoren für die Entwicklung von Hochleistungspotentialen für die unterschiedlichen Berufsfelder im Handwerk generisch vs. domänspezifisch sind. Dazu wurden leitfadengestützte Interviews mit Ausbilder*innen aus sieben Sektoren des Handwerks geführt und mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) ausgewertet. Erste Analysen weisen sowohl auf generische als auch domänspezifische Indikatoren hin. Im Vortrag werden die vorliegenden Ergebnisse sowie Implikationen im Hinblick auf die angestrebte Modellbildung diskutiert und ein Ausblick auf die Ziele und Fragestellungen der geplanten Folgestudie geboten.



 
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