Veranstaltungsprogramm der Jahrestagung der Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 2023

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Kapazität: 40 Personen
Datum: Donnerstag, 07.09.2023
10:45 - 12:15Session 1.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Georg Tafner
 

Schulen der wirtschaftsberuflichen Bildung im Umgang mit dem Lernfeldparadoxon – eine qualitativ-empirische Exploration didaktischer Jahresplanungen

Hantke, Harald1; Pranger, Jan2

1Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland; 2Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland

Der Lernfeldansatz als ordnungspolitische Rahmensetzung für didaktische Jahresplanungen und Unterrichtsgestaltung an Schulen der dualen Berufsausbildung basiert mit Blick auf die dahinterliegenden Bildungsvorstellungen auf zwei Perspektiven. So verfolgt der Lernfeldansatz einerseits auf konzeptioneller Ebene den Anspruch, dass die Lernenden „zur nachhaltigen Mitgestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft in sozialer, ökonomischer, ökologischer und individueller Verantwortung“ (KMK 2021, 14) befähigt werden sollen. Hinter diesem Anspruch verbirgt sich eine Bildungsvorstellung, die auf eine selbstbestimmtere Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden im Kontext gesellschaftlicher Problemlagen abzielt. Andererseits zeigt sich auf curricularer Ebene, dass diese Bildungsvorstellung enggeführt wird in Richtung einer Bildungsvorstellung im Sinne einer Qualifizierung für ein Handeln in beruflichen Situationen (vgl. Fischer und Hantke 2019, 94). Kurz gesagt stehen sich auf Ebene der Curriculumproduktion ein gesellschaftlicher Bildungsanspruch einem berufssituativen Qualifikationsanspruch gegenüber. Schulen und Lehrkräfte der wirtschaftsberuflichen Bildung sind somit dazu herausgefordert, bei der Erarbeitung von didaktischen Jahresplanungen bzw. Unterricht – also auf Ebene der Curriculumrezeption – mit diesen beiden sich paradox gegenüberstehenden ordnungspolitischen Anforderungen umzugehen.

Vor diesem Hintergrund setzt sich dieser Beitrag mit der Frage auseinander, wie Schulen der wirtschaftsberuflichen Bildung mit diesem so genannten Lernfeldparadoxon im Rahmen ihrer didaktischen Jahresplanungen umgehen.

Zur (vorläufigen) Beantwortung dieser Frage werden exemplarische didaktische Jahresplanungen von Wirtschaftsberufsschulen qualitativ-inhaltsanalytisch (vgl. Kuckartz 2012) im Hinblick auf die Kategorien „Bildungsgegenstand“, „Bildungsziele“, „Strukturprinzipien“, „Wissenschaftsbezüge/Disziplinarität“, „Weltbild“, „Akteur“, „Wirtschaftliches Handeln“ und „Wissensformen“ (vgl. Hedtke 2014, 112) analysiert. Mit diesem Vorgehen wird die Betrachtung des auf Ebene der Curriculumproduktion identifizierten Lernfeldparadoxons erweitert auf die makrodidaktische Ebene der Curriculumrezeption. Hierdurch soll übergeordnet verdeutlicht werden, inwiefern die Schulen, deren didaktische Jahresplanungen analysiert werden, auf makrodidaktischer Ebene eher einen gesellschaftlichen Bildungsanspruch oder einen berufssituativen Qualifikationsanspruch verfolgen.



Messung von Tax Literacy: Ein Scoping Review

Vonhof, Clara; Aprea, Carmela

Universität Mannheim, Deutschland

Das Konzept der Tax Literacy gewinnt in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung. Laut OECD1 kann höhere Tax Literacy sowohl zu einem besseren Verständnis des Steuersystems beitragen als auch das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung gegenüber dem Staat stärken. Zur Förderung von Tax Literacy ist jedoch die Schaffung von geeigneten Bildungsmöglichkeiten wichtig. Eine Voraussetzung hierfür ist die Erhebung des Lernstands, was wiederum ein inhaltlich und forschungsmethodisch adäquates Messkonzept erfordert. Hier setzt die präsentierte Studie an und adressiert folgende Fragen: 1) Wie und seit wann wird Tax Literacy im internationalen Kontext gemessen? 2) Welche Arten der Datenerhebung werden verwendet und welche Inhaltsbereiche/Wissensarten werden von den verschiedenen Testinstrumenten erfasst? 3) Wie ist die Qualität der vorhandenen Instrumente?

Die Studie folgt dabei den methodischen Richtlinien eines Scoping Reviews2. Im Rahmen einer breit angelegten, schlagwortbasierten Datenbanksuche kombiniert mit Snowballing wurden 31 Studien identifiziert. Aufnahmekriterien stellen unter anderem die Sprache (Englisch & Deutsch), der Fokus auf Tax Literacy und nicht Tax Knowledge sowie die Beschreibung eines (neuen) Messinstruments der Tax Literacy dar.

