Der Übergang in das Berufsleben induziert eine Weiterentwicklung der persönlichen Identität durch den beruflichen sozialen Kontext (Heinrichs et al., 2022). Eine ausgeprägte berufliche Identifikation, d.h. ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit und des Engagements für den Beruf, kann dazu beitragen, die Absicht zu erhöhen im Beruf zu verbleiben (z.B. van Dick und Wagner, 2002). Nach der Selbstbestimmungstheorie ist die Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse als Ergebnis eines bedürfnisunterstützenden Umfelds besonders wichtig für die Verinnerlichung oder persönliche Akzeptanz der gewählten Identität (Skhirtladze et al., 2019). Das subjektive Erleben der beruflichen Identität der Referendar:innen steht hierbei in Wechselwirkung mit verschiedenen Bedingungen des Ausbildungsumfelds, wobei wir uns auf die wahrgenommene Autonomieunterstützung und das autonomiehemmende Verhalten der Fachleiter:innen konzentrieren. Ziel der Studie ist es zu untersuchen, inwieweit die Identifikation mit dem Beruf angehender Berufsschullehrkräfte mit dem Bedürfnis nach Autonomie zusammenhängt und ob sich dies in ihrer Absicht widerspiegelt, im Berufsfeld zu verbleiben.
Auf Basis eines Längsschnittdesigns mit insg. 79 Referendar:innen in BW und vier Erhebungszeitpunkten während des Referendariats wurden entsprechende Entwicklungsprozesse über einen Gesamtzeitraum von einem Jahr erfasst. Cross-lagged Panelanalysen erlauben Rückschlüsse darauf, inwieweit die berufliche Identifikation der Referendar:innen mit autonomiefördernden bzw. autonomiehemmenden Bedingungen, die von Fachleiter:innen ausgehen, interagiert und inwiefern das Zusammenspiel der genannten Faktoren wiederum die Bleibeabsicht beeinflusst.
Die Analysen zeigen, dass die berufliche Identifikation nach sechs Monaten im Referendariat die Absicht, ein halbes Jahr später im Lehrberuf zu verbleiben, signifikant vorhersagt (β = .652, p < .001). Signifikante Kreuzpfade beschreiben jeweils positive Effekte zwischen beruflicher Identifikation und Autonomieunterstützung und negative Effekte zwischen beruflicher Identifikation und Autonomievereitelung.
Gerade vor dem Hintergrund des Lehrkräftemangels in Deutschland kann die Förderung professioneller Identifikationsprozesse im Sinne einer Lehrer:innenidentität als entscheidend bewertet werden. Insofern kann ein autonomieförderndes Umfeld, wie es z.B. von Fachleiter:innen geschaffen werden kann, bereits während der Lehrer:innenbildung dazu beitragen.