Die untersuchten Studien reichen von 2004 bis heute. Auffallend ist, dass die Zahl der Studien im Laufe der Jahre zugenommen hat und mittlerweile verschiedene Bevölkerungsgruppen weltweit betrachtet werden. In forschungsmethodischer Hinsicht dominieren quantitative Erhebungsinstrumente in Form von Fragebögen, die mithilfe von objektiven Testaufgaben das Tax Literacy Niveau überprüfen. Seltener kommen Mixed-Methods-Designs bzw. qualitative Erhebungsstrategien mit offenen oder semi-strukturierten Fragen zum Einsatz. Der inhaltliche Schwerpunkt der inkludierten Messinstrumente liegt auf generellem Steuerwissen zum Steuersystem, verschiedenen Steuerarten und der Erläuterung von Grundbegriffen. Neben einer oftmals fehlenden Beschreibung des Prozesses der Fragebogengestaltung erfolgt lediglich bei zwölf Messinstrumenten eine Überprüfung hinsichtlich der Gütekriterien des Messinstruments.

Durch diese erste Systematisierung können derzeitige Grenzen bzw. Forschungslücken identifiziert und wichtige Aspekte hervorgehoben werden. Damit leistet diese Studie auch einen Beitrag zur Entwicklung eines Messinstruments der Tax Literacy.



Visuelle Aufmerksamkeit beim Lösen von ökonomischen Single-Choice-Aufgaben mit dynamischen Grafiken - Eine Eye-Tracking-Studie

Mayer, Christian W.1; Findeisen, Stefanie2; Guggemos, Josef3; Seifried, Jürgen1

1Universität Mannheim, Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik – Berufliches Lehren und Lernen (Prof. Dr. Jürgen Seifried); 2Universität Konstanz, Tenure-Track-Professur für Wirtschaftspädagogik; 3Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Juniorprofessur Digitalisierung in der beruflichen Bildung

Grafiken veranschaulichen Konzepte und Beziehungen in der Regel anschaulicher als
beispielsweise Formeln. Sie unterstützen den Aufbau mentaler Modelle und spielen eine
wichtige Rolle beim multimedial gestützten Lernen (Mayer, 2010; Schnotz & Bannert, 2003).
In den Wirtschaftswissenschaften werden Diagramme häufig zur Veranschaulichung der
Beziehung von Angebot und Nachfrage herangezogen. Die Funktionen von Angebot und
Nachfrage werden jeweils als Linie (oder Kurve) in einem linearen Diagramm dargestellt,
das einen Markt für Waren oder Dienstleistungen mit Preisen und Mengen abbildet. Eine
grafische Darstellung hilft dabei, die Auswirkungen unterschiedlicher Marktbedingungen auf
Marktgleichgewichte, Preise und Mengen zu visualisieren (Cohn & Cohn, 1994).
Lernprozessen mit Grafiken wird besonders hohes Potenzial zugeschrieben, wenn Lernende
Grafiken interaktiv und dynamisch verändern können, beispielsweise durch Veränderung der
Elastizitäten oder Simulierung von Schocks mittels Drag-and-Drop.
Im MINT-Bereich ist der Aufbau von Verständnis mit Grafiken ein häufig untersuchter
Forschungsbereich, wobei die visuelle Aufmerksamkeit mittels Eye-Tracking analysiert wird
(z. B. Klein et al., 2019; Tsai et al., 2011). Ungeachtet der Relevanz von Grafiken für die
ökonomische Bildung liegen nur wenige Forschungsarbeiten vor. Unsere Studie setzt hier an
und untersucht die visuelle Aufmerksamkeit beim Lösen von Single-Choice-Aufgaben mit
dynamischen Grafiken (n = 32; Studierende der Wirtschaftspädagogik) mittels Eye-Tracking
(Holmqvist et al., 2011). Die Teilnehmenden bearbeiten eine digitale Lernumgebung, welche
sowohl dynamische als auch statische Grafiken enthält. In Anlehnung an die Cognitive
Theory of Multimedia Learning (Mayer, 2009; Sweller et al., 2019) und Studien aus dem
MINT-Bereich (z. B. Tai et al., 2006) gehen wir davon aus, dass Teilnehmer:innen mit
geringem domänenspezifischen Vorwissen mehr Transitionen zwischen Areas of Interest
(AOIs) und eine insgesamt niedrigere Leistung zeigen als Teilnehmer/innen mit hohem
Vorwissen. Wir erwarten signifikante Unterschiede in der visuellen Aufmerksamkeit in
Abhängigkeit der jeweils gewählten Stimuli (Darstellungsform: statisch vs. dynamisch) sowie
der individuellen Dispositionen (Vorwissen: hoch vs. niedrig) zeigen. Erste Auswertungen
verweisen beispielsweise auf eine statistisch signifikante Interaktion zwischen
Darstellungsform und Vorwissen auf die durchschnittliche Fixationsdauer (F(1, 31) = 150,97,
p < 0,05).

 
14:00 - 15:30Session 2.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Wolfgang von Gahlen-Hoops
 

Freiheit und Verantwortung am Übergang Schule-Beruf: Herausforderungen für die schulische Berufliche Orientierung

Kalisch, Claudia; Pilz, Lisa-Marie; Zimmermann, Esther; Prill, Tobias

Universität Rostock, Deutschland

Freiheit und Verantwortung stehen in einem spannungsvollen Verhältnis. So ist Freiheit eine zentrale Voraussetzung für Verantwortung, zugleich jedoch auch auf diese angewiesen (Heidbrink/Lorch 2020, S.2). Für Heranwachsende besteht eine Aufgabe u.a. darin, sich ihrer Freiheit und Verantwortung bewusst zu werden. Dies gilt in besonderer Weise für den Übergang Schule-Beruf: Das Recht der freien Wahl eines (Ausbildungs-)Berufes (GG Art. 12; KMK 2017, S. 2) ermöglicht eine persönliche Entscheidung in Abwägung eigener Interessen, Stärken und Neigungen. Dem gegenüber stehen gesellschaftliche Erwartungen, die in Form bildungspolitischer, wirtschaftlicher und räumlich-struktureller Bedingungen diese individuelle Entscheidung beeinflussen (u.a. Hjelm-Madsen/Kalisch 2022). Vor diesem Hintergrund behandelt der Beitrag u.a. folgende Fragen:

(1) Inwiefern wird die individuelle Berufswahl Jugendlicher limitiert?

(2) Welche Kenntnisse und Kompetenzen benötigen Jugendliche zur Übernahme von Verantwortung in der Inanspruchnahme ihres Rechts auf freie Berufswahl?

(3) Welche Anforderungen ergeben sich für die schulische BO, um Jugendliche professionell begleiten zu können?

Die Erörterung dieser Fragen erfolgt auf der Basis von Erkenntnissen aus Jugendstudien und Berufswahlforschung sowie aus einer kritischen Betrachtung der gegenwärtigen bildungspolitischen Schwerpunktsetzungen am Übergang Schule-Beruf. Einen weiteren Bezugspunkt stellen die mehrjährigen Erfahrungen in der Entwicklung und Umsetzung eines schulischen BO-Ansatzes in Mecklenburg-Vorpommern dar, welche im Rahmen eines vom BMBF-geförderten Projektes an der Universität Rostock gesammelt wurden. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion von Handlungsbedarfen.

Literatur

Heidbrink, L., & Lorch, A. (2020). Freiheit und Verantwortung. Praktische Wirtschaftsphilosophie, 1-22.

Hjelm-Madsen, M./Kalisch, C. (2022): Regionale Disparitäten in der Berufsbildungsforschung: Deutungsmuster und Bewertungsansätze zwischen Vielfalt und Ungerechtigkeit. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 42, 1-20. Online: https://www.bwpat.de/ausgabe42/hjelm-madsen_kalisch_bwpat42.pdf

KMK (2017): Empfehlung zur Beruflichen Orientierung an Schulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.12.2017).



Gelingensfaktoren für einen erfolgreichen Start in die duale Berufsausbildung aus der Perspektive von Berufsberaterinnen und Berufsberatern

Hochmuth, Melanie; Seyffer, Silke; Frey, Andreas

Hochschule der Bundesagentur für Arbeit Mannheim, Deutschland

Theoretische Verortung

In Bezug zu kognitiven Laufbahntheorien sind neben eigenen Interessen und der Selbstwirksamkeit auch Sozialisationsprozesse und Unterstützungsstrukturen von großer Bedeutung für die Berufswahl (Hirschi, 2008). Während die Berufsberatung in einem neutralen Verhältnis darauf abzielt, Informationen zu vermitteln und Unsicherheiten zu reduzieren (Häfeli & Schellenberg, 2009), wird die individuelle Berufswahl durch praktische Erfahrungen gefördert (Degenhardt, 2020). Gleichzeitig sind das Image des Berufes sowie die Vorstellungen der Eltern (Mischler & Ulrich, 2018) und deren sozialer Hintergrund (Häfeli & Schellenberg, 2009) essentiell. Soziale Medien wie Instagram (Jahncke et al., 2020) stehen dabei in einem engen Bezug zu Rollenbildern.

Fragestellung/Zielsetzung

Welche Faktoren sind aus der Perspektive von Berufsberater*innen besonders relevant, um einen erfolgreichen Übergang in die Berufsausbildung sicherzustellen und wie können diese Determinanten im Beratungsprozess der Bundesagentur für Arbeit stärker berücksichtigt werden?

Methodischer Zugang

Mittels eines im Rahmen eines Gruppen-Delphi-Verfahrens entwickelten quantitativen Fragebogens wurde die Einschätzung relevanter Einflussfaktoren für einen erfolgreichen Übergang in die Ausbildung aus der Perspektive von 256 Berufsberater*innen erhoben (CASI 09/22-11/22). Die Themenbereiche umfassen die Berufsorientierung/-beratung, Eltern, Medien, individuelle Voraussetzungen, Ausbildungsberuf und -betrieb (insgesamt 42 Items).

Ergebnisse

Dabei schätzen die befragten Berater*innen zusammengefasst die Relevanz von Praktika sowie die Förderung der Berufswahlreife und Informationskompetenz als besonders relevant ein. Diesbezüglich wird auch der Einfluss der Medien auf die Wahrnehmung von Berufen und Rollenbildern als sehr wichtig bewertet. Aussagekräftige Stellenausschreibungen werden als Erfolgsfaktor auf der Seite der Ausbildungsbetriebe wahrgenommen. Neben Gruppenunterschieden in der Einschätzung durch die Berufsberater*innen nach deren Alter und Geschlecht lassen sich zudem regionale Differenzen identifizieren (Mittelwertsvergleiche).

Auf Grundlage der Ergebnisse werden unter Einbezug weiterer relevanter Gruppen (Eltern, Ausbildungsbetriebe, Auszubildende) Gelingensfaktoren abgeleitet, die für die Weiterentwicklung der Beratungsangeboten relevant sind.



Abschlüsse von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Vergleich - Experimentelle Evidenz zur Rekrutierung von Auszubildenden

Schimke, Benjamin; Schuchart, Claudia

Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Rund 35% aller Hochschulzugangsberechtigungen (Fachhochschul- und allgemeine Hochschulreife), die im Schuljahr 2021/22 an deutschen Schulen erworben wurden, stammen nicht von allgemeinbildenden, sondern von beruflichen Schulen (Statistisches Bundesamt, 2022a; 2022b). Diese Schulen vermitteln neben dem allgemeinbildenden Curriculum berufliche Grundkenntnisse in einem bestimmten Fachbereich (z. B. Wirtschaft und Verwaltung), vergeben aber meist keine zusätzlichen beruflichen Abschlüsse. Schüler*innen beruflicher Schulen erbringen jedoch schlechtere Leistungen als vergleichbare Schüler*innen an allgemeinbildenden Schulen (Trautwein, 2007). Ziel des Beitrags ist es zu untersuchen, ob diese geringere akademische Leistungsfähigkeit bei gleichzeitigen Vorteilen bezüglich des beruflichen Wissens zu Arbeitsmarktchancen führen, die mit jenen von Absolvent*innen des allgemeinbildenden Schulsystems vergleichbar sind. Humankapital-, sowie signal- und filtertheoretische Überlegungen dienen als heuristischer Zugang.

Um die offene empirische Forschungsfrage zu beantworten, untersuchen wir den Einstellungsprozess für Lehrstellen im Berufsbildungssystem mittels eines diskreten Choice-Experiments. Befragte sind 1.329 Personaler*innen, die Auszubildende in min. einem von 10 Berufen einstellen. Die Ergebnisse verweisen auf die zentrale Bedeutung spezifischer beruflicher Grundkenntnisse, die in beruflichen Schulen vermittelt werden. Absolvent*innen beruflicher Schulen werden bei Einstellungsentscheidungen bevorzugt, wenn ihre Hochschulzugangsberechtigung in einem dem Ausbildungsberuf nahen Fachbereich erworben wurde. Abschlüsse, die in einem fachfremden Bereich erreicht wurden, werden dagegen im Vergleich zu vergleichbaren Abschlüssen aus allgemeinbildenden Schulen von Personaler*innen abgewertet.

Der Schulform des allgemeinbildenden Abschlusses scheint eine zentrale Rolle als Arbeitsmarktsignal zuzukommen. Insbesondere für die Bildungsberatung von Schüler*innen sowie deren Eltern besitzen die Erkenntnisse eine erhebliche Relevanz.

Literatur

Statistisches Bundesamt (2022a). Statistischer Bericht. Allgemeinbildende Schulen. Schuljahr 2021/2022. Wiesbaden: Bundesamt.

Statistisches Bundesamt (2022b). Statistischer Bericht. Berufliche Schulen und Schulen des Gesundheitswesens – Grunddaten. Schuljahr 2021/22. Wiesbaden: Bundesamt.

Trautwein, U. (Hrsg.) (2007). Schulleistungen von Abiturienten. Regionale, schulformbezogene und soziale Disparitäten. Münster: Waxmann.

 
16:00 - 17:30Session 3.6
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Georg Tafner
 

Die Förderung der Modellierungsfähigkeit in der Domäne Rechnungswesen durch Schulbuchaufgaben – Empirische Befunde und Implikationen für die Gestaltung von Lernumgebungen

Stütz, Simone1; Pargmann, Julia2

1Johannes Kepler Universität Linz, Österreich; 2Universität Hamburg

Durch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung im Rechnungswesen werden insbesondere Routinetätigkeiten stark reduziert. Wichtiger hingegen werden Fähigkeiten zur Validierung und Interpretation von Daten, um auf Basis dessen betriebswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen (Jordanski, 2020; Pargmann, Berding, Riebenbauer & Flick-Holtsch, 2022). In den letzten Jahren wurde daher insbesondere die Fähigkeit zur Modellierung als zentrale Zielkategorie im Rechnungswesen(unterricht) herausgearbeitet. Modellierungsprozesse stellen eine „wichtige Komponente erfolgreichen Handelns im Rechnungswesen dar“ und ermöglichen es „das Rechnungswesen als Werkzeug für die Lösung kaufmännischer Problemstellungen zu nutzen“ (Berding, Beckmann & Kürten, 2019, S. 570).

Erste Studien zur Qualität von Schulbuchaufgaben zeigen jedoch, dass diese insgesamt wenig geeignet sind, die Modellierungsfähigkeit der Lernenden umfassend zu fördern (z. B. Stütz, Berding, Reincke & Scheper, 2022). Der Vortrag geht daher zunächst auf zentrale Befunde zweier Studien zur Förderung der Modellierungsfähigkeit in Schulbuchaufgaben ein und stellt anschließend mit dem Learning Cockpit (Pargmann et al., 2022) ein Tool vor, mit dem Modellierungsprozesse im Unterricht angeregt und gefördert werden können.



Kompetenzen und berufliches Handeln in der Plattformökonomie – Zugänge über die Modellierung von impliziten Wissensfacetten und Grundvorstellungen

Schlömer, Tobias; Schwien, Karen; Neu, Tim

Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

Plattformbasierte Arbeitsformen (Crowdwork) sind ein noch junges Phänomen, seit rund 15 Jahren entwickeln sie sich mit starken Zuwachsraten (vgl. EU 2021). Wenngleich Crowdwork in Deutschland überwiegend nebenberuflich betrieben wird, steigt auch hierzulande die plattformbasierte Erwerbstätigkeit (vgl. EU 2021; Schmidt 2017). Bisher erfolgten vor allem arbeitssoziologische und wirtschaftswissenschaftliche Studien (vgl. u.a. CEDEFOP 2020; Leimeister et al. 2016), während berufs- und wirtschaftspädagogische Untersuchungen kaum erfolgten. Insbesondere fehlen Erkenntnisse zur Lernförderlichkeit, zu Qualifikationsanforderungen und zur Relevanz von Crowdwork für die Entwicklung von beruflicher Handlungsfähigkeit (vgl. Eckelt & Thrun 2021; Margaryan 2019).

Im Beitrag werden zu dieser Forschungslücke erste empirische Befunde aus dem Projekt „Crowdwork – Beruflichkeit und Plattformgestaltung“ vorgestellt. Schwerpunktmäßig wird für die kaufmännische Domäne aufgezeigt, welche Kompetenz- und Wissensfacetten im Crowdwork eingebracht, entwickelt und angefordert werden. Der Studienverlauf verweist auf zwei Zugänge zur Modellierung von Kompetenzen und Praktiken in der Plattformökonomie. Erstens lässt sich mit Hilfe von Methoden der digitalen Ethnographie (vgl. Hine 2003; Kozinets 2020) erschließen, dass implizite Wissensfacetten im Crowdwork in Form von Intuition, Könnerschaft und Elementen subjektivierenden Arbeitshandelns eine hohe Bedeutung haben (vgl. Böhle et al. 2011; Neuweg 2020). Zweitens erweist sich das aus der mathematikdidaktischen Forschung stammende Konzept der Grundvorstellungen (vgl. vom Hofe & Blum 2016) als erkenntnisleitend. Eine zentrale Annahme ist, dass Grundvorstellungen als mentale Scharnierfunktion zwischen konkreten realen Phänomen (Plattformaufträge) und abstrakten fachlichen Zusammenhängen (Digitalökonomie, Wertschöpfung, Ethik etc.) fungieren. Im Hinblick auf die Analyse der Lernförderlichkeit von Plattformarbeit können die Grundvorstellungen von Crowdworker:innen Aufschluss darüber geben, inwieweit sie fähig sind, Arbeitssituationen in Modellzusammenhängen fachlich zu verarbeiten und im Hinblick auf ihre praktischen Konsequenzen zu interpretieren, reflektieren und bewerten. Neben den theoretischen Erkenntnissen könnten sich über diese Zugänge auch praktische Ansatzpunkte für eine lernförderliche Gestaltung von Crowdwork und schulisch-unterrichtliche Reflexion der Plattformökonomie ergeben.



Wirkt die Kammer-Abschlussprüfung als „heimlicher Lehrplan“? Einflüsse auf die Unterrichtsplanung am Beispiel des Prüfungsbereichs Wirtschafts- und Sozialkunde (WiSo).

Kenner, Martin

Universität Stuttgart, Deutschland

Der Einfluss der WiSo-Abschlussprüfung auf den Unterricht der Berufsschule war bereits in der Vergangenheit Anlass für kritische Einschätzungen. So spricht Weinbrenner von einer „Fremdbestimmung des Unterrichts“ (Weinbrenner 1987) und ähnlich konstatiert Besand aus den Ergebnissen einer Interviewstudie mit Lehrenden, dass die Prüfung als „heimlicher Lehrplan“ fungiert (Besand 2014, S. 165). Der Einfluss wird nicht zuletzt deshalb kritisch gesehen, weil die Prüfungsaufgaben kaum den Bereich der Sozialkunde berücksichtigen. Zudem zeigt sich in einer inhaltsanalytisch angelegten Studie, dass Aufgaben in standardisierter Form überwiegen, die lediglich Reproduktionsleistungen abverlangen und kaum zum Anspruch beruflicher Handlungskompetenz vordringen (Kenner 2022).

Eine aktuell vom Lehrstuhl Berufspädagogik der Universität Stuttgart bundesweit durchgeführte Untersuchung mit Lehrenden des Fachbereichs WiSo greift die dargestellte Thematik auf. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt:

  • Inwiefern hat die Abschlussprüfung Auswirkung auf die Unterrichtsplanung?
  • Wie wird die Qualität der Prüfungsaufgaben eingeordnet (Anspruch und Relevanz)?
  • An welcher Stelle wird ein Bedarf für eine Weiterentwicklung der Prüfung gesehen?

Die Auswertung der bisherigen Daten (derzeitige Stichprobe N » 500, Abschluss der Erhebung Ende Mai) zeigt, dass sich die Lehrenden bei Ihrer Unterrichtsplanung eher an der Abschlussprüfung als am offiziellen Bildungsplan orientieren. Diese Präferenz ist bereits im 1. Lehrjahr sichtbar und wird vielfach mit „pädagogischer Verantwortung“ begründet. Auch inhaltliche Schwachstellen der Prüfungsaufgaben, bspw. das Fehlen gesellschaftspolitischer Aspekte, werden von den Lehrenden gesehen und kritisiert. Die Erhebung liefert demnach vielfach Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung der Abschlussprüfungen.

Besand, A. (2014): Monitor. Politische Bildung an beruflichen Schulen. Probleme und Perspektiven. Bad Schwalbach: Wochenschau Verlag

Kenner, M. (2022): Fokus Abschlussprüfungen. Inhaltliche und methodische Defizite aktueller Prüfungen. Vortrag des KMK/bpb Fachgesprächs „Politische Bildung an beruflichen Schulen“. Berlin, Landesvertretung Schleswig-Holstein, 21. März 2022

Weinbrenner, P. (1987): Berufsarbeit und politische Bildung. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Politische Bildung an Berufsschulen. Bonn Schriftenreihe BpB 242, S.11-38

 

Datum: Freitag, 08.09.2023
8:30 - 10:00Session 4.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Andrea Burda-Zoyke
 

Demokratiebildung an Berufsschulen aus Sicht des Schulpersonals: Konzepte und Herausforderungen

Busse, Robin

Technische Universität Darmstadt

Das Lernen für die Demokratie ist eine zentrale Aufgabe von Schulen (Kenner/Lange 2019). Die Entwicklung demokratischer Kompetenzen betrifft allerdings nicht nur allgemeinbildende Schulen, sondern zählt ebenso in das Aufgabenfeld beruflicher Schulen (Busse et al. 2022); wenngleich vergangene Bestandsaufnahmen auf schwierige Rahmenbedingungen der politischen Bildung an beruflichen Schulen verweisen (z. B. Besand 2014). Seit der vergangenen Bestandsaufnahmen sind allerdings einige Bestrebungen zur Stärkung der Demokratieförderung in der beruflichen Bildung zu beobachten. So betont unter anderem die KMK (2018) die Notwendigkeit einer stärkeren Demokratieförderung an allgemeinen und insbesondere beruflichen Schulen. In Niedersachsen mündeten diese Bestrebungen z. B. in einen Erlass zur Stärkung der Demokratiebildung an beruflichen Schulen (Niedersächsisches Kultusministerium 2021). Bisher ist wenig darüber bekannt, wie (1) Demokratiebildung von den Lehrkräften an beruflichen Schulen konzeptualisiert wird und (2) welche Herausforderungen mit der Demokratiebildung an beruflichen Schulen verbunden sind. Beides ist von besonderer Bedeutung. (1) Unterschiede in den bildungsbezogenen Auffassungen von Lehrpersonen können mit unterschiedlichen pädagogischen Ansätzen und Lernergebnissen verbunden sein (Reichert et al. 2021). (2) Wahrgenommene Herausforderungen erlauben des Weiteren die Identifizierung aktueller und besonders relevanter Hemmnisse der Demokratiebildung und dienen darüber auch der Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Vor diesem Hintergrund wurde 2022 in Niedersachsen eine Mixed-Methods-Studie an zehn kaufmännischen Berufsschulen durchgeführt, um subjektive Konzepte und wahrgenommene Herausforderungen des Schulpersonals (Schulleiter:innen, Abteilungsleiter:innen, Teamleiter:innen und Politiklehrkräfte) (n = 56 Befragte) zu untersuchen. Zu Beginn der Mixed-Methods-Studie nahmen die Teilnehmenden an einem leitfadengestützten Interview teil und füllten anschließend einen digitalen Online-Fragebogen aus. Für die Untersuchungen wurde das Interviewmaterial transkribiert und mithilfe eines deduktiv hergeleiteten Kategorienrasters kodiert. Die Studienbefunde verweisen auf ein gemischtes Verständnis der Demokratiebildung und machen Herausforderungen der Demokratiebildung auf verschiedenen Ebenen sichtbar. Die Befunde werden vor dem Hintergrund der Relevanz der Befähigung von Auszubildenden zur Mitgestaltung der Gesellschaft und Arbeitswelt diskutiert.



Zum Beitrag der beruflichen Bildung für das politische und wirtschaftsbürgerliche Wissen von kaufmännischen Auszubildenden

Krebs, Philine

Georg-August-Universität Göttingen

Der beruflichen Bildung wird ein wichtiger Beitrag für gesellschaftliche Demokratisierung zugeschrieben (vgl. Greinert, 1990). So bezieht sich die verfolgte Zielsetzung der Gewährleistung gesellschaftlicher Teilhabe unmittelbar auf die Befähigung von Jugendlichen zur Teilhabe am ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Leben (Baethge, Buss & Lanfer, 2003). Zudem stehen Auszubildende in der beruflichen Bildung an der Schwelle zum Erwachsenenleben, sodass die Ausübung ihrer Rechte und Pflichten als mündige Bürger*innen in unmittelbarer Reichweite liegt (Jung, 2016). Um Heranwachsende zu handlungsfähigen, mündigen Bürger*innen zu erziehen, ist aufgrund der Komplexität moderner demokratischer Gesellschaften neben konzeptuellem demokratisch-politischem Wissen auch ein grundlegendes Wirtschafts- und Gesellschaftsverständnis erforderlich (Engartner, 2010). Die berufliche Bildung eröffnet diesbezüglich vielfältige Lern- und Sozialisationsgelegenheiten für Demokratie und Zivilgesellschaft an verschiedenen Lernorten (Krebs, 2022). Jedoch ist der Beitrag der beruflichen Bildung zur Entwicklung von demokratisch-politischem sowie wirtschaftbürgerlichem Wissen und Fähigkeiten bislang weitgehend unerforscht (Busse et al., 2022). Die wenigen bestehenden Studien verweisen auf eine Marginalisierung demokratisch-politischer Bildung an Berufsschulen aufgrund organisatorischer, curricularer und personeller Defizite (z. B. Zurstrassen, 2020). In einer Längsschnittstudie mit zwei Messzeitpunkten im Abstand eines Jahres werden folgende Forschungsfragen untersucht:

(1) Wie entwickelt sich das demokratisch-politische und wirtschaftsbürgerliche Wissen von kaufmännischen Auszubildenden im Ausbildungsverlauf?

(2) Welchen Einfluss haben demokratische Lern- und Sozialisationsgelegenheiten an den Lernorten Berufsschule und Betrieb auf den Wissenserwerb?

Zur Messung des politischen und wirtschaftsbürgerlichen Wissens wurden vollstandardisierte Wissenstests eingesetzt, die mit Hilfe eindimensionaler Partial-Credit-Modelle skaliert wurden. Die Stichprobe umfasst N≈400 kaufmännische Auszubildende der Ausbildungsberufe Industriekaufmann*frau und Kaufmann*frau im Einzelhandel. Die Datenerhebung wurde zwischen 2021 und 2022 in Niedersachsen durchgeführt. Mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen (insb. Cross-Lagged-Panel Modelle) wird die Stabilität des demokratisch-politischen und wirtschaftsbürgerlichen Wissens sowie der Einfluss von demokratischen Lerngelegenheiten auf dieses untersucht.



Lernende im Umgang mit Ambivalenzen im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung – eine empirische Exploration des Einsatzes der Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“

Hantke, Harald

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Obwohl es Ansätze gibt, nachhaltig(er) zu wirtschaften, beurteilt „fast die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer das derzeitige Engagement deutscher Unternehmen für Nachhaltigkeit als unzureichend“ (Randstad 2020). Daraus kann geschlossen werden, dass betriebliche Lebenssituationen weiterhin zu einem großen Teil von Arbeits- und Geschäftsprozessen geprägt sind, die negative Folgen für Mensch und Umwelt mit sich bringen (vgl. exemplarisch WBGU 2011). Dieses Spannungsverhältnis spiegelt sich auch in den Rahmenlehrplänen für betriebswirtschaftlich-kaufmännische Ausbildungsberufe wider (vgl. Hantke 2020, 19 f.).

Wird dieses Spannungsverhältnis – wie curricular intendiert – bei der Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements aufgegriffen, ergeben sich für wirtschaftsberuflich Lernende im Unterricht unter anderem potenzielle Ambivalenzen zwischen ökonomischen und ökologischen Perspektiven. Diese Ambivalenzen erfordern von den wirtschaftsberuflich Lernenden die Fähigkeit, Mehrdeutigkeit angesichts komplexer, ungewisser oder widersprüchliche Situationen wahrzunehmen, zu verarbeiten und ggf. auszuhalten, um handlungsfähig zu bleiben (vgl. Müller-Christ & Weßling 2007, 187). Potenziell fördern lasst sich diese Fähigkeit mit der Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“ (vgl. exemplarisch Fischer et al. 2021, 99 ff.).

Vor diesem Hintergrund setzt sich der vorliegende Beitrag mit der Untersuchung einer am Beispiel von Ambivalenzen zwischen Ökonomie und Ökologie konzipierten und in einer Klasse des Ausbildungsberufs „Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement“ durchgeführten „Systemischen Visualisierung“ auseinander. Das methodische Vorgehen der Untersuchung basiert auf einer quantitativen Erhebung mittels eines Inventars von Reis (1996), das für den Einsatz im Kontext der Nachhaltigkeitsbildung durch Forstner-Ebhart et al. (2022) aktualisiert wurde. Erkenntnisleitend ist dabei die Frage, inwieweit der Einsatz der Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“ Lernende dazu befähigt, mit Ambivalenzen zwischen Ökonomie und Ökologie umzugehen.

Mit der Beantwortung dieser Frage verfolgt dieser Beitrag das Ziel, die als innovativ zu bezeichnende Lehr-Lern-Methode „Systemische Visualisierung“ zur Befähigung des Umgangs mit Ambivalenzen für den Einsatz an berufsbildenden Schulen didaktisch-methodisch zu elaborieren. Aus den Erkenntnissen dieses Beitrags können darüber hinaus didaktisch-methodische Schlüsse für die Gestaltung weiterer Lehr-Lern-Arrangements zum Umgang mit Ambivalenzen gezogen werden.

 
13:00 - 14:30Session 5.7
Ort: Gebäude Helsinki (HEL) Raum 167
Moderation der Sitzung: Georg Tafner
 

Vorstellung eines Trainings zur Förderung des selbstregulierten unternehmerischen Lernens in der Entrepreneurship-Education

Büker, Ronja1; Fahrbach, Manuel2; Jenert, Tobias1

1Universität Paderborn, Deutschland; 2Universität St. Gallen, Schweiz

Theoretische Verortung

Entrepreneurship Education (EE) erfährt im deutschsprachigen Raum seit einigen Jahren große Aufmerksamkeit (z.B.Fueglistaller et al. 2019; Halbfas/Liszt-Rohlf 2019; Feuchter 2021). Dabei wird EE häufig als Lösung zur Bewältigung unternehmerischer Herausforderungen angesehen (Riebenbauer et al. 2018). Es bleibt jedoch offen, wie EE gestaltet sein sollte, um angehende Unternehmer*innen auf dynamische Veränderungen durch z.B. Globalisierung und Digitalisierung vorzubereiten (Winkler 2013). Bisher konzentriert sich EE vermehrt auf die Gründungslehre (Bijedic 2019) und weniger auf psychologische Aspekte wie z.B. effektives Lernen oder die Regulierung der eigenen Motivation (Gielnik et al., 2015). Angelehnt an das Konzept der Selbstregulation (SR) wurde in einem internationalen Forschungsprojekt ein Workshop entwickelt, der angehende Unternehmer*innen unterstützt aktuelle Herausforderungen gezielt anzugehen und erfolgreich zu bewältigen. Die Entwicklung von unternehmerischem Denken und Handeln sollte nicht allein auf die Gründung eines Unternehmens begrenzt werden, sondern neben Fachwissen auch Selbstkompetenzen adressieren (Schlömer 2017).

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es didaktische Gestaltungselemente zu identifizieren, die zur Steigerung der SR führen. Als theoretisches Rahmenmodell wird dazu das etablierte Konzept der SR von Zimmerman (2002) genutzt, welches SR in den Dimensionen Kognition, Motivation und Metakognition unterscheidet.

Methode

Um potenzielle Effekte in Bezug auf die Steigerung der SR-Fähigkeiten zu untersuchen, wurden Workshops mit quasi-experimentellem Pre-/Post-Design durchgeführt. Die Fragebögen enthielten dabei neben Skalen zur SR (Bellwald et al. 2023) auch Fragen zur Sicherstellung der Sample-Vergleichbarkeit. Zusätzlich wurden die Effekte mithilfe von zwei Vergleichsgruppen kontrolliert (VG1: N=11; VG2 N=16).

Erste Ergebnisse

Mit T-Tests wird gezeigt, dass nur in der Treatmentgruppe (N=32) signifikante mittlere bis große Effektstärken in allen SR-Dimensionen vorhanden sind. Beide Vergleichsgruppen bleiben trotz einer methodisch ähnlich gestalteten Dummy-Intervention auf demselben SR-Niveau. Es zeigt sich, dass die Wirksamkeit der Intervention insbesondere von der Art der Problemstellung abhängt, welche die Unternehmer*innen im Workshop bearbeiten. Je nach Zielgruppe erwiesen sich Start-up bezogene oder auf die Person der/des Unternehmers*in bezogene Probleme als effektförderlich.



Open Educational Resources zur Förderung nachhaltiger Bildung und Wirtschaft

Schneider, Jennifer

Universität Paderborn, Deutschland

Fragestellung:

  • Worin besteht das OER- Problem?
  • Wieso muss es überwunden werden um nachhaltige Bildung zu gewährleisten?
  • Wie können durch OER Geschäftsmodelle auf nachhaltige Weise innoviert werden?

Herausforderungen und Lösungsansätze:

Open Educational Resources (OER), werden in der Berufsbildung heute noch kaum genutzt, obwohl die frei lizenzierten Bildungsressourcen (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission 2022) die Chancengleichheit erhöhen, individuelle Anpassungen der Materialien ermöglichen, die Aktualität und Qualität der Materialien, z. B. durch kollaborative Arbeitsprozesse, verbessern und Synergieeffekte zwischen Schulen und Unternehmen fördern (vgl. Creative Commons 2023; vgl. Schneider 2023, 104ff.; vgl. Vereinte Nationen 2023). Zugleich kann lebenslanges Lernen ohne, oder mit nur geringen Einschränkungen, je nach gewählter freier Lizenz, ermöglicht werden (vgl. Ebd.). Trotz der positiv zu bewertenden Ausgangslage von OER besteht eine Diskrepanz zwischen den Chancen und der tatsächlichen Nutzung.

Hier liegt das Problem!

Die Herausforderung besteht nun darin, Anreize für die Erstellung und Teilung von OER in der Berufsbildungslandschaft zu schaffen!

Erst im Juli 2022 machte das veröffentlichte OER-Strategiepapier auf genau diese Problematik aufmerksam und forderte die Entwicklung eines „Anreizsystems zur Erstellung und Nutzung von OER“ (BMBF 2022, S. 6). Die Notwendigkeit eines solchen OER- Anreizsystems wurde bereits vor Veröffentlichung erkannt und entwickelt (vgl. Schneider 2023, S. 314ff.).

Darüber hinaus müssen OER-Konzepte in Geschäftsmodelle integriert werden. Kleine wie große Unternehmen müssen die Potenziale des Wissensaustauschs durch OER erkennen und sich ihrer Verantwortung für die Förderung freier, chancengleicher Bildung bewusst werden.

Theoretische Verortung:

  • Rubikon- Modell der Handlungsphasen (vgl. Heckhausen, H. / Gollwitzer, P. M. 1987)
  • Anreizmodell zur Förderung der Erstellung und Teilung von OER (vgl. Schneider 2023)
  • St. Galler Business Modell Navigator (vgl. Gassmann et al. 2013)

Mixed-Methods- Design:

  • QUAL Leitfadeninterviews
  • QUAN Delphi- Studie

Ergebnis:

  • OER- Anreizmodell (vgl. Schneider 2023, S. 104ff.)
  • Relevanz von OER für lebenslanges Lernen, Gleichberechtigung & Nachhaltigkeit
  • Anknüpfpunkte von OER in bestehende & neue Geschäftsmodelle

Relevante Implikation:

  • Förderung von OER- Anreizsystemen
  • OER in Lehrkräfteausbildung
  • Stärkung: OER- Community
  • Ausbau: Synergien Schule – Betrieb
  • Sensibilisierung: OER- Geschäftsmodelle